Gib mir Liebe - Kou von Kyo_aka_Ne-chan ================================================================================ Kapitel 6: Der Tag danach ------------------------- Kou wartete am nächsten Morgen nicht auf dem Campus, sondern direkt vor dem Eingang zu Kaorus Wohnung. Sie wohnte nicht weit von ihm weg, so dass er sich entschlossen hatte, einen kleinen Umweg zu gehen. Dieses Mal hatte er eine Adresse nicht mit unlauteren Mitteln herausgefunden, nein, er hatte Kaoru gestern noch bis nach Hause begleitet, nachdem ihre letzten Tränen versiegt waren und hatte sie dort abgeliefert. Angespannt fuhr Kou sich mit einer Hand durch die hellen Haare und er überlegte nun schon zum fünften Mal, ob er klingeln, warten oder doch lieber wieder verschwinden sollte. Da er auf keine eindeutige Antwort kam, blieb er einfach stehen und harrte der Dinge, während in seinem Kopf das blanke Chaos herrschte. Er konnte nicht glauben, dass Kaoru einfach über seine Verfehlungen hinweg sehen konnte, daher war er nun hier. Er wollte mit eigenen Augen sehen, was seine Erzählungen bei ihr angerichtet hatten und ob sie wirklich ehrlich zu ihm und zu sich selbst war. Er durfte ihr keine Zeit lassen, sich quasi eine Maske aufzusetzen, sondern musste sie unvorbereitet treffen. Endlich ging die Tür auf und Kaoru erschien auf der Schwelle. Noch angespannter als vorher sah Kou zu ihr und das Herz klopfte ihm bis zum Hals. Ihre kurzen, dunklen Haare waren etwas wirr, die unechte Brille war ihr wieder auf die Mitte ihres Nasenrückens gerutscht und sie schob sie gerade wieder nach oben. Ansonsten wirkte sie blass und müde und er machte sich sofort Vorwürfe. Er war daran Schuld... „Kou?“, erkannte sie ihn jetzt und ihr Gesicht erhellte sich schlagartig. „Bist du gekommen, um mich abzuholen?“ In ihrer Stimme schwang eine Hoffnung mit, die Kou nicht nachvollziehen konnte. Freute sie sich etwa wirklich, ihn zu sehen? Er sah sie an, kein Wort drang über seine Lippen, weil er nicht wusste, was er sagen sollte. War ihre Freude echt oder spielte sie ihm nur etwas vor? Er war sonst ein guter Menschenkenner, doch diese Eigenschaft ging ihm bei ihr vollkommen abhanden. Kaoru sprang die letzten beiden Treppenstufen nach unten und lief zu ihm, während sie ihn wie gestern anlächelte. Trotzdem täuschte dies nicht über ihre Augenringe und ihre Blässe hinweg und Kous Selbstvorwürfe rissen nicht ab. „Ja, ich schätze... ja, ich bin hier, um dich abzuholen“, sagte er schließlich hölzern, wandte sich von ihr ab und ging voraus. Sie blieb erst verdutzt stehen, dann rannte sie zu ihm und hielt dann Schritt mit ihm. Sie suchte immer wieder seinen Blick, doch er wich ihr aus. Irgendwann reichte es Kaoru und sie stellte sich Kou mitten in den Weg, ehe sie die Hand hob und ihm gegen die Brust tippte. „Ich schätze, du weißt nicht, wie das läuft, Kou, also helfe ich dir: Wenn man ein Mädchen abholt, dann passt man sich ihrer Gangart an und redet vor allem mit ihr. Was ist bloß los mit dir?“, wollte sie wissen und baute sich vor ihm auf. Obwohl sie kleiner war als er machte es schon ein bisschen Eindruck, was wohl an der strengen Brille liegen musste. „Entschuldige... ich dachte nur...“ Kaorus Blick wurde misstrauisch, als Kou mitten im Satz abbrach. „Was dachtest du?“ Kou holte tief Luft. „Es war ein Fehler, dir alles zu erzählen. Du siehst blass aus... es muss ein Schock für dich sein, dass es Menschen wie mich gibt“, gab er schließlich zu und Kaoru verstand. „Ich habe mir nur Gedanken gemacht, wie ich dir helfen kann, Kou. Ich konnte nicht schlafen, weil mich das alles so beschäftigt hat, deshalb sehe ich nicht so gut aus wie sonst“, meinte sie mit einem schiefen Lächeln und Kou glaubte ihr, doch es machte nichts wieder gut. Er hatte sie in diese Lage gebracht, also war es seine Schuld. Wieder verirrte sich seine Hand in seine Haare und er gab ein überfordertes Seufzen von sich. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass du es verstehen würdest. Ich verstehe mich mittlerweile selbst nicht mehr“, sagte er leise, doch Kaoru verstand ihn sehr wohl. „Du versuchst, deinen Weg zu finden. Was gibt es denn daran nicht zu verstehen?“, wollte sie wissen und er konnte ihr auch darauf keine Antwort geben. Ihre Worte leuchteten ihm ein und er konnte zum ersten Mal an diesem Tag wieder etwas optimistischer denken. Kaoru war wirklich unglaublich. „Können wir uns heute nach der Vorlesung wieder treffen? Ich brauche unbedingt deine Hilfe“, sagte sie jetzt und Kou schaute sie aufmerksam an. „Wieso? Steckst du in Schwierigkeiten?“ „Kann man so sagen. In ein paar Wochen sind Prüfungen und ich hinke total hinterher. Kannst du mir vielleicht Nachhilfe geben? Du diskutierst immer so gut mit den Dozenten und wirkst, als hättest du alles verstanden. Ich hingegen verstehe manchmal kein Wort“, sagte Kaoru unglücklich und Kou kam um ein Grinsen nicht herum. „So, so, du brauchst also meine Hilfe, ja?“ „Mir gefällt dieses Grinsen nicht, Kou. Rechnest du dir schon die Gegenleistung aus?“ Kou lachte. „Ja, irgendwie schon. Das Mittagessen geht auf dich.“ Kaoru lächelte und nickte, dann erschrak sie, als sie die Turmuhr in der Ferne hörte. „Oje, wir müssen die Beine in die Hand nehmen. Schnell, Kou!“, rief sie und schon rannte sie los. Der Blonde schüttelte den Kopf, schließlich nahm es an der Uni niemand derartig genau mit der Pünktlichkeit. Aber er tat seiner neuen Freundin den Gefallen und lief ihr nach. Wieder schien die Sonne an diesem Nachmittag hell und es war unsagbar warm. Trotzdem hatten Kou und Kaoru sich ein Plätzchen draußen gesucht, um zu lernen. Im Schutze einer alten Weide hatten sie ihren Lernstoff um sich ausgebreitet und Kou erklärte Kaoru geduldig, was sie nicht verstanden hatte. „Ich glaube, ich habe es verstanden!“, rief sie plötzlich und gab Kou ein Beispiel für den eben erklärten Sachverhalt, woraufhin er nickte. „Das ist richtig.“ Kaorus Augen fingen an zu strahlen und sie riss die Arme in die Luft, ehe sie lauthals „Juhu!“ rief. Kou zuckte aufgrund der plötzlichen Lautstärke kurz zusammen, dann lächelte er. Es freute ihn, dass er sein Wissen weitergeben konnte und dass auch er etwas zu dieser möglichen Freundschaft beitragen konnte. „Oh, es ist schon spät“, sagte Kaoru in diesem Augenblick und auch Kou sah nun auf seine Uhr. Es war bereits halb 6 und in einer halben Stunde würden die Tore schließen. Das hieß, sie mussten langsam ihre Sachen packen und gehen. Kou spürte Widerstreben in sich, denn er wollte eigentlich noch gar nicht wieder in seine Wohnung zurück, wo es immer einsam war. Allerdings konnte er Kaoru auch kaum darum bitten, mit zu ihm zu kommen, denn er wollte keine Zeichen damit aussenden, die man falsch verstehen konnte. Sein Handy rettete ihn, denn in diesem Moment ging eine Nachricht von Seri ein. „Sind im Cafe´, bist du dabei? Bring auch Kaoru mit :-)“, schrieb sie und damit hatte Kou eine Ausrede, um noch weiter Zeit mit ihr verbringen zu können. „Seri fragt, ob wir ins Cafe´ kommen“, informierte er Kaoru und diese schaute ihn wie heute Vormittag sehr hoffnungsvoll an. „Ich darf mit?“, fragte sie sogleich verwundert und Kou packte seine Sachen, ehe er aufstand und sie ansah. „Noch einmal frage ich nicht“, meinte er und lief einfach los. Kaoru packte nun in Windeseile ihre Sachen zusammen und beeilte sich, um Kou folgen zu können. „Hey, du hast doch noch nicht mal gefragt!“, rief es aus dem Hintergrund und wieder schlich sich ein fast zufriedenes Grinsen auf Kous Gesicht. Es tat wirklich gut, Freunde zu haben, das merkte er nun jeden Tag von Neuem. Er wusste, dass dies ein Geschenk auf Zeit war, schließlich würde auch Kaoru irgendwann jemanden finden, mit dem sie ihr Leben verbringen wollte. Aber zumindest konnte er sie so lange begleiten und das würde er in Ehren halten. Seri und Tamaki saßen schon auf ihren üblichen Plätzen, als Kou mit Kaoru im Schlepptau das Cafe´ betraten. Beide erkannten Kaoru zuerst nicht, doch als diese die Brille abnahm, war der Wiedererkennungswert wieder hergestellt. Seri und Kaoru verstanden sich auf Anhieb sehr gut und redeten bald über verschiedenste Themen, wobei Kou bald den Anschluss verlor. Er schaute zu Tamaki hinüber, dem es wohl ähnlich zu gehen schien und beide verloren keinen Ton darüber. „Was haltet ihr davon, wenn wir demnächst gemeinsam etwas unternehmen. Nächste Woche habt ihr doch frei, da könnten wir ans Meer fahren“, schlug Seri plötzlich vor und klatschte begeistert von ihrem Einfall in ihre Hände. Kaoru war sofort Feuer und Flamme. „Ich war so lange nicht mehr am Meer, das wäre so super!“, rief sie ebenso laut wie Seri und damit rüttelten sie die Jungs wach, die eben noch ihren jeweils eigenen Gedanken nachgehangen hatten. „Das Meer? Wirklich?“, fragte Tamaki und schien wenig begeistert. „Keine Sorge, dieses Mal passe ich auf den Ring auf“, lächelte Seri und strich dabei über den Freundschaftsring, den sie von ihm bekommen hatte. Kou entging der sehnsuchtsvolle Blick Kaorus nicht, mit dem diese auf die Ringe schaute und das bekräftigte ihn erneut bei seinem Entschluss, ihr nicht im Weg zu stehen, sobald sie jemanden kennenlernte. Eine Freundschaft mit ihm würde ihr dabei schaden und das wollte Kou auf keinen Fall. Kaoru hatte es verdient, glücklich zu werden und dabei würde er ihr nach Kräften helfen... indem er sie irgendwann ziehen ließ. Doch im Moment würde er die Zeit mit ihr nutzen und dafür kam ihm der Ausflug eigentlich ganz recht. „Das klingt gut“, meinte er daher und erntete verdutzte Blicke von Seri und Tamaki. Anscheinend hatten sie nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet er sich zu einem gemeinsamen Ausflug würde breitschlagen lassen. Kou überging das und kümmerte sich lieber um seinen Kaffee, damit dieser nicht weiter abkühlte. Er überließ Kaoru und Seri das weitere Planen und beschloss, einfach alles so zu nehmen, wie es kam und die Zeit, die er mit Kaoru verbringen konnte, zu nutzen. Wer wusste schon, wann der spezielle Jemand für sie auftauchte und er wieder allein sein würde...? Kou mochte zwar nicht gerne daran denken, aber er wusste, dass es irgendwann über kurz oder lang so kommen würde... und dann musste er bereit sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)