Oneiroid Psychosis von Salamitaktik ================================================================================ Prolog: -------- Du bist ein Monster. Du bist ein dreckiges, kleines Stück Scheiße, das auf der Keramikkloschüssel deines verkorksten Lebens verschmiert ist. Setsunas Unterarme sind dick bandagiert. Setsuna trägt den teuersten Anzug, den er hat - und weil seine Familie reich ist, ist der Anzug wirklich sehr teuer gewesen. Setsuna sitzt auf der harten Angklagebank und die Anklageschrift wird verlesen. Vor mehr als zwei Monten hat er sich die Arteria ulnaris und die Arteria radialis bis zum Unterarm aufgeschnitten, das hat der Arzt gesagt, und dass er gestorben wäre, hätte man ihn nicht gefunden - Setsuna meint, der Arzt sei dumm, immerhin wollte er sterben. Die Zeit im Krankenhaus, die er wachend verbracht hat, ist eine Mischung aus Analgetika induzierter Gelassenheit gewesen und den stets aufmerksamen Blicken eines Polizeibeamten. Als man ihn weitestgehend stabilisiert hat - für die ab und an auftretenden Wutausbrüche hat man ihm ein rezeptpflichtiges Sedativ verschrieben, dessen Name so lang ist, dass Setsuna sich beim besten Willen nicht daran erinnern kann - hat man ihn entlassen. Für ihn besteht die Welt nun aus dicht wabernden Nebel und vielen angenehmen Nicht-Gedanken und Setsuna findet das gut. Daheim ist er in seinem Zimmer eingesperrt gewesen, nur manchmal ist seine Mutter gekommen, um ihn zu schlagen und nach dem Warum zu brüllen. Setsuna hat nie etwas gesagt. Vor allem dann nicht, wenn er bewusstlos zusammengebrochen ist und seine Mutter gehofft hat, dass er einfach stirbt. Sein Vater ist ein wenig anders - er ignoriert ihn vollkommen. Aber seine Eltern haben einen hoch dekorierten Anwalt bezahlt. Dieser Anwalt mit zweifachen Doktortitel ist der erste, der wenigstens so tut, als würde er sich für ihn interessieren. Auch er fragt ihn nach dem Warum. Und Setsuna antwortet, weil er Sara liebt und sie ihn darum gebeten hat. Der Anwalt fragt ihn, ob er wisse, dass das verboten ist. Dieses das spricht er aus, als sei es etwas derart Widerwärtiges, dass allein schon das Wort seine Zunge verbrennen könne. Setsuna zuckt mit den Schultern. Der Anwalt fährt fort, man könne auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren. Ob er verrückt sei, fragt Setsuna neugierig. Und der Anwalt sagt Vielleicht. Die Verhandlungen dauern lange. Tage, Wochen - unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Und Setsuna wird freigesprochen. Wobei das lediglich heißt, dass man ihn ins Sanctuary Asylum steckt, eine Klapsmühle für privilegierte Gestörte. Setsuna fragt sich, wo da das Wort frei drin steckt. Setsunas Kopf lehnt an der getönten Fensterscheibe des großen Wagens, der ihn in Richtung Psychiatrie fährt, und er denkt, dass es sein einziges Verbrechen ist, nicht auf Saras Beerdigung erschienen zu sein. Du bist wertlos. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)