Gib mir Liebe - Kou von Kyo_aka_Ne-chan ================================================================================ Kapitel 9: Unwetter ------------------- Kou hatte sich viel zu viele Gedanken gemacht, denn zur Normalität zurückzukehren war einfacher als gedacht. Kaoru war so wie immer und hätte er in jener Nacht nicht gehört, dass sie ihn liebte, wäre es ihm wohl auch kaum aufgefallen. Der Rest des Kurzurlaubs war ereignislos gewesen, Kaoru hatte einfach an der Stelle angeknüpft an der sie aufgehört hatten. Es war, als hätte es den Tag am Strand niemals gegeben, als er eine Beziehung zu ihr für unmöglich erklärt hatte, doch er wusste genau, dass es passiert war. Auch die Heimreise und ebenso die Tage danach, an denen sie sich wie immer in der Universität oder danach sahen, verliefen unauffällig. Daher machte sich Kou keine weiteren Gedanken, sondern verhielt sich wie immer und versuchte nicht mehr daran zu denken, was er gehört hatte. Für Kaoru schien es sich ähnlich zu verhalten, denn sie erwähnte den Tag am Strand nicht wieder und war nach wie vor die gleiche fröhliche und freche Kaoru wie vorher auch. Kou wartete an diesem Tag im Schatten der Weide, die mittlerweile zum regelmäßigen Treffpunkt und Lernort geworden war. Kaoru verspätete sich, aber das war nichts Neues, schließlich hatte sie wesentlich mehr Freunde als Kou, der bis auf sie niemanden an der Uni an sich heranließ. Endlich hörte er schnelle Schritte und kurz darauf erschien Kaoru bei ihm. Sie ließ sich völlig außer Atem neben ihn fallen und er hielt ihr wortlos eine Wasserflasche hin, die er vorhin besorgt hatte. Es war immer noch brütend heiß und der Sommer schien kein Ende zu nehmen, während die Prüfungen immer näher rückten. Kou machte sich dahingehend weniger Sorgen, aber Kaoru wurde immer verzweifelter, daher hatte er sich dazu bereit erklärt, ihr nun jeden Tag Nachhilfe zu geben, damit sie sich sicher fühlen konnte. „Entschuldige die Verspätung, Mari wollte noch Maße nehmen und es ging nicht schneller“, entschuldigte sie sich und Kou schaute sich an. „Maße nehmen?“, fragte er. „Ja. Wir machen demnächst eine Wohltätigkeitsveranstaltung und tragen alle Kostüme, die Mari machen will. Wirst du auch kommen? Takarai ist ein mächtiger Name“, lächelte sie augenzwinkernd und Kou seufzte. „Warum sollte ich diesen Zirkus mitmachen...?“, murrte er. „Es geht um eine gute Sache, Kou. Außerdem siehst du mich sonst nicht im Affenkostüm“, lachte Kaoru und Kou gab einen Laut von sich, der halb Schnauben und halb Lachen war. „Hm, ein Äffchen passt bestimmt gut zu dir“, überlegte er, ehe er richtig lachte, denn von irgendwoher drängte sich ihm das Bild einen pinken Affen auf. „Wirklich witzig, Kou. Wenn du fertig bist, dich auf meine Kosten zu erheitern, kannst du mir ja die nächsten Prüfungsfragen stellen“, schmollte Kaoru und Kou tat ihr nach einer Weile den Gefallen. Nach einer Stunde reichte es beiden zwar schon, aber sie machten trotzdem tapfer weiter, obwohl die Hitze nur noch mehr zunahm. Ein fernes Grollen unterbrach sie schließlich und sie lugten aus den tiefen Zweigen der Weide hervor, um dunkle Wolken zu erblicken, die sich nicht weit von ihnen am Himmel türmten. „Ein Gewitter“, stellte Kou fest und er packte seine Sachen zusammen, ebenso wie Kaoru. Sie verließen den Campus und liefen schnell in Richtung ihres Wohngebietes, doch der Wind nahm zu und schob die fast schwarzen Wolken unaufhörlich näher. Sie waren gerade so in der Nähe von Kous Wohnung, als die Himmelsschleusen sich öffneten und es heftig zu regnen begann. Kou nahm Kaoru automatisch bei der Hand und zog sie mit sich, weil er nicht wollte, dass sie noch nasser und damit krank wurde. Zu spät fiel ihm ein, dass es wohl keine gute Idee war, sie mit in seine Wohnung zu nehmen, aber er verscheuchte die Stimme energisch, als er Kaoru so tropfnass vor sich hatte. Sie brauchte dringend Wechselsachen und ein Dach über den Kopf, zumindest bis der Regenguss und das Gewitter vorüber waren. „Sieht so aus, als würdest du meine Wohnung kennenlernen“, meinte Kou, dann ging er voraus und wieder zog er sie mit sich, was er kaum zu bemerken schien. „Ist das denn wirklich ok für dich?“, fragte Kaoru unsicher und Kou blieb stehen, um sich auf den Treppenstufen nach ihr umzudrehen. „Niemand sonst wäre mir lieber, Kaoru... außerdem will ich nicht, dass du dir einen Schnupfen holst. Rote Nasen sind unsexy“, meinte Kou provokant, wie es seine Art war und einen Moment später musste er einer Taschentuchpackung ausweichen, die Kaoru nach ihm geworfen hatte. Kou lachte nur und rannte die Treppen bis zum obersten Stock hinauf, während ihm Kaoru folgte. Draußen nahmen Regen, Blitz und Donner zu und konzentrierten sich auf diesen Ort, aber da Kou und Kaoru im Trockenen waren, störte es sie nicht weiter. Wenig später erreichten sie die Wohnung Kous und der Blonde ließ sie schnell herein. „Oje, jetzt mache ich ja alles nass“, sagte Kaoru und blieb im Eingangsbereich stehen, als sie ihre tropfnassen Schuhe ausgezogen hatte. Kou winkte ab. „Schon ok.“ „Aber das kriegst du nie wieder raus“, weigerte sich Kaoru vehement und Kou gab ein leicht genervtes Knurren von sich. „Dann eben anders“, sagte er und zog sich plötzlich das T-Shirt über den Kopf. Kaoru schaute ihn ganz merkwürdig an und wurde ganz rot, was Kou zu einem breiten Lächeln verleitete. „Es hat sich wohl noch niemand vor dir ausgezogen, was?“, fragte er amüsiert und als Antwort wurde Kaoru noch röter im Gesicht, was ihn zum Lachen brachte. Überhaupt lachte er viel mehr, seit er in ihrer Nähe war, weil ihr immer urkomische Sachen passierten. Bestimmt würde er sich auch gleich wieder vor Lachen ausschütten, aber das musste warten, bis sie sich aufgewärmt hatte. Kou nahm das T-Shirt, zog es Kaoru über den Kopf, damit ihre Haare nicht alles voll tropfen konnten, anschließend nahm er sie auf seine Arme und trug sie zum Bad. Kaoru wurde nicht mehr und sie zupfte das T-Shirt so vor ihr Gesicht, dass Kou ihre Gesichtsröte und die Gefühle, die man deutlich an ihrer aktuellen Mimik erkennen konnte, nicht sah. Er drückte sie sogar ein bisschen an sich und es fühlte sich so gut an. Kaoru hätte sich in diesem Moment am liebsten an ihn geschmiegt, doch das traute sie sich dann doch nicht zu. Viel zu schnell wurde sie in einem kleinen Bad abgesetzt und sie zog das T-Shirt, welches viel zu sehr nach ihm duftete, von ihrem Kopf, um es nach Kou zu werfen. „Das war nun wirklich nicht nötig“, murmelte sie und ihre Gesichtsröte wollte einfach nicht verschwinden. „Scheinbar schon, wenn du dir darum Sorgen machst, dass ich den Boden nicht mehr trocken kriege“, lachte Kou und versenkte das T-Shirt im Wäschekorb, ehe er ihr ein Handtuch reichte. Kaoru begann, ihre Haare zu trocknen und Kou verschwand im nächsten Raum, um ihr Wechselsachen zu organisieren. Leider hatte er nur seine eigenen Sachen, aber Kaoru nahm sie trotzdem und verschwand in seinem Schlafzimmer, was Kou schon ein wenig zusetzte. Noch nie hatte er ein Mädchen hier gehabt und er fühlte sich merkwürdig nervös dabei, dass es nun soweit war. Kou schüttelte über sich selbst den Kopf. Kaoru war so etwas wie seine beste Freundin, also sollte es sich nicht so komisch anfühlen. Er lenkte sich damit ab, indem er sich im Badezimmer umzog und sich die Haare trocken rubbelte, anschließend ging er in das große Wohnzimmer, welches gleichzeitig auch Küche und Essbereich war. Kou schaute zum Fenster hinaus, beobachtete, wie der Regen unbarmherzig gegen die Scheiben klatschte und wartete darauf, dass dieses merkwürdige Gefühl in seinem Inneren verschwinden würde. „Kou?“ Er wandte sich zu ihr um und das Herz schlug ihm plötzlich bis zum Hals. Sie trug das dunkelblaue T-Shirt von ihm, welches viel zu groß war und ihr von einer Schulter herunterhing. Es reichte ihr bis zur Hälfte ihrer Oberschenkel und die Hose, die er ihr gegeben hatte, suchte er vergebens. Er hatte eine großzügige Sicht auf ihre nackten Beine und er hob schnell den Blick zu ihrem Gesicht. „Kou, ist alles ok?“, wollte Kaoru wissen. Nein, nichts war ok. Sie schaute mit großen Augen zu ihm, ihre Haare klebten noch immer wirr an ihrem Kopf und doch... er glaubte nicht, dass er je etwas Schöneres gesehen hatte. Kou wandte sich wieder dem Unwetter vor den Fenstern zu. Dort draußen herrschte eine ähnliche Aufruhr wie in ihm und er hatte keine Ahnung, wie er sich beruhigen konnte. Sein Kopf fühlte sich wie leergefegt an, sein Mund trocken, sein Herz schlug ihm weiter bis zum Hals und diese verdammte Wärme in seinen Eingeweiden... was war das nur? Hatte er sich so schnell etwas eingefangen? Wurde er von dem bisschen Regen schon krank? „Kou, du machst mir Angst“, sagte Kaoru jetzt leise und sie trat näher, um ihn sanft am Arm zu berühren. Ihre Fingerspitzen streiften ihn kaum, da zuckte er schon zusammen und ging auf Abstand. Er setzte sich in Bewegung und machte eine auffordernde Handbewegung. „Komm, ich zeig dir die Wohnung...“, sagte er mit merklich rauer Stimme und auch das verstörte ihn zutiefst. Was war nur mit ihm los? Was hatte das nur zu bedeuten? Diese wirren Gedanken gingen ihm im Kopf herum und er erzählte wie ferngesteuert, wie er zu dieser Wohnung gekommen war und wie lange er hier schon wohnte, außerdem, was sich wo befand, obwohl es Kaoru bestimmt eher langweilte. Doch als er zu ihr sah, konnte er nur ehrliches Interesse in ihrem Gesicht wahrnehmen und das erinnerte ihn daran, dass Kaoru nicht wie andere Mädchen war. Er entspannte sich wieder ein wenig und beantwortete ihre Zwischenfragen, bis sie die gesamte Wohnung begutachtet hatten. Kou kehrte mit ihr in den Wohnbereich zurück und warf einen Blick nach draußen, wo das Unwetter immer noch mit gleicher Stärke wütete. Er führte Kaoru zum Sofa und wusste dann nicht so recht weiter, doch sein Blick schweifte zum Fernseher und ihm kam die rettende Idee. „Solange das Unwetter noch anhält, solltest du hierbleiben. Derweil könnten wir eine DVD schauen... wenn du magst“, sagte er und Kaoru nickte zustimmend. Also machte Kou das Gerät per Tastendruck an und aktivierte die DVD, die er noch im Laufwerk hatte. Er erinnerte sich entfernt daran, ein Gesellschaftsdrama gesehen zu haben, doch wusste er nicht mehr, wie es gewesen war. Entweder war es zu lange her oder der Film war sterbenslangweilig, er wusste es nicht mehr. Doch nach ein paar Minuten wusste Kou wieder, dass es ein Film der zweiten Kategorie war und er rutschte immer tiefer in die Sofapolster. Am liebsten hätte er den Film ausgemacht, doch Kaoru schien sehr konzentriert darauf, also machte er nichts. Solange, wie der Film lief, konnte er ja die Augen zumachen und genau das tat Kou auch. Er schlief in der letzten Zeit nicht mehr so gut, anscheinend setzte ihm die Hitze in der letzten Zeit zu und er fand schwer zur Ruhe. Doch neben Kaoru fand er diese Ruhe nun auf einmal und seine Augen fielen kurz darauf zu. Angenehme Ruhe... ein Zustand, den Kou nicht oft in sich vorfand, aber dieses Mal war es so. Er hatte das Gefühl, in einer Art Schwebezustand zu verharren und er mochte dieses Gefühl der Schwerelosigkeit und der tiefen Zufriedenheit. Es war selten, dass er so fühlte und recht bald erinnerte er sich auch wieder, warum er diesen Zustand nicht öfter in sich fühlte. Er hatte viele Fehler begangen, hatte Menschen wehgetan und sich nicht um ihre Gefühle geschert. Jetzt war er zwar klüger, aber die Schäden seiner Taten hafteten ihm nach wie vor an. Er würde wohl auf ewig seine Verfehlungen büßen, ohne Chance auf Wiedergutmachung. Aber wenn er so ein schlechter Mensch war, warum fühlte er sich gerade nur so gut? Kou runzelte im Halbschlaf die Stirn, aber noch machte er die Augen nicht auf. Aber irgendetwas war anders und bald spürte er diesen vertrauten und sanften Druck mitten auf seinen Lippen. War das... ein Kuss? Kous Augen öffneten sich halb und tatsächlich sah er Kaorus Gesicht unmittelbar vor sich. Ihre Lippen waren auf seinen, küssten ihn ganz sachte und er spürte, wie zittrig und aufgeregt sie dabei war. Kous Inneres wollte diesem wohligen Gefühl nachgeben, welches sie in ihm auslöste, wollte sich an dieses süße Gefühl klammern... aber die Dämonen der Vergangenheit waren stärker. Er hatte sich geschworen, nie wieder jemanden auf diese Weise so nahe zu kommen und alles was er wollte, war Kaoru zu beschützen. Also packte Kou sie an ihren Oberarmen und zwang sie dazu, auf Abstand zu gehen. Ihre Lippen lösten sich von seinen, das sanfte, warme Gefühl in seinem Inneren erlosch augenblicklich und er konnte sich besser konzentrieren. Er schob sie von sich und ihre Mimik sagte ihm deutlich, dass er sie verletzt hatte. Aber damit sie weiter befreundet sein konnten, musste er ihr die Grenzen dieser Freundschaft aufzeigen und dass sie sich keinesfalls auf ihn einlassen durfte. Nicht so... Sie sah aus, als wolle sie aufbegehren, doch er brachte sie mit einem strengen Blick davon ab, so dass sie sich auf ihre Lippen biss. Der Anblick stellte in Kombination mit der Tatsache, dass sie sein T-Shirt trug und darunter nur ihre Unterwäsche, Unvorstellbares in ihm an. Er musste all seine Willenskraft aufbringen, um sie von sich zu schieben, während ihr Gesicht ihn darum bat, doch weitermachen zu dürfen. Ihre Haare wellten sich, waren in der Zwischenzeit wieder etwas länger geworden und kräuselten sich nun an ihren Ohren, was sie noch süßer und begehrenswerter machte, aber Kou schob dieses Gefühl beiseite. Sein Trieb sagte ihm, dass er sie besitzen wollte, so wie die Mädchen vor ihr, doch Kou verbot sich das. Sein Körper zitterte vor Anstrengung und unterdrückter Lust, die er noch nie so sehr hatte bändigen müssen, wie in diesem Augenblick. Niemals würde er Kaoru das antun, das hatte er sich fest vorgenommen, doch seine Selbstbeherrschung wankte mit jeder Minute mehr. „Geh“, presste er hervor. „Kou...“ „Ich sagte, GEH!“ Seine Stimme überschlug sich fast und die Qual schnürte ihm die Kehle zu. Er hatte sie angeschrien und sie sah ihn gerade völlig verstört an, also wiederholte er sein Anliegen, dieses Mal mit leiser, gebrochener Stimme. „Geh. Lass mich allein...“ Kaorus Gesicht verzog sich in dem gleichen Leid wie seines, aber sie tat, was er sagte. Sie rannte zurück ins Bad, zog ihre nassen Sachen an und rannte wenig später aus der Wohnung, zurück in das Unwetter, welches zumindest etwas schwächer geworden war. Kou blieb allein zurück. Doch obwohl er sich von der Einsamkeit Heilung versprochen hatte, geriet er nur noch mehr in Aufruhr als vorher. Das hier war eine knappe Angelegenheit gewesen... und es durfte nicht noch einmal vorkommen. Sein Körper fühlte sich erhitzt an, vor allem seine Lippen brannten und das Verlangen fraß sich durch ihn hindurch wie ein gieriges Ungeheuer. Kou krümmte sich zusammen, atmete tief und kontrolliert durch, doch es half nichts. Das Gefühl, wie Kaoru ihn geküsst hatte, verschwand einfach nicht und Kou spürte die nackte Angst in seinem Genick sitzen. Er wollte nicht, dass es noch einmal geschah. Nicht noch einmal wollte er jemanden wie Dreck behandeln, indem er sich selbst nicht im Griff hatte und Sex als Waffe einsetzte. Nie wieder würde er zu diesem Monster werden... und wenn er sich dafür hier in seiner Wohnung einsperren musste, dann würde er das tun. „Kaoru... verzeih mir...“, sagte er halblaut in die Stille der Wohnung hinein und vergrub das Gesicht in seinen Händen, die noch ebenso zitterten wie seine von ihr geküssten Lippen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)