Red Requiem von Flordelis ================================================================================ Prolog: Maler ------------- Mit ruhiger Hand führte er den Pinsel, malte gerade, gleichförmige Linien auf die gestraffte Leinwand. Er setzte kein einziges Mal ab, das Bild in seinem Kopf war bereits fertig, so dass er es nur übertragen musste, jede einzelne Linie war ihm bekannt. Er musste auch nicht absetzen, um neue Farbe aufzunehmen, sein Pinsel benötigte das nicht. So war es ihm möglich, das gesamte Bild in einer fließenden Bewegung zu zeichnen, so wie er es immer tat. Wie lange er das bereits tat, wusste er nicht, genausowenig, wie lange das noch so weitergehen würde. Zeit war für ihn nicht von Bedeutung. Er besaß sie im Überfluss, er musste weder schlafen noch essen oder trinken, stattdessen ernährte er sich von Mana, einer nie versiegenden Quelle an Energie, die ihn mit allem versorgte, was er benötigte. Es gab auch niemanden, der ihn stören könnte, außer ihm gab es keinerlei Lebewesen auf dieser Welt, die diese Bezeichnung kaum verdiente, gab es doch nichts anderes als sein Schloss, dessen Zinnen drohend in den glühenden Himmel aufragten, in dem sich unzählige andere Welten befanden, deren Licht ihm genügte, um alles erkennen zu können. So setzte er den Pinsel erst wieder ab, als das Bild vollständig war. Er atmete tief durch, während er das Ergebnis seiner Arbeit betrachtete. Es war perfekt, genau wie jenes, das er zuvor in seinem Kopf gesehen hatte. Das rote Haar, das auf den ersten Blick verriet, welches Feuer sich in ihrem Inneren befand; ihre offenherzige Kleidung, die der Fantasie kaum noch Raum ließ und nicht zu vergessen die Laterne in ihrer Hand, in der ein ewiges Feuer brannte, das sich mit ihrem zu messen schien. Dieses Gemälde war einfach die beste Wiedergabe des Bildes, das er noch von seiner ehemaligen Gefährtin hatte. Diese Perfektion trieb ihm die Tränen in die Augen, mehr als je zuvor wünschte er sich, seine Gefährtin wieder bei sich zu haben, damit er nicht mehr nur Bilder von ihr malen müsste. Aber sie zu finden, in diesem Meer von Welten, die alle so wahnsinnig groß und auch verwirrend für ihn waren. Milliarden von Menschen, nein, mehr, viel mehr, lebten in ihnen und versuchten, ihm auf seiner Suche im Weg zu stehen. Sie alle wollten nicht, dass er wieder mit ihr vereint war! Der Gedanke fachte seine Wut wieder an, ließ ihn beinahe das Gemälde ergreifen und es in seinem bis dahin noch kalten Kamin den Flammen übergeben. Doch noch als er die Hände ausstreckte, um die Leinwand an sich zu nehmen, spürte er plötzlich, dass er nicht mehr allein war. Er wandte den Kopf und entdeckte ein Wesen, das auf dem ersten Blick einem weißen Fuchs ähnelte. Doch wenn man sich die Zeit nahm, ihn genauer zu betrachten, bemerkte man, dass er eine silberne Krone auf dem Kopf trug und ein bläuliches Band um ihn herum schwebte, außerdem endete sein Körper nicht wie jene von normalen Füchsen, er besaß keine Hinterläufe, stattdessen endete er in drei Schweifen. „Hast du sie gefunden?“ Das Wesen neigte den Kopf als würde es nicken, dann stieß es einen leisen Schrei aus, aber für den Maler kam die Antwort direkt in seine Gedanken. Nun wusste er, in welcher Welt sich seine frühere Gefährtin befand, er müsste nur noch dorthin reisen und sie wieder mit sich nehmen. Ja, er konnte es kaum erwarten, ihr wieder gegenüber zu stehen. Deswegen wandte er dem Gemälde seinen Rücken zu und setzte sich in Bewegung, um in jene Welt zu reisen. Das Porträt verblieb allein im Zimmer, doch die Farben schienen zu glühen und erhellten die vorherrschende Dunkelheit wie das letzte Feuer eines Kamins. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)