Bis der Regen fällt von m-and-m (Im Zeichen der Himmelsfische) ================================================================================ Kapitel 5: Spuren der Vergangenheit ----------------------------------- Meine Beine vor und zurück schwenkend sitze ich auf einem Mauervorsprung. Ich schaue auf eine Pfütze nicht weit von mir, in die gerade die letzten Reste eines Regenschauers aus dem Laub des darüber wachsenden Baumes tropfen. Gerade hat die typische Stille eingesetzt. Die Stille nach einem Schauer, bevor die Leute sich wieder auf die Straße trauen. Ich lächle sanft und mein Lächeln wird breiter, als ich einen leichten Stoß an meinem Rücken spüre. Ein Seufzen erklingt. „Sieht aus, als wäre es vorüber.“ Als ich mich leicht zu ihm wende, sehe ich, wie er erwartungsvoll in den Himmel schaut. „Ja, sieht so aus.“ Nun wende auch ich meinen Blick dem Himmel zu und lasse meinen Schirm sinken. Dieser hat mittlerweile sehr gelitten, die Löcher sind weiter aufgerissen und der Griff ist bereits rostig, doch er ist mir immer noch das liebste Stück. „Schade, dabei hat es doch gar nicht so lange gedauert.“ Enttäuschung schwingt in seiner Stimme mit. „Es wird bald Winter.“ Ich merke, wie er sich nach meiner Antwort zu mir dreht und mich anschaut. Ich schließe meinen Schirm und überlege. „Sag mal, was passiert mit den Himmelsfischen im Winter?“ Mit fragendem Gesicht begegne ich seinem Blick und lege erwartungsvoll den Kopf schief. Er scheint einen Moment nachzudenken und lächelt dann. „Na das, was mit den anderen Fischen auch passiert, sie machen Winterschlaf.“ Ich ziehe überrascht beide Brauen hoch. „Winterschlaf?“ Neugierig lehne ich mich vor, auf eine Erklärung wartend. „Ja na klar, deswegen fallen sie ganz langsam vom Himmel und erst, wenn sie auf unsere warme Haut treffen, werden sie wieder wach.“ Angeregt glitzern meine Augen, während ich staunend nochmal in den Himmel hinauf schaue. „Oooooh, so ist das also!" Daraufhin sieht er grinsend zu mir. „Deswegen lassen sie sich im Winter auch einfacher fangen, während des Winterschlafs können sie nicht so leicht abhauen.“ Fasziniert lausche ich seinen Worten und stelle mir die kleinen listigen Wesen im Blau des Himmels schwimmend vor, wie es kälter wird und sie allmählich nach und nach einschlafen und sich dadurch nicht mehr am Himmel halten können und langsam hinunter gleiten. Ich lächle begeistert. „Das möchte ich unbedingt sehen!“ Voller Vorfreude platzen die Worte laut aus mir heraus, so laut, dass er mich mit überrascht geweiteten Augen ansieht. Dann muss er lachen. „Hast du noch nie Schnee gesehen?“ Er wischt sich dabei eine Lachträne aus dem Augenwinkel und sieht mich leicht irritiert an. „Schon aber ich habe ihn noch nie wie du gesehen!“ Ich sehe ihn bittend an, während er noch immer schmunzelnd den Kopf fragend schief legt. „Wenn du nicht dabei bist klappt es vielleicht nicht.“ Sein Lachen verstummt. „Wie kommst du darauf, dass ich nicht dabei sein könnte?“ Ich senke meinen Blick und schweige einen Moment lang, um meine Gedanken zu sortieren. „Naja, bis jetzt haben wir immer nur zusammen gespielt, wenn es draußen geregnet hat und ich dachte, wenn es nicht regnet…“ Bevor ich meinen Satz beenden kann, verfalle ich wieder in ein unsicheres Schweigen, zum einen weil ich Angst habe, dass er wieder über mich lachen würde und zum anderen, weil ich mich fürchte, dass er nicht dabei sein will. Er sieht mich noch eine Zeit lang an, als würde er darauf warten, dass ich meinen Satz vollende, dann spüre ich ein leichtes Gewicht auf meinem Haupt. Ich schaue auf und bemerke, dass er seine Hand auf meinen Kopf gelegt hat und mich anlächelt. „Das war weil ich oft gesehen habe, wie DU den Regen anschaust. Ich blinzle überrascht. „Huh?“ Er reibt sich den Kopf und muss ein wenig grinsen. „Ehehehe, ich glaub ich kann das nicht richtig erklären.“ Ein wenig beschämt kratzt er sich an der Nase. Dann muss ich lachen, woraufhin er mich nun fragend ansieht. „Also zeigst du mir die schlafenden Himmelsfische?“ Lächelnd sehe ich ihn an, bis er schließlich nickt. Wieder kommt sein breites Grinsen zum Vorschein. „Dann sehen wir uns beim ersten Schnee.“ Ich nicke heiter und wende mich zum Gehen um, zum Abschied winke ich ihm noch wie wild zu, und er mir zurück, bis ich mich letztlich abwende und wir unserer Wege gehen. Mit einem breiten Lächeln komme ich Zuhause an, meine Mutter sieht mir fragend nach, als ich in meinem Zimmer verschwinde. Ab da verbringe ich viel Zeit an meinem Fenster und beobachte den Himmel, irgendwann muss der erste Schnee ja kommen. Dann langsam sinken die Temperaturen und die ersten Anzeichen für den Schnee machen sich bemerkbar, Eisblumen breiten sich auf meinen Fensterscheiben aus, ich kann ihnen Tag für Tag beim Wachsen zusehen. >Wo bleibt nur der Schnee? Jeden Abend sitze ich an meinem Fenster und starre hinaus, bis ich vor Erschöpfung einschlafe und meine Mutter mich ins Bett tragen muss. Eines Abends öffne ich meine Augen und sehe mich verwirrt um, meine Mutter hatte mich erneut ins Bett bringen müssen, da die Nacht herein gebrochen war. Enttäuscht seufze ich und möchte aufstehen. Ich setze die Füße auf den Boden und schließe noch für einen Moment meine Augen und halte Inne, da fällt mir etwas auf. >Es ist so leise… Ich reibe mir kurz verschlafen die Augen und schaue zu meinem Fenster hinüber, als sich plötzlich meine Augen weiten. „…Schnee…?“ Leise entrinnt das Wort meinen Lippen und ich wage es nicht, meinen Augen zu trauen, doch draußen schneit es und das nicht erst seit kurzem, denn ich kann bereits kleine Schneehaufen in den Ästen der Bäume hängen sehen. Ich springe aus dem Bett in meine Hausschuhe und flitze aus meinem Zimmer, um zur Haustür zu eilen. Als ich gerade nach dem Türklinke greifen will, öffnet sich die Tür und mein Vater kommt herein, überrascht darüber mich im Halbdunkeln zu entdecken lächelt er mich an, als er mich erblickt. „Na Süße, was machst du denn um diese später Uhrzeit an der Haustür?“ Er legt Mantel und Hut ab, ergreift mich und hebt mich zu sich hinauf, auf eine Antwort wartend. „I-ich muss in den Schnee!“ Müde stottere ich die Antwort vor mich hin, mein Vater aber schmunzelt nur über mein Verhalten und drückt mich an sich. „Du gehörst erst mal wieder in dein Bett mein Engel, der Schnee ist sicher auch morgen noch da, jetzt ist es doch schon viel zu spät. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)