Digimon Battle Generation von Alaiya ([Digimon Tamers] Wenn Welten kollidieren) ================================================================================ Episode 40: Die Gefallenen -------------------------- Episode 40: Die Gefallenen Als die Digimon auf einmal überall waren, dachte ich, es sei Interessant. Immerhin habe ich mich schon immer für Roboter interessiert und künstliche Intelligenzen. Dennoch habe ich mir, anders als mein Bruder, nie gewünscht, selbst ein Tamer zu sein. Terriermon war das erste Digimon, dass ich wirklich kennenlernte und... Manchmal denke ich mir: Kann es wirklich sein, dass diese Wesen nur aus Daten bestehen?                                                                  - Alex Snyder 23. Juli 2011 – Etwa 20km nördlich von San Fransisco Tränen glitzerten in den Augen des Jungen, während er in die Runde sah. „You know what? I don't care. I don't even know, why I stayed here. I am better of alone!“ Er lief los. „Come along, Cellomon!“ Und auch wenn der Dickicht sein Tempo etwas einschränkte, war er schnell aus ihrer Sichtweite verschwunden. Denrei sah zu Shuichon, die jedoch genau so ratlos war, wie er aussah. Doch noch bevor sie stillschweigend einen Entschluss fassen konnten, lief Alex los. „Hey, wait you idiot!“, rief sie Nico hinterher. In dem Moment hob Lopmon seine langen Ohren, als hätte es etwas gehört. „Das ist der Helikopter…“ Noch immer blickten Denrei und Shuichon einander an, beide kaum fähig zu verstehen, was gerade geschehen war. Dann, ohne ein Wort zu wechseln, liefen sie los und folgten den beiden. Doch Shuichon kam nicht drum herum ein unwohles Gefühl in der Magengegend zu verspüren. Auch sie wurden vom Dickicht aufgehalten, doch sie wussten, das sie etwas tun mussten. Nur was? Wenn der Helikopter Nico sah, würde man dann auf ihn schießen? So etwas mussten sie verhindern, aber wie? Was konnten sie machen, ohne dass sie einen Menschen verletzten? Immerhin waren die Soldaten Menschen und davon abgesehen, dass sie wohl sämtliche Gesetze, die es ihnen erlaubten auf Digimon zu schießen, bestätigen würden, wenn sie sie angriffen, so folgten die meisten von ihnen wahrscheinlich auch nur Befehlen. Shuichon bemerkte, wie sie sich wünschte, dass sie einfach ein Tor zur digitalen Welt öffnen könnten. Dorthin konnten ihnen die Soldaten nicht folgen und selbst wenn Nico ihnen dort weglief, konnte er sich kaum in so große Gefahr bringen wie jetzt. Nun hörten auch sie den Helikopter und bemerkten, wie sich das Dickicht lichtete. „Verflucht“, hauchte Denrei und blieb stehen, noch bevor er den Wald ganz hinter sich gelassen hatte. Shuichon verstand nur zur gut, was er meinte: Auch sie konnte bereits Soldaten erkennen, die mit Gewähren im Anschlag auf einer Wiese, die in Richtung einer Straße abfiel auf sie warteten. Nico und Cellomon standen wie erstarrt auf der Wiese und starrten auf die Soldaten, während Alex fassungslos hinter ihnen stand. Shuichon fragte sich, ob Jenrya ihnen hätte helfen können, wäre er hier, oder ob er es überhaupt versuchen würde – immerhin hatte er auch das wilde Digimon getötet. Doch Jenrya war nicht hier, weshalb die Frage sinnlos war. Sie war sich nur wegen einer Sache sicher: Ihr Bruder später würde wegen ihres unüberlegten Handelns wütend werden und dann Denrei die Schuld an allem geben. Der Helikopter schwebte über den Soldaten, bedrohlicher – so fand Shuichon – als es ein Digimon je gekonnt hätte. „Cellomon!“, rief Nico mit zitternder Stimme und Shuichon meinte zu erkennen, wie er sein Digivice in den Händen hielt. „Er darf nicht...“, murmelte Denrei und auch ohne dass er den Satz beendete, wusste Shuichon genau was er sagen wollte: Cellomon durfte nicht digitieren. Wenn es digitierte, würden die Soldaten sicher schießen. „Verflucht“, zischte sie und lief los. „Shuichon!“, konnte er Denrei, Lopmon und Dracomon gleichzeitig nach ihr rufen hören, doch sie konnte sich nicht zu ihnen umdrehen. „Don't!“, rief sie aus und lief auf Nico zu. Sie griff die Hand, in der er das Digivice hielt, und hielt sie fest. „You cannot do that.“ „But I...“, stammelte der Junge, dem Tränen in den Augen standen. Shuichon sah den Soldaten entgegen und stellte fest, dass sie sich weit unwohler dabei fühlte, in etwa fünfzehn Gewehrmündungen zu sehen, als dabei einem Ultimate-Digimon gegenüber zu stehen – selbst wenn das Digimon dabei auch Pistolen oder Waffen bei sich trug. Sie schluckte. „Please, stopp this!“, rief sie aus. Vorsichtig ließ sie Nicos Hand los und machte einen Schritt nach vorne. „Stay where you are!“, rief jemand, auch wenn sie nicht sagen konnte wer. „Stop this, please“, flehte sie. „Don't harm him or the Digimon.“ Ihre Stimme zitterte. Weil sie Angst hatte und weil sie sich im Englischen nicht besonders sicher fühlte. „Please!“ „Shuichon, stop!“, hörte sie Alex rufen. „Don't move!“ „Stay where you are!“, wiederholte man. „Please!“, wiederholte sie. „Shuichon!“, hörte sie erneut Denrei und Dracomon. „Shuichon!“, rief auch Lopmon, doch seine Stimme war viel näher. Sie drehte sich um und sah, wie Lopmon auf sie zuflog. „Lopmon, nein!“, rief sie aus, wohl wissend, dass dies als Provokation gesehen werden konnte. Sie hoffte das Lopmon verstand und wandte sich wieder den Soldaten zu. „Let him...“, begann sie, doch noch bevor sie ein weiteres Wort sagen konnte, hörte sie einen Schuss. 24. Juli 2011 – Digitale Welt Nebel, sie waren noch immer von dichtem Nebel umgeben und Makoto konnte nicht sicher sagen, wie lange es schon her war, dass sie jene Ebene der Klippen und Flüsse verlassen hatte. Sie hatten sich mehrfach ausgeruht, doch er hätte wirklich nicht sagen können, wie lange es her war, dass sie losgegangen waren. Von allem was er wusste, konnten sie gerade einmal ein paar Stunden oder eine halbe Ewigkeit unterwegs sein. Es war, als würde um sie herum nur eine kleine Kugel aus „Etwas„ existieren, hinter der ein weißes, waberndes „Nichts„ anfing, denn der Nebel war so dicht. „Makoto!“, hörte er eine Stimme erstickt rufen und drehte sich um. Es war nicht das erste Mal, dass er so etwas hörte, doch die Stimmen klangen so erstickt, so fern, dass er sich nie sicher war, ob er es sich nicht einfach nur einbildete. „Was hast du, Makoto?“, fragte Kuraimon und sah ihn an. „Nichts“, murmelte er. „Ich dachte, ich hätte etwas gehört...“ Dabei wollte er sich selbst nicht eingestehen, dass die Stimme, die er gehört hatte, irgendwie nach seine Schwester klang. Doch das konnte nicht sein. „Wohin bringst du uns, Gokuwmon?“, fragte Kaito und schloss mit dem Perfect-Digimon auf, dass sie auf unsichtbaren Wegen durch den Nebel führte. „Zu einem Ort, wo euch geholfen wird oder nicht“, antwortete das Digimon mit derselben Stimme wie zuvor. Kaito seufzte und verdrehte die Augen. „Eine unglaublich hilfreiche Antwort.“ Makoto schwieg. Irgendwie erschien ihm diese Dimension der digitalen Welt unheimlich. Außerdem hatte er einen andern Gedanken: Hier würde er nie einen Partner finden. „Makoto!“, hörte er erneut eine weit, weit entfernte Stimme, dieses Mal die von Impmon. Nein, das bildete er sich nur ein. Seine Schwester und sein ehemaliger Partner konnten nicht nach ihm rufen, sie waren in einer ganz anderen Welt... Sie brauchten ihn nicht mehr. Impmon verengte die Augen zu Schlitzen und starrte in den Sandsturm, der nun auch diese Ebene befallen hatte, die die Gruppe sehr an die physische Ebene erinnerte, sich jedoch in kleineren Details von ihr unterschied. So bildeten die Felsenformationen hier immer wieder Tore und manchmal auch kurze Tunnel, in denen sie Schutz suchen konnten. Sie waren hierher gelangt, nachdem sie am Morgen – nun, zumindest nahmen sie an, dass es Morgen gewesen war, denn die Tages- und Nachtzeiten in der digitalen Welt schienen verrückt zu spielen, doch zumindest war es hell geworden – einen seltsamen Spiegel in der von Wiesen bewachsenen Ebene mit den großen Steinen gefunden hatten. Durch den Spiegel waren sie hierher gekommen, doch sie wussten noch immer nicht, wo sie waren. „Das kann nicht Makoto gewesen sein“, meinte Takumi und sah ebenfalls in den Sandsturm, während er neben Ai auf dem Dach eines kleinen Tunnels, in dem die Digimon Zuflucht gesucht hatten, stand. Dort wo sie hingesehen hatten war für einen kurzen Moment eine Gestalt – nun, um genauu zu seine eine Gruppe von Gestalten aufgetaucht – von denen eine sehr nach Makoto ausgesehen hatte. „Ich weiß nicht“, seufzte Ai und ließ die Schultern hängen. „Vielleicht war es eine Art Fata Morgana“, meinte Ai zurückhaltend. „Die zeigen einem manchmal Dinge, die weit weg sind. Durch Luftspiegelungen oder so.“ „Vielleicht“, gab Takumi, der seine Fliegerbrille über die Augen gezogen hatte, um sie vor dem Sand zu schützen, zu. „Lasst uns herunter gehen“, meinte er dann. Die beiden Mädchen nickten und gemeinsam mit Impmon schlitterten sie den Rand des kleinen Tunneldurchgangs hinunter. „Habt ihr etwas gesehen?“, fragte Kotemon, das hier geblieben war, um auf die Digimon aufzupassen. Takumi sah zu Ai und Impmon, doch Ai schüttelte den Kopf. „Nicht wirklich“, meinte sie dann. „Was sollen wir jetzt machen?“, fragte Bearmon, das neben Tailmon hockte. Tailmon war das, was von Pandamon übrig geblieben war, nachdem sie es wieder zur Vernunft gebracht hatten, doch es war noch nicht wieder ganz zu Kräften gekommen, hatte doch das – was auch immer mit ihm passiert war – ihm offenbar einige Energie gekostet. „Ich glaube wir können nur warten, bis der Sturm vorbei ist“, murmelte Rin und kniete sich auf den sandigen Boden. Takumi nickte und setzte sich nach kurzem Zögern, woraufhin Kotemon zu ihm kam. Einzig Ai reagierte nicht, sondern sah nur auf den düsteren Sandsturm, der draußen herrschte. Sie dachte an Makoto, der irgendwo dadraußen in der digitalen Welt sein musste, die beinahe apokalyptisch wirkte. Sie dachte daran, wie sie vor drei Jahren mit Makoto und Impmon hier festgesessen war, während das neue D-Reaper sie angegriffen und die digitale Welt beinahe vollkommen zerstört hatte. Nur deswegen waren sich die Welten so nahe gekommen, dass sie nun recht einfach zwischen ihnen wechseln konnten. Damals... Ja, damals waren Coronamon und Lunamon bei ihnen gewesen und hatten sie beschützt. „Apollomon und Dianamon“, murmelte sie auf einmal. „Was?“, fragten Rin und Takumi beinahe gleichzeitig. Ai zögerte mit ihrer Antwort, da es nur ein Gedanke war, der ihr gekommen war. Sie wusste nicht, wie sie es den anderen erklären sollte. „Vor drei Jahren haben sich zwei wilde Digimon in die reale Welt verirrt“, erklärte Impmon und verschränkte seine Arme. „Zwei vollkommene Idioten, deren Digicores aber mit einer seltsamen Energie erfüllt waren. Sie sind im Kampf gegen D-Reaper zu Apollomon und Dianamon digitiert und am Ende in der digitalen Welt geblieben, um sie anstelle der vier heiligen Tiergötter zu schützen.“ Takumi und Rin sahen sie verständnislos an. „Wenn wir die beiden finden könnten“, murmelte Ai, „dann könnten sie uns vielleicht helfen Makoto zu finden und dann... Könnten wir zurückgehen.“ „Wir sollten sofort gehen“, erwiderte Tailmon leise und richtete sich auf. „Wir haben nicht mehr viel Zeit.“ Nun sahen alle das weiße Katzendigimon überrascht an. „Was?“ Tailmon griff sich mit einer Tatze an die Stirn. „Ich weiß nicht... Aber irgendwie... Ich kann es spüren. Diese Welt wird nicht mehr lang existieren. Wir müssen von hier fort, wenn wir leben wollen.“ Bei diesen Worten breitete sich Unruhe zwischen den Digimon aus. Ängstliches Gemurmel schwoll an, während die Baby- und Childdigimon miteinander flüsterten. Auch die Tamer tauschten unbehagliche Blicke. „Sag doch so etwas nicht, Panda... Tailmon“, murmelte Bearmon und sah besorgt das andere Digimon an. Tailmon sah auf und ließ seine Ohren hängen. „Es tut mir leid.“ „Wir können nicht gehen, bevor wir Makoto gefunden haben“, warf Ai nun entschlossen ein. Sie konnte ihren Bruder einfach nicht im Stich lassen und allein die Vorstellung machte sie wütend. Sie merkte, dass nun Rin, Takumi und Kotemon blicke wechselten. „Vielleicht könnten Takumi und ich bei den Digimon bleiben“, meinte Kotemon schließlich. „Und du geht zusammen mit Rin, Kunemon und Impmon und suchst deinen Bruder.“ „Nein, das können wir nich tun!“, protestierte Rin. „Wir können uns nicht trennen. Was sollen wir dann tun?“ „Und was ist, wenn noch einmal so etwas wie in der Zuflucht passiert? So etwas... Seltsames“, warf ein Upamon ein und bezog sich ganz offensichtlich damit auf dieseltsame Macht, die von Pandamon und Candmon Besitz ergriffen hatte. Ai wusste, was es meinte. Nur sie und Impmon konnten das Ultimate-Level erreichen. Doch was konnten sie tun? Sie konnte nicht einfach ohne Makoto gehen. Wenn diese Welt zerstört wurde, dann würde er sterben. Dann hätte sie ihren Bruder verloren, nur weil sie sich immer hatte durchsetzen müssen. Das konnte sie nicht zulassen. Aber was... Was sollten sie sonst tun? Es war auf einer gänzlich anderen Ebene, dass eine weitere menschliche Gestalt an einer Spalte, mitten auf einer Wiese saß, ein Tablet in der Hand. Aus der Spalte, um die herum der Boden zu Flackern schien, kam ein kaltes, weißes Licht hervor, während immer mehr Digignome sich auf dieser Ebene zu versammeln schienen und panisch plappernd um die menschliche Gestalt herum flogen. Diese sah auf den Tablet-PC in seiner Hand, dessen Bildschirm flackerte, jedoch ein Bild anzeigte. Wer genau hinsah, konnte feststellen, dass es sich bei der Gestalt tatsächlich um einen Menschen handelte. Um einen Jungen oder einen jungen Mann von vielleicht 18 Jahren, dessen äußeres eindeutig auf eine Ostasiatische Herkunft schließen ließ. Sein Gesicht war besorgt. „Es breitet sich immer weiter aus“, murmelte er. „Wir können nicht viel länger hier bleiben“, erwiderte eine weiblich klingende Stimme, deren Ursprung nicht ersichtlich war. „Ich weiß“, antwortete der junge Mann, den Blick weiterhin auf den Bildschirm gerichtet. Er sah zu den Digignomen auf und seine Augenbrauen zogen sich zusammen. „Wie lange noch...?“ 23. Juli 2011 – Paolo Alto Im ersten Moment dachte Janyuu, es sei das Beben gewesen, das ihn geweckt hatte, doch als er im nächsten Moment wahrnahm, dass sein Handy klingelte, war er sich nicht mehr so sicher. Auch Mayumi öffnete die Augen, während er das Smartphone vom Nachtschrank hob und abhob. „Moshimoshi?“, meldete er sich, wobei er zuerst aus Gewohnheit die japanische Version nutzte. Er besann sich aber, dass er sich in den USA befand und meinte auch, dass die angezeigte Nummer amerikanisch gewesen war. „Entschuldigen Sie“, sagte er daher. „Lee hier.“ „Spreche ich mit Mr. Janyuu Lee?“, fragte eine hektische Frauenstimme am anderen Ende der Leitung. „Ja, genau der bin ich. Janyuu Lee.“ Er bemühte sich nicht laut zu Gähnen und blinzelte auf die Zeitanzeige des kleinen Radiogeräts, das zur Zimmerausstattung gehörte. Es war kurz vor Mitternacht. „Hier spricht das California Pacific Medical Center. Wenn ich richtig informiert bin, sind sie der Vater von Shuichon Lee.“ Für einen Moment glaubte er, sein Herz würde aussetzen. „Ja, der bin ich“, erwiderte er, nun schneller sprechend. „Ihre Tochter wurde vor einigen Minuten eingeliefert und wird zur Zeit operiert“, sagte die Stimme sachlich. „Was? Was ist passiert?“, fragte Janyuu aufgebracht, auch wenn er bereits wusste, dass man ihm diese Frage nicht beantworten würde. „Das darf ich Ihnen am Telefon nicht beantworten. Wenn es Ihnen möglich ist, kommen Sie bitte sobald möglich her“, antwortete die Frauenstimme. Janyuu war bereits aufgestanden, während Mayumi ihn besorgt ansah. „Ich mache mich auf den Weg. Vielen Dank für die Benachrichtigung“, sagte er förmlich und beinahe automatisiert, ehe er auflegte und zu seiner Frau sah. „Shuichon ist im Krankenhaus. Ich weiß nichts genaueres.“ Damit nahm er direkt die Antworten auf die Fragen, die ihr auf der Zunge lagen vorweg. „Wir müssen gehen.“ Dabei bemerkte er nicht einmal, dass er weiterhin Englisch sprach, so durcheinander war er. „Dou natte iruno?“, erwiderte Mayumi, die genug verstanden hatte, um noch besorgter auszusehen. Er schüttelte den Kopf. „Shuichon wa byoin hakobareta.“ Dann schrieb er eine kurze Nachricht an Dolphin, da er eine ungute Vorahnung hatte, ehe er sich anzog und während er auf seine Frau wartete die Nummer Jenryas wählte. 23. Juli 2011 – San Fransisco Zur selben Zeit saß Denrei unruhig in einem engen Raum auf einer Polizeidienststelle und war dabei beinahe überrascht, dass man sie nicht zu einer Militärbasis gebracht hatte. Er hatte wenig verstanden, doch von dem was er verstanden hatte, wollte man sie angeblich nur verhören. Er hätte vielleicht darüber nachgedacht, dass es dafür durchaus seltsam war ihn, den Jungen und Alex in ein kleines Zimmer ohne Fenster einzuschließen oder die Digimon getrennt von ihnen wegzusperren. Er hätte sich vielleicht auch gesorgt, dass Dracomon – auch wenn er ihm beinahe mechanisch zugerufen hatte, es solle sich ruhig verhalten – jemanden angreifen könnte, nachdem was passiert war. Doch an all das dachte er nicht, zu besorgt war er um Shuichon. Und dabei wusste er nicht einmal was mit ihr geschehen war. Alles, was er wusste, war, dass sie geblutet hatte, als man sie in einem Krankenwagen fortgebracht hatte, und das weder er, noch Lopmon hatten mitfahren dürfen. War die Schusswunde lebensgefährlich? Was würde getan werden? Wie hatte das überhaupt passieren können? So vertieft war er in diese Gedanken, die er in seinem Kopf immer und immer wieder hin und herrollte, dass er nicht einmal bemerkt hätte, wie die Erde zu Beben begonnen hatte, wäre Alex nicht überrascht aufgesprungen. „An earthquake“, murmelte sie. Er sah sie an und ein Teil von ihm war beinahe überrascht, dass sie da war. Er erwiderte nichts. Irgendein vollkommen logischer und distanzierter Teil seines Gehirn, teilte ihm mit, dass es in San Fransisco öfter kleinere Erdbeben gab, da die Stadt, ähnlich wie Tokyo, in der Nähe von geologisch aktiven Gebieten lag. Doch eigentlich war es ihm egal. So bemerkte er auch kaum, dass der Junge – Nico – neben ihm, beinahe genau so elend aussah, wie er sich fühlte und ebenfalls nicht auf Alex oder das Erdbeben reagierte. Denrei fragte sich, ob überhaupt jemand kommen würde, um mit ihnen zu reden. Wann würden sie hier heraus kommen? Wann würde er mit Shuichon reden können? Man hatte ihnen sowohl ihre Digivices, als auch ihre Handys abgenommen, ehe man sie hier eingeschlossen hatte. „Macht euch keine Sorgen“, meinte Alex nun auf Englisch, auch wenn selbst sie deutlich bleich war – so bleich, dass es trotz ihrer dunklen Haut auffiel. „Mein Vater wird uns hier bald heraus holen.“ Sie hatte die halbe Fahrt hierher davon gesprochen. Ihr Vater war ein Anwalt und würde sie schon hier herausholen können. Sie schien sich der Sache ganz sicher. Doch Denrei würde erst daran glauben, wenn es wirklich geschah. Würde man hier überhaupt darauf hören, was rechtlich korrekt war? Was war überhaupt legal? In einem Land, wo einfach mit Raketen auf sie geschossen wurde, war er sich dieser Sache so gar nicht sicher. Alex sah sie an und ließ leise seufzend die Schultern sinken. „Wirklich. Macht euch keine Sorgen. Wir sind hier schon bald draußen. Versprochen.“ Obwohl die Erde noch immer leicht weiter bebte, ließ sie sich auf die unbequeme Holzbank zurücksinken. „Es tut mir Leid. Das ist alles meine Schuld.“ „Nein, es ist meine Schuld“, erwiderte Nico. „Ich habe euch in Gefahr gebracht und... Ich... Ach, ihr hättet mich einfach in Ruhe lassen sollen.“ „Hätte ich dich nicht angeschrien...“, begann Alex. „Ich bin weggelaufen, das Mädchen hat sich vor mich gestellt, es ist mein Fehler“, antwortete Nico, beinahe schon etwas gereizt. Denrei fragte sich, ob sie wirklich nun auch noch anfangen wollten zu streiten, doch tatsächlich gab Alex nach. „Wir haben alle blöd gehandelt“, murmelte sie. „Dabei sollte ich wissen... Ich meine, ich habe einen Bruder, der etwa so alt ist, wie du...“ Der Junge erwiderte nichts mehr darauf und so senkte sich Schweigen über den Raum, während das Erdbeben langsam nachließ. Denrei merkte, wie seine Hand zitterte. Er wollte einfach nur wissen was mit Shuichon war. Er wollte hier heraus, doch was konnte er tun um hier heraus zu kommen. Schweigen. Stille. Sie konnten entfernte Stimmen hören. Schritte, die an dem Raum vorbei gingen. Andere Geräusche. Doch niemand kümmerte sich um sie. Niemand kam herein. Dann hörten sie einen entfernten Streit und kamen nicht umher aufzusehen, auch wenn die kahle, braune Holztüre ihnen keine Antwort gab. Stimmen, die schrieen, lauter Protest und eine noch lautete Antwort, doch alles zu weit entfernt, um genaue Worte zu verstehen. Dann eine ruhigere Stimme, die etwas sagte und für sie kaum mehr als ein leises Murmeln zu sein schien. Eine weitere Erwiderung. Dann erneute Stille. Während sie sich verwirrt ansahen – nun, zumindest sah Denrei kurz und mit müdem Blick zu Alex – hörten sie erneut Schritte Näher kommen. Doch wer auch immer zu den Schritten gehörte: Die Menschen schienen sich leise zu unterhalten. Und dann hörten sie einen Schlüssel und zu ihrer großen Überraschung wurde die Tür geöffnet. Als erstes erschien ein stämmiger Mann mit rötlichem Haar in der Tür. „Dad!“, rief Alex aus, sprang auf und fiel ihm um den Hals. Denrei fiel auf, dass sie Tränen in den Augen hatte. Dann erkannte er einen verschlafen wirkenden Keith hinter dem rothaarigen Mann, der offenbar Alex' Vater war. „McCoy-san“, sagte er und wählte unüberlegt die japanische Anredeform. „Mein Vater hat mich informiert“, meinte Keith, als Alex' Vater genug zur Seite ging, damit er eintreten konnte, wobei er auch den Blick auf einen unzufrieden wirkenden Polizisten offenbar lateinamerikanischer Abstammung freigab, der im Flur stehen soll. „Ihr könnt gehen. Na ja, nur dieser Junge...“ „Dad“, meinte Alex und sah zu ihrem Vater, wobei sie sich mit einer flinken Geste die Tränen aus den Augen wischte. Ihr Vater schien zu verstehen. „Wir kümmern uns erst einmal um ihn“, sagte er an Keith und den Polizisten gewandt. „Ich werde alle notwendigen Formulare unterschreiben.“ Nico erwiderte nichts. „Denrei“, meinte nun Keith und klopfte ihm auf die Schulter. „Ich fahre dich zum Krankenhaus.“ Denrei war zu erschöpft, um viel dazu zu sagen, außer: „Danke„ und dann: „Aber Dracomon und Lopmon.“ Keith nickte nur. 24. Juli – Digitale Welt Takumi wusste, dass er in der digitalen Welt nicht schlafen musste, aber dennoch kam er nicht umher einzudösen, während sie in dem Tunnel verschnauften und darauf warteten, dass der Sandsturm draußen endete. All die Sorge, die er verspürte, änderte nichts daran, dass offenbar irgendetwas in seinem Geist befand, dass er Schlaf brauchte und ihn so langsam in einen seichten Schlaf gleiten ließ. Als er aufwachte war es noch immer dunkel, wie bereits, als sie hier angekommen waren. Doch das vermochte nichts zu sagen, da sie bereits gemerkt hatten, wie sehr das Wetter, Tag und Nacht und sowieso alles in der digitalen Welt verrückt spielte. Im ersten Moment war ihm nicht klar, was ihn geweckt hatte. Die meisten der Digimon schienen auch zu dösen und auch Ai und Rin hatten sich in eine sandige Kuhle gelegt und schienen zu schlafen. Außerhalb des Tunnels tobte immer noch der Sturm. Erst nach einigen Sekunden, vielleicht auch einer Minute, bemerkte er, dass Tailmon am Eingang des Dunnels stand und mit leicht zurückgelegten Ohren und auf allen Vieren in die sturmige Finsternis draußen starrte. Dabei erinnerte es ihn tatsächlich an eine Katze aus der realen Welt, die auf einen Fleck starrte, als würde dort eine Bedrohung lauern, die für Menschen nicht sichtbar war. Vorsichtig stand er auf und ging zu dem Digimon hinüber. „Was hast du, Tailmon?“, fragte er vorsichtig. Das Digimon fauchte und erinnerte ihn damit noch mehr an eine richtige Katze. Erst nach einigen Augenblicken entspannte es sich soweit, dass es sprach, jedoch ohne den Blick von der Stelle im Sturm abzuwenden. „Es kommt.“ Verständnislos sah Takumi es an. „Was kommt?“ „Es!“, wiederholte das Katzendigimon. „Sie kommen. Dann wird auch diese Ebene...“ Und da verstand Takumi, eher intuitiv als bewusst, dass es von dem seltsamen weißen Etwas sprechen musste, dass in der Höhle erschienen war. „Kotemon!“, rief er aus, woraufhin sein Partner, beinahe so, als hätte er gar nicht geschlafen, aufsprang. Auch Ai und Rin öffneten die Augen und sahen ihn verwirrt an, ehe ihre Blicke zu Tailmon wanderten und dann zu der Stelle, die Tailmon anstarrte. Doch es dauerte eine ganze Weile, ehe etwas geschah. Tatsächlich glaubten sie schon fast, dass Tailmon sich nur einbildete, was auch immer es zu spüren meinte. Doch dann... Merkten sie es. Ja, sie spürten es viel eher, als dass sie es sahen. Es war so, als würde irgendetwas zerbrechen, zumindest waren das die Worte, die Takumi in den Sinn kamen, als er es wahrnahm. Und dann sahen sie in der Ferne durch die Schleier des Sturmes hindurch ein stumpfes Glimmen und hörten ein Heulen, das beinahe an den Gesang eines Wales erinnerte. „Ist das ein weiteres Digimon...“, begann Rin, die mittlerweile neben Takumi getreten war, doch Tailmon fauchte. „Kein Digimon. Keine Digimon mehr“, erwiderte es. Ai zögerte und sah sich dann um. „Wir müssen hier weg. Alle!“ „Aber wohin?“, fragte Rin. „Es muss einen Weg von dieser Ebene geben“, erwiderte Ai. Takumi verstand, doch war er sich nicht sicher, was sie tun sollten. Immerhin wurden die kleinen Digimon vom Wind beinahe problemlos fortgeblasen, weshalb es kaum eine Option war weiter zu laufen. Erneut klang das Heulen, das wie Walgesang klang und es war in diesem Moment, dass der Sturm plötzlich stoppte, ganz so als hätte das Wesen, das sie nun in der Ferne erkennen konnten, ihn abgestellt. Nun konnten sie auch das Wesen erkennen, das auf diese seltsame Art heulte: Es leuchtete in einem kalten Weiß und schien nicht aus einem festen Material zu bestehen. Seine Augen und sein Maul – obwohl es eher ein langer, breiter Schlitz war, der sich durch das obere Ende des Wesens zog – leuchteten beinahe pink. Es erschien riesig. „Los, alle zusammen! Aufstehen! Wir müssen weiter!“, schrie Impmon nun die kleinen Digimon an, die noch nicht erwacht waren. Und wieder machte sich Panik breit und wieder mussten sie die Digimon beruhigen, ehe sie langsam – viel zu langsam – losgingen. Das Wesen, zu dem sich Takumi immer wieder umdrehte, stand einfach nur da, beinahe, als könnte es sich gar nicht bewegen. Doch um es herum, schienen Felstore und -tunnel anzufangen zu flackern, wie in einem schlecht eingestellten Fernsehsender. „Was passiert hier?“, fragte Rin ängstlich und hielt Kunemon, das sich wieder um ihren Hals gelegt hatte, fest. „Die digitale Welt funktioniert nicht mehr“, murmelte Kotemon und sah sich zu dem Wesen und den flackernden Felsen um. „Ich glaube, es ist, weil dieses Wesen nicht hierher gehört... Es ist...“ „Eine Anomalie“, flüsterte Ai und sah zu den anderen. „Davon haben Takato, Yamaki-san und die anderen einmal gesprochen...“ Keiner sagte etwas, während weitere kleine Digimon an ihnen vorbei liefen, hopsten oder flatterten – ganz wie es ihre Körper ihnen erlaubten. Ein weiteres Heulen erklang und auf einmal wandte das Wesen seinen Blick in ihre Richtung. „Impmon“, hauchte Ai und ihre Hand klammerte sich um ihr Digivice. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)