Sweet Amoris with OC von holywaterproof ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- >Tief einatmen, Kopf hoch, Blick nach vorne, und bloß nicht hinfallen!<, das dachte ich mir, als ich die Eingangstüre meiner neuen Schule öffnen wollte. Hinter der Türe lagen die Gänge und Zimmer des Sweet-Amoris-Gymnasiums, welches ich ab heute besuchen sollte. >Irgendetwas stimmt mit der Tür hier nicht. Oder bin ich zu früh?<, fragte ich mich, bevor mein Blick auf das ‚Ziehen-Schild‘ am Eingang fiel. Okay, peinlich. Hoffentlich hatte niemand gesehen, wie ich verzweifelt an der Türe gedrückt hatte. Rund eine Minute, nachdem ich die Schule endlich betreten hatte, kam eine ältere Dame mit einem Lächeln auf den Lippen auf mich zu. Sie begrüßte mich und erklärte mir, sie seie die Direktorin dieses Gymnasiums. Nach den üblichen Formalitäten, Fragen und ‚Wenn etwas ist, kannst du jederzeit zu mir kommen‘ entschied ich mich dafür, erst einmal alles Weitere mit meiner Anmeldung zu regeln. Nicht, dass nachher noch etwas schief gehen würde. Nachdem die Direktorin gegangen war, suchte ich als erstes den Schülersprecher, was gar nicht so einfach war. Das erste mal an einer Schule mit gefühlten tausenden von Zimmern und dann auch noch ganz alleine, da konnte man sich ja nur verlaufen. Zum Glück befand sich das gesuchte Zimmer genau zu meiner rechten Seite, was ich allerdings erst bemerkt hatte, nachdem ich zweimal den Gang hier entlang gellaufen war. Ich klopfte vorsichtig an dem Zimmer an, trat dann aber ohne eine Antwort abzuwarten herein. »Hi, äh.. ich suche den Schülersprecher?«, meinte ich fragend, nachdem ich das Zimmer betreten hatte und dabei ein blonder Kerl in weißen Hemd aufblickte. Erst verwirrt, dann freundlich lächelnd kam der Blonde auf mich zu und stellte sich mir als Nathaniel und Schülersprecher vor. Juchuuh, ich hatte ihn also schon gefunden. »Ein Glück. Ich bin Lucio und neu hier. Die Direktorin meinte, ich solle wegen meiner Anmeldung zu dir kommen.« Der fragende Ausdruck auf Nathaniels Gesicht war nun endgültig verschwunden, als wüsste er nun genau, worum es ging. »Sicher, warte einen Moment.«, antwortete der Blonde, während er begann, auf einem mit Papieren beladenen Schreibtisch herum zu wühlen. Da ich nicht besseres zu tun hatte und gerade Schweigen herrschte, beobachtete ich ihn ein wenig genauer. Er war schlank, unauffällig gekleidet und blond, was bei ihm wohl am auffälligsten war. Vom äußerlichen her war er fast das genaue Gegenteil wie ich. Schwarze, zurecht gegelte Haare wuchsen auf meinem Kopf, wobei mir ein blau gefärbter Pony übers Gesicht fiel, gekleidet war ich auch fast ganz in Schwarz und dazu war ich fast einen Kopf kleiner als er. Durch die genaue Beobachtung fiel mir sofort auf, wie sein Blick sich veränderte und sich kleine Falten auf seiner Stirn zeigten. »Ich glaube, da gibt es ein kleines Problem, da fehlen noch ein paar Sachen. Und ein Passphoto ist hier auch nirgends.« Bei seinen Worten verdüsterte sich leicht mein Blick. »Sicher? Ich war überzeugt, dass ich alles hierher geschickt habe.«, antwortete ich neutral, obwohl es mich innerlich ärgerte. Vor über meine Woche hatte ich das ganze Zeug per Post hierher geschickt, was die Schule an Personalien haben wollte. »Ganz sicher. Vielleicht wäre es besser, wenn du später noch einmal kämest?«, fragte mein Gegenüber. Grummelnd ging ich schonmal Richtung Türe, »Okay. Und räum mal ein paar Papiere auf dem Schreibtisch weg, da liegt bestimmt irgendwas drunter.«, meinte ich schnippisch, bevor ich seufzend den Raum verließ. Das fing ja schon einmal gut an. Resigniert blickte ich den Gang entlang und fragte mich, was ich denn nun tun solle. Warten war so verdammt langweilig. Die Antwort wurde mir zum Glück von einer mir nur zu gut bekannten Stimme abgenommen. »Luciii!!«, erklang von weitem eine weibliche Stimme, die immer näher kam, bis ich von einer stürmischen Umarmung beinahe zu Boden gerissen wurde. »Nenn mich nicht so.«, gab ich grinsend zurück, während ich die Umarmung erwiederte. »Hab dich nicht so. Ich hab dich ewig nicht mehr gesehen.«, erwiederte das Mädchen, deren Umarmung sich langsam lockerte. »Ewig? Du hast mich gestern erst spontan besucht?« Ich lachte leicht bei der Erinnerung. »Aber davor waren es ein paar Monate….« Die Stimme klang leicht enttäuscht, was dem breiten und freudigen Lächeln meines Gegenübers aber nichts abtat und sogar noch breiter wurde, als ich sie nun fest umarmte. Sie, meine beste Freundin aus Kindheitstagen und Kummerkasten, sowie Schwester im Geiste und noch so vieles anderes. Seit der Grundschule waren wir nicht mehr auf der selben Schule, was sich ab dem heutigen Tage allerdings ändern würde. »Ab jetzt werden wir uns ja öfters sehen.«, erklärte ich lächelnd, während sie sich wie selbstverständlich bei mir einhakte, in der festen Überzeugung, dass sie mir ja das Schulgelände zeigen müsste. Bevor sie noch etwas erwiedern konnte, hörten wir beide ihren Namen von jemandem gerufen. »Luna, warte mal.« Wir drehten uns herum. Zu Gesicht bekam ich einen Jungen, der sogar , zu meiner Verwunderung, noch kleiner war, als ich und einen braunen Topfhaarschnitt besaß. Irgendwie sah er ja ganz knuffig aus, wie irgend ein Plüschtier vom Jahrmarkt. Nur sein Blick, der auf Lunas Arm in meinem lag, sah überhaupt nicht knuffig aus, eher schon… eifersüchtig? Als der Kleine, ich würde ihn ab sofort wirklich so nennen, allerdings zu meiner besten Freundin blickte, verfärbten sich seine Wangen rosa und seine Stimme hörte sich ziemlich verlegen an, als er fragte: »Magst du einen Keks?« Innerlich musste ich wegen dieser Frage wirklich losprusten. »Kentin. Nein, aber…«, setzte Luna, die im Übrigen stolz auf ihren recht außergewöhnlichen Namen war, an. »..Ich nehme gern einen. Danke.«, setzte ich lächelnd ihren Satz fort und langte in die von Ken hergehaltene Keksschachtel, wobei ihm fast das Gesicht herunterfiel. »Tschüüss.~«, meinte meine Freundin auf einmal etwas hastig und zog an meinem Arm als Zeichen, dass sie am Liebsten von hier los wollte. Ich spürte den Blick von dem Kleinen noch im Rücken, als wir uns dem Ausgang zuwandten. »Komischer Kerl…«, murmelte ich dabei und Luna warf mir einen leicht genervten Blick a lá Frag mich nicht. Dass sie gegen Haferkekse allergisch war, hatte sie dem Kleinen offenbar nie gesagt. Als wir außer Hörweite von dem Kleinen und fast bei der Eingangstüre waren, fragte Luna mich beiläufig nach meiner Anmeldung, woraufhin sich mein Gesicht leicht verzog. »Blondie meinte, dass mit meiner Anmeldung etwas nicht stimmt und ein Photo noch fehlen würde.«, meinte ich missbilligend. »Blondie? Ach du meinst sicher Nathaniel. Hoffentlich findet sich dein Zeug wieder zusammen, aber..«, bevor Luna ihren Satz beendet hatte, grinste sie mich breit an und stieß leicht mit ihrem Ellbogen in meine Seite. »Wie findest du ihn eigentlich? Wäre er was für dich?« Bei dieser Frage liefen meine Ohren leicht rötlich an. »Nicht so laut.<, zischte ich leise und sah mich kurz nach links und rechts um. Luna war so so ziemlich die einzige, die wusste, dass ich mit Mädchen nichts anfangen konnte. »Das war gar nicht laut.«, empörte sie sich, während wir nach draußen gingen und sie die Tür öffnete, diesmal mit einem Drücken. Nicht, dass ich an der Türe jetzt gezogen hätte, damit sie sich öffnet.. »Aber trotzdem laut genug. Und irgendwie ist er eh nicht mein Typ.«, gab ich etwas leiser zurück, während ich mich abermals umschaute. Ein paar Schritte hinter der Türe blieben wir stehen. Über den Schulhof war ich zwar heute morgen schon gelaufen und hatte ihn dementsprechend zu Gesicht bekommen, aber etwas hatte ich da noch nicht gesehen. Etwas, beziehungsweise jemand, auf den Luna nun zuging und mich am Arm dabei mitzog. Derjenige, der das Gesicht verzog, als wir zwei auf ihn zugingen, hatte rote Haare und trug, so wie es aussah, eine Lederjacke. Das war doch schon eher mein Typ. »Guten Morgen, Castiel. Das hier ist Lucio, er ist neu hier auf der Schule.«, stellte meine beste Freundin mich ganz vertrauensvoll war. Der Rothaarige schien nicht sehr begeistert von unserer Gegenwart, gab dennoch ein knappes »Hi.« von sich, während er mich kurz ansah. »Bist ja nicht sehr gesprächig.«, stellte ich daraufhin nüchtern fest, während mein Blick noch immer auf ihm lag. Dass es hier heiße Typen gab, war schonmal der erste Pluspunkt dieser Schule. Luna hielt sich währenddessen kurz zurück und ich konnte nur erahnen, woran sie gerade dachte. »Na und.«, kam nur wieder als knappe Antwort von Castiel zurück. Ich grinste leicht. Irgendwie gefiel mir dieser Kerl ja. Nach diesem kurzen Gespräch, wenn man es denn so nennen konnte, herrschte kurzes Schweigen, bei welchem Luna zwischen beiden hin und her sah. Wenn man sie kannte, konnte man an ihrem Gesicht ablesen, was sie gerade denken mochte. Schweigend sah ich auf meine nicht vorhandene Uhr an meinem Handgelenk. »Ich denke, ich gehe mal wieder, Papierkram erledigen. Hoffentlich hat Blondie nicht alles davon verschlampt.« Für den letzten Kommentar erntete ich ein Grinsen von Castiel .Er konnte sich wohl vorstellen, wen ich damit meinte. »Bis dann. Viel Spaß noch mit diesem Trottel von Schülersprecher. Und richte bloß keinen Gruß von mir aus.«, meinte der Rothaarige grinsend, während ich mich abwandte und zum Abschied einige Meter entfernt glatt noch einmal winkte. »Luna, ich geh nochmal schnell heim, ich hab da zum Glück noch ein Passphoto rumliegen. Bis später.«, verabschiedete ich mich von meiner besten Freundin, die so langsam mal in den Unterricht gehen sollte. Da mir ja noch kein Stundenplan ausgehändigt wurde, konnte ich schlecht wissen, wann für mich der Unterricht begann. Rund zehn Minuten später war ich in meiner kleinen, beschaulichen, chaotischen Wohnung angekommen. Umzugskisten standen herum, Klamotten lagen auf dem Boden sowie zwei Pizzakartons vom gestrigen Abend. Da ich ein Genie war, der das Chaos beherrschte, hatte ich schnell ein weiteres Passphoto gefunden, dass ich dem Schülersprecher abliefern konnte. Nur gut, dass es beim Photographen immer mehr als nur ein Bild gab. Wenig später war ich zum zweiten Mal an diesem Tag auf dem Weg zur Schule. Nur gut, dass ich relativ nahe an dieser wohnte. Somit konnte ich morgens länger schlafen und in Freistunden auch mal schnell heim. Mit dem Photo in der Hand klopfte ich erneut an der Türe des blonden Schülersprechers und trat ein weiteres mal herein, ohne eine Antwort abzuwarten. Nathaniel schien das seinem Blick nach zu missfallen. »Ach, du bist es. Das mit deiner Anmeldung wird lei…«, begann er zu sprechen, als ich den Raum betreten hatte, aber ich unterbrach ihn einfach. »Ja, ja, hier ist also das Photo. Jetzt kannst du mir die restlichen Unterlagen ja aushändigen.« Was vielleicht ein wenig kühl klang, war allerdings gar nicht so gemeint. Missbilligend sah der Blonde mich an, während er ein paar Blätter auf dem Schreibtisch zusammensuchte, das Bild von mir an sich nahm und schließlich obenauf mit dem anderen Zeugs zusammenheftete. Ein Glück, dass ich ihm wenigstens keine Büroklammer noch vorbeibringen musste. »Hier, das ist alles. Bringe es bitte bei der Direktorin vorbei.«, meinte Nathaniel, während er mir die Unterlagen aushändigte, die ich dankend annahm. Anschließend wendete ich mir der Tür zu und war schon halb heraus, bis ich mich noch einmal umdrehte. »Danke, bis bald dann. Und, ach ja, ich soll dir ´nen Gruß von Castiel ausrichten.« Mit einem Grinsen schloß ich die Türe nach dem letzten Satz hinter mir. Gut, jetzt musste ich also nur noch die Direktorin suchen. Hoffentlich dauerte das nicht zu lange und oh, ich hatte Glück. Die Frau in dem rosa Kleid lief gerade den Gang entlang. >Frau Direktorin!«, rief ich ihr freundlich hinterher und machte einen Schritt schneller, damit ich sie einholen konnte. Mit einem aufgesetzten, freundlichen Lächeln überreichte ich ihr mein Anmeldeformular. »Hier, der Rest für meine Anmeldung.« »Das ging aber schnell. Danke.« Im Gegenzug zu dem Papierbogen bekam ich ein einzelnes Blatt, auf dem mein Stundenplan mitsamt den Uhrzeiten aufgezeichnet war. Nach einem kurzen Plausch verschwand die Direktorin wieder und ich studierte den Zettel in meiner Hand. Gut, damit war erstmal alles erledigt und der erste Unterrichtstag konnte für mich regulär beginnen. Ich war gespannt, was noch auf mich warten und wen ich noch alles kennen lernen würde. Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Zu meiner freudigen Überraschung saß Luna in der Klasse, in der ich mich gerade vorgestellt hatte. Es war schön, gleich jemanden zu kennen, auch wenn ich mit meinen neuen Klassenkameraden sicherlich auch noch ins Gespräch kommen würde. Luna setzte sich auch gleich bereitwillig an den einzigen leeren Tisch im Raum, zu dem ich mich auch gesellte. Dadurch, dass sie sich gleich neben mich gesetzt hatte, ging natürlich gleich das Getuschel zu. Dass wir Freunde seit Kindheitstagen waren, wusste hier ja noch niemand. Besonders von einer Blondine mit arrogantem Blick kamen ein paar Kommentare, die meiner besten Freundin so gar nicht passten. Ganz ‘‘zufällig‘‘ blieb sie mit ihrer Schultasche, die sie gerade noch geholt hatte, am Mäppchen dieser blonden Zicke (so sah sie auch aus)hängen und warf es herunter. Natürlich entschuldigte sie sich sofort in den höchsten, gespielten Tönen, halb aber nicht dabei, die weit verstreuten Stifte wieder zusammenzusuchen. Wir tauschten ein Grinsen aus, das alles sagte, bis nach kurzer Zeit auch schon der Unterricht regulär weiterging. Der erste Tag verging schnell. Die meiste Zeit über hatte ich mit Luna geredet, aber auch mit ein paar anderen aus meiner Klasse, die mich regelrecht ausgefragt hatten. Ebenso erfuhr ich, dass die Blondine Amber hieß und Luna sie absolut nicht mochte. An Typen war in meiner Klasse leider keiner dabei, der mir gefallen hätte, aber man will ja nichts überstürzen. Auf dem Schulflur Richtung Ausgang hielt mich noch einmal die Direktorin auf. Sie fragte mich, wie es mir am ersten Tag ergangen ist und ob ich mit dem Stoff hinterherkommen würde. Ich bejahte. Anschließend meinte sie, dass es gut wäre, wenn ich einer AG hier beitreten würde. Ich hatte die Wahl zwischen der Basketball oder der Garten-AG. Ich entschied mich für die Nach-Hause-Gehen-AG. Nach einem Hundeblick meinerseits und dem Versprechen, ich würde dennoch einmal bei beiden Arbeitsgemeinschaften vorbeischauen, gab die Direktorin klein bei. Am nächsten Morgen verfluchte ich meinen Wecker, der mich aus den allerschönsten Träumen riss. Eine Eigenschaft die ich an Weckern absolut hasste. Gähnend tappste ich ins Bad, wusch mich, schlich auf den Zähnen zu meinem Kleiderschrank zurück, nur, um anschließend wieder ins Bad zu gehen. Als ich in den Spiegel blickte, sahen mich müde, hellblaue Augen an, die leicht von ebenfalls blauen Haaren verdeckt wurden. Dem Chaos auf meinem Kopf war schnell mit einer Bürste und ein wenig Gel abgeholfen, der verschlafene Blick blieb auch nach nochmaligen kaltem Wasser. Zähne putzen, die am Abend gerichtete Schultasche holen, Schuhe und Jacke anziehen, mir zur Bestätigungselbst im Spiegel zugrinsen (macht das noch jemand außer mir von euch? xD), wobei mein silbernes Lippenpiercing leicht funkelte, fertig. Frühstücken tat ich morgens nie. Dafür hatte ich noch Zeit, in der Ruhe vor der Schule zu einem Bäcker zu gehen. Eingedeckt mit einem belegten Brötchen, einem Schokomuffin und einem Becher Kaffee ging ich zur Schule. Dort traf ich Luna, die sich von dem Muffin, den ich vor dem Unterricht noch futtern wollte, gleichmal die Hälfte schnorrte. Als ich in meinem noch verschlafenen Zustand den Teddybären in ihrem Arm sah, blickte ich sie fragend an. Sie erklärte mir, dass der kleine Kentin heute morgen auf sie zugekommen war und ihr gesagt hatte, er würde für einige Zeit an eine Militärsschule gehen. Ich sah ein wenig Enttäuschung in ihrem Blick, als sie erzählte und knuddelte den Bären leicht. Sie schien den Kleinen ja doch irgendwie gern gehabt zu haben. Gerade, als der letzte Schluck Kaffee meine Kehle hinabglitt, streifte mir mit hohem Tempo etwas Weiches um die Beine, sodass ich beinahe den Halt verlor. Ein Glück, dass zu diesem Zeitpunkt der Kaffeebecher schon leer war. Kaffeeflecken waren wirklich nicht toll. »Haaaalt!! Haltet sie fest!! Kikiiiiiii!!!« Bei der lauten Stimme, die durch den ganzen Schulhof rief, zuckte ich erstmal erschrocken zusammen. Keuchend blieb eine aufgebrachte Direktorin vor mir und Luna stehen. Nachdem sie zu Atem gekommen war, blickte sie mich leicht wütend an. »Warum hast du sie nicht festgehalten! Geh und such den Hund! Sofort!« »Aber… der Unterricht…?«, fragte ich verwirrt, wofür ich mir einen finsteren Blick einhandelte. »Kein aber. Du bringst mir jetzt meinen Hund zurück! Sonst gibt es eine Woche nachsitzen!!« Mit diesen Worten ließ mich die Direktorin einfach stehen. Noch leicht erschrocken und hilfesuchend blickte ich zu Luna. »Tja, das passiert schon beinahe täglich. Kiki ist der Hund unserer Direktorin, du solltest ihn wirklich lieber suchen gehen. Ihre Drohungen macht die Direx nämlich gerne wahr.« Ich schluckte. Einen Hund suchen gehen? Der konnte hier überall hingerannt sein. Allerdings konnte ich nach diesem Auftritt der Direktorin wirklich glauben, dass sie mir Nachsitzen geben würde, wenn ich ihr Kiki nicht wiederbringen würde. Meinem Schicksal musste ich mich nun also ergeben. »Hilfst du mir?«, fragte ich Luna seufzend, die das ganze irgendwie amüsierend fand und dementsprechend grinste. »Nee. Ich habe gehört, dass Castiel und Nath wieder einmal Stress hatten. Und wer darf den Liebesengel spielen? Genau, Ich!« Mit freudigem Ton schnappte sie sich ihre Schultasche und wandte sich zum Gehen. Na Super. »Viel Spaaahaaaaaß!«, rief sie mir nach einigen Metern hinterher, während ich überlegte, wo ich am Besten suchen gehen sollte. Als ich einige Male auf dem leeren Schulhof umhergeirrt war, hörte ich auf einmal lautes Bellen. Sofort drückte ich meine Tasche an meinen Körper, damit sie mir nicht herunterfiel, und rannte in die Richtung des Geräusches. Dem Gebell folgend fand ich mich hinter einem Gebäude wieder, das aussah, wie die Sporthalle. Ich rannte sofort wieder los, als ich etwas Braunes sah, dass sich durch eine offenstehende Hintertür in die Halle schlängelte. Als ich in der Halle ankam, war ich aber schon zu spät. Kiki war nirgends mehr zu sehen, dafür etwas anderes. Ich erschrak leicht, als ich bemerkte, dass ich gar nicht alleine in der Halle war. Meine Ohren sowie meine Wangen verfärbten sich rötlich, als ein Typ mit Rastalocken auf mich zukam, der sich gerade mit seinem Oberteil den Schweiß von der Stirn abtupfte. Und das hieß so viel, dass Kerl mit freiem, durchtrainierten Oberkörper vor mir stand. »Äh…….«, mehr brachte ich als erstes nicht heraus. > >Ganz toll<, ermahnte ich mich in Gedanken. >Super gemacht, lässt dich vom erstbesten freien Oberkörper ablenken.< Zum Glück begann mein Gegenüber jetzt zu sprechen. »Hi. Suchst du hier irgendwas?«, fragte er mit einem freundlichen Lächeln. »Nein…. Äh… Das heißt Ja. Hast du hier zufällig einen Hund vorbeilaufen gesehen?«, meinte ich mit fragendem, unsicherem Ton zu ihm. Und wie logisch meine Frage war. Dieser Hund war gerade mitten durch die Sporthalle gerannt, in der dieser Kerl offensichtlich zu diesem Zeitpunkt auch war. Mein Gegenüber schien leicht zu schmunzeln, bevor er antwortete. »Ja, hab ich. Das Vieh hat mich gerade beim Training gestört.«, Er schien zu lachen bei diesen Worten, was wirklich ziemlich angenehm klang. »Training? Basketball?«, riet ich, unnötigerweise, da in der Halle einige Basketbälle herum lagen. »Genau. Ich bin übrigens Dajan.«, stellte er sich lächelnd vor, während er mir freundschaftlich die Hand hinhielt, die ich daraufhin schüttelte. »Freut mich. Ich bin Lucio.«, erwiderte ich die Vorstellung, wobei die Berührung unserer Hände sich wieder auflöste. »Cooler Name. Ach, und… meinst du zufällig genau den Hund, der da draußen gerade rumrennt?« Sofort drehte ich mich herum und sah Kiki durch die offenstehende Hintertür, wie sie auf dem Gras herumrollte und gleich wieder los rannte, als sie bemerkte, dass sie entdeckt worden. »Danke. Äh… ja, Aaaah! Kikiii! Nein bleib stehen!!« Der Köter reagierte allerdings nicht auf meine Worte. Kiki schien ihr Tempo zu verschnellern, während ich ohne eine Verabschiedung hinter ihr herrannte. Leise hört ich noch Dajan kichern. Seufzend rannte ich schon wieder, bis mir bald die Puste ausging. Dieser Hund hatte aber auch eine Ausdauer! Das Sportprogramm für diese Woche wäre auch gleich erledigt. Ich wurde immer langsamer, bis ich nochmals einen Zahn zulegte, als ich sah, dass Kiki stehe geblieben war. In einem Blumenbeet verrichtete sie gerade ihr Pipi. Das war meine Chance. Schneller, schneller, gleich hab ich sie und…. RUMMS!! Irritiert merkte ich, wie ich den Boden unter den Füßen verlor und nach vorne kippe. Seltsamerweise landete ich irgendwie weich, wenn auch nicht gerade bequem. Meine Arme waren auf dem Boden aufgeschlagen, ebenso meine Knie. Glücklicherweise bestand der Untergrund aus Gras, sodass es nicht wirklich weh tat. Ich blinzelte ein paar mal, um mich von dem Schock zu erzählen, bis sich meine Augen ein wenig weiteten. Unter mir blickte mich ein ebenso großes Augenpaar an. Erst nach und nach registrierte, dass ich wohl auf jemanden gefallen war. Leider verarbeitete mein Gehirn diese Information so langsam, dass ich erst mit dem Gesicht ein wenig auf Abstand ging, als das meines Gegenübers knallrot anlief und dazu nur wenige Zentimeter bis Millimeter von meinem entfernt war. Auch jetzt erst stellte ich fest, wie ich überhaupt aufgekommen war und ich wurde ebenfalls rot, war aber noch kaum im Stande, mich zu rühren. Meine Arme lagen neben dem Kopf eines türkishaarigen Jungen, eines meiner Knie lag genau zwischen seinen Beinen, sodass ich ihn mit dem Körper am Boden festhielt. Okay. Genauer betrachtet war das jetzt irgendwie peinlich. Es herrschte kurzzeitig Stille, während dieser wir uns mit knallroten Köpfen ansahen. Langsam hatte ich mich wieder gesammelt und mir wurde die ganze Lage dieser Situation bewusst. Mit einem hastigen »Sorry!!« sprang ich auf, wobei ich aufpassen musste, dass ich nicht noch einmal das Gleichgewicht verlor. Wäre noch peinlicher, wenn ich nochmal auf diesem Typen landen würde. Dieser stand so langsam auch auf und klopfte sich kurz über seine Latzhose. >Sorry.«, wiederholte ich noch einmal. >Hast du dich verletzt? Das war echt keine Absicht..« Verlegen sah ich zur Seite, während ich nun auch kurz meine Hose abklopfte. Hoffentlich gab es nirgendwo Grasflecken. Naja, auf schwarz würde man die eh nicht sehen. »Ja, alles in Ordnung. Bei dir auch?« Der Türkishaarige hatte sich anscheinend schneller wieder gefasst als ich, auch wenn er ein wenig verlegen klang. »Äh… Ja. Entschuldige nochmals.« Ich wich bei den Worten seinem Blick wieder aus, außerdem glühten meine Wangen noch. Sein Gesicht war so verdammt nah gewesen! »Ist ja nichts passiert. Und im Blumenbeet sind wir auch nicht gelandet.« »Blumen?«, fragte ich leicht verwirrt und sah mich um. Tatsächlich. Keinen halben Meter neben wuchsen prächtige Blumen in einem Beet in den vielfältigsten Farben. »Ja. Du bist hier im Schulgarten. Ach, und ich bin Jade.«, erklärte mir mein Gegenüber und lächelte ein freundliches Lächeln, was ich leicht erwiderte. So langsam spürte ich, wie endlich die Röte aus meinem Gesicht wich. »Ich heiße Lucio. Sorry, wie gesagt. Ich bin auf der Suche nach dem Hund der Direktorin.« Wie auf Kommando hörte ich von weiter weg Kikis helles Bellen. Jade schien zu lachen, als er dies hörte. »Ah. Schon wieder abgehauen? Dann wünsche ich dir mal viel Spaß beim Einfangen.« »Danke…«, meinte ich ein wenig zerknirscht und wollte mich zum Gehen wenden. »Ach, und du kannst übrigens jederzeit hier vorbeikommen. Ich bin zwar nicht auf dieser Schule, aber…« Jade zuckte bei den Worten mit den Schultern. »Oh, danke. Bis dann.«, verabschiedete ich mich mit einem Lächeln und beeilte mich, die Richtung aufzusuchen, aus welcher das Gebell kam. Schon wieder rannte ich los, raus aus dem Garten und auf den Schulhof, von welchem das Gebell herüber klang. Dort angekommen schnappte ich erstmal nach Luft, während ich meinen Augen kaum traute. Da rannte ich mir die Seele aus dem Leib, geriet in peinliche Situationen mit zwei gut aussehenden Kerlen, nur um diesen Köter zu fangen, der sich schlussendlich schwanzwedelnd in Lunas Armen befand. Murrend trat ich an meine beste Freundin heran, die Kiki auf dem Boden absetzte und dabei die Leine des Hundes in der Hand hielt. »Danke auch für deine Hilfe.«, meinte ich murrend. »Ach, entschuldige. Vielleicht hätte ich erwähnen sollen, dass die Kleine mich ziemlich mag und jederzeit bei mir vorbei kommt, wenn ich sie rufe.«, erklärte Luna schmunzelnd, während sie Kiki ein Leckerlie gab, dass sie aus ihrer Tasche hervorzauberte. Den Hund mit Futter anzulocken, auf die Idee hätte ich auch selber kommen können… Abermals murrte ich. Na wenigstens war das Hündchen gefunden und angeleint, sodass sie so schnell nicht mehr wegrennen konnte. »Dann können wir sie ja der Direktorin übergeben.«, maulte ich, wobei Kiki freudig an mir hochsprang und eifrig an meiner Hand schnupperte. Gemeinsam mit Luna lieferten wir Kiki bei der Direktorin ab, die heilfroh war, ihr Hündchen wieder bei sich zu haben und es so fest umarmte, dass es uns hilfesuchend ansah. Okay, bei solch einem Frauchen würde ich garantiert auch weglaufen wollen…. Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Ein paar Tage vergingen, in denen ich mich gut einlebte und mich auch mit meiner neuen Klasse gut verstand, natürlich mit ein paar Ausnahmen. Bis auf eine gewisse Blondine mit Anhang waren auch alle nett zu mir. Luna hatte mich mittlerweile den meisten Leuten und ihrem Freundeskreis vorgestellt, was nicht immer freiwillig passiert ist. Ich hatte in den Jahren, in denen wir uns kaum gesehen hatten, fast vergessen, was für ein hitziges Temperament sie hatte. Als es gerade große Pause war, stand ich mit ihr auf dem Schulhof. Ich knabberte an einem Apfel, wofür ich schon einen schiefen Blick kassierte. Dass ich mal Gesundes Zeug aß kam wirklich selten vor, da ich zu der Sparte gehörte, die alles in Massen futtern konnten, ohne dabei zuzunehmen. »Hey, in unserer Schule soll es angeblich spuken.«, begann Luna ein Gespräch und machte dabei eine todernste Miene, als würde sie das vom ersten Moment an glauben, in dem sie es gehört hatte. »Ach ja?«, gab ich eher gelangweilt von mir, da solche Geschichten der Schüler eh nie stimmten. Allerdings wäre es bestimmt total aufregen, einen richtigen Geist anzutreffen. »Ja. Im hinteren Treppenhaus sollen immer wieder komische Geräusche erklingen und Schatten an den Wänden herumtoben.« Noch immer war Lunas Gesicht ernst. »Außerdem sollen dort Gegenstände verschwinden oder komische Sachen herumliegen.«, fuhr sie in ihrer Erzählung fort. »Bestimmt ist da gar nichts.«, beschwichtigte ich und wurde unterbrochen, als ich noch etwas dazu sagen wollte. »Vielleicht ist das ganze ja wahr. Vor einigen Jahren ist ein Lehrer dort die Treppe heruntergefallen und gestorben. Bestimmt ist das sein Geist, der Rache an den Schülern will.« Luna wich ein Stück zur Seite, als auf einmal Castiel sich zu uns gesellte. Hui, das erste mal, dass er von sich aus mal etwas zu mir sagte. Meine beste Freundin schien dieser Geschichte allerdings sofort Glauben zu schenken und drängte den Rothaarigen dazu, noch mehr über diesen Unfall zu erzählen. Ich rollte mit den Augen und Castiel war auch nicht gerade begeistert, noch etwas hinzuzufügen. Offenbar wollte er uns mit dieser kleinen Story nur ein wenig Angst einjagen. Durch Lunas Fragerei, die total begeistert davon war, an der Schule könnte es spucken, schaffte sie es, Castiel mit genervten Seufzen zu vertreiben, sodass er uns einfach stehen ließ. Ich grummelte. Das hatte sie ja schön hinbekommen. Da redete ein heißer Kerl schon mit mir und sie musste ihn vertreiben. Einen dementsprechenden Blick warf ich ihr zu, woraufhin sie mich entschuldigend ansah. »Oh… Sorry. Und dass, obwohl ich weiß, dass du auf so Typen wie Casi stehst.« Diesmal seufzte ich. Aber hatte sie ihn gerade wirklich Casi genannt?! Naja, egal, wirklich böse konnte ich ihr auch nicht sein. »Bitte. Bitte.« Luna rüttelte an meinem Arm, während sie dieses Wörtchen immer und immer wiederholte. »Nein.« Auch ich beließ es als Antwort bei diesem Wort. »Biiiiiiiiiiitte.«, quengelte sie und verstellte dabei ihre Stimme quietschend. Dass der Lehrer längst auf uns aufmerksam wurde, bekam sie gar nicht mit. Es war zwar die letzte Stunde des heutigen Unterrichtes, aber der Lehrbeauftragte forderte trotzdem Aufmerksamkeit. »Shhht~«, raunte ich ihr noch zu, aber es war zu spät. »Luna. Lucio. Es reicht. Nach der Stunde dürfte ihr euch eine Strafaufgabe abholen. Und jetzt ist Ruhe.«, donnerte unser Mathelehrer. Die Klasse fing an zu kichern. »Ich sagte RUHE!!« Nach dieser donnernden Aufforderung war es auf einmal mucksmäuschenstill in der Klasse. Niemand wollte noch eine Strafarbeit oder gar Nachsitzen auf sich halsen. Für mich war dies leider schon zu spät. Meiner Sitznachbarin warf ich einen vernichtenden Blick zu, aber sie zuckte nur mit den Schultern. Die unzähligen Zettel, die mit nur einem Wort beschriftet waren und während des Unterrichts sich ungeöffnet auf meiner Seite stapelten, ignorierte ich gekonnt. Nachdem die stunde vorbei war, holte ich mir murrend meine Strafe von unserem Lehrer ab. Ganze drei Aufgaben zusätzlich, und das in Mathe. Schlimmer ging’s nicht. »Tut mir leid.«, meinte meine beste Freundin, als wir das Klassenzimmer verließen. »Also. Ich mache die Aufgaben für dich, aber dafür kommst du heute Nacht mit. Deal?« »Nein!« Mann, dieses Mädchen konnte echt nicht locker lassen. Und mit was für einer Idee sie wieder ankam. Sie wollte sich doch tatsächlich des Nachts in die Schule schleichen, um nachzusehen, ob an dieser Sache mit dem Gespenst etwas dran ist. Darüber konnte man doch nur den Kopf schütteln. »Bitte. Tu’s für mich, du hast dann auch was gut bei mir. Ich organisier dir notfalls auch ein Date mit Castiel oder mit wem auch immer.« Ich seufzte. Die Sache war doch wirklich hirnrissig, aber ich gab mich geschlagen. Im schlimmsten Fall würde sie diese Aktion allein durchziehen und ihr würde etwas passieren, oder schlimmer noch, sie würde mich ab sofort jeden Tag damit nerven oder beleidigt sein. Dass sie mir allerdings ein Date besorgen würde, das bezweifelte ich doch mal stark. »Okay. Okay. Aber wenn wir erwischt werden, geht das auf deine Kappe.«, meinte ich schließlich ergeben. »Du bist echt ein Schatz!«, rief sie daraufhin freudig und umarmte mich. Auf dem Heimweg erzählte sie mir, was sie schon alles bezüglich heute Nacht geplant hatte. Gegen 23 Uhr sollten wir zum Schulgelände gehen und uns irgendwie hereinschleichen. Und ich solle auf keinen Fall meine Digitalkamera vergessen, Geister könne man ja angeblich photographieren. Was für ein Schwachsinn. Nachdem ich daheim am Abend eine Tiefkühlpizza zu mir genommen hatte, inklusive Cola, dachte ich daran, dass ich schon bald los müsste. Nach den Hausaufgaben eine Runde zocken, dabei konnte man schonmal gut und gerne die Zeit vergessen. Zum gefühlten tausendsten Mal seufzte ich. Bald war es soweit, dass ich mich fertig machen sollte, um mich fertig zu machen. Ich spielte noch einige Male mit dem Gedanken, einfach daheim zu bleiben. Aber einer sauren Luna wollte ich auch nicht wieder begegnen. So zog ich mir also neben meiner schwarzen, zerschlissenen Jeans inklusive Nietengürtel zog ich mir einen ebenso schwarzen Kapuzenpulli über den Kopf. Hoffentlich würde uns auch wirklich niemand erwischen und erkennen. In meine Hosentaschen stopfte ich noch meine Digitalkamera und eine kleine Taschenlampe. Kurz vor 23 Uhr verließ ich meine Wohnung und machte mich zum zweiten Mal auf den Weg zu meiner Schule. Die Kapuze hatte ich dabei tief ins Gesicht gezogen. Als ich auf dem Schulgelände ankam, war Luna schon da. »Du bist spät.«, begrüßte sie mich tadelnd, obwohl meine ´´Verspätung´´ vielleicht gerade einmal zwei Minuten betrug. >Weiß du überhaupt, wie wir da reinkommen? Ist doch sicher abgeschlossen.«, fragte ich, in der Hoffnung, gleich wieder heim gehen zu können. Aber nichts da. Luna grinste mich an, während sie mir stolz einen Schlüssel unter die Nase hob. Ich wollte nicht wissen, wo sie den schon wieder herhatte.. »Damit natürlich!«, erklärte sie mir stolz. Nach einem kurzen Moment begaben wir uns zur Schultür, die zu unserer Überraschung gar nicht abgeschlossen war. »Oh?«, meinte ich fragend, während meine Freundin nur mit den Schultern zuckte. Gemeinsam betraten wir das Gebäude, in dem es wirklich verdammt dunkel war. Wie gut, dass ich an eine Taschenlampe gedacht hatte! Der Gang sah des Nachts ganz anders aus, als wenn er von Schülern belebt war. Nur gut, dass sich der Dunkelheit abzuhelfen war. Ich knippste meine Taschenlampe an und ging vorsichtig die ersten Schritte hinein. An so etwas wie Licht hatte meine Begleiterin natürlich nicht gedacht. »Ganz hinten beim Treppenaufgang, da gehen wir hin.«, flüsterte sie mir zu, wobei ich mich fragte, warum sie so leise sprach. War doch eh niemand hier außer uns. Oder etwa doch? Das einzige Geräusch, was zu hören war, war das unserer auftretenden Schuhe, das im Gang hallte. Langsam gingen wir weiter in das Gebäude hinein, wobei der Lichtkegel der Taschenlampe uns den Weg wieß. Es dauerte nicht lange, bis wir den hinteren Teil mit dem Treppenaufgang erreicht hatten. Dort leuchtete ich als erstes über die Wände und die Decke, bis Luna sich leicht in meinen Arm krallte. »Hey.. die Graffitis waren heute Morgen aber noch nicht da..«, meinte sie leise, wobei ich an ihrer Stimme hörte, dass es ihr gerade gar nicht so wohl war. Dabei war das ganze doch ihre Idee gewesen. »Die waren bestimmt schon da. Beruhig dich mal. Es wird ja eh nichts passieren.«, meinte ich mit seufzender Stimme, auch wenn ich diese Dunkelheit auch nicht so prickelnd fand. Es sah alles einfach so anders aus als tagsüber. Selbst die Spinde, an denen wir vorbeigelaufen waren, sahen nicht aus wie die normalen Spinde, in denen wir unsere Sachen verstauten. Da fiel mir ein, dass ich ja mein Deutschbuch noch mitnehmen könnte, was ich heute Mittag vergessen hatte, obwohl wir Hausaufgaben aufhätten. Als nach ein paar Minuten noch immer nichts passierte, lehnte ich mich an eine der Wände und ließ mich daran herniedersinken. Luna tat es mir gleich. »Wir müssen bestimmt bis Mitternacht abwarten. Dann ist Geisterstunde.«, flüsterte sie zu, was mich abermals zum Seufzen brachte. War ja klar. Ich hatte ja auch nichts Besseres zu tun, als nachts in der Schule herumzuhocken. Auch nach weiteren Minuten geschah nichts, außer, dass ich langsam müde wurde. Super, morgen früh würde ich bestimmt nicht aus dem Bett kommen. Ich wollte gerade meine Augen ein wenig schließen, als ich offensichtlich hörte, wie jemand eine Treppe herunterschritt. Und zwar genau die Treppe, der wir gegenüber saßen. Luna war sofort erschrocken aufgesprungen und auch ich hatte mich wieder aufgesetzt. Nun doch ein wenig nervös fummelte ich in meiner Hosentasche herum, um nach der Kamera zu greifen. Ich bekam eine Gänsehaut, als die Schritte das Ende der Treppe erreichten und wir gleich sehen würde, wer oder was hierherkommen würde. Und genau das war der Moment, in der die Taschenlampe ihren Geist aufgab. Auf einmal war es stockdunkel. Die Schritte kamen näher und ich hörte, wie jemand leise eine Melodie summte. Für Luna war das zufiel. »IEKS!!«, sie kreischte auf, bevor sie meine Seite verließ und einfach in den Gang und noch weiter flüchtete. Okay, sie war jetzt gerade nicht wirklich weggerannt und hatte mich alleine gelassen… oder?! Zugegebenermaßen, jetzt bekam auch ich es mit der Angst zu tun. Dass ich kaum mehr als die Hand vor Augen sehen konnte, machte die Situation auch nicht besser. Ich spürte, wie das Wesen näher kam. Auch mir war nach Weglaufen zumute, wenn ich mich denn rühren könnte. Ob es wirklich Geister gab? Und war das, was vor mir stand dann wirklich einer? Und was würde es mit mir machen? Wollte es meine Seele? Die abstrusesten Gedanken gingen in meinem Kopf umher, während ich irgendwo am Rand noch bemerkte, dass meine Hand die Kamera in meiner Hosentasche umklammerte. Das war meine Rettung, hoffte ich. Ich zwang mich dazu, meinen Arm zu bewegen, was mir tatsächlich gelang. Als ich die Kontrolle wieder hatte und mein Körper nicht mehr vor Angst gelähmt wurde, drückte ich blind auf den On-Knopf der Digitalkamera. Anschließend holte ich sie blitzschnell aus meiner Hosentasche heraus, hielt sie einfach vor mich und drückte ab. FLASH!! Die gesamte Umgebung war für einen kurzen Moment in grelles Licht, ausgelöst durch den Blitz des Photoapparates, getaucht. Leider konnten sich meine Augen so schnell nicht an das Licht gewöhnen, sodass ich nur einen schemenhaften Umriss sah. Aber das, was ich gesehen hatte, glich definitiv einem Menschen. Ich blickte auf das Display der Digitalkamera und was ich sah, machte mich sprachlos. Nicht, dass ich gerade sowieso nichts sagte. Der nächste Schock kam, als ich spürte, wie der Körper vor mir um einiges näher an mich kam und auf einmal die normale Beleuchtung im Gang anging. Das erste, was ich wahrnahm, war ein erschrockenes Augenpaar. Die selben Augen, die sich zuvor auf dem Display meiner Kamera gezeigt hatten. Und was für Augen! Eines schimmerte in einem gelblichen Ton, das andere in einem grünlichen. Waren das Kontaktlinsen? Seit wann trugen Geister Kontaktlinsen? Und war das jetzt überhaupt ein Geist? Noch immer schaute ich in die Augen meines Gegenübers, nicht imstande, mich zu rühren, wegzublicken oder zu atmen. Es dauerte einige Momente, bis ich mich von dem Anblick losriss und mein Blick langsam herunterglitt. Die Person- zumindest glaubte ich so langsam, dass es wirklich ein Mensch ist und kein Geist- trug schwarze und weiße viktorianisch angehauchte Kleidung und auch der Körperbau war nach meinem Geschmack. Umrahmt wurde ein schön geschnittenes Gesicht mit den tollsten Augen, die ich bisher gesehen hatte, von weißen Haaren mit schwarzen Spitzen. Dadurch, dass mein Gegenüber mir so nahe war, konnte ich jede Kleinigkeit an ihm erkennen. Ich war fast schon enttäuscht, als der Unbekannte sich schließlich zurückzog und zwei förmliche Schritte auf Abstand ging. Abermals musterte ich denjenigen, der mich so erschrocken hatte, diesmal richtig von Kopf bis Fuß. Tolle, breite Schultern, tolle Hüfte, tolle lange und kräftige Beine. Sollte sich dieser jemand nun doch verblüffenderweise als Geist herausstellen, wäre ich wirklich enttäuscht. »Ähm… Entschuldige. Ich hoffe, ich habe dich nicht erschreckt?«, fragte der Fremde mit einer Stimme, die mich beinahe dahinschmelzen ließ. Es dauerte noch einen Moment, bis ich im Stande war, eine vernünftige Antwort zu geben. »Ein… wenig? Aber ich glaube, das hat gerade auf Gegenseitigkeit beruht.«, meinte ich ein wenig verlegen und hoffte, meine Stimme klang einigermaßen normal. Mein Gegenüber lächelte scheu. »Sorry. Ich habe dich für einen Geist gehalten.«, gab ich ehrlicherweise zu und ohrfeigte mich in Gedanken selbst für diese Worte. Dieser Typ musste mich jetzt doch echt für einen Idioten halten! Statt eines blödes Kommentars vernahm ich aber nur ein leichtes, amüsiertes Schmunzeln. »Nein, ich bin kein Geist.«, erklärte mir der Unbekannte mit sanfter, ruhiger Stimme. Gedanklich bat ich ihn darum, noch mehr zu sagen, egal was. Von mir aus konnte er auch ein Rezept für Kartoffelbrei aufsagen. »Ich heiße Lysander. Und darf ich fragen, was du so spät nachts hier noch willst?«, fragte diese wunderbare Stimme weiter. Abermals musste ich nach Worten suchen. »Ich ähm…< Ja, ganz toll gemacht, super Anfang. Ich machte mich doch selbst zum trotteligsten Trottel aller Trottel. »Ich bin Lucio.« Wow, wenigstens wusste ich noch, wie ich heiße. »Schöner Name.«, antwortete er mir Lysander, während er beiläufig mit den Fingern an seinen Haarspitzen rumspielte, als wäre er verlegen oder die Situation wäre ihm unangenehm. Hoffentlich war es nicht letzteres. »Und was machst du so spät noch hier?«, wiederholte er vorsichtig seine Frage, auf die ich ihm noch gar nicht geantwortet hatte. Ohje, und was sollte ich jetzt bitte sagen? Lügen? Ne, käme bestimmt nicht gut und eine gute Ausrede würde mir auf die Schnelle jetzt auch nicht einfielen. Ich probierte es einfach mal mit der Wahrheit. »Meine Freundin hat mich dazu gezwungen, sie zu begleiten, um einen Beweis zu erbringen, dass es hier spukt. Aber ich glaube, an der Sache ist nichts dran.« Lysander schmunzelte bei seiner Antwort. >Aha. Und wo ist sie jetzt?« »Weggerannt.«, antwortete ich knapp, was den Weißhaarigen kurz zum Kichern brachte. In diesem Moment fand ich das gar nicht witzig. Luna wollte schließlich unbedingt hierher um diesen angeblichen Geist zu knipsen und als es ernst wurde, ist sie einfach weggerannt. Echt super. Es herrschte kurz ein Schweigen und irgendwie dachte ich mir, dass ich es doch näher erklären sollte. »Naja, wir hatten nur eine Taschenlampe dabei und die hat genau da den Geist, haha…«., Okay, das war unlustig, »…aufgegeben, als du die Treppe heruntergekommen bist.«, meinte ich zu ihm, während ich mich kurz nervös am Kinn kratzte. Wahrscheinlich wurde ich gerade wirklich für einen absoluten Schwachkopf gehalten. »Der Lichtschalter für die Beleuchtung im Gang ist übrigens genau neben mir.«, erklärte er mir schmunzelnd. Ich drehte mich schräg nach hinten zur Wand und sah dort tatsächlich zwei Lichtschalter, von denen einer nach unten gedrückt wurde. Deswegen war er mir im Dunkeln also so nahe gekommen. Irgendwie war mir das ja peinlich. Nicht, dass ich mir noch etwas anderes erhofft hätte. Wieder herrschte Schweigen. Ich fummelte schließlich mein Handy aus meiner Hosentasche, in die ich auch gleich die Kamera wieder verstaute, und sah auf die Uhr. Fast 00 Uhr, so spät war es also schon. Wahrscheinlich wäre es am Besten, ich ginge so langsam nach Hause. »Ähm.. Ich glaube, ich gehe dann lieber mal. Ist ja schon spät.«, teilte ich auch gleich meine Gedanken mit. Lysander nickte. »Ich bringe dich noch nach draußen, dann kann ich auf dem Rückweg die Lichter wieder löschen.« Diesmal nickte ich. »Okay.<, meinte ich noch knapp, bevor wir uns in Bewegung setzen. Ich lief ein kleines Stück versetzt hinter ihm, sodass ich seine Rückseite auch ein wenig betrachten konnte. >Und ‚nen Knackarsch hat er auch noch.<, dachte ich mir kurz dabei, schüttelte derlei Gedanken aber schnell wieder ab. Viel zu schnell hatten wir das Ende des Ganges und die Ein- bzw. Ausgangstür erreicht. Mit einem leichten Lächeln hielt der Weißhaarige sie mir auf. Dankend ging ich einen Schritt nach draußen und schreckte aber gleich wieder nach hinten zurück. Eine Fledermaus war urplötzlich vor meinem Gesichtsfeld herumgeflogen und ich wäre beinahe vor Schreck nach hinten gefallen, hätten mich zwei starke Arme nicht davor bewahrt . Ich errötete, als ich meinen Kopf drehte und Lysanders Gesicht schon wieder so nahe an meinem war. Schnell befreite ich mich von ihm und ging abermals einen Schritt nach vorne und damit nach draußen. Schon wieder sowas Peinliches. Konnte auch nur mir wieder passieren. »Ich wusste gar nicht, dass es hier Fledermäuse gibt.«, meinte ich schließlich noch, um meine Nervosität zu unterdrücken. Just in diesem Moment flog eben jenes Flattervieh schon wieder dicht an mir herum und als ich zur anderen Seite blickte, waren es zwei. Fledermäuse tranken aber kein Menschenblut, oder? Es war irgendwie beängstigend, dass diese Viecher so nahe an Menschen herankamen und dann auch noch genau am Ausgang. Ich hörte Lysanders leises Kichern, als er wohl meinen etwas eingeschüchterten Blick bemerkt hatte. »Die tun dir nichts, aber sie sind sehr zutraulich. Im Sommer fliegen die hier öfters rum.«, erklärte er mir, was mich aber nicht wirklich beruhigte. Was, wenn diese Fledermäuse in Wirklichkeit Vampire waren und sich an mein Blut ranmachen wollten, wenn ich kaum allein wäre…? Ja, Okay, ich habe in der Vergangenheit wirklich zu viele schlechte Horrorfilme gesehen. »Soll ich dich ein Stück begleiten?«, fragte der Weißhaarige sanft, was meine Wangen abermals dazu brachte, sich rötlich zu verfärben. »Würdest du das echt machen?« So eine Chance dürfte ich mir doch nicht entgehen lassen! Solch ein Angebot von solch einem tollen Typen muss man doch annehmen! »Klar.«, erwiderte er lächelnd, während er sich an mir vorbei aus der Tür schob, wobei sein Körper meinen kurz streifte. Kurzzeitiger Herzstillstand. Anschließend heftiges Herzklopfen. Wow. Dankend und mit roten Wangen folgte ich ihm nach draußen. Er wartete noch kurz, bis er schließlich losging und ich dicht an seiner Seite folgte, da es schließlich auf dem Schulhof dunkel war. Dass Luna auch noch hier irgendwo rumhocken könnte, daran dachte ich gar nicht mehr. Auch die Fledermäuse waren so nahe in seiner Gegenwart auch nur noch Nebensache. Der Weg über den Schulhof war viel zu schnell vorbei, auch wenn er mich noch fragte, in welcher Richtung ich wohnte und er mich noch eine Straße weiter begleitete, wo Straßenlaternen meinen Weg erleuchteten. >Also dann ähm… bis….«, sprach ich abgehackt, bis mir Lysander ins Wort fiel. Er hatte gerade auf die Uhr gesehen und sah nun so aus, als hätte er es jetzt irgendwie eilig. Ob er wohl noch was vorhatte? »Wir sehn uns in der Schule.«, meinte er nun zum Abschied, bevor er losging, mir aber noch einmal mit einem Lächeln hinterher winkte. Klang ja ganz so, als würde er auch auf meine Schule gehen. Okay, war logisch, wenn ich ihn dort angetroffen hatte. Hoffentlich würde ich ihn dann auch mal tagsüber dort sehen. Erst auf dem Nach-Hause-Weg fragte ich mich, was er allerdings so spät noch dort gemacht hatte oder machen wird. Kapitel 4: Kapitel 4 -------------------- Ich verfluchte meinen Wecker an diesem Morgen aufs Heftigste, als dieser mich schon zum dritten Mal nervte. Das Klingeln wollte einfach nicht aufhören, da ich mit meiner Hand immer wieder die Schlummern-Taste verfehlte. Genervt riss ich meine Augen auf, schnappte mir das Teil und entfernte eiskalt die Batterien, sodass endlich Ruhe herrschte. Herrlich. Leider konnte ich es mir nicht leisten, noch einmal einzuschlafen, da es dafür schon zu spät war. Die Versuchung, heute einfach mal blau zu machen war aber auch groß. Ich schloß noch ein letztes Mal die Augen und dachte an die vergangene Nacht, in welcher ich einfach zu spät ins Bett gekommen war. Während ich so dalag, schoß mir der Anblick von Lysander in den Kopf und das Bild seiner verschieden farbigen Augen (dieses Photo würde ich garantiert niemals löschen!). Als ich an die Geschehnisse, die ich im Endeffekt wirklich peinlich fand, dachte, hatte ich zumindest einen Grund aufzustehen. Lysander hatte gesagt, wir würden uns in der Schule sehen und genau deswegen sollte ich womöglich auch nicht zu spät kommen. Vielleicht würde ich dann ja noch vor dem Unterricht sehen. Angespornt von diesen Gedanken schälte ich mich aus dem Bett und ging ins Bad, um meinen allmorgendlichen Ablauf zu beginnen. Irgendwie hatte ich im Endeffekt aber doch getrödelt, was aber eher daran lag, dass ich zu spät aufgestanden war. Jetzt war es 5 vor 8. Und um 8 Uhr würde der Unterricht beginnen. Ich rannte die Straßen entlang zur Schule und bedauerte es, dass ich keine Zeit mehr hatte, um beim Bäcker vorbeizuschauen. Der Gedanke, bis zum Mittag hin ohne Essen auskommen zu müssen, brachte mich selbst beim Rennen zum murren. Circa eine Minute vor 8 hatte ich völlig außer Atem den Schulhof erreicht. So beeilt hatte ich mich lange nicht mehr. Den Weg zur Eingangstür lief ich aber, da ich vollkommen außer Puste war. Als ich den Rest vom Schulhof überquerte, fiel mein Blick auf Castiel, der ganz in der Nähe der Türe stand und rauchte. Rauchen war auf dem Schulhof zwar verboten, aber das schien ihn nicht zu kümmern. Auch er hatte mich bemerkt uns grinste mir kurz zu, bevor ich nun aber das Schulgebäude betrat und zu meiner Klasse hechtete. Auf dem Weg dorthin begegnete mir Nathaniel, der mir einen Guten Morgen wünschte und mich freundlich anlächelte. Er steuerte auf den Ausgang zu und ich konnte mir irgendwie vorstellen, dass das im Endeffekt Ärger für Castiel gäbe. >Gerade noch einmal geschafft<, dachte ich mir, aber der Lehrer war glücklicherweise noch nicht da, sodass ich auf meinem Platz erst mal wieder zu Atem kommen konnte. Luna, die ja neben mir saß, meinte unnötigerweise zu mir, dass ich zu spät wäre. Mit ihr würde ich später gewiss noch ein Hühnchen rupfen! Sie war gestern Nacht einfach abgehauen. Leider musste ich dies auf später verschieben, da der Lehrer nun die Klasse betrat und der Unterricht begann. Ich war erleichtert, als es endlich zur großen Pause klingelte. Die Stunden zogen sich heute so ewig hin, dass ich das Gefühl hatte, die ganze verdammte Zeit wäre einfach stehen geblieben. Schweigend ging ich neben Luna den Gang entlang nach draußen auf den Schulhof. Was ich mit ihr zu bereden und zu meckern hatte, musste ja nicht alle etwas angehen. Meine beste Freundin beschwerte sich schon, dass ich heute so schweigsam war, aber nach gestern durfte ich ja wohl ein bisschen sauer sein. Beharrlich wortlos blieb ich, bis wir uns vor eine Mauer ein wenig abseits des großen Trubels des Schulhofs stellten. »Sag mal, was war das denn gestern?!«, fragte ich sie ein wenig angesäuert und mit etwas dunklerem Blick, dem sie auswich. »Ähm… Sorry.«, begann sie nun, wobei es ihr offenbar schwer fiel zu erklären, was gestern war. Ihrem Blick, der seitlich auf den Boden gerichtet war, konnte man auch irgendwie anerkennen, dass es ihr nicht wohl war und es ihr schon leid tat. »Ich hab mich einfach zu sehr erschrocken. Ich dachte nicht, dass da tatsächlich irgendwas kommen würde, ich hab dann bei den Schritten einfach Panik bekommen.«, gab sie schließlich kleinlaut zu. Ich schnaubte. Bei den Geräuschen hatte ich zwar auch Angst bekommen, aber ich war geblieben (auch wenn mein Körper von selbst sich nicht mehr bewegen wollte). Als ich draußen war, dachte ich schon, dass ich zurück gehen sollte, um nach dir zu sehen, aber ich ha mich echt nicht getraut. Entschuldige.« Noch immer klang Lunas Stimme kleinlaut und deswegen so ganz anders als sonst. Sie trat immer so selbstsicher auf, aber ich wusste, dass sie innerlich nicht ganz so stark war, wie sie immer tat. »Mädchen.«, meinte ich daraufhin nur kopfschüttelnd. Es herrschte einen Moment Schweigen, während dem wir uns schließlich kurz zulächelten. Wirklich öse konnte ich ihr ja einfach nicht sein. Langsam kam auch Luna zu ihrem altem Ego zurück. Sie hatte sich entschuldigt und erklärt, also war das vorbei und konnte vergessen werden – zumindest ihrer Meinung nach. »Und wer war jetzt eigentlich dieser Typ gestern Abend? Ich konnte da nichts erkennen, aber ein Geist war das ja nicht.«, fragte sie schließlich neugierig nach. »Du hast uns gesehen?« »Ja, ich bin da bei den Büschen gehockt. Nur leider konnte ich halt echt nichts erkennen.« Sie seufzte gespielt. Aber war sie wirklich bei den Büschen gehockt? Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie sich gestern doch mehr erschrocken hatte, als sie zugeben wollte. Das Mädel sollte auch mal weniger Horrorfilme sehen. »Naja, das war…..«, begann ich, wurde aber von einem plötzlich auftauchenden Rothaarigen unterbrochen. »Der Grund, warum mein Kumpel gestern zu spät zur Probe kam.«, mischte sich Castiel auf einmal an. Irritiert blickten Luna und ich ihn an. Wir hatten ihn gar nicht kommen hören. »Probe?«, wollte ich schon nachfragen, da ich nicht wusste, was er meinte, kam aber nicht weiter. »Guten Morgen.«, grüßte eine etwas leisere Stimme, die sich nun auch zu uns und neben Castiel gesellte. Verblüfft guckte ich denjenigen an, der gerade gesprochen hatte. »Lysander.«, meinte ich daraufhin und war schon wieder von seinem Anblick fast erschlagen. So in der Helle und am Tag sah er ja noch besser aus als gestern. Er lächelte mich leicht an, wobei ich aufpassen musste, dass ich nicht schon wieder rot anlief. Passierte mir ja auch wirklich oft genug. Luna runzelte verwirrt die Stirn, bis ihr schließlich ein Licht aufging. »Ah, dann war das gestern Lysander, mit dem du herausgekommen bist.«, meinte sie mit leicht fragendem Unterton, woraufhin ich nickte. Der Weißhaarige blickte daraufhin zu Luna. »Und du bist also die besagte Freundin, die gestern weggelaufen war?«, fragte er schmunzelnd, woraufhin Luna sich empörte. Auch von Castiel war ein Kichern zu hören. »Ich bin nicht weggerannt, ich bin nur…. Au…naja, okay… ja.«, beschwichtigte sie gerade noch, da ich ihr mit dem Ellbogen in die Seite gestoßen hatte. Lysander schmunzelte noch immer, während Castiel schon wieder sein übliches, gelangweiltes aussehendes Gesicht aufgesetzt hatte. Einen Moment lang war Schweigen, das Lysander aber gleich wieder unterbrach. »Seid ihr eigentlich zusammen?«, fragte er, wobei er erst Luna und dann mich anschaute. Jetzt wurde ich doch ein wenig rot. Okay, wir hingen die ganze Zeit miteinander ab, das konnte wirklich schon einen falschen Eindruck hinterlassen, dabei waren wir wirklich nur verdammt gute Freunde. Und an Mädchen war ich ja eh nicht interessiert. »Nein.«, meinten wir beide im Chor, was uns kurz zum Lachen brachte. Vielleicht verbrachten wir ja doch ein wenig zu viel Zeit miteinander. Lysander machte ein kurzes, undeutsames Gesicht, bevor er wieder freundlich lächelte und nicht weiter nachfragte. Eigentlich schade. Ich hörte ihn gerne reden, aber mir selbst fielen gerade auch keine sinnvollen Fragen ein, außer über sein ganzes Leben. Die Pause verging viel zu schnell. Castiel und Lysander blieben wenigstens die ganze Zeit über bei uns stehen, auch wenn sie kaum noch mit uns redeten; Dafür hörte ich ihnen umso neugieriger zu. Ich erfuhr, dass die beiden gemeinsam in einer Band spielten, die sie zusammen gegründet hatten. Castiel spielte Gitarre und Lysander sang. Bei einer solchen stimme wie seiner wäre es auch eine Verschwendung gewesen würde er das nicht tun. Wie gerne würde ich ihn einmal singen hören. Ich quatschte währenddessen auch ein wenig mit Luna, auch wenn ich mit mindestens einem halben Ohr immer den beiden Typen neben uns zuhörte. Irgendwie musste unsere Truppe von Weitem schon lustig aussehen. Rote Haare redeten mit weißen Haaren, Lunas hellblaue Haare gaben dabei einen schönen Kontrast zu Castiels und meine schwarzen Haare, bis auf den mittelblauen Pony, glichen dem Schwarz in Lysanders Spitzen. Als es gegongt hatte, seufzte ich. Gerne würde ich noch hier draußen stehen bleiben und den angenehmen stimmen lauschen, die miteinander ins Gespräch vertieft waren. Kurz, bevor Luna und ich uns in Bewegung setzten, um ins Klassenzimmer zu gehen, hatte Lysander uns zwar noch angeboten, mal bei ihren Proben vorbeizuschauen, aber Castiel war alles andere als begeistert von dieser Idee. Der Weißhaarige warf mir daraufhin einen entschuldigenden Blick zu und meinte kurz, dass, wenn ich Lust hätte, ich ja mal seine Songtexte durchlesen könne. Ich bejahte natürlich und lächelte dabei vielleicht ein wenig zu breit. Wir verabschiedeten uns von den beiden, wobei von dem Rothaarigen noch eine Art Murren zu hören war. Irgendwie war seine ganze Art ja schon süß. Erst als ich im Klassenzimmer wieder auf meinem Platz saß, bemerkte ich, dass mein Magen knurrte. Gegessen hatte ich heute ja nichts und die Chance, in der Pause zum Bäcker zu laufen, hatte ich auch verpasst. Ganz toll. Bis die Schule aus war, war ich doch bestimmt verhungert. Meine Rettung war eine Klassenkameradin, mit der sich Luna ziemlich gut verstand, und die nun ein Tablett mit Muffins vor uns hielt. »Wollt ihr einen? Sind selber gebacken.«, fragte ein orangehaariges Mädchen, die auf den Namen Iris hörte, wie ich mir ausnahmsweise merken konnte. »Wirklich?«, fragte ich mit großen Augen nach, wofür ich mir ein herzhaftes Lachen und ein Nicken des Mädchens einfing. »Danke sehr.«, meinte ich daraufhin glücklich und schnappte mir einen der Muffins, die mit rosa Zuckerguss verziert waren. Mein leerer Magen hielt das nicht länger durch und ich biss herzhaft in das Gebäck. »Die sind göttlich.«, meinte ich mit fast vollem Mund. Okay, vermutlich hätte ich gerade auch Sauerkraut göttlich gefunden bei dem Hunger, den ich hatte. Auch Luna hatte sich einen der Muffins genommen und meinte ebenso, wie köstlich diese seien. »Das freut mich. Die Jungs wollen die ja alle wegen der rosa Farbe nicht probieren.«, sprach Iris kichernd. Ich verstand nicht, warum man so was leckeres nur wegen einer Farbe nicht futtern wollte. Wenn es um Essen ging, würde ich sogar blauen Reis essen! Beschämt blickte ich allerdings weg, als mein Magen noch immer meinte, lautstark knurren zu wollen. Ich hatte das Gefühl, auf dem Heimweg müsste ich mir gleich noch irgendwo eine Pizza holen gehen. Iris nahm mir das allerdings nicht übel sondern eher als Kompliment für ihre Backkünste. Lächelnd und unaufgefordert stellte sie mir noch einen Muffin vor die Nase. Mit einem »Guten Appetit.« ging sie dann auch schon zu ihrem Platz, da der Lehrer gerade das Klassenzimmer betrat. Noch bevor die ersten fünf Minuten vergangen waren hatte ich heimlich das Gebäckstück noch aufgefuttert, obwohl essen während des Unterrichts verboten war. Der Unterricht selbst war allerdings so langweilig, dass ich irgendwann gar nicht mehr richtig zuhörte. Stattdessen dachte ich an Lysander und Castiel und fragte mich, was für Musik sie überhaupt produzierten. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie irgendwas Sanftes spielten oder gar Schlager. Etwas Rockiges, Härteres würde da schon eher passen. Gegen Ende der Stunde stuppste Luna mich amüsiert an und deutete auf mein Blatt, das mit neben ein paar wenigen Aufgaben aus dem Unterricht auch mit einigen Herzchen bekritzelt war. Schon wieder röteten sich deswegen meine Wangen. War ich denn wirklich so in Gedanken gewesen? »Ja, ich glaube auch, er steht auf dich.«, meinte meine Sitznachbarin noch leise und amüsiert zu mir. Kapitel 5: ----------- Seit meinem ersten Zusammentreffen mit Lysander vergingen einige Wochen, in denen nicht wirklich etwas erwähnbares passierte. Mit Castiel verstand ich mich zunehmend besser und mit Lys sowieso. Mittlerweile standen wir in den Pausen meistens zu viert an der Mauer des Schulgeländes oder saßen gemütlich und ein wenig gequetscht auf einer Bank. Luna hing mittlerweile auch öfters mit den Mädchen aus ihrer Klasse ab, sodass ich manchmal genau zwischen dem Rot- und dem Weißhaarigen saß. Etwas ausmachen tat es mir nicht im Geringsten. Nur manchmal hatte ich das Gefühl, dass, wenn ichgerade mit Castiel redete, ein intensiver Blick in meinem Nacken klebte. Jedes mal wenn ich mich daraufhin umdrehte und Lysander neben mir saß, kritzelte dieser allerdings eifrig in seinem Notizbuch herum. In einer Pause am Mittwochmorgen saß ich neben Lysander auf einer Bank auf dem Schulhof. Luna redete eifrig mit ihren Freundinnen, so wie die letzten zwei Tage auch. Ich fragte mich so langsam wirklich, was sie alles beredeten, da sie wirklich jede Minute ihre Köpfe zusammensteckten und manchmal auch Sachen auf eine Liste aufschrieben. Lautlos seufzend beobachtete ich meine beste Freundin ein wenig, da ich mich ein wenig langweilte, auch wenn Lysander direkt neben mir saß. Dieser schrieb allerdings, wie so oft, gedankenverloren ein paar Texte und war ganz in seine Notizen vertieft. Er blickte erst auf, als Castiel sich auf einmal zu uns gesellte. »Hey, die Mädels veranstalten anscheinend am Wochenende `ne Übernachtungsparty.«, begrüßte er uns. »Ja, und?«, fragend blickte ich zu Castiel, der stehen geblieben war, hoch. Auch Lysanders Blick war ein wenig irritiert, auch wenn er nichts dazu sagte. Er sagte ziemlich oft nicht viel, was relativ schade war, dabei hörte ich seine Stimme doch so gerne. »Wenn die Mädels sowas machen, müssen wir ´nen Männerabend machen, ist doch klar.«, klärte uns Castiel schließlich auf mit einer Stimme als ob das doch selbstverständlich wäre. Ich ließ mir diese Idee ein paar mal durch den Kopf gehen und fand, dass sich das doch eigentlich ganz gut anhörte. Würde bestimmt lustig werden. »Ich bin dabei.«, meinte ich schließlich und sah aus dem Augenwinkel Lysander nicken. Castiel lächelte leicht. Anscheinend war das jetzt also schon beschlossene Sache. »Gut. Von mir aus können wir bei mir pennen, ich wohn ja eh alleine.« Dass Castiel ebenfalls eine eigene Wohnung hatte, wusste ich mittlerweile. »Zu mir könnten wir auch.«, bot ich schulterzuckend an, woraufhin mich zwei Augenpaare intensiv ansahen. Hätte ich das jetzt nicht sagen sollen? Die beiden wussten doch, dass ich auch alleine wohnte. >Dann gehen wir zu dir. Deine Wohnung kennen wir ja noch nicht.«, beschloß Castiel einfach mal. Mir sollte es recht sein. Platz war da, auch wenn man zum Schlafen wahrscheinlich mit einigen Decken den Boden belagern musste. »Ja, ich will auch sehen, wo du wohnst.«, mischte sich nun auch Lysander ein. Endlich hatte er auch mal was gesagt. »Okay, von mir aus.«, meinte ich nun lächelnd und zuckte abermals mit den Schultern. Es freute mich, dass meine neuen Freunde auch außerhalb der Schule zu mir kamen. Wir hatten uns bisher in der Freizeit kaum getroffen, außer, dass wir nach der Schule ein paar mal noch zu McDonalds gegangen waren. Nachts zu ihren Proben war ich bisher nie gegangen und es fiel auch kein Wort mehr darüber. »Sollen wir noch jemanden einladen? Nathaniel oder so?« Diese Frage hätte ich nun wirklich lieber nicht stellen sollen. Castiel warf mir einen verächtlichen Blick zu. »Bloß nicht. Mit dem Streber kann man doch eh keinen Spaß haben.«, meinte der Rothaarige vielleicht ein wenig zu laut. Eigentlich hatte ich diesen Vorschlag ja nur gemacht, da Nathaniel gerade aus dem Schulgebäude kam und in unsere Richtung steuerte. Anscheinend hatte er Castiels Worte allerdings gehört, da er auf einmal stehen blieb und ein wenig geknickt aussah. Auf dem Absatz machte der Blonde schließlich kehrt und lief in die entgegengesetzte Richtung. Hatten die beiden schon wieder Stress, wie es Luna zu sagen pflegte? Naja, es ging mich wohl auch nichts an, deshalb sagte ich lieber nichts mehr dazu. Den restlichen Tag sowie den nächsten verbrachten wir damit, den ‘‘Männerabend‘‘ zu planen. Die Übernachtung sollte von Freitag auf Samstag sein und gegen Abend würde Lysander und Castiel bei mir in der Wohnung eintrudeln. Die Adresse dazu hatte ich ihnen gegeben, sowie meine Handynummer. Luna hatte in der Schule auch schon spitz gekriegt, dass wir am Wochenende ebenfalls etwas planten, auch wenn sie dazu kaum etwas sagte. Am Montagmorgen würde sie mich ja eh mit Fragen überhäufen. Ich mit zwei gut aussehenden Kerlen, das konnte ja nicht gut gehen, hatte sie dazu einmal gemeint. Vielleicht war ja etwas Wahres dran an dieser Aussage. Es war Abend. Meine Wohnung hatte ich aufgeräumt, gestaubsaugt, und entsprechend für einen Männerfilmabend hergerichtet. Wir hatten uns dazu entschlossen, einfach ein paar Filme zu dritt anzuschauen und Pizza zu bestellen; der Rest würde sich schon von alleine ergeben. Ein paar Decken, die ich finden konnte, hatte ich auch hergerichtet, damit Lysander und Castiel es sich bequem machen konnten, da sie ja bei mir übernachteten. Knabbereien, für die wir Geld zusammengelegt hatten, standen auch schon auf dem Couchtisch zwischen Couch und Fernseher bereit. Gerade wollte ich noch einmal alles umräumen, da ich nicht still sitzen konnte und irgendwie total nervös war, als es klingelte. Mit schnellen Schritten war ich an der Tür, atmete noch einmal tief ein, und öffnete diese. Begrüßt wurde ich zuerst von einem lächelnden Lysander, anschließend von Castiel. Dieser schob sich direkt nach meinem »Kommt doch rein.« in die Wohnung, um einfach mal irgendwo einen Kasten Bier abzustellen. Ich war nicht sonderlich begeistert davon, aber zu einem echten Männerabend gehörte Bier irgendwie schon dazu. Als auch Lysander in die Wohnung gekommen war, schloß ich hinter ihm die Tür. Nachdem er sich umgesehen hatte, stellte er eine Flasche Vodka, die er in der Hand hielt, neben den Bierkasten. Okay, jetzt wurde es kritisch. Alkohol vertrug ich nicht wirklich viel und ich hoffte, dass zumindest die hochprozentige Flasche geschlossen blieb. Dass ausgerechnet Lysander diese so selbstverständlich getragen hatte, wunderte mich allerdings irgendwie. Nach dem üblichen >Schöne-Wohnung-BlaBla<, der Frage, wo denn das Bad ist und auch dem Anruf beim Pizzalieferdienst, saßen wir zu dritt auf meiner kleinen Couch. Es war relativ eng, aber das störte keinen und genügend Platz hatte man irgendwie auch noch. Die Pizza wurde relativ zügig geliefert und auch dafür hatten wir wieder zusammengelegt. Lediglich für die mitgebrachten Getränke hatten Castiel und Lysander einzeln gezahlt, quasi als »Entschädigung«, dass sie heute über Nacht hier schliefen. Wäre ja wirklich nicht nötig gewesen. Wirklich nicht! Zur Pizza tranken wir das Bier, während auf der Mattscheibe schon der erste Film lief. Castiel hatte einige DVDs mitgebracht, sodass wir einige Stunden lang versorgt wären. Leider waren die DVDs hauptsächlich Horror-oder Splatterfilme, darunter auch ein Psycho-Thriller. Das meiste war, wer hätte es gedacht, ab 18 freigegeben. Den ersten Film hielt ich noch gut durch, vor allem, da ich eh noch die meiste Zeit mit Essen beschäftigt war. Beim zweiten Film war es draußen mittlerweile dunkel und das einzige Licht in der Wohnung war das, was vom Fernseher ausging. Nach Horrorfilmen sah irgendwann selbst das eigene Badezimmer irgendwie bedrohlich aus. Rasierer könnten ja plötzlich ein Eigenleben entwickeln und dich langsam aufschlitzen, um dich qualvoll verbluten zu lassen, während dein Föhn dich über dem laufenden Wasserhahn der Badewanne fesselt. Okay, so langsam wurden meine Gedanken wirklich zu abstrus. Ich beeilte mich, aus dem Bad zu kommen, da die anderen beiden dieses auch noch aufsuchen mussten. Als alle wieder auf der Couch saßen, wurde die Vodkaflasche geöffnet. Ich verzog ein wenig das Gesicht, als die drei Gläser anschließend mit Orangensaft aufgefüllt wurden. In meiner Küche fanden sie die zwei offensichtlich ja wunderbar zurecht. Wir stießen an, als der dritte Film, den ich alleine nie im Leben angeschaut hätte, anfing. –ich nahm nur einen kleinen Schluck, bevor ich das Glas wieder abstellte, im Gegensatz zu Lysander und Castiel. Zum Trinken hätten mich die beiden bestimmt nicht gezwungen, wenn ich gesagt hätte, dass ich nichts wollte, aber naja, zu spät. Die beiden anderen hatten jeweils schon fast das halbe Glas leer, als sie es abstellten und sich nach hinten lehnten. Ich hingegen würde wahrscheinlich bei diesem einem Glas bleiben, wenn überhaupt. Auch ich lehnte mich nach hinten und fragte mich, ob der Film noch schlimmer werden würde, als er jetzt schon ist. Die Story war ziemlich makaber und in jeder Sekunde floß irgendwo Blut. Die ganze Stimmung war gedrückt und von passenden leisen Melodien untermalt. Bei der nächsten Szene wurde es allerdings verdächtig leise. Der Bildschirm war auch fast ganz schwarz, sodass man kaum etwas erkennen konnte, so wie der Protagonist in dem Film. Auf einmal wurde es allerdings wieder hell und laut und eine hässliche Fratze war auf der Mattscheibe zu erkennen. Ich zuckte zusammen und konnte mir gerade noch so ein Quietschen unterdrücken. Erst einen Moment später, als mein Herz noch immer vor Schock hämmerte, bemerkte ich, dass ich je eine Hand in Castiels bzw. Lysanders gekrallt hatte. Ich wurde schlagartig rot, als ich es bemerkte. Nur gut, dass man es in der Dunkelheit nicht sehen konnte. Ich wollte gerade meine Hände wieder zurückziehen, als ich ein leichtes Ziehen an einer davon vernahm. Es kam von links, also war es Lysander. Castiel hatte seine Hand bereits anstandslos zurückgezogen, wohingegen Lysander meine nun sanft umfasste. Konnte man noch röter werden als tomatenrot? Wenn ja, hatte ich das gerade geschafft. Es tat allerdings gut, von ihm berührt zu werden und mir wurde bewusst, dass wir ja gerade richtig Händchen hielten. So richtig kitschig Händchen hielten. Hach ja, konnte das schön sein und… »F*CK!«, fluchte ich, als schon wieder so eine Fratze auf dem Bildschirm erschien und ich mich ein zweites mal zu Tode erschreckte. Was war das denn für ein Film? Von der rechten Seite von Castiel konnte ich ein leises Kichern hören. Machte ihm der Film etwa gar nichts aus? Lässig, wie er auf der Couch hing konnte man meinen, er schaute gerade irgendeinen langweiligen Dokumentarfilm über Wale, oder über die Fortpflanzung von Schnecken. Als ich zu Lysander rüber linste, bemerkte ich, dass er den Kopf in meine Richtung gedreht hatte. Ein vages Lächeln konnte ich in der Finsternis, die noch immer nur vom Fernseher durchbrochen wurde, erkennen. Langsam ließ er meine Hand los, in die ich mich schon wieder gekrallt hatte. Hoffentlich hatte ich ihm nicht weh getan. Aber wahrscheinlich hatte er einfach keine Lust mehr, mit mir hier Händchen zu halten. Dementsprechend verwirrt war ich, als ich seinen Arm um meine Schultern spürte, der mich sanft an seine Seite zog. Bereitwillig lies ich den Zug zu und rutschte direkt ein kleines Stück zu ihm rüber. Gerade, als ich wieder zur Mattscheibe blickte, spürte ich den Arm enger um mich. Abermals begann mein Herz zu klopfen, aber diesmal nicht aus Schock wegen einer Szene. Ein paar Minuten saß ich so da in denen ich gar nicht registrierte, dass ich mich immer enger an Lysanders Körper drückte. Ihn schien das nicht zu stören, da er sich sogar bereitwillig ein wenig umsetzte, damit ich mich besser an ihn schmiegen konnte. So nah bei ihm in seinen Armen war der Film auch gar nicht mehr so schlimm. Vielleicht lag es auch daran, dass ich mich eher darauf konzentrierte, wie es sich anfühlte hier zu sitzen und seinen Körper so nahe an meinem zu spüren. Der Rest des Abends war irgendwo in meinem Gedächtnis verloren gegangen. Das stellte ich zumindest fest, während ich versuchte herauszufinden, wo ich gerade lag. Weich und gemütlich war es. Lag ich etwa in meinem Bett? Wie es sich anfühlte schon. Mit geschlossenen Augen blieb ich liegen und stellte fest, dass ich wirklich in meinem Bett liegen musste. Ich konnte mich gar nicht daran erinnern, vergangenen Abend schlafen gegangen zu sein. Ich atmete tief ein und aus und bemerkte nach und nach, dass hier etwas nicht stimmte. Mir war angenehm warm und ich hatte kaum Platz, mich irgendwie zu regen. Als ich meinen Arm ausstrecken wollte, klatschte dieser an etwas Warmes, was sich ein wenig auf und ab bewegte. Das irritierte mich. Vorsichtig und langsam öffnete ich nun meine Augen, musste aber ein paar mal blinzeln, um etwas erkennen zu können. Mein Blick fiel genau auf einen nackten Oberkörper. Und was für ein Oberkörper. Ein Sixpack ließ sich erahnen und auch sonst sah das Gesamtpaket ziemlich durchtrainiert aus. Was für ein Anblick am frühen Morgen. Als ich mit dem Blick allerdings höher bis über die breiten Schultern strich, erschrak ich leicht. Es war niemand anderer als Castiel, der sich mir hier so schlafend anbot. Ein paar Strähnen waren ihm ins Gesicht gefallen und er sah so friedlich dabei aus. Dass er meistens eine große und freche Klappe hatte, konnte man sich bei diesem Anblick kaum vorstellen. Wieder einmal spürte ich, wie sich die Röte in mein Gesicht schlich. Vielleicht sollte ich mich besser umdrehen, um nicht mit dem Sabbern anzufangen. Gesagt getan, ereilte mich der nächste Schock. Wobei Schock wirklich zu negativ ausgedrückt war. Der nächste nackte Oberkörper hatte sich in mein Sichtfeld geschoben und dieser gehörte doch glatt zu Lysander. Darum hatte ich hier also in meinem Bett so wenig Platz. Zwei heiße Kerle meinten, sich ebenfalls hier rein zu quetschen. Oh-mein-Gott! Die Situation überforderte mich nun doch leicht. Warum lag ich mit diesen beiden in einem Bett? Und wie ich überhaupt hier rein gekommen? Und warum hatten die zwei obenrum nichts an? Während ich mich all dies und noch viel mehr fragte, bemerkte ich gar nicht, wie sehr ich Lysander gerade anstarrte. Zumindest der Teil, der über die Bettdecke, die quer über uns drei lag, ragte. Ich war irgendwann so in diesen leckeren Anblick und meine verworrenen Gedanken vertieft, dass ich es gar nicht registrierte, dass ich ebenfalls angesehen wurde. Ich zuckte leicht zusammen. Lysanders Blick, der auf mir lag, sah irgendwie glasig aus und seine Lippen zierten ein nicht vertrautes Grinsen. Irgendetwas war komisch an ihm. »Du bist also wach.«, meinte er in einem Tonfall, den ich gar nicht an ihm kannte. Antworten konnte ich einen Moment lang gar nicht, was aber auch gar nicht mehr nötig war, da der Weißhaarige wieder das Wort ergriff. »Und du bist so verdammt rot.«, fügte er mit diesem merkwürdigen Grinsen hinzu. Ohje. Am liebsten würde ich mir jetzt die Decke über den Kopf ziehen, aber das war wohl nicht drin. »Äh… ja, ich bin wach.«, erwiderte ich und hoffte, meine Stimme klang einigermaßen normal. »Und warum bist du so rot?« Lysander widerholte seine Frage einfach, wobei sein Grinsen nicht aus seinem Gesicht weichen wollte. Die Antwort war ja eigentlich klar, nur aussprechen konnte ich das ja wohl nicht. Zwei tolle Kerle lagen mit mir hier auf engstem Raum und das halb nackt. Wer würde da nicht rot werden? Da ich kaum wusste, was ich sagen wollte, rutschte mir schließlich das heraus, was ich eigentlich gar nicht sagen wollte. Mein Gehirn war gerade aber auch irgendwie zu einem Drittel nur Matsch. »Naja… du hast schon einen tollen Oberkörper.«, murmelte ich zwar, es war aber dennoch gut verständlich. Jetzt war es Lysander, der kurz schwieg, aber dabei einfach noch ein wenig mehr grinste. So kannte ich ihn ja gar nicht. Was war denn los mit ihm? »Findest du mich wirklich so toll?«, fragte er auf einmal, während ich spürte, wie er mich mit einem Arm näher an mich ranzog. Plötzlich lag ich ganz nahe an ihm. Ich hatte zwar noch mein Oberteil an, aber dennoch berührten sich unsere Körper mehr als genug. Seine Brust hob und senkte sich dicht an meiner und als auch noch sein Gesicht näher kam, spürte ich seinen Atem auf meiner Haut. Mein Herz schlug bis zum Anschlag und auf einer Rotheitsskala von 1-10 hatte ich mindestens eine 20. »Lysander?«, fragte ich vorsichtig, wobei mich seine unterschiedlich farbigen Augen in den Bann zogen. Wie hypnotisiert sah ich ihn an und auch er fixierte mich mit seinem Blick. Ich bemerkte es gar nicht, dass er die wenigen Zentimeter, die zwischen unseren Gesichtern lagen, überbrückt hatte. Es fühlte sich an, als wäre mein Herz auf einmal stehen geblieben, als Lysanders Lippen auf meinen lagen. Ich riss zuerst meine Augen auf, doch als ich sah, dass Lys seine geschlossen hatte, tat ich es ihm gleich. Zögernd erwiderte ich nach dem kurzen Moment des Schocks den Kuss, wobei ich nicht wusste, welcher Teufel mich da geritten hatte. Aber der Kuss war schließlich von Lysander ausgegangen! Seine Lippen, die sich so sinnlich an meinen bewegten, fühlten sich so weich an. In diesem Gefühl konnte ich mich wirklich vollkommen verlieren. Unbewusst kuschelte ich mich enger an ihn und als ich spürte, dass Lysander seine Arme enger um mich gelegt hatte, schlang ich die meinen vorsichtig um seinen Hals. Der Kuss wurde intensiver. Dass ich keine Hose anhatte und auch Lys nur mit Shorts bekleidet war nahm ich nur noch am Rande wahr. Die Gedanken, was vor ein paar Stunden passiert ist und wie ich in meinem Bett gelandet war, hatte ich mittlerweile vollkommen ausgeblendet. Ich konzentrierte mich gerade wirklich auf Schöneres. Lysander konnte so verdammt gut küssen und ich hoffte, dass er es ebenso mochte. Jede Bewegung seiner Lippen prägte ich mir ein, sodass ich gut auf diese erwidern konnte. Immer wieder fuhren mir wohlige Schauer über den Rücken, was nicht zuletzt daran lag, dass Lysander eben jenen sanft streichelte. Zumindest so lange, bis seine Hand auf einmal auf Wanderschaft ging. Seine schlanken Finger fuhren unter mein Oberteil und legten sich auf meinen nackten Rücken. Dort, wo er mich berührte, brannte meine Haut. Aber es war ein angenehmes Brennen. Es fühlte sich neu, aufgeregt an und in diesem Moment hoffte ich wirklich, er würde mich jetzt bloß nicht loslassen. Doch wie es mit den schönsten Momenten so war, wurden sie immer wieder jäh unterbrochen. Ich hatte gar nicht mehr daran gedacht, dass ja auch Castiel hier im Bett lag. Dieser hatte sich ein wenig aufgerichtet und seinen Kopf auf seinen angewinkelten Arm gestützt. »Hey. Ich hab keinen Bock, euch beim rummachen zu zusehen.«, meinte der Rothaarige in genervten, aber auch müden Tonfall. Ich zuckte zusammen. Den Kuss lösten wir daraufhin natürlich und zu meinem Bedauern zog Lysander nun auch seine arme zurück. Noch ein wenig geschockt und vor allem überfordert drehte ich mich auf den Rücken. Mit höchst geröteten Wangen blickte ich zu Castiel hoch, der mittlerweile aufgestanden war. Auch er war lediglich mit Boxershorts bekleidet. »Ich darf ja sicher mal dein Bad benutzen.«, meinte er, während er sich umdrehte und aus dem Zimmer tappste, wobei er sich noch am Hinterkopf kratzte. Ich blieb erst einmal mit dem Rücken auf der Matratze liegen. Bevor Castiel endgültig aus dem Zimmer verschwunden war, hatte ich mir schnell noch einen Blick auf seine Kehrseite erlaubt. Schnell waren meine Gedanken aber wieder von Lysander gefangen. Dieser lag noch immer neben mir und war sogar ein kleines Stück wieder an mich rangerutscht. Wir schwiegen uns an, wobei ein intensiver Blickkontakt unserer Augen herrschte. Langsam ordneten sich meine Gedanken und ich wurde ruhiger, was irgendwie verwunderlich war, da mein Herz noch am Rasen war. Ich erinnerte mich auch wieder an letzte Nacht, als ich nun erst jetzt den leichten Alkoholgeruch in der Luft bemerkte. Wie konnte ich den bloß nur bisher nicht wahr genommen hatten? Vielleicht vertrug ich doch weniger Alkohol, als ich gedacht habe. Diesen hatte ich gestrigen Abend nämlich noch zu mir genommen, bevor ich einfach auf der Couch eingeschlafen war. Den Horrorfilm musste ich irgendwann ausgeblendet haben was auch kein Wunder war, da ich ja in Lysanders Armen gelegen hatte. Lysander! Mit noch immer geröteten Wangen sah ich ihn an. Der Nebel, der sich seit meinem Aufwachen um meinen Verstand gehüllt hatte, lichtete sich ein wenig. Blöder Alkohol aber auch, vermutlich lag es daran. Jetzt war es mir auch ersichtlich, warum Lysander sich so verhielt. Ich reimte mir zusammen, dass er gestern bestimmt um einiges mehr getrunken hatte als ich und jetzt vielleicht noch nicht ganz nüchtern war. Sonst hätte er mich doch nicht einfach so geküsst? Oder? Sein Verhalten könnte mir diesen Gedankengang zumindest bestätigen. Als ich nun auch nicht nur seine Augen, sondern auch sein ganzes, schönes Gesicht intensiver musterte, stellte ich fest, dass er irgendwie leicht fertig und müde aussah. Sein Blick war noch immer leicht glasig und auch sein Atem ließ vorherigen Alkoholkonsum nicht ausschließen. Innerlich beschloß ich, mit den beiden bloß nichts mehr trinken zu gehen. Langsam aber sicher richtete ich mich von der Matratze auf, wurde aber auf einmal von Lysander daran gehindert. Mit der Hand an der Schulter drückte mich der Weißhaarige wieder nach unten und beugte sich anschließend über mich. Sein Gesicht kam meinen schon wieder so verdammt nahe. Tat er das nur, weil er gerade nicht ganz nüchtern war? Bevor unsere Lippen sich ein zweites mal fanden, wurden wir abermals von Castiel gestört. Dieser lehnte nun lässig im Türrahmen und beobachtete die ihm dar gebotene Szenerie. Als Lys den Rothaarigen ebenfalls bemerkte, ließ er mit einem Murren von mir ab und stand auf. Mein Blick fiel diesmal auf Lysanders durchtrainierten Rücken und was ich dort sah, überraschte mich wirklich. Der Weißhaarige war doch tatsächlich tättowiert! Irgendwie hätte ich von ihm das gar nicht erwartet. Allerdings mochte ich Tattoos, sodass es schon wieder ein Pluspunkt für ihn war. Castiel, der bereits angezogen war, ergriff ein weiteres mal das Wort. »Hey, Lucio. Ich glaube wir hauen dann mal ab. So wie es aussieht, muss Lys erstmal richtig ausnüchtern.« Ich nickte bei diesen Worten. Abermals ging mir zu viel im Kopf herum, als dass ich etwas Gescheites antworten konnte. Rund eine Viertelstunde später standen Castiel und Lysander angezogen und bereit zum Gehen im Flur vor meiner Haustür. Der Rothaarige entschuldigte sich netterweise dafür, dass sie mir ein kleines Chaos hinterlassen hatten und bot sogar an, am Nachmittag noch einmal vorbeizukommen, um mir beim sauber machen zu helfen. Ich lehnte das Angebot dankend an. Auch hatte mir Castiel erzählt, dass ich beim Film schauen wirklich irgendwann eingeschlafen war und die beiden mich deswegen ins Bett gelegt hatten. Er und Lysander hatten sich daraufhin noch einen Film reingezogen und dabei noch einiges getrunken und da sie den Boden einfach zu unbequem fanden (und sie anscheinend die bereit gelegten Decken einfach ignoriert hatten) hatten sie sich einfach zu mir ins Bett gequetscht. Ganz toll. Nächstes mal lege ich mich auch einfach so in ein fremdes Bett. Castiel wuschelte mir zum Abschied freundschaftlich durchs Haar, Lysander umarmte mich einfach ein wenig unbeholfen. Seufzend schob daraufhin der Rothaarige seinen Kumpel aus der Tür. Als ich diese kurz darauf geschlossen hatte, seufzte ich. Mein Herz hatte sich zwar mittlerweile beruhigt, aber meine Gedanken nicht. Der Kuss von Lysander wollte mir einfach nicht aus dem Kopf. Dass ich ihn mochte, vielleicht auch mehr als nur mochte, konnte ich mir ja eingestehen, aber wie es da bei dem Weißhaarigen aussah, machte mich noch ganz konfus. Ich beschloß, mich erstmal ans Aufräumen zu machen, was nach einer Aspirin auch in die Tat umgesetzt wurde. Von Lysander musste ich eine Antwort erhalten, das war klar. Wie ich ihm jetzt aber gegenüber treten sollte, das wusste ich wiederum nicht. Kapitel 6: ----------- Müde lag ich am Sonntagabend in meinem Bett. Das restliche Wochenende hatte ich daheim und allein verbracht. Lediglich mit Luna hatte ich noch telephoniert und sie wollte natürlich alles über den Abend mit Castiel und Lysander erfahren. Wahrheitsgemäß hatte ich ihr berichtet, da ich wusste, dass sie es eh nicht weiter erzählen würde. Hatte sie einmal etwas versprochen, hielt sie sich auch daran. Von ihrem andauernden Quietschen am Hörer tat mir allerdings noch immer das Ohr weh. Ich drehte mich auf die rechte Seite, anschließend auf die linke. Das Wochenende war wieder einmal viel zu schnell herum gegangen und wie öfters in der Nacht von Sonntag auf Montag konnte ich kaum einschlafen. Frustriert tastete ich nun wieder auf dem Rücken liegen nach meinem Nachtkästchen. Dort bekam ich mein Handy zu fassen, welches ich die letzten zwei Tage gar nicht angerührt hatte. Wenn ich schon nicht einschlafen konnte, könnte ich ja noch ein wenig im Internet surfen. Geheiligt sei dazu die Erfindung des Smartphones Als ich den Bildschirm entsperrte, entdeckte ich, dass ich eine SMS hatte. Sie war von Lysander. Vor Schreck wäre mir beinahe das Gerät aus der Hand gefallen. Erst nach kurzem Zögern rief ich die Kurznachricht auf. >Hey. Tut mir leid wegen heute Morgen. Ich hoffe, mich nicht allzu blöd benommen zu haben. Wir sehen uns dann ja am Montag, bis dann.< Die wenigen Worte las ich immer und wieder durch. Eingegangen war die Nachricht schon gestern Abend, aber da mein Handy auf lautlos gestellt war, hatte ich sie eben erst jetzt entdeckt. Ich seufzte und legte das Mobiltelephon wieder weg. Zu dieser späten Stunde würde ich auch nicht mehr antworten. Ich wüsste auch nicht, was. Einschlafen konnte ich noch immer nicht. Meine Gedanken kreisten nur um eine Person und wollten keine Ruhe geben. Es tat ihm also leid. Aber was tat ihm leid? Dass er mich geküsst hatte? Ich hoffte doch nicht. Wenn dies der Fall sein sollte, wäre ich wirklich traurig. Vielleicht würde er ja auch alles auf den Alkohol schieben und es damit abtun oder nie wieder ein Wort darüber verlieren und es einfach vergessen. Das wollte ich nicht. Ich wollte Klartext von ihm. Man küsste einen anderen Kerl doch nicht einfach so und umarmte ihn so innig, wenn man nichts von ihm wollte. Zumindest war das meine Meinung. Ich wusste ja nicht einmal, ob Lysander überhaupt auf Jungs stand. Vielleicht wäre er im Nachhinein ja auch total angewidert und wollte nie mehr etwas mit mir zu tun haben. Innerlich machte ich mich selbst damit fertig und ich machte mir definitiv zu viele Gedanken. Vielleicht sollte ich lieber irgendwie versuchen zu schlafen. Morgen müsste ich dann mit dem Weißhaarigen reden, ohne, dass er mir irgendwie auswich. Hoffnungen machte ich mir ja allemal. Und Lysanders Character schätze ich nun auch bei bestem Willen nicht so ein, dass er jemanden wegen solch einer Szene verletzen würde. Ich hasste Montage! Oder zumindest das Aufstehen am Montag. Verschlafen hatte ich, schon wieder, aber diesmal nahm ich in Kauf, dass ich eben zu spät zum Unterricht erscheinen würde, damit ich vorher eben noch zur Bäckerei gehen konnte. Noch einen Schultag ohne Essen würde ich nicht aushalten! Ironischerweise lief beim Bäcker das Lied ´I don’t like mondays´ im Hintergrund aus dem Radio. Mit schnellen Schritten machte ich mit meiner Bäckertüte auf den Weg zur Schule; Rennen tat ich allerdings nicht. Als ich auf dem Schulhof ankam, lehnte dort Castiel rauchend an der Mauer neben dem Eingang. Äh, hallo? Déjà-vu? Wir grinsten uns zur Begrüßung kurz zu, bevor ich mich beeilte, ins Klassenzimmer zu kommen. Der Lehrer war zwar schon da, aber da ich wirklich keine 5 Minuten zu spät, wurde ich nur getadelt und mehr nicht. Zum Glück nicht noch eine Strafarbeit. Die ersten beiden Stunden vergingen glücklicherweise schnell und der Lehrer musste die stunde sogar ein wenig früher beenden, da er in eine Besprechung musste. Herrlich. In der verlängerten Pause ging ich mit Luna raus auf den Schulhof. Sie erzählte mir beim Rausgehen nun auch von ihrer Übernachtungsparty, die sich aber nicht so spannend herausstellte, wie meine. Schnell kamen wir auf das Thema Lysander zu sprechen, wobei ich leicht meine Miene verzog. Ich musste unbedingt mit ihm reden. Gerade als wir uns nach draußen durch die Eingangstür quetschten, streifte mir etwas Flauschiges um die Beine. Hinter uns hörte ich jemanden rennen und rufen. »KIIKIIIII!! Haltet sie fest! Macht schon!!!« Ne, oder? Dieser Köter war nicht wirklich schon wieder abgehauen? Ich seufzte, als die Direktorin uns auf einmal eingeholt hatte und sie uns beinahe anschrie, dass wir ihren Hund zurückholen sollten. Nicht schon wieder! An diesem Tage war mir das Glück allerdings hold. Oder das Schicksal spielte mir einen Streich. Nur wenige Meter entfernt sah ich Kiki schwanzwedelnd an jemanden hochspringen. Und dieser jemand war niemand anderes als Lysander. Ich riss mich zusammen, um zu ihm rüberzugehen. Ein flaues Gefühl machte sich in meinem Magen breit, als ich ihm einen guten Morgen wünschte. >Ist Kiki etwa schon wieder abgehauen?«, fragte er freundlich, nachdem er auch gegrüßt hatte. Seinem Tonfall war bisher nichts Außergewöhnliches anzumerken. Während ich und Lysander uns anschließend erst anschwiegen, da ich nichts geantwortet hatte, war Luna so geistesgegenwärtig gewesen, Kiki am Halsband zu schnappen. Hätte sie das nicht getan, wäre der Köter schon wieder abgehauen, da er auf einmal das Interesse an Lys verloren hatte. »Ich bring Kiki dann mal zurück.«, meinte Luna schließlich und zwinkerte uns kurz zu, bevor sie mit der Flohschleuder verschwand. Noch immer herrschte Schweigen. »Ähm…«, meinte ich erstmal, um diese Stille irgendwie zu brechen. >Ich hab deine SMS erst gestern Nacht gesehen, deshalb hab ich nicht geantwortet.«, begann ich nun vorsichtig, da ich nicht wusste, wie ich ein Gespräch mit ihm beginnen sollte, das auch noch in die richtige Richtung führte. Als ich nach den Worten in Lysanders Gesicht blickte, wich er meinem Blick aus. »Achso.«, erwiderte er nur knapp. Okay, irgendwie gefiel mir die Situation gerade ganz und gar nicht. Ich musste irgendwas sagen, damit nicht wieder dieses merkwürdige Schweigen herrschte. Ob ich ihn einfach ganz direkt fragen sollte? Wäre das Beste, als die ganze Zeit nur darum herum zu reden. Allerdings wich Lysander meinem Blick noch immer aus, was mir noch mehr Unbehagen bescherte. Ich schluckte. Da musste ich jetzt, damit ich wusste, wo ich bei ihm stand. »Warum hast du mich am Samstag geküsst?«, fragte ich ihn nun ganz offen. Überraschung glitt für einen kurzen Moment über Lysanders Gesicht, welches aber schnell wieder seinen normalen Ausdruck zeigte. Diesmal war er es, der zögerte. »Entschuldige nochmals deswegen.«, begann er nun mit ruhiger Stimme, als hätte er sich seine Worte gerade sorgsam zusammen gelegt. »Ich hatte mich in dem Moment nicht ganz unter Kontrolle und hatte zuvor noch zu viel getrunken. Wenn ich also irgendwas getan hab, dass du nicht mochtest…« Wieder zögerte er kurz, doch ich hinderte ihn sowieso beim Weitersprechen. »Du musst dich nicht entschuldigen. Und alles, was du gemacht hast, mochte.«, gab ich nun zu, wobei ich, wer hätte es gedacht, rot wurde. »Sonst hätte ich das doch gar nicht erwidert.. auch ohne Alkohol..«, murmelte ich. Lysander schien ein weiteres mal überrascht. Hatte er sich etwa Vorwürfe gemacht wegen dem, was vorgefallen war, gemacht? So, wie es aussah, schon. »Dann…«, wollte der Weißhaarige beginnen, sprach aber nicht weiter. Ich stellte mich ein wenig auf die Zehenspitzen, um ihm und seinem Gesicht näher zu kommen. Erschien da etwa auch eine leichte Röte auf seinen Wangen? »Es war alles okay. Aber ich muss dich noch was fragen…«, meinte ich zu ihm, wobei mein Blick auf seinen Lippen lag. Er wich nicht zurück. Weiterreden konnte ich allerdings nicht, da ich mitten im Satz unterbrochen wurde. »Hey, Leute, habt ihr zufällig Castiel gesehen?«, erklang die fragende Stimme unseres näher kommenden Schülersprechers. Lysander und ich fuhren auseinander. »Alles okay bei euch? Ihr seid so rot.«, fragte Nathaniel, als er uns erreicht hatte. Er wiederholte seine Frage und Lys und ich verneinten beide diese. Seit heute Morgen hatte ich den Rothaarigen nicht mehr gesehen. Nathaniel schien nicht sehr begeistert zu sein. Ob zwischen den beiden wieder etwas vorgefallen war? Neugierig war ich ja schon, so oft, wie die beiden sich in die Haare kriegten. »Und müsst ihr nicht wieder in euren Unterricht?«, ging die Fragerei des blonden weiter. »Ich hab eine Freistunde.«, antwortete Lysander und ich sah leicht panisch auf die Uhr. Ich hatte nicht wirklich die Schulglocke zur nächsten Stunde überhört? »Verdammt.«, fluchte ich und mit einer knappen Verabschiedung rannte ich über den Schulhof zu meinem Klassenzimmer. Die beiden zurückgebliebenen hörte ich noch leise kichern. Mit Lysander müsste ich dann eben ein nächstes mal weiter reden. Unterricht. Langweilig. Und dann musste man auch noch lernen, wer überhaupt die Schulpflicht irgendwie irgendwann mal irgendwo eingeführt hat. Danke, Napoleon. Zwei Stunden Geschichten gingen rum, sowie irgendwie auch der Rest des Unterrichtes. Wenn man vor sich her träumte konnte wirklich ganz schon viel Zeit vergehen. In der großen Pause war ich zwar auch wieder auf dem Schulhof, hatte aber weder Lysander noch Castiel angetroffen. Luna wollte mich deswegen trösten, obwohl ich gar nicht traurig war. Sie war eben ganz in ihrem Element, seit sie erfahren hatte, dass Lysander und ich uns geküsst hatten. Ich war heilfroh, als der heutige Schultag endgültig vorbei war. Bevor ich endgültig von meinem Platz aufstand, streckte ich kurz die Arme nach oben. Mit meinem fetten Deutschbuch unter dem Arm verließ ich schließlich das Klassenzimmer. Das Buch, das bestimmt Tonnen wog, wollte ich nicht mit nach Hause schleppen, also ließ ich es in meinem Spind. Jedem Schüler stand ein abschließbarer Spind hier an dieser Schule zur Verfügung, nur ich nutzte dieses Angebot irgendwie nie. So war es eher reiner Zufall, dass ich mich heute dazu entschloß, das grüne Schließfach aufzusuchen, um etwas darin zu lagern. Als ich das Schließfach aufgeschlossen hatte, wedelte ein weißer Briefumschlag direkt vor meiner Füße. Das Teil musste wohl in der Türe gesteckt haben. Nachdem ich mein Buch gelagert hatte, hob ich den Brief auf. Mein Name war außen mit schnörkeliger Schrift hingeschrieben worden. Irritiert runzelte ich die Augen und fragte mich, wer heutzutage denn noch Briefe schrieb. Das Öffnen verschob ich allerdings noch ein paar Momente nach hinten, da Luna am Ausgang schon ungeduldig auf mich wartete. »Was brauchst du auch so lang.«, meckerte sie mich auch gleich an, worauf ich mich aber nicht einließ. An der Kreuzung, die uns in jeweils verschiedene Richtungen führte, verabschiedeten wir uns. Erst jetzt hatte ich in Ruhe die Gelegenheit, den Brief zu öffnen. Neugierig riss ich ihn auf und hätte mich dabei beinahe an dem Papier geschnitten. Ich staunte nicht schlecht, als ich sah, wer den Brief geschrieben hatte. Lysander! Mein Herz begann augenblicklich zu rasen, während ich die sorgsam geschriebenen Zeilen las. Wegen des Lesens wäre ich auch beinahe gegen eine Straßenlaterne, einen Baum und gegen meine Haustür gelaufen. Als ich bei mir zu Hause auf der Couch saß, hielt ich den Brief noch immer in Händen. So süß. So verdammt süß war es geschrieben. Eigentlich hatte Lysander sich in dem Brief nur erklärt und sich noch einmal entschuldigt, aber seine Worten, die er sorgsam gewählt hatte, waren einfach bezaubernd. Ich hätte nicht gedacht, dass man sich so ausdrücken könnte, ohne kitschig zu klingen. Er hatte geschrieben, dass er an diesem Morgen noch nicht ganz nüchtern war (er vertrug wohl auch nicht so viel) und dass er sich nicht mehr zurück halten konnte, als ich so nahe neben ihm lag. Ich habe einfach süß und verschlafen ausgesehen, das habe ihm gefallen. Ich mochte es zwar nicht sonderlich, süß genannt zu werden, aber bei ihm war es okay. Zudem stand in den Zeilen, dass er eben kein großer Redner war und Sachen lieber mit geschrieben Worte klärte. Ich müsste wirklich einmal seine Songtexte lesen! Das Beste stand allerdings erst zum Schluss im Brief. Er hatte mich doch tatsächlich um eine Date gebeten. Oder zumindest könnte ich es so auslegen, dass es ein Date sein könnte. Er hatte gefragt, ob wir uns morgen nach der Schule nicht treffen und zusammen zu Mittag essen gehen wollten. Natürlich wollte ich! Ich solle ihm dazu nur noch per SMS Bescheid geben. Nichts lieber als das! Ich griff sofort nach meinem Handy und schrieb ihm, dass ich mich freuen würde, wenn wir das morgen machen würden. Eine Antwort kam zwar erstmal nicht zurück, aber das war mir im Moment egal. Nach diesem Brief war ich einfach nur auf Wolke Lysander.. äh.. ne, Wolke sieben. Dass so ein toller Kerl was von mir wollte, war wirklich unglaublich. Zwar wusste ich immer noch nicht, ob er tatsächlich was von mir wollte, aber auch das war gerade egal. Mir drängten sich zwar noch so einige Fragen, wie etwa, ob er auch schwul oder zumindest bi sei, auf, aber diese wurden jetzt verschoben. Irgendwann, sprich morgen, konnte ich ihn ja persönlich fragen. Im Moment war ich einfach nur glücklich und sah alles so positiv wie nie zuvor. Dass Lysander ja auch nur mit mir reden wollen würde, damit wir das ganze vergessen und er mich einfach nur höflich abweisen wollte, daran dachte ich erst gar nicht. Den ganzen nächsten Tag über war ich hibbelig, aufgeregt und nervös. Mein Umfeld schien das zu bemerken und sah mich teilweise verwirrt und amüsiert an. Zusätzlich hatte ich ein breites Lächeln auf den Lippen. Ich hatte ein Date mit Lysander! Zumindest legte ich es als Date aus. Luna hatte mir das auch schon aus der Nase gezogen, obwohl ich es eigentlich gar nicht verraten wollte. Nun wir sie genauso aufgeregt wie ich. Sie meinte immer wieder, dass sie hoffte, dass Lys und ich zusammen kämen und was für ein süßes Paar wir dann doch wären. Ich musste gestehen, ich hatte die selben Gedanken. Auch heute konnte der Unterricht nicht schnell genug vorangehen. Ich meldete mich sogar einige Male, was den Lehrern durchaus positiv ausfiel. Eigentlich hoffte ich dadurch ja nur, dass die Zeit schneller verginge. Gute Laune tat anscheinend meinen mündlichen Noten gut. Nach dem heutigen Unterricht war ich kaum noch zu halten. Noch im Klassenzimmer verabschiedete ich mich von Luna und rannte mitsamt meiner Tasche hinaus. Dass Rennen auf dem Flur eigentlich verboten war, ignorierte ich mal gekonnt. Durch das hohe Tempo wäre ich allerdings beinahe gegen die sich öffnende Schultür gelaufen und gegen Castiel gerannt. Dieser kam gerade mit einem verdammt mürrischen Gesicht herein und schnauzte mich sogar an, dass ich hier nicht im Weg rumstehen sollte. Okay, da hatte aber einer schlechte Laune; im Gegensatz zu mir. Als ich nun draußen war, sah ich mich nach Lysander um. Er hatte mir noch in einer SMS geschrieben, dass er auf dem Schulhof auf mich warten würde. Anscheinend hatten wir mal zur selben Zeit Unterrichtsaus. Ich sah ihn schließlich an einen der Bäume auf dem Schulhof gelehnt. Er kritzelte gerade vertieft etwas in sein Skizzenbuch, als ich näher kam. Als er mich entdeckt hatte, klappte er dieses hastig und leicht erschrocken zu. Wahrscheinlich wollte er nicht, dass ich sah, was er da aufgeschrieben hatte. Zu schade. »Hey.«, begrüßte ich ihn schließlich lächelnd. »Hallo.«, erwiderte er mir ebenfalls und schenkte mir dabei eines seiner wunderbaren Lächeln, während er sich sein Notizbuch unter den Arm klemmte. »Wollen wir?«, fragte der Weißhaarige nun, was ich mit einem Nicken beantwortete. Lysander gab die Richtung vor und da ich ja nicht wusste, wohin er wollte, sagte ich auch nichts dagegen. Den ganzen Weg über schwiegen wir uns an. Während wir so nebeneinander herliefen, betrachtete ich ihn immer mal wieder von der Seite. Er hatte wirklich ein schönes Profil; auch sein Gesicht sah von der Seite bezaubernd aus. Zudem war er um einiges größer als ich, was mich aber nicht störte. Ich war meisten einer der Kleinsten, aber mit der Zeit hatte ich mich damit abgefunden. Außerdem gab es ja noch Plateauschuhe und –stiefel. Als wir anscheinend das Lokal erreicht hatten, welches Lysander ausgesucht hatte, staunte ich schon ein wenig. Es sah von außen ganz schön nobel aus und war mit zahlreichen Fresken dekoriert. Die Eingangstür, die eher einem Tor glich, bestand aus dunklem Holz, in welches verschiedene Muster und Vertiefungen geschnitzt waren. Selbst die hinter Glas versiegelte Speisekarte, die daneben hing, war mit ähnlichen Mustern bedeckt. Ich schluckte, als wir schließlich hereintraten. Innen erwartete uns ein großer, geräumiger Gastraum, der vollkommen im Empire-Stil eingerichtet war. Große, schwere Vorhänge hingen vor den Fenstern, die Tische und Stühle waren aus dunkelbraunen Holz und mit kontrastreichen weißen Tischdecken und Blumen dekoriert. An den Wänden hingen Büsten, die in Vertiefungen an der Wand angebracht waren. Die Tische standen genügend weit auseinander, dass man sich nicht Sorgen machen musste, die Tischnachbarn würden die Gespräche belauschen. Über fast jedem der Tische hing ein schwarzer, stark verzierter Kronleuchter. Ich war erst einmal völlig in den Anblick verloren. Lysander zog mich schließlich leicht am Arm, da ein Kellner gekommen war, der uns zu unserem Tisch, den Lys offenbar reserviert hatte, führte. Noch einmal schluckte ich. Hoffentlich hatte ich genug Geld dabei, das alles hier sah verdammt nobel und teuer aus. Erst, als wir auf unseren Stühlen, die auf der Innenfläche der Bequemlichkeit halber mit Samt verziert und gepolstert waren, setzten, riss ich den Blick von dem Raum los. Lysander schmunzelte, als ich zu ihm sah. »Ist schön eingerichtet hier, oder?«, fragte mein Gegenüber mich, was ich wieder nur mit einem Nicken beantworten konnte. Das Lokal konnte einen von der Optik her echt umhauen. Zusätzlich passte Lysander mit seinen Klamotten irgendwie perfekt hierher. Ich hingegen fühlte mich irgendwie mit meinen Chucks und der Röhrenjeans underdressed. Bevor wir nun allerdings zum Reden kamen, fragte der Kellner uns nach unserem Getränkewunsch. Noch ein wenig eingeschüchtert von der Pompösität des ganzen hier bestellte ich einfach eine große Cola. Lysander orderte eine Johannisbeerschorle. Nachdem der Kellner weg war, sahen wir uns an. Ich fragte mich, wer denn jetzt den Anfang zum Reden machen sollte. Ich? Er? Warum er mich geküsst hatte, konnte ich ihn schlecht nochmal fragen, da er sich ja in dem Brief schon erklärt hatte. Dennoch waren da noch ein paar offene Fragen. Nur wie ich diese stellen sollte, ohne, dass es so verdammt direkt klang, war mir ein Rätsel. »Gefällt es dir hier?«, fragte er schließlich, damit wir immerhin mal ein Gesprächsthema hatten. »Äh.. Ja. Bist du öfters hier?«, stellte ich auch gleich eine Gegenfrage. Dass wieder Stille herrschte, das wollte ich nicht. »Ja, ich bin hier quasi Stammkunde.«, erklärt er mir lächelnd. Irgendwie hatte ich mir das gedacht. Er passte von seiner ganzen Erscheinung einfach perfekt hier her. Und der Kellner hatte ihn auch schon so vertraulich behandelt. Eben jener kam nun auch mit unseren Getränken zurück, die vor uns auf dem Tisch abgestellt wurden. Anschließend wurde uns je eine Speisekarte gereicht. Notgedrungen schwiegen wir uns doch wieder an. Ich überlegte einige Zeit lang, was ich nehmen sollte, während Lysander sich anscheinend schon entschieden hatte. Zudem betrachtete ich die Preise und überlegte, ob es arg komisch kommen würde, wenn ich jetzt in meinen Geldbeutel schaute. Warum musste mich der Weißhaarige auch an einen so noblen Ort führen? Damit ich mein Gegenüber nicht noch länger warten ließ, entschied ich mich nun einfach für das erstbeste auf der Karte. Mit einem leicht nervösen Lächeln schlug ich diese zu und legte sie neben mich auf den Tisch. Irgendwie war die Stimmung doch ein wenig angespannt zwischen uns. Wahrscheinlich wäre es am besten, es würde endlich eines der Themen angesprochen werden, dir mir auf der Seele brannten. »Lysander?«, begann ich nun vorsichtig, bevor er mich fragend ansah. »Du… hast mich wirklich nur geküsst, weil du mich in dem Moment süß fandest und angetrunken warst?« Bei meiner eigenen Frage wurde ich knallrot. Ob es dagegen vielleicht eine Therapie gab? Allerdings wurden auch Lysanders Wangen leicht rot. »Naja.. ja..«, meinte er ausweichend und blickte überall hin, nur nicht in meine Richtung. Er war ja so verdammt süß, wenn er ebenfalls schüchtern war. Eigentlich stand ich ja eher auf Kerle, die ran gingen und zuweilen auch ein wenig aggressiv waren, ungefähr so wie Castiel. Allerdings hatte es mir diesmal Lysanders ruhige, besonne Art angetan. Er war so sanftmütig und nett zu jedem und ging allerlei Streitigkeiten aus dem Weg. Gleichzeitig hatte er aber auch seinen eigenen Lebensstil gefunden, der sich vor allem in seinen Klamotten ausprägte und dabei ließ er sich auch von niemandem reinreden. Seine Stimme verursachte mir zudem auch Gänsehaut und von seinem Körper wollte ich erst gar nicht anfangen. Ich könnte stundelang so von ihm schwärmen! Vor der nächsten frage scheute ich mich allerdings ein wenig. Wir kannten uns jetzt zwar schon einzige Zeit und da konnte sich gefühlstechnisch einiges entwickeln, aber ich konnte absolut nicht einschätzen, wie er da zu mir. Aber die wichtigste aller Fragen musste jetzt einfach gestellt werden. »Und ansonsten willst du aber nichts von mir?<, fragte ich ihn ernst und mutig, blickte ihn dabei sogar direkt an. Lysander schien das ziemlich in Verlegenheit zu bringen. »Naja… ich weiß nicht. Ich hab mich vorher ja noch nie in einen Jungen verliebt.«, meinte er mit leiser Stimme, wobei er immer noch von mir wegsah. Hatte ich da gerade richtig gehört? Verliebt? Er? In einen Jungen? In…. Mich?? Geschockt, auch wenn es das falsche Wort hierfür war, sah ich ihn an. Ich brachte absolut kein Wort mehr heraus. In diesem Moment kam auch schon der Kellner wieder, um die Bestellung für unser Essen aufzunehmen. Mit verlegenen Stimmen orderten wir unser Essen. Anschließend schwiegen wir uns schon wieder an, diesmal noch länger als die Male zuvor. Ich wusste einfach nicht, was ich sagen wollte und hatte Angst, dass irgendetwas total Dummes aus meinem Mund kommen würde. Mein Herz raste so schnell, als wollte es einen Trommelwettbewerb gewinnen. Es verging einige Zeit, in der wir absolut nichts miteinander sprachen und uns auch nicht ansahen. Irgendwie hatte Lysander deswegen wohl das Gefühl, etwas Falsches gesagt zu haben. »Entschuldige, wenn…«, wollte er gerade anfangen, aber ich unterbrach ihn sofort. Er sollte sich nicht entschuldigen. Wofür denn auch? »Nein, nicht entschuldigen. Ich wollte dich außerdem noch was äh… fragen, genau.« Nachdem ich angefangen hatte zu reden, verließ mich beinahe wieder der Mut. Sollte ich ihn wirklich fragen? Ich wollte es wissen, eine klare Antwort bekommen, denn sonst könnte es so nicht weiter gehen. »Also… wenn das so ist… du hast ja gesagt…. Also ich meine… du und ich äh….« Lysander sah mich bei diesem Wortsalat leicht verwirrt an. Ich versuchte mein Hirn ja schon zu erahnen, sinnvolle, deutsche Sätze zu bilden. »Also… wollen wir es nicht……….. miteinander versuchen?« Meine Stimme wurde gegen Ende hin immer leiser, aber man hatte trotzdem alles verstehen können. Mit hochrotem Kopf saß ich da und starrte auf die schneeweiße Tischdecke vor mir. Dementsprechend erschrak ich, als auf einmal dort ein dampfender Teller mit Essen abgestellt wurde. Der Kellner war wiederkommen und auch schon wieder abgehauen, als ich den Kopf hob. Schweigend fingen wir an zu essen, Lysander blieb mir eine Antwort schuldig. Wenn er mich jetzt allerdings eiskalt abservieren würde, ich glaube, ich würde umkippen. Ich erhielt keine Antwort. Stattdessen fing Lysander an zu essen und ich tat es ihm erstmal gleich. Vielleicht wollte er ja erst etwas im Magen hab, bevor er wieder anfing zu reden. Die Antwort blieb aber immer noch aus. Er schwieg. Und schwieg. Und auch ich sagte nichts mehr. Von Sekunde zu Sekunde wurde ich nervöser. Am Liebsten hätte ich ihn angeschrien, damit er endlich etwas sagte. Der Weißhaarige aß allerdings seelenruhig weiter. Ich hingegen bekam kaum einen Bissen runter, zwang mich aber dennoch dazu. Als mein Teller leer war, wusste ich kaum noch, was ich überhaupt bestellt hatte. Warum antwortete mir Lysander denn nicht? Hatte ich etwa doch irgendwas falsch verstanden? Wenn er nichts mit mir anfangen wollte, würde ich darüber schon irgendwie hinweg kommen. War ihm diese Frage jetzt so unangenehm? Oder war er plötzlich einfach stumm geworden? Oder hatten auf einmal unsichtbare Aliens die Kontrolle über ihn gewonnen? Inmitten meiner abstrusen Gedanken bekam ich gar nicht mit, wie Lysander den Kellner heranwinkte. »Zahlen?«, fragte dieser, als er den Tisch erreicht hatte. Der Weißhaarige nickte, woraufhin der Kellner einen Stift und einen kleinen Block herausholte und uns ansah. »Zusammen oder getrennt?«, fragte der Anzugträger. Lysander dachte auf diese Frage hin nicht lange nach. »Zusammen.«, erwiderte der Weißhaarige bestimmt, während er seinen Geldbeutel aus der Hosentasche holte und mir dabei ein kurzes, scheues Lächeln zuwarf. Häh? Was war das denn jetzt? Erst mir einfach nicht antworten und dann bei einer so doppeldeutigen Frage mir einen bedeutungsschwangeren Blick zuwerfen. Irgendwie war mir die Situation gerade ziemlich suspekt. Sollte das jetzt etwa eine Abfindung dafür sein, dass er nichts mehr mit mir zu tun haben wollte? Noch verwirrter war ich, als Lysander mir ein ziemlich glücklich aussehendes Lächeln zu warf. »Wollen wir?«, fragte er schließlich, während er mit dem Stuhl ein Stück nach hinten rutschte und dabei seinen Geldbeutel wieder verstaute. »Wie darf ich das jetzt verstehen?«, fragte ich ihn ernst und unterdrückte dabei meine Verwirrung. Lysander sah mich daraufhin nun auch fragend an. »Oder wolltest du noch hier bleiben?«, meinte er nun ebenfalls leicht verwirrt. Ich schüttelte den Kopf. Im Moment verstand ich wirklich gar nichts mehr. »Wieso hast du mich eingeladen?«, fragte ich ihn, während ich nun ebenfalls aufstand. »Weil ich dich einladen wollte.«, kam die relativ knappe Antwort zurück. Lysander lächelte bei diesen Worten wider und wandte sich zum Gehen. Schweigend und noch immer verwirrt folgte ich ihm nach draußen. Was sollte das alles? Kaum, dass ich einen Schritt draußen war, packte mich Lysander vorsichtig am Arm und zog mich ein paar Meter in eine kleine, unbelebte Straßenseite. Dort lächelte er mich zuerst mit glücklichem Gesicht an, bevor er mir mit eben jenem immer näher kam in der eindeutigen Absicht, mich zu küssen. Was um alles in der Welt sollte das denn jetzt? Hastig drehte ich meinen Kopf zur Seite, um seinen Lippen zu entgehen. Aus dem Augenwinkel sah ich seinen irritierten Blick auf mir liegen. »Lucio?«, fragte er nun vorsichtig und mit verunsicherten Tonfall. »Du hast deine Frage doch ernst gemeint, oder?« Seine Stimme klang wirklich zutiefst verunsichert und leise. Natürlich hatte ich das und antwortete es ihm auch. Jetzt war er es, der aus der Verwirrung nicht mehr herauskam. »Aber dann sind wir doch…«, begann er zaghaft, doch ich unterbrach ihn leicht angesäuert. Hallo? Redeten wir gerade absolut an uns vorbei oder was hatte ich verpasst. »Zusammen?!«, fragte ich und fuhr sofort fort. »Du hast mir gar keine Antwort darauf gegeben.« Meine Stimme klang schärfer, als gewollt. Lysanders unsicherer Blick wollte gar nicht mehr weichen. »Ich dachte, meine Antwort wäre klar.«, meinte er wieder mit dieser zaghaften Stimme, die ihn so süß wirken ließ. »War sie aber nicht.«, antwortete ich hart, bevor mir noch etwas einfiel, was mich abermals erröten ließ (Ja, ich brauchte wirklich eine Therapie oder ähnliches dagegen). »Oder hast du damit wirklich mich gemeint, als du sagtest, du seist…« Diesmal war es Lysander, der mich nicht aussprechen ließ. Anscheinend hatte er erkannt, wo unser Problem gerade lag. »Verliebt? Ja.«, meinte er diesmal mit so ernstem Ton, dass man ihm einfach glauben musste. Diesmal ließ ich es zu, dass er meinem Gesicht wieder so nahe kam und mich schließlich küsste. Oh Himmel. Seine Lippen waren einfach so weich, dass ich mich fragte, ob er vielleicht Labello benutzte. Ich schloß meine Augen, während ich den Kuss nun erwiderte. Jetzt kapierte auch ich, dass wir wirklich irgendwie aneinander vorbei geredet hatten. Eine direkte Antwort von ihm auf meine Frage wäre aber dennoch schön gewesen. Jetzt war es aber egal. Lysander umarmte mich vorsichtig, woraufhin ich mich enger an ihn schmiegte und gleich darauf meine Arme um seinen Nacken schlang. So sanft, so zärtlich und schließlich mit aufkeimender Leidenschaft küssten wir uns. Ich wollte mich gar nicht mehr von ihm lösen und mir war es egal, ob uns jetzt jemand sehen würde oder nicht. Nur am Rande bekam ich mit, dass ich mittlerweile mit dem Rücken gegen eine Wand gelehnt war und dass sich Lysanders Körper von vorne sanft an mich schmiegte. Meine Gedanken und Ängste lösten sich in einem kitschig zuckersüßen Nebel auf, der alles andere nebensächlich wirken lies. In diesem Moment gab es nur noch mich und ihn und die sanften Bewegungen unserer Lippen. Dass ich ebenfalls heiß in ihn verliebt war, stand mittlerweile völlig außer Frage. Nicht umsonst waren in mein Matheheft mehr Herzchen als Zahlen gekritzelt. Kapitel 7: ----------- Diesen einen Tag gestern würde ich bestimmt mein Leben lang nicht vergessen. Es war so verdammt schön gewesen. Auch nach unserem Kuss hatte noch alles in mir gekribbelt und die Schmetterlinge in einem Bauch hatten sich wie Einzeller vermehrt. Die Nacht über verbrachte ich mit Gedanken an Lysander – meinen Lysander! Hätte Glück noch einen anderen Namen, würde es den des Weißhaarigen tragen. Zum Einschlafen hatte er mir noch eine supersüße SMS geschickt, was allerdings dazu führte, dass ich wegen den ganzen hochkommenden Gefühlen überhaupt nicht schlafen konnte. So hatte ich mich noch nie in einer Beziehung gefühlt. Wir waren gestern noch relativ lange durch einen Park spaziert und hatten uns immer, wenn gerade niemand zu sehen war, einen innigen Kuss gegeben. Mehr Zeit hatte ich allerdings nicht mit ihm verbringen können, da er noch Probe hatte. Ich fand es zwar schade, hatte aber dennoch nichts dagegen. Die Musik war ihm wichtig und da wollte ich ihm auch nirgends reinreden. Das hatte ich ihm auch gesagt, worüber er sich sehr gefreut hatte. Auch hatten wir dafür ausgemacht, dass er mich heute vor der Schule abholte, damit wir zusammen laufen konnten. Es war zwar ein leichter Umweg für ihn, aber das schien ihm nichts auszumachen. Irgendwie war ich in der Nacht doch noch eingeschlafen, aber viel zu früh auch wieder aufgewacht. Da in einer halben Stunde sowieso mein Wecker klingen würde, beschloß ich, dass es sich eh nicht mehr lohnen würde, nochmal die Augen zuzumachen und ging stattdessen Duschen. Die kalte Dusche machte mich wach und als ich das Wasser auf warm stellte, wollte ich gar nicht mehr heraus. Mit dem Anziehen ging es diesmal auch nicht viel schneller, da ich mich einfach nicht entscheiden konnte, was. Ich wollte etwas anziehen, was Lysander gefallen könnte, war dann aber doch unsicher, was genau. Ich seufzte. Vielleicht würde er ja einmal mit mir shoppen gehen. Nachdem ich mich entschieden hatte, gab ich mir mit meinen Haaren auch noch ziemlich Mühe. Ich glättete meinen Pony und leicht den Rest, dann brachte ich alles mit ein wenig Gel in Ordnung und formte an den Seiten kleine Spikes, die abstanden. Während ich mich im Spiegel betrachtete, überlegte ich, ob ich noch etwas Kajal um meine Augen machen sollte. Ich hatte nie ganz verstanden, warum es so verpönt war, wenn Männer sich schminkten. Wenn es gut aussah und einem stand war es doch in Ordnung. Im Endeffekt ließ ich es dann aber doch. Als ich aus dem Bad herausgetreten war, klingelte es, was ich leicht zusammenzucken ließ. Ich war so mit mir selbst und meinem Aussehen beschäftigt, dass ich ganz die Zeit vergessen hatte. Während ich nun also zur Tür eilte, blickte ich kurz auf meine Wanduhr. Lysander war aber auch ein wenig früh dran. Mit einem freudestrahlenden Lächeln öffnete ich die Tür. »Guten Morgen.«, begrüßte mich der dahinter stehende Lysander. »Morgen.«, erwiderte ich und stellte mich leicht auf die Zehenspitzen, um meine Arm um seine Schultern legen zu können. Zwischen Tür und Angel gab ich ihm einen langen, sanften Guten-Morgen-Kuss. Lysander war zwar erst etwas überrascht, erwiderte es dann aber mit locker geschlossenen Augen. Während des Kusses schob er ich sanfter Gewalt ein Stück nach hinten, damit er, als wir uns lösten, die Tür hinter sich schließen konnte. Seine Kleidung ließ kaum erahnen, was für ein muskulöser und ansehnlicher Körper unter ihnen lag. Einen Moment lang schauten wir uns einfach nur an. Da ich noch keine Schuhe anhatte, im Gegensatz zu Lysander, war ich glatt noch ein Stückchen kleiner als er. Mich störte das allerdings immer noch nicht. »Wollen wir schon mal losgehen? Dann können wir unterwegs ja noch einen Kaffee trinken.«, meinte er mit sanfter Stimme. Ich stimmte dem natürlich sofort zu. Wir hatten noch gut eine halbe Stunde, bis die Schule anfing, das reichte noch gut aus. Dennoch beeilte ich mich, meine Schuhe anzuziehen. Nachdem wir meine Wohnung, die noch abgeschlossen wurde, verlassen hatten, griff ich vorsichtig nach seiner Hand. »Um die Uhrzeit ist im Treppenhaus nie was los.«,erklärte ich noch schnell und leise. Nach diesen Worten drückte Lysander meine Hand kurz und lächelte mich von der Seite her an. Als wir den Gebäudekomplex verlassen hatten, ließ er diese aber erwartungsgemäß los. Wir hatten uns auf seine Bitte hin gestern schon geeinigt, unsere frische Beziehung erst mal nicht an den großen Nagel zu hängen, besonders nicht in der Schule. Mir hätte es zwar nichts ausgemacht, aber wenn Lysander es so wollte, war ich damit einverstanden. Meinen üblichen Schulweg, den wir zurück legten, kam mir heute viel kürzer als sonst war. Schon hatten wir die Bäckerei erreicht, in welcher ich mir üblicherweise mein Essen für die Schule kaufte. So auch diesmal. Ich knirschte allerdings leicht mit den Zähnen, als ich sah, dass Lysander meinen Kaffee gezahlt hatte. Nächstes Mal musste ich ihn unbedingt einladen. Wir stellten uns in der Bäckerei an ein kleines Stehtischchen. Die Zeit langte noch, dass wir den Kaffee, für den ich mich natürlich brav bedankt habe, gemütlich hier trinken konnten. Wir redeten über dies und jenes und für Außenstehende wirkten wir wie normale Freunde. Ich hoffte allerdings, dass wir irgendwann es auch öffentlich machen konnten, dass wir zusammen waren. Aber das lag wohl eher an Lysander, als an mir. Der Kaffee war viel zu schnell leer und viel zu schnell waren wir wieder auf der Straße auf dem Weg zur Schule. Innerlich grummelte ich, dass wir uns vor dem Unterricht wahrscheinlich nicht mehr küssen würden. Auf unserem Weg waren schon Schüler unserer Schule, die man von Sehen her kannte. Auch Lysander machte keine Anstalten dazu. Auf dem Schulhof blieben wir noch stehen. Es waren noch wenige Minuten, bis es klingelte. Die kurze Zeit, die ich zumindest in seiner Nähe noch verbringen konnte, musste ich ausnutzen. Ich sah zwar auch Luna, die gerade ebenfalls die Schule erreichte, aber sie war so schlau uns nicht zu stören und ging bereits in das Gebäude. Castiel war bis jetzt auch noch nirgends zu sehen. Leider klingelte es nach einem kurzen Gespräch dann doch. Wir machten noch aus, dass wir uns in der großen Pause sehen würden. Wir lächelten uns noch an, bis jeder von uns in die Richtung seines Klassenzimmers ging. Seit ich das Klassenzimmer betreten hatte, sah Luna mich auffordernd an. Sie wollte anscheinend unbedingt wissen, wie es gestern gelaufen war. Ich war kaum zum Sitzen gekommen als sie auch schon mit ihren Fragen loslegte. »Und? Wie war es gestern? Über was habt ihr geredet? Hat sich alles geklärt? Seid ihr jetzt zusammen?« Mit der letzten Frage hatte sie mich doch glatt überrumpelt. Eigentlich hätte ich wissen müssen, dass sie mich so was fragen würde, aber überrascht war ich dennoch. Ich lief wieder einmal leicht rot an und mein Schweigen dazu schien ihr Antwort genüge zu sein. Mit einem leisen Quietschen fiel sie mir um den Hals. »Aahh, wie schön. Wie süß. Ich wünsche euch alles Gute zusammen!«, quiekte sie mit hoher, freudiger Stimme in mein Ohr. Wie man in einer so hohen Frequenz quietschen konnte war mir ein Rätsel. Und mein eigenes Ohr tat mir leid. Bevor noch die ganze Klasse aufmerksam auf uns wurde, schob ich sie vorsichtig von mir. In diesem Augenblick betrat auch der Lehrer das Klassenzimmer, was Luna einfach mal ignorierte. »Du musst mir alles über euch erzählen, ja? Und ich will Photos sehen! Und du darfst mich auf keinen Fall vernachlässigen.« Luna hatte beim Reden zwar ihre Stimme gedämpft, aber der Lehrer sah uns dennoch schon böse an. Weitere Gespräche mussten wir also lieber auf die Pause verschieben. In den kurzen 5-Minuten-Pausen zwischen den Stunden erzählte ich ihr ausführlich, was gestern passiert war. Sie hätte ja doch keine Ruhe gegeben. Immer wieder meinte sie, wie süß es doch wäre, dass wir jetzt zusammen waren. Auch luchste ich ihr das hocheilige Versprechen ab, bloß niemandem davon zu erzählen. Sie schwor es und ich hoffte, ich konnte mich auch diesmal auf ihr Wort verlassen. In der großen Pause gesellte Luna sich zu ihren Freundinnen, während ich den Pausenhof nach Lysander absuchte. Ich stand an unserem üblichen Ort an der Mauer gelehnt und wartete. Jetzt waren es schon fast fünf Minuten. Ich überlegte sogar, ob ich ihm nicht schon eine SMS schreiben sollte. Inmitten all meiner Überlegungen kam Castiel auf mich zu. Auch heute sah er ziemlich missmutig und schlecht gelaunt aus. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie währenddessen Nathaniel seine Runde auf dem Hof machte. Zu spät bemerkte ich, dass Castiel gar nicht vor mir stehen blieb, sondern sich mir weiter näherte. Gezielt drückte er auf einmal sein Knie zwischen meine Beine und mich damit mit dem Rücken gegen die Wand hinter mir. Perplex sah ich ihn an und wollte mich natürlich gleich von ihm losreißen. Der Rothaarige unterband das aber, indem er sich meine Arme schnappte und ebenfalls seitlich an die Wand drückte. Ich war viel zu überrumpelt, um mich richtig wehren zu können. »Tu mir mal einen Gefallen.«, zischte mir der Rothaarige dabei leise zu. Noch immer aus dem Augenwinkel sah ich, wie der blondhaarige Schülersprecher in unsere Richtung schlenderte, als ich etwas Weiches, unvertrautes auf meinen Lippen spürte. Castiel küsste mich einfach! Ich riss aus Schock meine Augen auf. Warum zum Teufel tat er das? Ich versuchte, meinen Kopf wegzudrehen, mich irgendwie von ihm zu lösen, aber es gelang mir nicht. Castiel drückte mich stärker gegen die Wand, sodass ich kaum noch Bewegungsfreiheit hatte. Hatte er das etwa mit >Gefallen< gemeint? Das konnte er doch nicht ernst meinen. Ich konnte es nicht sehen, aber Nathaniel war geschockt stehen geblieben und beobachtete die Szenerie mit großen Augen, die sich schließlich verengten. Als der Blonde es schaffte, sich aus seiner Starre zu befreien, rannte er so schnell er konnte in das Schulgebäude. Castiel hatte die ganze Zeit seitlich auf unseren Schülersprecher gesehen und als dieser weg war, löste er sich von mir und trat einen Schritt nach hinten. Ich sah ihn noch immer geschockt an und wischte mir hastig mit dem Handrücken über den Mund. An diesem Kuss war nichts Sanftes, Gefühlvolles gewesen, er war einfach nur kalt. »Warum hast du das getan?«, fragte ich den Rothaarigen verwirrt und leicht angesäuert. Das konnte er nicht einfach so mit mir machen. In diesem Moment tauchte nun auch Lysander auf. Er bemerkte sofort die angespannte Stimmung und sah fragend vom einem zum anderem. Castiel tat natürlich gleich so, als ob nichts gewesen wäre. »Was ist los?«, fragte der Weißhaarige verwundert, wobei sein Blick auf mir lag. »Nichts.«, antwortete der Rothaarige und ich nickte schweigend. Ich konnte meinem Freund doch nicht sagen, dass mich dessen bester Freund gerade geküsst hatte. Und Nathaniels Reaktion darauf war auch komisch gewesen. Lysander sagte schließlich nichts mehr zu dieser Angespanntheit und wir unterhielten uns über entspanntere Themen, so, wie in jeder normalen Pause auch. Lysander und ich taten so, als hätte sich zwischen uns nichts geändert, auch wenn es mir schwer fiel. Gegen kurz vor Ende der Pause verabschiedete sich Castiel von uns. »Danke für den gefallen, Kleiner.«, meinte er noch zu mir, bevor er ging. Lysander runzelte die Stirn. »Ist irgendwas zwischen euch vorgefallen?«, fragte der Weißhaarige nun besorgt, während er mich eindringlich ansah. »Nee.«, antwortete ich kopfschüttelnd und setzte gleich noch etwas hinzu, um ein wenig vom Thema abzulenken. »Oh Mann, er hat mich Kleiner genannt. Ich bin nicht klein.«, meckerte ich, was Lysander zum Schmunzeln brachte. »Doch, bist du.«, meinte er mit amüsiertem Tonfall. »Hey, jetzt fang du nicht auch noch damit an.«, motze ich auch gleich weiter. »Entschuldige.«, kam es darauf gleich von Lysander zurück. Dass er sich aber auch immer für alles entschuldigen musste. Der Rest des Tages verlief relativ unspektakulär. Lysander hatte heute ziemlich lange Schule und er meinte, dass ich deswegen nicht auf ihn warten müsste. Eigentlich dachte ich, ich würde ihn zumindest am Abend noch einmal sehen, aber dem war nicht so. Lysander hatte mir geschrieben, dass sein Bruder ihn kurzfristig gebeten hatte, in dessen Laden auszuhelfen. Nach der Pause hatte ich meinen Freund also kein einziges mal mehr gesehen. Umso mehr freute ich mich daher, als Lysander mich kurz nach dem Abendessen auf dem Handy anrief. Er erzählte, dass im Geschäft seines Bruders heute furchtbar viel los war und er auch gerade eben erst nach Hause gekommen war. Ich fand es auch gleich ziemlich süß, dass er sich sogar dafür entschuldigte. Allerdings musste er ja nicht wegen jeder Kleinigkeit um Verzeihung beten. Das Telephonat ging zu meinem Leidwesen nicht sehr lange. Ich hatte es an Lysanders Tonfall gehört, dass er nicht gerne so lange telephonierte, sodass wir nach einer guten halben Stunde auch schon auflegten. Mit Luna redete ich meistens so um die zwei Stunden. An diesem Abend ging ich ungeküsst und mit nicht gerade der besten Laune ins Gesicht, da Lysander mich morgen früh nicht abholen würde. Lediglich der Gedanke daran, dass ich ihn morgen überhaupt sehen würde, heiterte mich auf. Der Regen weckte mich am nächsten Morgen. Erbarmungslos prasselte er gegen meinen Fenster, sodass dieses Geräusch beinahe meinen Wecker übertönte. Der Tag fing ja schon mal gut an. Meine Laune wurde während meines morgendlichen Ablaufes immer gedrückter, wenn auch meine Gefühle für Lysander wie eine Sonne in meinem Herzen brannten. Heute brauchte ich ausnahmsweise nicht lange, um mich fertig zu machen. Da ich wegen des Regens eh eine Kapuze tragen würde, wäre es eh sinnlos, mich sonderlich gut um meine Haare zu kümmern. So etwas wie einen Regenschirm besaß ich natürlich nicht. Als ich im Gang vor meiner Haustüre stand, überlegte ich nicht lange, welche Schuhe ich anziehen würde. Heute waren die Plateaustiefel dran. 10 cm! Meine Röhrenhose mit dem Bondageriemen stopfte ich gekonnt in die Stiefel, sodass nichts allzu sehr knitterte. Die Stiefel waren, natürlich, schwarz und waren mit vielen Schnallen an den Seiten verziert und sie reichten mir fast bis zu den Knien. Heute würde ich also statt mit meinem 1,68 mit vollen 1, 78 durch die Schule laufen. Als ich das Gebäude verließ zog ich mir die Kapuze meines Oberteils tief ins Gesicht. Ich war ziemlich durchnässt, als ich die Schule erreichte und hoffte, mein Essen war in meiner Schultasche nicht aufgeweicht. Das wäre die reinste Katastrophe. Die nächste Katastrophe war, dass ich hinter dem Eingang der Schule auf dem Flur, auf dem sich wegen des schlechten Wetters alle Schüler versammelten, keinen Lysander entdeckte. Ich war ziemlich geknickt und überlegte, wo ich mich am Besten hinstellen könnte. Hier war so ziemlich alles überfüllt und verdammt viele warfen mir merkwürdige Blicke zu. Nach draußen würde ich allerdings unter keinen Umständen mehr gehen und ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass Lysander bei diese Wetter draußen irgendwo rumstehen würde. Der Eingangstür hatte ich meinen Rücken zugewandt, sodass ich nicht sehen konnte, wer gerade hereinkam. Als sich auf einmal ein Arm um meine Schultern legte, dachte ich im ersten Moment, es war Lysander. Sofort drehte ich mich zu dieser Person um und war enttäuscht. Castiels Grinsen blickte mir entgegen, während er mich einfach mal an seine Seite zog. Ich protestierte zwar dagegen, aber der Rotschopf zog mich einfach ein ganzes Stück weiter bis er sich, noch immer mit mir im Arm, an ein freies Stück Wand lehnte. »Kannst du mich mal loslassen?«, murrte ich, aber Castiel ignorierte es einfach. Sein Blick huschte nach links und rechts über den Gang, als suchte er jemanden. Nachdem er anscheinend nicht das Richtige, oder den Richtigen, gesehen hatte, schaute er zu mir. »Bist du über Nacht in die Höhe geschossen oder so?«, fragte er mich provozierend und blickte kurz hinab zu unseren Füßen. »Nee.«, antwortete ich ihm knapp und wollte dabei einen Schritt zur Seite gehen, damit sein Arm mich los ließ. Castiel murrte bei dieser Aktion allerdings selbst, sodass er mir diesen Schritt einfach folgte und er wieder so nahe an meiner Seite war. »Coole Schuhe übrigens.«, meinte er, während er so tat, als sei er gerade ausgiebig mit mir beschäftigt und blickte mir auch stur ins Gesicht. Ich hatte irgendwie den Verdacht, dass der Grund dafür unser blonder Schülersprecher war, der gerade ans uns vorbei den Gang entlang lief. Nathaniel warf uns einen ungewohnt kühlen Blick zu, bevor er hastig im Zimmer der Schülervertretung verschwand. Während ich so nachdachte, was mit ihm und Castiel derzeit los war, tauchte aus der Menge der Schüler ein vertrauter, weißer Haarschopf aus. Lysander kämpfte sich durch die Schülermassen, bis er schließlich vor mir und Castiel stehen blieb. Der Blick des Weißhaarigen war irritiert, als dieser auf Castiels Arm um mich fiel. Schnell befreite ich mich von diesem, was der Rothaarige diesmal auch zuließ. Lysander hatte kein einziges Wort dazu gesagt. Kapitel 8: ----------- Ich hab irgendwie das Gefühl, die Kapitel werden immer länger xD ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Der Rest der Woche verlief für mich erst mal nicht so toll. Castiel wurde immer aufdringlicher, besonders immer dann, wenn ein gewisser blonder Schülersprecher in der Nähe war. Zudem war Lysander seit zwei Tagen schon ziemlich merkwürdig drauf und er schien auch ein wenig verstimmt. Er hatte schon öfters jetzt gesehen, wie Castiel andauernd an mir rumhing, den Arm um mich legte oder mich auf die Wange küssen wollte. Ich versuchte zwar jedes Mal mich irgendwie aus den Armen des Rothaarigen zu befreien, aber es gelang mir kaum. Sein Griff war fest wie ein Schraubzwinger. Was mir aber selbst zu schaffen machte, war, dass Lysander, wenn er es wieder einmal mitbekam und mitansah, gar nichts machte oder sagte. Er schien nach außen hin nicht einmal eifersüchtig zu sei, als ob es ihm egal wäre, ob sein Freund von einem anderem Kerl umarmt wurde oder nicht. Auch hatten wir beide kaum noch etwas miteinander unternommen. Und das alles nach nicht einmal einer Woche Beziehung. Bald konnte ich aber selbst nicht mehr mit ansehen, dass Lysander keinerlei Gefühlsregung zeigte in der Schule zeigte, auch wenn wir ausgemacht hatten, es hier geheim zu halten. Würde ein anderer Lysander so befallen, würde ich zum Berserker werden. Wenn ich eifersüchtig war, dann aber richtig. Am Freitagmittag war kurzfristig wegen einer Lehrerkonferenz die letzte Stunde ausgefallen. Ich wartete auf dem Gang auf Lysander, da wir kurz vorher gesimst hatten, dass wir uns noch kurz treffen würden. Mir war allerdings ein wenig mulmig zu mute. In der Pause hing abermals Castiel an mir und diesmal hatte ich ihn auch einfach mal fest umarmt, weswegen er mich schlussendlich die ganze Pause lang nicht mehr losgelassen hatte. Eigentlich wollte ich Lysander nur dazu bringen, seine Eifersucht mal zu seigen. Zumindest dachte ich, dass er doch eifersüchtig sein müsste. Dass es stattdessen jemand anderen in Rage gebracht hatte, erfuhr ich erst einen Moment später. Der Schulflur war leer, weil alle Schüler aufgrund der Konferenz früher aushatten und schon gegangen waren. Dementsprechend leise war es hier. Ich blickte auf, als eben diese Stille ein paar hastige Schritte unterbrachen. Allerdings gehörten die Schritte nicht zu demjenigen, den ich erhofft hatte. Nathaniel ging relativ zügig in meine Richtung, was mich erst stutzen ließ. Ich dachte erst, er wolle ins Zimmer der Schülervertretung gehen, aber stattdessen kam er genau auf mich zu. Ehe ich’s mir versah, hatte er meine Schultern gepackt und diese gegen die Wand hinter mir gedrückt. Perplex blickte ich in das ungewohnt wütende Gesicht des Blonden. Wir hatten zwar nie sonderlich etwas miteinander zu tun gehabt, aber warum er sich gerade aggressiv mir gegenüber verhielt, war mir ein Rätsel. Ein wenig erschrocken blickte ich ihn an und wusste gar nicht, was ich jetzt tun oder sagen wollte. Nathaniel sah mit diesem wütenden und gleichzeitig irgendwie verletzten Ausdruck so ganz anders aus als sonst. Der Schülersprecher sprach bis jetzt kein einziges Wort, er sah mich einfach nur an und drückte mich weiter gegen die Wand und hob mich sogar ein Stück nach oben, da er sich mit den Fingern in den Stoff um meine Schultern gekrallt hatte. Kleiner als er war ich auch noch, was allerdings kein Wunder war. Erst nach einigen Momenten schien Nathaniel gewillt, etwas zu sagen. »Du hast doch was mit Castiel, oder?«, fragte der Blonde unverblümt und mit lauter, vor unterdrückter Wut und Verzweiflung geschwängerter Stimme. Sein Blick war starr und kalt, aber ich erkannte, dass er den Tränen nahe war. Mit großen, verwirrten und auch leicht eingeschüchterten Augen blickte ich ihn an. Seinem Blick konnte ich damit nicht länger Stand halten und ich schaute zur Seite. Genau in die Seite des Flurs, in welche meine Augen gewandert waren, stand Lysander. Wie angewurzelt sah er zu uns rüber, bevor er sich losriss und uns den Rücken zudrehte. Hatte er diese Frage gerade gehört? Und er schenkte dieser doch etwa keinen Glauben? »Lysander.«, wollte ich rufen, aber heraus kam nur ein leises Flüstern. Der Weißhaarige hätte es eh nicht mehr gehört, da er einfach aus dem Flur verschwunden war. Jetzt war ich es, dem beinahe die Tränen kamen. »Shit….«, murmelte ich aber dabei, was nun Nathaniel zum Stutzen brachte. Der Blonde ließ mich mit verirrtem Blick schließlich los und ging einen Schritt auf Abstand. Ich musste mich erst einmal sammeln, bevor ich irgendetwas tun konnte. »Das ist alles deine Schuld!«, schnauzte ich einen kurzen Moment später allerdings unseren Schülersprecher an, der aufgrund meiner Lautstärke noch etwas zurückwich. Lysander hatte das alles gehört und hatte es geglaubt. Tränen glitzerten in meinen Augenwinkeln. Kein Wunder, nachdem wie ich mich heute in der Pause benommen hatte. Ich war mit Lysander zusammen und umarmte einfach so vor seinen Augen einen anderen. Den Schulflur entlang rannte ich raus und wäre beinahe gegen die Tür gelaufen. Diese verdammte Tür ging auch immer in die falsche Richtung auf. Als ich auf den Schulhof taumelte, sah ich dort Castiel, diesen Elenden, rauchend an einem Baum lehnen. »Ich hasse dich!«, schrie ich ihn an, bevor ich weiterrannte. Der Rothaarige blickte mir zwar noch irritiert hinterher, aber ich ignorierte es. Ich wollte nur noch nach Hause und mit Lysander reden, dass es nicht so war, wie es sich angehört hatte. >Nicht weinen. Das wird bestimmt wieder gut. Du bist gleich daheim, dann rufst du ihn. Jetzt bloß nicht heulen!<, ermahnte ich mich rennend in Gedanken, während Tränen meine Wangen hinab kullerten. Irgendwie hatte ich schließlich meine Wohnung erreicht, wo ich meine Schultasche erst mal in die Ecke schleuderte. Die Leute auf dem Heimweg hatten mich schon komisch angesehen, aber ich hatte sie einfach ignoriert. Auf der Couch sitzend versuchte ich nun, ruhig zu atmen, um mich zu beruhigen. Ein und aus, und wieder ein und aus. Ein paar Mal wiederholte ich das das, während meine zitternde Hand mein Handy umklammerte. Ich war zwar, wie ich wusste, ziemlich nahe am Wasser gebaut, aber selbst diese Kleinigkeit hatte mich verdammt zum Heulen gebracht. Ich musste Lysander jetzt aber anrufen. Er durfte das Ganze nicht falsch verstehen und ich musste es ihm erklären. Wir konnten doch nach diesen wenigen Tagen Beziehung unseren ersten streit anfangen. Dabei waren wir doch so ineinander verliebt. Noch immer zitterte meine Hand, während ich Lysander aus meinen Kontakten auswählte und seine Nummer anrief. Es tutete zweimal, bis er abnahm. »Lucio?«, hörte ich seine sanfte Stimme, da ich keine Begrüßung geäußert hatte. Statt der Worte flossen nur wieder die Tränen. »Ich…«, begann ich, brach aber schluchzend wieder ab. Ich fand einfach keine Worte, obwohl ich mir schon ein paar Sätze zusammengewurschtelt hatte. »Weinst du?«, sprach Lysander fragend zu mir und der sanfte, beunruhigte Tonfall ließ meine Tränen erst recht nicht versiegen. »Es tut mir leid. Es ist nicht so, wie Lysander gesagt… gefragt… was auch immer hatte. Ich hab nichts mit Castiel. Er ist in letzter Zeit nur einfach so aufdringlich. Ich will nichts von ihm. Ich will doch nur dich.«, platzte es schließlich wie ein Wasserfall aus mir heraus. Es herrschte kurz Schweigen, sodass ich dachte, Lysander hatte gar nicht alles verstanden, da ich so schnell geredet hatte. Noch einmal schluchzte ich; Unterdrücken konnte ich es einfach nicht. »Verstehe.«, kam es schließlich von dem Weißhaarigen. Danach schwieg er wieder. Mehr hatte er nicht zu sagen? Ich verzweifelte immer mehr. Da hatten wir uns schon gefunden und ich machte alles kaputt. Ich gab mir die komplette schuld, denn immerhin war ich es, der Castiel nicht hartnäckig genug abgewiesen hatte und meinen eigenen freund mit ihm eifersüchtig machen wollte. Ich allein war schuld. Nicht Castiel, der überhaupt damit angefangen hatte; Nicht Nathaniel, der unbegründet sauer auf mich war, nur allein…. »Lucio? Bist du noch dran?«, unterbrach mich Lysander aus meinen Gedanken. Ich nickte, bis ich merkte, dass man es durch den Hörer ja gar nicht sehen konnte. Ein leises »Ja..«, gab ich deswegen von mir. Was sollte ich denn sonst sagen? »Und da ist wirklich nichts dran, mit dieser Geschichte mit Castiel?«, fragte mich abermals mein Gesprächspartner vorsichtig. Man konnte seiner Stimme schon anhören, dass das ganze auch ihm nahe ging. »Nein, natürlich nicht! Ich will dich, nicht Castiel. Und es tut mir leid. Ich habe ihn heute nur aus Spaß umarmt, das war nicht ernst gemeint. Und warum Nathaniel so ausgeflippt ist, weiß ich auch nicht. Es tut mir wirklich furchtbar leid.« Meine Worte prasselten abermals nur so dahin, obwohl ich mich eigentlich ruhig noch einmal entschuldigen wollte, damit er mir auch glauben würde. »Okay.«, kam Lysanders beruhigt klingende Stimme zurück. »Dann hatte Luna also Recht gehabt.« hörte ich ihn noch leise murmeln, was mich zum Stirnrunzeln brachte. Was hatte Luna jetzt auf einmal damit zu tun? Meine Tränen waren mittlerweile versiegt, aber ich fühlte mich dennoch unwohl. Schon wieder herrschte schweigen am Telephon. Ich wusste ja mittlerweile, dass Lysander nicht gern telephonierte, aber ich hatte ihn einfach anrufen müssen. Anders hätte ich mich nicht erklären können. »Hast du morgen Abend schon was vor?«, fragte Lysander plötzlich, was mich überrascht aufhorchen lies. »Magst du vielleicht mit mir ins Kino gehen?« Diese Frage brachte mein Herz erst zum Stocken, dann zum Rasen. Hatte er das gerade wirklich gefragt? Hatte er mir damit verziehen? Und.. war das nicht wie eine Einladung zu einem richtigen Date? Statt durch Tränen wurden meine Augen nun durch Vorfreude zum Funkeln gebracht. Konnte jetzt so schnell alles wieder gut zwischen uns werden? Ich hoffte es zutiefst. Und ich würde alles dafür tun, dass er mir auch wirklich verzeihen würde. Jede Kleinigkeit, was passiert war, würde ich ihm erzählen und erklären. Alles. »Ja, Ja! Natürlich mag ich.«, antwortete ich mit freudiger, erwartungsvoller Stimme. Es war alles wieder gut! Ich war so verdammt glücklich darüber. Den ganzen Abend über hatte ich mit Lysander auf einer Internetseite, auf welcher wir beide angemeldet hatten, gechattet. Wenn er nicht reden musste, konnte er ja ganz schön gesprächig sein. Beim Chatten schrieb er teilweise halbe Romane und konnte sich ehrlicher ausdrücken, als wenn man ihm persönlich gegenüber stehe. Ich verstand ihn sogar irgendwie besser, da er seine Gefühle wesentlich besser beschreiben konnte. Auch mir fiel es leichter, mich noch einmal sachlich zu entschuldigen und meine Lage zu erklären. Ab sofort würde ich bestimmt öfters mit ihm schreiben. Außerdem hatte Lysander auf der Internetseite ein absolut heißes, gestochen scharfes Profilbild und wir beide hatten auch gleich unseren Beziehungsstatus geändert. Somit konnte ich mich richtig auf unser Date freuen. Wer gedacht hatte, ich hätte in der Nacht auf Samstag viel geschlafen, der irrte. Zum Schlafen war ich viel zu aufgeregt und zu nervös. Dementsprechend früh stand ich auf, obwohl ich total übermüdet war. Fast eine ganze Kanne Kaffee trank ich alleine, damit die Müdigkeit irgendwie zu verdrängen war. Die meiste Zeit verbrachte ich damit, mir zu überlegen, was ich anziehen solle. Mein Styling nahm auch mehr Zeit in Anspruch als üblich, aber das war es mir wert. Immerhin wollte ich für meinen Freund gut aussehen, und da gab ich mir damit eben Mühe. Trotz dass ich so lange brauchte, mich fertig zu machen, war ich im Endeffekt verdammt früh dran. Wir hatten uns um 18 Uhr an einer großen Statue auf dem Marktplatz in der Stadt verabredet, der Film fing gegen 19:30 Uhr an. Und jetzt war es gerade einmal 17:30 Uhr. Ich versuchte, mich auf dem Weg zum Treffpunkt nicht zu sehr zu beeilen. Zu nervös war ich allerdings, als dass ich noch langsamer machen konnte. In jedem Schaufenster, an dem ich vorbei lief, überprüfte ich mein Aussehen und ob meine sorgfältig hergerichtete Frisur noch saß. An einem Schaufenster, das mich so spiegelte, dass ich mich ganz darin sah, betrachtete ich mich nochmals von oben bis unten. Ich trug eine weite Hose mit langem Schlag, darunter Stiefel, die mich durch ein durchgehendes Plateau zumindest ein paar wenige Zentimeter größer machten. Über der Hose hatte ich ein engeres, einfaches Top an, dazu Armstulpen mit Nieten. Natürlich alles in schwarz. Lediglich der silberne Anhänger meiner Kette, die ich um den Arm trug, und ein paar andere silberne Applikationen hoben sich von dem schwarzen Stoff ab. Und verdammt, war ich aufgeregt. Trotz des ausgiebigen Checks meines Aussehens, hatte ich noch so viel Zeit übrig. Ich beschloß aber trotzdem, schon einmal zum ausgemachten Treffpunkt zu gehen. Als die Statue, die auf einer offenen, weiten Fläche, auf der sich noch relativ viele Menschen tummelten, in Sichtweite kam, überraschte mich etwas. Unter dem Denkmal stachen weiße Haare über einem schwarzen, verzierten Mantel hervor. Ich begann zu rennen und hatte somit ziemlich schnell den Platz überquert, wobei ich einigen Menschen ausweichen musste, damit ich sie nicht umrannte. »Lysander.«, rief ich leise aus, als ich ihn beinahe erreicht hatte. Getäuscht hatte ich mich nicht, so weiße Haare hatte nur er. Lysander begrüßte mich mit einem warmen Lächeln, von welchem ich den Blick kaum wieder lösen konnte. Er war doch einfach nur zum dahin schmelzen. »Du bist früh.«, meinte er schließlich mit einem leichten Schmunzeln in der Stimme, da ich ihn noch immer wie gebannt ansah. Dass er noch vor mir da war, betonte ich allerdings nicht. Ich lächelte übers ganze Gesicht, als wir uns nun kurz umarmten. Zwar dauerte die Berührung nur einen kurzen Moment lange, aber sie reichte aus, um mein Herz zum Rasen zu bringen. Hoffentlich gab es hier irgendwo noch ein ungestörtes Eckchen oder eine unbelebte Seitengasse. Ein kurzes, verlegenes Schweigen herrschte, in dem wir uns lächelnd ansahen. Wie auf Kommando gingen wir irgendwann aber einfach los, spazierten nebeneinander ohne festes Ziel her. Anscheinend wollten wir beide weg von dieser Menschenmasse auf dem Marktplatz. Mir war das nur Recht. Dass wir vor dem Kino noch etwas essen gehen würde, hatten wir im Chat schon ausgemacht, sodass es leicht war, auch gleich ein Gespräch anzufangen. »Was willst du essen?«, fragte ich ihn dann auch gleich, während ich ihn von der Seite ansah. Hoffentlich wollte er nicht wieder in irgendein teures Lokal gehen, aber selbst wenn, hatte ich diesmal vorgesorgt und genügend Geld eingesteckt. Im Fall der Fälle wäre ich dann eben fast pleite. »Ist mir relativ egal. Was magst du denn?«, erwiderte Lysander fragend. Auch er sah mich dabei an. Am Liebsten würde ich ihn jetzt sofort küssen, aber so in der Öffentlichkeit würde er das bestimmt nicht wollen. Ich musste mich also noch gedulden. »Mir ist es auch egal.«, antwortete ich schmunzelnd, woraufhin ich kurz nach oben zum Himmel sah. Dieser war noch tiefblau und nicht viele Wolken waren dort oben zu sehen. Im Sommer blieb es eben dann und wann noch so lange hell. »Wollen wir das Wetter noch ausnutzen und uns irgendwo was zum Mitnehmen holen und noch irgendwo hinsetzen?«, schlug ich nun vor. Lysander schien meine Idee gut zu finden und zu nicken. »Und an was hast du gedacht?«, fragte er noch. »Pizza!« Meine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. Es roch so verdammt gut nach frisch gebackener Pizza. Lysander und ich hatten den Weg zu einer Art Imbiss eingeschlagen, von welchem Luna mir mal erzählt hatte. Sie meinte, es gebe hier eine der besten Pizzen in der ganzen Stadt. Und ich als Pizza-Liebhaber musste das natürlich ausprobieren. Lysander war damit im Endeffekt auch einverstanden gewesen. Der Laden war bis auf uns beide leer, aber so lecker, wie es hier roch, würden bestimmt bald mehr Gäste angelockt werden. Der Mann hinter der Theke hatte uns den Rücken zugewandt, da er sich um das Essen kümmerte. Das war jetzt endlich meine Gelegenheit. Ich zupfte leicht an Lysanders Arm, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Als er lächelnd zu mir blickte, beugte ich mich zu ihm hoch, um ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen zu geben. Der Weißhaarige erwiderte, wenn auch nur ganz kurz und er schob mich ein paar Sekunden später auch wieder von sich. >Menno.«, dachte ich mir, als sich der italienische Pizzabäcker wieder zu uns umdrehte und zwei leere Pizzakartons bereit stellte. Lysander lächelte mir daraufhin entschuldigend zu. Aber wenigstens hatte ich seine Lippen noch einen kleinen Moment lang spüren können. Als ich allerdings eine Sekunde lang abwesend war, war Lys an die Theke und damit an die Kasse herangetreten und bezahlte die nun fertigen Pizzen. Ich murrte. Er sollte wirklich nicht alles für mich bezahlen, da fühlte ich mich nur schlecht. Mit je einem Pizzakarton in der Hand machten wir uns schließlich auf den Weg zu einem nahegelegenen Brunnen. Ich meinte zwar zu meinem Freund, ich würde ihm das Geld für die Pizza geben, aber lehnte dies partout ab. Dass er mich einlud, war zwar süß von ihm, aber ich musste mich dafür doch auch revanchieren. Als wir den groß angelegten Brunnen, der allerdings außer Betrieb war, erreicht hatten, setzten wir uns auf dessen dicken Rand. Bis ich den ersten Bissen Pizza nahm dauerte es nicht lange. Und Luna hatte recht behalten, als sie einmal zu mir meinte, dieser kleine, italienische Pizza backe (oder buk? Der Konjunktiv von backen ist komisch o.o einigen wir uns vielleicht auf ‚würde….. backen‘) absolut göttliche Pizza. Während dem Essen lugte ich zu Lysander rüber. Er hatte eine Pizza mit Spinat und Spiegelei, ich eine Salamipizza. Als er meinen Blick bemerkte, hob er mir das Stück, an dem er gerade abgebissen hatte, vor die Nase. »Willst du probieren?«, fragte er mich mit einem Lächeln. Ich nickte und biss ein Stück von seiner Pizza ab. Spinat war nicht wirklich mein Fall, aber irgendwie schmeckte es. Und galt das Abbeißen an der gleichen Stelle auch als indirekter Kuss? Natürlich bot ich ihm auch gleich einen Bissen von meiner Pizza an. Es war total süß zu sehen, wie Lysander von dem Stückchen abbiss, das ich in meiner Hand hielt. Als er kaute klebte ihm ein Klecks Tomatensauce am Mundwinkel. Dem konnte ich nun wirklich nicht widerstehen! Ich beugte meinen Kopf zu ihm rüber und leckte ihm schnell den Tomatenklecks vom Mundwinkel. Als er mit leicht geweiteten Augen zu mir sah, waren seine Wangen leicht gerötet. Zu süß! Endlich jemand, der auch selbst mal rot wurde. Das Schweigen, das nun herrschte, war ausnahmsweise angenehm. Es war eine verlegene Stille und außerdem waren wir beide ja am Essen. Mit meiner Pizza war ich als erstes fertig und ich klappte den Deckel zu. Anschließend lehnte ich mich einfach mal an Lysanders Seite, der dies sogar zuließ. Der Weißhaarige hatte noch mit seinem letzten Stück zu kämpfen, stopfte es dann aber auch in sich rein. Wenn es um mein Lieblingsessen ging, aß ich es unter allen Umständen bis aufs letzte Stück auf. Dass ich durch das viele Fast Food, das ich oft zu essen pflegte, nicht zunahm, war dazu ein positiver Nebeneffekt. Wieder blickte ich Lysander an, als auch er den Pizzakarton zugeklappt hatte. Als er seinen Kopf nun auch in meine Richtung drehte, kreuzten sich unsere Blicke. Fasziniert schaute ich in seine verschiedenfarbigen Augen. Mir war bisher noch niemand begegnet, der von Natur aus verschiedene Augenfarben hatte, da war Lys eben etwas ganz Spezielles. Tief schauten wir uns in die Augen, da keiner von uns beiden den Blickkontakt abbrechen wollte. Ein glückliches Lächeln hatte sich auf meine Züge geschlichen und ehe ich’s mir versah, lagen meine Lippen auf Lysanders. Der Kuss fühlte sich von beiden Seiten aus erst sehr überrascht an, wurde dann aber inniger und ganz zärtlich. Ich schloß meine Augen, um mich mehr auf dieses wunderschöne Gefühl konzentrieren zu können. Es war so schön, dass sogar Lysander zu vergessen schien, dass wir hier gar nicht alleine waren. Ich war noch ein Stück näher zu ihm gerutscht, sodass ich mich nicht mehr so ganz zu ihm vorbeugen musste. Zwischen unseren Körper war nur noch wenig Platz, an dem unsere Hände lagen, die sich dort gefunden hatten. Lysander streichelte sanft mit seines Fingern über meinen Handrücken, über welchen sich ein wohliger Schauer legte. Der Kuss schmeckte nach Pizza. Ich liebte Pizza. Und Lysanders Lippen. Einfach perfekt. Als unsere Lippen sich langsam lösten, sahen wir uns ein zweites Mal in die Augen. Würde man uns von weiter weg beobachten, sah man bestimmt ein glückliches, frisch verliebtes Pärchen, das die Welt um sich herum vergessen konnte. Der Zauber dieses Augenblicks war kurz, aber dafür umso intensiver. Wir lächelten beide, als wir uns erhoben und die Pizzakartons in den nächstgelegenen Mülleimer warfen. Die Realität hatte uns nun wieder, was uns bewusst wurde, als wir gleichzeitig auf die Uhr schauten. Es war bereits 19 Uhr, der Film begann in einer halben Stunde. Wir mussten uns also beeilen, um noch rechtzeitig zu kommen und Karten zu besorgen. Ein Glück, dass das Kino eh gleich um die Ecke war. Das Kino hatten wir schneller erreicht, als gedacht. Lysander kannte ein paar Abkürzungen, mit denen man ganz schnell am Ziel war. Diese Schleichwege musste ich mir definitiv merken. Als wir das Kinogebäude betraten, wollte ich direkt die Kasse ansteuern, um Karten zu besorgen. Diesmal wollte ich Lysander auf etwas einladen. Dieser allerdings hielt mich am Arm fest und zog mich von der Schlange wieder zurück. Fragend blickte ich ihn an. »Ich hab Karten schon reserviert.«, erklärte er mir und zog mit diesen Worten auf zu einer anderen Kasse. Murrend musste ich feststellen, dass er an dieser Kasse für vorbestellte Karten gar nichts mehr zahlen musste; Er hatte dies also schon im Voraus getan, wahrscheinlich übers Internet. Jetzt hatte er mich schon wieder eingeladen. Lächelnd kam Lysander mit den Karten zurück. Bedanken tat ich mich natürlich brav und ordentlich. »Holen wir noch was zu trinken?«, schlug ich lächelnd vor und ging bereits an die Kasse, die Getränke, Popcorn und Sonstiges verkaufte. Es war gerade leer, sodass ich mich nicht anstellen musste. Ich orderte eine Cola, dazu eine große Portion Popcorn. Lysander fragte ich auch gleich, was er trinken mochte und als er es ebenfalls bestellt hatte, schob ich ihn einfach ein Stück zur Seite. Diesmal war definitiv ich mit Zahlen dran! Ohne auf sein »Ich lade dich…« zu hören, zahlte ich. Es war zwar nicht viel im Vergleich für das, was Lysander schon gezahlt hatte, aber ansonsten würde ich ein noch viel schlechteres Gewissen bekommen. Nächstes Mal würde ich ihn auch zum Essen einladen. Als die Getränke dastanden, gab ich zuerst Lysander das Seine, bevor ich meine Cola in eine, das Popcorn in die andere Hand nahm. Die Riesenportion war zwar etwas Schwierig zum Balancieren, aber es ging schon. Lysander bot mir zwar seine Hilfe an, aber ich lehnte ab. Der Weg zu unserem Kinosaal war zum Glück nicht weit, sodass ich es ohne Komplikationen schaffte und ohne, dass mir etwas herunterfiel. Der Weißhaarige hatte mir die Türe aufgehalten, da ich ja keine Hand frei hatte, bevor er mir den Weg zu unseren Plätzen wieß. Sie waren in der hintersten Reihe, relativ in der Mitte. Perfekte Sicht also auf die Leinwand, wenn nicht gerade irgendein Riese vor einem saß. Erleichtert ließ ich mich auf dem Kinosessel nieder und stellte endlich die Colaflasche ab. Das Popcorn klemmte ich zwischen meine Knie, da ich erst einen Schluck trinken wollte. Lysander tat das Selbe, nur, dass er Bionade trank. Auf dem Weg zu den Plätzen hatte auch er sich bedankt. Einen kurzen Moment später fing auch schon der Saal an, sich zu verdunkeln und die Werbung begann zu laufen. Werbung im Kino war immer so stumpfsinnig. Und gleich würde wieder ein Verkäufer hereinkommen und fragen, ob noch jemand ein Eis wollte. Garantiert nicht. Das Popcorn stellte ich zwischen mich und Lysander und sagte ihm, dass er sich bitte bedienen soll. Ich war zwar noch satt von der Pizza, aber etwas Süßes konnte man immer essen. Zumindest meiner Ansicht nach. Lysander lächelte und griff einen Moment später in das süße Popcorn. Auch ich nahm mir eine Hand voll und sah kurz vor zur Leinwand. Eine Sekunde später blickte ich aber schon zu meinem Freund zurück. »Sag mal, was für einen Film gucken wir eigentlich? Und wie heißt der?« Erst jetzt fiel mir ein, dass ich das alles gar nicht wusste. Typisch Ich eben. Lysander nannte mir den Filmtitel, welcher mir allerdings gar nichts sagte. »Naja, das ist so eine Art Horror-Thriller-Psycho-Film. Ich hab da den Trailer gesehen und fand ihn interessant. Zwar etwas blutig, aber doch ganz gut.«, erklärte er mir, woraufhin sich leicht mein Gesicht verzog, was man in der Dunkelheit zum Glück nicht sehen konnte. Horrorfilm? Hoffentlich war der nicht allzu schlimm wie der, den wir letzt auf DVD angesehen hatten. Dass der Film eigentlich erst ab 18 war, wusste ich zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht. Der Saal füllte sich immer mehr, während auf der Leinwand mittlerweile Trailer von bald laufenden Filmen gezeigt wurden. Einige davon klangen interessant, manche wiederum nicht. Lysander und ich griffen abwechselnd in die Popcorntüte und ich hatte das Gefühl, er gehörte auch zu der Fraktion, die vor dem Film das Meiste Popcorn aßen. Der Film begann. Gut, der Anfang war schon mal harmlos. Alles ruhig, alles gechillt, frohe, feiernde Menschen. In einem Wald. Verdammt. Alle doofen Filme, nach denen ich nicht schlafen konnte, spielten irgendwann in einem Wald. Okay, aber noch war nichts passiert. Ich griff wieder in das Popcorn, diesmal gleichzeitig mit Lysander. Unsere Hände berührten sich für einen kurzen Moment, was mich unwillkürlich zum Lächeln brachte. Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und bemerkte, dass er das Selbe getan hatte. Sein Kopf kam mir auf einmal näher und während sich unsere Hände in der Popcorntüte noch immer berührten, küsste er mich zärtlich. Ich schloß für einen Moment die Augen. Wir waren zwar in der Öffentlichkeit, irgendwie, aber es war dunkel. Noch dazu saßen wir in der hintersten Reihe und zumindest der Platz rechts neben mir war noch frei. Ob jemand neben Lysander saß, sah ich nicht. Nach diesem Kuss sahen wir beide wieder nach vorne an die Leinwand. Der Film begann langsam wirklich gruselig zu werden. Die Stimmung wurde anders und bei manchen Momenten lief es mir kalt den Rücken herunter. Dies nutze ich nun allerdings aus, indem ich in meinem Sitz ganz zur Seite rutschte und mich an Lys‘ Seite kuschelte. Dieser guckte mich erst verwundert, dann lächelnd an. Nach einem kurzen Moment spürte ich, dass er seinen Arm um meine Schultern gelegt hatte. Ich lächelte, da ich ihm so nahe sein konnte, obwohl der Film zunehmend ekliger wurde. Die nächsten Szenen waren wirklich nicht appetitlich. Zombieähnliche Viecher griffen Menschen, die sich mit allerlei Waffen verteidigten, an. Blut, Gedärme, Innereien und sonstige Sachen, von denen ich nicht wissen wollte, was das darstellen sollte, spritze durch die Gegend und landete teilweise auf den Protagonisten. Dies alles wurde auch noch so furchtbar realistisch dargestellt. Als einem Menschen nun aber der Oberkörper durch eine Klingenwaffe, die wie aus dem Nichts aufgetaucht war, geöffnet wurde, konnte ich nicht länger zusehen. Ich drehte den Kopf zur Seite und lehnte meine Stirn gegen seine Schulter. >Nur ein Film.. das ist nur ein Film… das kann niemals in der Wirklichkeit passieren.<, dachte ich mir wieder. Ein markerschütternder Schrei erklang und ich zuckte erst einmal zusammen. Ich spürte auf einmal Lysanders Hand auf meinen Hinterkopf. Er streichelte vorsichtig durch meine Haare und küsste mich kurz auf die Stirn. Vorsichtig sah ich zu ihm hoch., bedacht darauf, lieber nicht zur Leinwand zu blicken. Gerade war es verdächtig ruhig. Nur ein Geräusch, das nach Schritten klang, war zu hören. Noch immer blickte ich nicht nach vorne, obwohl im Moment nichts zu sehen war. Aber diese Stille konnte eh nichts Gutes bedeuten. Auf einmal kreischte fast das ganze Kino. Anscheinend war gerade etwas wirklich Erschreckendes passiert und ich wollte gar nicht wissen, was genau. Lysanders Haltung war die gleiche geblieben, nur ich hatte die Augen zugekniffen, obwohl ich nicht einmal irgendwas sah. Den Geräuschen nach zu urteilen war es gerade nicht sehr magenfreundlich und ich wollte mir beim besten Willen nicht vorstellen, was solche Geräusche verursachte. Auf einmal spürte ich, wie der Weißhaarige seinen Kopf auf meinen legte. »Sieh am besten jetzt nicht hin.«, flüsterte er leise und ich glaubte, auch er hatte gerade den Blick abgewandt. Wenn er dies tat, musste die Szene ja wirklich eklig sein. Mittlerweile hatte ich mich wirklich verdammt eng an Lysanders Seite gedrückt, sodass mir die Sessellehne schon ein wenig in der Seite weh tat. Aber das war egal. Ich konnte und wollte Lysander jetzt nicht loslassen. Meine arme hatte ich nämlich um seine Mitte geschlungen, als dieser gellende Schrei los ging. Ich beschloß jetzt lieber auch, mich nicht mehr allzu sehr auf den Film zu konzentrieren. Lysander schien das zu bemerken, da ich erst seine Hand an meinem Kinn spürte, dann seine Lippen auf meinen. Zum zweiten Mal hatte er mich jetzt hier geküsst. Ich erwiderte natürlich sofort und war wirklich froh, über diese schöne und süße Ablenkung. Am liebsten hätte ich mich noch auf seinen Schoß gesetzt, aber das wäre wohl zu auffällig gewesen. Den Rest des Filmes über küssten wir uns wieder und ich blieb so eng an eine Seite gekuschelt. Der Weißhaarige hatte auch die ganze Zeit über seinen arm nicht von mir genommen. Irgendwie hatte ich es allerdings noch geschafft, meine Cola leer zu trinken und vom Popcorn war auch nicht mehr wirklich viel übrig. Ich war heilfroh, als das Licht im Saal endlich anging. Vorsichtig löste ich mich aus Lysanders Umarmung und sah, als ich nach vorne blickte, dass wir nicht die einzigen waren, die Arm in Arm dagesessen waren. Naja, bei so einem Film bot sich das auch an. Langsam erhoben wir uns von unseren Plätzen und ich fand es schade, dass wir uns beim Verlassen des Saals gar nicht mehr berührten. Lysander war für einen Moment mit seinem Handy beschäftigt und auch ich sah mal nach der Uhrzeit. Hui, schon nach 23 Uhr. Zum Glück war ja Wochenende. Schweigend, da der Weißhaarige gerade eine SMS tippte, gingen wir Richtung Ausgang. Hinter uns hörte ich allerdings zufällig ein ziemlich abfälliges Gespräch und ich konnte mir denken, dass wir gemeint waren. »Ey, ich schwör. Die haben die ganze Zeit rumgeknutscht. Voll die Schwuchteln.« Das war die Stimme eines Teenagers. Am liebsten wäre ich ja jetzt zu diesem hingegangen und hätte ihm meine Meinung gesagt und ihm eine reingehauen. Ich hasste es, wenn so abfällig geredet wurde. Lysander schien diese unfreundlichen Worte allerdings auch gehört zu haben, aber er regte sich, zumindest äußerlich, nicht darüber auf. Stattdessen legte er wortlos seinen freien Arm eng um meine Schultern und zog mich demonstrativ an seine Seite. Ich lächelte. War schon eine gute Aktion von ihm. Schließlich traute ich mich nun auch, einen Arm um seine Hüfte zu legen und wie ein normal aussehendes Pärchen verließen wir das Kino. Lysander nahm auch draußen den Arm nicht von mir, was mich sehr freute; Dass er allerdings schon wieder was auf seinem Handy tippte, weniger. Mit langsamen Schritten liefen wir nun eine von Straßenlaternen beleuchtete und von wenigen Menschen bevölkerte Straße entlang. Schweigend und entschuldigend blickte Lysander mich an, bis er plötzlich stehen bleib und anscheinend etwas abschickte. »Sorry, aber Leigh, mein Bruder, versucht gerade, mich zu überreden heute nicht mehr nach hause zu kommen, weil seine Freundin spontan bei ihm übernachtet.«, erklärte er mir seufzend. »Wir wohnen ja zusammen und, naja….« Er brach den Satz ab und schaute leicht verlegen zur Seite. Ich konnte mir da nur denken, was er sich nicht zu fragen getraute. »Dann schlaf doch heute bei mir.«, bot ich ihm freudestrahlend an. Bingo. Er druckste ein wenig herum. Ich würde mich ja freuen, wenn wir später nicht getrennte Wege gehen mussten. »Uhm… wäre das denn echt okay? Ich hab ja auch nichts dabei und so …«, meinte Lysander nun zögerlich darauf. Er war einfach viel zu süß, wenn er sich so schüchtern und zurückhaltend verhielt. »Klar.«, erwiderte ich ein wenig stürmisch und umarmte ihn einfach auf offener Straße. Da gerade eh niemand zu sehen war, ließ er es zu. »Ich kann dir doch auch was leihen, ist doch kein Problem.« Ich schmiegte mich relativ eng an Lysanders Brust, da ich ihn in diesem Moment einfach nicht loslassen wollte. Der Weißhaarige legte daraufhin sogar auch seine Arme um mich, woraufhin ich nun zu ihm hochsah. Wie automatisch fanden sich anschließend unsere Lippen, von welchen ich auch gar nicht mehr ablassen wollte. Lysander konnte einfach so verdammt gut küssen. Und ich hatte irgendwie das Gefühl, er blühte nachts ein wenig mehr auf, als sonst. Der Kuss hielt relativ lange an und ein zufriedenes Seufzen kam aus meinem Mund, als dieser gelöst wurde. Wir hielten uns auch noch in den Armen, als eine kleine gruppe Menschen an uns auf der gegenüberliegenden Straßenseite vorbei lief. Allerdings lösten wir uns dennoch langsam, wobei ein glückliches Lächeln mein Gesicht zierte. Auch Lysander schien zu lächeln, was man aber nicht so gut erkennen konnte, da der Schein der Straßenlaterne ihn von hinten beleuchtete. Wir beschlossen, uns langsam mal ein wenig vorwärts zu bewegen, auch wenn ich noch stundenlang hätte dastehen und ihn küssen können. Gerade einmal ein paar Schritte waren wir gegangen, als ich vorsichtig nach Lysanders Hand griff. Es freute mich, dass er diese nicht wegzog, sondern sie vielmehr drückte. Im Moment hatte er anscheinend keine Hemmungen, mich irgendwie in der Öffentlichkeit zu berühren. Vielleicht lag es daran, dass derzeit hier eh kaum jemand unterwegs war. »Wollen wir noch einen kleinen Spaziergang machen?«, unterbrach Lysander fragend die allabendliche Stille. Er sprach ein wenig leiser als sonst, was gerade aber auch irgendwie zu der Stimmung passte. »Gern. Aber du musst den Weg kennen, ich verlaufe mich sonst.«, antwortete ich ihm, was ihn leise zum Kichern brachte. Dass ich mich leicht verirrte, stimmte allerdings wirklich. Lysander bog an der nächsten Kreuzung links ab und ich überließ ihm einfach mal die Führung, da ich ja auch nicht wusste, welchen Weg er einschlagen würde. Die ganze Zeit über hielten wir die Hand des jeweils anderen und drückten diese ab und zu leicht. Als ich sah, welches Ziel Lys allerdings ansteuerte, schluckte ich. Okay, wir waren gerade in einem absolut heftigen Horrorfilm gewesen und er wollte über einen Friedhof spazieren?! Ich zögerte immer mehr, je näher wir diesem Ort kamen und schließlich zog Lysander mich ein kurzes Stück nach vorne, da er nicht gesehen hatte, dass ich ein kleines Stück hinter ihm war. Schluckend trat ich daraufhin wieder an seine Seite und drückte seine Hand gleich noch etwas fester. »Sollen wir lieber woanders lang gehen?«, fragte der Weißhaarige mich am Eingang des Friedhofs besorgt. Ich schüttelte als Antwort vehement den Kopf. »Nee, ist schon okay.«, meinte ich nun auch dazu, damit ich nicht als noch größerer Angsthase dastand, als ich eh schon war. Ich schluckte noch ein weiteres mal, bevor wir den großen, dunklen, einfach nur gruselig aussehenden Friedhof betraten. Als wäre die Atmosphäre eines Friedhofs bei Nacht nicht schon schlimm genug, musste der Wind auch noch lauter als üblich durch die Bäume streifen und diese dadurch zum Rauschen bringen. Dazu kam, dass es hier kaum Licht gab, außer eben ein paar vereinzelten ewige Lichter auf den Gräbern. Die ganze Zeit drückte ich mich eng an Lysanders Seite, um ihn die ganze Zeit bei mir zu wissen und auch, weil mir einfach kühl war. Der Wind fühlte sich irgendwie eisig an und auch die Wolken meinten es nicht gut mit mir. Zuerst spürte ich nur einzelne Tropfen auf der Haut, dann begann es nach und nach immer mehr zu regnen. Wir machten zwar einen Schritt schneller, aber dennoch wurde ich nass genug, da ich keine Jacke dabei hatte. Die dünnen Armstulpen schützten ja auch nicht vor Nässe und Kälte. Lysander schien auch das irgendwie mitbekommen zu haben, da er den Arm, den er wieder um mich gelegt hatte, herunter nahm. »Wenn dir kalt ist, kann ich dir meine Jacke geben.«, meinte er besorgt, während er schon dabei war, seinen Mantel auszuziehen. »Dann wirst aber du frieren.«, protestierte ich, während sich eine Gänsehaut auf meinen Arm ausbreitete. Lysander war eben schlau genug gewesen, etwas Warmes zum Anziehen mitzunehmen, im Gegensatz zu mir. Deswegen war es auch meine Schuld, dass ich fror und eben wegen mir, sollte sich Lysander nicht der Kälte aussetzen. Der Weißhaarige ließ sich allerdings nicht beirren und zog seinen Mantel nun ganz aus und wollte ihn mir um die Schultern legen. »Ich hab ja wenigstens noch ein langes Oberteil an.«, meinte er dabei. Wonach ich ihm allerdings auswich. Es war zwar wirklich nett und süß und toll von ihm, dass er mir seine Jacke anbot, aber sein eigenes Oberteil war ja auch eher relativ dünn. »Du könntest dich aber erkälten oder irgendwas. Also zieh deine Jacke wieder an. Wir können uns ja vielleicht ein wenig beeilen.«, meckerte ich noch immer. Dass ich mittlerweile zitterte und die Arme um mich geschlungen hatte, nahm ich eher am Rand war. Ich hörte Lysander noch seufzen, bevor er endlich wieder in seinen Mantel schlüpfte. Dies tat er allerdings nur mit einem Arm, mit dem anderen fing er mich ein und drückte mich wieder an seine Seite. Die Mantelseite mit dem Ärmel, in den er nicht geschlüpft war, legte er stattdessen um meine Schultern und den Arm ebenso. Mit seiner Hand hielt er den Stoff der Jacke fest, sodass mein Rücken und mehr oder weniger meine Seiten von dem dicken Stoff umhüllt wurden. Von vorne kam zwar der Wind noch, aber die Wärme, die Lysander trotz allem ausstrahlte, macht das wieder wett. »Besser so?«, fragte er nach einem Moment, woraufhin ich mit einem Lächeln antwortete. Man konnte es zwar nicht sehen, aber egal. Ich legte nun auch einen Arm um seine Seite, krallte meine Finger leicht in den Stoff an seinem Rücken und beugte mich zu ihm nach oben. »Danke.«, flüsterte ich leise, bevor ich seinen Lippen einen sanften Kuss aufdrückte. Der Weißhaarige erwiderte diesen auch gleich. Erst sanft und verspielt, dann immer inniger und leidenschaftlicher küssten wir uns. Keiner wollte von dem jeweils anderen ablassen und wir taten es erst gezwungenermaßen, als wir beide richtig Luft holen mussten. Der Friedhof, die Kälte und der Regen waren in diesem Moment vollkommen in Vergessenheit geraten. Ich lächelte zufrieden, während wir langsam weiter gingen und ich mich so eng an Lys drückte, dass er immer mal wieder ein wenig zur Seite wankte. Der Weg über den Friedhof war gar nicht so weit, wie ich gedacht hatte. Vielleicht lag es ja aber auch einfach an Lysanders Nähe. Ich war dennoch froh, als wir die Ruhestätte der Toten hinter uns ließen und uns wieder in mit Leben gefüllte Gebiete begaben. Nach wenigen Metern erkannte ich auch das Viertel, in dem ich wohnte. Ich musste mal fragen, ob dieser Weg eine Abkürzung gewesen ist. Nicht, dass ich nachts alleine dort laufen würde. Garantiert nicht! Nach ca. 5 Minuten hatten wir auch schon meine Wohnung erreicht. Es freute mich, dass Lysander dabei war und bis zum Morgen hier auch nicht mehr gehen würde. In meiner Wohnung war es, im Vergleich zu draußen, warm und vor allem trocken. Nachdem wir unsere Schuhe auszogen, wurde als erstes Lysanders Mantel zum Trocknen aufgehängt. Der Regen hatte nicht nachgelassen, sodass dieser schon ein wenig tropfte und vor allem durchweicht war. Der Rest meiner Kleidung war auch ein wenig klamm, sodass ich mich dieser auch gleich entledigte. Mich störte es nicht in geringster Weise, nur in Boxershorts vor Lysander herumzulaufen, eher im Gegenteil. Der Weißhaarige hingegen wurde leicht rot und sah mich ab sofort lieber nicht mehr genauer an, auch wenn er es unbewusst dennoch tat. Während Lysander sich nun auch auszog, suchte ich in meinem Schrank etwas, das ihm passen könnte. Ich hatte ihm gesagt, dass er seine restlichen Sachen am besten auch aufhängen sollte, damit sie morgen auch trocken wären. Ich kramte immer noch in meinem Schrank, während Lysander vorsichtig und ebenfalls nur mit Shorts bekleidet herein kam. Beinahe hätte ich Nasenbluten bekommen, als ich mich zu ihm umdrehte. Ich musterte ihn genauestens von oben bis unten und meinen Blick konnte ich gar nicht mehr abwenden. Lysander schien das irgendwie unangenehm zu sein, denn er spielte nervös mit den Fingern an seinen Haarspitzen rum. Hastig drehte ich nun meinen hochroten Kopf wieder zu meinem Schrank. Wenn er noch länger so vor mir stehen würde, käme ich noch auf falsche Gedanken. »Ähm… ich glaub, ich finde nichts, was dir auch nur ansatzweise passen könnte.«, meinte ich nun und blickte auf den Boden vor mir. Dass ich eigentlich ein einziges Oberteil hatte, was mir wirklich meilenweit zu groß war und Lys anziehen konnte, verschwieg ich ihm einfach. Nein, ich hatte keine Hintergedanken. »Oh, okay… Würde es dich denn arg stören, wenn ich nur äh… so schlafen würde?«, fragte er nun vorsichtig, wobei ich ihn wieder ansah. Schnell drehte ich mich allerdings erneut weg und schloß erst mal meinen Schrank. »Nö. Ich hab beim Schlafen meistens auch nur Shorts an.«, sprach ich, wobei ich hoffte, dass meine Stimme einigermaßen normal klang. Jetzt musste ich mich nur noch beherrschen, ihn nicht einfach anzuspringen. »Willst du noch einen Tee zum Aufwärmen?«, fragte ich, um mich von meinen eigenen Gedanken abzulenken. Lysander nickte. Meine Teeauswahl war zwar beschränkt, um genau zu sein hatte ich nur Pfefferminztee im Haus, aber der Weißhaarige war zufrieden damit. Gedanklich schrieb ich mir eine Memo, dass ich beim nächsten Einkauf Tee mitnehmen würde. Das Heißgetränk mit Pfefferminzaroma nahm ich mit ziemlich viel Kandiszucker zu mir, Lysander trank es ungesüßt. Es herrschte Schweigen und irgendwie waren unsere beiden Wangen rötlich gefärbt. Gewiss gab es auch ein merkwürdiges Bild ab, wie zwei Kerle nur in Boxershorts an einem kleinen Küchentisch saßen und Tee tranken. Als die beiden Tassen leer waren, stellte ich sie einfach in die Spüle. Abwaschen konnte ich auch morgen noch. Ich wollte Lysander als erstes noch ins Bad lassen, aber er lehnte ab. Er meinte, er würde Leigh noch einmal schreiben, dass bei ihm alles klar war, damit sein Bruder Bescheid wusste, dass es ihm gut ginge. Anscheinend machte dieser sich wohl ziemlich schnell Sorgen um Lysander. Im Bad brauchte ich eh nicht lange und so lag ich ein wenig nervös in meinem Bett und wartete. Ich hörte aus dem gegenüberliegenden Badezimmer Wasser plätschern und das leise Knittern eines Handtuchs. Es dauerte nun nicht mehr lange, bis das letzte Licht in meiner Wohnung gelöscht wurde und Lysander im Dunkeln den Weg zu meinem Schlafzimmer fand. Mein Herz klopfte immer mehr, je näher er meinem Bett kam. Ich beobachtete ihn, sofern ich denn etwas erkennen konnte, wie er die Bettdecke ein Stück zur Seite machte, um sich schließlich auf die Matratze zu legen. Als er nun auch unter der Decke lag, rutschte ich gleich ganz nahe an ihn heran. Ein wenig nervös lächelnd kuschelte ich mich an ihn und ich nahm zu meiner Zufriedenheit war, wie Lysander auch gleich einen Arm um mich legte. Ich wusste nicht, wie weit er in unserer ersten gemeinsamen Nacht, in der wir alleine waren, gehen würde oder wollte. Bei ihm würde ich mich aber gewiss auf alles einlassen. Lysander lag auf dem Rücken, sodass ich mich an seine Brust schmiegen konnte. Sein Kopf war in meine Richtung gedreht und ich konnte schwören, dass auf seinen Wangen ebenfalls noch ein leichter Rotschimmer lag. Sein Körper fühlte sich warm an und ich konnte es nicht unterlassen, meine Fingerspitzen ein wenig über seine breiten Schultern wandern zu lassen. Zögerlich begann er nun einen Moment, mir über den Rücken zu streicheln, was mich zu einer Art Schnurren brachte. Es war verdammt schön, so von ihm berührt zu werden. Langsam wurde ich zumindest ein wenig mutiger und ich drückte meine Lippen auf Lysanders Hals. Er zuckte kurz zurück und als ich ihn ein wenig liebkosen wollte, merkte ich, dass er dort wohl kitzelig war. Das würde ich mir aber mal merken. Mit den Lippen wanderte ich nun ein Stück nach oben, sodass ich ihn richtig küssen konnte. Er erwiderte es so zärtlich wie immer und genießend schloß ich meine Augen. Wieder wurde unser Kuss leidenschaftlicher und inniger, bis sich sogar unsere Zungen fanden. Ich hatte mich derweil immer mehr an ihn gedrückt, sodass ich jeden Muskel von ihm an meiner Haut spüren konnte. Auch seinen Arm hatte er enger um mich gelegt, sodass ich mich gar nicht hätte von diesem griff befreien konnte, was ich natürlich auch gar nicht wollte. Unsere Körper erhitzten sich immer mehr, was irgendwie auch natürlich war. Als Lysander sich schließlich bewegte und seinen Arm Weg nahm, dachte ich zuerst, er würde sich über mich legen oder mich von sich runter auf die Matratze drücken wollen. Aber nichts von alldem geschah. Er drehte sich einfach nur auf die Seite und legte so nun wieder den Arm um meinen Rücken. Mein Herz hatte aus Aufregung angefangen zu rasen, wobei ich das Gefühl hatte, man könnte es hören. Lysanders Brust war nun genau an meine geschmiegt und unsere Beine berührten sich auch immer wieder. Mein Herz würde sich wegen dieser Berührungen so schnell bestimmt nicht beruhigen. »Lass uns damit noch ein wenig warten, ja?«, flüsterte mir der Weißhaarige leise und sanft ins Ohr. Offenbar hatte er meine Anspannung richtig gedeutet. Allerdings hieß das auch, dass er ebenfalls daran gedacht hatte. Unter den nächsten, sanften Küssen schliefen wir schließlich irgendwie ein. Kapitel 9: ----------- Sonntags war Lysander wieder einmal nicht lange geblieben. Am Nachmittag hatte er Bandprobe und mir blieb nichts anderes übrig, als den ganzen Tag daheim rumzuhängen. Das Wetter hatte sich nicht gebessert, es wurde eher schlimmer. Da wollte man wirklich keinen Fuß mehr vor die Türe setzen. Ich hatte zuerst gedacht der Regen konnte dafür sorgen, dass Lysander noch länger bei mir blieb, aber das war nicht der Fall. Einer von den anderen von Lysanders Band und Castiel hatten ihn mit dem Auto abgeholt. An diesem Tag bekam ich allerdings noch zwei SMS von meinem Freund, eine davon kurz bevor ich einschlief. Ein paar Stunden zuvor hatte ich auch noch mit ihm gegen Abend gechattet, ebenso mit Luna, bis wir irgendwann alle zusammen in einem Gruppenchat geschrieben hatten. Meine beste Freundin fragte uns natürlich nach unserem Date aus, aber mit den wenigen Details, die sie bekam, war sie nicht wirklich zufrieden. Allerdings steigerte sie sich auch schon schnell in das nächste Thema rein. Ein Thema, das auch Lysander sehr beschäftigte, da es sich um seinen besten Freund handelte. Castiel. Wir schrieben darüber, dass der Rothaarige sich in letzter Zeit unmöglich verhalten hatte, ganz zu schweigen davon, was er mit mir gemacht hatte. Wegen ihm und Nathaniel hätte ich mich ja beinahe mit Lysander gestritten und ihn verletzt. Wir alle drei waren einer Meinung, dass wir an dieser angespannten Situation zwischen den beiden Kerlen etwas ändern mussten. Relativ lange schrieben wir, was und wie man was ändern konnte, bis wir alle doch Lunas Meinung am einleuchtendsten fanden. Castiel und Lysander benahmen sich wie Hund und Katze, stritten andauernd und es war zwischen ihnen auch schon zu körperlichen Auseinandersetzungen gekommen. Die beiden fanden andauernd einen Streitpunkt, wobei es meistens Castiels Nichterscheinen zum Unterricht oder seine Raucherei auf dem Schulhof war. Und jedes mal, wenn sie wieder mehr Stress miteinander hatten, wie es Luna stets zu sagen pflegte, benahmen sich die beiden gereizt und einfach nur komisch. Sah man sie anschließend alleine, machten sie eher einen deprimierten trübseligen Eindruck, als ob ihnen irgendetwas leid täte. Ganz klar, dass da irgendwas nicht stimmte. Lysander, Luna und ich beschlossen, uns morgen vor der Schule noch kurz beim Bäcker zu treffen, um unseren Plan zu beginnen. Ich war allerdings auch wirklich froh, dass mein Freund und meine beste Freundin sich ebenfalls verstanden. Die beiden schrieben fröhlich miteinander und heckten so fast nur zu zweit den ganzen Plan aus. Ich ging sogar irgendwann vor ihnen ins Bett, da es doch langsam spät geworden war. Das war auch der Zeitpunkt, an dem mich Lysanders zweite SMS erreichte, in der er mir super süß eine gute Nacht wünschte. Und ab morgen würde die Operation „Wir-bringen-Casi-und-Nathi-endlich-zusammen“ beginnen. Ich gähnte herzhaft und hätte an diesen Montagmorgen beinahe verschlafen, wenn mir Lysander keine Gute-Morgen-SMS geschickt hätte, mit dem Inhalt, ob ich auch schon wach wäre. Zu süß, dieser Kerl. Und ich hatte doch definitiv den besten Freund, den man sich nur vorstellen konnte! Meinen routinemäßigen Ablauf musste ich heute um einiges verschnellern, da ich doch sehr in Verzug war. Vielleicht sollte ich mir ja zwei Wecker zulegen, speziell für Montage. Mit verstrubbelten Haaren erreichte ich als letzter von uns dreien schließlich die Bäckerei. Lysander und Luna standen schon mit je einem Kaffeebecher in der Hand an einem der Stehtische. Ich hörte noch, wie sie sich übers Haare färben unterhielten, bevor sie mich entdeckten. Luna umarmte mich als erstes, wie sie es immer tat, danach Lysander. Und da gerade niemand außer uns hier war, küsste er mich sogar zur Begrüßung. Schon nach einer Sekunde zerfloss ich fast und wollte Lysanders Lippen gar nicht mehr freigeben, hätte er mich nicht bestimmt aber sanft von sich geschoben. Dass er mich allerdings hier geküsst hatte, war schon mal ein guter Start. Luna hatte das ganze unter Quietschen beobachtet und hatte seither ein merkwürdiges Glitzern in den Augen. Verstehe einer die Vorlieben dieses Mädchens. Bevor wir anfingen den Tag heute zu planen, holte auch ich mir einen Kaffee, den ich mir nicht von Lysander bezahlen ließ, auch wenn er es versuchte. Wäre ich früher dagewesen, hätte ich mal ihn einladen können. »Also«, begann Luna nun, als wir alle drei um den kleinen runden Tisch versammelt waren. »Womit fangen wir heute an? Am besten die beiden gezwungenermaßen zusammenbringen an einem Ort, an dem sie nicht vermuten, dass der jeweils andere auf ihn wartet.« Lysander und ich nickten. Luna und er hatten das gestern ja schon ganz gut geplant und durchdacht. Jetzt mussten nur noch die Einzelheiten geklärt werden, und vor allem die Uhrzeit. Schon bald hatten wir das alles geregelt, wobei hauptsächlich Luna Feuer und Flamme war. Sie war ganz in ihrem Element. Als wir langsam los mussten, erhoben wir noch unsere mittlerweile leeren Kaffeebecher zum Anstoßen. »Also, auf uns und das Gelingen unseres Planes. Am Ende der Woche sind Casi und Nathi glücklich zusammen!«, sprach die Blauhaarige euphorisch und wir stießen an. Im Endeffekt mussten wir uns noch beeilen, dass wir es rechtzeitig zum Unterricht schafften. Ich ging neben Lysander her, während meine beste Freundin die Straße eher entlang hüpfte. So gut gelaunt, und das am frühen Morgen. Als wir die Schule erreichten, fiel es mir schwer, mich von meinem Lys ohne eine Umarmung oder sonstiges zu trennen. Sehen würden wir uns erst wieder in der großen Pause, da er Unterricht immer in den Räumen hatte, die ganz weit entfernt von meinem und Lunas Klassenzimmer waren. Seufzend ging ich zu meinem Platz und überlegte, wie ich das später am besten anstellen sollte. Wir hatten uns überlegt, dass ich mit Castiel reden sollte und ihn so am Nachmittag in ein leer stehendes Klassenzimmer locken sollte. Wenn uns das Wetter hold war, da es noch immer relativ regnerisch war, würde das auch gar nicht so arg verdächtig wirken. Luna hingegen würde zu Nathaniel gehen und ihn fragen, ob er ihr heute ein wenig Nachhilfe geben würde. Der Schulsprecher war gut in Mathematik, im Gegensatz zu Luna. Außerdem hatte der Blonde ihr schon früher einmal ein paar Sachen erklärt, sodass auch das funktionieren würde. Na hoffentlich ging bei Schritt eins unseres Plans auch nichts schief! Im Unterricht konzentrierte ich mich fast wie üblich nicht auf das, was der Lehrer vorne erzählte. Irgendwas mit Logarithmen und Zahlen oder so. Ich redete leise mit Luna, wie ich Castiel später am besten fragen könnte. Als der Lehrer uns allerdings böse angesehen hatte, ging das Gespräch allerdings auf kleinen Zellen weiter. Die große Pause, in der Luna und ich jeweils Nathaniel und Castiel fragen gehen würden, war viel zu schnell gekommen. Draußen hatte es derweil wieder stark zu regnen begonnen, sodass der Flur vor dem Klassenzimmer mit Schülern überfüllt war. Wegen des schlechten Wetters durfte man die Pause über drinnen verbringen, allerdings auch nur auf dem Flur. Es war ein Wunder, dass wir Lysander in dieser Menschenmasse fanden, aber er hatte sich anscheinend auch so positioniert, dass wir ihn sehen würden, wenn wir aus dem Klassenzimmer kämen. Castiel war nirgends zu sehen und wir vermuteten, dass er trotz des Regens bestimmt draußen war. Ich seufzte. Luna hatte es gut, da sie Nathaniel gewiss im Schülersprecherzimmer vorfinden würde. Am besten beeilte ich mich aber den rebellischen Rothaarigen zu finden, damit ich nachher noch etwas von meiner Pause hatte. Gleichzeitig gingen Luna und ich, während Lysander meinte, er würde hier auf uns warten. Es passte mir absolut nicht, dass ich nach draußen in den Regen und in die Kälte müsste. Wenigstens hatte ich Castiel schon nach wenigen Sekunden ausfindig gemacht. Er stand zumindest im Trockenen unter einem kleinen Vordach. Leise ging ich zu ihm und begrüßte ihn mit einem »Hey«, als ich ihn erreicht hatte. Der Rothaarige sah wie üblich mürrisch und schlecht gelaunt aus, jedoch täuschte er ein Lächeln vor, als er mich sah. »Was willst du?« Auch seine Stimme klang bemüht freundlich, aber man konnte dennoch heraushören, dass er schlecht gelaunt war. Der vorherrschende Wind brachte die herabfallenden Regentropfen zum herumwirbeln und diese sorgten dafür, dass ich trotz allem nass wurde. Außerdem war das verdammt kalt. Ich war für einen Moment abgelenkt und blickte erst wieder auf, als Castiel seine Hand unter mein Kinn gelegt hatte und er mir verdächtig nahe gekommen war. »Was ist denn? Sprachlos geworden?«, fragte mich mein Gegenüber, woraufhin ich erst mal den Kopf schüttelte. »Ich wollte eigentlich nur mit dir reden«, meinte ich bestimmt. »Äh… aber nicht jetzt, hier ist es eh zu kalt. Und ich muss noch Hausaufgaben für die nächste Stunde machen«, fügte ich gleich noch hastig hinzu, damit ich einen Grund hatte, gleich wieder gehen zu können. »Soll ich dich wärmen?«, fragte Castiel auf einmal grinsend. Den letzten Satz hatte er einfach mal komplett ignoriert. Gerade wollte der Rothaarige seine Arme um mich schlingen, wenn ich nicht schnell einen großen Schritt nach hinten gemacht hätte. Beinahe wäre ich allerdings in eine große Pfütze getreten, sodass ich noch einen Schritt zur Seite machen musste und nun so stand, dass ich die Eingangstür der Schule sehen konnte. Ich schluckte heftig, als genau dort mein Blick dem des blonden Schulsprechers begegnete. Hatte er das etwa schon wieder mitangesehen und hatte sich Castiel deswegen gerade wieder so benommen, weil er ihn gesehen hatte? Na super. »Danke, aber ich muss eh gleich wieder rein«, meinte ich nun zu Castiel, als ich mich gefasst hatte. Irgendwie schaffte ich es dann noch, ihn zu überzeugen, dass er später mit mir reden sollte. »Meinem Charme kann’ste wohl nicht widerstehen, was?«, fragte er noch, aber ich ging nicht weiter darauf ein. Er wollte Nathaniel doch eh nur eifersüchtig machen, da war ich mir mittlerweile sicher. Aber irgendwie musste ich Castiel jetzt eben dazu bringen später auch wirklich zu kommen. »Naja…also… ach, egal, ich muss jetzt echt rein. Wenn ich meine Aufgaben wieder nicht habe, gibt’s echt Stress«, erklärte ich ihm, bevor ich nun endlich gehen konnte. »Bis später«, meinte ich noch ausdrücklich zum Abschied zu ihm. Die Uhrzeit und den Raum hatten wir schon vorher ausgemacht. Ich hatte es geschafft, ihm zu verklickern, dass wir dort dann ja ungestört wären. Das hatte ihn überzeugt. Erleichtert ging ich den warmen, wenn auch vollen Gang entlang wieder zu Lysander und Luna. »Und?«, fragten sie mich beide schon beinahe im Chor. »Alles geregelt. Und bei Nath?«, erwiderte ich sogleich. »Naja, er war nicht gut drauf, aber im Endeffekt konnte ich ihn schon überreden. Vielleicht brauch ich demnächst ja wirklich wieder Nachhilfe von ihm«, erklärte Luna nun, wobei sie beim zweiten Teil leicht grinste. Luna, unser Mathegenie eben, Nachhilfe wäre bei ihr nie verkehrt. Sie rechnete ja sogar den Einkaufszettel falsch zusammen. >Aber bei Cas war’s bestimmt schwerer, oder?«, fragte die Blauhaarige mich gleich weiter. Ich zuckte mit den Schultern, bevor ich vorsichtig zu Lysander sah. »Naja… nachdem er mich angemacht hat, hat er eingewilligt« Ich konnte sehen, wie bei diesen Worten ein dunkler Schatten über Lysanders Gesicht glitt. Anscheinend konnte er ja doch eifersüchtig sein. Vorsichtig schmiegte ich mich an Lysanders Seite, was bei dem Gedrängel hier gar nicht mal weiter auffiel. Dazu schnappte ich mir noch eine seiner Hände und hielt sie in der meinen. »Ich bin natürlich nicht drauf eingegangen«, meinte ich auch gleich beschwichtigend. »Es ist wirklich Zeit, dass die beiden zusammen finden.« Ich war wirklich gespannt, ob das alles so klappen würde, wie wir uns das vorgestellt hatten. Stufe 1 des Plans hatte begonnen und ich war in der letzten Stunde schon ein wenig nervös, wie es ausgehen würde. Ich glaubte nicht daran, dass wir bereits bei Stufe 1 Erfolg hatten, aber wir hatten ja noch zwei weitere Stufen in Petto, wobei die dritte wohl die radikalste war. Was auch kein Wunder war, da dies auf Lunas Mist gewachsen ist. Als der Unterricht vorbei war, packte ich meine Sachen ein und verließ mit der Blauhaarigen das Klassenzimmer. Wie schon in der großen Pause wartete bereits Lysander auf uns, was mich verdammt freute. Auch freute es mich, dass er sich noch immer hervorragend mit Luna verstand. Ich umarmte ihn kurz, da eh kaum noch jemand auf dem Gang war. Alle wollten nach Hause, sodass sie sich beim Ausgang rumdrängelten, um schneller heraus zu kommen. Nur wir drei standen noch auf dem Flur und gingen ein paar Schritte. Gerade, als wir am Zimmer des Schülersprechers vorbei gingen, öffnete sich die Tür. Lysander reagierte sofort und zog mich und Luna an der Schulter hastig um die nächstbeste Flurecke. Es war natürlich Nathaniel, der herauskam und es wäre verdammt schlecht gewesen, wenn er Luna gesehen hätte. Immerhin hatten wir ihn unter dem Vorwand, Mathenachhilfe zu geben, in das Zimmer gelockt, in welchem schon Castiel wartete. Dass der Rothaarige allerdings schon da war, wussten wir nicht. Wir hatten ja keinen Blick mehr in das Zimmer geworfen. Nathaniel ging an dem Flur vorbei, an dessen Wand wir uns drückten und hofften, nicht entdeckt zu werden. Zum Glück bemerkte uns der Blonde wirklich nicht und er verschwand nun auch in besagtem Zimmer. Wir atmeten erleichtert aus, bevor wir neugierig unsere Ohren spitzten. Noch war es ruhig und keine Stimmen waren zu hören. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Ich näherte mich als erster dem Zimmer, dessen Türe geschlossen war, um besser hören zu können. Die zwei redeten anscheinend, aber was genau, das konnte ich nicht verstehen. Nun waren auch die anderen beiden herangeschlichen, doch bevor auch diese ihr Ohr an die Tür legen konnten, erschien eine breit gewachsene Person hinter uns. »Was macht ihr denn hier? Wollt ihr nicht nach Hause gehen, oder wollt ihr freiwillig länger bleiben?«, erklang die verwunderte Stimme der Direktorin. Wir fuhren zusammen. Mit dieser Frau hatte auch niemand gerechnet. Und es sah ja auch kaum verdächtig aus, wie wir hier alle vor der Tür rumstanden… Zum Glück hatte Lysander eine Antwort parat, bevor die Direktorin wieder einmal aus unerfindlichen Gründen sauer wurde. »Ich habe mein Notizbuch verloren und die beiden haben mir beim Suchen geholfen«, erklärte Lysander freundlich und lächelnd, während wir unauffällig von der Tür weggetreten waren. Dass der Weißhaarige öfters mal seine Sachen verlor oder irgendwo liegen gelassen hatte, war nichts Neues. Sein Notizbuch lag meistens an den unmöglichsten Orten herum und Lys wusste nie, wie es dahin gekommen war. Auch die Direktorin wusste von seiner Schusseligkeit diesbezüglich, sodass es die beste Begründung war, die wir hier abliefern konnten. »Verstehe. Hast du es wiedergefunden?«, fragte die Direktorin weiter, wobei sie kaum ein Schmunzeln unterdrücken konnte. Ich fand es gar nicht lustig, darüber zu lachen, dass mein Freund andauernd seine Sachen irgendwo vergaß. Aber solange er mich mal nirgends vergessen würde, war das schon in Ordnung. »Äh, ja. Es lag hier im Gang«,antwortete Lys auch gleich in einem Tonfall, den man nicht hinterfragen konnte. »Dann husch, auf nach Hause«, meinte die Direx noch lächelnd, aber ernst, bevor sie verschwand. Mist aber auch. Sie würde bestimmt auch bald gehen und dann würde es Ärger geben, wenn sie uns noch immer hier sah. Wir sahen uns an. Jeder von uns war neugierig, wie es mit Nathaniel und Castiel verlaufen würde, aber es war wohl das Beste, wenn wir jetzt doch gingen. Ärger wollte schließlich keiner von uns. Außerdem würden wir ja gewiss noch früh genug erfahren, ob es geklappt hatte oder nicht. Draußen regnete es noch immer und wir beschlossen, noch alle zusammen einen Kaffee trinken zu gehen. Bei diesem Wetter war etwas Warmes zu trinken nie falsch, oder zu kuscheln. Ich war so verdammt neugierig, wie es gestern mit Castiel und Nathaniel abgelaufen war. Es war zu bezweifeln, dass sie jetzt schon zueinander finden würden, aber vielleicht war das ja doch irgendwie ein Anfang. Zumindest hoffte ich das. Ich wollte auch auf keinen Fall, dass Cas sich länger an mich ranmachte und unser Schulsprecher das wieder zufällig sehen würde. An diesem Morgen verschlief ich nicht, was irgendwie schade war. Hätten wir drei uns vor der Schule noch getroffen, wäre ich sogar mal pünktlich gewesen. Gestern Abend hatte ich wieder sowohl mit Lysander als auch Luna gechattet. Wir hatten heftig spekuliert, was alles geschehen sein könnte. Verschiedene Möglichkeiten wurden durchgespielt, von denen Luna wieder einmal die nicht jugendfreien aufschrieb. Als ob Castiel und Nathaniel miteinander nach Las Vegas durchgebrannt wären und dort geheiratet hätten. Was dieses Mädchen auch immer für Ideen hatte. Wie üblich führte mich mein Schulweg erst beim Bäcker vorbei, bevor ich als erster auf dem Schulhof ankam. Heute war ich es mal, der auf die anderen zu warten hatte. Beide ließen allerdings auch nicht lange auf sich warten. Luna umarmte mich zur Begrüßung und Lysander tat es einfach mal auch, wobei unsere Umarmung ein wenig länger war. Ich hoffte, dass irgendwann der Tag noch kam, an dem ich ihn mit einem Kuss begrüßen konnte, auch in der Öffentlichkeit. Wir wollten gerade wieder über gestern diskutieren, als Nathaniel an uns vorbei lief. Sofort drehten sich unseren Köpfe in seine Richtung, bevor wir wieder wegsahen. Es sollte ihm ja nichts verdächtig vorkommen. Der Schülersprecher sah eigentlich aus wie immer und er grüßte jeden freundlich. Viel zu heißen hatte das nichts, seine Gefühle konnte man ja auch gut unter einer netten Maske verstecken. Als der Blonde außer Sichtweite war, begannen wir nun endlich zu reden. »Also. Tritt dann heute Stufe 2 unseres Plans in Kraft?«, begann Luna auch gleich. Lysander nickte leicht. »Ich würde schon sagen, auch wenn wir vielleicht noch die große Pause abwarten sollten«, fügte er gleich noch hinzu. Danach waren zwei Augenpaare auf mich gerichtet. »Stufe 2 war das Zusammentreffen an einem neutralen Ort in romantischer Atmosphäre, richtig?«, fragte ich gleich, was mit einem Kopfnicken beantwortet wurde. »Und ihr wart beide dafür, das kleine neue Café von gestern auszuwählen, richtig?« Erneut wurde genickt und ich überlegte noch einen kurzen Moment. »Gut. Die Pause sollten wir wirklich noch abwarten, und diese dann nutzen.« Damit waren beide einverstanden. Es klingelte auch bald schon und wir mussten in den Unterricht. Luna und ich fieberten allerdings seit den ersten Minuten, in denen der Lehrer geredet hatte, der Pause entgegen. Wieder einmal zog sich die Zeit so endlos lange, als wäre der Sekundenzeiger eingefroren oder in einem Paralleluniversum gelandet, in welchem es keine Zeit gab. Luna nahm vorsichtshalber einen Stift und ihren Block mit in die Pause, damit wir die Briefe auch schreiben konnten, wenn Lysander wieder einmal sein Notizbuch verlegt hatte. Wir hatten vor, unseren beiden „Opfern“ jeweils einen anonymen Brief zu schreiben und sie in diesem um ein Treffen baten. Ein Name würde nicht dabei stehen, nur das Datum und der Ort. Natürlich war das Risiko groß, dass beide oder zumindest einer von ihnen diesen Brief ignorieren würden, aber wir hofften einfach einmal das Beste. Draußen trafen wir uns mit Lysander auf einer Bank, auf die wir uns setzten. Am besten sollte der Poet in unserer Runde die Briefe schreiben, er konnte sich immerhin am besten ausdrücken. Lysander war da allerdings anderer Meinung. »Castiel kennt meine Schrift, das wäre also nicht so gut. Am Sinnvollsten wäre es doch, wenn die Briefe mit einer Mädchenschrift geschrieben werden würden. Luna?«, fragte der Weißhaarige mit dem Blick zu meiner besten Freundin. Sie nickte. »Klingt logisch, vor allem, wenn sie denken, der Brief wäre wirklich von einem Mädchen. Also, aufschreiben kann ich es, wenn du mir den Text diktierst«, erwiderte die Blauhaarige lächelnd, während sie bereits eine freie Seite auf ihrem wohlweislich mitgebrachten Block suchte. Lysander brauchte nicht lange, um sich einen kurzen, präzisen Text zu überlegen. Luna brachte das Ganze in Briefform und schrieb die Worte sorgfältig auf. Sie hatte eine wirklich schöne geschwungene, aber klare Schrift. Und im Gegensatz zu meiner konnte man diese ohne Probleme lesen. Während Lysander sprach und ein paar Passagen auch wiederholte, lehnte ich mich leicht an seine Seite. Ich schwieg, damit ich die beiden nicht aus dem Konzept brachte und suchte nach Lysanders Hand. Irgendwie wollte ich ihn einfach berühren. Die Briefe waren schnell geschrieben und wir würden sie am Ende der Pause in die Schließfächer von Cas und Nath stopfen. Wir alle hofften, dass dies auch funktionieren und beide kommen würden. Das Café war immerhin wirklich der perfekte Treffpunkt und die Atmosphäre passte auch. Es hatte erst vor wenigen Wochen aufgemacht und verfügte über zwei großzügig aufgeteilte Etagen. Die obere bot einen perfekten Überblick über die unteren, wenn man am Rand saß. Genau dort würden wir uns positionieren, da wir diesmal mitansehen wollten, ob das ganze klappen würde. Zu unserem Glück hatten wir das Café gestern gefunden, als wir noch einen Kaffee trinken wollten. Zu Lunas Überraschung arbeitete dort eine alte Freundin von ihr. Sie weihte das Mädchen sogar in unseren Plan ein und brachte es damit fast zum Quietschen. Luna wusste anscheinend, dass es gut war, sie miteinzubeziehen. Ihre Freundin bot nämlich ihre Hilfe an, wenn es morgen mit Castiel und Nathaniel doch nicht so gut klappen würde. Auf jeden Fall mussten die beiden an einem Tisch sitzen, und dieser war auch schon reserviert. Lunas Freundin wollte im Gegenzug dafür nur hören, wie die ganze Geschichte ausging und ob es eventuell Photos geben würde. Der Nachmittag konnte nicht schnell genug kommen! So vielversprechend, wie wir uns das vorgestellt hatten, war es leider nicht verlaufen. Aber wenigstens waren Castiel und Nathaniel bis zum Ende an einem Tisch sitzen geblieben und es war auch nicht in einem riesigen Streit ausgeartet. Luna fand, dass das zumindest ein Anfang war, aber es dauerte immer noch zu lange. Wir drei hatten das „Date“ gestern bis zum Schluss verfolgt und gesehen, dass im Endeffekt nur Castiel den Geldbeutel gezückt hatte. Der Rothaarige und der Schulsprecher waren sogar gemeinsam gegangen, aber ob danach noch etwas passiert war, wussten wir nicht. Wir hofften es nur. Gemeinsam mit Luna und Lysander war ich noch relativ lange in dem Café gesessen, bis es gegen Abend geschlossen hatte. Dementsprechend sah auch unsere Rechnung aus. Lunas Freundin, die in dem Café arbeitete, hatte uns allerdings noch einen Kaffee spendiert. Das Mädchen fand, dass Nath und Cas total gut zusammen passen würden und ab diesem Zeitpunkt wusste ich, warum sie mit Luna befreundet war. Auch meinte die Bedienung, dass man Castiel und Nathaniel noch den letzten Anstoß geben würde, da sie beide sich nicht trauten zu ihren Gefühlen zu stehen. Dadurch, dass sie immer wieder an den Tisch der beiden kam, konnte sie perfekt die Gespräche von ihnen belauschen. Nachdem wir dies erfahren hatten, nickten wir uns alle zu. Es war jetzt also Zeit für die radikalste aller Stufen in unserem Plan. Und wenn das nicht gelang, wusste ich auch nicht weiter. Heute würde Stufe 3 durchgeführt werden. Mir war zwar nicht ganz so wohl dabei, aber es musste wahrscheinlich sein. Die beiden Trottel musste man ja direkt mit der Nasenspitze daran stoßen lassen, damit sie es bemerkten, was sie für den jeweils anderen empfanden. Bei Lysander und mir war das alles so unkompliziert verlaufen. Er war so liebevoll zu mir und gab mir das Gefühl, dass er mich wirklich an seiner Seite wollte. Wenn wir uns einmal streiten würden, ich glaube, ich würde den ganzen Tag nur heulen und mir Vorwürfe machen. Castiel und Nathaniels Beziehung würde wahrscheinlich ganz anders verlaufen und ich befürchtete, zwischen den beiden existiere eher eine Art Hassliebe. Sie konnten anscheinend nicht miteinander, aber irgendwie auch nicht auseinander. Was für eine Problematik. Ob sich das heute doch noch irgendwie ändern würde, interessierte mich verdammt heftig. Laut Luna funktionierte das alles und ihrer Meinung nach sollten Cas und Nath uns auf ewig dankbar sein, dass wir sie zusammengebracht hatten. Davon redete Luna auch dann noch, als der Unterricht heute längst begonnen hatte. Wie so oft wurde sie vom Lehrer ermahnt und war erst still, als ihr wieder eine Strafaufgabe drohte. Zu allem Übel hatte ich heute auch noch Nachmittagsunterricht, sodass mir der Tag endlos vorkam. In der großen Pause konnte ich auch Lysander nicht sehen, da er eine Arbeit schrieb, die bis in die Pause hineinging. Erst in der Mittagspause traf ich ihn wieder, und wenigstens hatte er diese gleichzeitig wie ich. Lysander war in der Mittagspause nicht sehr begeistert zu McDonalds zu gehen, obwohl dieser nur fünf Minuten entfernt gewesen wäre. So kam es, dass wir zu dritt mit Sandwiches in den Händen auf einer Bank auf dem Schulhof saßen. Luna und ich hatten ja eher zu Fast Food tendiert, aber wenn Lys das nicht wollte, wollte ich auch nicht. Das einzige Mädchen in unserer kleinen Runde hatte sich damit abgefunden, auch wenn sie noch genörgelt hatte. Alleine wollte sie wiederum aber auch nicht gehen. Nach dem Essen lehnte ich mich ein wenig an Lysanders Seite. Es regnete zwar derzeit nicht, aber es waren dennoch ausreichend graue Wolken am Himmel zu sehen und auch der Wind war relativ frisch. Bei meinem Freund war es allerdings schön warm, da er mich in den Arm genommen hatte. Bei diesem Wetter waren kaum Leute hier draußen, sodass es für ihn anscheinend okay war. Luna kuschelte sich stattdessen einfach in ihre Jacke. Sie quietschte auch erfreut, als Lys und ich uns kurz küssten. Die Mittagspause war aber auch wieder viel zu schnell rum und ich konnte mich nur schwer aus Lysanders Armen loseisen. Am liebsten würde ich mich jetzt mit ihm irgendwo in trauter Zweisamkeit einkuscheln und den Tag an mir vorüber ziehen lassen. Zumindest vorstellen konnte ich es mir ja, da mir diese Gedanken den Unterricht versüßten. Ich träumte noch immer vor mich her, als der Lehrer die letzte Stunde beendete. Luna musste mich sogar am Arm rütteln, damit ich in die Realität zurückkam. »Lass mich raten… du hast dir die ganze Zeit irgendwelche tollen Szenen mit Lys ausgemalt?«, fragte sie mich schließlich mit einem leichten Grinsen. Wie Recht sie doch immer hatte. Dass ich leicht errötete, war ihr allerdings Antwort genug. Gemeinsam verließen wir das Klassenzimmer, nachdem ich nun auch meine Sachen zusammengepackt hatte. Wir mussten uns noch gut überlegen, wie Stufe 3 unseres Plans beginnen sollte. Es war schön, zu sehen, dass Lysander auch dieses Mal vor dem Klassenzimmer auf uns wartete. Diesmal freute ich mich noch mehr, da er eigentlich eine Stunde früher bereits ausgehabt hatte. Auch wenn er an unserem Plan beteiligt war, hätte er ja schon mal heimgehen können. Aber er war geblieben und hatte sogar die Lösung parat. Mit einem leichten Grinsen hielt er uns einen Schlüssel vor die Nase. »Wofür ist der?«, fragte Luna auch gleich verwundert. Auch mich interessierte es, was Lysander mit dem Schlüssel vorhatte, da sein Gesichtsausdruck sehr zufrieden aussah. »Für den Raum, in dem die großen Landkarten für den Geschichtsunterricht und so aufbewahrt werden«, erklärte der Weißhaarige schließlich. »Der Raum ist perfekt für Stufe 3«, fügte er dann auch noch hinzu. Irgendwie wollte ich gar nicht wissen, woher er den Schlüssel hatte, aber die Idee war gut. »Okay, dann wäre das mit dem Raum ja geklärt. Aber wie kriegen wir jetzt Nath und Cas da rein?« Das war allerdings wirklich ein Problem. »Lasst mich das am besten machen«, meinte nun Luna, während sie siegessicher lächelte. Ihre Augen funkelten und sie war sich vollkommen sicher, dass das ganze klappen würde. Lysander und ich sahen uns kurz an, bevor wir gleichzeitig nickten. »Versuch es«, meinte Lys danach und übergab der Blauhaarigen den Schlüssel. »Gut, dann verhaltet euch unauffällig, ich bin gleich wieder da.« Nach diesen Worten war Luna auch schon losgerannt. Was sie tat konnten wir leider nicht beobachten, aber es wäre wirklich das Beste, wenn wir uns nicht auch noch an dem Ort des Geschehens herumtreiben würden. Luna rannte den Gang entlang, bog um die Ecke und wurde dann langsamer. Niemand zu sehen, das war gut. In normalem Tempo ging sie nun weiter, den Schlüssel fest in der Hand haltend. An einer Tür, neben der ein kleines Plastikschild mit der Aufschrift „Karten“ angebracht war, machte sie halt. Mit dem Schlüssel von Lysander schloß sie auf und ging einen Schritt hinein. Genau rechtzeitig, denn nur einen Moment später bog Nathaniel um die Ecke. Die Blauhaarige tat nun gleich so, als ob sie gerade aus dem Raum rausgekommen wäre und setzte einen leicht verzweifelten Gesichtsausdruck auf. »Nathaniel«, meinte sie, als sie einen Schritt heraustrat. »Kannst du mir vielleicht helfen? Ich wollte gerade eine Karte vom Geschichtsunterricht zurückbringen und dabei sind mir ein paar Kartenständer da drin umgefallen.« Luna hoffte, dass ihr bittender Tonfall Wirkung zeigte. Aber so, wie sie den Schülersprecher kannte, würde er ihr sicher helfen. Dazu war er einfach viel zu nett. »Klar. Bist du hängen geblieben? Da drin herrscht auch immer ein Chaos«, meinte der Blonde auch gleich hilfsbereit, bevor er seine Schultasche an die Wand lehnte. »Danke«, meinte Luna auch gleich erleichtert. Nathaniel trat in den dunklen Raum und kniff seine Augen leicht zusammen. »Ist das Licht hier immer noch kaputt?«, fragte er. »Ja, leider. Und das, obwohl es da drin so verdammt dunkel ist…..«, erwiderte das Mädchen und trat nun ebenfalls einen kleinen Schritt in den Raum hinein. »Da hinten in der Ecke ist mir alles zusammengefallen, als ich die Karte ordnungsgemäß aufhängen wollte«, erklärte sie, was Nathaniel dazu veranlasste, weiter in den Raum zu gehen. Man konnte da drin wirklich kaum etwas erkennen und das wenige Licht, das durch ein verstaubtes Fenster hereinkam, brachte auch nicht viel. Luna überlegte, wie sie nun weiter vorgehen sollte. Nath war schon mal in dem Raum, jetzt fehlte nur noch Castiel. Sie überlegte, ob sie zumindest ihn hier jetzt schon einsperren sollte und danach Castiel suchen gehen sollte. Vielleicht konnten Lysander und Lucio den Rothaarigen ja auch hierher locken. Wie es der Zufall, der Schicksalsgott, Amor oder sonst wer aber wollte, kam in genau diesem Moment Castiel den Gang entlang gelaufen. Als Luna diese Schritte hörte, kam sie gleich wieder aus dem Raum heraus. Castiel sah nicht gerade begeistert aus, als ob er gerade wieder einmal Nachsitzen gehabt hätte. Das war Lunas Chance. Sie musste nur rechtzeitig handeln, bevor Nathaniel etwas mitbekam und wieder aus dem Raum wollte. Der Blonde war aber eh gerade damit beschäftigt, die umgefallen Kartenständer ausfindig zu machen. »Hey, Cas. Komm mal kurz her, ich brauch deine Hilfe«, rief Luna dem Rothaarigen nun zu, der sowieso in ihre Richtung ging. Sie hoffte nur, dass Nath das jetzt nicht gleich mitbekam. Castiel murrte allerdings nur, als er sie erreicht hatte. »Kein Bock«, meinte er einfach nur und wollte eiskalt vorbei gehen. Freundlich wie immer, der junge Mann. Luna fackelte nun allerdings nicht länger, diesen Augenblick durfte sie jetzt nicht verpassen. Sie packte Castiel nun einfach an der Schulter und nutzte damit den Überraschungsmoment aus, um ihn in den Raum zu schubsen. In Sekundenschnelle schlug sie anschließend die Tür, an welcher noch der Schlüssel steckte, zu und schloß ab. Nachdem der Schlüssel abgedreht worden war, atmete sie erleichtert aus. »Das wär geschafft…«, murmelte sie leise vor sich hin, während sie sich von dem abgeschlossenen Raum entfernte. Sie konnte zwar noch Castiels wütende Stimme hören und wie er gegen die Tür schlug, aber sie ignorierte es gekonnt. Gedanklich wünschte sie den beiden noch alles Gute. Die Zeit verging und ich fragte mich, ob Luna es auch wirklich schaffen würde. Das Warten darauf wurde allerdings alles anderes als langweilig, da Lysander mich gekonnt ablenkte. Er war der Meinung, dass man es ausnutzen musste, wenn wir gerade alleine waren. Der Weißhaarige hatte mich gerade an die Wand gedrückt und wir küssten uns innig, als Luna wiederkam. Bemerken tat ich das allerdings nur an ihrem Quietschen. »Wie süß ist das denn! Bleibt mal einen Moment so!!«, quiekte sie begeistert. Eigentlich wollte ich mich da von Lysander wegdrücken, aber er verhinderte es. Anscheinend wollte er den Kuss noch ausnutzen. Kurz danach hörte ich das Klicken einer ausgelösten Kamera und da wusste ich, was Luna getan hatte. Ohje. Aber ich glaube, das war ich ihr vielleicht schuldig. Ich schloß kurz meine Augen und gab mich noch etwas dem Kuss hin. Erst, als die Kamera noch ein paar Mal geklickt hatte, löste sich Lysander von mir. Ich war noch so gebannt, dass ich noch auf seine Lippen starrte, als er sich entfernt hatte. Klick! Und das war anscheinend noch das nächste Photo. Lysander räusperte sich daraufhin, als hätte auch er sich erst jetzt wieder richtig gefangen. »Und? Hat es geklappt?«, fragte er daraufhin neugierig. Lunas Lächeln wurde daraufhin breiter und sie formte mit den Fingern ihres ausgestreckten Armes ein Peace-Zeichen. »Strike!!«, meinte sie. »Die beiden, hinter verschlossener Türe, allein. Wenn das nicht klappt, verbrenne ich meine Yaoi-Manga-Sammlung!« Ich kicherte bezüglich ihrer Wortwahl. Egal, was passieren würde, ihre Homo-Mangas würde sie niemals verbrennen. Aber zumindest war sie verdammt zuversichtlich, das waren wir jetzt alle. Lysander und ich grinsten uns noch kurz zu. Jetzt mussten nur noch abwarten und Castiel und Nathaniel würden morgen dann verdammt glücklich zusammen sein. Zumindest hofften wir das mal. Kapitel 10: ------------ Auf diesen Tag war ich ja mal verdammt gespannt. Eine SMS von Luna hatte mich schon vor dem Wecker geweckt, sodass ich ausnahmsweise mal wirklich, wirklich früh dran war. Da ich nach dem Aufstehen noch zu müde war, um zu antworten, tat ich das jetzt auf dem Schulweg. Ich hatte zwar fast noch eine halbe Stunde, aber einmal konnte ich das ja auch mal machen. Auch Lysander schrieb ich eine SMS, ob er eventuell schon etwas früher kommen könnte. Seine Antwort war leicht geschockt, dass ich um diese Uhrzeit schon unterwegs war, aber er meinte, dass er mal gucken könnte, dass er sich noch beeile. Wie süß von ihm. Luna spamte mich derweil mit SMS zu, dass sie ja so neugierig ist, was aus Nathaniel und Castiel geworden ist. Das Mädel sollte sich lieber mal beeilen und sich für die Schule fertig machen. Als ich auf dem Schulhof ankam, war noch niemand zu sehen. Es war einfach noch so verdammt früh. Ich wollte mich eigentlich gerade gemütlich auf eine Bank setzen, als eine laute, wütend klingende Stimme erklang. »Kiiiikiiiiiiiiiiiiiiiiiiii!!«, schrie die Direktorin, die in ihren rosa Pumps nicht einmal rennen konnte, über den ganzen Schulhof. >Ne, oder? Nicht wirklich?<, dachte ich mir nur und bevor ich mich verstecken konnte, hatte die Direktorin mich auch schon entdeckt. »Du da! Fang mir meinen Hund wieder ein! Sonst gibt’s Nachsitzen!«, wurde mir nun wütend entgegen gerufen. Darf ich mich jetzt verarscht fühlen? Ich sollte zum dritten Mal diesen Hund einfangen? Also, irgendwie tat Kiki mir ja schon leid. Es musste ja einen Grund geben, warum sie so oft weglief. Vielleicht sollte ich sie ja einfach bei mir aufnehmen? Seufzend machte ich mich also zum dritten Mal auf die Suche nach diesem quirligen Hund. Wirklich Lust darauf hatte ich ja nicht, aber noch weniger wollte ich länger in der Schule bleiben als nötig. Mit zunehmend schlechter Laune schlurfte ich in die Richtung, in die ich Kiki habe laufen sehen. Die Direktorin ging derweil ihren Morgen-Kaffee im Lehrerzimmer zu sich nehmen. Kaffee könnte ich jetzt auch gut gebrauchen. Gerade, als ich um die Ecke in Richtung Sporthalle gebogen war, sah ich etwas, das mich schnell wieder zur Seite huschen ließ. Ich drückte mich an die Wand und hoffte, nicht entdeckt zu werden, während ich meinen Kopf zu zwei Personen drehte. Die eine Person drückte die andere gegen die Backsteinwand und sie küssten sich, ihren Köpfen nach zu urteilen. Und es waren ganz deutlich Castiel und Nathaniel. Erschrocken über dieses Bild war ich nicht, ich freute mich eher für die beiden. Offenbar waren sie also gestern auch noch aus dem abgesperrten Raum herausgekommen. Eine gute Nachricht. Ich fragte mich nur, was Castiel um diese Uhrzeit schon hier machte. War er jetzt auch unter die Frühaufsteher gegangen? Ich wollte gerade ganz leise mein Handy aus der Hosentasche holen, um mit der integrierten Kamera heimlich ein Bild zu machen, als mich jemand überraschend an der Schulter fasste. Erschrocken drehte ich mich um und sah in das leicht müde aussehende Gesicht von Lysander. Sofort musste ich lächeln. »Guten Morgen. Kann es sein, dass Kiki schon wieder abgehauen ist?«, fragte er, während er besagten Hund auf dem Arm hielt. »Psscht!«, machte ich allerdings gleich, wofür ich mir einen irritierten Blick seinerseits einfing. Stumm deutete ich mit dem Finger in Richtung des knutschenden Pärchens an der Mauer. Als Lysander dies gesehen hatte, grinste er. »Gute Idee.«, meinte er aber schließlich nur leise, bevor er sich nach vorne beugte und mich sanft und kurz küsste. Der zärtliche Kuss brachte mich zum Seufzen und wäre Kiki nicht gewesen, hätte ich ihn jetzt sofort ganz eng umarmt. Auch Lysander schien diese Tatsache gerade zu stören. Wir tauschten einen kurzen Blick aus, bevor wir uns von der Mauer entfernten und in Richtung Schuleingang gingen. Dort öffnete der Weißhaarige lediglich die Tür und ließ Kiki auf dem dahinter liegenden Gang wieder herunter, bevor er gleich die Tür wieder schloß. Ich lächelte. »Ich hab mich extra beeilt.«, meinte Lysander nun und strich sich dabei durch seine verwuschelten Haare. Offenbar hatte er diese gar nicht gestylt, lediglich kurz durchgekämmt. Und das wahrscheinlich nur, damit er auch früher kommen konnte. Jetzt umarmte ich ihn aber sofort und diesmal tauschten wir einen längeren Kuss aus. »Ich hab übrigens Kaffee dabei, extra noch gekocht und warm in einer Thermoskanne.«, meinte Lysander nun nach diesem Kopf, wobei seine Stimme sich genauso müde anhörte, wie er aussah. Aber mit diesem schläfrigen Blick sah er echt sexy aus. »Hier äh… wo ist denn meine Tasche?« Lysander war sichtlich verwirrt, als er gerade nach seiner nicht vorhandenen Tasche greifen wollte. »Meinst du die da hinten auf der Bank?«, fragte ich ihn schmunzelnd und zog ihn in diese Richtung. Auf der Bank stand tatsächlich eine Tasche, die, ihren Verzierungen nach, nur Lys gehören konnte. »Ja, genau die. Ich dachte schon, ich hab sie daheim liegen gelassen.« Dieser Satz amüsierte mich schließlich so, dass ich mich, als wir uns hingesetzt hatten, kaum mehr einkriegte vor Lachen. Frühes Aufstehen tat mir offenbar nicht gut. Aber Lysander ließ auch echt alles einfach irgendwo stehen und liegen und vergaß es dann einfach. Er war eben echt eine Nummer für sich. Seinen mitgebrachten Kaffee nahmen wir gemeinsam vor dem Unterricht noch zu uns und da uns zum Trinken nur der Becher, der bei Thermoskannen gleichzeitig als Verschluss diente, zur Verfügung stand, kam es ganz oft noch zu einem indirekten Kuss. Auch nach dem heutigen Unterricht beschwerte sich Luna darüber, dass sie diese Szene heute Morgen verpasst hatte. Es ärgerte sie verdammt und sie meckerte rum, dass ich doch hätte ein Photo machen sollen. Und das nahm sie mir verdammt übel. Es war ja nicht so, dass ich mich eben lieber um meinen eigenen Freund gekümmert hatte. Mit diesem musste ich meine beste Freundin auch schon beinahe aus der Schule zerren, da sie Castiel hinterherrennen wollte und er offensichtlich zu Nathaniel ins Schülersprecherzimmer ging. Der Rothaarige hatte zudem einen großen Bogen um sie gemacht, als er an uns vorbeigelaufen war. Luna hatte daraufhin nur noch mehr gemeckert, da sie Nath und Cas auch mal in Action erleben wollte. Was genau sie damit allerdings meinte, wollte ich allerdings gar nicht wissen. Lysander hatte allerdings die rettende Idee, wie wir sie ein wenig auf den Boden zurückbringen konnten. »Wollen wir alle zusammen noch ein Eis essen und unseren gelungenen Plan feiern?«, fragte der Weißhaarige, nachdem er Lunas Arm auf dem Schulhof losgelassen hatte. Ich hielt das Mädchen lieber mal noch fest, man konnte bei ihr ja wirklich verdammt nie wissen. Die Blauhaarige war auch sofort begeistert von dieser Idee und klatschte freudig in die Hände, woraufhin ich ihren Arm nun doch vorsichtig los ließ. Sie machte zum Glück auch keine Anstalten, zurück zur Schule zu rennen. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zur Eisdiele, an welcher wir uns auch gleich zu dritt vor die Eistheke quetschten. Trotz des guten Wetters war hier zum Glück nicht allzu viel los. Die Sonne war echt herrlich im Vergleich zu den letzten, regnerischen Tagen. »Ich lade euch übrigens ein.«, meinte Lysander beiläufig, während er zu den verschiedenen Eissorten sah. »Ich kann doch auch selber zahlen.«, meinte ich allerdings gleich. Ich hatte echt das Gefühl, Lysander wollte alles bezahlen und kam mir damit meistens auch noch zuvor. »Ich hab gesagt, ich lade dich ein, dabei bleibt es.«, erwiderte der Weißhaarige dann aber nur schmunzelnd. »Dich natürlich auch Luna.«, fügte er mit einem Lächeln dann auch noch hinzu. Die anderen beiden konnte sich eher entscheiden, was sie für ein Eis nahmen, als ich. Ich brauchte dazu eine halbe Ewigkeit, was dazu führte, dass sich hinter uns schon eine kleine Schlange aufstaute. Im Endeffekt entschied ich mich dann zu drei Kugeln, wie die anderen zwei. Als wir alle unser Eis hatten, zahlte Lysander und Luna und ich bedankten uns natürlich artig. Wenn wir unter uns wären, würde ich ihm auch gleich noch einen fetten Kuss geben. Wir hatten Glück, dass wir in der Eisdiele noch einen Tisch am Rand bekamen. Irgendwie war es gerade doch ein wenig voller geworden. Zuerst schwiegen wir nur, da jeder mit seinem Eis beschäftigt war. »Darf ich mal probieren?«, fragte ich dann aber Lysander, wobei ich ihn kurz am Ärmel zupfte und dabei fragend auf seine Eiswaffel sah. »Klar.«, erwiderte der Weißhaarige und hielt mir auch sogleich sein Eis hin. Lächelnd hielt ich ihm dafür das meinige vor die Nase. Genüsslich leckte ich an seinen Eiskugel, um von jeder Sorte einmal zu probieren. Lysander schien das irgendwie lustig zu finden, da er einfach nur schmunzeln musste. Luna war wegen dieser Szene gleich wieder ganz aus dem Häuschen. Sie hatte als einzige einen Becher genommen, da sie die Waffel nicht mochte und stellte diesen nun auf dem Tisch ab, um ihre Kamera aus ihrer Schultasche zu holen. Ich war noch immer mit Lysanders Eis beschäftigt, während sie sich beeilte, ein Photo von uns zu machen. Lys grinste deswegen gleich noch mehr, ließ aber Luna ihr Photo schießen. Ansonsten würde sie ja eh nur wieder meckern. Anschließend aßen wir nun alle unser eigenes Eis fertig, auch wenn ich nochmals bei Lys ein wenig schnorrte. Währenddessen unterhielten wir uns über relativ belanglose Dinge und lobten immer wieder unseren Plan. Das war ja mal echt erfolgreich gewesen. Und meine beste Freundin meinte, dass sie jetzt Cas und Nath erst recht stalken würde, bis sie ihr Photo bekäme. Wenn sie ihren Spaß dabei hatte, mischten wir uns lieber mal nicht ein. Kurz bevor wir gehen wollten, tippte Lysander mir auf die Schulter. »Magst du am Samstag oder so bei mir schlafen? Mein Bruder fährt übers Wochenende zu unseren Eltern aufs Land.«, fragte der Weißhaarige mit einem hoffnungsvollen Lächeln. Natürlich würde ich nicht Nein sagen. »Klar!«, antwortete ich ihm sofort fröhlich. Dann würde ich endlich auch mal sehen, wo und wie er wohnte. Das einzige, was ich diesbezüglich wusste, war, dass er mit seinem älteren Bruder zusammen lebte. Mehr aber auch nicht. »Darf ich auch?«, mischte sich nun aber auch Luna ein, wofür sie sich einen undefinierbaren Blick von Lysander einfing. Sie stutzte erst, bevor sie anfing zu grinsen. »Ach so, verstehe. Ja, sorry, ich habe nie gefragt..«, meinte sie gleich danach und grinste uns beide nur noch mehr an. Lysander schien wohl zu verstehen, was sie meinte, da er irgendwie verlegen reagierte. Ich hatte die Message allerdings irgendwie nicht verstanden. Naja, spätestens am Wochenende würde ich dann davon ja auch erfahren. Ich freute mich so verdammt auf das Wochenende. Zumindest tat ich das bis Donnerstagabend. Lysander und ich hatten ausgemacht, dass ich das ganze Wochenende bei ihm schlafen könnte, da er ja eh sturmfreie Bude hätte. Gegen 22 Uhr hatte er mich allerdings angerufen und gemeint, dass das von Freitag auf Samstag nicht klappen würde. Im ersten Moment war ich natürlich völlig enttäuscht, auch wenn ich den Grund im Nachhinein verstand. Lysander und seine Band hatten ganz kurzfristig noch ein Angebot für einen Auftritt in einem der Clubs in der Stadt bekommen. Dass er so etwas nicht absagen würde, war ja klar. Er entschuldigte sich auch gefühlte tausendmal dafür und erklärte mir auch, dass seine Band derzeit nicht viele Gigs bekam und sie so etwas dann auch spontan annehmen würde. Auch versprach er mir, dass er mir dafür am Samstag einen schönen Abend machen würde. Wenn er schon so süß zu mir war, konnte ich auf Dauer gar nicht so traurig sein. Wenigstens eine Nacht lang konnte ich ja bei ihm schlafen und der dazugehörige Abend würde dann gewiss umso besser werden. Dieser kam auch schneller, als ich es mir erhofft hatte. Die ganze Zeit konnte ich eh an nichts anderes mehr denken. Dadurch, dass Lysander am Freitag zwecks Probe auch nicht zur Schule kam, und ich ihn deswegen nicht sehen konnte, musste ich eben an ihn denken. Es war schön, dass ich im Laufe des Tages aber immer mal wieder eine SMS von ihm erhielt. Das dämliche Grinsen, das ich teilweise deswegen hatte, hielt auch am Samstag noch an. Beinahe wäre ich sogar noch zu spät zu Lysander gekommen, da ich daheim zu arg trödelte. Gemeinsam mit meinem vollgestopften Rucksack war ich nun auf dem Weg zu ihm. Er hatte mir eine Beschreibung gegeben, wie ich am besten zu ihm kam und ich hoffte, ich würde es auch finden. Angeblich waren es nur ca zehn Minuten zu Fuß aber ich glaube, ich war irgendwann falsch abgebogen. Dementsprechend erleichtert war ich, als nach 20 Minuten vor seiner Haustür stand und klingelte. Es dauerte auch nicht lange, bis die Tür aufging und Lys vor mir stand. Ich lächelte ihn an und reflexartig schlang ich meine Arme um seinen Hals, um ihn zu begrüßen; Mein Rucksack rutschte dabei von meinen Schultern direkt auf den Boden. Der Weißhaarige war wegen der stürmischen Begrüßung erst etwas überrascht, umarmte mich dann aber auch, bevor wir uns mitten im Türrahmen küssten. Scheiß auf Nachbarn! Noch immer lächelte ich ihn glücklich an, als wir uns nach einer kurzen Weile voneinander lösten. Lysander hielt meine Hand, während ich meinen Rucksack aufhob und anschließend das kleine Häuschen betrat. Ich hatte eigentlich angenommen, er und sein Bruder wohnten in einer Wohnung, aber da hatte ich mich geirrt. Sein zu Hause bestand aus einem kleinen, aber dafür zweistöckigen Haus. Schnell hatte mir mein Freund die ganzen Räume hier gezeigt, wobei er sein eigenes Zimmer bis zum Schluss aufhob. Auf dieses war ich natürlich am Meisten gespannt. Er öffnete mir die Tür und überließ mir den Vortritt. Neugierig trat ich ein und was ich sah, haute mich erst mal um. Der Raum war zwar nicht der größte, aber geschmackvoll und platzsparend eingerichtet. Das, was hier den meisten Platz einnahm, war ein riesiges, ultrabequem aussehendes Bett. Es stand an der Wand und wenn man einen Schritt nach vorne ging, ging die Wand in eine Glastür, die zu einem kleinen Balkon führte, über. An der rechten Seite befanden sich ein relativ großer Schrank, an welchem außen ein dicker Mantel hing, und ein Regal. An der gegenüberliegenden Wand stand ein hölzerner Schreibtisch, der mit tausenden von Blättern überfüllt war. Von der Wand selbst war kaum irgendwo etwas zu sehen, da lange Tücher dort aufgehängt waren, die fast bis zum Boden reichten und sich auch über den Schrank verteilten. Der Boden war aus hellem Holz und teilweise waren auch dort Papiere verteilt. Beleuchtet wurde das Ganze von einem irgendwie antik aussehenden Kronleuchter. Keine normale Lampe, ein richtiger Kronleuchter. Wo Lysander den her hatte, wollte ich gar nicht erst wissen. »Gefällt es dir hier?«, fragte er mich und lenkte dabei seine Aufmerksamkeit von dem Raum wieder auf ihn. »Ja. Das Zimmer passt total zu dir.«, meinte ich in begeistertem Tonfall. Lysander schmunzelte daraufhin. »Danke. Irgendwie bekomme ich das oft zu hören.« Lächelnd trat ich nun noch einen Schritt in das Zimmer hinein und legte meinen Rucksack auf dem Boden ab. Ich war immer verdammt neugierig, wenn ich das erste Mal in das Zimmer von jemandem kam, aber ich würde gewiss nicht anfangen, jetzt in seinen Schubladen zu wühlen. Stattdessen tapste ich zu seinem Bett und setzte mich eiskalt darauf, bevor ich mich nach hinten umfallen ließ. Und verdammt, war das bequem. Hier wollte ich niemals mehr aufstehen! Es war zwar weich, aber nicht zu sehr und es gab genügend Kissen, mit denen man kuscheln könnte. Natürlich würde ich Lys jedem einzelnen davon den Vorzug geben. Dieser setzte sich nun auch neben mich, woraufhin ich mich wieder aufrichtete. »Dein Bett ist so übel bequem. Darf ich hier einziehen?«, fragte ich ihn begeistert, was ihn nur wieder zum Schmunzeln brachte. Er lachte nie richtig, aber dafür war sein typisches Schmunzeln so verdammt süß. Bevor er mir antworten konnte, kuschelte ich mich einfach an seine Seite. Wenn ich schon hier war, wollte ich die Zeit ausnutzen und genießen, bevor sie wieder rum war. »Dann muss ich mir ja keine Sorgen machen, dass du heute Nacht woanders schlafen willst.«, meinte Lys lächelnd und legte dabei einen Arm um mich. Ich wusste nicht, wie lange Lysander und ich auf seinem Bett saßen, lagen, uns küssten und miteinander kuschelten. Es war einfach zu schön. Leider hatte irgendwann mein Magen gemeint, die Stimmung zwischen uns zerstören zu müssen, indem er einfach mal laut knurrte. Ich errötete, da mir das verdammt peinlich war. Ich hatte zwar seit dem Frühstück nichts mehr gegessen, aber das war noch lange kein Grund, jetzt Hunger haben zu müssen. »Hast du Hunger?«, fragte Lysander dann auch belustigt, was mich noch röter werden ließ. Ich wollte gerade etwas erwidern, als Lys aufschreckte. »Stimmt, ich wollte ja vorhin schon essen machen.«, meinte er nun und sah dabei aus, als wäre ihm gerade etwas Wichtiges eingefallen. »Ich muss runter….«, murmelte der Weißhaarige noch, bevor er hastig aufstand und eilig aus dem Zimmer stürmte. Perplex saß ich noch auf seinem Bett, während ich hörte, wie er die Treppe nach unten runter stürmte. Einen Moment später folgte ich ihm einfach mal. Den Weißhaarigen fand ich schließlich erleichtert ausatmend in der Küche wieder. Dort sah ich, dass auf dem Herd zwei Töpfe standen. In einen war Wasser gefüllt und nicht durchgebrochene Spaghetti lugten über den Rand hinweg; Der andere war leer. Neben dem Herd lagen auf einem Schneidebrettchen bereits geschnittene Tomaten, daneben standen ein mit Wasser gefüllter Messbecher und einige Gewürze. Ich brauchte einen Moment, um die Situation ganz zu begreifen, brach dann aber in schallendes Gelächter aus. Er hatte vorhin nicht wirklich angefangen zu kochen und hatte es dann einfach vergessen? Sogar der Tisch war schon gedeckt. Zum Glück war wenigstens der Herd noch aus. Aber das war so typisch Lysander. Kaum lenkte ihn kurz etwas ab, vergaß er sofort das andere. Ich lachte so heftig, dass ich mich festhalten musste, um nicht umzufallen. Lysander fand das gar nicht so witzig, nahm es aber dennoch irgendwie auch mit Humor. Einige Momente später machte er dann auch da weiter, wo er offensichtlich aufgehört hatte. Ich brauchte erst noch eine Weile, um mich wieder einzukriegen, sah dann aber Lys beim Kochen zu. »Hast du dir das selber beigebracht?«, fragte ich ihn schließlich, als er schon fast fertig war. »Nicht wirklich. Ich lebe ja mit meinem Bruder alleine, da ist das irgendwann einfach notwendig. Und wenn man sich an ein Rezept hält, ist Kochen eigentlich ja einfach.«, erklärte er mir lächelnd, während er die Spaghetti abschüttete. »Sollte ich vielleicht auch mal machen.«, meinte ich grinsend und sog den Duft nach frischer Tomatensoße in meine Nase ein. Die ganze Küche duftete nach essen, was meinen Appetit nur noch mehr anstachelte. Da der Tisch eh schon gedeckt war, stellte Lys nur noch den Topf mit der Soße und die Nudeln darauf, bevor wir mit Essen beginnen konnten. Getrunken wurde dazu Apfelsaftschorle. »Das schmeckt soooo göttlich.«, meinte ich nach ein paar Bissen zu ihm, wobei mir eine Spaghetti aus dem Mundwinkel hing. »Das freut mich.«, erwiderte mein Gegenüber lächelnd. Gegessen hatten wir schnell und dass ich zu viel in mich hineingestopft hatte, merkte ich, als ich neben Lysander auf der Couch im Wohnzimmer an ihn gelehnt da saß. Ich ächzte leise und schmiegte mich glatt noch enger an seine Seite. Den Weißhaarigen schien das nicht zu stören, da er seinen Arm noch enger um mich legte. Wir hatten uns entschlossen, diesen Abend einfach bei ihm daheim zu verbringen, so richtig gemütlich. Draußen hatte es eh wieder zu regnen begonnen, sodass ich eh gar nicht mehr hier raus wollte. Auch hatten wir entschieden, dass wir einen Film schauen würden, allerdings zappte Lysander erst mal ewig im Fernsehen rum, bis er einen fand, der annehmbar klang. Auf DVD gab es hier echt nur Horrorfilme oder ein paar Kitschfilme, die von Leighs Freundin hier rumstanden. Das fiel also schon mal aus, vor allem die erste Option, wie ich fand. Die Zeit verging aber dennoch, auch wenn wir bestimmt dreimal durch alle Sender zappten. Bei irgendwelchen Serien blieben wir immer mal wieder hängen. Irgendwann hatten wir zwei Folgen South Park am Stück und irgendwelchen anderen Quatsch geschaut, bis es bald wirklich nichts mehr Sinnvolles zu sehen gab. Zu vorgerückter Stunde kam auch wirklich nur noch irgendwelches Erotikzeugs im Fernsehen. Lysander war das offenbar unangenehm, da er genau dann, wenn so etwas kam, immer umschaltete. In der Zwischenzeit gab es zwar immer mal kleine Neckereien und vor allem Küsschen zwischen uns, aber dank dieser bescheuerten Porno-Werbung drifteten meine Gedanken immer mehr ab. Danke auch, nicht jugendfreies Fernsehen. Ob Lysander mittlerweile auch an etwas Anderes dachte, wusste ich nicht, aber er zuckte ertappt zusammen, als ich ihm in die Schulter pikste. »Sollen wir ins Bett gehen? Kommt ja eh nur noch Müll in der Glotze.«, fragte ich ihn, während ich meinen Kopf an seine Schulter lehnte. Dass er die erste Frage gerade völlig falsch verstand, war ihm ins Gesicht geschrieben. Ich konnte es in der Dunkelheit zwar nicht sehen, da der Raum gerade nur vom Fernsehbildschirm beleuchtet wurde, aber er war knallrot angelaufen. Mich brachte das erst mal zum Grinsen, auch wenn ich innerlich schon nervös wurde. »Äh… ja.«, meinte er dann, bevor er hastig den TV ausschaltete, als dort eine Frau anfing zu stöhnen. Lysander wollte dann auch schon aufstehen, aber er konnte nicht, da ich ihn an den Schultern festhielt. »Trägst du mich?~ Es ist dunkel und wenn das ein Horrorfilm wäre, würde das nicht gut ausgehen.~«, meinte ich nun dicht an seinem Ohr, bevor ich einfach mal frech in dieses biss. Ich spürte, wie er erschauderte, als ich dies tat. Einen Moment später hielt ich mich auch schon an seinen Schultern fest, da er mich wirklich nach oben trug. Ich hatte ihn ja eigentlich nur aus Spaß gefragt, aber er war kräftig genug, um es auch wirklich zu tun. Während er langsam und vorsichtig die Treppe hinaufstieg, küsste ich ihn immer mal wieder auf den Hals oder biss auch einmal frech hinein. Lys nahm das schweigend hin oder kicherte leise, da er dort offenbar ein wenig kitzelig war. Das würde ich mir definitiv merken. In seinem Zimmer angekommen, ließ er mich vorsichtig auf den Boden gleiten; Meine Arme behielt ich aber noch um ihn geschlungen. Vorsichtig zog ich ihn zu mir herunter, um ihn auf die Lippen zu küssen. Er erwiderte es sofort. Dieser Kuss war um einiges leidenschaftlicher als die, die wir unten auf der Couch ausgetauscht hatten und sogar unsere Zungen fanden sich. Ich hatte das Gefühl, Lysander noch nie so innig geküsst zu haben. Der Weißhaarige umarmte mich dabei ebenfalls fest und täte er dies nicht, würde ich womöglich erst einmal Bekanntschaft mit dem Boden machen. Dieser Kuss raubte mir noch den Verstand. Meinem Freund schien es da allerdings ähnlich zu gehen. Mit einer Hand machte er die Tür mit einem Knallen zu, bevor er mich ein paar Schritte nach hinten an die Wand drückte. Dass auch er mal so viel Einsatz zeigte, gefiel mir verdammt gut. Seine Arme lagen zwar jetzt nicht mehr um meinen Rücken, aber dafür drückte sein muskulöser Oberkörper direkt an den meinen. Unsere Lippen lösten sich für wenige Sekunden, in denen wir kräftig Luft holten, bevor sie wieder aufeinander lagen. Meine Finger krallten sich derweil an Lysanders Rücken in dessen Oberteil und spätestens jetzt wäre ich nicht mehr fähig, alleine zu stehen. Den anderen so zu erleben machte mich fertig, aber in durchweg positivem Sinne. Mir schien, als hätte er sich immer nur zurück gehalten, wenn wir unterwegs waren und andere uns sehen konnten. Aber jetzt legte er das ganze ab und tat das, was er schon die ganze Zeit tun wollte. Der Weißhaarige hätte auch nicht gedacht, dass er mal jemanden so sehr wollen würde wie den Jungen, den er gerade mit voller Inbrunst küsste. Bei ihm konnte er sich einfach nicht mehr zurückhalten, es machte ihn wahnsinnig. Und dass der andere sich nicht dagegen wehrte, ihn eher im Gegenteil auch so sehr wollte, stachelte ihn nur noch mehr an. Er war zwar immer ruhig und er regte sich fast nie auf, ebenso sehr wie er kaum wütend wurde, aber jetzt wollte er nicht mehr ruhig sein. Ich hatte während des Ganzen meine Augen geschlossen, öffnete diese aber abrupt, als ich nicht nur Lysanders hartes Knie zwischen meinen Beinen, sondern noch etwas anderes hartes spürte. Kapitel 11: Yaoi-Part --------------------- Mein Herz klopfte wie verrückt, als ich den Kuss löste und mit großen Augen in Lysanders Gesicht blickte. Auch er sah mich an und in seinem Gesicht spiegelten sich die zahlreichsten Emotionen wieder. Beleuchtet wurde er nur von der Seite, von der gläsernen Balkontür seitlich von uns. Für einen Moment lang wusste ich nicht, was ich tun sollte. Ich spürte deutlich durch die Nähe zu Lys, dass seine Hose mehr als gut ausgefüllt war und dass sein Körper sich mehr und mehr erhitzte. Mir ging es da ähnlich, aber es machte mich auch ein wenig unsicher. Lysander schien das erst falsch zu verstehen, da er sein Knie zwischen meinen Beinen entfernte. »Sorry, ich… ich weiß nicht…«, begann er nun stockend, während er sich schon ganz von mir lösen wollte. Meine Arme hielten ihn aber noch rechtzeitig zurück und nachdem ich noch ein leises »Idiot.« gemurmelt hatte, küsste ich ihn wieder. Meine Hände wanderten nun von seinen Schultern zu seinem Hosenbund, den ich verzweifelt versuchte zu öffnen. Dadurch, dass ich allerdings so verdammt nervös und aufgeregt war, gelang es mir natürlich erst mal nicht. Ich konnte mir denken, dass dem Weißhaarigen seine Hose gerade lästig war, aber geöffnet bekam ich diesen dämlichen Knopf einfach nicht. Ich beschloß daher, mit etwas Einfacherem anzufangen. Meine Hände legten sich nun unter Lysanders Oberteil an seine nackte Haut, auf der sich eine leichte Gänsehaut ausbreitete. Anscheinend vertrieb das auch seine letzten Zweifel, da er sein Shirt nun selbstständig auszog und mich dabei los ließ. Stehen konnte ich gerade noch so, das Gleichgewicht verlor ich lediglich, als auch mir das Oberteil über den Kopf gezogen wurde. Es verhedderte sich zwar erst ein wenig, landete dann aber ordnungsgemäß irgendwo auf dem Boden. Währenddessen waren wir immer mehr in die Nähe von Lysanders Bett bekommen. Ich unternahm noch einen letzten Versuch, seine Hose zu öffnen, bevor ich es ganz aufgeben musste, da auch Lysander das nun übernahm. Meinen Blick konnte ich wirklich nicht von ihm abwenden, während er seine Hose über die Hüften zog. Bestimmt war ich jetzt knallrot, aber das war mir egal. Nachdem Lysander nur noch in Shorts dastand, küsste wir uns wieder, wobei wir nun irgendwie auf seinem wundervollen Bett landeten. Ich selbst trug noch meine Jeans, aber so, wie Lysanders Hände gerade lagen, auch nicht mehr lange. Er schaffte es auf Anhieb, den Knopf an meiner Hose, sowie den Reisverschluss zu öffnen, bevor er sie mir ein Stück nach unten zog. Den Rest strampelte ich selber von mir, bis auch dieses Kleidungsstück auf dem Boden lag. Während des nächsten Kusses, schmiegte ich mich wieder an ihn. Seinen nackten Körper an meine zu spüren fühlte sich ungewohnt, aber auch total aufregend an. Seine Zunge fand wieder die meine und während sie in einem heißen spiel miteinander fochten, dachte ich mir, dass er irgendwie gut schmeckte. Nachdem der Kuss wieder gelöst wurde, lief mir ein wenig Speichel den Mundwinkel herunter, da ich unfähig war, meinen Mund auch wieder zu schließen. Mein Blick war benebelt und meine Brust hob und senkte sich aufgeregt. Langsam beugte Lysander sich über mich und begann nun, mich am Hals zu küssen. Ich war dort nicht kitzelig, sodass ich diese Berührung dort einfach nur genoss. Ich zuckte allerdings zusammen, als er mich dort auch biss und sachte an der Haut sog. Mir brachte das nun ein leises Keuchen über die Lippen. In meiner Boxershorts sah es mittlerweile auch nicht besser aus, als in der des anderen. Nachdem er von meinem Hals wieder abgelassen hatte, blickte der Weißhaarige mir unsicher ins Gesicht. Was wir beide jetzt wollten, war klar, aber jeder von uns war eben auch ein wenig verunsichert. Mit meinen Ex-Freunden hatte ich nie richtig geschlafen, nur mal Hand angelegt, womit ich nun den Anfang machen konnte. Ansonsten würden wir es ja eh nicht länger aushalten. Mit meiner Hand rutschte ich vorsichtig Lysanders Oberkörper hinab, bis hin in seine Shorts. Dort ließ ich meine Hand verschwinden, legte diese zaghaft um seine Länge und… verdammt. Er war alles andere als schlecht bestückt. Ob das später funktionieren würde? Noch immer ziemlich zaghaft, begann ich mit meiner Hand an ihm auf und ab zu gleiten. Als ich das erste, erregt klingende Stöhnen von ihm hörte, wurde ich ein wenig mutiger. Da ich zumindest das nicht zum ersten Mal machte, wusste ich ungefähr, wie es ging und was ihm gefallen könnte. Ich massierte ihn nun und wurde auch mit dem Reiben ein wenig schneller, wobei ich mit dem Druck meiner Handfläche immer wieder variierte. Ich machte solange weiter, bis Lysander sich auf einmal mehr zu mir herunter drückte, seine Hände sich leicht neben meinem Kopf ins Laken krallten und er lauter als die Male zuvor stöhnte. Eine Sekunde später fühlte sich meine Hand nass an. Okay, das ging schnell. Lysanders Atmung hatte sich verschnellert und als ich meine Hand nun wieder zurücknahm, sah er mir irgendwie entschuldigend ins Gesicht. »Sorry…«, meinte er auch gleich leise, wobei er noch immer nicht ganz zu Atem gekommen war. »Macht nichts.«, antwortete ich ihm ebenso leise, bevor ich ihn, diesmal ziemlich sanft, küsste. Der Weißhaarige brauchte noch einen Moment, um sich zu sammeln, entledigte sich dann aber erst mal seiner vollgesauten Shorts. Ich tat es ihm nun gleich, da der Stoff um meine eigene Erregung mich gerade einfach nur einengte. Dass Lysander ein Stück nach unten gerutscht war, hatte ich erst gar nicht mitbekommen. Ich zuckte leicht zusammen, als ich etwas Feuchtes an meiner Hüfte spürte. Er küsste mich dort und wanderte ganz langsam weiter nach unten. Ich richtete meinen Oberkörper auf, als ich nun wusste, was er tun wollte. »Du musst das nicht tun..«, sagte ich leise zu ihm, wobei er aber nicht aufhörte. »Ich will aber.«, meinte er nur leise dazu und legte anschließend die Lippen auf die Spitze meiner Erregung. Stöhnend ließ ich mich in die Kissen zurück fallen. Ich spürte nun auch zusätzlich Lysanders Hand an meiner Männlichkeit, um welche seine Lippen immer mehr glitten. Seine Hand massierte mich ein wenig, während seine Zunge mich nur noch mehr zum Stöhnen und Keuchen brachte. »Oh Gott…«, flüsterte ich erregt und wusste, auch ich würde das nicht lange durchhalten. Ich konnte zwar spüren, dass Lysander noch unsicher war in dem, was er tat, und dass es für ihn neu war, aber erregend war es allemal. Immer mehr brachte seine pumpende Hand, seine leckende Zunge und sein feuchter Mund mich um den Verstand, bis ich einfach nicht mehr länger konnte. »Ich…«, keuchte ich noch warnend, aber es war zu spät. Stöhnend kam ich und dazu noch zur Hälfte in Lysanders Mund. Nachdem ich einen Moment einfach nur dalag und mich den ausklingenden Gefühlen hingab, richtete ich mich doch hastig auf. »Entschuldige.«, meinte ich in leisem Tonfall zu Lysander, dessen Gesichtsausdruck für einen Moment nicht sehr begeistert aussah. Bevor ich aber noch mehr sagen konnte, schluckte er einfach. »Verdammt, sorry.«, fügte ich gleich noch hinzu, bevor ich ihn umarmte. Ich wollte ihn nicht dazu bringen, das zu schlucken, ich wollte ja noch nicht einmal direkt in seinen Mund kommen. Aber dafür war es jetzt auch zu spät. »Schon okay. So schlimm war’s ja nicht.«, murmelte er leise, während er mich mit dem Oberkörper wieder nach hinten drückte, bis ich lag. Seine Brust drückte sich wieder an meine, und diesmal spürte ich sogar seine Nippel. Wie rot ich gerade war, wollte ich wirklich nicht wissen. Lysanders Kopf lag neben meinem auf der Matratze und ich dachte erst, er wäre müde und wolle jetzt wirklich schlafen. Als er seinen Kopf wieder hob, sah er alles andere als müde auf. »Äh… Lucio?«, fragte er leise, wobei er seinen Blick leicht abwandte. »Hm?«, machte ich einfach nur, aber Lysander gab mir keine Antwort. Stattdessen spürte ich nicht nur seine Hüfte wieder an meiner. Der Weißhaarige war glatt wieder erregt. Für ein paar Momente lang hatte sich meine Unsicherheit zwar gelegt, aber jetzt kam sie wieder. Der nächste teil machte mir doch ein wenig Angst, aber es war beruhigend, das nicht nur ich so fühlte. Sanft und bestätigend küsste ich ihn wieder kurz. »Ich bin ganz vorsichtig ja?«, meinte er leise und fragend, während seine Hand wieder auf Wanderschaft ging. Immer wieder streichelte er meinen erhitzten Körper, bis er wieder zwischen meinen Beinen angekommen war und noch etwas tiefer glitt. Ich winkelte meine Beine etwas an, zuckte dann aber zusammen, als ich so plötzlich seinen Finger in mir spürte. Zuerst verkrampfte ich mich etwas, als dieser ganz drin war, versuchte dann aber schnell, mich zu beruhigen. Lysander sah mich sogleich auch besorgt an, aber ich nickte ihm bestätigend zu. Ich wollte es ja auch, also musste ich jetzt da durch. Es war total ungewohnt, wie sein Finger sich in mir bewegte, sich leicht krümmte und zurückzog, um sich wieder ganz in mich zu schieben. Das alles wiederholte er auch noch mit einem zweiten Finger, während wir uns gleichzeitig zärtlich und leidenschaftlich küssten. Beim dritten Finger verkrampfte ich mich immer öfters und auf Dauer war es auch nicht gerade angenehm. In den ganzen Pornos, die ich bisher gesehen hatte, sah das immer so anregend aus, aber das war es im Moment nicht. »Au…«, murmelte ich leise an Lysanders Lippen, weswegen er mich noch besorgter ansah und seine Finger nun endgültig zurückzog. Jetzt fühlte es sich irgendwie seltsam leer an. »Vielleicht sollten wir nicht… oder verschieben…«, murmelte er, woraufhin ich meine Arme wieder um seine breiten Schultern schlang und meinen Kopf schüttelte. »Jetzt mach schon.«, forderte ich ihn auf und spreizte meine Beine, damit er dazwischen auch Platz hatte. Schämen tat ich mich zumindest bei ihm nicht. Noch immer unsicher brachte Lys sich nun in Position und zögerte immer wieder. Abermals zog ich ihn zu mir herunter und küsste ihn nun auffordernd. Einen Moment später spürte ich seine Spitze an meinem Eingang und ein beengendes Gefühl breitete sich in mir aus. Lysander war zwar wirklich vorsichtig, aber schon vom ersten Moment an fühlte es sich nur noch unangenehm an. Es tat jetzt schon verdammt weh, aber aufhören wollte ich nicht. Immer enger klammerte ich mich an Lysanders Schultern. »Jetzt mach…«, hauchte ich ihm dann aber zu, um es hinter mich zu bringen. Schließlich war er mit einem Stoß ganz in mir. Der darauffolgende Schmerz war betäubend und gegen die Tränen, die jetzt deswegen meine Wangen herunter liefen, konnte ich nichts machen. Ich bestätigte Lysander aber immer noch, dass er jetzt bloß nicht aufhören sollte, was er auch nicht tat. Vorsichtig und langsam begann er nun, sich immer wieder zurückzuziehen, um gezielt wieder nach vorne zu stoßen. Mit der Zeit wurde er immer schneller und ich immer lauter. Zum Glück waren wir alleine in diesem Haus. Mein Stöhnen klang schmerzhaft, aber irgendwann mischte sich auch die Lust dazu, die mich glatt selbst zum Erregen brachte. Ich hatte mich mittlerweile stark in Lysanders Rücken gekrallt, musste ihn aber loslassen, als er sich leicht umpositionierte. Stattdessen gruben meine Hände sich nun fest in das Bettlaken. Meine Beine lagen derweil um Lysanders Hüfte, bis er eines davon mit dem arm wegnahm und es erst anwinkelte, dann ein wenig anhob. Jetzt hatte er auch ein wenig mehr Platz. Seien Stöße wurden noch etwas schneller, während seine freie Hand sich an meine eigene Erregung lehnte und mich nun im passenden Rhythmus massierte. Auf mein angehobenes Bein verteilte er noch ein paar sanfte Küsse. Ich war auch froh, dass er auf irgendwelche dämlichen Sprüche, wie etwa »Du bist so eng.«, verzichtete. Lange konnte der Weißhaarige aber auch nicht mehr aushalten und sein Gesicht verzog sich nun ziemlich erregt, bevor er sich in mir ergoß. Es war ein merkwürdiges, aber irgendwie auch befriedigendes Gefühl. Dass er in mir gekommen war, störte mich auch nicht im Geringsten. Er atmete heftig, während er sich nun vorsichtig aus mir zog, mich dabei aber noch immer massierte. Durch das drückende Gefühl in meinem Inneren konnte ich nicht kommen, aber dafür jetzt. Noch immer völlig außer Atem lagen wir beide nun auf dem Rücken, wobei ich meinen Kopf auf seinen Oberarm gebettet hatte. Ich war völlig fertig und untenrum schmerzte es auch noch etwas, aber ich war zufrieden. Lysander und ich lächelten uns glücklich zu, bevor wir in eine bequemere Position zum Schlafen wechselten. Auf irgendwelches unnötiges Gerede verzichteten wir, das würde nur den Moment zerstören. Noch einmal küssten wir uns, bevor wir in den Armen des jeweils anderen einschliefen Kapitel 12: ------------ Es war warm. Es war weich. Und die verdammte Sonne sorgte dafür, dass der Raum einfach zu hell war. Grummelnd drehte ich mich zur Seite, um dafür zu sorgen, dass es um meine Augen herum irgendwo dunkler wäre. Als ich wieder richtig lag und dabei meine Beine hilflos in der Bettdecke verheddert hatte, kuschelte ich mich einigermaßen zufrieden an einen breiten Rücken. Moment! Rücken? Schlagartig riss ich meine Augen auf und brauchte erst mal ein paar Sekunden, um zu realisieren, was gestern Abend überhaupt passiert war. Ein leichtes, schmerzhaftes Pochen unterhalb meines Rückgrates sorgte im Wesentlichen dafür. Gut, beginnen wir den Morgen doch damit, dass ich aufgrund der Erinnerung an gestern Nacht knallrot anliefe. Ein paar Minuten lang lag ich so da und ließ die ganze Nacht Revue passieren, dachte immer wieder daran, dass ich es tatsächlich mit Lysander getan hatte. Ein leichtes Lächeln legte sich bei diesem Gedanken um meine Lippen. Schlimm war es überhaupt nicht gewesen, eher im Gegenteil. Es war total schön, wenn auch ein wenig schmerzhaft. Aber das musste beim ersten Mal ja so sein. Weitere Zeit verging, in der ich auf den kräftigen Rücken mit dem Tattoo sah. Moment Nummer 2! Tattoo? Mir fiel ein, dass ich Lysanders Tattoo bisher nie wirklich gesehen hatte, vor allem nicht von so Nahem. Ich musste wirklich sagen, dass es auf seinem Rücken wirklich verdammt gut aussah. Zwei engelsgleiche Flügel auf seinen Schulterblättern, die nach unten hin in der Mitte zu Schmetterlingsflügeln übergingen. Irgendwie hatte es echt was. Wenn er wach war, würde ich ihn fragen, ob es auch irgendeine Bedeutung hatte. Während ich mit den Fingerspitzen vorsichtig seine Tätowierung entlang fuhr, überlegte ich, ob ich deswegen jetzt ‚Mein Engel‘ oder so nennen sollte. Aber ne, lieber nicht. Das klingt wirklich zu kitschig, und vor allem zu peinlich. Schnell zog ich meine Finger weg, als Lysander sich auf einmal um und auf den Rücken drehte. »Kannst ruhig weiter machen.«, meinte er mit einem schiefen Lächeln und verschlafener Stimme. Das ließ ich mir natürlich nicht zweimal sagen und legte meine Hand nun direkt auf seine Brust, wo ich ihn ausgiebig kraulte. Ich meinte, daraufhin ein Schnurren von ihm zu hören. Lysander hatte den Kopf in meine Richtung gedreht und blickte mich aus müden Augen, die unter verstrubbelten Haaren hervor lugten, an. So sah er noch heißer aus, als er eh schon war. »Guten Morgen übrigens.«, begrüßte ich ihn mit einem kurzen Grinsen und kuschelte mich gleich wieder enger an seine Seite. Mein Kopf kam seinem näher, hielt dann aber inne. »Morgen.«, nuschelte er noch knapp, bevor er ausgiebig gähnte. Erst danach küsste er mich. Glücklich lächelnd sah ich ihm nach dem Kuss in die Augen. Der Blickkontakt wurde erst unterbrochen, als der Weißhaarige noch einmal gähnen musste, und es mich diesmal ansteckte. Im nächsten Moment spürte ich einen seiner Arme um meine Schultern, die mich zu ihm herunter drückten. Sofort schmiegte ich mich an seine Brust, auch wenn ich nun halb auf ihm lag. Ihn schien das nicht zu stören, also tat es mich auch nicht. Die nächsten Küsse wurden von mal zu mal immer sanfter, was daran lag, dass Lysander beinahe wieder einschlief. Im Halbschlaf sah er nicht nur heiß, sondern auch noch verdammt süß aus. Was für eine Mischung. Ich war allerdings nun wach und würde kein zweites mal einschlafen können. Grinsend wanderte ich daher mit meinen Lippen zu seinem Ohr und biss frech hinein, bis er mich leicht erschrocken ansah. Er konnte ja echt schnell wieder einpennen. Ich grinste ihn daraufhin nur an und tat so, als ob nichts gewesen wäre. Als „Strafe“ dafür spürte ich auf einmal seine Hand an meinem Hintern, was meine vorige Röte wieder auf den Plan rief. Einige Sekunden später lag Lys‘ Hand aber wieder brav auf meinem Rücken. »Tut dir eigentlich was weh?«, fragte er mich schließlich besorgt und sah mich mit dementsprechendem Blick an. »Naja.. es geht schon.«, erwiderte ich ehrlich und lächelnd. Lysanders besorgter Blick hielt aber an, auch wenn er kaum mehr etwas dazu sagte. »Tut mir leid.«, meinte er noch nuschelnd, woraufhin ich ihn wieder küsste. »Ist ja nicht deine Schuld.«, nuschelte ich vorher noch an seinen Lippen. Auch dieser Kuss hielt wieder einige Zeit an, wobei ich das Gefühl hatte, Lys wollte meine Lippen gar nicht mehr frei geben. Erst als er, irgendwie schüchtern, fragte, ob wir vielleicht zusammen duschen wollten und ich daraufhin eifrig nickte, trennten sich unsere Münder. Zusammen mit Lysander duschen war einfach herrlich. Die Enge in der Duschkabine war prickelnd und dadurch, dass unseren Körper sowieso fast aneinander gedrückt waren, hatten wir auch nicht die Finger voneinander lassen können. Das Plätschern des Wassers gab dazu ein interessantes Hintergrundgeräusch. Als wir es schließlich geschafft hatten, uns auch irgendwie zu waschen, war Lysander so fies, mir erst mal kein Handtuch zu geben. Erst, als ich ein wenig zu zittern anfing, da mir kalt war, rubbelte er mich ab, besonders am Rücken. Nun saß ich aber in Boxershorts und einem viel zu großen Shirt von Lys mit ihm am Frühstückstisch. Ich knabberte an einem Stück Toastbrot, vor mir stand eine dampfende Tasse Kaffee. Der Weißhaarige hatte eigentlich zum Bäcker gehen wollen, bis ich ihn daran erinnerte, dass sonntags hier keine Bäckerei offen hatte. Er hatte mich daraufhin verlegen angegrinst und in den Küchenschränken nach etwas gesucht, was essbar und zum Frühstücken geeignet war. Cornflakes und Milch, die noch haltbar, gab es zumindest in diesem Haushalt. Nur irgendwie hatte ich das Gefühl, dass nicht Lysander es war, der die Einkäufe tätigte. Während des Frühstücks fragte ich ihn, wie lange ich denn bei ihm bleiben dürfte. Es lief daraus hinaus, dass ich bis zum Spätnachmittag bei ihm blieb und wir allen möglichen Quatsch machten. Am liebsten hätte ich noch eine Nacht übernachtet, aber Lys meinte, dass sein Bruder, der heute Abend wieder kommen würde, das nicht so gerne hätte. Ich verstand es, auch wenn es mir schwer fiel schließlich auch wieder zu gehen. Wir küssten uns noch lange zum Abschied direkt an der Haustür und machten aus, dass wir heute Abend zumindest noch wieder miteinander chatten würden. In der Nacht konnte ich kaum einschlafen. Es war irgendwie ein seltsames Gefühl, wieder alleine in einem kalten Bett zu sein. Die ganze Zeit musste ich nur an Lys denken und rechnete immer wieder aus, wie viele Stunden es noch waren, bis ich vor der Schule wiedersehen würde. Und es waren definitiv viel zu viele Stunden. Mit den Gedanken bei ihm übermannte mich aber schließlich doch die Müdigkeit und ich schlief durch, bis mein Wecker eiskalt meinte, dass jetzt Schluss damit wäre. Verdammter Wecker! Nur noch zehn Minuten. Oder fünf. Oder wenigstens eine. Ich wollte so verdammt einfach nicht aufstehen. Viel lieber dachte ich noch ein wenig an den gestrigen Tag und daran, was Lys mir vertrauensvolles noch anvertraut hatte. Als wir gestern bei ihm am Frühstückstisch saßen, hatte ich ihn gefragt, ob sein Tattoo auch eine Bedeutung hatte. Eine berechtigte Frage, wie ich fand, aber er hatte sehr bei der Antwort gezögert. Dies auszusprechen war ihm auch nicht leicht gefallen, aber schließlich hatte er mir eine der traurigsten Geschichten erzählt, die ich je gehört hatte. »Weißt du, ich hatte mal eine Schwester.«, begann er schwerfällig. Schon vom ersten Moment an, hatte mir die Betonung auf „hatte“ ganz und gar nicht gefallen. »Damals lebten ich, meine Eltern, Leigh, und meine Schwester in einer Großstadt. Eines Tages waren wir mit Mary, so hieß sie, auf einem Spielplatz.« Lysanders Ausdruck wurde trauriger, je mehr er erzählt hatte. Ich wollte ihm sagen, dass er nicht weitereden müsse, wenn es ihm schwer fiele, aber erzählte weiter. »Sie war so ein fröhliches Kind. Ein richtiger Sonnenschein.« Ein kurzes Lächeln hatte seine Lippen umspielt. »Und ich hatte sie verdammt gerne.« »Aber dann, wie gesagt waren wir einem Spielstraße, entdeckte sie einen Schmetterling und rannte ihm hinterher. Wir alle hatten nur einen kleinen Moment nicht aufgepasst, da war sie verschwunden. Nur einen Moment später hörten wir einen leisen Aufprall, danach quietschten Reifen und eine Autotür knallte. Der Spielplatz war nicht unweit einer gut befahren Straße, Großstadt eben.« Lysander hatte eine Pause eingelegt und einen Schluck Kaffee genommen. »Jede Hilfe kam für Mary zu spät. Sie lag auf der Straße, eine Blutlache um ihren Kopf herum wurde immer größer. Der Autofahrer hatte sie zu spät gesehen und konnte nicht mehr bremsen, da sie einfach direkt auf die Straße gelaufen war. Der Notarzt konnte auch nur noch ihren Tod ausmachen.« Wieder schwieg Lysander, aber er war noch nicht ganz fertig. Ich meinte, Tränen in seinen Augen glitzern gesehen zu haben, aber er hatte sich schnell über das Gesicht gewischt. »Der Schmetterling, dem sie vom Spielplatz aus hinterher gelaufen war, saß auf ihrem toten Körper, bis sie abtransportiert wurde.« Ich hatte bis dahin nur geschwiegen und auch danach fehlten mir einfach die Worte. »Sie war doch erst vier Jahre alt gewesen. Mein kleiner Engel. Und dann war sie einfach tot.« Leise hatte er geseufzt und einmal kurz geschluckt. »Deswegen das Tattoo. Als ich 16 war habe ich es mir, ohne dass meine Eltern davon wussten, stechen lassen. Es ist eine Erinnerung an sie. Kleine Schmetterlingsflügel, die in prächtige Federn, also Engelsflügel, übergehen.« Mit diesen Worten hatte er seine Geschichte bezüglich seiner Tätowierung geendet und mir waren einfach nur die Tränen die Wangen hinunter gelaufen. Ich hatte kaum mehr aufhören können mit weine, weswegen Lysander ein wenig geschockt war, dass es mich so mitgenommen hatte. Ich war eben verdammt sensibel und wenn ich solche wahren, traurigen Geschichten hörte, konnte ich eben nicht anders. Sofort war er um den Tisch herum gekommen und hatte mich in den Arm genommen. Ich beruhigte mich schnell wieder, da ich ihn deswegen nicht auch die ganze Zeit mit dem Thema konfrontieren wollte. Auch versuchte er mich abzulenken und hatte mich anschließen gefragt, quasi als Gegenleistung für seine Geschichte, warum ich alleine lebte. Die Story dahinter war allerdings auch nicht spektakulär, das passierte in den meisten RTL-Familien. »Naja. Meine Mum ist damals ungewollt mit mir schwanger geworden, mein Vater wollte mich nie und hatte mich das auch jahrelang spüren gelassen. Meine Mutter gab irgendwann mir die Schuld dafür, dass ihre Ehe in die Brüche ging. Und als das Jugendamt, wahrscheinlich von den Nachbarn, erfahren hatte, dass meine beiden Erzeuger mich regelmäßig schlugen, haben sie mich da rausgeholt und ins Heim gesteckt. Dort kam ich eben mit den anderen Kindern nicht zurecht und in einer WG mit ähnlichen Fällen fühlte ich mich auch nicht wohl. Und weil ich keine anderen verwandten mehr habe, oder nicht kenne, wohne ich eben alleine und bekomme die Wohnung bezahlt, bis ich meine Ausbildung abgeschlossen habe und eigenes Geld verdiene. Ansonsten kommt ca zweimal im Monat so ein Mensch vom Sozialamt oder so zu mir, um nach dem Rechten zu schauen, und das war es dann auch.« Ich hatte die Geschichte eher monoton runtergeleiert, als ob ich sie schon tausendmal erzählt hatte. Was auch so war. Die meisten reagierten betroffen darüber, aber meistens war mir die Reaktion egal. Für mich war eine intakte Familie mit liebenden Eltern eben nie in Frage gekommen und ich konnte es mir beim besten Willen auch nicht vorstellen. »Das ist schrecklich.«, hatte Lysander dazu gemeint, aber ich hatte nur mit den Schultern gezuckt. »Ich lebe auch seit ich ungefähr 15 war alleine mit meinem Bruder. Meine Eltern zogen sich… nach diesem Vorfall aufs Land zurück und wollten es ruhig und still haben. Für Leigh und mich war das allerdings auch mit der Schule ungünstig, sodass wir zusammenzogen. Er war eh schon volljährig, sodass das klar ging.« Auch Lysander hatte sich nun ruhiger angehört. Nach diesen beiden Geschichten hatten wir uns wieder über „Normales“ unterhalten. Wecker. Dieser verdammte, elendige Wecker. Verdammt und dennoch gesegnet sei derjenige, der das Ding damals erfunden hat. Zum zweiten Mal riss mich diese nervtötende Erfindung aus meinen, nun zugegebenermaßen, bittersüßen Träumen. Ein drittes Mal ließ ich mir das allerdings nicht gefallen und stand auf, nur um mir danach zu überlegen, mich nicht doch noch einmal hinzulegen. Auch wenn es heute gewiss wieder warm werden würde, war mir direkt nach dem Aufstehen gleich wieder kalt. Naja, ab ins Bad, damit der routinemäßige Ablauf eines jeden Morgens beginnen konnte. Wie üblich musste ich mich dann direkt auf dem Schulweg beeilen, damit ich vor der ersten Stunde noch ein paar Minuten mit Lysander verbringen konnte. Durch diesen Gedanken beschwingt landete ich sogleich auf dem Schulhof und nur kurze Zeit später in den Armen meines Freundes. Die Umarmung war zwar kurz, aber liebevoll; einen Kuss bekam ich direkt vor der Schule eh nie. Bevor Lys und ich uns allerdings unterhalten konnten, kam auch schon Luna auf mich zugestürmt. Und zwar zugestürmt im wahrsten Sinne des Wortes. Ich musste aufpassen, dass sie mich nicht zu Boden riss, als sie mich mitten in ihrem Lauf stürmisch umarmte. Sie wollte zwar auch gleich etwas sagen, musste dann aber erst mal keuchen und Luft holen, als ob sie einen Sprint von ihrem zu Hause bis hierher hinter sich hatte. Und wie ich diese Verrückte kannte, hatte sie das auch noch wirklich gemacht. »Rate mal, wer ab morgen hierher kommen wird!«, begann sie nun mit freudiger, hibbeliger Stimme, während sie sich meine Hände schnappte und ein paar mal auf und ab sprang. Verwundert war ich allemal, nur Lysander, der daneben stand, war noch verwirrter. Ich sah sie einfach nur fragend an und hoffte, dass sie mir die Antwort auch gleich geben würde, ohne dass ich elendig rumraten müsste. »Rate!«, meinte sie dann allerdings sogleich, was meine Hoffnung in Luft auflöste. »Ne, sag’s mir einfach.«, entgegnete ich ihr und sah es ihr an, dass sie es eh nicht länger verschweigen konnte. »Dev kommt ab morgen an unsere Schule!«, posaunte Luna nun heraus. Ich sah sie erst mit großen Augen an, anschließend breitete sich ein breites Lächeln auf meinem Gesicht aus. Kapitel 13: ------------ Zur zweiten Stunde Schule zu haben und damit länger schlafen können war einfach herrlich. Nur dass ich damit auch Lysander vor Schulbeginn nicht mehr sehen konnte, war alles andere als herrlich. Ich hatte ihm zwar geschrieben, dass ich heute zwar zur zweiten Stunde Schule hatte, aber dennoch zur ersten kommen würde, um ihn zu sehen, aber er hatte mir diese Idee ausgeredet. Als ich fast eine volle Stunde später als sonst aufstand, dachte ich, dass ich doch lieber früher gekommen wäre. Auch wenn es nur fünf Minuten waren, war die Zeit einfach ewig bis zur großen Pause. In den kleinen Pausen zwischen den jeweiligen Stunden sah ich ihn fast nie, da er häufig das Klassenzimmer wechseln und von der einen Seite der Schule zur anderen wandern musste. Mein morgendlicher Ablauf geriert durch die spätere Uhrzeit auch ein wenig ins Wanken, sodass ich mich, wie üblich, auf dem Schulweg beeilen musste, um nicht zu spät zu kommen. Der nachfolgende Unterricht war auch nicht so spannend und Luna hörte nicht einmal zu. Sie saß total hibbelig auf ihrem Platz und war geschockt, als sie mir noch einmal erzählen musste, wer heute wirklich in unsere Schule kommen würde. Erst kurz vor der großen Pause saß auch ich lächelnd da, was meinen Mathelehrer dazu veranlasste zu fragen, ob es mir gut ginge und ob ich Fieber hätte. Als es endlich zur Pause gongte, huschte Luna von ihrem Platz auf und nuschelte noch etwas, dass sie dann auf den Pausenhof kommen würde. Schulterzuckend ging ich daraufhin aus dem Klassenzimmer. Wann Dev denn heute genau kommen sollte, wusste ich nicht; Luna hingegen schien es gar nicht mehr abzuwarten. Draußen auf dem Hof saß glücklicherweise schon Lysander auf unsere Stammbank, sodass ich ihn endlich begrüßen und auch kurz umarmen konnte. Sofort war ich wieder bestens gelaunt. Dass ich bald allerdings noch besser gelaunt werden würde, wusste ich erst in den nachfolgenden Momenten. »Hey! Lucio!«, rief eine tiefe, männliche Stimme quer über den Schulhof, gerade dann, als ich mich neben Lys setzen wollte. Sofort drehte ich mich um und mein ohnehin schon breites Lächeln wurde noch breiter, bevor ich erst einmal lachen musste. »Devon.«, meinte ich etwas lauter, während ich auf einen verdammt gut gebauten Kerl mit schwarz-roten Haaren, enger, schwarzer Kleidung und etwaigen Piercings zuging. Das war Devon. Gemeinsam mit Luna hatte ich mit ihm meine Kindheit und Grundschulzeit verbracht, auch danach waren wir noch ewig in Kontakt geblieben. Wir drei waren damals beste Freunde gewesen, bis Devon weggezogen war. Im Nachhinein hatte ich erfahren, dass seine Familie wegen Geschäftlichem immer wieder umziehen musste und er nie lange an einem Ort blieb. Dass sie damals über vier Jahre in einem Ort wohnten, war eine große Ausnahme gewesen. In den folgenden Jahren haben wir uns immer mal wieder getroffen, nur im letzten Jahr leider gar nicht. Umso größer war die Freude, dass er jetzt, wenn auch gewiss wieder nur für kurze Zeit, auf meine Schule gehen würde. Als wir nun voreinander standen hätte ich ihn ja gerne umarmt, was allerdings schlecht ging, da Luna breit grinsend auf seinem Rücken saß. Eiskalt hatte sie sich von ihm über den ganzen Schulhof tragen lassen, aber ihn schien das nicht zu stören. Eine halbherzige Umarmung kam dennoch zustande, auch wenn Lunas Beine, die Dev hielt, damit sie nicht herunter fiel, im Weg waren. »Lange nicht gesehen.«, meinte mein Kindheitsfreund nun schräg grinsend und mit leicht sarkastischem Unterton, was mich leicht zum Lachen brachte. »Ja, verdammt lang her.«, erwiderte ich. »Viel zu lange.«, mischte sich da auch die Blauhaarige ein, während sie Dev von hinten knuddelte. Nach ein paar Sekunden ließ er sie allerdings von seinem Rücken wieder auf ihre Beine stehen, was sie sich nur unter Protest gefallen ließ. Anschließend zog mich Devon nun richtig in seine Arme und hob mich sogar überschwänglich ein Stück hoch. Auch ich hatte dabei die Arme um ihn gelegt und freute mich einfach, ihn wieder zu sehen und umarmen zu können. Wieder mischte sich Luna ein, indem sie ihre Arme einfach um uns beide schlang, was uns alle nun zum Lachen brachte. Erst ein paar Momente später, als wir drei uns alle losgelassen hatten, bemerkte ich, dass hinter mir, noch ein wenig Abseits, Lysander stand. Mit einem Blick bedeutete ich ihm, näher zu kommen. Für einen kurzen Moment hatte ich doch glatt absolut nicht an ihn gedacht, was bei der überschwänglichen Freude auch kein Wunder war. Da Devon und Lysander sich ja noch nicht kannten, wollte ich die beiden einander vorstellen, was Devon aber schon fast allein regelte. »Hi, ich bin Devon. Kannst auch gerne Dev sagen.«, meinte der Schwarz-Rot-Haarige nun, während er Lysander die Hand hin hielt. Dieser nahm sie daraufhin und schüttelte sie. »Lysander. Angenehm.« Ich lächelte, hielt es aber dennoch für besser, gleich alle aufzuklären. »Äh… ja.. Lys, das ist mein alter, bester Freund aus Kindertagen. Und Dev, das ist mein.. fester Freund.«, sprach ich, wobei ich beim letzten Teil des Satzes auf Lysander deutete. Die Hände der Beiden, die sich die Hand gegeben hatten, verkrampften sich für einen Moment und krallten sich unfreundlich in die jeweils andere, was ich allerdings nicht mitbekam. Auch wurden die Blicke von Dev und Lys für einen Moment undeutbar und als ich für einen Moment schulterzuckend zu Luna sah, funkelten sich die beiden einfach nur an. Die Pause ging viel zu schnell rum und ich ärgerte mich, dass ich mich jetzt nicht nur von Lysander, sondern auch vorerst von Devon verabschieden musste. Bei letzterem stellte sich allerdings heraus, dass dies gar nicht der Fall war. Ich war mehr als überrascht, als ich erfuhr, dass Devon in meine Klasse gehen würde und es freute mich natürlich auch verdammt. Als Luna, Dev und ich uns auf den Weg zu unserem Klassenzimmer machten, bemerkte ich nicht, dass Lysander uns nachsah. In der Klasse angekommen war auch schon der Lehrer da um den neuen Schüler zu begrüßen und ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Der Lehrbeauftragte schien ganz froh zu sein, dass Dev hier schon jemanden kannte und dementsprechend nicht allein sein würde als Neuer. Ich war ja auch mitten im Schuljahr in die Klasse geplatzt und hatte das Glück, dass Luna unter meinen Mitschülern war. Auch Devon genoss nun dieses Glück. Nachdem alle Schüler allmählich eingetrudelt waren und die Stunde begann, musste sich Dev auch vor allen noch vorstellen und ein paar Dinge über sich erzählen. Besonders erhielt er dabei Aufmerksamkeit von den weiblichen Mitschülern, was bei seinem Aussehen und seinem Body auch kein Wunder war. Glück schien er allerdings nur bei der Platzwahl nicht zu haben, denn es war nur noch ein einziger frei- direkt neben Amber. Okay, jetzt tat er mir leid. Neben Amber zu sitzen war bestimmt die Hölle. Bevor ich vor einiger Zeit in die Klasse kam, saß Luna neben ihr, bis sie sich mit mir anfangs an einen freien Tisch gesetzt hatte. Die Blauhaarige hatte sich mehr als nur einmal über die blonde Zicke beschwert und war über sie hergezogen, was ich ihr nicht verübeln konnte. Dieses Mädchen war aber auch eine verdammt, eingebildete Zicke, deren Bild im Lexikon unter eben diesem Eintrag stehen sollte. Oder... lieber nicht, sie würde sich darüber auch noch freuen und damit angeben, obwohl sie bestimmt noch nie irgendein Lexika in der Hand hatte. Devon ließ sich allerdings nichts anmerken und setzte sich mit gespielten Lächeln neben Amber, die ihm sofort ein wenig Platz auf dem Tisch machte und dabei ein so schleimiges Gesicht aufsetzte, dass ich mich fragte, ob Dev schon irgendwas gegessen hatte, was aus seinem Magen direkt wieder herauskommen könnte – direkt in Ambers Tasche oder so. Wäre bestimmt witzig. Nachdem Devon seinen Platz nun hatte, begann der Lehrer nun auch mit dem regulären Unterricht und hielt einen Vortrag darüber, dass Gothe doch ein wahrhaftiger Popstar seiner Zeit gewesen war. Alles klar. Als ob die ganzen Jugendlichen damals stundenlang angestanden wären, um ein Autogramm von irgendeinem alten Dichter zu bekommen. Ich beschloß daher, dass es doch viel lustiger ist, Amber zu beobachten, wie sie die ganze Zeit Devon anschleimte, ihn von der Seite ansprach und er sie einfach eiskalt ignorierte. Irgendwann erreichte mich auch eine SMS von ihm, die er heimlich unter dem Tisch geschrieben hatte. Aber das tat ja eh jeder. >Mann, mir ist schlecht, hätte den Muffin vorhin nicht essen sollen. Is‘ die Blonde arg sauer, wenn man ihre Tasche als Kotztüte benutzt?<, lautete der Inhalt der Kurznachricht, die ich daraufhin auch gleich Luna zeigte. Diese hatte daraufhin alle Mühe, einen Lachanfall zu unterdrücken. Irgendwie hatten wir anscheinend alle drei den gleichen Gedanken. Der Rest der Stunde ging wegen dieser Erheiterung sogar relativ schnell rum. In der darauffolgenden Pause, wollte sich Devon eigentlich zu Lunas und meinem Tisch gesellen, aber er wurde von Amber aufgehalten. Die Zicke warf in einem Schwung ihre Haare zurück und setzte etwas auf, was offenbar ein Lächeln sein sollte. Vielleicht hatte sich aber auch in diesem Moment einen Krampf im Bein bekommen. »Hey. Magst du nicht mal was mit mir unternehmen? Wir könnten shoppen gehen und du dürfest auch meine Tüten tragen. Und vielleicht wirst du ja auch mein Freund.«, begann Amber in einem schleimigen, süßlich wirkenden Ton zu reden, während sie Devon am Arm festhielt. Dieser riss seinen arm allerdings weg und stand einfach auf, wie er es ursprünglich auch wollte. »Was bist du denn für ‘ne eingebildete Zicke? Lass mich bloß in Ruhe, bevor deine Blondheit mich ansteckt. Und ich hasse blonde Haare.«, meinte Devon nur kalt und ließ Amber damit geschockt stehen, oder eher sitzen. Okay, das war vielleicht nicht nett von ihm, aber so war er eben. Offen, direkt und sagte das, was sonst niemand sagen würde. Viele kamen deswegen nicht mit ihm klar, aber genau deswegen mochte ich ihn so, und Luna auch. Als er auf uns zukam wechselte sein genervt aussehender Gesichtsausdruck zu einem freundlichen Lächeln. »Hast du gut gemacht.«, meinte Luna zu ihm und die beiden schlugen die Hände ineinander. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Amber so schnell nichts mehr zum Lachen hatte. Diese Woche verging schneller als sonst. Devon heiterte die langweiligen Unterrichtstunden allein dadurch auf, dass er einfach nur anwesend war. Ich freute mich total, dass er unsere Klasse besuchte und wir damit noch mehr Zeit mit ihm verbringen konnten. Das Ganze war verdammt toll aber immer wieder musste ich daran denken, dass ich gar nicht wusste, wie lange Devon überhaupt hier blieb. Zu oft zogen seine Eltern um und bis er volljährig war, musste er sie begleiten. Zwar könnte er sich auch eine eigene Wohnung suchen, das Geld war in seiner Familie zu Genüge vorhanden, aber es wurde ihm einfach nicht erlaubt. Irgendwie konnte man es ja schon verstehen, dass Eltern ihren einzigen Sohn noch nicht alleine leben lassen konnten, nur nachvollziehen konnte ich es wie üblich nicht ganz. Liebende Eltern zu haben musste etwas Schönes sein. In der großen Pause am Freitagnachmittag diskutierten wir darüber, was wir am Wochenende machen wollten. Zwar hatten wir schon ein paar Pläne, aber es waren einfach zu viele. Für Luna und mich war klar, dass wir die Zeit mit Devon ausnutzen wollten, bevor er wieder in irgendeine weit entfernte Stadt zog. Zu lange würden wir uns dann nicht mehr sehen. »Und was ist mit diesem Freizeitpark, der vor ein paar Wochen neu aufgemacht hat?«, schlug Luna schließlich vor, während sie mich und Devon, der im Halbkreis neben mir stand, fragend ansah. »Da müssten wir aber über 3 Stunden mit dem Zug fahren, hin und zurück. Und der Eintritt ist teuer.« antwortete ich ihr, nicht gerade begeistert über den Vorschlag. 40 Euro für den Eintrittspreis war für jemanden, der nicht arbeiten ging und auf ein wenig Taschengeld vom Staat angewiesen war, verdammt viel. Selbst Devon konnte der Idee nicht so viel abgewinnen. »Achterbahn würde ich dann eh nicht fahren, Final Destination sei Dank. Und was anderes macht man da eh nicht.«, warf er mit leicht verzogenen Gesicht ein. Ich nickte und Luna schien zu überlegen. »Dann kann ich nur nochmal anbieten, dass ich ja sturmfreie Bude hab. Meine Eltern sind übers Wochenende weggefahren.«, meinte die Blauhaarige nun. Nach ein paar Minuten einigten wir uns darauf, dass wir das machen würden. Bei Luna war mehr Platz als in meiner Wohnung und im Wohnzimmer ihrer Eltern stand ein gigantischer Plasmafernseher. »Du kannst ja auch Lys fragen, ob er auch kommen will.«, setzte Luna ihre Rede nun fort und lächelte mich begeistert an. Das Lächeln erwiderte ich, denn ich freute mich, dass sie auch an meinen Freund dachte und ihn auch einladen wollte. Eben jenen hatte ich aus dem Augenwinkel auch erblickt. »Ich gehe ihn gleich mal fragen.«, meinte ich, bevor ich auf schon auf Lysander, der sich in diesem Moment zu Castiel an einer Mauer gesellte, zuging. Den stechenden Blick von Devon in meinem Rücken konnte ich dementsprechend nicht sehen. »Hey.«, meinte ich zu dem Weiß- und dem Rothaarigen, als ich beide erreicht hatte. Lysander umarmte ich daraufhin ganz kurz, auch wenn es etwas halbherzig ausfiel. In der Öffentlichkeit unter Leuten war ich das aber ja von ihm schon gewohnt. Ich fackelte nicht lange, um Lysander zu fragen, ob er mit mir und Devon gemeinsam bei Luna übernachten wollte. Der Blick des Weißhaarigen veränderte sich kurz merkwürdig, bevor er mich wieder mit seinem üblichen, sanften Lächeln anschaute. »Das ist nett von euch, aber ihr wollt doch sicher mit eurem alten Freund alleine sein.«, erwiderte er lächelnd, auch wenn mir etwas an seinem Tonfall nicht gefiel. »Echt?«, fragte ich daraufhin gleich nach, wobei sich meine Stimme wohl ein wenig zu fröhlich anhörte. Es war nicht so, dass ich Lysander nicht dabei haben wollte, aber wenn wir nur zu dritt waren, war das eben so wie früher. »Klar. Aber richte ihr… den beiden einen Gruß aus. Und dass ich mich über die Einladung trotzdem gefreut habe.«, meinte er wieder in einem seltsamen Tonfall, den ich nicht verstand. Dennoch lächelte ich an, glücklich darüber, dass ich ausnahmsweise das Wochenende nicht mit ihm verbrachte und er deswegen nicht sauer auf mich war. So verständnisvoll konnte auch nur Lysander sein. »Okay, mache ich. Äh… kommst du den Rest der Pause noch zu uns?«, fragte ich nach einem kurzen Moment und einem Seitenblick auf Castiel, der unbeteiligt und verbotenerweise rauchend neben uns stand. Lysander schüttelte den Kopf. »Ich muss noch was mit Castiel wegen einem Auftritt besprechen.« »Okay.«, meinte ich daraufhin noch zu ihm und verabschiedete mich lächelnd von den beiden, ohne weitere Umarmung. Das »Wir haben doch gar keinen Auftritt in nächster Zeit.« von Castiel nahm ich nur noch leise und am Rande wahr. Das Wochenende bei Luna würde bestimmt großartige werden. Das hatte ich im Gefühl, als ich mich spätnachmittags auf den Weg zu ihr machte. Nur wir drei, das fühlte sich jetzt schon an wie früher. Bevor ich meine Wohnung verlassen hatte, hatte ich noch ein wenig mit Lysander geschrieben. Er wünschte mir und uns abermals viel Spaß und ich erfuhr, dass er an diesem Abend ebenfalls bei jemandem pennen würde. Bei Castiel, um genau zu sein und es hätte mich auch gewundert, wenn es jemand anderes wäre. Den ganzen Weg über hatte ich schon gute Laune, aber als ich vor Lunas Haustür stand, wurde mein entsprechendes Lächeln noch größer. Ich musste nach dem Klingen nur einen kurzen Moment warten, bis mir die Tür aufgemacht wurde. Dies tat allerdings nicht die Blauhaarige, sondern Devon. Anscheinend hatte er den Weg hierher alleine gefunden. Fröhlich begrüßte ich ihn mit einer stürmischen Umarmung, der sich auch Luna anschloß, als sie zur Tür kam. »Gruppenkuscheln.«, hatte die Gastgeberin dabei noch grinsend gemeint, bevor sie die Haustür schloß. Das Gespür für einen wunderschönen Abend bewahrheitete sich. Wir lachten viel und machten bis in die Nacht hinein allerlei Unsinn und Quatsch. Irgendwie hatten wir es dann noch geschafft, rauszugehen, um uns in der Videothek ein paar Filme auszuleihen. Auf dem Rückweg machten wir an einem Supermarkt und einer Pizzeria halt, damit Nahrung und Knabberzeugs für später im Haus war. Gegen 23 Uhr hatten wir uns schließlich zu dritt auf eine Couch im Wohnzimmer gequetscht, Luna saß dabei in der Mitte. Auf dem riesigen Flachbildfernseher lief irgendeine Horrorkomödie, die allerdings nicht sonderlich lustig war. Beide Filme, die wir in der Videothek ausgeliehen hatten, waren nicht sonderlich gut, sodass wir irgendwann Lunas DVD-Regal geplündert hatten. Und das hätten wir von Anfang an tun sollen. Neben Twilight und Miss Marple gab es dort einige verdammt gute Klassiker. Im Endeffekt zogen wir uns dann aber nur die drei Teile des Exorzisten rein. Wenigstens waren das Filme, die ich kannte und bei denen ich nicht schon wieder Angst bekam. Okay, vielleicht ein kleines bisschen, aber mehr auch nicht. Luna, die noch immer in der Mitte der Couch saß, machte sich beim zweiten Teil zunehmend breiter, sodass sie irgendwann von beiden Seiten einen Ellbogen in die Seite bekam. Sie murrte nur und als „Strafe“ knuddelte sie uns beide einfach durch. Dass sie später auch mit uns beiden wahrscheinlich in einem Bett pennen würde, schien sie auch nicht zu stören. Aber zwei schwulen Kerlen hatte sie ja auch verdammt viel zu befürchten. Irgendwann verschwand die Blauhaarige, um aus dem Keller noch eine Flasche Cola zu holen, sodass ich mit Devon auf der Couch alleine saß. Dieser nutzte den Augenblick, um zu mir rüber zu rutschen und einen Arm um meine Schultern zu legen. Da er ja mein bester Freund war, kuschelte ich mich ohne zu zögern an seine Seite. Devon schien das allerdings anders zu verstehen, denn er drehte sich daraufhin nun so, dass er mir direkt ins Gesicht blicken konnte. Da ich mich nicht direkt an seine Brust schmiegen wollte, rutschte ich ein kleines Stück nach hinten und sah ihn ebenfalls an. »Hast du keine Angst mehr bei den Filmen? Früher hast du dich immer an mich geklammert.«, meinte er zu mir, wobei ich im Dunkeln ein Grinsen auf seinen Zügen erahnen konnte. Empört schüttelte ich den Kopf. »Natürlich nicht.«, meinte ich vehement und verdrängte den Gedanken, dass auch im echten Leben irgendein gruseliger Dämon Besitz von einem Menschen einnehmen konnte. Devon runzelte leicht die Stirn, bevor er wieder grinste. »Schade.«, erwiderte er schließlich. »Dabei hätte ich dich doch beschützt, wenn du später wieder nicht einschlafen könntest.« »Ich war damals ja auch noch jünger.«, verteidigte ich mich ernst. Devon murmelte daraufhin schließlich etwas, was ich nicht ganz verstand., bevor ich spürte, wie er mich an den Schultern nach unten auf die Couch drückte. Fragend blinzelte ich deswegen zu ihm hoch. Ich verstand nicht, was er vorhatte, als er sich nun auch zu mir herunterbeugte und intensiv ansah. Ein wenig verunsichert lachte ich einfach mal. »Hey. Ich will das Ende vom Film aber schon noch sehen.«, meinte ich zu ihm und bemühte mich, ein wenig amüsiert zu tun. Von Devon war nur ein leichtes Murren zu hören. »Ich hätte das echt schon früher machen sollen…«, murmelte er nur noch, bevor ich seine Lippen plötzlich auf meinen fühlte. Geschockt sah ich ihn an, bevor ich meine Augen ein wenig verengte. Ich verstand bei Weitem nicht, warum er mich auf einmal küsste. Wir waren doch beste Freunde, oder? Tausend Gedanken schoßen mir durch den Kopf, während Devon seine weichen, fordernden Lippen ein wenig an meinen bewegte. Aus Gewohnheit und einfach, weil es sich verbotenerweise so gut anfühlte, ging ich darauf ein. An Lysander dachte ich in diesem Moment gar nicht. Zum Glück war Luna rechtzeitig wieder in das Zimmer geplatzt, sodass ich schnell meine Gedanken wieder ordnen konnte und Devon hastig von mir weggerutscht war. Die nächsten Stunden über hatten wir so verbracht, als wäre nichts geschehen und ich hatte auch den Gedanken an den Kuss eiskalt verdrängt. Zumindest bis jetzt. Mittlerweile lag ich in meinem eigenen Bett und dachte an diesen Moment zurück. Obwohl morgen, eigentlich wegen der fortgeschritten Uhrzeit eher heute, wieder Schule war, war ich noch hellwach. Meine Gedanken kreisten um Devon und Lysander. Ich fragte mich, warum mein bester Freund mich einfach geküsst hatte. Einfach so. Es war klar, dass ich ihn mochte, aber doch nur als besten Freund. Genau wie Luna kannte ich ihn immerhin seit dem Kindergarten. So musste er das doch auch empfinden. Freunde. Gute Freunde. Oder etwa nicht? Genau das wollte mir einfach nicht in den Kopf. Zudem bekam ich mit der Zeit immer mehr ein schlechtes Gewissen. Ich war immerhin mit Lysander zusammen und hatte einen anderen geküsst, oder hatte zumindest den Kuss erwidert. War ein einziger Kuss denn schon fremdgehen? Wenn ich erfahren würde, dass jemand anderes Lysander geküsst hätte, wäre ich bestimmt sauer. Und wenn er es ebenfalls erwidert hätte, wäre ich noch wütender. Ob es bei ihm genauso war? Diese Gedanken quälten mich immer wieder und kurz nachdem ich zu dem Entschluss gekommen bin, Lysander das erst mal zu verheimlichen, schlief ich ein. Als der Wecker klingelte, fühlte es sich so an, als hätte ich insgesamt nur fünf Minuten geschlafen. Oder eine. Dennoch schaffte ich es, mich kurze Zeit später aus dem Bett und hinein ins Badezimmer zu schleifen. Dass ich beim Zähneputzen beinahe wieder einschlief, ließ ich mal außer Acht. Einigermaßen pünktlich kam ich bei der Schule an und verbrachte dort auch einen routinemäßigen, ruhigen Schultag, an dem nicht wirklich viel passierte. Schnell hatte ich mich daran gewohnt, dass Devon in meiner Klasse war und es fühlte sich an, wie immer. Auch die nächsten zwei Tage liefen so ab. Schade fand ich es in dieser Zeit nur, dass ich Lysander nur in den längeren Pausen sah und wir an keinem der Nachmittage was zusammen unternahmen; Mit Devon hingegen war ich shoppen gegangen. Donnerstags nach der Schule war es mit der Ruhe allerdings vorbei. Mit Lysander hatte ich zwar täglich gechattet und geschrieben, aber das war einfach nicht das Gleiche, als ihn persönlich zu sehen. Die Zeit mit Devon war lustig, aber dennoch vermisste ich auch den Weißhaarigen. Eigentlich hätte ich mich mit Lysander auch schon Dienstag treffen können, aber ich hatte seine SMS zu spät gesehen, dass er kurzfristig Zeit hätte, da der Nachmittagsunterricht bei ihm ausfiele. Zugleich war es auch der Tag, als ich mit Devon shoppen war. Für heute hatte ich mich allerdings fest mit Lysander verabredetet; Dazu hatte er mich gestern auch kurz angerufen. Seine Stimme klang zwar ein wenig merkwürdig und gedrückt, aber das hatte ich einfach mal ignoriert. Lächelnd lehnte ich nun an einer Mauer auf dem Schulhof und wartete auf Lysander. Immer wieder sah ich ungeduldig auf mein Handy und hoffte, dass es nicht klingeln oder dergleichen würde. Würde Lysander mir jetzt kurzfristig absagen, wäre ich wirklich verdammt enttäuscht. Als ich Schritte hörte, die näher in meine Richtung kamen, drehte ich mich freudestrahlend zu dieser Person um. Natürlich dachte ich, es wäre Lysander. Dem war allerdings nicht so. Derjenige, der an mich herangetreten war, war Devon. »Hey.«, begrüßte er mich lächelnd und blieb vor mir stehen. »Was machst du hier noch, der Unterricht ist doch schon vorbei?« »Das gleiche könnte ich dich fragen.«, erwiderte ich mit einem nicht mehr so starken Lächeln. »Hast du kurz Zeit?«, fragte Devon, anstatt mir eine Antwort zu geben. Ich druckste ein wenig herum. Eigentlich hatte ich keine Zeit, da Lysander bestimmt jeden Moment kommen würde. »Nicht wirklich…«, entgegnete ich ihm, wobei sich die Miene meines Gegenübers ein wenig verdüsterte. »Triffst du dich mit jemanden? Etwa mit diesem… Lysander?« Devons Stimme klang bei dieser Frage ein wenig kühler und Lysanders Namen sprach er irgendwie… abfällig aus. Das gefiel mir ganz und gar nicht. »Ganz recht.«, meinte ich daher nur knapp zu ihm und sah ihn ernst an. Devon Blick wurde glatt noch etwas finsterer. »Du bist immer noch mit ihm zusammen, ja? Was willst du überhaupt von ihm? Der Kerl kümmert sich keinen Dreck um dich.« Der Schwarz-Rot-Haarige knurrte beinahe, während er näher an mich rückte und seine Arme links und rechts neben meinen Kopf stemmte. Mit undefinierbarem Blick sah er mir in die Augen. Ich war mit dem Rücken noch näher an die Wand gerutscht, sodass ich dort jeden Mauerstein einzeln spürte. Antworten konnte ich erst mal nicht. Ich hatte Devon noch nie so erlebt und irgendwie machte er mir so auch ein wenig Angst. »Du kapierst es echt nicht, oder?«, murmelte mein Gegenüber, bevor er den Blick kurz abwendete und dann wieder auf mich richtete. »Ich liebe dich! Ich habe dich verdammt nochmal immer geliebt!« Das war der Moment, in welchem Lysander direkt wieder um die Ecke bog, aus der er gerade gekommen war. Das Herz des Weißhaarigen hatte für einen Moment ausgesetzt. Er wollte sich hier mit Lucio, seinem Freund treffen, hatte sich auch sehr darüber gefreut. Lysander hatte sich in den letzten Tagen ein wenig vernachlässigt gefühlt und auch so, als ob er mittlerweile in Lucios Leben nur noch an zweiter oder dritter Stelle käme. Dementsprechend groß war die Freude bei ihm, dass sie geplant hatten, den heutigen Nachmittag gemeinsam zu verbringen. Er wollte seinen Freund doch auch wieder in den Armen halten und ihn küssen. Wie üblich hatte er sich allerdings verspätet, da er erst noch sein Notizbuch suchen musste. Wie dieses in irgendein Klassenzimmer, das er gar nicht betreten hatte, kam, konnte er sich nicht erklären. Hätte er aber gewusst, auf welche Szenerie er im Nachhinein treffen würde, hätte er die Suche auf morgen verschoben. Sein Herz klopfte wie verrückt und er wusste nicht, was er tun sollte. Ein anderer Kerl machte SEINEM Freund eine Liebeserklärung. Und es war nicht mal nur irgendein Kerl. Es war Lucios bester Freund aus Kindheitstagen. Dieser Typ war letzte Woche hier an der Schule aufgetaucht und seitdem nahm er Lucio ständig ein. In den Pausen hing er ständig an ihm und sogar in einer Klasse waren sie. Das Wochenende hatten sie zusammen verbracht, obwohl er und Lucio an diesen Tagen bisher immer etwas unternommen hatten. Natürlich hatte er Verständnis dafür gehabt, dass die beiden, oder eher die drei, wenn man Luna dazu zählte, zusammen viel machen wollten, wenn sie sich wiedergefunden hatten. Er hatte es auch eingesehen, dass sie sich dafür mal ein paar Tage lang nur in der Schule sehen würden. Aber das, was er jetzt hörte, setzte dem Ganzen die Krone auf. »Aber..« hörte er Lucios Stimme von der Seite; Etwas sehen konnte er gerade nicht. Das wollte er ändern und so lugte er vorsichtig um die Ecke, bedacht darauf, nicht selbst gesehen zu werden. »Ich mag dich doch auch…« Diesen Satz aus Lucios Mund zu hören versetzte Lysanders Herz einen gewaltigen Stich. Weitersprechen tat derjenige mit dem blauen Pony nicht, da Devon wieder das Wort ergriff. »Also. Wir kennen uns so lange und ich habe mich immer um dich gekümmert. Da kannst du mich doch auch lieben. Ich werde dich auch glücklich machen, versprochen.« Alles in Lysander schrie danach, in diese Situation einzugreifen, doch er hielt sich zurück. »Den Kuss am Samstag hast du doch auch erwidert.«, sprach Devon nun weiter. In Lysanders Herz stachen tausend winzige Nadeln. Zumindest fühlte es sich so an. »Ja, aber…«, sprach nun Lucio, mehr aber auch nicht. »Kein aber. Ich liebe dich. Und du magst mich auch?« Eindringlich sah Devon Lucio in die Augen. Von seiner Position aus konnte der Weißhaarige alles gut beobachten. Keine Bewegung entging ihm und er selbst stand auch stocksteif da. Er hatte das Gefühl, er würde seinen Freund, seine Liebe gleich verlieren. »Ja.« Lucios Stimme klang nun härter und er hob den Kopf. »Ich liebe dich ja a….« Weiter kam er allerdings nicht, da Devon den Kleineren einfach küsste. Lucio wehrte sich in diesem Moment nicht, viel eher klappten noch seine Augen zu. Das war der Moment, in dem Lysanders Herz endgültig brach. Er spürte Tränen in seinen Augen aber auch, wenn er sensibel war, weinen würde er nicht. Nicht jetzt. Nicht wegen ihm. Nicht wegen dieser Person, in die er sich verliebt hatte. Mit kaltem Gesichtsausdruck löste er sich aus seiner Starre und schritt vom Ort des Geschehens weg. Ich war zu geschockt, als irgendetwas zu erwidern. Zum zweiten Mal spürte ich Devons Lippen auf meinen und er drückte sich mit dem Körper immer mehr an mich. Das war zu viel. Gerade wollte ich ihm klarmachen, dass ich ihn wirklich mochte, aber auf keinen Fall liebte, als er mich wieder einfach küsste. Ein zweites mal wollte ich mir das nicht gefallen lassen. Ich atmete tief ein und öffnete meine Augen wieder. Eine Sekunde später drückte ich Devon mit aller Kraft von mir. Er war stärker und muskulöser als ich, sodass ich eigentlich keine Chance gegen ihn hatte, aber das Überraschungsmoment überrumpelte selbst ihn. Bevor ich allerdings gleich noch etwas sagen konnte, sah ich, wie schräg gegenüber von uns jemand in einem schwarzen Mantel wegging. Lysander erkannte ich selbst von hinten. Ich sah ihm ein paar Sekunden lang nach, bevor ich eine schreckliche Ahnung hatte. Er hatte das ganze jetzt aber nicht wirklich mitangehört? Hatte er? Wirklich? Verdammt! Und wenn er das ganze mitangehört hatte, hatte er das alles vielleicht missverstanden. Doppelt verdammt! Ich ließ Devon einfach links liegen und rannte dem Weißhaarigen hinterher. »Lysandeeer!!«, rief ich ihm hinterher und war erleichtert, als er anhielt. Zu mir umdrehen tat er sich allerdings nicht. »Was?« Die Stimme des Weißhaarigen klang hart und kalt. Alleine dieses Wörtchen ließ mich wissen, dass er das gerade eben wirklich mitangehört hatte. »Ich äh… Hast du uns gehört?«, fragte ich ihn vorsichtig, um sofortige Gewissheit zu haben. Dass er sich noch immer nicht umdrehte, war allerdings Antwort genug. »Also, weißt du, nicht, dass du das missverstehst. Das war ja nicht alles und…«, weiter kam ich nicht, ohne dass ich mich mit den Worten verhaspelte. »Es reicht zumindest, um einen Schlussstrich zu ziehen.« Lysanders Worte schockten mich. Wie meinte er das? Als wäre ich in eine Starre gefallen sah ich auf seinen Rücken. »Wie meinst du das…?«, fragte ich das zuvor Gedachte nun zögerlich. Vor der fürchtete ich mich wirklich. »Du magst diesen Devon, ja? Du liebst ihn? Und hast ihn auch schon geküsst?!« So laut und so kalt hatte ich Lysander noch nie sprechen hören. Mein Hals schnürte sich zusammen und ich sah innerlich eine Welt zusammenbrechen. »Ja.. das heißt nein… also..ich wollte es dir ja sagen.« Super, diese Worte konnte man ja nur falsch verstehen. »Ich denke, du hast genug gesagt. Es reicht.« Lysander so zu hören brach mir das Herz. Ich wollte mich verteidigen, ihm die Wahrheit sagen, ihm versprechen, dass ich nur ihn liebte, aber ich konnte nicht. Die Worte blieben mir im Hals stecken, die Luft wollte meinen Lungen nicht mehr entweichen. »Was…?«, fragte ich ganz leise, aber es wurde vom Rauschen der Blätter im Wind übertönt. »Ich mach Schluss!« Klar und deutlich hatte ich diesen Satz vernommen, aber ich wollte ihn einfach nicht begreifen. Wieder und wieder hallte er in meinem Kopf und während ich darüber nachdachte, flossen die Tränen. Ich wusste nicht, wie lange ich dastand und in die Richtung starrte, in welche Lysander ohne ein Wort des Abschieds gegangen war. Die Tränen tropften mittlerweile schon von meinem Kinn auf die trockene Erde und mein Schluchzen machte dem Blätterrauschen deutliche Konkurrenz. Hätte Devon mich nicht in die Arme genommen, wäre ich an genau diesem Ort zusammen gebrochen. Kapitel 14: ------------ Den darauffolgenden Tag verbrachte ich heulend daheim. Ich war zu nichts mehr im Stande, wollte nur noch alleine sein. In diesem Zustand hätte man mich in der Schule eh wieder heim geschickt. Gestern wollte Devon mich zwar noch heimbringen, aber ich lehnte ab. Eigentlich sollte ich sauer auf ihn sein, ihn dafür hassen, dass er meine Beziehung zu Lysander kaputt gemacht hatte. Bis gerade eben konnte ich es allerdings nicht. Nach mehreren Stunden, inklusive der ganzen Nacht, hatte ich das Gefühl, keine Tränen mehr zu haben. Meine Augen brannten und in der ganzen Wohnung lagen Taschentücher herum. Immerzu dachte ich an Lysander und ging die Szene gestern tausendmal durch. Erst gegen Mittag konnte ich mich dazu aufraffen, irgendetwas Sinnvolles zu tun. Essen zum Beispiel. Salzen musste ich das Wasser für die Nudeln nicht, das übernahmen meine Tränen. Ich hatte mich also getäuscht, als ich dachte, ich könnte gar nicht mehr weinen. Schluchzend schnappte ich mir ein weiteres Taschentuch und wischte mir damit übers Gesicht. Wissen, wie ich jetzt gerade aussah, wollte ich beim besten Willen nicht. Am Morgen hatte ich Luna eine SMS geschrieben, dass ich heute nicht zur Schule käme, damit sie sich keine Sorgen machte. Sie wusste natürlich bereits, was passiert war; Woher auch immer. Nach der Nachricht hatte sie mich angerufen und angeboten, nach der Schule bei mir vorbei zu kommen, was ich aber vorerst abgelehnt hatte. Im Moment wollte ich nur noch allein sein. Auch hatte mir die Blauhaarige einen Gruß von Devon ausgerichtet, was mich abermals zum Heulen gebracht hatte. Dieser Mistkerl war an allem schuld! Lieber würde ich meine Pausen ab sofort mit Amber verbringen, als mit ihm. Wenigstens hatte ich es mittlerweile geschafft, sauer auf meinen besten Freund zu sein. Ehemals besten Freund. Ach, egal. Ich hätte nie gedacht, dass er mir mal so wehtun könnte. Indirekt. Eigentlich hatte Lysander mich ja verletzt. Aber Devon war schuld. Egal. Ich war sauer auf ihn. Und das berechtigt. Während ich an meinem kleinen Küchentisch saß und verkochte Nudeln ohne Soße aß, drehten sich meine Gedanken um Devon. Er hatte mir gestern seine Liebe gestanden. Aber ob ich ihm das glauben konnte? Jahrelang waren wir beste Freunde gewesen, hatten uns alle Geheimnisse erzählt. Selbst die riesige Distanz zwischen uns hatte unserer Freundschaft nie etwas anhaben können. Und jetzt das. Ich hätte ja mit irgendwie darüber reden können, dass er in mich verliebt war, hätte es klären können. Nur nicht zu diesem Zeitpunkt. Für einen Außenstehenden hatte sich diese Szene ja falsch anhören müssen. Dabei hatte ich mich so sehr darauf gefreut, auch wieder einen Nachmittag mit Lysander zu verbringen. Aber Dank Devon hatte er eiskalt mit mir Schluss gemacht. Traurigkeit und Wut wüteten zugleich in mir und ich wusste nicht, welchem Gefühl ich nachgeben sollte. Ich wusste nur, dass ich mich jetzt ein wenig ablenken sollte. Ein wenig ruhiger werden könnte bestimmt nicht schaden. Vorsichtig räumte ich meinen Teller in die Spüle und klatschte mir kaltes Wasser ins Gesicht. Den Blick in den Spiegel vermied ich dabei. Es war ein Erfolg, dass ich für über eine halbe Stunde nicht mehr geheult hatte. Dies änderte sich aber schlagartig, als ich mit meinem Laptop ins Internet ging. Auch Lysander ging es a diesem Tag alles andere als gut. Zwar sah er aus wie immer und verheilt sich auch so, aber sein Innerstes war aufgewühlt. Die Trennung mit Lucio nahm auch er nicht gerade leicht hin. Obwohl er es war, der die Worte ausgesprochen hatte. Gestern hatte er einfach drauf los geredet, die verheerenden Worte waren einfach so aus seinem Mund gekommen. Er war verletzt und traurig, sodass er es schlussendlich nicht mehr stoppen konnte. Als er gestern heimgekommen war, hatte er sich in sein Zimmer zurückgezogen und unzählige Seiten seines Notizbuches vollgekritzelt. Bald müsste er deswegen ein weiteres anfangen. Gegen Abend hatte er sich ans Klavier, welches in einer Ecke im Wohnzimmer stand, gesetzt und fast zwei Stunden durchgespielt. Eben solange, bis es sein Bruder nicht mehr ausgehalten hatte. Leigh gegenüber hatte er nur ein paar Andeutungen gemacht und sich dann wieder zurückgezogen. Am nächsten Morgen ging er auch wie gewohnt zur Schule. Es war ungewohnt für ihn ohne Worte das Schulgebäude zu betreten. Niemand begrüßte ihn oder er bekam es zumindest nicht mit. Die große Pause hatte er zum Teil allein, zum Teil mit Castiel verbracht. Er war der einzige, der sofort sah, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Da der Rothaarige ihn mit seiner rauen Art aber auch nicht wirklich aufheitern konnte, hatten sie sich angeschwiegen. Lysander war einfach nicht nach Reden zu mute. Die zweite Person, die bemerkte, dass es dem Weißhaarigen nicht gut ging, war sein Geschichtslehrer. Normalerweise mochte Lysander Geschichte, aber heute war er einfach nur abwesend. Auf die Frage, wann die Französische Revolution begann, hatte er nur irgendwas mit 19. Jahrhundert gemurmelt. Auch nach der Schule ging er schweigend durch die Gänge, verabschiedete sich von Niemanden und umarmte auch keinen. Sogar seine Schulsachen hatte er heute nirgends liegen gelassen, nicht einmal sein Notizbuch. Als er zu Hause war verkroch er sich wieder in sein Zimmer. Er hatte zwar das ganze Haus für sich, da sein Bruder arbeiten war, aber in seinem Zimmer fühlte er sich eben am Wohlsten. Zumindest solange, bis er sich auf sein Bett setzte und hastig wieder aufstand. In diesen vier Wänden konnte er doch nicht länger bleiben. Zu stark war die Erinnerung daran, was er hier mit Lucio getan hatte. Lucio. Lysander war zwar sensibel, aber die Tränen konnte er zurückhalten. Er hatte das durchgezogen und dabei würde es bleiben. Der Weißhaarige war der festen überzeugen, dass Lucio doch glücklicher ohne ihn wäre. Glücklicher mit diesem Devon, den er, weiß Gott wie lange, kannte. Kindheitsfreunde, wussten alles über einander, das passte doch perfekt. Lysander ergriff allerdings schon bei Devons Namen eine unbegreifliche Wut und er spürte ein Gefühl, dass er schon lange nicht mehr hatte. Hass. Er erschrak darüber, was er fühlte und wollte darüber auch nicht lange nachdenken. Dass er Devon eigentlich gar nicht aus tiefstem Herzen hasste, sondern vielmehr eifersüchtig auf ihn war, war ihm allerdings nicht klar. Um sich abzulenken hatte er es sich mit seinem Laptop im Wohnzimmer gemütlich gemacht. Auch Gedanklich musste er einen Schlussstrich ziehen, da nicht nur sein Herz vollkommen von Lucio eingenommen war. Er zog die Beine auf die Couch, als er die Internetseite aufrief, auf der er so oft mit Lucio geschrieben hatte. Tief atmeteter durch, bevor er seinen Beziehungsstatus von „in einer Beziehung“ zu „Single“ änderte. Das Wochenende verbrachte ich zum größten Teil alleine daheim. Luna kam mich für ein paar Stunden besuchen, was mir auch irgendwie gut tat. Sie hatte mich tausendmal in den Arm genommen und nicht mehr losgelassen. Sie fand es auch nicht gut, was Devon da abgezogen hatte, aber noch krasser fand sie, was Lysander getan hatte. Nur schwer konnte ich sie davon abhalten, mit ihm zu reden. Dies bewies mir allerdings auch, wie nahe wir uns standen und wie gern wir uns hatten. Solche Freunde waren doch wirklich Gold wert. Eigentlich ja sogar mehr als Gold. Während ihrem Besuch schaffte ich es sogar, wieder ein wenig zu lachen, auch wenn ich wieder ein paar mal heulen musste. Die Blauhaarige hatte mir sogar ein Päckchen Taschentücher mitgebracht. Ich wusste nicht, wie ich es finden sollte, aber nützlich war es allemal. Mein Vorrat war mittlerweile aufgebracht. Das einzige mal verließ ich das Haus, um kurz einkaufen zu gehen, ansonsten vergrub ich mich weiter daheim. Am Montag fiel es mir schwer, in die Schule zu kommen und ich kam sogar extra zu spät, was mir nicht sehr schwer fiel, um vor Schulbeginn Lysander nicht zu begegnen. Auf Dauer würde sich das zwar nicht vermeiden lassen, aber ich hoffte, ihn zumindest heute nicht sehen zu müssen. Vor der ganzen Schule loszuheulen konnte ich mir wirklich ersparen. Ich hatte auch Glück, aber psychisch fit war ich deswegen noch lange nicht. Devon war schließlich in meiner Klasse und ich war immer noch sauer auf ihn. Gespräche mit ihm blockte ich ab und ich giftete ihn teilweise sogar an. Meine Wut war allerdings wirklich berechtigt. Luna saß derweil ein wenig zwischen den Stühlen, da sie ja mit uns beiden bestens befreundet war. Im Moment gab sie allerdings mir den Vorzug, auch wenn ich mir gut vorstellen konnte, dass sie Devon noch zur Schnecke machen würde. Und da wollte ich bei Gott nicht dabei sein. Nachdem der Unterricht geendet hatte, ging ich als erster aus dem Klassenzimmer, um mich wieder in meiner Wohnung zu verschanzen. Das würde bestimmt noch einige Tage so weiter gehen. Oder zumindest so lange, bis jemand ein Heilmittel für Liebeskummer erfunden würde, was nicht Schokolade hieß. Auch in den nächsten Tagen verließ ich nach Unterrichtsende immer als erster den Klassenraum und auch morgens kam ich immer öfters zu spät. Einen Grund, mich morgens auch zu beeilen und rechtzeitig aufzustehen, hatte ich ja nicht mehr. In den Pausen verkrümmelte ich mich öfters in die hintersten Ecken, in welchen ich allerdings schon zweimal auf Castiel und Nathaniel getroffen war. Es tat weh, die beiden so glücklich zusammen zu sehen, wenn meine Beziehung doch gerade erst in die Brüche gegangen war. Die beiden waren allerdings so nett gewesen und hatten jeweils die Pause mit mir verbracht, auch wenn sie sicherlich gerne alleine gewesen wären. Sogar Nath hatte versucht mich aufzumuntern, da auch er mittlerweile erfahren hat, was los war. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Castiel in der Nähe des Schülersprechers eine kleine Labertasche war. Wenigstens hatten die zwei ihr Glück gefunden – auch wenn ziemlich arg nachgeholfen wurde. Genau auf die Geschichte mit unserem Verkupplungsplan kamen wir auch zu sprechen, wobei sich Cas und Nath vielsagend angeschaut hatten. Was dieser Blick bedeutete, wusste ich nicht, aber die beiden schienen sich zu verstehen. Schwer vorzustellen, dass die zwei sich mal geprügelt hatten; Mittlerweile verstanden die sich ja wie ein altes Ehepaar. Mit der Zeit musste ich zwar kaum noch weinen, aber es tat trotzdem weh. Lysander sehen wollte ich erst gar nicht, da die Wunde sonst nur direkt wieder aufreißen und vergrößert werden würde. Daher war ich auch heute schon zu der Zeit zuhause, in welcher Devon noch in der Schule war. Lässig lehnte Devon an einer Wand auf dem Gang seiner neuen Schule. Er hatte sich eingelebt und kannte sich hier mittlerweile aus. Am meisten glücklich hatte es ihn hier gemacht, dass seine zwei besten Freunde, von denen einer eigentlich eher seine beste Freundin war, in derselben Klasse waren wie er. Und wegen einem dieser Freunde stand er hier noch lange nach Unterrichtsschluss, um einen Typen abzupassen, mit dem er sonst nicht viel zu tun gehabt hätte. Lange musste er nicht mehr warten. Als er den Kopf hob, lief auf dem Gang ein weißhaariger Kerl im schwarzen Mantel direkt in seine Richtung. Devon stieß sich von der Wand ab und kam ein paar Schritte auf den Kerl zu. Dieser Kerl hatte zwar auch einen Namen, aber da Devon ihn nicht leiden konnte, war es für ihn unwichtig, wie er hieß. »Hey, warte mal. Ich muss mit dir reden.« Lysander seufzte schwer, als er den Gang Richtung Ausgang entlang lief. Sein Unterricht hatte zwar vor über einer Viertelstunde geendet, aber er war von seinem Platz im Klassenzimmer einfach nicht in die Gänge gekommen. Dass er sich heute wieder so betrübt fühlte, schob er einfach auf das Wetter und nicht auf diesen süßen, kleinen, liebenswürdigen Typen, mit dem er bis vor einer Woche noch zusammen war. Nein, es lag definitiv am Wetter. Sonne sollte ja angeblich Depressionen verursachen, oder so. Gerade, als Lysander glaubte, seine Laune könnte heute nicht schlechter werden, wurde er aufgehalten. Und zwar von jemanden, den er augenblicklich innerlichste aufs Bitterste verwünschte. Genau der Grund, weswegen er nicht mehr mit seinem geliebten Freund zusammen war, stand eineinhalb Meter vor ihm und lächelte ihn gespielt nett an. »Was ist?«, fragte der Weißhaarige knapp und unterkühlt. Er wollte nicht mit diesem Devon reden, ihn nicht einmal ansehen oder lebendig vor sich stehen haben. Lysander erschrak innerlich darüber, wie sehr man eine Person plötzlich mal so gar nicht leiden konnte. Sein Gegenüber lächelte ihn weiterhin an, bevor er anfing zu reden. »Nur kurz, ich will dich nicht länger aufhalten, als nötig. Ich wollte dir nur kurz was mitteilen.«, sprach Devon nun und als er geendet hatte, funkelte er Lysander bitterböse an. Das freundlich aufgesetzte Lächeln war verschwunden und einem harten, kühlen Ausdruck gewichen. Das konnte Lysander auch. Sein Blick wurde stechender und am Liebsten wäre er einfach an Devon vorbei gegangen. Leider hatte er das Gefühl, dass der andere ihn nicht gehen lassen würde, bis er fertig mit dem war, was er zu sagen hatte. »Und was?«, fragte der Weißhaarige weiter knapp und verschränkte die Arme an sich. Den herablassenden Blick hatte er nun ebenfalls aufgesetzt; Seine sonst so freundliche Miene war kaum noch bis gar nicht vorhanden. »Finger weg von Lucio, und zwar für immer. Ich bin jetzt mit ihm zusammen und ich werde ihn glücklicher machen, als du es je könntest.« Devons Stimme wurde noch kälter, als er dies sagte. Kein Ton verriet, dass es eigentlich so gar nicht stimmte, was er da sagte, aber er brachte es so glaubhaft herüber. Lucio gehörte ihm, und das wollte Devon ein für alle Mal klar machen. Er würde ihn wieder zum Lachen bringen, ihn aufmuntern und ihn dann richtig in ihn verliebt machen. Schon bald sollte Lysander für Lucio Geschichte sein. Und andersrum natürlich ebenso. Dem Weißhaarigen stockte der Atem, als er dies hörte. Traurigkeit machte sich in ihm und seinem Herzen breit. Aber ob das auch stimmte? Die ganze Woche hatte er Lucio nicht mehr zu Gesicht bekommen und sonstiger Kontakt bestand auch nicht mehr. Lysander war im Zwiespalt mit sich, glaubte dann aber, dass schon etwas Wahres dran sein müsste, was Devon da erzählte. Er hatte immerhin mit eigenen Ohren gehört, wie Lucio gesagt hatte, dass er Devon auch ziemlich mag und er hatte gesehen, wie sich die beiden geküsst hatten. Und das offenbar nicht zum ersten Mal. Die Nachricht seines Gegenübers gab ihm den Rest und er war überzeugt davon, dass Lucio wohl auch nichts mehr von ihm wollte. Wenn sein bester, und offensichtlich jetzt auch fester, Freund das sagte, musste es ja wohl stimmen. Lysander schwieg und blieb Devon eine Antwort schuldig, was diesen nicht sonderlich störte. Einen Moment später hatte er wieder dieses aufgesetzte Lächeln auf den Lippen. »Ich sehe, wir verstehen uns.« Nach diesem Satz drehte sich Devon um und schickte sich an, zu gehen; Zum Abschied hob er einen Arm. »War nett mit dir zu reden schönen Tag noch und bis morgen.« Als Lysander ein paar Momente später aus seiner Apathie erwachte, war Devon schon lange aus dem Schulgebäude verschwunden. Stumm blickte er zum Ausgang und lauschte der Stille, die gerade um ihn herum herrschte. Jetzt konnte er nur hoffen, dass es ihm leichter fallen würde, über Lucio hinweg zu kommen. Nur noch ein paar Tage, dann sollten am Besten alle Gefühle aus seinem Herzen verschwunden sein. Seine Liebe zu ihm. Das Glück, welches er empfunden hatte. Die Traurigkeit, die er nach der Trennung verspürt hatte. Und noch etwas anderes, weswegen er beide Hände zu Fäusten geballt hatte. Wut. Noch nie hatte er solch reine Wut verspürt wie jetzt. Und das war der Moment, in welchem zwei Gestalten aus der Tür schräg links ihm Gegenüber heraus auf den Boden fielen. Castiel war der erste, der sich wieder fing. Direkt nach dem Unterricht, den er nicht einmal besucht hatte, war er geradewegs ins Schülersprecherzimmer zu Nathaniel gegangen. Der Blonde war zwar nie sehr begeistert, wenn er von seiner Arbeit abgehalten wurde, aber er hatte Cas auch nie direkt wieder hinaus geschickt. Ächzend und sich am Kopf reibend half er eben jenem Schülersprecher auf die Beine. Sie beide hatten die Ohren direkt an die Tür gedrückt, als zwei Personen sich vor dieser unterhielten. Und es waren genau die zwei, über die sie zuvor noch geredet hatten. Lysander und Devon. Aufmerksam hatten Cas und Nath an der Tür gelauscht, bis diese dem Druck nachgegeben hatte. Zum Glück stand zu diesem Zeitpunkt nur noch Lysander davor. Genau dieser blickte die beiden nun verwundert an, die Hände hatte er noch immer zu Fäusten geballt. Nath und Cas sahen ihn ebenfalls an, bis die beiden sich einander zunickten. Die zwei hatten einen Plan entwickelt, wie sie Lysander wieder glücklich machen würden. Oder eher, wie sie Lucio glücklich machen würden, das hing ja zusammen. Die beiden hatten ihnen zu ihrem Glück verholfen, und jetzt würden Cas und Nath das gleiche für die beiden tun. Nach dem Kopfnicken übernahm Castiel das Wort. »Hey, Lys. Krasse Sache, was dieser Devon da abzieht, was?«, fing der Rothaarige an und musste schlucken, als Lysanders Blick ihn streifte. Solch einen Ausdruck hatte er noch nie bei seinem besten Freund gesehen, und er kannte ihn schon eine Weile. Dieser finstere, kalte, wütende Blick war vollkommen neu bei Lysander. Und das war wiederum auch gut, wie Castiel fand. Es brauchte jetzt keine großen Worte mehr, da Lysander zu verstehen schien, um was es ging. »Sicher, dass du nicht um deinen Freund kämpfen willst?<< Kapitel 15: ------------ Lysander war sich nun sicher. Er würde Lucio nicht so einfach aufgeben; Er würde um ihn kämpfen. Und wenn es das letzte war, was er tat. Den letzten Satz strich Lysander aus seinem Notizbuch. Ein wenig weiter leben würde er schon noch gerne. Mit finsterem Blick saß er montags in der großen Pause auf einer Bank auf dem Schulhof und beobachtete die Leute. Diese hatten heute schon den ganzen Tag lang reinen großen Bogen um ihn gemacht. Der Weißhaarige strahlte derzeit eine Aura aus, die auf viele ziemlich abstoßend wirkte. Er war stinksauer, entschlossen, kampfbereit und litt an Liebeskummer. Dank Castiel war sein Kampfgeist nun vollends erwacht. Er wollte es nicht hinnehmen, dass jemand anderes ihm einfach seinen Freund wegnahm, auch wenn es Lucios bester Freund war. Nicht länger wollte er verständnisvoll sein und zusehen, wie Lucio einen anderen anlächelte. Dazu liebte er ihn viel zu sehr. Ihm war allerdings auch bewusst, dass es nicht so einfach werden würde. Ein Gespräch hatte Lucio heute Morgen abgeblockt unter dem Vorwand, er käme zu spät zum Unterricht. Dass dieser eh schon lange angefangen hatte. Hatte ihn nicht interessiert. Ebenso wenig wie Lys. Das ganze Wochenende war Lysander am grübeln, telephonieren und E-Mail schreiben gewesen. Geschlafen hatte er deswegen nicht viel, was die Augenringe in seinem Gesicht erklärte. Zuerst hatte er sich mit Castiel und sogar Nathaniel beratschlagt, was er am Besten tun konnte. Die beiden hatten ihm erst einmal vor Augen geführt, dass er sich bei Lucio entschuldigen müsste und die Schuld nicht nur bei dem Kleinen lag. Lysander hatte sich danach verdammt schuldig gefühlt, da er die Situation so noch nie gesehen hatte. Nach diesen Gesprächen hatte er allerdings viel klarer gesehen und er war ziemlich aggressiv an den Plan von Cas und Nath herangegangen. Vielleicht würde es ein wenig zu größenwahnsinnig oder was auch immer sein, aber dem Weißhaarigen war das egal. Hartnäckige Gespräche hatte er an diesem Wochenende geführt und verhandelt, als hinge das Schicksal der gesamten Welt davon ab. Gewissermaßen stimmte das ja auch, nur, dass es eben Lysanders Welt war. Dank Castiel und einem einfühlsamen Manager und verstehenden Bandmitgliedern war aber noch alles gut gegangen. Mehr als gut. Gegen 5 Uhr morgens am Sonntag hatte Lysander das erste Mal nach langer Zeit wieder gelächelt. Schritt eines dieses Plans wäre damit schon mal erfolgreich beendet. Die Einteilung dieses Plans erinnerte ihn zwar wieder an Lucio, aber er unterdrückte die Traurigkeit mit blanker Wut auf Devon. Dieser würde nicht mehr lange zu lachen haben. Lysander musste beinahe ein unmenschliches Knurren unterdrücken, als dieser an ihm vorbeilief. Beide tauschten einen hasserfüllten Blick aus, von dem sich Devon als erster löste und süffisant auf Luna und Lucio zuging. Den Arm legte Devon um Letzteren, der sich nicht einmal dagegen wehrte. Das entfachte Lysanders inneres Feuer nur noch mehr. Er würde Lucio schon zeigen, wie viel er ihm bedeutete und wenn er es in der Öffentlichkeit vor hunderten von Menschen tun musste. Mit einem lautem Ausatmen löste er seine verkrampfte Hand um die beiden Konzerttickets in dieser, bevor er aufstand und auf Castiel zuging. Das nächste sollte doch lieber er erledigen. Wenn es darum ging, mit Mädchen zu reden, war der Rothaarige definitiv die bessere Wahl. Ich seufzte leise vor mich her, als ich neben Luna und Devon auf dem Schulhof stand. Eigentlich war ich immer noch sauer auf den zweiten, aber er hatte sich am Wochenende so lieb bei mir entschuldigt, dass ich gar nicht anders konnte. Außerdem hatte ich meinen besten Freund irgendwo ja doch vermisst, egal, was er getan hatte. Die Entschuldigung nahm ich ihm auch ab und er hatte mir ausführlich erklärt, warum er sich so benommen hatte. Im Nachhinein konnte ich ihn ja schon irgendwie verstehen. Ich war zwar wirklich nicht begeistert gewesen, als er am Wochenende einfach vor meiner Tür gestanden hatte, aber zumindest hatte ich ihm diese nicht direkt wieder ins Gesicht geschlagen. Sogar zugehört hatte ich ihm, bis wir bei einer Tasse Tee in meinem Wohnzimmer saßen. Ich auf dem Sessel, er auf der Couch. Vorsichtig und einfühlsam hatte er begonnen zu erklären, dass er schon ein paar Jahre lang in mich verliebt war und nicht wusste, was er tun sollte, als er mich endlich wieder sah. Bei ihm hatte es einfach ein wenig ausgesetzt, als er erfahren hatte, dass ich einen festen Freund hatte. Noch ein paar mal meinte er, dass er es ehrlich mit mir meinte und mich glücklich machen würde. Dass er mich geküsst hatte, tat ihm zwar leid, aber er bereute es nicht. Das war etwas, was er schon lange tun wollte. Im Nachhinein hätte er aber trotzdem anders reagieren sollen. Ruhig hatten wir lange Zeit miteinander geredet und uns anschließend wieder vertragen. Ich hatte ihm auch klipp und klar gesagt, dass ich nicht mehr als Freundschaft von ihm wollte, was er auch eingesehen hatte. Mit einem Seitenhieb hatte er aber zu verstehen gegeben, dass er mich dennoch so leicht nicht aufgeben würde. Bevor er gegangen war, hatten wir sogar noch ein wenig herumgescherzt und uns zum Abschied umarmt. Am Montag hatte ich also wirklich die Hoffnung, es könne wieder so wie früher werden. Die Hälfte der Pause heute verlief auch relativ normal und ich lächelte wieder ein wenig mehr, als noch vor ein paar Tagen. Der Schmerz saß zwar tief und ich war noch immer keinesfalls über Lysander hinweg, aber ich musste geradeaus blicken. Luna und Devon brachten mich zusätzlich auch immer mehr auf lustigere Gedanken, weswegen ich ihnen schon dankbar war. Zur Begrüßung hatte ich es zwar zugelassen, dass Devon einen Arm um mich gelegt hatte, aber nach einem strengen Blick meinerseits, war er auch etwas auf Abstand gegangen. Stattdessen waren nun Lunas Haare sein neuestes Opfer, was mich sogar zum Kichern brachte. Freunde zu haben war doch wirkliches eines der schönsten Dinge auf der Welt. Dass Liebe eigentlich fast noch schöner war, verdrängte ich lieber mal schnell. Luna hätte am liebsten losgemeckert und gezetert und denjenigen beleidigt, der gerade auf sie einredete. Bei einem Lehrer käme das allerdings nicht so gut. Nach dem Unterricht vom Lehrbeauftragten aufgehalten zu werden mochte sie wirklich nicht. Und was konnte sie dazu, dass sie einmal einen Test verhauen hatte? So abwegig war ihre Idee, dass Goethe eigentlich auf Männer stand und nur über Frauen schrieb, um von seiner Sexualität abzulenken, gar nicht. Ihr Deutschlehrer vertrat diese Meinung offenbar nicht. Schlecht gelaunt verließ Luna das Klassenzimmer und das Schulgebäude und wunderte sich, dass auf dem Hof Castiel auf sie zukam. »Hey.«, begrüßte der Rothaarige sie knapp und gelangweilt, bevor er vor ihr stehen blieb. »Hey.«, grüßte nun auch Luna, »Was gibt’s? Willst du mir im Nachhinein doch dafür bedanken, dass ich dir und Nath endgültig auf die Sprünge geholfen hab?« Luna grinste bei dem letzten Satz und war auf eine Antwort gespannt. Castiel verzog allerdings nur kurz das Gesicht, grinste dann auch kurz, bevor er allerdings eher ernst fortfuhr. »Ich hab hier zwei Karten für ein Konzert.«, begann der Rothaarige, während er eben genannte Karten Luna auch schon in die Hand drückte. Diese sah ihn jetzt noch verwunderter an. »Du kommst nächstes Wochenende mit Lucio da hin, klar?«, redete Castiel weiter, ohne auch nur irgendeine Begründung abzuliefern. Sein typischer, gelangweilter Tonfall war allerdings nicht zu hören. Es war ihm verdammt ernst. »Und warum sollen wir da hinkommen?«, fragte nun Luna, nachdem sie einen Blick auf die beiden leicht zerknitterten Karten warf. »Weil meine Band die Vorband ist.«, erklärte Castiel knapp, bevor er sich zum Gehen wandte. In Lunas Kopf ratterte es, bis sie sich etwas zusammenreimte, was sogar stimmen könnte. In Castiels Band spielte Lysander mit. Wobei spielen nicht ganz stimmte, da der Weißhaarige der Sänger war. Luna grinste nun, was Castiel als Anlass dazu nahm, zu gehen, da sie verstanden hatte. »Bye, bis morgen.«, verabschiedete er sich nun knapp. »Tschüss. Das ist wirklich nett von dir… von euch. Ich zumindest finde die Idee gut. Und irgendwie ist das voll süüüüß!«, rief Luna dem Rothaarigen hinterher. Dieser beeilte sich ein wenig um außer Sichtweite von Luna zu gelangen. Er ärgerte sich allerdings darüber, dass sie ihm nachgerufen hatte. Es musste ja nicht jeder erfahren, dass er etwas Nettes getan hatte. Luna steckte derweil die Karten vorsichtig in die Tasche, bevor sie sich endgültig auf den Heimweg machte. Castiels Reaktion war ihr Antwort genug, dass sie in die richtige Richtung dachte. Jetzt musste sie nur noch Lucio dazu bringen, mit ihr auf das Konzert zu gehen. Dank ihrem Überzeugungstalent dürfte das allerdings nicht sehr schwierig werden. Ich wusste nicht, wie Luna es geschafft hatte, dass ich letztendlich hier war. Vor zwei Tagen hatte sie mit Konzertkarten vor meiner Nase herumgewedelt und mich regelrecht angebettelt, mit ihr hinzugehen. Obwohl der Ausdruck, dass sie mich beinahe gezwungen hatte, besser passen würde. Zuerst hatte sie mich ja ganz normal gefragt und als ich ablehnen wollte, weil mir die Band nichts sagte, kam sie damit an, dass ich als ihr bester Freund doch dazu verpflichtet wäre mit ihr hinzugehen und dass beste Freunde doch dafür da wären. Außerdem hatte sie dann noch gesagt, dass sie gerne mal wieder etwas mit mir allein unternehmen würde, obwohl Devon da war. Aber an den wollte ich heute wirklich nicht denken. Am Ende hatte die Blauhaarige mich so mit Argumenten überschüttet, dass ich gar nicht mehr Nein sagen konnte. Im Endeffekt dachte ich sogar, dass sie Recht hätte. Die Karten kosteten mich keinen Cent, da Luna sie, woher auch immer, geschenkt bekommen hatte. Zudem musste ich einfach mal wieder raus und etwas unternehmen, vor allem abends, damit ich nicht in Selbstmitleid daheim rumsitzen würde. Ich wollte nach vorne blicken, damit abschließen, dass ich Lysander nicht zurückbekommen würde. Und genau da war das Problem. Die Vorband der Gruppe, die heute das Konzert geben würde, war nämlich die Band rund um Castiel und Lysander. Das hatte ich allerdings erst heute erfahren und da war es schon zu spät. Bis jetzt hatte ich gar keine Ahnung gehabt, wie Lysanders Band überhaupt hieß und hätte es auch bis zu Beginn des Konzertes nicht gewusst, wenn Luna sich nicht verplappert hätte. Jetzt konnte ich mir auch irgendwie denken, von wem Luna die Karten hatte. »Komm, ich will nachher nicht ganz hinten stehen.«, riss mich meine beste Freundin aus den Gedanken und packte mich am Arm. Erbarmungslos zog sie mich nach vorne, bis wir am vorderen Drittel der Halle angelangt waren, erst dann blieb sie stehen. Die Konzerthalle war nicht sehr groß, aber es passten eine Menge Menschen hinein. Die meisten davon hielten sich allerdings noch außerhalb auf und würden erst hier reinstürmen, wenn die hauptband spielte. Eigentlich war es schade, dass die Vorbands nie die volle Aufmerksamkeit vom Publikum erhielten. Ich richtete meinen Blick nach vorne und sah, dass auf der Bühne das letzte bisschen aufgebaut wurde, sodass es bald losging. Ein paar Mal hatte ich Castiel dort oben erblickt und ein paar Gesichter, die ich nicht kannte. Anscheinend mussten er und seine Band selbst aufbauen. Lysander hatte ich bisher, und zum Glück, noch kein einziges Mal gesehen. Kurz blickte ich zu Luna, aber sie beobachtete, wie die oben stehenden Instrumente gerade umarrangiert wurden. Ich dachte daran, warum ausgerechnet Castiel und seine Band heute Abend spielten. Auf einem Plakat im Foyer hatte ich gelesen, dass die Hauptgruppe an diesem Abend sich sehr für die Förderung kleinerer und unbekannter Bands einsetzte, vor allem von Jugendlichen. Es stand auf dem Plakat, dass alle eine Chance verdient hätten auf einer großen Bühne zu stehen und ihr Können unter Beweis zu stellen. Dadurch, dass die Hauptgruppe, was ich anhand der vielen Menschenmassen erkannte, anscheinend doch ziemlich bekannt war, wurde auch für ein nicht gerade kleines Publikum gesorgt, auch wenn manche nicht zuschauen würden. Ich fand, dass das eigentliche eine schöne Idee war, jungen Menschen so eine Chance zu geben. Wieder wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, diesmal von Castiel, der vorne an der Bühne stand und ein paar Mal an einer E-Gitarre zupfte. Als er zufrieden damit war, verließ er mein Blickfeld wieder. Anscheinend ging es wirklich bald los. Ich zuckte zusammen, als an mir eine kleine Gruppe junger Mädchen vorbei rannte, die sich alle bis ganz nach vorne durchschlängelten, bis an die Absperrung. Bis hierher hörte ich sie kichern und rufen. Anscheinend riefen sie auch ein paar Namen, da ich einmal ‚Caaaaastiel‘ verstand. Luna stupste mich mit dem Ellbogen in die Seite. »Die haben ja sogar schon ‘nen eigenen Fanclub.«, meinte sie kichernd zu mir und ich nickte. »Scheint so.«, antwortete ich und beobachtete die aufgeregt vorne stehenden Mädchen. Vielleicht waren Castiel und seine Band ja doch ein wenig bekannter, zumindest regional, als ich gedacht hätte. Ich musste nicht einmal nach vorne sehen, um zu wissen, dass die Band sich nun auf der Bühne befand. Das Gekreische in der vorderen Reihe wurde bestimmt zehnmal lauter und wurde anschließend von den elektronischen Klängen einer E-Gitarre übertönt. Erst leise und rhythmisch, dann immer lauter bis es zu einem regelrechten Trommelinferno wurde, mischte sich nun das Schlagzeug ein. Während der ersten Minute, in welcher nur laute Instrumente zu hören waren, füllte sich die Halle ein wenig und wir wurden ein wenig nach vorne und zur Seite geschoben. Während Luna schon im Takt mitklatschte, besah ich mir die Mitglieder der spielenden Band. Lysander stand noch nicht auf der Bühne. Den Gedanken daran, dass ich das schade fand, verdrängte ich sofort. Heute war ich hier, um Spaß zu haben, mich der Musik hinzugeben und meine Gedanken einfach mal abzuschalten. Allerdings fiel mir das verdammt schwer, als Lysander mit langsamen, schweren Schritten und einem Mikrophon in der Hand die Bühne betrat. Augenblicklich konnte ich meinen Blick nicht mehr von ihm wenden. Das Schlagzeug wurde ein wenig leiser, aber noch immer schnell, als Lysander seine wunderbaren Lippen bewegte und anfing zu singen. Schon bei den ersten Worten bekam ich eine Gänsehaut. Seine Stimme passte einfach phantastisch zu den harten, schnellen Melodien. Das Publikum kreischte und klatschte, als das erste Lied noch nicht einmal zur Hälfte vorbei war. Ich war total mitgenommen und ich musste ein paar Mal blinzeln, als die letzten Takte ausklangen und Lysander ohne Musik ein paar Worte der Begrüßung zum Publikum richtete. Er sprach im wir und bedankte sich dafür, dass sie heute Abend hier spielen dürften und dass sie sich verdammt darüber freuten. Nach Lysander übernahm Castiel das Mikrophon. Anscheinend waren die beiden die Bandleader, denn der Bassist und der Drummer schwiegen, grinsten aber vor sich hin. Man sah ihnen allen an, dass sie Spaß hatten, auf der Bühne zu sein. Nachdem auch Castiel ein paar Worte, davon zum größten Teil auf Englisch (sein Englischlehrer würde Augen machen, wenn er Cas so sprechen hören würde), da die Vorband anscheinend Engländer oder Amerikaner oder eben Ausländer waren, ging der zweite Song los. Sofort wurde ich wieder von der Musik mitgerissen und nun klatschte auch ich mit. Mit den Augen hing ich allerdings die ganze Zeit an Lysander, beobachtete, wie er von der einen Seite der Bühne zur anderen ging oder sich nach ganz vorne stellte. Er genoß das Ganze, das sah man ihm an. Die ganze Zeit über lächelte er, schloß hin und wieder die Augen oder grinste seine Mitglieder an. Das war eine Seite, die ich an ihm noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Von Sekunde zu Sekunde bannte mich sein Anblick immer mehr. Seine verdammt tiefe Stimme umfing mich, sein Aussehen ließ mich sabbern, sodass ich mir ernsthaft mit dem Handrücken über den Mundwinkel wischen musste. Der Weißhaarige trug ähnliche Kleidung, wie er immer trug, aber irgendwie auch nicht. Er trug eine Art Anzug, der mit Ketten, Nieten und Netzapplikationen verziert war, ein krawattenähnliches Etwas hing um seinen Hals und an den Händen trug er Netzhandschuhe. Er sah schick und gleichzeitig rockig aus und brachte das auch so rüber. Zusätzlich trug er weiße Kontaktlinsen, was mir anfangs gar nicht aufgefallen war. Die anderen Bandmitglieder waren ähnlich gekleidet, darauf hatte ich allerdings nicht so große Acht. Lediglich Castiel sah aus, als rebellierte er gegen alles und jeden und als Oberteil trug er lediglich ein Netzhemd. Nach ungefähr fünf Songs war die Halle aufgeheizt und absolut jeder fieberte in irgendeiner Form mit. Entweder man klatschte lediglich oder tanzte schon beinahe, wie in den vorderen Reihen. Der lauteste und härteste der Songs lud einige sogar zum Headbangen ein. Nachdem man allerdings meinen konnte, es käme noch ein furioses Finale zuletzt, wurde es ruhiger. Das Schlagzeug wurde von ruhig gezupften Saiten in den Hintergrund gedrängt und gab nur noch leise, aber beständig den Takt an. Rund eine Minute lang erklang nur diese ruhige, melancholische Musik. Lysander hatte sich dabei breitbeinig hinter den Mikrophonständer, welchen er mit beiden Händen umklammerte, gestellt und den Kopf darauf gelehnt. Als er seinen Kopf hoch, war sein Blick in die Ferne gerichtet, als bereite er sich auf etwas Großes vor. Seine Lippen bewegten sich nun wieder und er flüsterte, nur verständlich, wenn man ganz leise war, dass der nächste Song der persönlichste wäre, den er je geschrieben hätte und er diesen einer ganz bestimmten Person in seinem Leben widmete. Einen Namen nannte er allerdings nicht. Noch einmal Schweigen, dann sang er. Tief. Melancholisch. Von ganzem Herzen. Ich bekam noch mehr Gänsehaut und Tränen schoßen in meine Augen. Augenblicklich hatte ich mich gefragt, für wen dieser Song war und das ließ mir keine Ruhe. Mein Herz schlug bis zum Zerbersten in meiner Brust und ich krallte mich an Lunas Arm, um nicht umzufallen. Noch nie hatte mich ein Song so sehr berührt wie dieser. Ich spürte am Rande, wie Luna meinen Arm streichelte und mir ein zerknittertes Taschentuch gab. Noch bevor die erste Strophe geendet hatte, heulte ich wie ein Wasserfall. Ich ertrug es nicht, dass Lysander über irgendjemanden sang, der ihm so wichtig war, dass er jeden durch seine Stimme hören ließ, wie sehr es ihn selbst bewegte. Er sang von purer Liebe, Verzweiflung, Eifersucht, Schuld. Das war die erste, lang geratene Strophe, bevor der Refrain kam. Bis jetzt hatte der ganze Saal den Atem gehalten, sodass einige zusammen zuckten, als das Schlagzeug auf einmal ein Staccato losließ, das direkt aus der Hölle stammen konnte. Der Bass wurde aggressiver, die elektronischen Klänge verzerrter, die Stimme lauter. Lysander sang, wie die ganze Zeit schon, auf Englisch, aber dennoch konnte ich jedes Wort verstehen. Seine Stimme erzählte von Hass, aber auch Selbsthass und von Leid. Der Refrain dauerte nicht lange, aber diesen aggressiven, bösartigen Sound hätte man länger auch nicht ausgehalten, ohne wahnsinnig oder psychisch gestört zu werden. Von 180 auf 0 wurde es wieder ruhiger, als die zweite Strophe begann. Der Song erzählte eine Geschichte, die irgendwie verworren und jeweils unabhängig voneinander war, aber dennoch zusammen gehörte. Von Verzeihung wurde gesungen, aber auch von Wiedergutmachung und von Gefühlen, die man niemals abstellen könnte. Ich heulte mittlerweile Rotz und Wasser und musste so laut schluchzen, dass ich das Ende des Songs gar nicht mehr mitbekam. Luna hatte mich in den Arm genommen, was mich aber nicht beruhigte. Viel zu aufgewühlt war ich, als dass ich jetzt ruhig bleiben konnte. »Hey, guck mal nach vorne.«, sprach Lunas leise Stimme zu mir, aber ich schüttelte den Kopf. Ihre Worte hörten sich in der gerade herrschenden stille furchtbar laut an. Das Lied war offensichtlich zu Ende und das Publikum musste sich erst wieder fangen, bevor es nun zu ohrenbetäubendem Applaus ansetzte. Mittlerweile war die Halle beinahe bis zum Platzen gefüllt. »Schau nach vorne!«, meinte Luna noch einmal zu mir, diesmal strenger. Sie druckte mich von sich weg und zwang mich dazu, dass ich nach vorne schaute. Lysander stand mit gesenktem Blick auf der Bühne, Castiel am Mikrophon, bereit, etwas zu sagen. »Hey, Lucio, falls du es immer noch nicht gecheckt hast: Nimm seine Entschuldigung an und schwing deinen verdammten Hintern auf die Bühne!« Geschockt sah ich nach vorne. War da eben mein Name gefallen? MEIN Name. Ne, Castiel hatte bestimmt jemand anderen gemeint. Jemand, der Lysander so viel bedeutete, dass… Weiter kam ich in meinen Gedanken nicht, da Luna mich plötzlich an den Schultern packte und unbarmherzig nach vorne schob. Bereitwillig gingen die Leute links und rechts zur Seite, um Platz zu machen. Aber verdammt nochmal warum? Ich taumelte, während ich noch immer bis nach vorne bis an die Absperrung gedrückt wurde. »Stell dicht nicht so an. Das ist verdammt süß von Lysander. Du bist so ein Idiot, wenn du das nicht machst. Mann, Lucio, du liebst ihn, und er dich doch auch. Verdammt, vor so vielen Leuten. Weißt du, wie schwer ihm das gefallen sein muss?« Ohne Pause zu machen redete Luna auf mich ein, bis auch mein verkümmertes Gehirn es aufgenommen und verstanden hatte. Lysander hatte mit dem Song MICH gemeint?! Wirklich MICH?! Und er liebte mich? Noch immer? Und er wollte mich zurück? Und… Oh Gott. Wo ist der Boden hin? Perplex starrte ich einen Security-Mann an, der mich einfach eiskalt hochhob und hinter die Absperrung brachte. Als ich wieder Boden unter den Füßen hatte, wäre ich beinahe umgekippt. Stehen. Das konnte ich gerade nicht. Ich hatte das ganze gerade doch noch gar nicht verdaut, geschweige denn verstanden. Mit großen Augen stand ich auf der ersten Stufe einer kleinen Treppe, die hoch zur Bühne führte. Dort oben stand mit einem nervösen Lächeln Lysander. Er hielt mir eine Hand hin, doch ich konnte mich nicht rühren. Meine Knie fühlten sich an wie Wackelpudding. Und ich hasste Wackelpudding. Besonders den roten. »Lucio, du Volltrottel!! Du gehst jetzt da hoch! Wenn du dich nicht hier und jetzt mit ihm verträgst, schlag ich dich bewusstlos! Und danach noch einmal!« Das war eindeutig Lunas Stimme, die mich aus meiner leichten Apathie riss. Ganz vorsichtig hob ich ein Bein an und stellte den Fuß auf die nächste Stufe. Anschließend hievte ich den Rest meines Körpers dazu. Der Ansporn, nicht von Luna bewusstlos geschlagen zu werden, was ich ihr durchaus zutraute, trieb mich dazu, die restlichen Stufen bis nach oben hin zu erklimmen. Mittlerweile rannen wieder tausende Tränen über mein Gesicht, obwohl ich meine Augen extra mit wasserfestem Eyeliner umrandet hatte. Als ich die letzte Treppenstufe erreicht hatte, stolperte ich beinahe, da alles in mir danach drängte, mich in Lysanders offene Arme zu werfen. Gezwungenermaßen tat ich das auch, da er mich im Endeffekt wirklich auffangen musste. Mit Bühnenboden musste ich also keine Bekanntschaft machen. Schade eigentlich, da ich noch nie auf einer stand. Sofort umarmte ich Lysander und drückte mich an ihn, als ich ihn bei mir spürte. Mein verheultes Gesicht vergrub ich an seiner Schulter und er umarmte mich so fest, dass er mir beinahe die Rippen brach. Aber er durfte das. Er durfte alles. Auch seine süßen Lippen so nahe an meinem Ohr haben, dass es mich beinahe wahnsinnig machte. Sein Atem streifte meinen Nacken und alles in mir sehnte sich nach diesem Mann. Wie hatte ich die ganze Zeit nur ohne ihn aushalten können? Ihn nicht täglich sehen können? Eigentlich ja gar nicht. »Ich liebe dich.« Als ich diese Worte hörte, versteifte ich mich, bevor ich schon wieder schluchzte. »Ich liebe dich auch.«, presste ich aus meinen Lippen hervor, obwohl so viele Worte aus mir heraus platzen könnten. Ich wollte ihm vorwerfen, wie er mich nur verlassen konnte und mich danach entschuldigen, ihn anschreien und danach noch tausendmal sagen, wie sehr ich ihn liebte und vermisst hatte. Mein Schweigen tat allerdings sein Übrigstes. Wie automatisch fanden sich unseren Lippen und wir küssten uns vor ungefähr hunderten von Leuten. Der Kuss war lang, feurig und gleichzeitig so zärtlich. Er drückte das aus, worüber zu sprechen gerade unmöglich war. Dennoch würde ich später Redebedarf haben, und zwar gewaltigen. Für den Moment war ich aber einfach nur glücklich und wünschte mir, dass genau jetzt die Zeit für immer stehen bleiben würde. Selbst Newton würde diese Aussage allerdings für Schwachsinn halten, sodass uns die Realität schnell und erbarmungslos einholte. Meinen hochroten Kopf vergrub ich an Lysanders Schulter, welcher mich immer noch schmerzhaft umarmte und dabei über den Rücken streichelte. Erst jetzt wurde mir wieder bewusst, wo wir hier überhaupt waren. Das Publikum war am Grölen, Kreischen, Klatschen, Schniefen. Hörte man von den vorderen Reihen nur einige »Oh, ist das süß.« und »Ich bin echt neidisch.« oder sogar »Hach.«, wurde aus den hinteren Reihen, von deutlich männlichen Wesen ein paar unschöne Beleidigungen geworfen. Das Wort >Schwuchteln< war dabei noch das Harmloseste. Bei einem »Runter on der Bühne!« musste ich allerdings lächeln und dachte mir nur >Jetzt garantiert nicht.<. Auch Castiel schienen diese Zurufe zu missfallen, aber er ging nur schweigend und mit einem weit ausgestreckten Mittelfinger darauf ein. vorsichtig blickte ich nun wieder in Lysanders Gesicht, vergrub dieses aber schnell wieder am Stoff seines Oberteils. »Sorry, ich seh‘ grad echt…. Scheiße aus.«, murmelte ich dabei. Mein tränennasses, verheultes Gesicht musste er jetzt wirklich nicht sehen, wobei ich gerade doch so glücklich war. »Du bist so süß wie immer.«, hauchte Lysander mir aber nur ins Ohr, was mich glatt noch stärker erröten ließ. Meine Hände hatte ich derweil an Lysanders Rücken in dessen Oberteil gekrallt. Wir waren so eng umschlungen, dass, wenn der eine fallen würde, der andere ebenfalls sofort aus dem Gleichgewicht geriete. Zum Glück passierte das nicht, auch wenn ich ein Stück weiter zum Bühnenrand geschoben wurde. Gerade hatten sich unsere Lippen zu einem weiteren Kuss gefunden, störte uns Castiel. »Jetzt aber Schluss mit dem Rumgeturtel. Wir sind hier, um abzurocken!«, rief der Rothaarige ins Mikrophon und feuerte die Menge damit wieder an. Lysander blickte mich daraufhin entschuldigend an, küsste mich aber dennoch noch einmal kurz. »Zugabe muss sein, verzeih mir. Wartest du im Backstage-Bereich kurz auf mich?«, fragte er, was ich natürlich nicht verneinte. Im Moment würde ich zu allem Ja und Amen sagen, solange es nur Lysander war, der es fragte oder aussprach. Sogar zu Vollkorn-Keksen mit Meerrettich. Noch ein letztes Mal küssten wir uns, während die Instrumente wieder begannen zu spielen. Glücklich und selig lächelnd tappste ich die kleine Treppe zur Bühne wieder nach unten, wo mich auch gleich einer der Security-Menschen in Empfang nahm. Lysander schien ihm zugenickt zu haben, denn der Mann mit dem blauen Hemd und der kugelsicheren Weste führte mich am Arm in einen abgesperrten, abgetrennten Bereich. Von dort aus ging es in einen kleinen Gang, von welchem einige Türen abgingen. Ich wurde gefragt, ob ich gleich hier warten oder mich irgendwo hinsetzen wolle. Ich entschied mich für’s Stehen. Mit einem knappen Gruß ließ mich der Security-Mann wieder alleine. Ist ja nicht so, dass ich hier randalieren könnte oder so. Mit dem Rücken lehnte ich mich an eine graue Betonwand und wischte mir kurz mit den Fingerspitzen an den Augenrändern entlang. Als ich sie zurückzog, waren sie ganz schwarz. In einen Spiegel sollte ich jetzt wohl lieber nicht schauen. Während ich so dastand, lauschte ich der gedämpften Musik und Lysanders wundervoller Stimme, die leise an mein Ohr klang. Er sang wirklich phantastisch und mit voller Leidenschaft. Ich war so auf das konzentriert, was ich hörte, dass ich gar nicht bemerkte, wie ein paar Männer in den Gang getreten waren. Ihrem Auftreten und dem Styling nach war das anscheinend die Hauptband an diesem Abend. Scheu lächelte ich sie kurz an, blieb aber an Ort und Stelle stehen. Hier würde ich nicht mehr weggehen, bis Lysander wieder kam. Einer aus der Band hatte allerdings nicht vor, mich ebenfalls zu ignorieren. Vielleicht auch einfach, weil ich direkt neben dem Eingang stand, der zur Bühne hochführte. Mit einem freundlichen Lächeln kam einer der Typen auf mich zu, die anderen hinter ihm. »Yo, Boy.«, begrüßte er mich und blieb vor mir stehen, während die anderen sich der Tür zuwandten und rausgehen wollten, aber noch zögerten. »Take good care of him. He’s such a nice guy.« Mit diesen Worten und einem überaus freundlichen Lächeln wandte sich der Mann wieder ab. Ich brachte nicht einmal ein leises »Yes.« über meine Lippen, bevor die Tür zugemacht wurde und ich abermals alleine war. Dieser Kerl hatte definitiv von Lysander gesprochen, das hatte sogar ich verstanden. Obwohl es Englisch war; Und das mit ziemlich starkem Akzent. Mein Englisch-Lehrer wäre bestimmt stolz auf mich. Während ich weiter wartete, lächelte auch ich und pflichtete den eben genannten Worten vollkommen bei. Nie wieder würde ich Lysander gehen lassen oder dafür sorgen, dass ich ihn unglücklich machte. Die Schuld lag nicht allein bei ihm, aber an mir auch nicht. Das war mir mittlerweile klar geworden. Auch würde ich dafür sorgen, dass so etwas niemals mehr zwischen uns vorfallen würde. Dafür liebte ich ihn einfach zu sehr. Kapitel 16: ------------ In den Armen desjenigen aufzuwachen, den man über alles liebte, war eines der größten Glücke auf Erden. Meine Augen waren geschlossen, aber ich wusste genau, wo ich lag. In meinem Bett. Gemeinsam mit Lysander. Direkt in seinen Armen. Es musste spät am Morgen oder schon Vormittag sein, da ich kaum noch Müdigkeit verspürte, obwohl ich gerade erst aufgestanden war. Lächelnd blieb ich noch einige Momente lang liegen. Nach dem gestrigen Abend hatten Lysander und ich uns wieder richtig ausgesöhnt. Von dem Konzert hatten wir uns noch ein paar Lieder angehört, bevor wir gegangen waren, um etwas unter uns zu sein und zu reden. Redebedarf hatten wir schließlich beide. Nachdem da nun alles wieder gut zwischen uns war, war ich ein weiteres Mal in den Club der glücklichsten Menschen auf der ganzen Welt aufgenommen worden. Das Lächeln auf meinen Lippen hielt seit diesem Moment an bis jetzt an. Träge öffnete ich nun meine Augen und das erste, was ich danach sah, war Lysanders Hals, der knapp unter meiner Bettdecke hervorlugte. Er schlief noch tief und fest, obwohl das Sonnenlicht vom Fenster mit den offenen Rollläden aus direkt in sein Gesicht schien. Es sah aus, als würde ihn ein goldener Glanz umgeben oder als würde mir die Sonne persönlich zeigen, dass genau dieser Mann mein Traumprinz war. Kitschige Gedanken am Morgen sind doch wunderschön. Langsam und vorsichtig wollte ich mich eine Minute später aus seiner Umarmung befreien, da das Bedürfnis, mal dringend das Badezimmer aufzusuchen, immer größer wurde. Nur mit Mühe schaffte ich es und es war ein Wunder, dass Lys trotzdem seelenruhig weiter schlief. Umso besser, dann konnte ich mich gleich wieder neben ihn legen und kuscheln. Auf den Zehenspitzen schlich ich mich zur Tür. Allerdings musste dieses Geräusch so leise gewesen sein, dass es Lysander aufgeweckt hatte. Zuerst hatte er nur seinen Arm ausgestreckt und sich danach erschrocken umgedreht, als dieser ins Leere griff. Bei dieser kleinen Szene lächelte ich glatt noch mehr. Der Weißhaarige lag nun halb auf der Seite, halb auf dem Bauch und sah mich noch total verschlafen an. Morgens, mit verwuschelten Haaren und diesem verpennten Blick sah er wirklich am sexiesten aus. Wenn meine Blase nicht gerade eine Revolution a la Frankreich angezettelt hätte, würde ich mich sofort wieder zu ihm in die Laken werfen. »Komm wieder ins Bett.«, nuschelte dann auch Lysander und sah mich bittend an. »Ich komme gleich wieder.«, beruhigte ich ihn erst mal und tappste weiter zur Tür, an welcher ich aber gleich wieder stehen blieb. »Soll ich dann auch gleich Frühstück mitbringen? Kaffee? Tee? Willst du irgendwas?«, fragte ich ihn und überlegte, ob ich ihn nicht einfach mit einem Frühstück ans Bett überraschen hätte sollen. Vielleicht schlief er ja gleich noch mal ein, sodass ich diesen Gedanken in die Tat umsetzen könnte. »Ich will dich.«, antwortete aber Lysander prompt und vertrieb damit den Gedanken an irgendwelche Nahrung. Ein heißer Lysander war doch wirklich besser als ein heißer Kaffee. Im Bad beeilte ich mich und das Händewaschen danach nahm mehr Zeit in Anspruch als der eigentliche Toilettengang. Anschließend tappste ich eilig wieder in mein Schlafzimmer, wo der Weißhaarige wirklich schon beinahe wieder eingeschlafen war. Ich weckte ihn allerdings damit auf, dass ich beinahe auf ihn drauf fiel, da ich vor dem Bett auf irgendeinem achtlos herumliegenden Kleidungsstück ausgerutscht war. Gerade noch so fingen mich Lysanders starke Arme auf und drückten mich anschließend eng an seine muskulöse Brust. Zufrieden kuschelte ich mich an ihn und machte mir keine Sorgen, dass ich ihm zu schwer sein könnte. »Jag mir nicht nochmal so einen Schrecken ein.«, flüsterte er leise und ernst in mein Ohr, welches er nach meinen Lippen in Beschlag nahm. »Ich hatte schon Angst, du wärst weg.« Bei diesen Worten bekam ich glatt ein schlechtes Gewissen. »Ich gehe nie wieder von dir weg oder verlasse dich.«, meinte ich nun ernst und dachte das Ganze nicht nur. Ich hörte ein leises ‚Entschuldigung‘ daraufhin, aber bevor Lys wieder wie gestern jeden Satz mit diesem Wörtchen beendete, küsste ich ihn sanft. Über all dies hatten wir gestern ausgiebig gesprochen und damit auch eigentlich alle Zweifel beseitigt. »Wenn nochmal irgendjemand, wer auch immer, versuchen sollte dich zu küssen, schlägst du ihm dann die Nase ein?«, fragte Lys nun in einem Tonfall, der wohl witzig oder sarkastisch klingen sollte, aber sich ernst anhörte. Ich nickte daraufhin lächelnd und wollte den Weißhaarigen wieder küssen, als ich dessen skeptischen Blick vernahm. »Schwörst du es auch?« »Ich schwöre.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)