Sweet Amoris with OC von holywaterproof ================================================================================ Kapitel 13: ------------ Zur zweiten Stunde Schule zu haben und damit länger schlafen können war einfach herrlich. Nur dass ich damit auch Lysander vor Schulbeginn nicht mehr sehen konnte, war alles andere als herrlich. Ich hatte ihm zwar geschrieben, dass ich heute zwar zur zweiten Stunde Schule hatte, aber dennoch zur ersten kommen würde, um ihn zu sehen, aber er hatte mir diese Idee ausgeredet. Als ich fast eine volle Stunde später als sonst aufstand, dachte ich, dass ich doch lieber früher gekommen wäre. Auch wenn es nur fünf Minuten waren, war die Zeit einfach ewig bis zur großen Pause. In den kleinen Pausen zwischen den jeweiligen Stunden sah ich ihn fast nie, da er häufig das Klassenzimmer wechseln und von der einen Seite der Schule zur anderen wandern musste. Mein morgendlicher Ablauf geriert durch die spätere Uhrzeit auch ein wenig ins Wanken, sodass ich mich, wie üblich, auf dem Schulweg beeilen musste, um nicht zu spät zu kommen. Der nachfolgende Unterricht war auch nicht so spannend und Luna hörte nicht einmal zu. Sie saß total hibbelig auf ihrem Platz und war geschockt, als sie mir noch einmal erzählen musste, wer heute wirklich in unsere Schule kommen würde. Erst kurz vor der großen Pause saß auch ich lächelnd da, was meinen Mathelehrer dazu veranlasste zu fragen, ob es mir gut ginge und ob ich Fieber hätte. Als es endlich zur Pause gongte, huschte Luna von ihrem Platz auf und nuschelte noch etwas, dass sie dann auf den Pausenhof kommen würde. Schulterzuckend ging ich daraufhin aus dem Klassenzimmer. Wann Dev denn heute genau kommen sollte, wusste ich nicht; Luna hingegen schien es gar nicht mehr abzuwarten. Draußen auf dem Hof saß glücklicherweise schon Lysander auf unsere Stammbank, sodass ich ihn endlich begrüßen und auch kurz umarmen konnte. Sofort war ich wieder bestens gelaunt. Dass ich bald allerdings noch besser gelaunt werden würde, wusste ich erst in den nachfolgenden Momenten. »Hey! Lucio!«, rief eine tiefe, männliche Stimme quer über den Schulhof, gerade dann, als ich mich neben Lys setzen wollte. Sofort drehte ich mich um und mein ohnehin schon breites Lächeln wurde noch breiter, bevor ich erst einmal lachen musste. »Devon.«, meinte ich etwas lauter, während ich auf einen verdammt gut gebauten Kerl mit schwarz-roten Haaren, enger, schwarzer Kleidung und etwaigen Piercings zuging. Das war Devon. Gemeinsam mit Luna hatte ich mit ihm meine Kindheit und Grundschulzeit verbracht, auch danach waren wir noch ewig in Kontakt geblieben. Wir drei waren damals beste Freunde gewesen, bis Devon weggezogen war. Im Nachhinein hatte ich erfahren, dass seine Familie wegen Geschäftlichem immer wieder umziehen musste und er nie lange an einem Ort blieb. Dass sie damals über vier Jahre in einem Ort wohnten, war eine große Ausnahme gewesen. In den folgenden Jahren haben wir uns immer mal wieder getroffen, nur im letzten Jahr leider gar nicht. Umso größer war die Freude, dass er jetzt, wenn auch gewiss wieder nur für kurze Zeit, auf meine Schule gehen würde. Als wir nun voreinander standen hätte ich ihn ja gerne umarmt, was allerdings schlecht ging, da Luna breit grinsend auf seinem Rücken saß. Eiskalt hatte sie sich von ihm über den ganzen Schulhof tragen lassen, aber ihn schien das nicht zu stören. Eine halbherzige Umarmung kam dennoch zustande, auch wenn Lunas Beine, die Dev hielt, damit sie nicht herunter fiel, im Weg waren. »Lange nicht gesehen.«, meinte mein Kindheitsfreund nun schräg grinsend und mit leicht sarkastischem Unterton, was mich leicht zum Lachen brachte. »Ja, verdammt lang her.«, erwiderte ich. »Viel zu lange.«, mischte sich da auch die Blauhaarige ein, während sie Dev von hinten knuddelte. Nach ein paar Sekunden ließ er sie allerdings von seinem Rücken wieder auf ihre Beine stehen, was sie sich nur unter Protest gefallen ließ. Anschließend zog mich Devon nun richtig in seine Arme und hob mich sogar überschwänglich ein Stück hoch. Auch ich hatte dabei die Arme um ihn gelegt und freute mich einfach, ihn wieder zu sehen und umarmen zu können. Wieder mischte sich Luna ein, indem sie ihre Arme einfach um uns beide schlang, was uns alle nun zum Lachen brachte. Erst ein paar Momente später, als wir drei uns alle losgelassen hatten, bemerkte ich, dass hinter mir, noch ein wenig Abseits, Lysander stand. Mit einem Blick bedeutete ich ihm, näher zu kommen. Für einen kurzen Moment hatte ich doch glatt absolut nicht an ihn gedacht, was bei der überschwänglichen Freude auch kein Wunder war. Da Devon und Lysander sich ja noch nicht kannten, wollte ich die beiden einander vorstellen, was Devon aber schon fast allein regelte. »Hi, ich bin Devon. Kannst auch gerne Dev sagen.«, meinte der Schwarz-Rot-Haarige nun, während er Lysander die Hand hin hielt. Dieser nahm sie daraufhin und schüttelte sie. »Lysander. Angenehm.« Ich lächelte, hielt es aber dennoch für besser, gleich alle aufzuklären. »Äh… ja.. Lys, das ist mein alter, bester Freund aus Kindertagen. Und Dev, das ist mein.. fester Freund.«, sprach ich, wobei ich beim letzten Teil des Satzes auf Lysander deutete. Die Hände der Beiden, die sich die Hand gegeben hatten, verkrampften sich für einen Moment und krallten sich unfreundlich in die jeweils andere, was ich allerdings nicht mitbekam. Auch wurden die Blicke von Dev und Lys für einen Moment undeutbar und als ich für einen Moment schulterzuckend zu Luna sah, funkelten sich die beiden einfach nur an. Die Pause ging viel zu schnell rum und ich ärgerte mich, dass ich mich jetzt nicht nur von Lysander, sondern auch vorerst von Devon verabschieden musste. Bei letzterem stellte sich allerdings heraus, dass dies gar nicht der Fall war. Ich war mehr als überrascht, als ich erfuhr, dass Devon in meine Klasse gehen würde und es freute mich natürlich auch verdammt. Als Luna, Dev und ich uns auf den Weg zu unserem Klassenzimmer machten, bemerkte ich nicht, dass Lysander uns nachsah. In der Klasse angekommen war auch schon der Lehrer da um den neuen Schüler zu begrüßen und ein paar Worte mit ihm zu wechseln. Der Lehrbeauftragte schien ganz froh zu sein, dass Dev hier schon jemanden kannte und dementsprechend nicht allein sein würde als Neuer. Ich war ja auch mitten im Schuljahr in die Klasse geplatzt und hatte das Glück, dass Luna unter meinen Mitschülern war. Auch Devon genoss nun dieses Glück. Nachdem alle Schüler allmählich eingetrudelt waren und die Stunde begann, musste sich Dev auch vor allen noch vorstellen und ein paar Dinge über sich erzählen. Besonders erhielt er dabei Aufmerksamkeit von den weiblichen Mitschülern, was bei seinem Aussehen und seinem Body auch kein Wunder war. Glück schien er allerdings nur bei der Platzwahl nicht zu haben, denn es war nur noch ein einziger frei- direkt neben Amber. Okay, jetzt tat er mir leid. Neben Amber zu sitzen war bestimmt die Hölle. Bevor ich vor einiger Zeit in die Klasse kam, saß Luna neben ihr, bis sie sich mit mir anfangs an einen freien Tisch gesetzt hatte. Die Blauhaarige hatte sich mehr als nur einmal über die blonde Zicke beschwert und war über sie hergezogen, was ich ihr nicht verübeln konnte. Dieses Mädchen war aber auch eine verdammt, eingebildete Zicke, deren Bild im Lexikon unter eben diesem Eintrag stehen sollte. Oder... lieber nicht, sie würde sich darüber auch noch freuen und damit angeben, obwohl sie bestimmt noch nie irgendein Lexika in der Hand hatte. Devon ließ sich allerdings nichts anmerken und setzte sich mit gespielten Lächeln neben Amber, die ihm sofort ein wenig Platz auf dem Tisch machte und dabei ein so schleimiges Gesicht aufsetzte, dass ich mich fragte, ob Dev schon irgendwas gegessen hatte, was aus seinem Magen direkt wieder herauskommen könnte – direkt in Ambers Tasche oder so. Wäre bestimmt witzig. Nachdem Devon seinen Platz nun hatte, begann der Lehrer nun auch mit dem regulären Unterricht und hielt einen Vortrag darüber, dass Gothe doch ein wahrhaftiger Popstar seiner Zeit gewesen war. Alles klar. Als ob die ganzen Jugendlichen damals stundenlang angestanden wären, um ein Autogramm von irgendeinem alten Dichter zu bekommen. Ich beschloß daher, dass es doch viel lustiger ist, Amber zu beobachten, wie sie die ganze Zeit Devon anschleimte, ihn von der Seite ansprach und er sie einfach eiskalt ignorierte. Irgendwann erreichte mich auch eine SMS von ihm, die er heimlich unter dem Tisch geschrieben hatte. Aber das tat ja eh jeder. >Mann, mir ist schlecht, hätte den Muffin vorhin nicht essen sollen. Is‘ die Blonde arg sauer, wenn man ihre Tasche als Kotztüte benutzt?<, lautete der Inhalt der Kurznachricht, die ich daraufhin auch gleich Luna zeigte. Diese hatte daraufhin alle Mühe, einen Lachanfall zu unterdrücken. Irgendwie hatten wir anscheinend alle drei den gleichen Gedanken. Der Rest der Stunde ging wegen dieser Erheiterung sogar relativ schnell rum. In der darauffolgenden Pause, wollte sich Devon eigentlich zu Lunas und meinem Tisch gesellen, aber er wurde von Amber aufgehalten. Die Zicke warf in einem Schwung ihre Haare zurück und setzte etwas auf, was offenbar ein Lächeln sein sollte. Vielleicht hatte sich aber auch in diesem Moment einen Krampf im Bein bekommen. »Hey. Magst du nicht mal was mit mir unternehmen? Wir könnten shoppen gehen und du dürfest auch meine Tüten tragen. Und vielleicht wirst du ja auch mein Freund.«, begann Amber in einem schleimigen, süßlich wirkenden Ton zu reden, während sie Devon am Arm festhielt. Dieser riss seinen arm allerdings weg und stand einfach auf, wie er es ursprünglich auch wollte. »Was bist du denn für ‘ne eingebildete Zicke? Lass mich bloß in Ruhe, bevor deine Blondheit mich ansteckt. Und ich hasse blonde Haare.«, meinte Devon nur kalt und ließ Amber damit geschockt stehen, oder eher sitzen. Okay, das war vielleicht nicht nett von ihm, aber so war er eben. Offen, direkt und sagte das, was sonst niemand sagen würde. Viele kamen deswegen nicht mit ihm klar, aber genau deswegen mochte ich ihn so, und Luna auch. Als er auf uns zukam wechselte sein genervt aussehender Gesichtsausdruck zu einem freundlichen Lächeln. »Hast du gut gemacht.«, meinte Luna zu ihm und die beiden schlugen die Hände ineinander. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass Amber so schnell nichts mehr zum Lachen hatte. Diese Woche verging schneller als sonst. Devon heiterte die langweiligen Unterrichtstunden allein dadurch auf, dass er einfach nur anwesend war. Ich freute mich total, dass er unsere Klasse besuchte und wir damit noch mehr Zeit mit ihm verbringen konnten. Das Ganze war verdammt toll aber immer wieder musste ich daran denken, dass ich gar nicht wusste, wie lange Devon überhaupt hier blieb. Zu oft zogen seine Eltern um und bis er volljährig war, musste er sie begleiten. Zwar könnte er sich auch eine eigene Wohnung suchen, das Geld war in seiner Familie zu Genüge vorhanden, aber es wurde ihm einfach nicht erlaubt. Irgendwie konnte man es ja schon verstehen, dass Eltern ihren einzigen Sohn noch nicht alleine leben lassen konnten, nur nachvollziehen konnte ich es wie üblich nicht ganz. Liebende Eltern zu haben musste etwas Schönes sein. In der großen Pause am Freitagnachmittag diskutierten wir darüber, was wir am Wochenende machen wollten. Zwar hatten wir schon ein paar Pläne, aber es waren einfach zu viele. Für Luna und mich war klar, dass wir die Zeit mit Devon ausnutzen wollten, bevor er wieder in irgendeine weit entfernte Stadt zog. Zu lange würden wir uns dann nicht mehr sehen. »Und was ist mit diesem Freizeitpark, der vor ein paar Wochen neu aufgemacht hat?«, schlug Luna schließlich vor, während sie mich und Devon, der im Halbkreis neben mir stand, fragend ansah. »Da müssten wir aber über 3 Stunden mit dem Zug fahren, hin und zurück. Und der Eintritt ist teuer.« antwortete ich ihr, nicht gerade begeistert über den Vorschlag. 40 Euro für den Eintrittspreis war für jemanden, der nicht arbeiten ging und auf ein wenig Taschengeld vom Staat angewiesen war, verdammt viel. Selbst Devon konnte der Idee nicht so viel abgewinnen. »Achterbahn würde ich dann eh nicht fahren, Final Destination sei Dank. Und was anderes macht man da eh nicht.«, warf er mit leicht verzogenen Gesicht ein. Ich nickte und Luna schien zu überlegen. »Dann kann ich nur nochmal anbieten, dass ich ja sturmfreie Bude hab. Meine Eltern sind übers Wochenende weggefahren.«, meinte die Blauhaarige nun. Nach ein paar Minuten einigten wir uns darauf, dass wir das machen würden. Bei Luna war mehr Platz als in meiner Wohnung und im Wohnzimmer ihrer Eltern stand ein gigantischer Plasmafernseher. »Du kannst ja auch Lys fragen, ob er auch kommen will.«, setzte Luna ihre Rede nun fort und lächelte mich begeistert an. Das Lächeln erwiderte ich, denn ich freute mich, dass sie auch an meinen Freund dachte und ihn auch einladen wollte. Eben jenen hatte ich aus dem Augenwinkel auch erblickt. »Ich gehe ihn gleich mal fragen.«, meinte ich, bevor ich auf schon auf Lysander, der sich in diesem Moment zu Castiel an einer Mauer gesellte, zuging. Den stechenden Blick von Devon in meinem Rücken konnte ich dementsprechend nicht sehen. »Hey.«, meinte ich zu dem Weiß- und dem Rothaarigen, als ich beide erreicht hatte. Lysander umarmte ich daraufhin ganz kurz, auch wenn es etwas halbherzig ausfiel. In der Öffentlichkeit unter Leuten war ich das aber ja von ihm schon gewohnt. Ich fackelte nicht lange, um Lysander zu fragen, ob er mit mir und Devon gemeinsam bei Luna übernachten wollte. Der Blick des Weißhaarigen veränderte sich kurz merkwürdig, bevor er mich wieder mit seinem üblichen, sanften Lächeln anschaute. »Das ist nett von euch, aber ihr wollt doch sicher mit eurem alten Freund alleine sein.«, erwiderte er lächelnd, auch wenn mir etwas an seinem Tonfall nicht gefiel. »Echt?«, fragte ich daraufhin gleich nach, wobei sich meine Stimme wohl ein wenig zu fröhlich anhörte. Es war nicht so, dass ich Lysander nicht dabei haben wollte, aber wenn wir nur zu dritt waren, war das eben so wie früher. »Klar. Aber richte ihr… den beiden einen Gruß aus. Und dass ich mich über die Einladung trotzdem gefreut habe.«, meinte er wieder in einem seltsamen Tonfall, den ich nicht verstand. Dennoch lächelte ich an, glücklich darüber, dass ich ausnahmsweise das Wochenende nicht mit ihm verbrachte und er deswegen nicht sauer auf mich war. So verständnisvoll konnte auch nur Lysander sein. »Okay, mache ich. Äh… kommst du den Rest der Pause noch zu uns?«, fragte ich nach einem kurzen Moment und einem Seitenblick auf Castiel, der unbeteiligt und verbotenerweise rauchend neben uns stand. Lysander schüttelte den Kopf. »Ich muss noch was mit Castiel wegen einem Auftritt besprechen.« »Okay.«, meinte ich daraufhin noch zu ihm und verabschiedete mich lächelnd von den beiden, ohne weitere Umarmung. Das »Wir haben doch gar keinen Auftritt in nächster Zeit.« von Castiel nahm ich nur noch leise und am Rande wahr. Das Wochenende bei Luna würde bestimmt großartige werden. Das hatte ich im Gefühl, als ich mich spätnachmittags auf den Weg zu ihr machte. Nur wir drei, das fühlte sich jetzt schon an wie früher. Bevor ich meine Wohnung verlassen hatte, hatte ich noch ein wenig mit Lysander geschrieben. Er wünschte mir und uns abermals viel Spaß und ich erfuhr, dass er an diesem Abend ebenfalls bei jemandem pennen würde. Bei Castiel, um genau zu sein und es hätte mich auch gewundert, wenn es jemand anderes wäre. Den ganzen Weg über hatte ich schon gute Laune, aber als ich vor Lunas Haustür stand, wurde mein entsprechendes Lächeln noch größer. Ich musste nach dem Klingen nur einen kurzen Moment warten, bis mir die Tür aufgemacht wurde. Dies tat allerdings nicht die Blauhaarige, sondern Devon. Anscheinend hatte er den Weg hierher alleine gefunden. Fröhlich begrüßte ich ihn mit einer stürmischen Umarmung, der sich auch Luna anschloß, als sie zur Tür kam. »Gruppenkuscheln.«, hatte die Gastgeberin dabei noch grinsend gemeint, bevor sie die Haustür schloß. Das Gespür für einen wunderschönen Abend bewahrheitete sich. Wir lachten viel und machten bis in die Nacht hinein allerlei Unsinn und Quatsch. Irgendwie hatten wir es dann noch geschafft, rauszugehen, um uns in der Videothek ein paar Filme auszuleihen. Auf dem Rückweg machten wir an einem Supermarkt und einer Pizzeria halt, damit Nahrung und Knabberzeugs für später im Haus war. Gegen 23 Uhr hatten wir uns schließlich zu dritt auf eine Couch im Wohnzimmer gequetscht, Luna saß dabei in der Mitte. Auf dem riesigen Flachbildfernseher lief irgendeine Horrorkomödie, die allerdings nicht sonderlich lustig war. Beide Filme, die wir in der Videothek ausgeliehen hatten, waren nicht sonderlich gut, sodass wir irgendwann Lunas DVD-Regal geplündert hatten. Und das hätten wir von Anfang an tun sollen. Neben Twilight und Miss Marple gab es dort einige verdammt gute Klassiker. Im Endeffekt zogen wir uns dann aber nur die drei Teile des Exorzisten rein. Wenigstens waren das Filme, die ich kannte und bei denen ich nicht schon wieder Angst bekam. Okay, vielleicht ein kleines bisschen, aber mehr auch nicht. Luna, die noch immer in der Mitte der Couch saß, machte sich beim zweiten Teil zunehmend breiter, sodass sie irgendwann von beiden Seiten einen Ellbogen in die Seite bekam. Sie murrte nur und als „Strafe“ knuddelte sie uns beide einfach durch. Dass sie später auch mit uns beiden wahrscheinlich in einem Bett pennen würde, schien sie auch nicht zu stören. Aber zwei schwulen Kerlen hatte sie ja auch verdammt viel zu befürchten. Irgendwann verschwand die Blauhaarige, um aus dem Keller noch eine Flasche Cola zu holen, sodass ich mit Devon auf der Couch alleine saß. Dieser nutzte den Augenblick, um zu mir rüber zu rutschen und einen Arm um meine Schultern zu legen. Da er ja mein bester Freund war, kuschelte ich mich ohne zu zögern an seine Seite. Devon schien das allerdings anders zu verstehen, denn er drehte sich daraufhin nun so, dass er mir direkt ins Gesicht blicken konnte. Da ich mich nicht direkt an seine Brust schmiegen wollte, rutschte ich ein kleines Stück nach hinten und sah ihn ebenfalls an. »Hast du keine Angst mehr bei den Filmen? Früher hast du dich immer an mich geklammert.«, meinte er zu mir, wobei ich im Dunkeln ein Grinsen auf seinen Zügen erahnen konnte. Empört schüttelte ich den Kopf. »Natürlich nicht.«, meinte ich vehement und verdrängte den Gedanken, dass auch im echten Leben irgendein gruseliger Dämon Besitz von einem Menschen einnehmen konnte. Devon runzelte leicht die Stirn, bevor er wieder grinste. »Schade.«, erwiderte er schließlich. »Dabei hätte ich dich doch beschützt, wenn du später wieder nicht einschlafen könntest.« »Ich war damals ja auch noch jünger.«, verteidigte ich mich ernst. Devon murmelte daraufhin schließlich etwas, was ich nicht ganz verstand., bevor ich spürte, wie er mich an den Schultern nach unten auf die Couch drückte. Fragend blinzelte ich deswegen zu ihm hoch. Ich verstand nicht, was er vorhatte, als er sich nun auch zu mir herunterbeugte und intensiv ansah. Ein wenig verunsichert lachte ich einfach mal. »Hey. Ich will das Ende vom Film aber schon noch sehen.«, meinte ich zu ihm und bemühte mich, ein wenig amüsiert zu tun. Von Devon war nur ein leichtes Murren zu hören. »Ich hätte das echt schon früher machen sollen…«, murmelte er nur noch, bevor ich seine Lippen plötzlich auf meinen fühlte. Geschockt sah ich ihn an, bevor ich meine Augen ein wenig verengte. Ich verstand bei Weitem nicht, warum er mich auf einmal küsste. Wir waren doch beste Freunde, oder? Tausend Gedanken schoßen mir durch den Kopf, während Devon seine weichen, fordernden Lippen ein wenig an meinen bewegte. Aus Gewohnheit und einfach, weil es sich verbotenerweise so gut anfühlte, ging ich darauf ein. An Lysander dachte ich in diesem Moment gar nicht. Zum Glück war Luna rechtzeitig wieder in das Zimmer geplatzt, sodass ich schnell meine Gedanken wieder ordnen konnte und Devon hastig von mir weggerutscht war. Die nächsten Stunden über hatten wir so verbracht, als wäre nichts geschehen und ich hatte auch den Gedanken an den Kuss eiskalt verdrängt. Zumindest bis jetzt. Mittlerweile lag ich in meinem eigenen Bett und dachte an diesen Moment zurück. Obwohl morgen, eigentlich wegen der fortgeschritten Uhrzeit eher heute, wieder Schule war, war ich noch hellwach. Meine Gedanken kreisten um Devon und Lysander. Ich fragte mich, warum mein bester Freund mich einfach geküsst hatte. Einfach so. Es war klar, dass ich ihn mochte, aber doch nur als besten Freund. Genau wie Luna kannte ich ihn immerhin seit dem Kindergarten. So musste er das doch auch empfinden. Freunde. Gute Freunde. Oder etwa nicht? Genau das wollte mir einfach nicht in den Kopf. Zudem bekam ich mit der Zeit immer mehr ein schlechtes Gewissen. Ich war immerhin mit Lysander zusammen und hatte einen anderen geküsst, oder hatte zumindest den Kuss erwidert. War ein einziger Kuss denn schon fremdgehen? Wenn ich erfahren würde, dass jemand anderes Lysander geküsst hätte, wäre ich bestimmt sauer. Und wenn er es ebenfalls erwidert hätte, wäre ich noch wütender. Ob es bei ihm genauso war? Diese Gedanken quälten mich immer wieder und kurz nachdem ich zu dem Entschluss gekommen bin, Lysander das erst mal zu verheimlichen, schlief ich ein. Als der Wecker klingelte, fühlte es sich so an, als hätte ich insgesamt nur fünf Minuten geschlafen. Oder eine. Dennoch schaffte ich es, mich kurze Zeit später aus dem Bett und hinein ins Badezimmer zu schleifen. Dass ich beim Zähneputzen beinahe wieder einschlief, ließ ich mal außer Acht. Einigermaßen pünktlich kam ich bei der Schule an und verbrachte dort auch einen routinemäßigen, ruhigen Schultag, an dem nicht wirklich viel passierte. Schnell hatte ich mich daran gewohnt, dass Devon in meiner Klasse war und es fühlte sich an, wie immer. Auch die nächsten zwei Tage liefen so ab. Schade fand ich es in dieser Zeit nur, dass ich Lysander nur in den längeren Pausen sah und wir an keinem der Nachmittage was zusammen unternahmen; Mit Devon hingegen war ich shoppen gegangen. Donnerstags nach der Schule war es mit der Ruhe allerdings vorbei. Mit Lysander hatte ich zwar täglich gechattet und geschrieben, aber das war einfach nicht das Gleiche, als ihn persönlich zu sehen. Die Zeit mit Devon war lustig, aber dennoch vermisste ich auch den Weißhaarigen. Eigentlich hätte ich mich mit Lysander auch schon Dienstag treffen können, aber ich hatte seine SMS zu spät gesehen, dass er kurzfristig Zeit hätte, da der Nachmittagsunterricht bei ihm ausfiele. Zugleich war es auch der Tag, als ich mit Devon shoppen war. Für heute hatte ich mich allerdings fest mit Lysander verabredetet; Dazu hatte er mich gestern auch kurz angerufen. Seine Stimme klang zwar ein wenig merkwürdig und gedrückt, aber das hatte ich einfach mal ignoriert. Lächelnd lehnte ich nun an einer Mauer auf dem Schulhof und wartete auf Lysander. Immer wieder sah ich ungeduldig auf mein Handy und hoffte, dass es nicht klingeln oder dergleichen würde. Würde Lysander mir jetzt kurzfristig absagen, wäre ich wirklich verdammt enttäuscht. Als ich Schritte hörte, die näher in meine Richtung kamen, drehte ich mich freudestrahlend zu dieser Person um. Natürlich dachte ich, es wäre Lysander. Dem war allerdings nicht so. Derjenige, der an mich herangetreten war, war Devon. »Hey.«, begrüßte er mich lächelnd und blieb vor mir stehen. »Was machst du hier noch, der Unterricht ist doch schon vorbei?« »Das gleiche könnte ich dich fragen.«, erwiderte ich mit einem nicht mehr so starken Lächeln. »Hast du kurz Zeit?«, fragte Devon, anstatt mir eine Antwort zu geben. Ich druckste ein wenig herum. Eigentlich hatte ich keine Zeit, da Lysander bestimmt jeden Moment kommen würde. »Nicht wirklich…«, entgegnete ich ihm, wobei sich die Miene meines Gegenübers ein wenig verdüsterte. »Triffst du dich mit jemanden? Etwa mit diesem… Lysander?« Devons Stimme klang bei dieser Frage ein wenig kühler und Lysanders Namen sprach er irgendwie… abfällig aus. Das gefiel mir ganz und gar nicht. »Ganz recht.«, meinte ich daher nur knapp zu ihm und sah ihn ernst an. Devon Blick wurde glatt noch etwas finsterer. »Du bist immer noch mit ihm zusammen, ja? Was willst du überhaupt von ihm? Der Kerl kümmert sich keinen Dreck um dich.« Der Schwarz-Rot-Haarige knurrte beinahe, während er näher an mich rückte und seine Arme links und rechts neben meinen Kopf stemmte. Mit undefinierbarem Blick sah er mir in die Augen. Ich war mit dem Rücken noch näher an die Wand gerutscht, sodass ich dort jeden Mauerstein einzeln spürte. Antworten konnte ich erst mal nicht. Ich hatte Devon noch nie so erlebt und irgendwie machte er mir so auch ein wenig Angst. »Du kapierst es echt nicht, oder?«, murmelte mein Gegenüber, bevor er den Blick kurz abwendete und dann wieder auf mich richtete. »Ich liebe dich! Ich habe dich verdammt nochmal immer geliebt!« Das war der Moment, in welchem Lysander direkt wieder um die Ecke bog, aus der er gerade gekommen war. Das Herz des Weißhaarigen hatte für einen Moment ausgesetzt. Er wollte sich hier mit Lucio, seinem Freund treffen, hatte sich auch sehr darüber gefreut. Lysander hatte sich in den letzten Tagen ein wenig vernachlässigt gefühlt und auch so, als ob er mittlerweile in Lucios Leben nur noch an zweiter oder dritter Stelle käme. Dementsprechend groß war die Freude bei ihm, dass sie geplant hatten, den heutigen Nachmittag gemeinsam zu verbringen. Er wollte seinen Freund doch auch wieder in den Armen halten und ihn küssen. Wie üblich hatte er sich allerdings verspätet, da er erst noch sein Notizbuch suchen musste. Wie dieses in irgendein Klassenzimmer, das er gar nicht betreten hatte, kam, konnte er sich nicht erklären. Hätte er aber gewusst, auf welche Szenerie er im Nachhinein treffen würde, hätte er die Suche auf morgen verschoben. Sein Herz klopfte wie verrückt und er wusste nicht, was er tun sollte. Ein anderer Kerl machte SEINEM Freund eine Liebeserklärung. Und es war nicht mal nur irgendein Kerl. Es war Lucios bester Freund aus Kindheitstagen. Dieser Typ war letzte Woche hier an der Schule aufgetaucht und seitdem nahm er Lucio ständig ein. In den Pausen hing er ständig an ihm und sogar in einer Klasse waren sie. Das Wochenende hatten sie zusammen verbracht, obwohl er und Lucio an diesen Tagen bisher immer etwas unternommen hatten. Natürlich hatte er Verständnis dafür gehabt, dass die beiden, oder eher die drei, wenn man Luna dazu zählte, zusammen viel machen wollten, wenn sie sich wiedergefunden hatten. Er hatte es auch eingesehen, dass sie sich dafür mal ein paar Tage lang nur in der Schule sehen würden. Aber das, was er jetzt hörte, setzte dem Ganzen die Krone auf. »Aber..« hörte er Lucios Stimme von der Seite; Etwas sehen konnte er gerade nicht. Das wollte er ändern und so lugte er vorsichtig um die Ecke, bedacht darauf, nicht selbst gesehen zu werden. »Ich mag dich doch auch…« Diesen Satz aus Lucios Mund zu hören versetzte Lysanders Herz einen gewaltigen Stich. Weitersprechen tat derjenige mit dem blauen Pony nicht, da Devon wieder das Wort ergriff. »Also. Wir kennen uns so lange und ich habe mich immer um dich gekümmert. Da kannst du mich doch auch lieben. Ich werde dich auch glücklich machen, versprochen.« Alles in Lysander schrie danach, in diese Situation einzugreifen, doch er hielt sich zurück. »Den Kuss am Samstag hast du doch auch erwidert.«, sprach Devon nun weiter. In Lysanders Herz stachen tausend winzige Nadeln. Zumindest fühlte es sich so an. »Ja, aber…«, sprach nun Lucio, mehr aber auch nicht. »Kein aber. Ich liebe dich. Und du magst mich auch?« Eindringlich sah Devon Lucio in die Augen. Von seiner Position aus konnte der Weißhaarige alles gut beobachten. Keine Bewegung entging ihm und er selbst stand auch stocksteif da. Er hatte das Gefühl, er würde seinen Freund, seine Liebe gleich verlieren. »Ja.« Lucios Stimme klang nun härter und er hob den Kopf. »Ich liebe dich ja a….« Weiter kam er allerdings nicht, da Devon den Kleineren einfach küsste. Lucio wehrte sich in diesem Moment nicht, viel eher klappten noch seine Augen zu. Das war der Moment, in dem Lysanders Herz endgültig brach. Er spürte Tränen in seinen Augen aber auch, wenn er sensibel war, weinen würde er nicht. Nicht jetzt. Nicht wegen ihm. Nicht wegen dieser Person, in die er sich verliebt hatte. Mit kaltem Gesichtsausdruck löste er sich aus seiner Starre und schritt vom Ort des Geschehens weg. Ich war zu geschockt, als irgendetwas zu erwidern. Zum zweiten Mal spürte ich Devons Lippen auf meinen und er drückte sich mit dem Körper immer mehr an mich. Das war zu viel. Gerade wollte ich ihm klarmachen, dass ich ihn wirklich mochte, aber auf keinen Fall liebte, als er mich wieder einfach küsste. Ein zweites mal wollte ich mir das nicht gefallen lassen. Ich atmete tief ein und öffnete meine Augen wieder. Eine Sekunde später drückte ich Devon mit aller Kraft von mir. Er war stärker und muskulöser als ich, sodass ich eigentlich keine Chance gegen ihn hatte, aber das Überraschungsmoment überrumpelte selbst ihn. Bevor ich allerdings gleich noch etwas sagen konnte, sah ich, wie schräg gegenüber von uns jemand in einem schwarzen Mantel wegging. Lysander erkannte ich selbst von hinten. Ich sah ihm ein paar Sekunden lang nach, bevor ich eine schreckliche Ahnung hatte. Er hatte das ganze jetzt aber nicht wirklich mitangehört? Hatte er? Wirklich? Verdammt! Und wenn er das ganze mitangehört hatte, hatte er das alles vielleicht missverstanden. Doppelt verdammt! Ich ließ Devon einfach links liegen und rannte dem Weißhaarigen hinterher. »Lysandeeer!!«, rief ich ihm hinterher und war erleichtert, als er anhielt. Zu mir umdrehen tat er sich allerdings nicht. »Was?« Die Stimme des Weißhaarigen klang hart und kalt. Alleine dieses Wörtchen ließ mich wissen, dass er das gerade eben wirklich mitangehört hatte. »Ich äh… Hast du uns gehört?«, fragte ich ihn vorsichtig, um sofortige Gewissheit zu haben. Dass er sich noch immer nicht umdrehte, war allerdings Antwort genug. »Also, weißt du, nicht, dass du das missverstehst. Das war ja nicht alles und…«, weiter kam ich nicht, ohne dass ich mich mit den Worten verhaspelte. »Es reicht zumindest, um einen Schlussstrich zu ziehen.« Lysanders Worte schockten mich. Wie meinte er das? Als wäre ich in eine Starre gefallen sah ich auf seinen Rücken. »Wie meinst du das…?«, fragte ich das zuvor Gedachte nun zögerlich. Vor der fürchtete ich mich wirklich. »Du magst diesen Devon, ja? Du liebst ihn? Und hast ihn auch schon geküsst?!« So laut und so kalt hatte ich Lysander noch nie sprechen hören. Mein Hals schnürte sich zusammen und ich sah innerlich eine Welt zusammenbrechen. »Ja.. das heißt nein… also..ich wollte es dir ja sagen.« Super, diese Worte konnte man ja nur falsch verstehen. »Ich denke, du hast genug gesagt. Es reicht.« Lysander so zu hören brach mir das Herz. Ich wollte mich verteidigen, ihm die Wahrheit sagen, ihm versprechen, dass ich nur ihn liebte, aber ich konnte nicht. Die Worte blieben mir im Hals stecken, die Luft wollte meinen Lungen nicht mehr entweichen. »Was…?«, fragte ich ganz leise, aber es wurde vom Rauschen der Blätter im Wind übertönt. »Ich mach Schluss!« Klar und deutlich hatte ich diesen Satz vernommen, aber ich wollte ihn einfach nicht begreifen. Wieder und wieder hallte er in meinem Kopf und während ich darüber nachdachte, flossen die Tränen. Ich wusste nicht, wie lange ich dastand und in die Richtung starrte, in welche Lysander ohne ein Wort des Abschieds gegangen war. Die Tränen tropften mittlerweile schon von meinem Kinn auf die trockene Erde und mein Schluchzen machte dem Blätterrauschen deutliche Konkurrenz. Hätte Devon mich nicht in die Arme genommen, wäre ich an genau diesem Ort zusammen gebrochen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)