Bis der Regen fällt von m-and-m (Im Zeichen der Himmelsfische) ================================================================================ Prolog: Damals -------------- Wer kennt das nicht? Als Kind immer so lange wie möglich draußen bleiben. Nichts konnte einen dazu bringen, rein zu gehen, nicht mal ein Regenschauer. Bei uns war es nicht anders; wir blieben auch während des Regens draußen, sprangen durch die Pfützen, warteten auf einen Regenbogen oder beobachteten das Spiel des Regens auf der Straße, wie er sie langsam dunkel färbte. Und waren wir doch mal drinnen, schauten wir begeistert zu, wie sich die Tropfen an unseren Fensterscheiben ein Rennen lieferten. Nichts konnte uns daran hindern, glücklich zu sein. Kapitel 1: Im Regen - I - ------------------------- Ich kann ihn schon riechen... Der Regen. Er plätschert auf den kalten Asphalt. Barfuß stehe ich da, den Kopf in den Nacken gelegt. Ich kann ihn spüren, als er auf meine Haut nieder schlägt. Jeden Tropfen, der an meiner Wange hinab prasselt. >Wieso bin ich hier? Angst. Es war Angst die mich nach draußen trieb. Der Regen tut gut. Er lenkt mich ab, er lenkt mich ab von Dingen, an die ich nicht denken möchte. Ich möchte nur hier stehen, die ganze Nacht und den Klängen des herab fallenden Wassers lauschen. Ich senke meinen Kopf und merke, dass einige der Wasserperlen auf meinem Gesicht nicht kalt, sondern warm sind. Es sind meine Tränen. Mit irritiertem Blick hebe ich meine Hände und fange ein paar von ihnen auf. Erst jetzt bemerke ich wieder diese Trauer in mir. Der kalte Regen hatte sie für einen Moment zusammen mit allen anderen Dingen davon gespült und ich wünschte, es wäre dabei geblieben. >Wieso bin ich so traurig? Nach einem Moment wandert mein Blick leicht an meinen Handflächen vorbei auf den Boden, wo bereits das Laub vom Fluss des Regens abgetragen wird. Richtig, es ist bald Herbst. Ein letzter Sommerschauer an einem bereits sehr herbstlichen Tag. Dann lenke ich meinen Blick die Straße entlang, niemand außer ist jetzt noch im Freien unterwegs, wieso sollten sie auch, für sie hat der Regen keine guten Assoziationen; Er durchnässt sie, macht sie schmutzig oder gar krank, ja das ist es was sie denken. Doch ich fühle mich besser hier draußen, denn der Regen ist wie ich, eine ungewollte Last, vor der man sich abschotten will. Ich atme tief ein und schließe die Augen. Mein Haar und meine Kleidung saugen sich mit dem Wasser voll, ich merke, wie sie sschwerer werden, doch ich möchte nicht gehen. Ein Versprechen, das ist es, was mich hier draußen hält. Der Regen beruhigt mich und ich beginne mich an damals zu erinnern. Kapitel 2: Unter dem Schutz des Schirms --------------------------------------- „Was machst du da?“ Ich bin fünf und blicke auf einen kleinen Jungen hinab, der in eine Pfütze starrt. Er hebt seinen Kopf und blickt mich groß an, anscheinend hatte er nicht gemerkt, dass ich schon ein Weilchen vor ihm stand. Ein Grinsen macht sich auf seinem Gesicht breit, während er mit einem lauten Zurren den Rotz, der ihm bereits literweise aus der Nase gelaufen zu sein schien, hoch zieht. Leichter Ekel steigt in mir auf, als ich das merkwürdige Geräusch vernehme. „Ich angele.“ Mit einem kleinen Zweig wedelnd grinst er mich an. Am Ende des Zweigs ist ein dünner Faden befestigt, den er in der Pfütze versenkt hat. „Angeln? In einer Pfütze?“ Seine Antwort macht mich stutzig, also hocke ich mich zu ihm herunter und blicke genauer hin. Meinen neugierigen Augen entgegnet nichts, doch außer meinem Spiegelbild entdecke ich nichts. „Ey!“ Ich zucke leicht zusammen, als er seine Stimme lauter ertönen lässt und sehe ihn fragend an. „Du verscheuchst meine Beute!“ Sein Grinsen hat sich zu einer traurigen Schnute verzogen, die mir Schuldgefühle einreden soll. „Aber da sind doch gar keine Fische drin.“ Naiv wie ich bin, begegne ich ihm mit dem gleichen vorwurfvollen Gesicht, um ihm klar zu machen, dass ich keine Schuld daran trage, dass er bisher keinen Fang gemacht hat. Er streckt seine Hand aus und ergreift den Rand meines roten Regenschirms. „Ja weil sie wegen deinem Schirm nicht ins Wasser kommen!“ Er zupft daran herum, während sich seine Augenbrauen bestürzt zusammen ziehen. Ich beuge den Schirm zurück und schaue ihn verständnislos an. „Wie meinst du das?“ Noch bevor meine Frage nochmal in meinen Gedanken widerhallen kann, erblicken meine Augen ein Bild, das ich in meinem ganzen Leben nicht vergessen werde. Beide Arme von sich gestreckt, mit geöffneten Handflächen, als versuchte er etwas zu ergreifen, das nicht da ist, steht er mit geschlossenen Augen und einen sanften Lächeln auf den Lippen da. „Na die Himmelsfische, man kann sie nicht sehen, weil sie die gleiche Farbe wie Wasser haben, aber wenn du die Augen schließt, kannst du genau spüren, wie sie an deiner Haut hinab schwimmen.“ Nachdem ich ihn einen Moment so beobachte, erhebe ich mich aus der Hocke. Ich schaue in den Himmel hinauf und sehe den Regen. Dann strecke ich langsam eine Hand unter dem Schirm hervor und schließe die Augen. „…“ Allmählich merke ich, wie sich auch auf meinem Gesicht ein Lächeln ausbreitet. „Ich kann sie fühlen!“ In meiner Vorstellung fallen die glitzernden Tropfen vom Himmel herab, noch im Fall verändert sich ihre Form und Seiten- und Schwanzflossen kommen aus dem Wasser hervor. Mein Kichern erfüllt die Luft, während ich die kleinen Wesen an meinem Arm hinab gleiten spüren kann. „Du musst beide Arme nehmen! Und die Beine auch! Haha!“ Lachend hüpft er vor mir herum, springt von einer Pfütze in die andere, kein Fleck an ihm, der noch trocken ist. „Aber dann muss ich meinen Schirm weglegen.“ Besorgt sehe ich an den Schirm, der mir bereits sehr ans Herz gewachsen war hinauf. „Ja und?“ Leicht außer Atem kommt er vor mir zum Stehen und schaut mich fragend an. Ich spiele kurz mit der Schlaufe am unteren Ende des Griffs. „Meine Mama hat gesagt, er beschützt mich.“ Bei dem Gedanken an meine Mutter, lächle ich sanft und sehe dann wieder zu ihm in dem Glauben, dass er mich versteht. „Beschützen? Wovor?“ Bei seiner Frage muss ich überlegen, ich schaue zum Himmel hinauf. Der Regen ist zu einem seichten Schauer abgeschwächt. „Hm, davor krank zu werden sagt sie.“ Ich schaue ihn erwartungsvoll an, während er beginnt nachzudenken. Er begutachtet nochmal meinen Schirm und schnipst schließlich mit den Fingern, als er einen Einfall hat. „Weißt du was? Ich habe eine Idee! Leihst du mir deinen Schirm?“ Ein gewisser Unwille steigt in mir auf, als ich aber sein zuversichtliches Gesicht und sein nettes Lächeln sehe, verschwindet das Gefühl, ich nicke ihm einverstanden zu und reiche ihm meinen Schirm, als der Regen fast vorüber ist. „Super, ich bringe ihn dir das nächste mal wieder!“ Durch die zurück gebliebenen Pfützen springend, verschwindet der Junge im Dunst des Regens. Ich schaue ihm noch eine Zeit lang nach, als mir einfällt, dass ich gar nicht nach seinem Namen gefragt habe. So vergehen die Tage ohne einen Tropfen Regen oder den geringsten Anzeichen davon am Himmel, denn es ist Sommer. Jeden Tag sehe ich mich an dem Platz, an dem ich ihn getroffen habe, nach ihm um ,doch niemand weit und breit. „Wo ist eigentlich dein Schirm Schätzchen?“ Mit liebevollem aber bestimmendem Blick, sieht Mutter mich an, als sie mich vom Kindergarten abholt, als wüsste sie bereits, was geschehen ist. Ich begegne ihrem Blick mit einem Lächeln. „Ich habe ihn einem Freund geliehen.“ Sie schaut mich fragend an und lächelt dann neugierig. „Und wer ist dein Freund?“ Meine Miene wandelt sich zu einem verstohlenem Lächeln und ich fange an, nervös an meiner Jacke zu zupfen. „Das weiß ich leider nicht.“ Nun wird sie stutzig und stemmt die Arme in die Hüften. Sie runzelt die Stirn. „Schatz, wenn du deinen Schirm verloren hast, dann musst du mir das sagen. Aber denk dir bitte nicht solche albernen Geschichten aus.“ Ich schaue sie enttäuscht an. „Das habe ich mir nicht ausgedacht…“ Meine Augen werden feuchter, Tränen steigen in mir auf, weil meine Mutter mich für eine Lügnerin hält. „Dann werde ich dir wohl einen neuen kaufen müssen.“ Sie seufzt schwer und öffnet mir die Tür, doch ich bleibe wie angewurzelt stehen. „Nein!“ Ein Schrecken durchzuckt ihren Körper und sie lenkt ihre Aufmerksamkeit wieder auf mich. „Ich möchte keinen neuen Schirm! Ich mag meinen roten Schirm!“ Tränen rinnen an meinen Wangen hinab. „Er wird ihn mir zurück bringen, ich weiß es!“ Einen Moment sieht mich meine Mutter nachdenklich an. Dann beugt sie sich zu mir herunter und gibt mir einen sanften Kuss auf die Stirn. „Tut mir leid Liebling, ich will doch nur nicht, dass du krank wirst, aber du hast sicher recht. Komm wir gehen jetzt nach Hause.“ Schluchzend reiche ich ihr meine Hand und wir verlassen gemeinsam das Gebäude um uns auf den Heimweg zu machen. Die Tage vergehen und der Sommer geht vorüber. Der Herbst zieht ins Land und mit ihm schwingt das Wetter um. Und eines Tages ist es dann soweit, dunkle Wolken ziehen am Himmel zusammen. Ich schnappe meine Gummistiefel und eile aus dem Haus, voller Vorfreude, doch als ich unterm freien Himmel stehe, verspüre ich ein Gefühl des Unmuts. >Was, wenn ich krank werde…? Unsicher wende ich mich ab und will gerade wieder im Haus verschwinden, als ich jemanden an meiner Seite spüre. Ich drehe mich um und erblicke das vertraute Grinsen des Jungen, dann blicke ich an der Hand hinauf, die er in meine Richtung streckt. „…“ Meine Augen weiten sich. „Eeeeh? Mein Schirm…!“ Erschrocken beschaue ich den mir lieb gewordenen Gegenstand und bemerke einige mit Absicht hinein geschnittene Löcher. Dann wandert mein entgeisterter Blick zurück auf den Jungen, dessen Grinsen noch breiter geworden ist. „Jetzt kannst du im Regen spielen und trotzdem kann dich dein Schirm vor Krankheiten beschützen!“ Ich brauche einen Moment, um zu verstehen, was er meint. Dann steigt erneut Freude in mir auf. Wie bei unserem ersten Treffen, erfüllt auch nun mein Lachen wieder die Luft und ich nehme meinen Schirm entgegen. „Du hast recht! Danke!“ Während ich ihn dankbar anlächle, ergreift er meine Hand. „Jetzt lass uns mit den Himmelsfischen spielen!“ Ich nicke ihm zu und im selben Moment, beginnt ein heftiger Regenschauer sich über uns zu ergießen. Wir lachen und springen durch den Regen, durch die Löcher tropfen die kleinen Wasserperlen auf mich hinunter, wie kleine Fische, die ein Fluchtloch suchen. Innerhalb weniger Minuten sind wir völlig durchnässt und dann ist das Unwetter wieder vorüber. Einer der schönsten Tage meiner Kindheit geht zu Ende, während meine Mutter mich wieder trocken rubbelt. Ich denke an das gerade erlebte zurück und wieder fällt mir ein, dass ich nicht nach seinem Namen gefragt habe. Kapitel 3: Epilog: Kapitel II ----------------------------- „Schatz, wie ich sehe, hast du deinen Schirm wieder.“ Mit einem Lächeln steht meine Mutter vor mir, als wir uns gerade fertig machen, um einkaufen zu gehen, während es draußen regnet. „Ja, ich habe ja gesagt er bringt ihn mir wieder!“ Grinsend lasse ich mir meine Regenjacke anziehen, während ich zu meinem Schirm hinüber schaue. „Jetzt ist er sogar noch schöner!“ Ich sehe meine Mutter mit Vorfreude an, weil ich ihr endlich zeigen möchte, was er mit meinem Schirm gemacht hat. „Na dann, lass uns losgehen und vergiss deinen Schirm nicht.“ Ich schnappe mir das gute Stück und ergreife mit der freien Hand, die meiner Mutter. Zusammen verlassen wir das Haus. „Dann zeig mal her.“ An der Schwelle vom Trockenen ins Nasse sieht meine Mutter mich neugierig lächelnd an. Ich grinse und öffne den Schirm. Als sich der löchrige Stoff über meinem Kopf entfaltet, fällt meiner Mutter das Lächeln aus dem Gesicht. „A… Aber Süße….“ Summend und lächelnd setze ich mich in Bewegung, während meine Mutter mir wie versteinert nachschaut. Kapitel 4: Im Regen - II - -------------------------- Ein Lächeln legt sich auf meine Lippen, bei der Erinnerung an früher. Von diesem Moment an, haben wir jeden verregneten Tag zusammen verbracht. Und obwohl ich später begriff, dass es meiner Mutter darum ging, dass ich durch den Regen krank würde, bin ich niemals krank geworden. Der Glaube an deine Worte allein, dass ich sicher bin, solange ich meinen Schirm habe, hat mich scheinbar stark gemacht. >Wie naiv wir waren. Ich neige den Kopf zurück und blicke in den Himmel hinauf, die Tropfen prasseln auf mich nieder. >Himmelsfische. Langsam schließe ich meine Augen und versuche, es mir wie damals vorzustellen. Als ich gerade glaube, dass es mir gelingt, werde ich von einem Geräusch zurück in die Wirklichkeit geholt. Ich drehe mich herum, um in die Richtung zu schauen, aus der das Geräusch kam und erblicke zwei Kinder. „Los, schnell! Wir werden ganz nass!“ Sie eilen zu einem Gebäude, das über ein verlängertes Dach verfügt. Eines der Kinder hat seine Regenjacke schützend über beide geworfen, bis sie schließlich unter das Dach gelangen. Einen Moment muss ich schmunzeln. >Sie sind nicht wie wir. Als ich meinen Blick gerade wieder abwenden will, höre ich erneut das Geräusch, dass zuvor meine Aufmerksamkeit erweckt hat. „Iiiih hör mal.“ Der ältere Junge hat sich gerade hingesetzt und sieht das Mädchen fragend an, diese hält sich ihr Haar zurück, während sie in ihren Schuhen vor und zurück wippt. Ein matschendes Geräusch ertönt bei jeder ihrer Bewegungen. „Meine Schuhe sind voll Wasser.“ Leicht angewidert lässt sie sich auf dem Boden nieder, um ihre Schuhe auszuziehen, während der Junge über sie lachen muss. „Ich hab dir ja gesagt, dass die Schuhe bei dem Wetter nichts bringen.“ Er steht auf und geht demonstrativ ein paar Schritte um sie herum, dabei fällt mir auf, dass ich bei seinen Schritten kein Geräusch hören kann. Mein Blick wandert zu seinen Füßen hinab. Meine Augen werden groß. >Barfuß. Mein Atem stockt einen Moment, als ich seine nassen Fußabdrücke auf dem trockenen Weg sehe. „Du hast aber große Füße!“ Lachend tapst das Mädchen hinter ihm her, als sie sich ihre Schuhe abgestreift hat. „Sind sie eben größer.“ Widerwillig setzt der Junge sich wieder auf die Treppe des Gebäudes und verschränkt beleidigt seine Arme. Mit einem entschuldigenden Lächeln setzt sich das Mädchen zu ihm. Der Junge schaut noch immer beleidigt zur Seite. „Immerhin weiß ich so immer, welche deine sind.“ Der Junge schnauft die Wut wegblasend. Dann sieht er unter dem Dach hervor. „Sieht nicht aus, als ob es bald aufhört, lass uns schnell nach Hause laufen, unsere Eltern machen sich bestimmt Sorgen.“ Ich sehe den beiden noch eine Weile ungläubig nach, als meine Gedanken abschweifen. Kapitel 5: Spuren der Vergangenheit ----------------------------------- Meine Beine vor und zurück schwenkend sitze ich auf einem Mauervorsprung. Ich schaue auf eine Pfütze nicht weit von mir, in die gerade die letzten Reste eines Regenschauers aus dem Laub des darüber wachsenden Baumes tropfen. Gerade hat die typische Stille eingesetzt. Die Stille nach einem Schauer, bevor die Leute sich wieder auf die Straße trauen. Ich lächle sanft und mein Lächeln wird breiter, als ich einen leichten Stoß an meinem Rücken spüre. Ein Seufzen erklingt. „Sieht aus, als wäre es vorüber.“ Als ich mich leicht zu ihm wende, sehe ich, wie er erwartungsvoll in den Himmel schaut. „Ja, sieht so aus.“ Nun wende auch ich meinen Blick dem Himmel zu und lasse meinen Schirm sinken. Dieser hat mittlerweile sehr gelitten, die Löcher sind weiter aufgerissen und der Griff ist bereits rostig, doch er ist mir immer noch das liebste Stück. „Schade, dabei hat es doch gar nicht so lange gedauert.“ Enttäuschung schwingt in seiner Stimme mit. „Es wird bald Winter.“ Ich merke, wie er sich nach meiner Antwort zu mir dreht und mich anschaut. Ich schließe meinen Schirm und überlege. „Sag mal, was passiert mit den Himmelsfischen im Winter?“ Mit fragendem Gesicht begegne ich seinem Blick und lege erwartungsvoll den Kopf schief. Er scheint einen Moment nachzudenken und lächelt dann. „Na das, was mit den anderen Fischen auch passiert, sie machen Winterschlaf.“ Ich ziehe überrascht beide Brauen hoch. „Winterschlaf?“ Neugierig lehne ich mich vor, auf eine Erklärung wartend. „Ja na klar, deswegen fallen sie ganz langsam vom Himmel und erst, wenn sie auf unsere warme Haut treffen, werden sie wieder wach.“ Angeregt glitzern meine Augen, während ich staunend nochmal in den Himmel hinauf schaue. „Oooooh, so ist das also!" Daraufhin sieht er grinsend zu mir. „Deswegen lassen sie sich im Winter auch einfacher fangen, während des Winterschlafs können sie nicht so leicht abhauen.“ Fasziniert lausche ich seinen Worten und stelle mir die kleinen listigen Wesen im Blau des Himmels schwimmend vor, wie es kälter wird und sie allmählich nach und nach einschlafen und sich dadurch nicht mehr am Himmel halten können und langsam hinunter gleiten. Ich lächle begeistert. „Das möchte ich unbedingt sehen!“ Voller Vorfreude platzen die Worte laut aus mir heraus, so laut, dass er mich mit überrascht geweiteten Augen ansieht. Dann muss er lachen. „Hast du noch nie Schnee gesehen?“ Er wischt sich dabei eine Lachträne aus dem Augenwinkel und sieht mich leicht irritiert an. „Schon aber ich habe ihn noch nie wie du gesehen!“ Ich sehe ihn bittend an, während er noch immer schmunzelnd den Kopf fragend schief legt. „Wenn du nicht dabei bist klappt es vielleicht nicht.“ Sein Lachen verstummt. „Wie kommst du darauf, dass ich nicht dabei sein könnte?“ Ich senke meinen Blick und schweige einen Moment lang, um meine Gedanken zu sortieren. „Naja, bis jetzt haben wir immer nur zusammen gespielt, wenn es draußen geregnet hat und ich dachte, wenn es nicht regnet…“ Bevor ich meinen Satz beenden kann, verfalle ich wieder in ein unsicheres Schweigen, zum einen weil ich Angst habe, dass er wieder über mich lachen würde und zum anderen, weil ich mich fürchte, dass er nicht dabei sein will. Er sieht mich noch eine Zeit lang an, als würde er darauf warten, dass ich meinen Satz vollende, dann spüre ich ein leichtes Gewicht auf meinem Haupt. Ich schaue auf und bemerke, dass er seine Hand auf meinen Kopf gelegt hat und mich anlächelt. „Das war weil ich oft gesehen habe, wie DU den Regen anschaust. Ich blinzle überrascht. „Huh?“ Er reibt sich den Kopf und muss ein wenig grinsen. „Ehehehe, ich glaub ich kann das nicht richtig erklären.“ Ein wenig beschämt kratzt er sich an der Nase. Dann muss ich lachen, woraufhin er mich nun fragend ansieht. „Also zeigst du mir die schlafenden Himmelsfische?“ Lächelnd sehe ich ihn an, bis er schließlich nickt. Wieder kommt sein breites Grinsen zum Vorschein. „Dann sehen wir uns beim ersten Schnee.“ Ich nicke heiter und wende mich zum Gehen um, zum Abschied winke ich ihm noch wie wild zu, und er mir zurück, bis ich mich letztlich abwende und wir unserer Wege gehen. Mit einem breiten Lächeln komme ich Zuhause an, meine Mutter sieht mir fragend nach, als ich in meinem Zimmer verschwinde. Ab da verbringe ich viel Zeit an meinem Fenster und beobachte den Himmel, irgendwann muss der erste Schnee ja kommen. Dann langsam sinken die Temperaturen und die ersten Anzeichen für den Schnee machen sich bemerkbar, Eisblumen breiten sich auf meinen Fensterscheiben aus, ich kann ihnen Tag für Tag beim Wachsen zusehen. >Wo bleibt nur der Schnee? Jeden Abend sitze ich an meinem Fenster und starre hinaus, bis ich vor Erschöpfung einschlafe und meine Mutter mich ins Bett tragen muss. Eines Abends öffne ich meine Augen und sehe mich verwirrt um, meine Mutter hatte mich erneut ins Bett bringen müssen, da die Nacht herein gebrochen war. Enttäuscht seufze ich und möchte aufstehen. Ich setze die Füße auf den Boden und schließe noch für einen Moment meine Augen und halte Inne, da fällt mir etwas auf. >Es ist so leise… Ich reibe mir kurz verschlafen die Augen und schaue zu meinem Fenster hinüber, als sich plötzlich meine Augen weiten. „…Schnee…?“ Leise entrinnt das Wort meinen Lippen und ich wage es nicht, meinen Augen zu trauen, doch draußen schneit es und das nicht erst seit kurzem, denn ich kann bereits kleine Schneehaufen in den Ästen der Bäume hängen sehen. Ich springe aus dem Bett in meine Hausschuhe und flitze aus meinem Zimmer, um zur Haustür zu eilen. Als ich gerade nach dem Türklinke greifen will, öffnet sich die Tür und mein Vater kommt herein, überrascht darüber mich im Halbdunkeln zu entdecken lächelt er mich an, als er mich erblickt. „Na Süße, was machst du denn um diese später Uhrzeit an der Haustür?“ Er legt Mantel und Hut ab, ergreift mich und hebt mich zu sich hinauf, auf eine Antwort wartend. „I-ich muss in den Schnee!“ Müde stottere ich die Antwort vor mich hin, mein Vater aber schmunzelt nur über mein Verhalten und drückt mich an sich. „Du gehörst erst mal wieder in dein Bett mein Engel, der Schnee ist sicher auch morgen noch da, jetzt ist es doch schon viel zu spät. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)