Das Leben ist eine Abfalltonne von abgemeldet (Ein satirischer Einblick in mein Tagesgeschäft) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Das Leben ist eine Abfalltonne Der Geruch von Lüge, Frevel und Ignoranz haftete an mir. Der Abschaum den die Welt nicht braucht, doch existent ist, füllt mich. Die Überreste der moralischen Gesellschaft sind mein Tageswerk. Sie sammeln sich bei mir, legen Zeugnis von Verdorbenheit ab. Erzählen stumm von den perfiden Fragmenten des Anstands und der Ethik. Im Sommer, wenn die Sonne heiß auf den Schund eurer Hinterlassenschaften auf mir nieder brennt, liegt der Gestank von Verfall in der Luft. Ein Aroma des Todes, der schwer in euren Straßen hängt, geboren aus dem Sterben von Menschlichkeit. Manchmal frage ich mich, wie ihr noch atmen könnt. Aber ihr könnt es, genauso wie ihr weiter die Luft verpestet. In zartem Rosa vertreibt die Sonne den schwarzen Vorhang der Nacht. Bezaubernd brechen sich ihre Strahlen an der weißen Wolkendecke und erwecken das Leben der Erde. Nachdem ich in der Dunkelheit zumeist teilnahmslos in der Ecke stehe, werde ich nun für euch interessant. Die Fütterungszeit beginnt, wie jeden Morgen. Tangiert von Plastikbeutel und Kind, mache ich schon in aller Ferne das mit Ekel überzogene Gesicht der Frau aus Stockwerk 8 aus. Angewidert wird mir mit einem lauten Scheppern Aufmerksamkeit geschenkt. Hey, ich kann nichts für den Dreck, den ihr in mich hineinstopft! Ein bisschen mehr Respekt bitte. Achtlos sammeln sich in mir Speisereste und allerlei überflüssig gewordene Lebensmittel. So viel, dass mir schlecht davon wird. Ein fürsorgliches Tätscheln auf den blonden Schopf ihres Spatzes, wie sie ihr Mädchen immer nennt, folgt. Ob sie weiß, wie viele Spatzen sie mit meinem Mageninhalt hätte füttern können? Die schwere Kost muss ich erst verdauen. Ich schiele zu den schwarzen Lettern der Zeitung in dem Wirrwarr von Schund. Umweltschutz propagieren sie. Vernünftiges Zukunftsdenken. Das Sehen über den Tellerrand. Augenscheinlich waren die Buchstaben nicht groß genug. Wie hätten sich sonst halb auslaufende Batterien, in dem mahnenden Papier wieder finden können? Ein erneutes Poltern unterbricht meine Suche nach leichter Kost. Das Gesicht ist diesmal hübscher, wenn auch trauriger. Ich bin immer wieder erstaunt, wie sich Fräulein Adrett am Tage unschuldig präsentiert und am Abend unter dicken Schichten von Farbe zu Miss Zügellos wird. Stetig bemüht ihren Lebensstandard zu verbessern. Liebe gegen Geld, ihr Motto zum Luxus. Bitter schlagen in mir die Überbleibsel der letzten Diensterweisung auf. Gebrauchte Kondome und Sexspielsachen erzählen von einer wilden Nacht. Die gebrauchten Schwangerschaftstests davon, dass sie es auch mal ohne tut. Wenn der Preis stimmt, versteht sich. Auf der Suche nach Liebe, bleibe ich an der mittlerweile wohlbekannten geschwungenen Handschrift auf duftendem Papier hängen. Die Worte eines Teenagers, die Zeilen unsicher als Frau geführt, das Parfum zu schwer für Jugend. Die Sehnsucht wurde wie zig Mal zuvor anschaulich in poetischem Schmalz niedergelegt, der Kummer der Einsamkeit mit verwischter Tinte bekundet. Hat ihr denn niemand gesagt, dass ihr Liebster sicher nicht in der Mülltonne nach ihren Geständnissen suchen wird? Jetzt wird es interessant. Der solide Geschäftsmann aus dem Penthouse gibt sich die Ehre. Sein Müll stinkt auf eine ganz besondere Art. Geruchlos übergibt er mir den abstoßenden Inhalt zum Verbleib. Sorgsam unter Diagramme und Präsentationsvorlagen versteckt. Ich schätze ich werde vergeblich auf den Tag warten, an dem sich eines der infamen Fotos auf einen falschen Schreibtisch verirrt. Jung, unschuldig und nackt. Ein Skandal, der nie den Weg in die Tagesblätter finden wird. Zu gut sind die Beziehungen, zu berechenbar die Währung, in der man zahlen kann. Die Mittagszeit lockt hungrige Verwahrlosung an. Sie streift suchend von einer Sammelstelle zur nächsten. Nun, diesmal wird der Besuch bei mir nicht umsonst sein. Die letzte Party des Studentenpaares brachte mir einiges an durchsichtigem Wert in Plastik ein. Flasche für Flasche wühlen zitternde Finger in dem mir vermachten Dreck. Ja, man scheint es naiver Weise zu haben und irgendjemand kommt immer vor den Männern in Orange und befreit mich von der kostbaren Habe. Dennoch, hätte man das Geld nicht gleich freimütig an Bedürftige verschenken können, als es so achtlos wegzuwerfen? Ich habe wieder Platz und erhalte zur Abwechslung mal eine nette Geste. Sommersprossen und rote Zöpfe formen das Bild, des mir entgegen getragenen Lächelns. Mit fipsiger Stimme schenkt mir kindliche Naivität einen Hauch Freude, wenngleich der Grund dazu alles andere als glücklich ist. Jeden Montag bringt sie mir einen Strauß Blumen. Jede davon frisch von der saftigen Wiese auserwählt und gepflückt. So auch diesmal. Goldi soll sich schließlich wohl fühlen. Goldi, ihr totes Meerschweinchen. Immerhin, ihr Vater hatte sich doch tatsächlich die Mühe gemacht, das geliebte Haustier in einen Schuhkarton zu packen, bevor es mir als Hüter des Andenkens vermachte. Was für ein goldiger Abgang. Vom Kinderzimmer in die Abfalltonne. Der späte Nachmittag verläuft gewohnt ruhig. Ich gehe in mich und finde doch tatsächlich Schönheit im Unrat. Es sind mit Herzblut gefertigte Zeichnungen. Eine beeindruckender als die andere. Keine von ihnen wird je Beachtung finden. Schließlich sind die emsigen Finger des jungen Mannes nicht für die brotlose Kunst bestimmt, sondern für das trockene Studieren von Paragraphen. Eifrig versucht den egoistischen Ansprüchen seines Vaters zu genügen. Die fassbare, nüchterne Jura gegen die verwischenden Gefühle von wertlosem Zeitvertreib. Es gibt schließlich Fußstapfen zu besetzen und die Robe mit Stolz der Außenwelt zu präsentieren. Einen schwarzen Mantel von Beileid, kann ich da nur sagen. Schwerer Atem wird mir entgegen getragen und mit ihm glitzerndes Glas von Flaschen. Ja, sicher. Dinge die mir nicht gehören, nehme ich besonders gerne. Wankend wird meine Klappe zum Abgrund von Schmutz und Schande geöffnet. Das gerötete Gesicht wird auch heute von verhangenen Augen dominiert. Es ist der Nebel von vernichtendem Alkohol, den zu durchbrechen der Familienvater seit Monaten nicht im Stande ist. Nun, ich urteile vorschnell. Ausbrüche gibt es. Immer gegen Unschuld, gegen das Wehrlose. Aber irgendwie muss ja die Wut von eigenem Versagen kompensiert werden. Und den Sumpf von Verzweiflung durchquert es sich leichter mit präsentierter Macht. Gewalt über andere, wenn schon nicht über sich selbst. Ob er eine Ahnung hat, wie armselig das ist? Dabei könnte er so reich sein. Die Sonne versinkt am Horizont. Die letzten tapferen Strahlen, die sich durch die dicken grauen Wolken kämpfen, geben auf und lassen der Nacht den Vortritt. Erst getaucht in Anthrazit, dann versunken im tiefen Schwarz. Es ist Schlafenszeit und ich gestatte mir noch einige Minuten, um mich der Gutenachtgeschichte zu widmen. Die illustere Welt von buntem Showbiz malt mir mühelos auch heute eine unterhaltende Welt von Skandal und Niedergang. Wieder einmal ging ein Sternchen dem Blitz nicht rechtzeitig aus dem Weg. Polarisiert in Schlagworten zusammengepresst ergibt sich auch diesmal ein einziger Witz von Klischee. Das Ergebnis ist bereits jetzt absehbar. In den Himmel erhoben und in die Hölle geschickt. Was wäre vergnüglicher? Was befriedigender, als die obere Schicht brennen zu sehen? Hexenjagd der Moderne. Nur diesmal sitzt die Moral am Richttisch und groß ist sie nicht mehr. Der erdrückende Schund ermüdet. Warum können sie nicht anfangen in ihrem eigenen Müll zu suchen? Erfolglos wäre man bestimmt nicht. Die Last wiegt schwer. Wenn jeder nur zuerst bei sich anfangen würde, würde es etwas verändern? Der Gestank vergiftete nach und nach. Sicher würde es das. Lobbyisten würden an die Grenze ihrer Macht stoßen, die Schmierfinke hätten nichts mehr zu propagieren und man könnte doch tatsächlich feststellen, dass Veränderung im Kleinen im Ganzen gelingen kann. Die Seuche greift bereits um sich. Doch das Wegwerfen ist zu einfach. Der Tod von Gewissen ist längst eingeläutete. Müll produzieren angenehmer, als ihn zu beseitigen. Nun, es ist eure Welt, nicht meine. Ich bin nur der Sammeltrog eures Schaffens. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)