Hopeful Skies von CaitLin (Wenn der Himmel verschwindet) ================================================================================ Kapitel 1: Wenn der Himmel verschwindet --------------------------------------- (c) liegen ausschließlich bei mir, der Autorin. Und ich möchte erwähnen, dass ich den Gebrauch von Drogen NICHT befürworte und ich jedem einzelnen ebenso davon abrate! Vielen Dank an Aniya, meiner Beta :) „Herzlich Willkommen.“, begrüßte Leander die Gäste, als er ihnen die Koffer abnahm. Mit einem äußerst charmanten Lächeln auf den Lippen trug er sie zum Aufzug und begleitete diesen älteren Herren mit seiner Frau nach oben. Die Frau war hübsch, sie war schlank, hatte dunkelblondes Haar, das sie hochgesteckt trug. Sie trug einen schwarzer Rock und eine tiefblaue Bluse, das Make-up war allerdings für seinen Geschmack etwas dick aufgetragen; das er mit Frauen nichts anfangen konnte, musste nicht heißen, dass er unter Geschmacksverkalkung litt. Der Mann hingegen war etwas älter. Die Frau schätzte er auf Mitte dreißig, der Herr hingegen war sicher ein ganzes Jahrzehnt älter. Rein körperlich musste er seine besten Jahre schon hinter sich haben, sein Bauchansatz zeigte sich ein wenig. Allerdings zeigte sich an den Schläfen und auch an der Stirn der leichte Bote eines zukünftigen Kahlschlags. Leander stand neben dem Herrn, ihre Blicke begegneten sich. Er roch es aus meilenweiter Entfernung, wenn ein Mann homosexuelle Signale von sich gab. Und der Typ hier neben ihm schrillte gerade wie die Sirene eines Feueralarms. Leander lächelte, dabei zog es seinen rechten Mundwinkel leicht nach oben. Und die Augen des Mannes begannen zu leuchten. Seine Blicke sprachen Bände. Leander blickte wieder nach vorne, ließ sich nichts anmerken und versuchte nicht noch breiter zu grinsen, als sich die Türen des Aufzuges mit einem kleinen Klingeln öffneten. Leander erwiderte das nette Lächeln der Frau, nachdem sie ihr Zimmer betraten. Er hatte die Koffer abgesetzt und erkundigte sich nach weiteren Wünschen. „Schatz, vergiss nicht das Trinkgeld!“, rief sie ihrem Mann auf Englisch zu und begann in einem Koffer zu wühlen, hatte ihnen dabei den Rücken gekehrt. Eigentlich stand er kaum auf ältere Typen, aber der hier sah ganz nett aus. Etwas nervös holte er die seine Geldbörse aus der Gesäßtasche, fraß Leander dabei fast mit seinen Augen auf. „Wann?“, fragte er fast atemlos und begeistert. „Sofort.“, erwiderte er und nahm mit einem breiten Grinsen das Trinkgeld entgegen. Auch wenn er in einem Hotel für Heteros arbeitete, es fiel ihm niemals schwer sich jemanden für ein Schäferstündchen anzulachen. Besonders nicht hier in Athen. Spätestens während der Trips, die er nach Mykonos organisierte, entpuppte sich auch der letzte neugierige Bursche, der ihm ein wenig Interesse entgegen brachte. Er war sich seiner Erscheinung bewusst und er nutzte sie perfekt als kleine Waffe, wenn ihm danach war. Grinsend lag er in den Laken, hatte den Kopf in den weichen Kissen gepolstert und leckte sich über die Lippen. Sein Betthäschen war dabei sich hastig die Hose hochzuziehen, knöpfte seine Jeans zu und sah zu Leander, der noch auf dem kleinen Bett lag. Es war sein eigenes Zimmer, eigentlich nutzte er es ungern, aber das Hotel war ein einziges Labyrinth, hier würde sich keiner so schnell ein weiteres Mal in die Unterkünfte der Mitarbeiter verirren. „Bis dann!“ Noch einmal sah ihn sein Bettgenosse mit zutiefst befriedigten, gierigen Blicken an. „Bis dann …“, erwiderte Leander und grinste, als sich die Tür schloss. Einen Moment blieb er noch liegen, doch die Arbeit rief! Jetzt begann langsam die Saison, das Hotel begann sich zu füllen und die Anzahl ihrer Gäste war groß. Auch wenn das Hotel eine große Kapazität besaß, die vierzig Zimmer waren auf drei Etagen verteilt, waren sie auch schon bald überfüllt. Auch seine Überstunden wuchsen und auch wenn er mehr arbeitete als sonst, immerhin bekam er ein wenig mehr Kohle dafür. Die hatte er aber auch bitter nötig. Leider arbeitete er bis spät in die Nacht, da war es schon schwieriger draußen jemanden zu finden, der ihm irgendwas verkaufte … aber eigentlich hatte er auch hier im Hotel ein paar Jungs, die ihn mit gutem Stoff versorgen konnten. Zu seiner Verteidigung musste er gestehen, dass er nicht freiwillig mit dem Scheiß angefangen hatte. Als Kind hatten ihn seine Eltern an eine Organisation verkauft, er war vielleicht gerade mal fünf Jahre alt. Sie hatten sich Geld von einem Kredithai geliehen und bekamen die Rückzahlungen nicht mehr zusammen. Schließlich hatte man sie bedroht, sie waren zwei arme Bauern gewesen, die vom Dorf in die Stadt gezogen waren, mit der Hoffnung auf ein besseres Leben. Das schlagartig zerstört worden war. Er selbst konnte sich nicht so genau an die Beweggründe seiner Familie erinnern, doch dafür war er zu klein gewesen, die großen Kinder hatten es ihm später erzählt. Schließlich benutzte diese Organisation Kinder, um illegale Geschäfte zu betreiben. Ob es nun darum ging Drogen, Zigaretten oder anderes Zeug zu verkaufen. Und sobald die Kinder mit den Drogen erwischt wurden, hatte man ihnen eingetrichtert den Stoff selbst zu nehmen. Nicht wenige waren daran zugrunde gegangen, die meisten Kinder waren so sehr geschwächt, dass sie den Folgen erlagen. Manche verkrafteten es ein wenig besser, so wie Leander. Mittlerweile war er erwachsen, die Jungs konnten mit ihm nichts mehr anfangen, allerdings ließen sie ihn auch nicht aus den Augen. Manchmal gab es den einen oder anderen Job, den er nebenher erledigen musste, sonst würden sie ihn wohl erbarmungslos erschießen oder im Meer ertränken. Mehrmals hatte er versucht Athen zu verlassen, aber sie waren ihm jedes Mal wieder aufgelauert und hatten ihn hierher zurück geschleift. Schließlich hatte er dank eines ehemaligen Kollegen diesen Job hier im Hotel gefunden, Gott sei seine Seele gnädig. Sie hatten ihn erschossen, weil er zur Polizei gegangen war. Nicht einmal die hatten ihn schützen können … Wenigstens hatte er hier ein Dach über dem Kopf, einen Schlafplatz, gutes Essen und zwischendurch auch mal das Vergnügen außerhalb der Straßen Sex zu haben, wenn er mal nicht raus kam, um durch die Gaybars zu ziehen. Es herrschte Hochbetrieb, Leander eilte gerade an der Rezeption vorbei, da bekam er einen kleinen Streit mit. Sofort blieb er stehen und lief zurück. „Kann ich irgendwie behilflich sein?“, fragte er freundlich und sah zu dem jungen Mann hinüber, der sich scheinbar nicht zurückweisen lassen wollte. Er war ein Stück kleiner als Leander selbst, hatte kurzes, dunkles Haar und freche hellbraune Augen. Er war vielleicht Ende zwanzig, älter war er sicher nicht. Man konnte auf den ersten Blick sofort erkennen, dass dieser Bursche hier Südländer war. „Bist du der Chef hier?“, knurrte der Typ auf Englisch und musterte Leanders Erscheinungsbild auf eine unangenehme Weise. „Nein.“, erwiderte dieser und wollte gerade weiter reden, da winkte der andere schon wieder ab. „Dann verschwinde!“ Wieder drehte er sich zu Leanders Kollegin an der Rezeption herum. „Hören Sie! Ich hatte über mein Reisebüro einen festen Preis bekommen, wie kann es sein, dass mir jetzt das Doppelte angerechnet wird?!“, fauchte der Kerl. Aber Leander konnte nicht tatenlos dastehen, besonders nicht wenn seine Kollegin ihn so hilfesuchend anstarrte. „Sir, ich bin mir sicher, dass wir dieses Missverständnis aus der Welt schaffen können werden, meine Kollegin ist neu und es ist sicher irgendwo ein kleiner Fehler unterlaufen. Wenn Sie also so freundlich wären …“ Das Wort freundlich betonte er etwas streng, blieb aber weitestgehend höflich, denn der Bursche wurde langsam aber sicher immer lauter. Er ließ Leander kaum zu Wort kommen. „… und sich einen Moment gedulden, damit ich den Manager hole.“ Der Südländer wurde wütender, schnaubte nur verächtlich und musterte Leanders Uniform. Dass er ein einfacher Page war, sah man an der schlichten, schwarzen Arbeitskleidung. „Edy?“ Jemand kam auf die Rezeption zu und musterte den südländischen Kerl. Er war ziemlich groß, trug eine Sonnenbrille und war leger gekleidet. Eine klassische, verwaschene Jeans und ein dunkles Hemd mit kurzen Ärmeln und Stehkragen. Sein drei Tage Bart ließ ihn noch verführerischer wirken, als er es ohnehin schon war. Breite Schultern, sexy Hüften und ein unglaublich anziehender Duft. War das ein Hugo Boss Parfüm? Leander bemerkte gar nicht, dass er den Typen etwas zu lange anstarrte. „Gibt es ein Problem?“, fragte er und sah zu Leander. Sie waren etwa gleich groß. Der angenehme Bass in seiner Stimme ließ Leander leicht schaudern. „Und ob! Hier, sieh dir unsere Rechnung an!“ Dabei reichte der Südländer ihm besagtes Papierstück. „Wieso Rechnung? Wir hatten im Voraus über das Reisebüro gezahlt.“ Im Gegensatz zu diesem Gartenzwerg blieb der Typ relativ locker und lächelte Leanders Kollegin an der Rezeption so unheimlich süß an, lehnte sich dabei mit den Armen auf die hohe Theke und blickte zur ihr hinunter. Als er dann noch die Brille auf seinen Kopf schob, kamen zwei strahlende braune Augen zum Vorschein. Leander wurde dabei nicht beachtet. „Entschuldigen Sie bitte für die Unannehmlichkeiten, aber hier muss ein Fehler vorliegen. Wenn Sie bitte noch einmal nachsehen und sich mit unserem Reisebüro verständigen würden, wäre ich Ihnen sehr verbunden.“ Leander war längst hingerissen von der Erscheinung, doch, dass er nicht beachtet wurde, ging ihm gehörig gegen den Strich. „Ja, selbstverständlich!“ Die junge Frau errötete leicht und begann wild auf den Computer einzutippen. Er hatte den Kopf leicht an seinen linken Arm gelehnt, seine Augen glitten unauffällig über Leander, ehe sie wieder nach vorne huschten. Dieser Edy hingegen schnaubte nur die ganze Zeit und murmelte irgendwelche Flüche vor sich hin. Jedes Mal, wenn er Leander ansah, wurde sein Blick zorniger. Doch schließlich löste sich das Problem fast wie von selbst. „Siehst du, kein Grund auszuflippen.“ Der Typ lächelte seinen Freund an und schob ihn vor sich her und blieb einen Augenblick lang vor Leander stehen. Seine Lippen lächelten noch immer so verführerisch. „Danke für deine Hilfe.“ Er drückte Leander ein kleines weißes Kärtchen in die Hand. Dieser hob die Augenbraue, was war denn das jetzt? „Ich habe doch nichts getan …?“, bemerkte er an, aber dann sah er einen ganz bestimmten Ausdruck in den braunen Augen. Aber der Typ grinste nur weiter, setzte sich seine Sonnenbrille auf und verließ mit dem Zwerg das Hotel. Leanders Augen huschten über das Kärtchen. Jeremy Coleman stand dort in kursiver Schrift, darunter war eine Handynummer zu sehen. Sein Grinsen wurde breiter. Sein Sensor schien ein wenig defekt zu sein, oder warum hatte er es nicht direkt bemerkt? Leider hatten die beiden das Hotel schon verlassen, sie hatten ausgecheckt. Zumindest sah es ganz danach aus. Die Handynummer war jedoch keine Fremde. Lebte der Typ hier in Griechenland? Jedenfalls hatte er sich hier eine Prepaid Karte zugelegt. Nach der Arbeit würde er ihn anrufen … dachte er sich zumindest, doch seine Neugier wuchs mit jeder Sekunde mehr und mehr. Schließlich verschwand er kurz nach draußen, zündete sich eine Zigarette an und wählte die Nummer von der Visitenkarte auf seinem Handy ein. Es klingelte … und klingelte, bis Leander fast schon enttäuscht aufgelegt hätte, aber er ging wirklich ran! Und die Stimme erkannte er sofort, er war es wirklich! „Hallo Jeremy.“ Leander grinste breit mit der Zigarette im Mundwinkel. „Hallo Unbekannter Anrufer.“, kam es zurück, doch auch Jeremy schien ihn sofort erkannt zu haben, auch aus seiner Stimme ertönte ein Lächeln. „Lust auf ein Treffen?“ Das war besser als jeder Jackpot! Natürlich hatte er Lust, er brannte darauf! „Klar …“, erwiderte er nur locker und blickte hinauf zum strahlend blauen Himmel. „Ich werde wahrscheinlich erst gegen zehn hier raus kommen.“ Aber Jeremy schien es nichts auszumachen. „Macht nichts, ich gebe dir eine Adresse, an der ich dich erwarten werde.“ Das wurde immer besser und besser und seine Erwartungsfreude wuchs ebenso, gemeinsam mit der Aussicht auf eine wirklich heiße Nacht. Zumindest erhoffte er es sich. Bis zum Feierabend wurde es unerträglich, die Zeit ging nicht nur langsamer herum, es fand sich auch immer wieder einen neuen Deppen, der immer neue Aufgaben für ihn parat hatte, bis es kurz nach elf wurde. Nicht einmal Zeit für eine SMS hatte er gehabt. So rannte er also schneller und schneller, Jeremy hatte ihm die Adresse einer Gaybar gegeben, so viel war sicher. Die Straßen waren voll und egal wie oft er ihn anrief, irgendwie ging Jeremy nicht mehr ans Handy. Verdammte Scheiße, was war das für ein Bockmist?! Da hatte er mal einen richtig heißen Typen getroffen, der willig mit ihm ins Bett steigen würde und dann sowas! Verflucht nochmal, er wollte Sex!! Und zwar richtig guten!! Mit diesem Jeremy!! Zunächst spürte er es eher weniger, aber dann stellte er erleichtert fest, dass Jeremy zurück rief! Schnell ging er ran und eilte mit hastigen Schritten hinüber in ein Restaurant, das berühmt für seine Dachterrasse war. Oben angekommen grinste er über beide Ohren, betrat die volle Terrasse und sah Jeremy sofort hinten in der Ecke an dem Geländer, an einem Tisch für zwei Personen sitzen. Dieser grinste ebenso zurück, ließ Leander sich setzen und lächelte ihn eine ganze Weile einfach nur breit an. „Schön, dass du es doch noch geschafft hast. Ich hatte einen Bärenhunger und konnte einfach nicht mehr unten herum stehen. Möchtest du etwas essen?“ Leander schmolz dahin, er versank in den schönen Augen und verlor sich fast vor Gier nach diesem heißen Körper. „Nein, danke … ich würde das Essen lieber überspringen und gleich zum Nachtisch kommen!“ Er leckte sich schwach mit der Zungenspitze über den kleinen Eckzahn, Jeremy sah es. Und sein Lächeln wurde unbeschreiblich hinreißend. „Wenn du so gierig bist, kriegst du noch irgendwann Bauchschmerzen.“ Er nippte an seinem Glas Wein und versteckte sein Lächeln hinter dem Glas. Was war das hier, verflixt er wollte Sex! Und Jeremy doch auch, oder nicht?! Leander wurde zusehends unruhiger, wobei Jeremy richtig cool blieb und so tat als würde er die heißen, sexuellen Schwingungen gar nicht erst empfangen. Wollte der ihn verarschen?! „Wie lange arbeitest du schon in dem Hotel?“, fragte er stattdessen. Leanders Augenbrauen schossen hoch. „Seit ungefähr vier Jahren … wieso?“ Jeremy grinste plötzlich wieder breit und lehnte sich über den Tisch zu ihm nach vorne, verwirrt tat es ihm Leander gleich. „Willst du nicht für mich arbeiten?“ Da blieb ihm glatt die Spucke weg. Arbeiten? „Ich bin auf der Suche nach einem geeigneten Objekt, ich will eine Pension gründen!“ Konnten sie nicht nach dem Sex darüber reden?! „Edy und ich wollen ein solches Objekt kaufen, allerdings sind die Immobilien hier teurer als gedacht … also brauch ich noch einen dritten Partner! Du musst kein Bargeld einbringen, du kannst es später abarbeiten aber es wäre super, wenn ich jemanden mit Erfahrung hätte … noch besser wäre es, jemand der obendrein noch auf Männer steht.“ Jetzt grinste ihn Jeremy ganz unverhohlen, über den Rand des Glases hinweg an. Leander fiel aus allen Wolken. „Wie …?! Hast du mir deswegen deine Karte gegeben?“, wollte er aufgebracht wissen. Jeremy war jetzt derjenige der einen Augenblick stutzte, schließlich verstand er worauf Leander hinaus wollte. Seine braunen Augen blitzten Leander frech an. „Wenn du unten liegst?“ Leanders Mund klappte auf, jetzt konnte Jeremy sich nicht mehr halten und fing an zu lachen. Wütend sprang Leander auf die Beine, wollte sich abwenden doch auch Jeremy erhob sich flink, packte ihn am Arm und sah ihn mahnend an. „Hör zu mein Hübscher, ich habe keinerlei Anstalten gemacht, die besagen, dass ich mit dir in die Kiste steigen wollte!“ Diesmal war sein Blick ernst. „Ich wollte mich nicht über dich lustig machen, aber hätte ich Sex gewollt, hätte ich mich schon klarer ausgedrückt! Du siehst auch nicht gerade wie jemand aus, der gerne unten liegt, oder?“, wollte er wissen. Im ersten Moment schwieg Leander. Eigentlich hatte der andere ja Recht! Knurrend ließ er sich wieder auf dem Stuhl sinken und verschränkte die Arme vor der Brust. „Dann erzähl mir mal von deinem tollen Plan!“ Kapitel 2: Gefangen ------------------- Die Bar war überfüllt, die Musik laut und die Stimmung heiß. Aber Leander war nicht nach Tanzen zumute, er nahm die Hand des Kleinen und führte sie in eine ganz bestimmte Richtung. Der Winzling protestierte aber auch nicht, sondern folgte ihm schnurstracks und ohne zu zögern in den Darkroom. Tiefe, neongrüne Farben herrschten hier vor. Die Lichtquellen waren spärlich und betonten die Silhouetten auf eine sinnliche Weise. Schwach hoben sie sich vom dunklen Hintergrund ab, neben dem leisen Stöhnen, dem Schnaufen und dem schmatzenden Geräusch gegeneinanderprallender Lenden war kaum etwas anderes zu hören. Die Musik erreichte sie hier hinten nur sehr gedämpft. Er fackelte nicht lange, presste den Kleinen ohne weiteres an die Wand und begann ihn mit ruckartigen Bewegungen zu entkleiden. Dabei presste er seine Lippen auf den süßen schmalen Mund und forderte ihn zu einem heißen Kuss heraus. Er schmeckte zart, verlockend und verboten süß, vermutlich hatte er ein paar Cocktails intus. So gefiel ihm das. Etwas überrascht grinste er gegen den verführerischen Mund, der Knirps hatte es wohl ebenso eilig. Seine Finger öffneten flink die ersten Knöpfe von Leanders Jeans, ehe sie das pulsierende Fleisch umfassten. Leander grinste, leckte sich über die Lippen und genoss das heiße, kleine Liebesspiel, das eigentlich recht unpersönlich verlief. Es brauchte nicht mehr als ein, zwei Reibungen, da stand er schon aufrecht und mehr als nur bereit. Das Schöne an einem solchen zeitweiligen Partner war wohl die Erfahrenheit. Er brauchte sich um nichts kümmern, da hatte der Kleine schon ein Kondom hervorgeholt, riss es mit seinen Zähnen auf und lächelte unheimlich süß. Leander packte ihn an der Hüfte, drehte ihn herum und presste ihn leicht mit dem Gesicht an die große, dunkelblau schimmernde Platte aus Plexiglas, die als Leuchtmittel diente. Schnell fand er seinen Weg und presste sich langsam mit seinem Gewicht gegen den schmaleren Leib. Sein eigenes, hartes Fleisch drückte sich in den jungen Mann hinein. Fast mühelos wurde er eingesogen, die Enge war betörend und ließ ihn aufkeuchen. Leander vergrub die Lippen an dem schlanken Hals, saugte sich daran fest und begann sachte in die Enge hinein zu stoßen. Auch sein Partner seufzte wohlig, schmiegte den nackten Oberkörper gegen die kühle Platte und warf Leander über die Schulter einen richtig heißen Blick zu, der ihm ganz unverhohlen sagte, dass der Blonde ihn wollte. Ein kleines Knurren entrang sich seiner Kehle, er verbiss sich in den Hals, leckte über die erhitzte Haut und begann sich mit kräftigen, langen Stößen zu bewegen. Den Rest der Nacht schlenderte er langsam durch die Straßen von Athen, es war bereits kurz nach drei und eigentlich hätte er sich ins Hotel zurück begeben müssen. Müde war er jedoch noch lange nicht. Auch wenn er nicht das bekommen hatte, weswegen er hergekommen war, aber am Ende hatte er doch diesen süßen blonden Kerl getroffen. Immerhin etwas! Langsam schlenderte er weiter, zündete sich eine Zigarette an. Und während er das tat, hatte er sich einen Augenblick lang nach vorn gebeugt. Ein Ruck ging durch seinen Körper, da stieß er auch schon mit jemandem zusammen. „Sieh mal an.“ Zwei dunkle Gestalten standen vor ihm. Einer von ihnen war breit und muskulös gebaut, der andere eher dürr und im Gegensatz zu Mister Muscle ein wenig herunter gekommen. Seine Kleider hatten sicher schon länger keine Waschmaschine mehr von innen gesehen. Mal ganz abgesehen davon war es ebenso fraglich, wann sein Körper das letzte Mal mit Seife und Wasser in Berührung gekommen war. „Wenn das nicht unser Bettelknabe ist. So ein Zufall, ich wollte gerade zu dir.“ Der Typ mit den Muskeln sprach Englisch mit ihm und grinste schäbig. Obwohl er selbst ein halber Grieche war, verstand er die Sprache nicht. Man hatte den Kindern damals nur Englisch beigebracht. Heute, nachdem er etwas älter und vielleicht auch ein klein wenig klüger war, ahnte er auch warum. Die Typen aus der Organisation waren Ausländer. „Nein“, gab Leander frei heraus zurück. Der dürre Typ zitterte leicht, er schniefte und wischte sich jedes Mal unterhalb der Nase entlang, sah sich dabei nervös um. „Du weißt, dass du dich mindestens einmal die Woche blicken lassen sollst!“, knurrte die Bohnenstange. Leander hob bei dem Anblick nur eine Augenbraue. Wenn er bedachte, dass er auch bald so geendet hätte … aber er hatte sich einigermaßen klug angestellt und auch wenn er nicht ganz von den scheiß Drogen losgekommen war, so schlimm stand es doch nicht um ihn. Zumindest glaubte er das. „Was hat der denn geschluckt?“, fragte er amüsiert. „Wüstenspringmäuse?“ Der Typ mit den Muskeln, keiner wusste wie er hieß, man nannte ihn lediglich Días, packte Leander etwas grob am Arm und schob ihn, einer Warnung gleich, ein Stück vor sich her. „Du kannst es gerne selbst versuchen“, knurrte er mit einem kleinen Grinsen. Selbst wenn er sich wehren wollen würde, er wusste, er hatte gegen Días keine Chance … Das alte Gebäude hätte man von außen vielleicht für eine herunter gekommene alte Bruchbude gehalten. Was sie eigentlich auch war. Wenn man nur den Hauseingang betrachtete, gruselte es einen schon. Zumindest Menschen, die großen Wert auf Hygiene legten, sollten sich lieber fern halten. Nicht die Spinnennetze schreckten ab, auch nicht die bereits abblätternde Farbe. Es war wohl eher der Gestank. Hier stank es richtig bestialisch nach Abwasser und Fäkalien, jedoch war es für Leander ein Leichtes die Luft anzuhalten, bis sie durch den langen Flur hinten aus einer Tür hinaus traten. Umschlossen von hohen Mauern und blickdicht zwischen hohen Bäumen verborgen, lag ein kleines Gartenhäuschen. Zumindest sah es danach aus. Días klopfte viermal nacheinander, beließ eine winzige Pause und klopfte zum fünften Mal. Die Tür öffnete sich sofort, man ließ sie eintreten. „Der Boss ist oben“, meinte der hässliche Kerl, der die Tür geöffnet hatte und nickte mit einer herrischen Bewegung in die Richtung einer vermoderten Treppe, die mindestens so dreckig war wie der Bart dieses Mannes. Días nickte und schob Leander vor. „Du kennst den Weg“, brummte er und blieb selbst unten stehen. Auch Bohnenstängchen sah von unten zu Leander herauf, der mit gähnend langsamen Schritten die Stufen nach oben betrat. Der dürre Bursche grinste, seine Mundwinkel zuckten nervös, aber sie blieben unten. Na super. Oben wurde die Tür bereits geöffnet. Eine Gruppe von Männern saß, zu Leanders großer Überraschung, am Tisch des Bosses. Sie waren zu viert, trugen alle unheimlich vornehme Anzüge und blickten alle zeitgleich auf, als er eintrat. Der Boss selbst war ein Mann, der auf die vierzig zuging. Er war nicht besonders groß, aber ganz schön stämmig. Seine mandelförmigen, braunen Augen durchbohrten Leander, sein Haar wies schon mehrere weiße Strähnen auf, die hinten zu einem Pferdeschwanz zusammen gebunden waren. Eine vereinzelte Locke hing ihm widerspenstig ins Gesicht, hinderte ihn aber keineswegs daran ein abartiges Grinsen zu entblößen. „Welch hoher Besuch“, höhnte er. Für gewöhnlich war dies hier nur eine billige Unterkunft, die Kids arbeiteten von hier aus oder brachten die Beute ihrer erfolgreichen Jagd hierher. Und dieser Scheißkerl hier, der sich ihr Boss nannte, war ein Schwachkopf namens Franky. Die meisten hatten irgendwelche dummen Spitznamen oder Pseudonyme, man konnte nie sagen wer seinen richtigen Namen verwendete. Das ungewöhnliche allerdings, an diesem Anblick, war, dass hier so gut wie nie Geschäfte abgehalten wurden. Dafür wurden stets wechselnde, billige Absteigen verwendet. Je unscheinbarer umso besser. Was zum Teufel hatte also diese kleine Versammlung zu bedeuten. „Hi Franky.“ Leander sah unauffällig von einem Gesicht zum anderen. Das hier waren keine einfachen Dealer … Der angesprochene erhob sich auf die Beine und kam um den Tisch herum. „Und da hätten wir auch schon den richtigen Mann für den Job!“ Sein abartiges Grinsen gefiel Leander gar nicht, besonders als der Typ dicht neben ihm stand und den Arm um Leanders Schulter legte. „Machen sie sich keine Sorgen, meine Herren. Er ist einer meiner besten Jungs.“ Einer der Männer hob eine Augenbraue und beugte sich leicht vor. „Das ist kein Spiel, Franky. Wir brauchen jemanden, auf den wirklich Verlass ist und der dicht halten wird. Wenn etwas schief geht, werden Köpfe rollen. Und als erstes wird es dein verdammter Schädel sein, der als Briefbeschwerer hinhalten wird!“ Aber Franky lachte nur. „Ich gebe euch mein Wort, verlasst euch auf mich!“ Es dauerte nicht lange, bis die Männer abzogen. Leander lehnte sich lässig gegen den zerschrammten Schreibtisch, verschränkte die Arme vor der Brust. Auf Frankys Tisch sah man verräterische weiße Spuren und einen Geldschein, der noch Spuren seiner Misshandlung aufwies. Er war noch leicht zusammen gerollt. „Was soll das?! Du hast mir versprochen, dass ich keine Jobs mehr annehmen muss!“, knurrte Leander und fixierte diesen Drecksack. Franky klopfte ihm nur schwach auf die Schulter, blickte dabei auf die Tür, durch die dieser Abschaum eben verschwunden war. Er wandte den Kopf langsam zu Leander rüber, sein Grinsen wurde zu einem sanften, väterlichen Lächeln. „Dieses letzte Mal. Dann lasse ich dich gehen und du bist frei. Wenn du mir deine Loyalität bei dieser Sache beweist, dann bist du ein freier Mann.“ Seine Hand legte sich sachte auf Leanders weiches Haar und strich hindurch. Sein Blick gefiel Leander gar nicht, dieses Lächeln allerdings, empfand er als noch viel erschreckender. Franky lächelte nie so … auch nicht wenn er high war. „Ich habe dir bereits einen ‚großen Gefallen‘ getan, weißt du noch? Ich habe dir bei der Scheiße mit den Russen geholfen! Und da hast du mir bereits versprochen, dass ich keine Jobs mehr für dich erledigen muss!“ Wenn Leander an die Sache mit den Russen dachte, wurde ihm ganz schlecht. Das war vor knapp zwei Jahren gewesen, als er nicht mehr konnte. Er war einfach abgehauen, hatte Athen damals verlassen aber Frankys Männer hatten ihn auf Rhodos wieder eingefangen. Statt ihn zu bestrafen, hatte Franky ihm die Wahl gegeben. Entweder würde er die dreckigsten Jobs erledigen, die man ihm auftrug, oder er würde dieses eine Ding durchziehen und wäre frei. Allerdings hatte seine Freiheit den geringen Aufpreis, sich regelmäßig melden zu müssen und hier anzutanzen, sobald der Chef nach ihm verlangte. Franky hatte sich mit den Russen angelegt, die Typen hatten sich hier im Untergrund ganz schön breit gemacht und wurden langsam lästig. Sie pfuschten Frankys Jungs in die Arbeit, ob bei Diebstählen, beim Verticken von schäbigen Kippen oder weichen Drogen. Franky hatte von ihm verlangt in eine der Hallen einzubrechen, die von den Russen bewohnt wurden und während ein paar der anderen Jungs die Typen ablenkten, war Leander von hinten durch ein Fenster eingebrochen und hatte das Gebäude in Brand gesteckt, wobei ihn leider jemand gesehen und angeschossen hatte. Allerdings war es nur ein Streifschuss gewesen. Seine Flucht hatte sich dennoch als äußerst kompliziert gestaltet und wäre Días nicht im letzten Moment aufgetaucht und hätte den Kerl niedergeschossen, dann hätte es Leander ordentlich durchlöchert. Und Leanders Unbehagen bestätigte sich in der darauf folgenden Nacht. Sie hatten ihn verarscht! Man hatte ihn überzeugt, dass es nicht mehr als ein kleiner Deal sein würde, der Käufer wäre irgendein Typ von der Straße! Peanuts! Aber dieser Typ hatte sich als Cop entpuppt. Kaum hatte Leander die Kohle entgegen nehmen wollen, kamen die Handschellen angeflogen. Eine Flucht war aussichtslos, auch wenn er um sein Leben rannte, sie erwischten ihn in einer Seitenstraße. Egal wie schnell er war, wie gut er die Stadt und ihre Gassen kannte, sie hatten ihn zu fassen bekommen. Der Bulle hatte ihn mit einem Satz zu Boden gestreckt. Und jetzt hockte er hier in diesem schäbigen Knast und wartete. Er saß nach vorn gebeugt auf der Bank und hatte die Fäuste gegen die Stirn gepresst. Bis ihm irgendwann klar wurde, dass er nicht mehr gewesen war, als ein kleiner Lockvogel, vergingen Tage. Niemand kam, niemand meldete sich. Er war auf sich selbst gestellt. Bis irgendwann Días vor ihm stand und grinsend in die Zelle lugte. „Hoch mit dir!“, knurrte er. „Wollt ihr mich verarschen?!“, brüllte Leander und trat hart gegen eine Blechtonne. Es klirrte und sie spuckte ihren Inhalt wahllos über den ohnehin schmutzigen Asphalt hinter einer Bar, die Franky gehörte. Días lehnte an einer Wand und beobachtete Leander bei seinem kleinen Wutausbruch. „Ihr habt mich in einen Scheiß Hinterhalt gelockt! Ich war euer verdammter Lockvogel!! Hattet ihr keinen anderen dafür, verdammte Scheiße, jetzt bin ich meinen Job los!“ Er gestikulierte wild mit den Armen und fluchte immer lauter. „Von wegen harmlos!! Was mach ich denn jetzt, als ob ich noch irgendwo einen Job bekommen würde!“ Días zuckte mit den Schultern, was Leander noch wütender machte. „Dir kann das natürlich scheißegal sein, was ? Wovon soll ich jetzt leben?“ Und als der Wichser auch noch anfing breit zu grinsen, platzte ihm erst recht der Kragen, fast wäre er auf ihn losgegangen, aber Días hob abwehrend die Hände. „Das Hotel in dem du arbeitest, gehört einem guten Freund vom Boss. Also reg dich nicht auf, deinen beschissenen kleinen Job kannst du behalten.“ Leander erstarrte mitten in der Bewegung. War das ein schlechter Scherz? Aber Días lachte auf und nahm Leanders Hand. „Ich weiß nicht warum der Boss so viel von dir hält, du kleine Kröte. Aber das hier gehört dir.“ Er drückte ihm etwas in die Hand. Leander blickte darauf hinunter. Eine kleine Rolle mit Scheinen und ein unscheinbar wirkendes, farbloses Päckchen. Es war etwas kleiner als eine Postkarte. „Mit den besten Empfehlungen vom Boss und jetzt verzieh dich Kleiner!“ Er lag auf seinem Bett, die Welt um ihn herum rotierte wild und wollte einfach nicht zum Stillstand kommen. Es war mitten in der Nacht und niemand würde wohl auf die Idee kommen ihn heute noch zu besuchen. Gelegentlich begann er Selbstgespräche zu führen oder lachte über irgendwelchen sinnlosen Scheiß, lachte über sein Leben und verfluchte Franky laut und ganz besonders seine Eltern, die ihn verkauft und somit sein Leben ruiniert hatten. Erschrocken zuckte er zusammen, als etwas ohrenbetäubend laut neben ihm schrillte. Aus Reflex schleuderte er es davon, bis er feststellte, dass es nur sein Handy war, das vibrierte. „Du dummes Scheißding!!“, schrie er es an und erhob sich taumelnd. Wilde Farben explodierten vor seinem inneren Auge und irgendwie schaffte er es schließlich doch, das Ding hoch zu heben und sogar dran zu gehen. Er schniefte und rieb sich unter der Nase entlang. „Hallo?“, knurrte er hinein. „Leander!“, rief eine männliche, verzerrte Stimme und er kam einfach nicht darauf wer das war. „Ja …?“ Wer war das? Warum rief der um diese Uhrzeit an? Wusste er etwa, dass er hier irgendeinen Scheiß genommen hatte? War das vielleicht ein Bulle? Wollte der ihn ausspionieren? Oder war das Franky, dieser Bastard? Die Stimme kam ihm so bekannt vor, aber er konnte sich kaum entsinnen. „Ich bin es, Jeremy! Verdammt nochmal, seit einer Woche versuche ich dich zu erreichen, im Hotel wussten die auch nicht wo du bist! Ist alles in Ordnung?“ Jeremy? Der Name war so lächerlich, dass Leander laut prustete und schließlich in einen wilden Lachanfall verfiel. Jeremy schwieg einen Moment am Telefon. „Bist du betrunken?“, wollte dieser Jeremy wissen, aber dadurch steigerte er den Lachanfall des anderen nur noch zusätzlich. „Bin ich nicht!“, erwiderte er nur und erinnerte sich langsam. Das war doch dieser heiße Typ, den er eigentlich ficken wollte. „Mann, ich hätt mich zu gerne an deinem Arsch vergangen!“, knurrte er zurück und erinnerte sich lebhaft an diesen heißen Hintern. Wieder schwieg Jeremy einen Moment, was wollte der eigentlich noch? „Wo bist du?“, wollte er wissen. Leander zuckte nur mit den Schultern und schniefte wieder. „Im Buckingham Palace!“, erwiderte und brach wieder in einen lauten Lachanfall aus. „Komm her und ich mach dich zu meiner kleinen Prinzessin!“, flötete er weiter. „Du bekommst auch ein Krönchen!“ Erst herrschte Stille, dann ertönte das typische Tuten, wenn jemand auflegte. Leander hob eine Augenbraue und schielte das Handy an. „Hallo?“ Aber Jeremy hatte aufgelegt. Wann er eingeschlafen war, wusste er nicht mehr. Wilde Träume jagten ihn, er wurde von widerlichen, gewaltigen Schatten verfolgt, die ihn verschlingen wollten. Nackt wie er war, versuchte er zu rennen und ihnen zu entkommen, doch einer brach ihm den Arm, der andere verbiss sich in sein Bein. Sie verschlangen ihn mit Haut und Haar. Laut schreiend riss er die Augen wieder auf, was jedoch nicht den Träumen zuzuschreiben war. Nackt war er wirklich und ein eiskalter Schwall Wasser ergoss sich über ihn. Leander sprang auf, rutschte in der Wanne aus und knallte mit den Ellbogen gegen die Kacheln. Jeremy stand angepisst vor ihm, hielt die Brause in der Hand und ließ das Wasser unbeugsam weiter über Leander laufen, störte sich erst gar nicht an dem Getöse. „Hast du sie noch alle?! Stell das Wasser ab!“, schrie er laut und versuchte sich mit den Armen zu schützen, doch dann hielt ihm Jeremy einfach die Brause an die Brust oder die Schultern. „Bist du jetzt wieder einigermaßen klar im Kopf?“, fragte Jeremy ruhig. „Ja!! Ja!!“, schrie Leander laut. „Um Gottes Willen, mach das aus!“ Jeremy schnaubte und stellte das Wasser ab, warf ihm ein Handtuch auf den Kopf. „Dann raus mit dir, wir müssen reden!“ Leander prustete erschrocken, sein Herz raste und er zitterte fürchterlich. Jeremy stand vor der Wanne und hielt ihm das kleine Tütchen hin, das Días ihm gegeben hatte. Sofort riss er den Arm nach vorne und wollte es Jeremy wegnehmen. „Das geht dich einen Scheißdreck an, gib das her!“, brüllte er. Aber Jeremy riss die Hand blitzschnell zurück. „Ich möchte immer noch, dass du für mich arbeitest. Und du wirst für mich arbeiten, ob du nun willst oder nicht! Aber nicht so!“ Er warf das Päckchen in die Toilette neben der Wanne und spülte. „Nein!“, brüllte Leander und warf sich wieder nach vorn, sprang aus der Wanne und rutschte dabei aus, doch es war zu spät, selbst als er Jeremy zur Seite schubste und ins Klo hinein starrte. Wutentbrannt fuhr er herum, packte Jeremy am Kragen und rammte ihn hart gegen die Wand. „Du kleines dreckiges Arschloch! Verdammte Scheiße, ich kann nicht glauben, dass du das gerade getan hast!! Weißt du was das Zeug wert war?!“ Aber Jeremy funkelte nur wild zurück und stieß ihn von sich. „Das interessiert mich nicht! Und dich sollte es ab jetzt genauso wenig interessieren, kapiert?! Mit diesem Müll ruinierst du dein Leben!“ Aber Leander wurde immer wütender und stieß ihn wieder gegen die Wand, beugte sich weit vor, bis sich ihre Nasenspitzen fast berührten. Das Wasser tropfte ihm vom Haar, glitt über seine Wangen und perlte daran herab. „Wer bist du?“, hauchte er schließlich.“Bist du ein Cop? Irgendein dreckiger kleiner Bulle, der mich verarschen will?!“ Aber Jeremy wirkte mindestens genauso unbeugsam wie Leander selbst. „Du weißt genauso gut wie ich, dass ich keiner bin! Ich hab gesagt ich will dich! Aber ich hab keinen Bock auf einen drogensüchtigen Idioten, verstanden?!“ Leander stutzte einen Moment, fing plötzlich an zu grinsen. „So, so du willst mich also?“, knurrte er ihm entgegen und drückte Jeremy, sofern das möglich war, noch enger gegen die Wand, presste sich dabei fest gegen den anderen Körper und beugte sich vor. Seine Lippen saugten sich fast sofort an Jeremys Hals fest, seine Hände packten ihn besitzergreifend. „Den Wunsch kann ich dir erfüllen!“, knurrte er. Jeremy stemmte sich hart dagegen, versuchte sich zu wehren, aber Leanders Griff war zu unnachgiebig. „So hab ich das nicht gemeint!“, blaffte Jeremy zurück, aber da spürte er schon etwas hartes, das sich gegen seinen Oberschenkel schmiegte. Leanders Lippen saugten sich noch kräftiger an der Haut fest, er hatte jetzt Jeremys Hände gepackt und schob das Knie zwischen dessen Beine. Ob er das so gemeint hatte oder nicht, war Leander im Augenblick sowas von egal! Am liebsten hätte er Jeremy die Kleider vom Leib gerissen, hätte ihn hier auf dem kalten Boden genommen, aber der Widerstand war dann doch zu stark. Also musste er versuchen den anderen weich zu klopfen! Gerade überlegte er sich eine Strategie, während er sich in den schlanken Hals verbiss und sich leicht an Jeremy rieb, da spürte er überraschenderweise die Finger, die sich um sein hartes Fleisch schlossen. Leander keuchte leicht auf, hörte aber Jeremys gedämpfte Stimme dicht an seinem Ohr. „Mehr ist nicht drin, kapiert?“ Leander begann breit zu grinsen. Das war mehr, als er sich erhofft hatte. Vielen Dank nochmal an meine liebe Beta! Die sich selbst mit mir herum schlägt, wenn sie krank ist :/ Nochmal gute Besserung! :) Kapitel 3: Eigenartige Verführung --------------------------------- Meine Lieben, das hier ist das vorerst letzte Update! Nein, nicht verzweifeln! Es wird nach meinem Urlaub weiter gehen :) Bin ab Samstag erstmal für knappe zwei Wochen auf und davon, danach wird es wie gewohnt weiter gehen! Wünsche euch allen bis dahin eine schöne Zeit und lasst es euch gut gehen :) Eure Cait Immer wieder suchten Leanders Lippen nach einem kleinen Fleckchen nackter Haut, seine Zungenspitze erkundete den wundervollen Hals, folgte der galanten Linie, bis sie unter dem Stoff seines Shirts verschwand. Das sollte jedoch kein Hindernis sein. Leander riss ihm das lästige Kleidungsstück vom Kopf. „Ich warne dich …!“, knurrte Jeremy, aber Leander konnte gar nicht aufhören zu grinsen. Wenn er wollte, könnte er doch locker über Jeremy herfallen! Aber er tat es nicht, aus unerfindlichen Gründen wollte er es erst gar nicht versuchen. Ihre Hände bewegten sich erst in lässigen Bewegungen auf und ab, vor und zurück. Wobei die Feuchtigkeit zwischen Jeremys Fingern schnell größer wurde. Leander schnaufte ihm leicht gegen den Hals und presste ihn enger gegen die Wand. Jeremy gab nur ein kleines Knurren von sich, pumpte aber fester und zerquetschte Leander dabei fast sein bestes Stück. Dieser keuchte kurz auf, vernahm die Warnung aber mehr als nur deutlich. Immer wieder funkelte Jeremy ihn aus seinen wilden Augen an, ließ Leander nie unbeachtet, während er ihn auf diese wunderbar sinnliche Weise penetrierte. Beide Männer schienen schwerer und schwerer zu atmen und Jeremy musste zugeben, dass Leanders Hände wirklich geschickt waren! Besonders sein Daumen … Gierig drückte Leander den Kopf des Amerikaners zurück, leckte über die freigelegte Kehle und saugte sich fest. Immer fester umschlossen seine Lippen die Haut, aber es gefiel ihm ungemein wie Jeremy sich dabei aufbäumte, wie er keuchte und seine freie Hand verzweifelt nach Halt zu suchen schien. Dann war es auch schon vorbei. Leander kam mit einem tiefen aufstöhnen, stieß Jeremy noch ein paar Mal hart in die Hand, der andere tat es ihm gleich. Aber kaum waren sie fertig, löste sich Jeremy, als wäre nichts gewesen und wusch sich die Hand in dem kleinen schäbigen Waschbecken, das rundherum schon ordentlich Kalk und andere übliche Spuren angesetzt hatte. Leander ließ sich aber einfach nur auf den Rand der Badewanne sinken, sein Puls trommelte noch wild in seinen Lenden. Er sah Jeremy zu, wie dieser sich das Shirt anzog. Er hätte auch gerne nackt herumlaufen können, das hätte ihm schon nichts ausgemacht! Immerhin war der Ami recht gut gebaut! „Ein Jahr!“, knurrte er. Leander hob die Augenbrauen. Mit leicht gerunzelter Stirn ließ er sich aus seinen Gedanken reißen, die sich rein zufällig um den Arsch dieses Typen gedreht hatten. „Was?“ „Ich gebe dir ein Jahr! Bis dahin bist du clean, kapiert?“ Leander starrte ihn ungläubig an, strich sich das nasse Haar aus dem Gesicht. Die kleinen Tropfen perlten ihm mittlerweile ziemlich störend über die Brust. „Du meinst das ernst?“ Jeremy wurde wütend. „Natürlich meine ich das ernst! Ich werde die Pension hier eröffnen, egal um welchen Preis! Und ich will, dass du mir dabei hilfst! Warum muss ich mich ständig wiederholen?! Bist du so dicht oder einfach nur schwer von Begriff?“ Leander schüttelte amüsiert den Kopf und erhob sich langsam. „No chance baby“, ertönte es von ihm. Er erhob sich und bewegte sich in Richtung Schlafzimmer. „Es gibt genügend Jungs, die dringend einen Job bräuchten. Wenn du willst finde ich jemanden für dich.“ Jeremy stampfte ihm wütend nach. „Ich will keinen anderen!“ Leander hob wieder eine Augenbraue und wandte sich halb zu ihm um, nahm sich eine Zigarette und zündete diese mit einem alten, grünen Feuerzeug an. „Nenn‘ mir einen vernünftigen Grund, warum ich das tun sollte? Einen einzigen und ich werde dir folgen.“ Jeremy erstarrte unter dem Türrahmen und blickte erst einmal wortlos zu Leander, der dort vor dem Bett stand. Die beiden Männer musterten einander, bis das kleine Ticken der Uhr nahezu ohrenbetäubend laut wurde. „Weil du einsam bist. Du bist mit deinem Leben unzufrieden.“ Leanders Augen wurden groß, er prustete und die Zigarette fiel ihm aus dem Mund. Der junge Mann begann zu lachen, beugte sich mit bebenden Schultern nach vorne, ehe er den Kopf wieder nach hinten warf. Es wurde zu einem ausgewachsenen Lachanfall, selbst die Tränen stiegen ihm in die Augen. „Ja lach du nur. Aber ich sehe dich an und weißt du was ich dabei erkenne?“, fuhr Jeremy ruhig und unbeirrt vor. „Nein, was denn …?“, fragte Leander und japste immer mal wieder nach Luft. Himmel, seine Zigarette glomm auf dem Boden vor sich hin! Schnell wollte er sie aufheben. „Ein armes, verlassenes Kind, das in einer Welt lebt, in die es ungefragt hinein geworfen wurde.“ Leanders Gesichtsausdruck entgleiste ihm völlig, er glaubte sogar zu spüren, wie er erbleichte. „Ist es dir lieber hier in diesem Scheiß Drecksloch vor dich hin zu vegetieren? Du verkriechst dich einsam in eine Ecke und deine einzigen Freunde, sind nicht mehr als diese Huren.“ Er trat nach der Zigarette, die Leander soeben aufheben wollte und zerdrückte sie mit der Schuhsohle. „Heute du, morgen ein anderer. So ist das doch? Und deine Arbeit hier? Du bist ersetzbar, wie alle anderen auch!“ Jeremy ahnte nicht einmal, dass er zu weit gegangen war. Oder vielleicht tat er das sogar, doch es war ihm egal. Leanders Blick verfinsterte sich. „Du weißt gar nichts!“ Aber Jeremy dachte nicht im Traum daran nachzugeben. „Vielleicht weiß ich nichts von deiner Vergangenheit, aber ich sehe dich hier in der Gegenwart. Du liegst dicht in deiner Badewanne, rauchst irgendeinen Scheiß. Niemand sieht auch nur nach, ob du noch lebst, wen interessiert es, ob deine Leiche morgen hier raus geschafft wird? Was hält dich hier? Der Gelegenheitsfick zwischendurch mit ein paar Geldschweinen? Vielleicht stecken sie dir das Trinkgeld für dein Zeug zu, aber sobald sie dir den Rücken kehren, leben sie weiter in ihrer tollen Scheinwelt, sind glücklich und alles was du davon trägst ist ein größerer Hirnschaden und möglicherweise einen wunden Arsch.“ „Halts Maul!“, brüllte Leander plötzlich so laut, dass Jeremy leicht blinzelte, doch er wich nicht zurück. „Was willst du hier in diesem scheiß Loch?! Ich biete dir so viel mehr! Ein richtiges Leben, das du nach deinen eigenen Vorstellungen ordnen kannst! Freude am Leben! Hier trägst du jeden Tag diese verfickte, erniedrigende Uniform, die Leute sehen dir nicht einmal ins Gesicht, wenn sie dir gnädiger Weise ein paar Kröten in die Hand geben! Und behaupten, sie hätten es leider nicht größer! Selbst die Klofrauen an öffentlichen Toiletten bekommen mehr!“, gab Jeremy etwas lauter zurück. „Verpiss dich!“, schrie aber Leander und riss die Tür auf, packte Jeremy am Arm und schubste ihn hart nach draußen. „Raus!“ Mit einem harten Rumms schlug die Tür krachend ins Schloss, irgendwo splitterte ein Stück von der Tür ab. Und Leander stand wieder allein in dem chaotischen Zimmer. Das Atmen fiel ihm schwer, seine Hände ballten sich zu Fäusten. Sein starrer Blick war auf die zerquetschte Zigarette am Boden gerichtet. Fast hätte er dem Drang nachgegeben sie aufzuheben und wieder gerade zu biegen. Aber allein dieser Gedanke entfachte ein ekelerregendes Gefühl tief in seinem Bauch. Wie erbärmlich war er eigentlich?! Leander brüllte laut und trat mit nacktem Fuß immer wieder fest auf die Zigarette ein, die Wucht seiner Wut entlud sich explosionsartig, er konnte sie kaum bündeln. Im ersten Moment spürte er es nicht einmal, als er dabei mit dem Zeh umknickte und hart über den Boden scharrte. „Du gottverdammter Bastard von einem scheiß Amerikaner!“, brüllte Leander wieder, diesmal noch lauter. Bildete er es sich ein oder hörte er draußen jemanden belustigt schnauben? Mit schnellen Schritten stürmte er auch schon wieder zur Tür, riss sie auf. Aber Jeremy, dieses kleine Arschloch, war fort. Und deutlicher als vorhin spürte er den Samen des anderen noch zwischen seinen Fingern kleben. Angewidert starrte er auf seine Hand, ehe er die Tür langsam wieder schloss und sich humpelnd und mit pochendem Zeh ins Bad bewegte. Jeremy schob sich den nächsten Löffel mit Joghurt in den Mund, nicht ohne dabei noch zielsicher nach der einen oder anderen Honignuss zu angeln. „Sieh mal einer an, Großmama was hast du aber für einen dicken Fuß!“ Er begann breit zu grinsen, die Sonnenbrille saß wieder auf seiner Nase und sein strahlendes Lächeln machte der Konkurrenz. Leander sah etwas fertig aus, aber er schnaubte nur bei der Bemerkung. Edy lachte belustigt, die beiden saßen in der Sonne und ließen es sich gut gehen. „Ich hab doch gesagt der Junge hat sicher irgendwelche Fetische! Wer hat dir am Zeh gelutscht, Bursche?“ Der angesprochene Athener stand vor den beiden Idioten, die sich in diesem Café sonnten. Er trug einen dicken Verband am Fuß, der bei dieser Affenhitze auch noch unheimlich kratzte! Edy würdigte er keines Blickes, sondern starrte nur erzürnt zu dem grinsenden Jeremy. „Das ist alles deine verdammte Schuld! Hier!“ Er lief mithilfe einer Krücke und während er sich mit einer Hand auf dem Ding abstützte, reichte er Jeremy mit der anderen Hand ein Blatt Papier. „Was ist das?“ Jeremy schob seine Sonnenbrille hoch, schielte dabei aber runter zu dem geschwollenen Fuß und verzog ein wenig mitleidig das Gesicht. Seine Augen glitten zurück und begutachteten das Papier. „Wenn du mich haben willst, musst du dich ab jetzt auch wie ein anständiges Herrchen benehmen! Du bezahlst meine Rechnungen! Und wenn wir schon mal dabei sind, hab ich hier noch ein paar andere Sachen!“ Jeremy unterdrückte ein breites Grinsen und zog vom Tisch nebenan einen freien Stuhl heran. „Nur zu, setz dich.“ Leander ließ sich nur schwerfällig sinken und streckte das Bein aus. Edy setzte sich ebenfalls aufrecht hin und beugte sich rüber. „Che significa?“ Jeremy überflog die Dokumente und konnte das Lächeln nun nicht mehr zurück halten. „Hier, sieh selbst.“ Er drückte Edy die Dokumente in die Hände. „Sonst noch was?“ Jeremy grinste jetzt breiter und breiter. „Ich habe kein Problem damit. Das kostet mich nicht die Welt und die daraus entstehenden Schulden kannst du bei mir abarbeiten.“ Edy aber bekam fast einen Fall. „Porca puttana!“, rief er aus und sprang auf die Beine, starrte erst Jeremy, dann Leander fassungslos an. „Das ist ein gottverfluchter Scheißhaufen von einem Schuldenberg!“ „Halt den Mund und setz dich!“, Jeremy packte Edy am Arm, doch der riss sich los. „Hast du da drauf gesehen?! Hast du die roten Zahlen gesehen?! Hier!“ Er drückte die Dokumente Jeremy ins Gesicht, aber dieser entriss sie ihm barsch. „Ich hab gesagt ich mache das und ich werde es auch tun!“ Edy wurde fassungslos. „Wovon willst du das zahlen?! Unser Budget wächst kaum über den Wert seines stinkenden Schwanzes hinaus!“ Jetzt wurde es Jeremy zu bunt. „Eduardo!“, blaffte er den Italiener warnend an. Dieser starrte Jeremy an, riss den Mund auf und wollte wieder los toben, doch der Blick des anderen reichte wirklich aus, damit sich der Italiener wortlos auf seinen Stuhl sinken ließ. Der Südländer verschränkte die Arme und starrte zur Seite. Jeremys Blick blieb allerdings ruhig in Leanders Gesicht hängen. „Einen Teil strecke ich dir vor, den Betrag wirst du mir zurück zahlen. Den restlichen wirst du abarbeiten. In einem Jahr, wenn du es geschafft hast. Wenn du es nicht schaffst …“ Er legte die Papiere sorgfältig vor Leander auf den Tisch, „kannst du meinetwegen hier drin ersaufen, okay?“ Der Athener nickte langsam, es wirkte ziemlich bedächtig und Jeremy brannte eine Frage so heiß auf der Zunge, dass er sie einfach ausspucken musste. „Warum auf einmal?“, wollte er wissen. Leander aber zuckte nur mit den Schultern. Er blickte rüber zum Nachbartisch, dort saß eine kleine Familie, Kinder spielten, lachten und aßen das bunte Eis, das ihre wunderbare Kindheit um eine Erinnerung mehr bereicherte. „Ein einziger guter Grund, Jem. Das war doch ausgemacht.“ Seine Augen versanken in dem Bild, so als würde seine Seele weit davon driften. Eine Zeit lang schwieg er, was Edy genervt aufseufzen lassen wollte. Aber dann blickte Leander wieder zu Jeremy. „Und dein Grund war nicht schlecht.“ „Warum suchst du dir immer nur die kaputten raus?! Ich hab schon vom ersten Tag an gerochen, dass der nicht alle Latten am Zaun hat! Immer sammelst du die Verrückten um uns herum! Wir haben etwas Großes vor, wenn das Fundament schon schwankt, wie sollen wir dann überhaupt voran kommen?!“ Edy konnte sein Temperament mal wieder nicht im Zaum halten. Jeremy schob seine Sonnenbrille wieder hinunter und löffelte seinen Joghurt weiter. „Ich würde niemals ein instabiles Fundament bauen“, meinte er mit einem kleinen, arroganten Lächeln. „Dass du überhaupt die Frechheit besitzt und von dir behauptest, du seist völlig normal, ist ja echt der Gipfel, alter Mann!“ Auch Leander grinste Edy jetzt amüsiert an. „In dem Hotel, in dem ich arbeite gibt es einmal die Woche eine Stressbewältigungstherapie. Wie wär’s, ich kann dich dort gegen einen geringen Aufpreis unterbringen.“ Edy schoss die Zornesröte in die Wangen und es regnete wilde, italienische Flüche auf ihn hernieder. Leander ignorierte ihn jedoch erneut, ergötzte sich an dem kleinen Wutanfall und bestellte sich einen Drink. Auf Edys Kosten natürlich. Leander hatte sich alles viel zu einfach vorgestellt. Der Gedanke daran von den Drogen loszukommen hieß, von Franky loszukommen. Und wenn er das nicht endlich schaffte, würden sie ihm noch mehr Jobs auf den Hals hetzen, da war er sich sicher gewesen. Aber jetzt? Jetzt hockte er hier in dieser gottverdammten Klinik, besonders die erste Woche war schrecklich. Manchmal brüllte er einfach herum, manchmal heulte er sich die Seele aus dem Leib, seine Stimmungen wechselten mit bahnbrechender Geschwindigkeit, bis er sich irgendwann nur noch völlig ausgelutscht fühlte. Mal verfluchte er Jeremy, mal sehnte er sich nach ihm. Die Welt um ihn herum verformte sich in einen hässlichen, faulenden Klumpen Fleisch und drohte ihn auch noch mit zu verschlingen. Er hatte mit den Ärzten hier gesprochen, sie hatten ihm den Ablauf der Behandlung zwar in seinen einzelnen Schritten erklärt, aber in seiner Großkotzigkeit hatte er verbissen behauptet, er würde das schon schaffen. Warum hing er dann hier über der Kloschüssel und würgte das letzte Mittagessen aus? Überraschenderweise aber ging es ihm eines Morgens richtig gut. Er verließ das Zimmer seiner Station und wollte etwas frische Luft schnappen, wollte sich bewegen. Denn irgendwie beschlich ihn eine Welle des positiven Glücksgefühls! Seine widerlichen Stimmungsschwankungen waren längst vergessen, die Zuversicht packte ihn. Die Ärzte belächelten ihn milde, das Personal hier ebenso. Denn sie wussten, eigentlich wusste er es genauso, man hatte es ihm ja gesagt, dass das nur ein Symptom sei, der durch den Entzug herbei gerufen wurde. Leander wollte das gar nicht glauben, die hatten doch keine Ahnung! Mit jedem Tag wuchs seine Euphorie und er wusste, er würde das alles hier überwinden! Er würde dann später zurück nach Athen fahren und Jeremy ein bisschen unter die Arme greifen, so eine Pension würde sicher Spaß machen! Zumindest weitaus größeren Spaß als das dumme Spießerhotel! Er malte sich aus wie weit sich sein Leben verändern würde, vielleicht würde er ja auch mal richtig fett Kohle machen? Aber nach dieser kurzen Dauer der Hochgefühle, stürzte er in ein tiefes schwarzes Loch. Kapitel 4: Eine neue Hoffnung ----------------------------- Lange habt ihr gewartet, ihr Lieben! Hier kommt Kapitel 4, ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen :) GLG Eure Cait Irgendwann erreichte er einen Punkt, an dem er fast den Verstand verlor. Immer wieder entdeckte man ihn, wie er sich in der hintersten Ecke seines Zimmers verkroch. Meistens lag er zusammengekrümmt in der Embryostellung auf dem Boden, erlebte nicht nur wilde Schweißausbrüche sondern begann zu halluzinieren. Und jedes Mal waren es irgendwelche Männer, die ihn verfolgten. Oft waren es Franky oder sogar Días. Aber oft stand auch Jeremy dicht vor ihm, reichte ihm seine Hand und jedes verdammte Mal, wenn er nach ihr greifen wollte, verschwand der elende Bastard wieder und lachte ihn dabei höhnisch aus. Er brüllte manchmal so laut, dass er tagelang heiser war. Zugegeben, war das die schrecklichste Zeit seines Lebens. Er durchlebte seine ganze verdammte Vergangenheit in einer Endlosschleife. Seine Gedanken rotierten, oft wünschte er sich sogar, er hätte irgendwelche spitzen Gegenstände, die er sich in die Pulsadern rammen konnte. Zitternd kauerte er auf dem Boden, seine Wangen fühlten sich nass an, war das sein Schweiß oder hatte er sich wieder übergeben? Vorsichtig hob er die Hand und stellte ein wenig überrascht fest, dass es Tränen waren. Sein Körper fühlte sich antriebslos und völlig ausgelaugt an, er wollte sich nicht bewegen aber er wollte auch nicht weiter von diesen schrecklichen Bildern beherrscht werden, die seine Gedanken völlig einnahmen und sich wie ein richtiger Film vor seinem inneren Auge abspielten. Eine Frau, von der er glaubte, dass sie seine Mutter war, schrie und tobte, sie schlug nach ihm und auch dieser Mann, dessen Gesicht er nicht erkennen konnte, schlug immer und immer wieder hart mit scharfen Gegenständen auf ihn ein. Aber irgendwann veränderte sich das Bild dieser Frau Stück für Stück. Ihre hässliche Fratze wurde sanft, das was er anfänglich für Schläge gehalten hatte, war nur der verzweifelte Versuch ihn festzuhalten. Gelegentlich hörte er ihre Stimme, wie sie ihm etwas vorsang, glaubte eine mütterliche Sanftmut darin zu spüren. So wie auch jetzt. Schwach rappelte er sich auf, auch wenn er lieber liegen geblieben wäre. Es fiel ihm jedoch so schwer, als wäre es das erste Mal. Seine Knochen taten ihm weh, seine Arme wollten ihn nicht halten und zitterten, seine Beine ebenso. Irgendwann schaffte er es dann doch in die Hocke, auch wenn er sich wirklich nur mit Mühe und Not aufraffen konnte. Kaum hatte er sich leicht aufgerichtet, explodierte wieder ein Schmerz in seinem Kopf. Er hielt zischend die Luft an, ihm wurde schon wieder schwindelig. Aber wie lange lag er denn schon dort am Boden? Seine Arme fühlten sich eiskalt an. Aber kaum hatte er seinen Arm berührt, blickte er darauf hinunter. War er schon immer so dünn gewesen? Er brauchte eine Weile, hielt sich am Bett fest und konnte sich nur sehr langsam erheben. Schließlich stand er, wenn auch stark zitternd, auf den Beinen. Schweiß lief ihm über die Stirn und auch wenn es für andere eine Kleinigkeit sein mochte, im Augenblick war das hier Schwerstarbeit für ihn. Besonders die vier Schritte zum Waschbecken. Er wollte sich das Gesicht waschen … Mit einer Hand hielt er sich noch unsicher am Bett fest, streckte die andere Hand schon mal aus und tastete sich näher heran. Fast gaben ihm die Beine wieder nach, doch er schaffte es noch sich am Waschbeckenrand festzuhalten. Als dies geschafft war, rang er schwer nach Atem, doch er hatte es geschafft! Ein kleines Lächeln zierte seine Lippen, das jedoch bald wieder verschwand. Selbst um den Hahn aufzudrehen brauchte es eine ordentliche Portion Kraft. Warum war er denn auf einmal so schwach? Statt eines Spiegels hing über dem Becken eine runde Spiegelfolie, es diente wohl zu seiner eigenen Sicherheit, besonders nachdem er einen Spiegel schon am Anfang zertrümmert hatte. Am Anfang? Am Anfang wovon? Ach so … ja, er war ja in einer Drogenentzugsklinik. Stimmt, dieser Bastard Jeremy hatte ihn so weit getrieben! Verdammte Scheiße, wenn er diesen Hurensohn jemals wiedersehen würde, würde er ihm die Eier abreißen! Vorsichtig streckte er die Hände aus, das kalte Wasser ließ ihn aufkeuchen, aber er fühlte sich gleich viel besser. Mit zitternden Fingern spritzte er sich das Wasser ins Gesicht, es war eine Wohltat! Fast wie in Zeitlupe hob er den Kopf und blickte in sein Spiegelbild. Und sprang mit einem erschrockenen Aufschrei zurück, konnte sich gerade noch aufrecht halten und hätte fast das Gleichgewicht verloren. „Himmel, Arsch und Zwirn!“, brüllte er, aber seine Stimme war nicht mehr als ein entsetztes Quietschen. Das musste er noch einmal sehen! Wieder näherte er sich dem Spiegelbild, wieder blickte er in dieses fremde Gesicht. Unter seinen Augen zeigten sich dunkle, harte Ringe, sein Gesicht war völlig eingefallen und der Bart sprießte wie ein kleiner Urwald! Von seinem Haar ganz zu schweigen. Verdammt, er war ja richtig ausgemergelt! Und so furchtbar dünn! Ungläubig tastete er seine Wangen ab, da klopfte es an der Tür. „Leander?“, fragte die Stimme eines jungen Mannes. Der Bursche war kaum älter als er selbst. Sie tauschten einen langen, verblüfften Blick aus. Bis der junge Mann zu grinsen begann. „Wie geht es dir?“, wollte er wissen. Und Leander überlegte, wer das wohl sein mochte. Dann dämmerte es ihm ein wenig, er glaubte die Stimme zu erkennen. Das war der Typ, der sich immer um ihn kümmerte! „Beschissen!“, knurrte Leander zurück. Der andere lachte. „Das ist doch schon mal was!“ Leander hob eine Augenbraue. „Die letzten Wochen wolltest du mir weismachen, wie prächtig es dir ginge, während du mit deinem Club der toten Dichter philosophiert hast.“ Es schwang sogar ein wenig stolz in den hellen Augen des Mannes mit. „Möchtest du etwas essen? Ich hab hier Brot, etwas Zwieback und Tee …“ Leander verzog angewidert das Gesicht, ignorierte gekonnt die erste Aussage. „Gibt’s auch richtiges Essen?“ Silas! So hieß der Knabe! Aber Silas schüttelte nur den Kopf und trug das Tablett hinein. „Tut mir leid, dein Magen wird noch ziemlich mitgenommen sein. Versuch erst mal das hier, ich verspreche dir, dass ich dir nach und nach noch andere Sachen bringen werde.“ Er lächelte. Der Kleine war ganz hübsch. Schöne, dunkle Augen, dunkelblondes Haar und eine wundervolle, nicht allzu dürre Figur. Im Gegensatz zu Leander im Moment. Er wirkte alles andere als ansehnlich. Vorsichtig ließ er sich auf das Bett nieder, sah Silas zu, wie er den kleinen Tisch an das Bett heran schob. Obwohl er mehr als nur wackelig auf den Beinen war, konnte er nicht anders. Seine Augen verfolgten jede Gestik, glitten über den Rücken hinunter über den Po, der da so verführerisch wirkte, in seiner weißen, sterilen Verpackung. „Ich werde gleich mal Bescheid geben und jemanden runter schicken. Ich glaube du hast das schlimmste überstanden, herzlichen Glückwunsch!“ Silas grinste breit. Es schien schon eine Art Angewohnheit zu sein, so wie er ihm das Wasser in den Pappbecher einschenkte. Das Lächeln dabei wirkte aber nicht aufgesetzt, sondern unheimlich sympathisch. Immer wieder begegneten sich ihre Blicke und langsam wurde Silas dann wohl doch ein wenig nervös, unter den bohrenden Blicken. Aber Leander konnte nichts dafür, es fühlte sich an, als hätte er ewig keinen Sex mehr gehabt. Und irgendwie war der Kleine hier genau sein Typ. Zumindest im Augenblick wirkte sein rundes Hinterteil recht sinnlich, ebenso die Lippen, einfach alles! Aber sendete Silas irgendwelche Signale? Hart presste sich auch schon etwas da unten gegen die leichte Pyjamahose. Scheiß auf den verdammten Radar! Seine Hand fuhr hoch, Silas schreckte zurück und war schon in Alarmbereitschaft. Doch Leanders Druck war nicht fest, selbst wenn er es gewollt hätte. Er war zu schwach. Aber dann sah der Jüngling ihm in die Augen. Und verstand sofort. „Hier sind Kameras, nur zu deiner Info!“, gab Silas zurück und versuchte sich sanft der Hand zu entziehen. Er wirkte sogar etwas erleichtert, aber Leander wollte nicht im Traum daran denken, ihn jetzt gehen zu lassen. „Das kann mich den Kopf kosten!“ Aber Leander hörte nicht mehr hin, er zerrte den anderen unter die Bettdecke und grinste. Die Gegenwehr war auch nicht besonders groß, so sehr hatte Silas diesen Job dann wohl doch nicht nötig. Ein frischer Wind wehte ihm kräftig um die Ohren. Es war Anfang Mai und das Wetter war spürbar wärmer geworden. Leander schlenderte durch Athen. Eigentlich hätte er noch ein, zwei Tage in der Klinik bleiben müssen, weil er noch unter Beobachtung stand, doch als die Sache mit Silas ans Tageslicht gekommen war, hatte man ihn zum Teufel gejagt. Leander grinste, der Gedanke war höchst amüsant und die Erinnerung an das Gesicht der Arzthelferin erst, die herein geplatzt war, als Leander es sich mal wieder mit Silas in der Dusche bequem gemacht hatte. Während er ganz locker reagiert hatte, war Silas ziemlich erschrocken und ein wenig in Panik geraten, aber seine Arbeit konnte der gute Knabe jetzt wohl wirklich vergessen. Naja, zwischen Junkies die Nanny zu spielen wäre auch nicht gerade als Traumberuf zu bezeichnen. Schade, dabei hatte er einen so tollen Arsch gehabt. Seine lässigen Schritte trugen ihn langsam weiter, er hatte kein konkretes Ziel und bewegte sich auch nicht in eine bestimmte Richtung. Er war nicht auf der Suche, denn er wusste, dass er gefunden werden würde. Vielleicht von Jeremy, vielleicht von jemand anderem. Vielleicht aber auch vom Schicksal, das ihm bald in der Form von Días. Allerdings verlief sein erster Tag auf freiem Fuß relativ unspektakulär und so entschied er sich für einen direkten Kurs auf die Innenstadt Athens. Ein wenig Kleingeld hatte er noch, einen Drink würde er sich sicher noch leisten können. Ansonsten würde er einfach nur ein wenig flirten und sich etwas ausgeben lassen. Ein nettes Abendessen, oder vielleicht sogar eine Nacht in einem schönen warmen Bett? Denn immerhin hatte er jetzt keine Bleibe mehr. Und zu Franky würde er nicht mehr gehen, das hatte er sich geschworen. Sein altes Handy hatte er erst vor kurzem zurück bekommen. Und um ehrlich zu sein, war die Enttäuschung nicht gerade klein. Kein einziger Anruf, keine einzige Nachricht, innerhalb eines Jahres. Naja, oder eher innerhalb von neun Monaten. Doch das spielte ja wohl keine Rolle. Wenigstens von Jeremy hätte er einen Anruf erwartet. Ob der alte Hund überhaupt noch in Athen war? Und sein Versprechen halten würde? Leander ließ sich in einer der hiesigen Gay Bars nieder, natürlich am Tresen, wo er auch gut gesehen werden konnte. Zurzeit war es recht angenehm belebt. Vielleicht nicht so voll, wie im Sommer, aber gut besucht allemal. Er nippte an seiner Coke und starrte einfach nur sehr lange auf eine Nummer, die auf dem Display seines Telefons hell erleuchtet wurde. Es war Jeremys Nummer. Vielleicht war der Scheißkerl auch schon auf und davon? Und die Nummer gar nicht mehr aktuell? Aber er wählte, hielt sich das Handy ans Ohr und wartete. Erst tat sich ein paar Sekunden lang nichts, so als würde die Mailbox anspringen. Doch das tat sie nicht. Und dann klingelte es. Ein Freizeichen! „Wo bist du?“, ertönte nur die Stimme, als abgehoben wurde. Erst starrte Leander das Handy mit angehobener Augenbraue an, hielt es sich aber wieder ans Ohr, um sicher zu gehen, dass er nicht falsch verbunden war. „Meinst du mich?“ Jeremy lachte. „Nein, natürlich nicht. Ich habe mit dem netten dunklen Typen neben dir gesprochen.“ Leander begann zu grinsen, schielte automatisch aus den Augenwinkeln zur Seite, wohlwissend, dass dort ein blonder, ziemlich maskuliner Kerl stand, der ihn ebenso zwischendurch beobachtete. „Soll ich euch einander bekannt machen?“ Jeremys Stimme klang so fremd, ebenso sein Lachen. Und dennoch so unheimlich vertraut zugleich. „Sag mir lieber wo du steckst, dann stelle ich mich ihm selbst vor. Ich bin gerade vor fünf Minuten in Athen gelandet.“ Das war ja mal ein verrückter Zufall! Jeremy war fort gewesen? „Und Eddy?“ „Hat er dir gefehlt?“ Er lachte. „Er ist noch in Boston. Der Arme war der Meinung, dass deine Schulden einfach zu groß waren und je mehr Geld wir am Ende über hätten umso besser. Er arbeitet noch bis zum Ende der nächsten Woche.“ Jeremys Stimme klang weich, als spräche er zu einem verwundeten Tier. Es war doch ein angenehmes Gefühl, zu wissen, dass er doch nicht allein sein würde. „Ich würde dich ja abholen kommen, aber mir fehlen ein paar Euros.“ Jeremy schnaubte amüsiert. „Glaub ich gern. Bist du im ‚Brownies‘?“, wollte er wissen. „Gut, ich bin gleich da. Beweg dich nicht vom Fleck.“ Allerdings war das doch recht schwierig. Denn der blonde Bursche kam näher, bis er sich ganz mit dem Rücken ganz lässig an die Theke lehnte, einen Fuß dabei anhob und Leander direkt ins Gesicht blickte. Gut gebaut war er, das musste man ihm lassen. Und auf blonde Männer flog Leander allemal. Besonders auf die mit den blauen Augen. Und dieser hier hatte eines der verführerischsten Augenpaare dieser Sorte, die er je gesehen hatte. „Hey“, kam es von dem gutaussehenden Typen mit den schönen Augen. „Hey“, gab Leander zurück und blickte wieder nach vorne, nahm einen weiteren Schluck. „Du bist genau mein Typ.“ Leander prustete in seine Coke und kam nicht mehr aus dem Grinsen raus. Direkt war er, das war doch mal ganz nett. „Ich dachte jetzt käme vielleicht ein toller Spruch.“ Leander versuchte sich ein wenig geknickt zu geben. Der Kerl lächelte und nippte an seinem eigenen Drink, ehe er sich umdrehte und ein paar Schritte zurück ging, ehe er eine kleine Pause einlegte. Leander war zugegeben etwas irritiert und hob den Blick, da kam der Typ aber auch schon zurück und lächelte breit. „Du bist so heiß, ich befürchte, dass ich mich verbrenne, wenn ich dich berühre.“ Das Grinsen des jungen Mannes mit den stechend grauen Augen wurde noch breiter. „Okay, der war nicht schlecht …“ Diesmal lehnte sich der Kerl dicht zu Leander rüber, beugte sich halb hinunter und flüsterte ihm zu. „Ich würde gerne in deiner Haut stecken, auch wenn es nur achtzehneinhalb Zentimeter sind.“ Leanders Lächeln wich schlagartig aus seinem Gesicht. Er starrte hoch, in dieses hübsche Gesicht und blickte an dem Adoniskörper hinunter. Seine Hand streckte sich aus, griff dem Typen an die Jeans und zog ihn dicht an sich heran, um einen Blick hinein zu werfen. „Nie im Leben! Wenn der größer ist als meiner, lieg ich unten!“ „Hey, hinten ist der Darkroom!“, beschwerte sich ein junger Kellner, aber Leander beachtete ihn nicht, öffnete einen Knopf und starrte hinein. „Okay, ich hab verloren“, seufzte er, grinste breit und leckte sich über die Unterlippe, berührte dabei auf eine verführerische Weise das Piercing. „Hör mal, hier kommt gleich ein Amerikaner rein. Vermutlich hat er noch Taschen oder einen Koffer dabei. Braune Augen, braunes Haar. Sag ihm, dass er hier auf mich warten soll.“ Seine Worte waren an den Barkeeper gerichtet. Dieser lächelte nur und nickte. Solche Situationen kannte er schon zu genüge. „Weißt du, wie lange ich hier schon sitze?“, wollte Jeremy wissen. Leander strich sich mit beiden Händen das zerwühlte Haar zurück, versuchte es ein wenig zu bändigen. „Weißt du, wie lange ich keinen richtigen Sex mehr hatte?“, gab Leander zurück. Jeremy hatte sich nicht verändert. Er war noch immer derselbe. Das gleiche kurze Haar, dieselben frechen Augen blitzten verspielt zu ihm auf. Leander ließ sich auf dem Hocker an der Bar nieder, hatte keinerlei Probleme mit dem sitzen. Er war nicht besonders schmerzempfindlich. Die Drogen hatten ihn damals schon abgestumpft. Jeremy begann zu lächeln, betrachtete Leander, wie der sich eine neue Coke bestellte. „Und den hast du heute nachgeholt, ja?“ Leander wandte den Kopf leicht zur Seite. Er sah Jeremy einfach nur lange an. „Ich bin zumindest gut dabei, finde ich.“ Jeremys Blick wurde sanft, als Leander das ganze Glas hinunter kippte. „Hast du schon etwas gegessen?“, wollte er wissen. Der andere schüttelte schwach den Kopf. „Ich kann noch keine schwere Kost vertragen.“ Ihre Augen begegneten sich. Jeremy rutschte ein Stück nach vorne, streckte die Arme nach ihm aus und zog Leander fest in seine Arme, drückte den zerbrechlichen Körper fest an sich. „Ich hoffe, du kannst mir irgendwann verzeihen … aber ich bin so stolz auf dich, du hast es geschafft. Ab jetzt kann es einfach nur noch besser werden. Vertrau mir, ich lasse dich nicht hängen.“ Der Druck wurde fester, er vergrub das Gesicht an Leanders Schulter, die einmal viel breiter gewesen war. Leander zögerte kurz, bevor er die Umarmung erwiderte. Sein rechter Mundwinkel zog sich hoch, ein Grinsen zeigte sich auf den vollen Lippen. „Das hoffe ich doch, immerhin hab ich deinetwegen alles hingeschmissen, du verdammter Amerikaner!“ Auch er drückte Jeremy an sich, klopfte ihm sanft auf die Schulter. Egal wie oft er gefallen war, er war immer von allein aufgestanden. In all den vierundzwanzig Jahren seines Lebens hatte er sich noch nie auf jemand anderen verlassen können. Sein größtes Ass, war schon immer seine Gleichgültigkeit gewesen. Er hatte nie etwas erwartet, hatte sich nie etwas erhofft, um enttäuscht zu werden. Was waren schon Freunde, er hatte nie Menschen gehabt, die ihm wirklich nahe gestanden hatten. Soweit hätte es auch noch kommen sollen. Leider hatte aber dieser Spinner hier seine Welt auf den Kopf gestellt. Noch konnte er niemanden als richtigen Freund bezeichnen, doch er rechnete es Jeremy hoch an. Er hatte ohne zu zögern die Schulden übernommen, hatte Leander nicht hängen gelassen und war zurück gekommen. Er hielt sein Versprechen. Viel war es nicht, doch immerhin konnten sie eine Zeitlang bei einem Bekannten von Jeremy unterkommen. Es war die Wohnung eines Junggesellen, der gerade seinen Abschied gefeiert hatte. Dementsprechend sah es aber auch aus. Es gab zwei Matratzen, eine Kochnische und etwas, das an ein Bad erinnerte. Leander und Jeremy lehnten an der Tür, starrten auf das Klo hinunter. „Der hat wohl nie gelernt, dass man da rein scheißt und nicht um das Klo herum.“ Jeremy lachte humorlos und stieß ihn mit dem Ellbogen an. „Er hat doch gesagt, dass er Katzen hatte. Das ist Streu!“ Leander verzog das Gesicht. „Das ist ganz große Kacke!“ Jeremy schritt durch das enge Bad, das Katzenstreu knirschte unter seinen Sohlen. Es lag überall verstreut herum, muffelten vor sich hin. Mit einem lauten Quietschen ließ sich das kleine Fenster öffnen und die frische Luft strömte beruhigend herein. „Kein Wunder, dass er es so eilig hatte“, brummte Leander und zog die Tür zu, nachdem Jeremy hinausgetreten war. „Hey, immerhin haben wir jetzt drei Monate Zeit. Der Vermieter ist nicht da, wir können hier solange wohnen, bis wir unsere Pension gefunden haben.“ Jeremy grinste ihn, Leander hob nur eine Augenbraue und schnaubte belustigt. „Du glaubst bestimmt auch daran, dass dich Feenstaub fliegen lässt, oder?“ Jeremy zog an einer kurzen Haarsträhne, die er zu fassen bekam. „Nennst du mich naiv oder was?“ Leander konnte sich ihm gerade noch so entziehen, lachte. „Ich finde du bist überoptimistisch. Sonst nichts! Aua!“ Er rieb sich den Hinterkopf. „Und du bist zu wählerisch! Geh dir zudem mal die Haare schneiden, wie siehst du aus?“ Leander zuckte mit den Achseln. „Das mach ich erst, wenn du die Pension gekauft hast. Noch kann ich rumlaufen wie ich will, du hast mich noch gar nicht richtig eingestellt“, redete er sich heraus und tigerte durch die Wohnung, um diese genauestens unter die Lupe zu nehmen. „Und wenn ich dir erzählen würde, wo ich bisher überall gehaust hab, kommt dir die Galle hoch!“ „Das will ich gar nicht wissen.“ Jeremy grinste, schüttelte leicht den Kopf und krempelte die Ärmel hoch. Die Woche ohne Edy war nicht besonders erfolgreich verlaufen, aber doch etwas ruhiger. Kaum platzte der Italiener rein, wurde es schon viel lauter in der kleinen Wohnung. Besonders als er und Leander sich gegenüberstanden. „Du lebst ja noch, dachte du liegst irgendwo hinter einer Tonne und leckst die Reste deines Kokain vom Boden.“ Edy zeigte sofort seine Zähne. Aber Jeremy hatte Leander schon vorgewarnt, denn wie bereits erwähnt war ja sein Schuldenberg nicht gerade klein und irgendwie mussten die beiden Männer ja auch das Geld heran treiben. „So tief bin ich zum Glück nicht gesunken, ihr habt mich ja davor bewahrt.“ Leander lächelte gezwungen, auch wenn er Edy jetzt am liebsten etwas völlig anderes entgegen geschmettert hätte. Gemeinsam saßen sie im Schein einer alten Öllampe in der Küche. Ihre einzige Sitzgelegenheit waren ein paar unbequeme Kissen, die der Vormieter dagelassen hatte, um vermutlich unnötige Last zu vermeiden. Als Tisch diente ein großes Tablett, das sie auf einem Eimer abgestellt hatten. Eigentlich hatte Leander vorgehabt Edy ordentlich zu sticheln, doch der Arme sah ziemlich mitgenommen aus. Die zwei Jungs waren den ganzen Tag über unterwegs gewesen und hatten sich ein paar Immobilien angesehen. Dass Edy nicht besonders gut auf ihn zu sprechen war, war ja mittlerweile mehr als offensichtlich. Und im Grunde war Leander ja in ihr Vorhaben einer Existenzgründung hinein geplatzt. Auch wenn es ja eigentlich Jeremy gewesen war, der ihn mit hineingezogen hatte ohne sich nach seiner Meinung zu erkundigen. Dennoch wollte er nicht undankbar erscheinen. „Keine Sorge alter Mann, ich arbeite die ganze Kohle ab. Versprochen!“ Leander schenkte ihm einen besorgten Blick. „Ich kann mir vorstellen, dass du es auch nicht leicht hast. Immerhin tun dir auf deine alten Tage sicher die ganzen Knochen weh. Hast du schon Rheuma?“ Sanft tätschelte er Edy dabei den Rücken. Jeremy hatte gerade die Hand gehoben um Leander Einhalt zu gebieten, aber da platzte Edy auch schon. Er schlug Leanders Hand weg. „Ich bin erst dreißig!“, blaffte er Leander an. „Und natürlich wirst du alles abarbeiten! Und ich werde neben dir auf einer Liege hocken, meine Cocktails trinken und dich auspeitschen, sobald du die Arbeit ruhen lässt!“ Er lachte schadenfroh, der Gedanke an einen Sklaven schien ihm ja besonders gut zu gefallen. Leander nahm sich eine Gabel und spießte eine Olive und ein Stück Schafskäse daran auf „Ich hab ja gehört, dass kleine Männer Komplexe haben, aber Fetische sind mir neu.“ Edy fiel das Brot aus der Hand, er starrte Leander an und begann, einer Explosion gleich, drauflos zu fluchen. Auf Italienisch, versteht sich. Leander nickte immerzu, verstand eigentlich kein einziges Wort, doch Edy verführte ihn jedes verdammte Mal. Er hatte die Klappe halten wollen, na ja aber um ehrlich zu sein genoss er diese kleinen Wutanfälle viel zu sehr. „Du hast mir noch versprochen ihn nicht aufzuregen“, grummelte Jem vorwurfsvoll zwischen ein paar Bissen. Jedes Mal, wenn Edys Flüche ein besonderes Ausmaß annahmen und er sich in seinem kleinen Anfall über Leanders Ahnen ausließ, kniff Jeremy leicht ein Auge zu. Edy konnte fluchen wie ein Weltmeister und jeder einzelne Fluch hätte selbst Jeremys alte Oma erröten lassen, wenn die gute Frau nicht schon längst ins Gras gebissen hätte. Und zu Leanders eigenem Glück verstand er kein einziges Wort. Leander lachte nur und deutete mit einer galanten Handbewegung auf Edy. „Ich weiß, ich bin schrecklich. Aber ich finde es wundervoll, wenn er so knallrot anläuft und anfängt auf Italienisch zu fluchen. Er erinnert mich jedes Mal an diesen braunen Kerl aus einer Zeichentrickserie, der immer nur tobt, rumspuckt und sich als kleiner Tornado fortbewegt.“ Jetzt musste auch Jeremy loslachen, die beiden konnten sich allerdings nicht schnell genug in Sicherheit bringen, denn der Tornado fegte über sie hinweg. Kapitel 5: Höllenritt --------------------- Eines Abends, es waren bereits zwei Monate vergangen, kam Leander gerade rein, da drückte ihm Jeremy auch schon eine Anzeige ins Gesicht. „Sieh dir das an!“, forderte er Leander auf. Dieser schob die Zeitung etwas hinunter, um Jeremy ins Gesicht sehen zu können. „Ja, danke Schatz, ich hatte einen wundervollen Tag.“ Er zog seine Schuhe aus und fächelte sich Luft zu. Es wurde immer wärmer und wärmer, der Sommer hatte sie bereits eingeholt. In einem Monat würden sie diese Wohnung auch schon wieder verlassen müssen, in der sie sich mittlerweile schon richtig heimisch gefühlt hatten. Jeremy war viel zu selten da, um Dreck zu machen und Edy, nun, mochte er auch ein Choleriker und eine Nervensäge sein, besaß er seltsamerweise einen großartigen Sinn für Sauberkeit und Ordnung. Im Gegensatz zu Leander. Keine gute Kombination. Jeremy aber deutete beharrlich auf die Anzeige. „Da, sieh dir das an! Ein Schnäppchen!“ Leander seufzte und blickte auf die Zeitung hinunter. Im nächsten Augenblick riss er die Augen weit auf. „Zweihunderttausend…?“, wollte er verwirrt wissen. „Für das kleine bisschen … Moment!“ Er entriss Jem die Zeitung und staunte nicht schlecht. „Das ist ja in Plaka!“ Wieder überflog er die Worte. „Das ist wunderbar! Renovierungsbedürftig steht da, aber den Großteil schaffen wir sicher alleine! Für den sanitären Teil lässt sich auf jeden Fall jemand finden!“ Verdutzt sah er in die Gesichter der beiden Männer, die ihn grinsend musterten. „Was?“, wollte er wissen. Aber Edy zuckte nur mit den Schultern. „Ich wusste, dass es dir gefallen könnte, also hab auch schon einen Termin vereinbart! Der Verkäufer ist aber erst ab nächster Woche erreichbar, er meinte wir können uns das Haus schon mal von außen ansehen. Kommst du mit?“ So aufgedreht hatte er Jeremy ja noch nie erlebt. Leander stutzte. „Wie? Jetzt?“ Er selbst war den halben Tag in der Stadt unterwegs gewesen, auf der Suche nach einem passenden Objekt, aber zwischen all den großen Haien etwas Gutes zu ergattern war zurzeit mehr als nur aussichtslos. „Geht ihr nur, ich komme dann beim nächsten Mal mit!“ Er war viel zu müde um sich jetzt im Dunkeln irgendein Objekt anzusehen, das dem verrückten Jem vor die Flinte gelaufen war. Zudem hatte er sich vorgenommen endlich mal wieder einen Abstecher in die Bars zu machen. Zwar blickte Jeremy ziemlich enttäuscht drein, aber er hatte ja noch Edy. Der sah auch nicht besonders fröhlich aus, es passte ihm wohl auch nicht sonderlich durch die Gegend geschleift zu werden. Gerade gingen sie durch die Tür, da warf Edy noch einmal einen kurzen Blick zu Leander zurück. Dieser grinste nur breit und winkte ihm hinterher. Und bekam prompt den Stinkefinger gezeigt. Leander lachte, schüttelte den Kopf und begab sich erst einmal unter die Dusche, bevor er Athens Straßen mal wieder unsicher machen konnte. Langsam bewegte er sich durch die hell erleuchteten Straßen, versuchte eine schmackhafte Beute ins Visier zu nehmen, aber irgendwie war selbst unter den Touristen nichts für ihn. Zumindest nicht etwas, das ihn wirklich faszinieren konnte. Seine Schritte trugen ihn weiter, er spuckte seinen Zigarettenstummel aus. Seit er von den Scheiß-Drogen losgekommen war, waren die verdammten Kippen zur stärkeren Sucht mutiert. Vor dem Black Hills hielt er inne. Der Laden war mal wieder brechend voll, laute Musik dröhnte nach draußen, drinnen schien es heiß her zu gehen. Stimmen ertönten, eine verführerische Stimme lachte richtig unsexy auf, was ihn kurz grinsen ließ. Hier wurde er sicher fündig! Der Türsteher musterte ihn einen scharfen Augenblick, zeigte dann aber ein anzügliches kleines Lächeln. „Hast du dich verlaufen, Kleiner?“ Leander hob eine Augenbraue, blickte dem Typen ins Gesicht. Der Kerl war eine echte Kante, richtig breit gebaut, aber für Leanders Geschmack schon wieder zu extrem. „Hast wohl den Besuch auf deiner kleinen Beauty Farm gut überstanden, was?“ „Welcher Schwachkopf hat dich denn hier eingestellt?“, knurrte Leander zurück, seine Mundwinkel zuckten, er hatte den Burschen recht spät erkannt. Der Name fiel ihm nicht ein, aber Leander wusste, dass der Typ für Franky arbeitete. „Derselbe, dem du dein Leben zu verdanken hast.“ Der Typ nickte kurz, ließ Leander eintreten, nicht ohne ihm noch einen kräftigen Klaps auf den Hintern zu geben. Seine Füße trugen ihn hinein und tatsächlich platzte die Bar bald aus allen Nähten. Die Theke war voll besetzt, auf der Tanzfläche ging es wild her und auch sonst waren alle Steh- und Sitzplätze völlig ausgebucht. Dass er auf Entzug gewesen war, hatte sich wohl relativ schnell herum gesprochen. So ein Mist! Er quetschte sich bis zur Bar durch und stolperte versehentlich gegen einen der Kellner. Scheiße, der Bursche war so klein, dass Leander ihn fast übersehen hatte. „Sorry!“ Aber der Kleine beachtete ihn gar nicht. Leander hingegen hatte ziemlich genau hingesehen und hob anerkennend die Augenbrauen, als das Würmchen an ihm vorbei huschte und in der Menge versank. Eine recht androgyne Gestalt, wundervolles, blondes Haar. Und waren das etwa zwei himmelblaue Augen, die ihn da so böse angefunkelt hatten? Oh Scheiße, dieser Sorte konnte er so rein gar nicht widerstehen! Auch wenn er den heißen kleinen Arsch lediglich für ein paar Sekunden erblickt hatte, begann er sich die wildesten Fantasien auszumalen. Er bestellte sich etwas zu trinken und versuchte die ganze Zeit über den kleinen Kellner auszumachen, bis er ihn entdeckte. Zwar nur von weitem, doch auf der anderen Seite der Theke. Er lachte so wundervoll, unterhielt sich gerade mit einer unheimlich pervers aussehenden Gruppe von Männern, die ihn ganz offenkundig ansabberten. Aber der Kleine grinste nur, ein kleines Grübchen zeigte sich auf der rechten Wange. Dieser kleine Bastard von einem Amor traf ihn mitten ins Herz. „Zur Hölle mit dir, Eros!“, knurrte er. Seine gemurmelten Worte gingen in dem lauten Getöse des Umfeldes unter. So ein Scheißdreck, für gewöhnlich passierte ihm so was nicht. Schnell wandte er sich ab, bestellte sich wieder etwas und ließ den Blick weiter durch den Laden schweifen. Da stand so ein komischer Typ mit einem Ziegenbart. Der sah zwar nicht schlecht aus, aber er wirkte doch ein wenig schmierig, ganz besonders sein Lächeln. Und dann geschah es, der Kerl begann Leander ganz offensichtlich anzuflirten und erregte noch dazu die Aufmerksamkeit seiner Freunde, die um ihn herum standen. Alle hoben den Blick um Leander unter die Lupe zu nehmen. Himmel, Arsch und Zwirn, diese idiotischen Touristen! Gleich würden sie ihre Kameras rausholen und ihn noch um ein Foto bitten. Schnell wandte er sich ab und suchte unermüdlich weiter. „Hey!“, sprach eine tiefe Stimme plötzlich neben ihm. Leander wandte den Kopf schwach zur Seite, nippte an seinem Drink. Und da stand er auf einmal, der Typ mit dem Ziegenbart! Er war groß, keine Frage. Seine Haut war sonnengebräunt, sein Haar pechschwarz, ebenso wie seine Augen. Und er grinste schon wieder so widerlich, machte vor seinen Freunden noch auf dicke Hose. „Was ist?“ Leander hob eine Augenbraue. „Machst du’s mit mir?“, fragte er auf Englisch. Leander spuckte den Drink aus, verschluckte sich und erst nachdem er wie ein Fisch nach Luft gejapst hatte, brach er in einen wilden Lachanfall aus. Es war nicht die Frage an sich, sondern wie der Bursche sein Anliegen vortrug. So stand man vielleicht im Supermarkt und fragte nach der Tiefkühlbateilung. Aber mit dem Baggern hatte er es wohl nicht so. Leander hustete, bis ihm die Tränen kamen. Die Gesichtszüge seines neuen Bekannten entgleisten einen Moment. Er hob die Hand, so als wollte er Leander auf den Rücken klopfen, entschied sich aber anders und verzog verwirrt das Gesicht. Selbst der hilflose Blick, den er seiner Gruppe rüber warf, brachte ihm nicht viel. „Also …?“, wollte der junge Mann beharrlich wissen. Mensch, war das abturnend! Wenn das so weiter ging, würde er sich heute Nacht das Bett schon wieder mit den Wanzen teilen. Eigentlich wäre der kleine Lachanfall doch schon Grund genug gewesen, um sich davon zu machen, nur war der Typ ganz schön hartnäckig. Er wirkte total verunsichert, bewegte sich von einem Bein aufs andere. „Ich bin schon bedient, danke!“ Leander wandte sich wieder nach vorn, konnte nicht mehr aufhören zu grinsen. Bildete er es sich ein oder waren die Männer ihm gegenüber mutiger geworden? Sonst sprach ihn nie jemand so kackfrech an. Vor allen Dingen nicht Typen, die aussahen, als wären sie jünger als er selbst. Eine Hand berührte ihn an der Schulter. Leander hob jetzt beide Augenbrauen. Er wandte sich wieder halb um und hätte diesem komischen Vogel am liebsten eins auf die Schnauze gegeben. Stattdessen gab er sich damit zufrieden, die Hand grob von seiner Schulter zu drücken. „Was willst du denn noch?“ Jetzt wurde der Kerl auch noch rot, er beugte sich leicht zu Leander hinunter. „Einen besseren als mich findest du sicher nicht!“ Sein ekelerregendes Grinsen wollte und wollte ihm nicht sympathischer erscheinen. „Klar, geh schon mal in den Darkroom.“ Leander war schon aufgefallen, dass der Typ die Ironie wohl kaum vernommen haben mochte, aber um ehrlich zu sein war ihm das gerade Scheißegal. Für gewöhnlich war doch er derjenige, der sich seine Partner aussuchte, jetzt war er selbst zum Gejagten geworden oder was? Der Typ wollte einfach nicht locker lassen „Also kommst du?“ Leander rollte genervt mit den Augen, setzte sein Glas etwas härter als nötig auf dem Tresen ab und erhob sich. Für gewöhnlich wirkte seine Größe einschüchternd, allerdings waren sie sich, was die Körpergröße anging, fast ebenbürtig. „Du siehst besser zu, dass du verschwindest, sonst brech ich dir das Genick, verstanden?“ Seine Laune wurde immer mieser und mieser. Dieser Hanswurst war noch die Krönung des ganzen. „Halt!“, rief eine Stimme, eine schmale Gestalt drängte sich zwischen die beiden Männer. Es war der blonde Kellner, der zu dem Touristen rüber sah und mit dem Finger klagend auf den Ausgang deutete. „Du hast heute schon genug Ärger gemacht. Am besten nimmst du jetzt deine Freunde und verschwindest!“ Leander sah das Gesicht nicht, aber er wusste, dass es dieser androgyne, süße Bursche war, der gerade in schnellem Englisch sprach. Der Kerl war etwas verwirrt, was an sich ja nichts Neues war. Aber je länger er den Kleinen anstarrte, umso mehr zeigte sich die kleine Veränderung in seinem Gesicht. Doch noch bevor er den Mund aufmachen konnte, stand auch schon der Türsteher hinter ihm, packte ihn am Kragen und warf den aufdringlichen Penner samt Anhang hinaus. Der blonde kleine Ganymed würdigte Leander keines Blickes sondern schnaubte nur zufrieden. Und leider war er auch schon wieder abgetaucht, Leander konnte ihn für den Rest des Abends nicht mehr ausmachen. „Wir haben es gekauft!“ Jeremy strahlte über das ganze Gesicht, sein Grinsen wirkte fast schon überwältigend. Die Besichtigung war erst einige Tage her und sie hatten das verdammte Gebäude schon gekauft...? „Yannis hat uns geholfen! Stell dir vor, er kannte den Makler! Ist das nicht großartig? Wir haben es für einen Spottpreis bekommen!“ Leander stand unter der rauschenden Dusche und starrte Jeremy eine Weile lang an, während ihm das Wasser über das Gesicht lief. „Das ist ja alles schön und gut …“, begann Leander, „… aber falls du es nicht gemerkt hast, ich stehe nicht nur gerade unter der Dusche, sondern versuche mir in Ruhe einen runter zu holen!“ Seine Augen wurden zu schmalen, grauen Schlitzen. „Also zieh dich aus und spring hier rein oder verschwinde und warte bis ich fertig bin!“ Erst eine halbe Stunde später stand Leander im Raum, das Wasser perlte ihm noch vom Haar und wurde von dem Handtuch verschluckt, das er um seine Hüften trug. Die Koffer waren bereits allesamt gepackt, Edy hatte noch in der Nacht einen Großteil der Sachen in die neue Pension verfrachtet. „Es ist doch noch eine Baustelle, oder?“ Jeremy zog den Reißverschluss der Sporttasche zu und grinste noch immer so breit vor sich hin. „Schon, aber wir kommen schneller voran, wenn wir dort bleiben. Davon abgesehen ist unsere Frist hier so oder so abgelaufen.“ Leander hockte sich auf eine der gepackten Taschen, die in ihrem ehemaligen Schlafzimmer standen, es lagen noch zwei Rucksäcke und ein kleiner Koffer im Raum. Die Wohnung war zwar ohnehin fast nackt gewesen, aber jetzt wirkte die leere Wohnung noch verwahrloster. „Und wer ist dieser Yannis nochmal?“ Leander kratzte sich dezent zwischen den Beinen, es störte ihn nicht, ob er Jeremy einen Einblick unter das Handtuch gewährte. „Das hab ich dir doch schon gesagt! Der Junge aus der Bar! Du hörst nie zu!“ Leander verzog die Lippen. „Du erzählst mir auch in den ungünstigsten Momenten von irgendwelchen Dingen!“, knurrte er. Jem griff hinter Leander nach dem Regal, in dem noch das eine oder andere Kochbuch von Edy lag. Und in dem Moment, indem er das tat, griff Leander nach den Hüften des anderen und ließ ihn auf seinen Schoß plumpsen. „Welche Bar?“, wollte Leander wissen und vergrub das Gesicht an Jeremys Hals. Er roch immer so wundervoll dezent nach diesem teuren Parfüm, dessen Name Leander einfach nicht einfallen wollte. Aber er hatte es schon mehrmals bei anderen Männern gerochen, mit denen er es getrieben hatte. Dementsprechend begann sich etwas bei ihm zu regen. Jeremy schlug ihm leicht mit der Faust gegen den Kopf. „Aus dem Black Hills, du Idiot! Ich hab dir doch von ihm erzählt, dieser blonde süße Typ, der wie ein kleiner Wirbelwind durch den Laden fegt.“ Gerade hatte Leander die Lippen geöffnet, wollte an der weichen Haut von Jeremys Hals entlang lecken, als er erstarrte. „Wie?“ Seine grauen Augen huschten hoch, in Jeremys Gesicht. „Du kennst ihn also!“ Jeremy grinste jetzt wieder so breit, versuchte zeitgleich das Gesicht dieses Spinners von sich wegzudrücken. „Er ist ungefähr so groß …“ Jeremy hielt sich die Hand bis knapp über die Brust. „… hat blondes Haar und schöne blaue Augen. Ich versuche ihn die ganze Zeit über anzuwerben.“ Leanders Mund klappte auf. „Spinnst du?“ Jem erhob sich, endlich hatte sich der Griff gelockert. „Wieso?“ Sofort wurde der Druck von Leanders Hand etwas fester, versuchte Jem wieder an sich heran zu ziehen, während dieser sich von ihm wegdrückte. Ein kleiner Machtkampf entstand, doch keiner von den beiden wollte nachlassen. Im Gegensatz zu Jeremy wusste Leander genau wem das Black Hills gehörte, der Türsteher hatte es ihm ja verdeutlicht. Und wenn Jeremy einen Mitarbeiter dort abwerben würde und Leanders Name dabei ins Spiel kam, würde es gefährlich werden. „Der Kleine arbeitet für meinen alten …“ Er verstummte kurz, sollte er Jeremy davon erzählen? Auch wenn der Amerikaner bereits so einiges von ihm wusste, Details hatte Leander vorsichtshalber ausgelassen. „Für deinen alten …?“ Jem neigte leicht den Kopf, erwartete eine Antwort und ließ Leander dabei nicht eine Sekunde aus den Augen. „… für meinen Alten eben.“ Jeremy hob eine Augenbraue. „Für deinen Vater? Ich wusste gar nicht, dass du Kontakt zu ihm hast? Das hast du mir nie erzählt.“ Leander versuchte sofort vom Thema abzulenken, langsam wurde es unangenehm. Je weniger Jem wusste, umso besser. Sofort griffen seine Hände wieder härter zu, er zog Jeremy dichter an sich heran und leckte sich über die Lippen. Seine Zungenspitze berührte das kleine Piercing an seiner Lippe. „Lass uns erst mal sehen, was für einen Schrott ihr euch da angelacht habt, dann reden wir irgendwann über das Personal. Das übrigens nicht eingestellt wird, bevor es meiner Kontrolle unterzogen wurde.“ Leander beugte sich nach vorn, seine Lippen berührten die weiche Haut an Jeremys Schlüsselbein. Eigentlich hatte er sich ja vorgenommen Jeremy einmal herum zu kriegen, aber irgendwie ging das jedes Mal daneben, verdammt nochmal. So wie auch jetzt. Jem grinste wieder breit, drückte Leander von sich. „Ich geh jetzt hin, komm doch mit!“ Leander knurrte hörbar und biss in Jeremys Hand, die der junge Amerikaner mit einem kleinen Lachen zurück zog. „Los, beweg dich! Die restlichen Koffer müssen auch langsam verschwinden!“ „Die eine Woche hätten wir noch bleiben können!“ Leander brummte wie ein griesgrämiger Bär. Dass Jeremy ihm über den Kopf streichelte, machte es nicht besser. „Jetzt stell dich nicht so an und beweg dich!“ Leander half Jeremy gerade dabei die Koffer auszuladen. Es war später Mittag und die Sonne brannte unbarmherzig auf sie hernieder. „Scheiße, ist das heiß!“, keuchte Leander und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Jem grinste nur und zuckte mit den Schultern, hievte die Sporttasche aus dem Kofferraum und schulterte sie. „Wir müssen nur ein kleines Stück nach oben laufen.“ Leander wollte gerade verächtlich schnauben, da bemerkte er eine Regung in den Augenwinkeln. Der Taxifahrer hatte sie so weit hinauf gebracht, wie er gekommen war. Um nach Plaka hinein zu kommen, mussten sie ein kleines Stück laufen. Leander erstarrte, die Gestalt, die ihn aus einer schmalen Gasse heraus beobachtete, winkte ihn zu sich. Und auch, wenn er das Gesicht kaum erkannte, ahnte er schon wer das war. „Können Sie ihm mit den Koffern helfen?“ Leander hatte den Taxifahrer auf Englisch angesprochen und ihm einen Fünfziger in die Brusttasche gesteckt. Der Mann hatte sofort genickt und sammelte die Taschen ein. Jeremy hob verblüfft die Augenbrauen. „Was ist los, kommst du nicht mit?“ Leander grinste entschuldigend. „Geh du schon vor, ich komme gleich nach, hab noch schnell was zu erledigen.“ Jeremys Blick wurde skeptisch. „Die Straße runter wohnt ein Bekannter, der hat Ahnung von Häusern. Außerdem treibt sich hier irgendwo ein guter Fliesenleger herum. Du hast doch gesagt, dass du einen brauchst.“ Jeremy musterte Leander noch immer auf eine leicht unangenehme Weise, nickte dann aber. „Okay, beeil dich.“ Und erst als Jeremy und der Taxifahrer aus seinem Blickfeld verschwunden waren, bewegte er sich auf die Gasse zu. Das war einer von Frankys Jungs. Er kannte diesen Kerl. Ein kleiner, unscheinbarer Asiate mit mandelförmigen Augen, so dunkel wie zwei Kohlestücke. Eigentlich hatte er gedacht, dass er es sich einbildete. Oder hatte es sich erhofft. Denn seit ein paar Tagen spürte er deutlich, dass man ihn verfolgte. „Franky will dich sehen.“ Mit einem Gesicht, als habe man es in Stein gemeißelt, betrachtete er Leander. Schließlich wandte er sich ohne weiteres ab und deutet e mit einem Nicken die Gasse hinunter. Und ohne sich noch einmal umzudrehen, um zu schauen ob Leander ihm auch folgte, bewegte er sich zwischen den eng beieinander stehenden, weißen Häusern vorbei. Schmale Stufen führten hinunter und kaum traten sie auf eine Straße hinaus, sah Leander dort einen schwarzen Geländewagen stehen. Die Fenster waren getönt, man ahnte nicht einmal ansatzweise wer dort drin sitzen mochte. Dem Asiaten wurde die Beifahrertür geöffnet, er stieg ein und Leander blieb allein draußen zurück. Das Fenster schob sich langsam hinunter, der Geruch nach Leder und schwerem Whisky umwehte ihn fürchterlich. Franky lächelte ihm entgegen. „Ich hab ja gehört, dass du auf Entzug warst, Días hat es mir erzählt. Aber eigentlich hatte ich jetzt ein richtiges Wrack erwartet.“ Leander blieb ruhig vor dem Wagen stehen. Seine Augen regten sich kaum. „Was willst du?“ Franky hob eine Augenbraue, noch blieb das Lächeln bestehen. „Werd ja nicht frech, mein Süßer.“ Leander knirschte innerlich bereits mit den Zähnen. „Ich habe allen Grund wütend auf dich zu sein, meinst du nicht? Nach dem letzten Scheiß, den du mit mir abgezogen hast!“ Franky öffnete die Tür. „Steig ein, lass uns nicht auf der Straße darüber reden.“ Aber Leander blieb regungslos stehen. „Ich hab dir bereits gesagt, dass ich nicht mehr für dich arbeiten werde.“ Jetzt verschwand das Lächeln langsam aus Frankys Gesicht. „Wenn du heute deine Freiheit genießt, dann nur weil ich so gnädig war und dich gehen lassen habe. Aber du vergisst, dass dein Leben in meinen Händen liegt. Deine Eltern waren es, die dich an mich verkauft haben. Also gehörst du immer noch mir und ganz besonders dann, wenn ich es will.“ Leander ballte eine Hand zur Faust und stieg schließlich in den Wagen ein. Er wusste, dieses Arschloch würde ihn bis ans Ende seines Lebens verfolgen. Die Tür des Geländewagens schlug zu. Franky beobachtete Leander, der dicht neben ihm saß. „Vergiss niemals, Leander, dass du immer noch mir gehörst. Es spielt keine Rolle wie sehr du dich dagegen sträubst.“ Seine Hand streckte sich aus, er berührte Leanders Kinn, nahm es zwischen Daumen und Zeigefinger. „Ich habe dir versprochen, dass ich dir keine Aufträge mehr geben werde. Das bedeutet jedoch nicht, dass ich dich einfach so gehen lasse.“ Wieder zeigte sich ein Lächeln. „Wie könnte ich?“ Er zog Leander dichter an sich heran. Und auch wenn sich sein Körper wehren wollte, er tat es nicht. Denn Franky war zu mächtig und wenn er sich auf ein kleines Kräftemessen einließ, dann nur, weil er mit Leander spielte und sich lediglich über die kleine, rebellische Ader amüsierte. Ihre Lippen berührten sich fast, die andere Hand legte sich auf Leanders Oberschenkel. „Ich habe dir mein Wort gegeben, von nun an werde ich dir keine Aufträge mehr geben, aber glaub ja nicht, dass du so einfach von mir loskommen kannst.“ Leander biss sich leicht auf die Unterlippe, seine Zähne bohrten sich langsam in die empfindliche Haut. „Wage es also nicht, dich zu weit aus dem Fenster zu lehnen. Wenn ich nach dir schicke, hast du meinem Ruf zu folgen, egal wann. Und wenn ich etwas von dir verlange …“ Die Hand auf Leanders Oberschenkel glitt langsam höher. „… dann wirst du es tun, ohne dich mir zu widersetzen. Hast du verstanden?“ Seine Stimme war kalt, ebenso wie seine Augen. Leander hatte die Brutalität dieses Mannes schon mehrfach erlebt, gelegentlich auch am eigenen Leib, als er noch jünger gewesen war, wobei sich Franky weniger an ihm vergriffen hatte, als an den anderen Kindern. Franky war schon immer heiß auf ihn gewesen und vielleicht hatte Leanders schönes Gesicht ebenso dazu beigetragen, ein halbwegs angenehmeres Leben zu führen, als die anderen. Auch wenn dieser Vorteil die Grausamkeiten, die ihm widerfahren waren, nicht besonders abgeschwächt hatte. „Was willst du von mir?“ Franky begann wieder zu lächeln. „Ich hatte Sehnsucht nach deinen Raubtieraugen“, hauchte er und beugte sich tiefer über Leander, drängte ihn in den Ledersitz zurück. Sein Handy begann zu summen und vibrierte etwas stärker, bevor es anfing irgendeine behämmerte Melodie vor sich hin zu dudeln. Müde öffnete Leander ein Auge und suchte tastend mit der Hand über den Boden. Er lag mit dem Bauch auf dem Bett und regte sich nur sehr schwerfällig. „Ja …?“, knurrte er in den Hörer. Jeremys Stimme explodierte an seinem Ohr. „Wo zum Teufel steckst du? Ich warte seit vier Stunden auf dich!“ Ein bitterer Nachgeschmack lag ihm schwer auf der Zunge. Seine Glieder wollten ihm kaum gehorchen und fühlten sich an, als bestünden sie aus Blei. Er hob schwach den Blick und sah sich um. Franky hatte ihn in irgendein super teures Hotel geschleppt ... Trotz der empörenden Größe des Schlafzimmers befand sich das runde, weiße Bett völlig nackt in der Mitte des Raumes. Die schweren, dunkle Vorhänge waren weit geöffnet und präsentierten ihm die Abgeschiedenheit des siebten oder achten Stockwerkes. Warmes Licht, das sich durch die transparenten Gardinen brach, kündigte den späten Nachmittag an. Der durchsichtige Stoff bewegte sich langsam, fast betörend. Was für eine absolute Ironie! Er hatte wirklich geglaubt seinem alten Leben entfliehen zu können, Jeremy hatte ihm neue Hoffnung geschenkt. Eine Hoffnung, die er und Jeremy so mühevoll zum Leben erweckt hatten, hatte Franky innerhalb weniger Minuten zerschmettert. „Ich bin einem alten Freund begegnet“, begann Leander langsam. Es schnürte ihm die Kehle zu. „Und der wollte, dass ich noch ein wenig bleibe. Seid ihr in der Pension?“ Die Last, die er auf seinen Schultern trug, presste ihn immer tiefer und tiefer ins Laken. Er wusste er spielte nicht nur Jeremy etwas vor, sondern auch sich selbst. Natürlich war der Gedanke an Freiheit, so absonderlich er Leander in seiner Großartigkeit erschienen sein mochte, wundervoll verlockend gewesen. Aber im Endeffekt war es nichts weiter als nur eine reine Illusion. Jeremy schwieg, ebenso wie Leander. Ein gequälter Ausdruck trat in sein Gesicht, er hörte Jeremy enttäuscht seufzen. Einen Moment lang war er versucht Jeremy alles zu beichten, aber er konnte es nicht. „Hast du wieder was genommen?“, wollte Jeremy nur wissen. Jeremys Frage zerriss ihm das Herz. „Nein …“, antwortete er wahrheitsgetreu. Dennoch ahnte Jeremy schon, dass Leander ihm nur die halbe Wahrheit offenbarte. „Sei vorsichtig und melde dich, wenn etwas ist. Wir bleiben mit Edy hier und besorgen langsam das Material.“ Das Handy begann fürchterlich zu zittern, Leander kniff die Augen zu. Ein dicker Kloß setzte sich in seinem Hals fest. Warum hatte er sich nicht einfach von Franky losreißen können, um das verführerische Leben in Freiheit zu führen, das Jeremy ihm versprochen hatte? Er wollte etwas erwidern, aber er konnte es nicht. Zu deutlich spürte er Jeremys Enttäuschung. Und dieser musste die Leanders spüren. Nie hatte Jeremy ihn etwas über sein altes Leben gefragt und tat es auch jetzt nicht. „Sieh nur zu, dass du rechtzeitig nachhause kommst und unterwegs keinen Mist baust.“ Leander presste sich die Faust gegen die Augen, das Zittern breitete sich immer schneller aus, bis er es nicht mehr kontrollieren konnte. Nachhause? Wie konnte er nur nach Jeremys Hand greifen, solange Franky seine Zähne in Leanders Fleisch geschlagen hatte? „Jem …“, begann Leander. Fast hätte er den Mund geöffnet, fast hätte er ihm alles gebeichtet. Aber da öffnete sich die Tür des Badezimmers und Franky kam herein. Nackt, wie er war, betrat er das Schlafzimmer, das Wasser lief ihm vom Haar über die Schultern, glitt in kleinen Rinnsalen an seinen straffen Oberschenkeln herab. Sein Körper strahlte eine beunruhigende Gelassenheit aus und Leander wusste, was jetzt kommen würde. Auf der gegenüberliegenden Seite des Bettes stand ein Glastisch, davor eine weiße Ledercouch mit dunkelgrauen Polstern. „Ja?“, kam es von Jeremy zurück. Mit ruhigen Augen verfolgte er jede Regung mit. Franky angelte nach seiner Hose, kramte eine kleine, silberne Dose hervor, in der er für gewöhnlich sein Koks aufbewahrte. Mit flinken, fachmännischen Handgriffen hatte er etwas weißes Pulver auf den Glastisch gestreut und begann den kleinen Haufen mit Hilfe eines Messers zu einer feinen, weißen Linie zu formen. Franky hob den Kopf und grinste Leander an. Mit einem knappen Nicken deutete er Leander ihm Gesellschaft zu leisten. Leander knirschte mit den Zähnen, sein Herz begann wilder zu schlagen, bevor es von einer eiskalten Hand umschlossen wurde. Franky wedelte mit dem Messer. „Komm her!“ Er wollte das alles nicht … Am liebsten wäre er aufgesprungen, zum Balkon gerannt und hätte sich hinunter gestürzt. Das, was seine Seele brechen ließ, war Frankys Anblick und Jeremys Stimme zeitgleich an seinem Ohr. Sein altes Leben, das ihn zerstörte und das neue, das er niemals erreichen würde. Selbst nicht, wenn jemand wie Jeremy ihm helfen wollte. „Ich komme vor morgen nicht zurück.“ Was brachte ihm der schönste Engel, wenn ihn der Teufel persönlich in die Hölle ritt? Kapitel 6: Vertrauen -------------------- Langsam schleppte er sich hoch, er war schon öfter in Plaka gewesen, aber es fiel ihm nicht besonders leicht das beschriebene Objekt auf Anhieb zu finden. Das blaue Tor, an dem bereits die Farbe abblätterte, wirkte nicht sehr einladend. Dennoch schob er die Tür auf und schielte hinein. Einmal durch das Tor getreten, fand man sich in einer Art großem Vorgarten wieder. Es wirkte ziemlich verwahrlost, aber mit viel Geld und viel Fantasie würde man hier so einiges rausholen. Dass Jem die nötige Fantasie besaß, hatte er schon bewiesen, indem er diese Bruchbude gekauft hatte, ob er aber das nötige Geld haben würde, war fraglich. Drei Gestalten saßen vor dem Gebäude und veranstalteten ein kleines Picknick. Jem war der erste, der reagierte. Kaum erspähte er Leander, begann er auch schon breit zu grinsen. „Leander!“, rief er laut und winkte ihn herbei. Langsam kam er auf die Jungs zu, da saß jemand, den er nicht kannte. Von hinten erkannte er lediglich einen blonden Schopf. „Ihr Idioten habt es wirklich getan?“ Er grinste und hob dabei die Augenbraue. Sein Blick war auf das Gebäude gerichtet, wanderte schließlich umher und betrachtete neugierig das Stückchen Erde, auf dem Jeremy seine Träume aufbauen wollte. „Er war nicht mehr aufzuhalten!“, brummte Edy mal wieder vor sich hin. Und dann erblickte er das Gesicht des Fremden. Und kaum begegneten sich ihre Blicke, traf ihn regelrecht der Schlag. Er hatte es ja vorher schon geahnt, besonders als Jeremy ihm von dem jungen Mann erzählt hatte. Aber ihn in seiner vollen Pracht hier sitzen zu sehen, überrumpelte ihn dann doch ein wenig. Schnell setzte er sein Pokerface auf, um seine Freude nicht allzu offensichtlich an den Tag zu legen. „Hey!“ Leander ließ sich ihm gegenüber auf den Rasen sinken und betrachtete das schöne, androgyne Gesicht mit einem kleinen Lächeln, das fast zu einem breiten Grinsen mutiert wäre. Hier bei Tageslicht wirkte er noch viel betörender. „Du musst Yannis sein.“ Er spürte Edys finsteren Blick und schenkte ihm ein kurzes Grinsen. „Ja …“, kam es nur zögerlich zurück. Himmel, diese Augen wirkten ja noch viel verführerischer als in der seichten Dunkelheit der Bar. „Ich bin Leander.“ Er streckte ihm die Hand entgegen und der Kleine nahm sie in seine. Er wirkte nicht mehr wie der selbstbewusste Kellner mit der großen Klappe aus dem Black Hills, sondern völlig verschüchtert. Seine Augen huschten immer mal wieder in Leanders Gesicht, bevor er sie niederschlug und verlegen zur Seite blickte. Scheiße, war der süß! „Leander ist nur zur Hälfte Grieche, sieht man ja an seiner hässlichen Fratze!“ Edy musste ja unbedingt wieder das Maul aufmachen! Und irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass der Italiener eifersüchtig wurde. Leander lachte nur. „Seit wann zeigst du mir deinen Neid so offen, alter Mann?“ Sein Magen knurrte wild, er spürte Jeremys Blicke auf sich, reagierte aber nicht darauf, sondern nahm sich etwas von dem kleinen Picknick, das die Jungs vor sich ausgebreitet hatten. Es gab Käse, Oliven, frisches Brot und allerhand anderer leckeren Sachen. Vor allen Dingen das Gebäck wirkte gerade äußerst verlockend. „Hast du was gefunden?“, hakte Jeremy schließlich nach. Leander schob sich das Gebäck in den Mund und nickte langsam. Es knisterte zwischen ihm und Jem. Denn Jeremy wusste, dass Leander ihm etwas verschwieg. Und Leander wusste ebenso gut, dass Jeremy etwas ahnte. „Hab einen Fliesenleger gefunden, der macht es zum halben Preis. Ist ein guter Freund meines Alten.“ Er schielte ein wenig nach oben und sah ein breites Lächeln in Jeremys Gesicht. Ob er wollte oder nicht, er grinste sofort mit. Eine Lüge war es ja nicht. Der Fliesenleger wohnte zwar nicht in Plaka, aber Leander hatte ihn, in Frankys Namen und natürlich ohne dessen Wissen, mit dem Job beauftragt. Der Mann hatte sofort zugesagt und so gut wie gar kein Geld verlangt. Klar, immerhin war Frankys Name mit im Spiel. Eine Weile unterhielten sie sich über den Zustand des Hauses, Leander fragte nach Details, damit er ungefähr überlegen konnte, wen er noch alles anheuern musste. Und Franky würde sicher nichts dagegen haben, der verdammte Bastard. Der nahm Leander selten etwas übel. Es sei denn er machte sich ohne ein Wort aus davon. „Der Fliesenleger muss nur wissen was an Material und wie viel davon da ist.“ Leander grinste. Schließlich erhob sich Jeremy und klopfte sich den Staub von den Klamotten. „Warte, ich muss nochmal genau nachsehen, wie viele Fliesen wir bestellt haben!“ Der kleine Yannis hatte die ganze Zeit über nur stumm dagesessen und hatte dem Gespräch gelauscht. Nach Jeremy sprang auch Edy auf und streichelte Yannis über den Kopf, so wie man es bei kleinen Hunden tat. „Danke für das Essen, Kleiner.“ Irgendwie wirkte das Kerlchen ziemlich verschüchtert, als die beiden anderen in das Haus stürmten und ihn mit Leander zurück ließen. Zumindest waren die sehnsüchtigen Blicke kaum zu übersehen, die er den Jungs nachgeworfen hatte. „Du versorgst die beiden also?“ Es amüsierte ihn prächtig zu sehen, was für einen Einfluss seine Anwesenheit plötzlich auf die so wundervolle Gestalt hatte. In der Bar hatte er Leander nicht einmal ansatzweise Beachtung geschenkt. Okay, er kannte schon so einige Reaktionen, die er gelegentlich bei anderen auslöste, aber der Kleine hier war wohl ein Mysterium für sich. Zuerst hob sich der Kopf, er versuchte Leanders Blicken stand zu halten, senkte dann aber wieder die Lider, fast so als könne er Leander nicht lange genug ansehen. Ob es daran lag, dass ihm ein paar versaute Gedanken durch das süße Köpfchen schwirrten, oder die Angst davor, dass Leander diese erkennen konnte, wusste er nicht. „Ja, ich … kenne sie eigentlich noch gar nicht so lange. Jeremy hat mich in der Bar angesprochen, in der ich arbeite …“ „In welcher Bar arbeitest du denn?“ Langsam aber sicher überkam ihn die leise Vermutung, dass Leander ihm nicht aufgefallen war. „Im Black Hills …“ Er schielte zu Leander hoch „Ich war nur ein oder zweimal dort, ist aber ein geiler Laden.“ Leander grinste breit. Der Kleine machte einen erleichterten Eindruck, selbst seine Schultern sackten hinunter, fast so als fiele eine schwere Last von ihnen. „Gute Stimmung, die Musik ist auch klasse.“ Da entdeckte er ein paar Tickets, die er auch schon prompt in die Hand nahm. „Oho!“ Eine orientalische Nacht im Black Hills! Ob Yannis mit zur Show gehören würde? „Ich … kann dich noch mit reinbringen, wenn du Lust hast.“ Um ehrlich zu sein gefiel ihm das zurückhaltende, scheue Verhalten unheimlich gut. Der Kleine wirkte gleich noch viel süßer und vielleicht war es diese kleine Unschuld, die Leander anzog. „Gerne, tanzt du denn auch mit?“ Er grinste. Jetzt konnte er die kleine Farbexplosion in Yannis‘ Gesicht erkennen. Die Röte kroch seinen Hals hinauf, schoss ihm in die Wangen und erreichte fast schon die Haarspitzen. Verdammte Scheiße, fast hätte er aufgelacht! Das gab’s doch nicht! War das derselbe freche Kellner aus dem Black Hills, der fröhlich mit seiner Kundschaft flirtete und Leute hinaus warf, die größer und breiter waren als er selbst? „Sorry, das war nicht so gemeint! Ich geh mal nachsehen, was die Jungs so treiben. Wir sehen uns!“ Schnell erhob er sich auf die Beine. Er musste verschwinden, er ertrug es kaum noch in dieses süße, unschuldige Gesicht zu sehen! Gleich würde er loslachen, ganz bestimmt! Nur ungern ließ er Yannis so zurück, aber es fiel ihm unheimlich schwer sich unter Kontrolle zu halten. Verflucht, der Kleine war scharf auf ihn! Kaum betrat er die Bruchbude, kam ihm Jeremy auch schon entgegen. Seine Augen durchbohrten Leander schon wieder so scharf, das Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. „Du hältst dich doch an unsere Abmachung?“ Leander versuchte zu Lächeln. „Natürlich.“ Jeremys Gesicht wirkte keinesfalls skeptisch, er glaubte Leander. „Gut … denn du weißt, ich habe viel in diese Sache investiert.“ Er war doch kein Idiot, das wusste er. Immerhin hatte er einen Großteil der Kohle, die eigentlich für die Renovierungen gewesen war, in Leanders Schuldenberg gesteckt. Sein rechter Mundwinkel zuckte hoch. „Ich weiß.“ Franky hatte ihn dazu aufgefordert, einen Zug zu nehmen. Und fast hätte Leander nachgegeben. Hätte Jeremy zu dem Zeitpunkt nicht angerufen, hätte Leander seine Stimme nicht gehört, hätte er es vermutlich sogar getan. Noch konnte er Franky entkommen, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis Leander ihm nicht mehr standhalten konnte. „Wenn ich jemals wieder abstürze, tue ich es ohne dir zu schaden.“ Ein kleines Lächeln zeigte sich auf Leanders Lippen. Jetzt verzog Jeremy das Gesicht. „Erzähl keinen Scheiß, du wirst nicht abstürzen!“ Jeremy war so unheimlich süß, Leander schnaubte belustigt durch die Nase. Seine Hand streckte sich aus, legte sich auf Jems Hinterkopf. „Wenn mir jemand von der Existenz eines Menschen wie dir erzählt hätte, hätte ich ihn ausgelacht. Und weißt du warum?“ Jeremy sah ihm aus seinen schönen braunen Augen ins Gesicht. „Ich hätte gedacht, dass es keinen Menschen auf dieser Erde gäbe, der jemandem wie mir die Hand reicht ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Denn bisher habe ich nur Schatten über diese Welt tanzen sehen.“ Leander bemerkte nicht wie seine Mundwinkel langsam hinunter sackten. Seine Hand glitt nach vorn, streichelte über Jeremys Wange. „Mach dir nicht die Finger allzu sehr schmutzig an mir, Jem. Das lohnt sich nicht ... denn eines Tages werde ich, ob gegen meinen Willen oder nicht, von deiner Seite verschwinden.“ Jeremy zog die Hand von seiner Wange. „Dann wirst du ein Problem haben …“ Leander lächelte schwach. „Warum?“ „Weil ich dich jagen werde, um dich an meine Seite zurück zu holen.“ Er streckte seinerseits die Hände aus, schlang sie um Leanders Nacken und zog ihn dicht an sich heran. Er wollte etwas erwidern … aber es gelang ihm nicht wirklich. Völlig überrumpelt ließ er sich umarmen, starrte einen Augenblick Löcher in die Luft. „Du weißt schon, dass du nicht die Reinkarnation von Mutter Theresa bist, ja?“ Leander wollte, dass Ironie und Sarkasmus aus seiner Stimme trieften. Warum aber klang er dann so heiser und so völlig erbärmlich? Wie von selbst erwiderte er den Druck, schloss die Augen und versuchte sich sein neues Zuhause vorzustellen. Ein Zuhause und ein Leben, das er vielleicht nicht lange genießen würde. Niemand hatte ihm Fragen gestellt, man vertraute ihm einfach. Auch wenn er sich nicht erklären konnte, woher dieses Vertrauen kam. Jeremy baute auf ihn. Doch zur selben Zeit begannen ihn Frankys Jungs aufzulauern. Manchmal sah er sie, sie folgten ihm. Und manchmal entdeckte er sie nicht. Mehr als rege, flüchtige Bewegungen im Hintergrund erkannte er sie nicht. Es ging weniger darum, dass Franky ihn im Auge behalten wollte, sondern eher darum, dass er Leander ganz unverhohlen zeigte, wem er gehörte. Er versuchte sie zu ignorieren, aber es wurde immer schlimmer. Dass Leander nicht mit ihm gekokst hatte, hatte Franky ihm anfänglich nicht übel genommen. Im Gegenteil, der Kerl hatte ihn einfach nur angestarrt, hatte den Kopf zurück geworfen und hatte angefangen laut loszulachen. „Ich hab da keinen Bock mehr drauf …“, hatte er nur gesagt und sich neben Franky gesetzt. Franky hatte so herzlich gelacht, dass ihm die Tränen gekommen waren. Aber Leander hatte ihn beharrlich zurückgewiesen. Die Scheiße mit dem Entzug war schon hart genug gewesen. Nur war es eine Frage der Zeit, bis Franky ihm etwas unterjubeln würde und gerade das machte seine Lage gefährlicher. Ein harter Klaps traf ihn auf dem Hinterkopf. Er legte den Kopf leicht in den Nacken, hob die Hand an, um seine Augen vor dem grellen Licht der Sonne abzuschirmen, das sich in Edys Rücken brach. „Was hockst du hier so faul herum?“, knurrte der Italiener und hatte dabei einen Sack geschultert. Leander schnaubte. Es war so unheimlich heiß, dass er sich eine kleine Pause gegönnt hatte. Der Rasen auf der Rückseite des Hauses war mittlerweile so hoch gewachsen, dass es Leander fast verschlungen hatte. „Was hast du vor?“, wollte Leander wissen. Edy verlagerte seine schwere Last auf die andere Schulter. „Der Estrich im ersten Stock muss neu gelegt werden. Ich weiß nicht welche Schlampe da oben am Werk war, aber der Boden unter den Dielen ist völlig hinüber!“ Er wischte sich mit der anderen Hand den Schweiß von der Stirn. Leander erhob sich auf die Beine und wollte Edy den Sack abnehmen, aber der schüttelte den Kopf. „Wir brauchen eine Estrichpumpe.“ Dem armen Kerl lief der Schweiß über die Stirn. „Meinst du, die können wir irgendwo besorgen?“ Das war wohl das erste Mal, dass die beiden vernünftig miteinander sprachen. Leander überlegte kurz. „Ich schätze schon, warte mal …“ Schnell zückte er sein Handy, ging im Kopf ein paar Namen durch, die ihm behilflich sein könnten. Edy ließ den Sack einen Augenblick lang sinken, kniete sich selbst zu Leander hinunter und drückte das Handy hinunter, bevor Leander eine Nummer wählen konnte. Leander hob erstaunt den Kopf, beide Männer blickten einander lange ins Gesicht. „Wenn Jeremy einmal einem Menschen vertraut, dann ist es meist begründet“, begann er langsam, ohne Leander aus den Augen zu lassen. „Bisher hab ich die Wahl seiner Bekannten und Freunde nie in Frage gestellt, aber bei dir bin ich mir nicht so sicher und weißt du warum?“ Leanders Erstaunen wuchs immer weiter an. „Weil du so undurchschaubar bist.“ Sein Blick war nicht anklagend, sondern durchbohrte Leander mit einer für Edy untypischen Gelassenheit. „Ich weiß nicht wie es hinter deiner Fassade aussieht, aber hier kommt meine Warnung.“ Seine Mundwinkel zuckten leicht. Vielleicht genoss er auch den verwirrten Anblick, den Leander ihm bot. „Wenn du ihn enttäuschst, dann überlege dir vorher, ob du auch mit dieser Last leben kannst. Jeremy ist kein Idiot. Er weiß, dass du Leichen im Keller hast, aber er spricht dich nicht drauf an. Er sieht dich als der Mensch, der vor ihm steht und ignoriert den Schatten, der dir auf den Fersen folgt. Weil er an dich glaubt, kapiert? Wenn du also mal auf dumme Gedanken kommst, denk daran, wer dich vor dem Knast bewahrt und dir eine Chance gegeben hat, dich als Mensch zu beweisen.“ Ohne eine Antwort abzuwarten erhob er sich auch schon wieder. „Und jetzt beweg deinen hässlichen, knochigen Arsch und sieh zu, dass wir irgendwo die Maschine günstig gemietet bekommen. Diese Baumarktmischung wird uns noch den letzte Cent aus der Tasche saugen!“ Noch während Edy mit dem Sack, den er erneut geschultert hatte, in Richtung Haus ging, fluchte er über den Zustand des Hauses und auch über den Bastard von einem Makler. Leanders Augen versanken in weiter Ferne, noch während sie auf Edys Rücken gerichtet waren. Er wollte sich gegen Edys Worte wehren, er wollte beteuern, dass er Jeremy nie verraten würde. Aber er konnte es nicht. Selbst dieser elende Choleriker hatte bereits die Unsicherheit in Leanders Augen erkannt. Genervt rieb er sich das Gesicht, atmete schwer aus. Er war nicht undankbar, besonders nicht, weil er doch zu schätzen wusste, was Jeremy für ihn getan hatte. Dieser Narr hatte Leanders Schulden getilgt, er vertraute ihm so viel an. Viel zu viel eigentlich. Denn irgendwann würde der Tag kommen, an dem er sich nicht mehr gegen Franky wehren konnte. Wieder hob er das Handy an sein Ohr, lauschte dem Freizeichen. Irgendwann würde Franky ihn zerschmettern, denn gehen lassen würde er ihn niemals. Es lag nicht einmal daran, dass er Informationen an Dritte weitergeben würde, sondern eher daran, dass Franky ihn als seine Beute ansah, in die er zwar seine Zähne geschlagen hatte, doch auf widerliche und makabere Weise noch mit ihm spielte. Vielleicht, um zuzusehen, wie ihm langsam der Atem schwand, vielleicht auch nur, weil er sich daran aufgeilte Leander in einer aussichtslosen Lage zu sehen. Aber zappeln und um Gnade flehen würde er bestimmt nicht. Er ertrug das Leid, ohne auch nur einen Ton von sich zu geben. „Mist …“, brummte er leise und ließ sich zurück ins Gras fallen. Wolkenfetzen zogen über den strahlend blauen Himmel hinweg. „Leander!“, brüllte ihm jemand laut ins Ohr. Er blinzelte zunächst verwirrt, aber er erkannte, dass er ja noch das Telefon am Ohr hielt. „Was lachst du denn so bescheuert?“, fragte die gehetzte Stimme am anderen Ende der Leitung. Aus dem Hintergrund ertönte das laute, dröhnende Geräusch von arbeitenden Maschinen. Baustelle eben. „Ich brauch eine Estrichpumpe, hast du so was?“, fragte Leander zurück und lachte heiter. Die Stimme schwieg einen Moment, als würde sie überlegen. Im Hintergrund hörte man eine Säge kreischen. „Wie lange brauchst du sie?“ Wenn ich jemals wieder abstürze, tue ich es ohne dir zu schaden, das hatte er selbst gesagt. Also würde er Jeremy helfen, solange er in der Lage dazu war und seine Kontakte nutzen, um diese Pension verdammt nochmal auf die Beine zu bringen. Das war er ihm schuldig. „Wenn du mir jemanden schicken kannst, der sie bedient, würde es ziemlich schnell gehen. Ein sehr guter Freund braucht Hilfe, er baut eine Pension. Könntest du mir den einen oder anderen Mann entbehren?“ Er erhob sich rasch in eine sitzende Position. „Wir haben hier so einen dummen Italiener, der die ganze Arbeit macht, aber der ist schon so alt und verrostet, der kriegt kaum was auf die Reihe.“ Die Stimme schnaubte amüsiert. „Ich schaue, was sich machen lässt und melde mich gleich wieder.“ Vielleicht würde er die Eröffnung der Pension nicht miterleben, aber er würde Jeremy helfen so gut es ging. Kontakte hatte er zu genüge. Vielleicht schafften sie es also in diesem Sommer noch? Zufrieden und mit einem breiten Lächeln sprang Leander auf die Beine. Ein angenehmes, wohliges Gefühl übermannte ihn. Stolz war er, keine Frage. Immerhin wusste er, dass es durch seine Hilfe schneller voran gehen würde. Bisher war ihm nicht einmal in den Sinn gekommen, dass Jeremy und Edy kein Geld mehr hatten, weil sie ihm doch aus der Patsche geholfen hatten. Während die beiden sich hier alle Mühe gaben, eine Existenz zu schaffen, hatte Leander kaum etwas dazu beigetragen. Zumindest nichts, das die Prduktivität förderte. Die Situation mit Franky hatte ihm gezeigt, wie schnell er aus dieser kleinen Idylle gerissen werden konnte. Und deswegen musste er schnell handeln. Mit schnellen Schritten betrat er das Haus und horchte. Im ersten Moment war rein gar nichts zu hören, dann aber krachte es irgendwo. Selbst unten, im zukünftigen Foyer, hörte man Edy von oben her fluchen, toben und wild herum schreien. Gegenstände klirrten, etwas Hartes fiel zu Boden. „Edy!“, rief Leander durch das ganze Haus. „Was?!“, kam die gebrüllte Antwort von oben zurück. Leander stand am Treppengeländer und schielte nach oben. Niemand hatte bisher etwas von ihm verlangt. Sie hatten immerzu Rücksicht auf ihn genommen, selbst dieser blöde Edy. Sie hatten ihm Zeit gegeben, vermutlich weil sie wussten, wie schwer er es bis zuletzt gehabt hatte. Und er hatte diese Schonzeit als völlig selbstverständlich betrachtet, ohne, dass es ihm aufgefallen war. Verflucht, warum war ihm das nicht schon viel eher aufgefallen? Und warum hatten diese Narren ihn nicht um Hilfe gebeten? „Lass uns was trinken gehen!“ Erst herrschte kurzes schweigen, aber dann konnte Leander nur seltsames, zustimmendes Gemurmel hören. Er grinste über das ganze Gesicht, als Edy hinunter kam und sich die Hand an einem Tuch abwischte. Konnte sein eigenes Verhalten unter anderem der Grund für Edys immer häufiger werdenden Wutausbrüche sein? Die Tatsache, dass sie arbeiteten und Leander es sich fast schon zu gut gehen ließ? Natürlich, die Warnung eben hatte ja für sich gesprochen. „Wo ist Jem?“ Edy zuckte mit den Schultern. „Der schläft und träumt vermutlich gerade von seiner neuen Flamme!“ Mit einem knappen Nicken deutete er Leander gemeinsam hinaus zu treten. „Was denn für eine Flamme?“ Leanders Grinsen wurde breiter. „Irgendein Knirps, der bei ihm im Store arbeitet.“ Leander wurde stutzig. „Knirps?“ Gemeinsam traten sie hinaus. „Ich glaube der Name war Dylan.“ Mit einem skeptischen Blick schielte der Italiener dem anderen ins Gesicht. Vielleicht um zu sehen, ob Edys Worte Leander verletzt hatten. Dass sie etwas völlig anderes in dem jungen Mann mit den strahlenden, grauen Augen bewirkt hatten, konnte Edy nicht einmal ansatzweise ahnen. Leander lachte. „Dylan? Wie der Dylan McKay aus Beverly Hills?“ Edy verdrehte die Augen. „Warum fragt das jeder?“ Gemeinsam ließen sie sich auf den kleinen Hockern vor einem malerischen kleinen Café nieder. Warum er das tat? Nicht weil er glaubte, dass er Edy irgendwie beweisen musste, dass er kein schlechter Kerl war. Denn er wusste, dass er einer war. Nein. Er wollte den beiden etwas von dem zurück geben, was sie ihm geschenkt hatten. Edy erschien ihm noch äußerst vorsichtig, besonders wenn er an seinem Bier nippte. Gelegentlich schielte er Leander von unten herauf an. Und schien auf etwas zu warten. „Es tut mir leid...“, kam es schließlich von Leander. Edys Blick wurde schärfer, aber er schwieg und wartete darauf, dass der andere weiter sprach. „Ihr habt sehr viel für mich getan. Und ich weiß, du hättest nicht zugestimmt, wenn du Jeremy nicht vertrauen würdest. Vielleicht erscheine ich dir ja suspekt, daran kann ich nichts ändern. Aber ich wollte nie undankbar erscheinen.“ Man konnte deutlich sehen, wie Edys Mundwinkel zuckten. Darauf hatte er wohl schon etwas länger gewartet. Durch sein Schweigen vermittelte ihm der Italiener weiter zu sprechen. „Ich kann euch nichts aus meinem alten Leben offen darlegen und ich weiß ebenso, dass dies einer der Gründe ist, warum du mir nicht vertraust. Das erwarte ich aber auch ehrlich gesagt nicht von dir.“ Leander suchte nach den passenden Worten, nippte zwischendurch an dem kalten Bier, der in einem dünnen Faden durch seine Kehle abwärts glitt. „Aber ich will, dass du weißt, dass ich euch helfen werde, so weit es mir möglich ist.“ Er leckte sich über die Lippen. „Auch wenn ich dir nichts von meiner Vergangenheit erzählen kann, kann ich dir von meiner Gegenwart beichten.“ Er schwieg einen Moment, als der Kellner ihnen ein paar Snacks brachte und sprach erst weiter, als dieser wieder fort war. „Es gibt ein paar alte Bekannte, die mich jederzeit in mein altes Leben zurückstoßen können, ohne dass ich mich dagegen wehren kann.“ Edy hob eine Augenbraue. „Wer sind diese Bekannten?“ Leander schüttelte den Kopf. „Das kann ich dir nicht sagen. Aber ich stecke seit meiner Kindheit drin. Und ich sage dir jetzt ganz offen und ehrlich, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben wirklich befürchte, jemanden irgendwann zu enttäuschen.“ Edys harter Blick wurde etwas weicher, er nickte schwach. „Und wenn es einmal so weit kommt, dass ich verschwinde, dann möchte ich nicht, dass Jem nach mir sucht. Aber ich versichere dir, ich werde gehen, ohne euch zu schaden.“ Schnell versuchte er den Kloß in seinem Hals mit etwas Bier hinunter zu spülen. „Ich will, dass du darauf vorbereitet bist. Und deswegen erzähle ich dir das alles. Ich will, dass du weißt, dass ich euch unendlich dankbar bin. Jem hat mir vertraut und du hast ihn unterstützt. Denn ich bin mir sicher, dass du dich locker dagegen gesträubt hättest, hättest du an Jeremy gezweifelt. Du bist ein echt toller Freund...“ In einer anderen Situation hätte er die Verlegenheit in Edys Gesicht genossen. Aber im Augenblick ließ es ihn nur sanft lächeln. „Mach dir keine Sorgen, okay? Wenn ich irgendwann gehe, dann werde ich euch nicht schaden. Würde ich euch mehr erzählen, würde Jeremy nur weiter bohren und versuchen mich da rauszuholen. Aber der Endgegner ist einfach zu groß, verstehst du?“ Irgendwie hatte Leander schon erwartet, dass Edy bei diesen Offenbarungen richtig cool blieben würde. Das tat der Italiener auch, denn scheinbar hatte er sich schon einige Vermutungen zusammen gereimt. Sein Handy vibrierte, er warf einen Blick auf die Kurznachricht, die er erhalten hatte und begann wieder breit zu grinsen. „Morgen kommen zwei Männer mit der Pumpe, ich hab auch schon jemanden für den sanitären Bereich!“ Sein Grinsen wurde immer strahlender, die Zusage, die er von seinem Bekannten bekommen hatte, war großartiger ausgefallen, als er es sich hätte erträumen können. „Du sagst mir wen und was du brauchst und ich besorge dir die Leute!“ Edy wirkte jetzt fast schon richtig verwirrt. „Wie hast du das so schnell...“ Aber dann schüttelte er den Kopf und rieb sich das Gesicht. „...okay, ich werde nicht nachfragen. Aber ich bin froh, dass du mehr im Kopf zu haben scheinst, als es den Anschein hat.“ Das war schon das großartigste Kompliment, das Edy ihm wohl bereiten konnte. Und irgendwie gefiel das Leander absolut nicht. Er und Edy, das passte einfach nicht! Die ernste Stimmung, die nur ein paar Atemzüge angehalten hatte, verflog auch schon wieder. „Also ich denke mir einfach, dass du ja auch nicht mehr der jüngste bist. Vorhin, als du den Sack angehoben hast, hab ich deutlich etwas quietschen gehört! Achso und für mich brauchst du dein weißes Haar nicht jedes Mal zu färben, das macht dich vielleicht nicht so attraktiv wie George Clooney, aber es verleiht im Alter doch einen gewissen Charme, selbst dir.“ Edys Mund klappte weit auf, Leander hatte so laut gesprochen, dass sich der ein oder andere Gast, der in der englischen Sprache bewandert war, verstohlen zu ihnen herum drehte. Dem Italiener kroch auch schon wieder die Zornesröte ins Gesicht. Wutentbrannt wollte er aufspringen, aber Leander lachte nur heiter, beugte sich über den Tisch und hielt Edy am Arm zurück. „Edy! Edy, verzeih mir aber ich kann mich bei dir absolut nicht beherrschen! Ich liebe es zu sehen wie du rot wirst... und...“ Schnell wich Leander mit dem Oberkörper zurück, denn eine Faust kam auch schon angeflogen. Was Leander nur noch weiter auflachen ließ. „Du bist nichts weiter als ein schamloser, widerlicher, kleiner Bastard von einem...“ „Na...!“ Jeremy tauchte hinter Edy auf und hielt ihn an der Schulter fest. Er wirkte etwas zerzaust und verschlafen. „Die Leute gucken schon, streitet ihr etwa schon wieder?“ Einige der Gäste hatten die beiden Streithähne amüsiert beobachtet, einige hatten sich auch schon wieder abgewandt. Der Kellner, der in Alarmbereitschaft aufgesprungen war, atmete erleichtert auf, als Jeremy abwinkte. Noch während er sich setzte, drückte er Edy auf den Stuhl zurück. „Ist ja mal ein seltener Anblick, euch zusammen irgendwo zu sehen.“ Jem grinste. Leander und Edy tauschten einen kleinen Blick aus. Und Leander war froh über die kleine Bestätigung, in Edys Augen, die ihm verriet, dass Edy dicht halten würde, was das Gespräch von vorhin noch anging. „Leander wollte sich mit mir über seine Midlife-Crisis austauschen!“, knurrte Edy angriffslustig. Leander lachte und zuckte mit den Schultern. „Ob man mit dreiundzwanzig schon in der Midlife-Crisis stecken kann weiß ich jetzt persönlich nicht, aber es ist gut, dass du jetzt da bist, Jem. Dann kannst du dich an dem Gespräch beteiligen. Also wie ist das so, wenn man älter wird, entwickelt man da automatisch einen Faible für jüngere?“ Edy lachte schlagartig auf, es hatte etwas von Schadenfreude. Jeremy hingegen entgleisten die Gesichtszüge, er lief sogar ein wenig rot an. „Was soll das heißen?!“ „Wie alt warst du doch gleich?“, stellte Leander die Gegenfrage. „sechsundzwanzig?“ „Vierundzwanzig!“, warf Edy höchst amüsiert ein und freute sich ganz offensichtlich darüber, dass Jem mal zur Abwechslung in Leanders Visier geriet.“ „Und dieser Dylan ist erst neunzehn, hab ich recht?“ Jetzt starrte Jem die beiden völlig fassungslos an, ehe sein vorwurfsvoller Blick zu Edy rüber flog. „Ich kann nichts dafür, du hast im Schlaf seinen Namen gerufen!“, beteuerte Edy. „Können wir bitte das Thema wechseln?“, knurrte Jeremy. Leander und Edy begannen gleichermaßen breit zu grinsen. „Du brauchst dich doch nicht dafür zu schämen! Wie ist er so?“ „Klein, fett, dunkelhaarig und mit grünen Augen bestückt!“, kam es etwas lieblos von Edy. Und Jem reagierte etwas beleidigt darauf. „Seine Augen sind atemberaubend grün!“, warf Jeremy ein. „Er ist ein Gnom! Ich hab Fotos von ihm gesehen, die auf der Einweihungsparty von Jeremys Store gemacht worden sind.“ „Ist er nicht!“ Jeremy ließ sich etwas zu trinken bringen, von ihren Platz aus hatten sie einen atemberaubenden Blick auf Athen hinunter. Der warme Wind wehte sanft durch die schmale Gasse, belebte die malerischen Straßen nach und nach. Erst gegen Nachmittag füllte sich Plaka erneut mit Leben, wenn die Hitze zu schwinden begann. Edy schnaubte nur belustigt und prostete in Jeremys Richtung. „Er weiß noch nicht genau von welchem Ufer der Kleine ist und rennt sabbert ihm schon seit Wochen hinterher!“ Leanders Augen rissen auf. Völlig überrascht flog er mit dem Stuhl fast nach hinten. „Wie?! Du stehst auf diesen Bengel und hast dich noch nicht ran gemacht?“ Jeremy wurde immer wütender, senkte seine Stimme und zischte den beiden zu. „Wenn ihr nicht augenblicklich damit aufhört, lasse ich euch hier stehen, stehe auf und mache euch eine dermaßen große Szene, dass mir die Leute noch hinterher applaudieren, wenn ich gehe!“ Edy lachte laut auf, was anfänglich wie ein Quaken klang. Er schüttelte nur den Kopf und nahm einen kräftigen Schluck Bier, ehe er ein neues bestellte. Leander aber beugte sich nach vorne, legte Jeremy freundschaftlich die Hand auf die Schulter und sah ihn ernst an. „Schick ihn hier rüber, ich mach ihn dir klar!“ Puuh! Gleich 2 Kapitel auf einen Schlag! Immerhin musstet ihr mal wieder ziemlich lange warten... :/ Für jene, die es noch nicht mitbekommen haben, Lover To Go hat jetzt eine eigene Page auf Facebook ;) Wer also mag, darf mich jederzeit dort besuchen! http://www.facebook.com/#!/pages/Lover-To-Go/390553341003684 Und für die, die es noch nicht entdeckt haben, Hopeful Skies ist die Sidestory zu Lover To Go :) Hoffe es hat euch gefallen *gg* Eure Cait Kapitel 7: Von knappen Shorts und Ständern ------------------------------------------ Ein seltsames Murmeln weckte Edy. Er rollte sich müde auf der Luftmatratze herum, legte sich auf den Bauch und vergrub die Hände in seine Strickjacke, die als provisorisches Kissen hinhalten musste. Im ersten Moment hatte er geglaubt, er würde sich diese Stimmen nur einbilden. Seine Sinne schärften sich mit jedem weiteren Atemzug, nur seine Augen wollten sich noch nicht öffnen. „Mensch, Edy!“ Seine Augenbraue hob sich, noch bevor er richtig wach war. Er rollte sich wieder zurück und blickte nach oben. Leander und drei fremde Männer hatten Edys Luftmatratze umzingelt. „Ich dachte schon du wärst friedlich im Schlaf von uns gegangen.“ Er grinste breit, die Sonne brach sich hinter seinem Rücken durch das Fenster und erhellte den kargen Raum, in dem die Jungs für gewöhnlich schliefen. Sobald sie das Zimmer einigermaßen fertig gehabt hatten, waren sie auch schon sofort eine Etage höher gezogen. Zumindest war es weitaus angenehmer, als in einem mit Material zugestelltem Raum zu pennen. „Ich hätte es dir wirklich gegönnt, mein Freund. Wer wünscht sich nicht im hohen Greisenalter so sanft von dieser Welt zu scheiden?“ Die Männer lachten und Edy spürte, wie er langsam aber sicher errötete. Die Wut kochte in seinem Bauch, schob sich langsam aber sicher höher. Gleich würde sie ausbrechen, einem Vulkan gleich. Wer waren überhaupt diese Kerle? Leander verschränkte die Arme. „Spätestens bei deinem langgezogenen Furz eben haben wir gedacht, dass es dein letzter Atemzug wäre.“ Edy stieß das dünne Laken von sich, hechtete von der Matratze. „Ich mach dir gleich Beine, du stinkende Mistkröte!“, brüllte er. Leander lachte und verließ fluchtartig das Zimmer. Jeremy konnte gerade noch ausweichen, er stand an der Treppe und unterhielt sich mit jemandem. Er hielt dabei ein paar Pläne in der Hand, konnte sie gerade noch zurück reißen, da trampelten die beiden Idioten auch schon an ihm vorbei. Während Leander rannte, warf er einen Blick zurück, den er gezielt auf Edys Schritt richtete. „Mit der guten alten Morgenlatte ist wohl auch nichts mehr, was?“, rief er. Unten schaffte er gerade noch die Kurve und hetzte aus dem Haus, mit einem tobenden und wutschnaubenden Edy im Nacken. Man hörte nur noch wüste, italienische Beschimpfungen und Beleidigungen. „Mit Leander wird euch sicher nicht langweilig hier“, meinte der Bursche neben Jeremy und lachte. Er hatte kurzes, dunkelblondes Haar und angenehme, blaue Augen. An den Augen zeichneten sich tiefe Furchen ab, der Jüngste war er weiß Gott nicht mehr. Gianni hieß der gute, ein Bekannter von Leander und musste so Anfang fünfzig sein. Der Kerl war wirklich mehr als nur ein Multifunktionstalent. Er besaß ein kleines Bauunternehmen und hatte sich glücklicherweise bereit erklärt, ihnen hier unter die Arme zu greifen. Bei der Preisverhandlung allerdings, waren Jeremy beinahe die Augen aus den Höhlen getreten. „Was soll das heißen …?“, fragte er verwirrt. Gianni zuckte mit den Schultern, er war ein stabiler, kleiner Mann, der Jeremy bis zur Schulter reichte. Unter seiner dunkelblonden Mähne zeichneten sich die einen oder anderen grauen Strähnen ab, doch es war vermutlich auch der einzige Hinweis auf sein Alter. Ein umgänglicher, fröhlicher Typ mit einer unvorstellbar ehrgeizigen Geht-Nicht-Gibt’s-Nicht-Einstellung. „Ich kenne Leander schon lange, wir sind gute Freunde.“ Er zwinkerte verschwörerisch und grinste breit. Seine Zähne waren vielleicht nicht perfekt und auch nicht allesamt gerade, aber sie strahlten in einem erstaunlichen, perlweißen Glanz. „Und Leanders Freunde sind auch meine Freunde, zudem schulde ich ihm noch etwas. Wir machen es also zu diesem Preis, okay?“ Mit einem dicken, roten Edding umkreiste er die Zahl auf einem Zettel, das er Jeremy mittels Klemmbrett hingehalten hatte. „Ihr besorgt das Material, wir legen den Estrich, verlegen die Kabel und kümmern uns um die Wasserversorgung.“ „Das alles für diesen mickrigen Preis?“ Jeremy starrte den Mann fassungslos an. Gianni zuckte mit den Schultern und lachte, schlug Jeremy kameradschaftlich auf den Rücken. „Wenn ihr das große Bad selbst fliesen könnt, dann sind wir uns einig.“ „Für das Bad haben wir einen Fliesenleger …“ Er hoffte dem Mann damit ja nicht vor den Kopf zu stoßen, sicher hatte er auch ein paar Jungs, die das konnten, aber Leander hatte dem Kerl schon zugesagt. Ob er nun wollte oder nicht, aber je länger er Gianni betrachtete, begann Jeremy sich zu fragen, wie nahe er und Leander sich wohl stehen mochten. Er trug zwar einen goldenen Ehering, aber das musste ja selten etwas bedeuten. „Oh, das ist gut!“ Er nickte. Gott sei Dank, es schien okay zu sein. „Wenn ihr Sonderwünsche habt, notier sie mir hier!“ Er drehte das Blatt Papier herum, klemmte es wieder ein. „Damit wir Preise und Ausgaben kalkulieren können. Wie viel habt ihr denn noch zur Verfügung?“ Bein Kauf der Anlage hatte Yannis ihnen so einiges eingespart. Sechzigtausend hatten sie noch, Gianni hatte ihm ein Angebot von viertausend gemacht. Das hieß eintausend Euro pro Arbeiter. Aber für so viel Arbeit, war das doch recht wenig und Jeremy rundete gedanklich erst einmal auf acht auf. Wenn er das Geld dann nachher noch zur Verfügung hatte, würde er die Männer anständig entlohnen. Im Augenblick war es der Preis für zwei volle Monate und das war definitiv zu wenig, auch wenn sie das Material selbst einkauften. Ganz grob geschätzt würden weitere zwanzigtausend für die Instandsetzung wohl schwer hinhalten, im Obergeschoss mussten zudem auch noch die Fenster ausgetauscht werden, die Fassade war ganz schön mitgenommen. Okay, am besten auf dreißig aufrunden. Und mit den restlichen zwanzig würde er erst einmal zusehen, dass er unten zumindest ein wenig einrichten und den Garten vielleicht noch fertig machen konnte. Das meiste Geld würde sicher für Kleinkram draufgehen. Aber es würde sicher erst einmal reichen, wenn sie nur ein paar der Zimmer einrichteten. Im ersten Geschoss gab es etwa zwölf Zimmer und das riesige Bad. Zwei der sechs Doppelzimmer wollte er zu vier Einzelzimmern machen. Die Räume waren ganz und gar nicht klein, man könnte weitere Betten unterbringen. Wichtig war ihm, dass er einfach nur genügend Zimmer zur Verfügung hatte. Ganz oben gab es noch zwei Räume, daraus würde er gern private Räume machen. Das ganze würde sich zwar noch etwas hinziehen, aber im Augenblick waren Gianni und seine Männer ja erst einmal hier, um das Haus abzuchecken und es genauer unter die Lupe zu nehmen. „Höchstens fünfzig …“ Das Geld für die Jungs musste er nicht benennen. „Hm… verstehe, das wird knapp.“ Gianni hob die Augenbrauen und tippte immerzu mit dem Edding gegen sein Kinn. „Aber wir sehen, was sich machen lässt.“ Sein Blick glitt über die einzelnen Zimmertüren. „Vielleicht würde ich an eurer Stelle erst einmal die Hälfte der Zimmer einrichten, für mehr wird das Geld wohl nicht mehr reichen.“ Jeremy nickte zustimmend. „Ich dachte so an fünf oder sechs Räume.“ Gianni grinste. „Gut, wenigstens bleibst du realistisch.“ Er lachte und rüttelte leicht am Geländer. Auch das war ganz schön mitgenommen, das Holz war stellenweise gesplittert, an einer Stelle löste sich sogar die eine oder andere Schraube. Giannis Blick glitt vorwurfsvoll über das morsche Geländer, dass es in seinem Kopf zurzeit auf Hochtouren arbeitete, war kaum zu übersehen. Jeremy schickte ein Stoßgebet zum Himmel und dankte Leander für seinen großen Bekanntenkreis und dafür, dass sich der Fliesenleger dazu bereit erklärt hatte, sich den Großteil seines Lohnes in Raten abbezahlen zu lassen. „Ich mache mir dann noch ein paar Notizen, wir haben gerade einen großen Auftrag. Wenn ihr also zwei, drei Wochen warten könnt …?“ Jeremy hob die Hand und grinste breit. „Gar kein Problem, ich bin ja froh, dass Sie uns überhaupt helfen können. Da stören mich die zwei, drei Wochen absolut nicht.“ Immerhin rechnete er so oder so nicht damit in diesem Sommer noch Gäste begrüßen zu können. Die beiden schlugen ein. „Seid ihr immer noch nicht fertig?!“, brüllte Edy von unten her. Es war schon spät und wenn sie sich nicht beeilten, würden sie nicht mehr ins Black Hills kommen. Das Wochenende hatte sie eingeholt, sie wollten zu der Party, auf die Yannis sie eingeladen hatte. „Scheiß dich nicht ein!“, rief Leander zurück und stand noch vor dem Handspiegel, den er ans Fenster gelehnt hatte, um sich zu begutachten. Wenn er daran dachte, wie er noch im Frühling ausgesehen hatte, als er aus der Klinik geworfen wurde … Mittlerweile hatten sich seine Wangen wieder etwas gefüllt, die dunklen Ringe unter seinen Augen waren weg. Okay, so konnte er sich unter die Leute wagen. „Fertig?“ Jeremy kam aus dem Bad. Er trug eine helle, verwaschene Jeans und ein babyblaues T-Shirt mit der verschnörkelten Aufschrift ‚ride (me) or die‘. Leander grinste breit, hantierte noch mit dem Gel, um sein Haar eine anständige Form zu verleihen. „Komm mal her!“ Er schmierte sich noch eine Extraportion von dem farblosen, zähen Zeug auf die Hand und rieb beide Hände aneinander, ehe er sie in Jeremys Haar vergrub, als dieser vor ihm stand. „Auf das Angebot würde ich glatt eingehen!“ Leander grinste frech und betrachtete nach kurzen Handgriffen das Ergebnis, nickte schließlich zufrieden. Jems stechende Augen durchbohrten Leander, seine Mundwinkel zuckten amüsiert. „Glaub ich dir aufs Wort!“ Jetzt musste auch er grinsen. Sie brauchten nicht lange, um in die Stadt hinunter zu kommen. Obwohl es bereits dunkel war, wehte ein wunderbar warmer Wind und erfüllte die Straßen mit Leben. Touristen, soweit das Auge reichte, bewegten sich durch die Innenstadt, selbst das Viertel mit den Gaybars war unheimlich belebt. Das Black Hills war brechend voll. Draußen warteten die Leute sogar noch in einer kleinen Schlange, in der Hoffnung einen kleinen Platz zu ergattern. An der Tür stand noch ein riesiger Kerl, dem Terminator nicht unähnlich, im Anzug und mit Sonnenbrille. Klar, die dürfte ihm mitten in der Nacht auch sehr nützlich sein. „Müssen wir uns etwa anstellen?“ Edy verzog sofort das Gesicht und hätte beinahe die Füße in den Boden gestemmt. „Quatsch, wir haben doch Karten!“ Jeremy grinste. Er holte die Tickets aus seiner Gesäßtasche und zeigte sie an der Tür vor. Jeremy und Edy wurden hinein gelassen, allerdings hob sich eine riesige Hand und legte sich grob auf Leanders Brust, als dieser eintreten wollte. „Zeig mir mal deinen Ausweis!“, knurrte der Terminator. Leander hob beide Augenbrauen, wollte grade etwas erwidern, da ertönte aber auch schon eine liebliche Stimme aus dem Hintergrund. „Lass ihn rein, Jin, er gehört zu mir!“ Der Türsteher gab einen tiefen Grunzlaut von sich und ließ die Jungs endlich eintreten. Die Musik war laut, versetzte die Gäste bereits in die richtige Stimmung. Stimmen waren laut, der Laden war brechend voll, Gläser und Flaschen klirrten. Die Stimmung war richtig klasse, ebenso die Dekoration, die dem Thema des Abends entsprechend gehalten worden war. Überall hingen bunte Tücher, bunte Laternen aus Mosaik, in denen Kerzen brannten. Aber die faszinierendste Deko war wohl Yannis. Sein kleiner, runder Knackarsch war in hautenge goldene Shorts gezwängt, darüber trug er ein dunkles Shirt, geschmückt von einer orientalischen Weste mit wunderlichen Stickereien. Die Sandalen betonten seine Waden auf unheimlich bezirzende Weise, nur der dumme Turban mit den riesigen Edelsteinen störte ein wenig. Yannis winkte die Jungs rein und verschwand flink in der Masse. Leander versuchte so schnell wie möglich aufzuholen, um den heißen Hintern noch ein wenig bewundern zu dürfen. Scheiße, bei dem Anblick blieb es ja nicht aus, dass sich etwas in seiner Hose rührte! Oho, ihr Tisch stand ganz in der Nähe der Bühne! Der Kleine nahm das ‚reserved‘ Schildchen vom Tisch und wandte sich ihnen zu. Schade eigentlich, aber zum Glück bot der Süße auch von vorne einen tollen Anblick. Erst jetzt fiel Leander auf, dass er nicht der einzige war, der diesen fantastischen Arsch bewundert hatte. Die drei Jungs standen wie zwei Wölfe vor einem Lämmchen und blickten mit gierigen Augen zu diesem hinunter. „Du siehst ja heiß aus!“ Jeremy sprach genau das aus, was sie alle dachten. Leider sah der Turban von vorne wieder so abturnend aus, dass sich alle, bis auf Edy, das Lachen verkniffen. Man sah deutlich, dass Yannis dem Ding Federn ausgerissen haben musste. Edy prustete los und Yannis wurde rot. Yannis‘ Hände klimperten, als Leander einen Blick hinunter warf, sah er auch warum. Sie hatten ihm goldfarbenen Schmuck angelegt, der sich über den ganzen Handrücken zog und von einem Ring an seinem Mittelfinger gehalten wurde. Scheiße, irgendwie gefiel es ihm gar nicht, wie Jem die nackten Beine anstarrte! Also streckte er seine Hand aus, nahm die des Kleinen in seine eigene und strich mit dem Daumen über die Goldmünzen. „Dem Sultan ist wohl sein Lustknabe entlaufen“, meinte er mit einem lasziven, kleinen Lächeln. Seine Augen durchbohrten Yannis. Am liebsten hätte er sich den Jungen gepackt und ihn mit sich in eine dunkle Ecke gezerrt! Und dieses kleine Verlangen legte er ganz unverhohlen in seinen Blick. Yannis starrte aus himmelblauen, unschuldigen Augen zu Leander hoch, er spürte deutlich, dass der Kleine angebissen hatte. Der wunderbare, süße Mund klappte auf, wollte etwas sagen. Nur leider hatte er keine Gelegenheit mehr dazu, denn die Spots gingen aus, es wurde dunkel. Allein das bunte Licht der Laternen brach sich in den Silhouetten der Anwesenden, dann richtete sich ein Scheinwerfer auf die Bühne. „Haltet bloß die Klappe, sonst lass ich euch vom Türsteher mit herunter gelassenen Hosen auspeitschen!“, kam das verlockende Angebot von Yannis, dann drückte er Leander auch schon auf den Hocker hinunter. Verdammt, er war schon richtig hart! Jeremy und Edy lachten, die hätten sicher auch nichts dagegen, wenn Yannis sie auspeitschen würde. „Was wollt ihr trinken?“ Die Jungs gaben ihre Bestellungen auf und sahen Yannis zu, wie der Kleine von der Menge verschluckt wurde. Ein flüchtiger Blick zu den anderen ließ ihn breit grinsen und schließlich lachten die Männer auf. Sie hatten scheinbar alle dieselben schmutzigen Gedanken. Dann ging die Show auch schon los. Drei Jungs in weißen, fast durchsichtigen Hosen, dünne Stoffe verbargen nicht besonders viel von den durchtrainierten Körpern. Leander blieb die Spucke weg. Besonders der braungebrannte Typ vorne, der seine Hüften langsam im Takt zur orientalischen Musik bewegte, war mehr als nur eine Augenweide. Je schneller der Rhythmus wurde, umso erotischer bewegte er sich. Na toll, das half der Delle in seiner Hose nun wirklich nicht weiter. Ihre Augen trafen sich, der Tänzer hatte Leander im Visier. Seine schmalen Hüften bewegten sich im Takt zum Trommelschlag. Die Menge war völlig berauscht, jedes Gesicht im Laden war auf die Bühne gerichtet. Und dann sprang der Vordermann der kleinen Tanzgruppe von der Bühne und bewegte sich auf nackten Füßen durch die Menge. Verdammter Scheißdreck, er kam direkt auf ihren Tisch zu. Sein hinreißendes Lächeln fixierte Leander. Sofort hob er abwehrend die Hand, sollte er der Menge auch noch seinen Ständer präsentieren? Edy, dieser kleine Bastard, hatte es aber längst bemerkt und gab Leander einen Schubs. „Edy!“, zischte er, aber der Italiener lachte nur schadenfroh, auch Jeremy war es aufgefallen. Die zwei lachten ungehalten und sogar Jem, dieser elende Verräter, applaudierte wild. Unglücklicherweise waren seine Jeans so eng, dass sich die Erektion deutlich abzeichnete. In der seichten Dunkelheit war das vielleicht nicht sonderlich zu erkennen, aber der Kleine braungebrannte Tänzer schleppte ihn auf die Bühne und drückte ihn dort auf einen Hocker nieder. Er spreizte Leanders Beine, die dieser eigentlich zusammen gepresst hatte und begann leichtfüßig um ihn herum zu tanzen. Er konnte sich, bei aller Liebe, kaum das versaute Grinsen verkneifen, denn der Tänzer glitt zwischen Leanders Beine, presste seinen runden Arsch gegen dessen Lenden und rieb sich gegen ihn. Das Gegröhle der Menge wurde immer lauter, Pfiffe und Rufe wurden lauter, einige klatschten sogar Beifall. Leanders Hände legten sich, unter den lauten Zurufen, auf den fast völlig entblößten Hintern, der Stoff war am Po kaum vorhanden und bedeckte ihn auch nur spärlich. Aber schon entwand sich ihm der Knirps und tänzelte weiter. Jetzt war es für die Typen, die vorne standen, kaum zu übersehen, wie erregt Leander war. Geil war das irgendwie schon, keine Frage! Aber gefiel es ihm nicht besonders, dem ganzen ‚Black Hills‘ sein aufgerichtetes Glied zu präsentieren, das scheinbar noch weniger Schamgefühl besaß, als Leander selbst. Aber irgendwann wurde das Ganze dann doch zur Qual und unter lautem Gelächter und Applaus flüchtete er so schnell wie möglich von der Bühne. Kapitel 8: Morning Kiss ----------------------- Ein ganz großes Sorry an alle Yannis und Leander Fans da draußen... ich weiß, es hat mal wieder ewig gedauert, wie auch alles andere bei mir.... es tut mir wahnsinnig leid und ich hoffe, dass ihr dennoch Freude am neuen Kapitel haben werdet! GLG Cait „Geht’s?“ Jeremy grinste bis über beide Ohren. „Mann, das war zu köstlich!“ Edy lachte noch immer höchst amüsiert, nahm zwischendurch einen großzügigen Schluck von seinem Bier. Jedes Mal, wenn er sich beruhigte, rief er sich die Erinnerung an Leander, mit der Erektion auf der Bühne, ins Gedächtnis zurück und lachte prustend wieder auf. „Noch nicht, aber gleich geht sicher noch was!“, knurrte Leander. Während die Bühnenshow noch lief, hatte dieser kleine, heiße Tänzer immer mal wieder zu ihm rüber gestarrt. Und Leander hätte schwören können, dass er sich dieses kleine Nicken Richtung Toilette keineswegs eingebildet hatte. Jeremy schnaubte. „Ich bin ja eigentlich kein Moralapostel, aber wenn du dich schon so fleißig durch die Welt vögelst, dann hoffe ich, dass du es mit einem Kondom machst.“ Leander zuckte mit den Schultern, die Show war zu Ende. Wo war denn Yannis nur hin, dieser süße, kleine Floh? Der ließ sich ja gar nicht mehr sehen … „Klar, was denkst du von mir?“ Dass sich Jem gerade mit einer bissigen Bemerkung über sein lotterhaftes Dasein ausließ, interessierte ihn nicht die Bohne. „Ich wette der ist sexsüchtig.“ Edy packte Yannis an der Hüfte, als dieser an ihnen vorbei rauschte. Es war noch immer sehr voll, die Show hatte sogar ein paar Leute mehr angelockt. „Bringst du mir noch was?“ Yannis hatte bereits die Augenbrauen hinunter gezogen, den Mund aufgeklappt und seinen Kugelschreiber drohend erhoben. Fast so, als wollte er demjenigen, der ihn da so unaufgefordert berührte, das Ding in die Hand rammen. Aber kaum sah er Edys Gesicht, wurde sein eigenes weicher. „Klar! Und ihr?“ Er lächelte und wandte sich an Leander und Jem. Nur wirkte dieses Lächeln ziemlich aufgesetzt, fand Leander. Oder er war einfach nur erschöpft und wollte nicht unfreundlich erscheinen? Denn er schien ja so beschäftigt zu sein, dass er kaum an ihrem Tisch vorbei kam. Jeremy schüttelte den Kopf. „Danke, für mich nichts.“ Die beiden tauschten einen kurzen, aber intensiven Blick aus. Leander spürte einen kleinen Stich der Eifersucht, versuchte ihn jedoch zu ignorieren. Was war denn das gewesen? Warum starrten die sich so an? „Whisky-Cola!“, bestellte Leander grummelnd. „Für mich auch!“ Edy grinste. Und Yannis blickte ihn dabei nicht einmal mehr an! Wieso ignorierte der ihn jetzt? Schon verschwand er erneut in der Masse und wurde für ein paar Stunden nicht mehr gesehen. Ein anderer Kellner brachte ihnen ihre Drinks. Was war denn jetzt auf einmal? Egal wie angestrengt er versucht hatte Yannis‘ Aufmerksamkeit mit seinen Blicken auf sich zu ziehen, wurde er offenbar eiskalt ignoriert. Nach und nach leerte sich das Black Hills und es wurde ruhiger. Die Lichter wurden gedimmt, die Musik leiser. Die letzten Gäste verzogen sich, bis nur noch Leander und seine Jungs an einem Tisch saßen. „Wir warten noch auf Yannis, dann gehen wir“, hatte er einem der anderen Kellner erklärt. „Ich geh mal vorher noch aufs Klo!“ Leander erhob sich und bewegte sich Richtung Toilette. Und erst da fiel ihm ein, dass er den Tänzer völlig vergessen hatte. Er war zu sehr damit beschäftigt gewesen, mit den Augen nach Yannis zu suchen und sich über die Nichtanwesenheit des Knaben Gedanken zu machen. Verdammter Mist! Er stieß die Tür zum Klo auf und da stand er. Der süße Tänzer hatte die Hand gehoben, hatte selbst die Tür öffnen wollen, nur war ihm Leander zuvor gekommen. Das unglaublich heiße Kostüm von vorhin trug er zwar nicht mehr, dennoch hatten diese dunkle, verwaschene Jeans und dieses Shirt in babyblau eine hinreißende Wirkung auf ihn. Leanders Herz begann vor Freude auf und ab zu hüpfen. Hatte er etwa die ganze Zeit über gewartet? Die schmalen, dunklen Augen verengten sich zu Schlitzen und ohne ein weiteres Wort packte er Leander am Kragen und riss ihn mit sich in eine der Kabinen hinein. Zugegeben, war er von dem wilden Temperament recht angetan. Das breite Grinsen konnte er wohl kaum unterdrücken, nicht in einem solchen Moment. Er stieß die Tür zur Kabine hinter sich zu, beugte sich hinunter und entfachte einen gierigen Kuss, auf diesen feurigen Lippen. Mit einer Hand stützte er sich an der Kabine ab, mit der anderen half er den flinken Fingern seine Jeans zu öffnen, bevor er dem Tänzer aus seinen eigenen half. Leander schnaubte, seine Erektion zeichnete sich deutlich in seiner Unterwäsche ab. Er war sofort wieder hart. Und das auf ziemlich schmerzhafte Weise. Der heiße Feger hatte ein Kondom aus seiner Gesäßtasche hervor gezaubert und grinste auf unheimlich verführerische Weise. Kaum verließ er die Kabine, kaum trat er aus dem Klo, stand plötzlich Yannis vor ihm. Scheiße … verdammte Kacke! Wie lange stand er denn schon da …? Hatte er es etwa mitbekommen? Verdammt, wie sollte er denn jetzt reagieren? Warum er plötzlich ein schlechtes Gewissen bekam? Na, man musste ja nur in dieses verzückende, entrüstete Gesicht sehen, wie sollte man sich da nicht mies fühlen? Er versuchte sich an einem kleinen, aufmunternden Lächeln, obwohl ihm das Herz zersprang. Cool bleiben, locker bleiben! Das hatte nichts zu bedeuten, nicht einmal dieses missmutige Gesicht dieses bezaubernden, jungen Mannes. Leander strich sich mit einer Hand das Haar zurück, irgendwie musste er sie beschäftigen, sonst würde er den Kleinen packen und ihn an sich drücken. Mit der anderen, freien Hand strich er Yannis sachte über den Kopf. Ihm fiel nichts Vernünftiges ein, was man in einer solchen Situation sagen könnte und ehrlich gesagt wollte er auch nicht, dass sie lange genug dort stehen blieben, bis sie dem kleinen Tänzer über den Weg liefen. Also schob er sich an Yannis vorbei und bewegte sich durch den schmalen Flur, zurück nach vorne. Die Tanzfläche war gähnend leer, es war plötzlich so still geworden. Und doch hörte er seinen eigenen, wilden Herzschlag so laut, als würde das Geräusch durch die riesigen Boxen auf der Bühne wiedergegeben werden. Mit aufgedrehtem Bass, versteht sich. Schnell gesellte er sich zu den anderen nach draußen, die dort vor der Tür standen. „Wo ist Yannis?“ Edy beugte sich halb zur Tür hinein, sah sich um. Leander zuckte mit den Schultern. „Ich dachte er ist bei euch?“ Er konnte ja schlecht sagen, dass Yannis ihn grade auf dem Klo erwischt hatte, oder? Jeremy musterte ihn nur stumm und als er sah, wie Yannis aus dem hinteren Bereich zurück kam, trat er einen halben Schritt in den Laden rein. Leander versuchte die beiden so gut wie möglich zu ignorieren. „Und, wie war er so?“ Edy grinste und fixierte Leander mit einem wissenden Blick. Zunächst fühlte er sich ein wenig ertappt. „Wen meinst du?“ Edy rammte ihm den Ellbogen in den Bauch. „Den kleinen Türken, wen sonst?“ Erleichtert konnte jetzt auch Leander breit grinsen, zuckte mit den Schultern. „Der kleine Osmane hatte es in sich.“ Die beiden Männer lachten auf, wobei Leander jedoch immer wieder einen unauffälligen Schulterblick zurück warf. Yannis unterhielt sich mit Jem. Und er sah irgendwie ziemlich niedergeschlagen aus. Konnte es etwa sein, dass es wegen ihm war? Dass der Kleine irgendwie auf ihn stand? Aber er ignorierte Leander doch ständig, wich seinen Blicken aus, wenn er sie mit dem des jungen Griechen verknüpfen wollte. Jetzt lächelte der Kleine ein wenig, Gott sei Dank. „Was ist denn jetzt?“ Edy beugte sich zur Tür herein. „Kommt ihr, oder nicht?“ Aber Jeremy winkte tatsächlich ab. „Geht ihr, ich bleibe hier!“ Edy blickte etwas genervt drein. „Wieso denn? Dann warten wir auch! Ich dachte wir gehen noch was essen!“ „Denkst du eigentlich nur ans Fressen?“ Jem schnaubte belustigt. „Nein, zwischendurch denke ich auch an Sex.“ Leander verfiel mit Edy in einen wilden Lachanfall. Das war wohl eine unangefochtene Tatsache, die niemand leugnen konnte, der Edy auch nur ein wenig kannte. „Na komm, dann lass uns gehen.“ Leander zwinkerte Edy zu, schob ihn vor sich her. Lief da etwa etwas zwischen Jem und Yannis? Irgendwie gingen die beiden doch ziemlich vertraut miteinander um. Jem schob ihn sachte vorwärts, bis Yannis sich in Bewegung setzte und faselte irgendwas davon, dass er auf ihn warten würde. „Gehen wir was essen.“ Vielleicht war es Einbildung, vielleicht auch nicht. Immerhin war der Abend ziemlich heftig verlaufen und er merkte es selten, wenn er einen über den Durst gekippt hatte. Der Knirps hatte bestimmt kein Interesse an ihm. Und verdammt nochmal, konnte mal jemand dieser widerlichen Eifersucht sagen, dass sie gefälligst die Fresse halten sollte? Die Zeit wollte nicht vergehen. Und Jeremy kam auch nicht zurück. Ohne, dass er wirklich Einfluss darauf gehabt hatte, hatte er sogar beim Essen gehetzt, nur um schnell genug zurück in der Pension sein zu können. Sein Körper hatte da etwas realisiert, was sein Verstand noch gar nicht verarbeitet hatte. Klar fand er Yannis heiß, klar wollte er ihn am liebsten die ganze Nacht durch über die Matratze jagen. Aber da war noch etwas anderes. Diese komische Eifersucht, die sich in ihm zusammenbraute, passte ihm so gar nicht. Und doch waren sie da, diese kleinen, schwarzen Gewitterwolken. Und je später es wurde, umso mehr Blitze begannen zu schlagen. Edy war schon ins Bett gegangen, wobei Leander nicht einmal im Entferntesten an Schlaf denken konnte. Auch wenn es bald hell wurde. Er tigerte draußen im Vorgarten auf und ab, versuchte Geräusche auszumachen, die die Ankunft zweier Männer verkündete. Doch alles blieb still. Aber dann hörte er etwas! Ein Raunen, ein Flüstern … da waren Stimmen! Mit schnellen Schritten eilte er auf das blaue Tor zu, das Herz schlug ihm fast aus der Brust. Jem war nicht allein, Yannis musste dabei sein! Verdammt nochmal, er musste das alles jetzt ein für allemal klären! Er musste wissen, ob der Kleine Interesse hatte und dann würde er ihn sich packen und dafür sorgen, dass dieser kleine Tornado, tief in ihm, verschwand! Er riss das quietschende Tor auf und erstarrte. Jem hatte grade die Lippen auf Yannis‘ Wange. Und kaum kam er in den Genuss dieses Anblicks, verformten sich die dunklen Wolken, brodelten und verformten sich in einen ungezähmten Sturm. Nichtsdestotrotz ließ er sich nichts anmerken. „Na, da seid ihr ja wieder.“ Er hoffte, dass das Grinsen echt wirkte. „Wollt ihr rein, oder hier stehen bleiben?“ Leander schob die Tür weit auf. Irgendwie wäre er Jem jetzt am liebsten an die Gurgel gesprungen. Dieser Wichser grinste selbst und Leander hätte sein letztes Hemd darauf verwettet, dass dieser miese Wicht das ganze jetzt mit voller Absicht gemacht hatte. Yannis wandte das Gesicht ab, fing an vor sich hin zu stammeln. „Nein, nein … ich gehe wieder runter … macht’s gut …“ Na warte Bürschlein! „Hey, warte! Ich will auch in die Stadt runter!“ Er knurrte Jeremy ein „Gute Nacht!“ entgegen, ihre Blicke trafen sich einen kurzen Augenblick lang. Blitze flogen umher, doch Leander wandte sich als erster ab und folgte Yannis. Eine ganze Weile liefen sie schweigend nebeneinander her, Yannis hatte seine Hände tief in die Taschen vergraben und den Kopf leicht eingezogen. Er gab keinen einzigen Mucks von sich. Also missfiel es ihm jetzt, dass er es war, der ihn begleitete und nicht Jem? Die Stille war kaum zu ertragen! „Die Klamotten haben dir richtig gut gestanden.“ Was Besseres fiel ihm kaum ein, um eine lockere Konversation zu beginnen. Und es fruchtete. Yannis lachte ja schließlich. „Die Sachen waren scheußlich!“ Jetzt musste auch Leander grinsen. So gefiel ihm das doch schon viel besser. „Finde ich nicht. Ich fand’s klasse.“ Und das entsprach wirklich der Wahrheit. Sein kleiner Freund da unten konnte es bezeugen. „Aber nur halb so klasse, wie den Bauchtänzer, was?“ Autsch, volle Breitseite! Moment, was war denn das jetzt für eine zynische Bemerkung? Er schielte zu dem Kleinen hinunter, der mied jetzt Leanders Blick so richtig. Locker bleiben, er würde schnell alles aus dem Knirps heraus kitzeln wäre doch gelacht! „Ey, der hatte einen Arsch, sag ich dir! Richtig geil!“ Und tatsächlich, Yannis zog die Schultern noch ein wenig höher! „Außerdem, wer kann denn da schon nein sagen, wenn dich da so ein heißer Kerl so heiß anbaggert?“ Die Mundwinkel des Kleinen sackten jetzt richtig abwärts. Er konnte seine Emotionen absolut nicht verbergen. Entwich ihm da nicht sogar ein kleines Seufzen? Seine Augenbrauen zogen sich leicht hinunter. Er rieb sich den Nacken und knurrte etwas vor sich hin, das sich anhörte wie „Ich sage dir Bescheid, wenn sie das nächste Mal wieder auftreten.“ Scheiße! Oh Scheiße, ja! Yannis stand tatsächlich auf ihn! Fast hätte Leander laut aufgelacht, gab sich aber damit zufrieden dem Kleinen einfach nur hinterher zu laufen. Ein wildes, ungebändigtes Prickeln erfasste ihn. Verdammt, er war so hinreißend, dass Leander ihn am liebsten angesprungen hätte, jetzt und hier! Die Gasse wurde schmaler, sie bewegten sich jetzt die steinernen Stufen hinunter und Leander ließ ihm den Vortritt. Aus völligem Eigennutz, verstand sich. Er wollte sehen, wie die Pobacken in den Jeans wippten und er konnte nicht leugnen, dass es ihn schon wieder anturnte. Und dann blieb er stehen. Yannis spürte es und erstarrte ebenfalls. Etwas schien die Aufmerksamkeit des jungen Mannes zu erregen und Leander wusste genau was es war. Er sah es selbst zu deutlich. Verdammter Scheißdreck nochmal! Was war denn das? Das waren doch schon wieder Frankys Leute! Konnten die nicht einen noch beschisseneren Zeitpunkt erwischen? Aber es war ihm egal, zumindest für den Moment. Er hatte gewonnen! Und er würde sich jetzt den Preis abholen! Also packte er Yannis am Arm und drückte ihn leicht gegen die Wand. Der Kleine rutschte fast von der Stufe ab, schaffte es aber noch sich an Leander festzuhalten. Dieser schob die Hand in den Rücken des Kleineren und konnte ihn stützen. Langsam beugte er sich hinunter, streifte Yannis‘ Lippen mit seinen eigenen. Er wollte ihn küssen, richtig gierig und mit Zunge. Aber aus den Augenwinkeln sah er die Bewegungen im Schatten und doch konnte er sich kaum von Yannis lösen. Dieser verdammte Kerl beschwor etwas Seltsames in Leander, erweckte etwas in ihm, das besser im Verborgenen geblieben wäre. Man konnte es noch nicht einmal als Kuss bezeichnen, ihre Lippen berührten sich nur flüchtig. Er brachte auch Yannis in Gefahr, wenn er sich mit ihm sehen ließ. Okay, es war dunkel, aber die Überdachung aus Blättern über ihren Köpfen war mit kleinen Lichterketten erhellt. Sie sahen sicher mehr als genug von ihnen. „Du spielst mit dem Feuer, Kleiner“, raunte er gegen Yannis Lippen. Dieser war völlig versteift, starrte Leander aus großen, glasigen Augen an. Da wandte er sich auch schon von Yannis ab und bewegte sich die letzten Stufen hinunter. Irgendetwas zog sich schmerzhaft in ihm zusammen. Es wäre ein ganz wundervolles und aufregendes Abenteuer geworden. Yannis bewegte etwas in ihm und das war weiß Gott nicht nur sein Schwanz. Aber erst, nachdem er sich sicher war, dass diese Gestalten dort drüben wirklich Frankys Männer waren, wurde er sich seiner Vergangenheit wieder schmerzhaft bewusst. Und das letzte was er wollte, war Yannis Franky auszuliefern. Auf der letzten Stufe drehte er sich noch einmal um. Yannis stand da, starrte mit großen Augen und offenem Mund zu Leander hinunter. Oh, er war hinreißend! Das zerzauste Haar, die halb geöffneten, schmalen Lippen. Er wirkte in all seiner Jugend so verführerisch, wie Leander es noch nicht erlebt hatte. Ein warmes, kleines Lächeln kräuselte seine Lippen, er zwinkerte Yannis zu. Besser das Spiel mit dem Feuer zu beenden, bevor es richtig begann. Dann ging er weiter, in die Gasse hinein, in der auch eben die Schatten verschwunden waren. Sie standen dort, unweit von ihm und warteten. „Was wollt ihr schon wieder?“ „Franky ist zu Ohren gekommen, dass du seine Kontakte für eigene Zwecke nutzt. Und er wollte wissen wofür.“ Auch das noch … Leander lief an den beiden Männern vorbei, die sich links und rechts an die Wand gelehnt hatten. Hinter sich hörte er auch schon schnelle Schritte. Yannis folgte ihnen. „Bewegt euch!“, knurrte er den Männern zu und drehte sich nicht noch einmal um. Auch wenn er wusste, dass Yannis dort am Eingang der Gasse stand und ihnen hinterher starrte. „Ich höre?“ Franky saß in auf seiner Ledercouch, zwei ziemlich leicht bekleidete Frauen flankierten ihn. Die eine hing schon quer über der Sessellehne, die andere hatte sich aus einem Geldschein ein kleines Röhrchen gedreht und fiel über den weißen, schmalen Streifen her, der sorgsam auf dem Glastisch zusammengekratzt worden war. Leander versuchte nicht allzu sehr hinzustarren. Die anderen beiden Männer standen noch dicht hinter ihm. „Ich habe sie nicht auf deine Rechnung angeheuert. Die Männer werden bezahlt.“ Franky schmunzelte, er war völlig high. Das konnte Leander deutlich in den Augen erkennen, immerhin hatte er Franky oft genug erlebt, wenn er high war. Sein Körper bewegte sich unkontrolliert und träge, seine Augen waren wässrig und sein Blick davon gedriftet. „Und deine Freunde …“ Er prustete bei dem Wort ungehalten los. „… bauen also ein Hotel, hier in Athen?“ Leander ballte seine Hände zu Fäusten. Er wusste worauf Franky hinaus wollte. Wenn er jetzt nicht vorsichtig war, würde er ihm die Jungs ausliefern. „Vielleicht sollten wir ihnen mal einen Besuch abstatten? Wo bauen sie denn?“ Leander gab keine Antwort. „Ich hab gehört du treibst dich neuerdings ziemlich oft in Plaka herum.“ Jetzt verkrampfte er sich innerlich. „Und?“ Franky grinste. „Und ich vermute, dass das Hotel deiner Freunde dort steht?“ Es gab nichts Leichteres für ihn, als das herauszufinden. Das vom Hotel wusste er sicher auch von den Arbeitern. Wenn er schon herausgefunden hatte, dass sie für Leander arbeiteten. „Ich weiß genau, warum du das tust“, knurrte Leander und spürte, wie sich die Nägel in seine Fäuste bohrten. „Du willst mir einfach nur das Leben schwer machen, hab ich recht?“ Franky erhob sich taumelnd. „Mein lieber Leander, du weißt mir liegt sehr viel an dir.“ Langsam kam er auf Leander zu. „Ich habe deine Dienste stets zu schätzen gewusst. Ob nun innerhalb oder außerhalb meines Bettes.“ Er grinste weiterhin so breit, stand jetzt dicht vor Leander. Frankys schrecklicher Atem umwehte Leander. „Und auch wenn ich dir deine Freiheit versprochen habe, du weißt, mir gehören so einige Hotels in der Stadt.“ Seine Hand streckte sich aus, strich Leander sanft durch das Haar. „Und es passt mir, wenn ich ehrlich bin, so gar nicht, dass du nicht nur die Konkurrenz unterstützt, sondern sie auch noch in unsere Mitte treibst.“ Seine Augen durchbohrten Leander kalt. „Es ist nur eine winzige Pension, die ist keine Konkurrenz für dich“, versuchte es Leander langsam und starrte trotzig zurück. Der Griff in seinem Haar wurde hart, er zerrte Leanders Kopf ein Stück zurück. „Werd ja nicht frech, nur weil ich dich gewähren lasse!“, hauchte er und diesmal meinte es Franky verdammt ernst. „Wäre es nicht Gianni, den du angeheuert hast, hätte ich dir längst den Saft abgedreht.“ Die Finger verkeilten sich so fest in sein Haar, dass er automatisch den Kopf zurück legte, um dem Schmerz zu entkommen. Zeitgleich presste sich ein kühler, flacher und spitzer Gegenstand gegen Leanders Kehle. „Wage es nicht noch einmal, Männer aus meinem Kreis anzuheuern. Beim nächsten Mal habe ich keine Nachsicht mit dir.“ Wie lange er Jem und Edy nicht mehr aufgesucht hatte, wusste er schon gar nicht mehr. Er hatte das Handy abgeschaltet und war in dem Hotel, in dem er noch zwischendurch arbeitete, untergetaucht. Einmal hatte er das Handy eingeschaltet und festgestellt, dass Jem ihn mindestens zwanzig Mal angerufen haben musste. Aber kaum wollte er es wieder abschalten, da meldete sich Gianni plötzlich. Leander ging ran und der Grieche teilte ihm mit, dass sie morgen mit den Arbeiten an der Pension beginnen wollten und ob er Jeremys Nummer haben könnte. Von Franky hatte er vorerst weder etwas gesehen noch etwas gehört. Das musste allerdings nichts heißen. Jedenfalls war es doch schon mal eine Erleichterung zu wissen, dass Franky ihnen nicht dazwischen funken würde. Die Warnung war deutlich gewesen und er würde ohnehin niemanden mehr um Hilfe bitten. Immerhin erledigte Gianni den größten, groben Teil der Arbeit, aber den Rest schaffte Edy schon mit Jeremys Hilfe. Was die beiden wohl trieben? Seufzend schaltete er das Handy ab. Auch Yannis spukte ihm durch den Kopf. Immer wieder sah er dieses süße Gesicht, unter den Lichterketten, oben auf den Stufen deutlich vor sich. Diese unglaublich betörenden Blicke. Das Verlangen danach, den Jungen zu sehen, wurde irgendwann übermächtig groß und auch wenn ihm seine innere Stimme es verbot, konnte er sich kaum zurückhalten. Eines Abends machte er sich schließlich auf den Weg ins Black Hills. Yannis war nur leider nirgends zu sehen. Teilweise war es so brechend voll, dass sich Leander kaum bewegen konnte. Also begab er sich zur Bar, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Nur leider konnte er sich kaum konzentrieren, denn schon gesellte sich irgend so ein dunkelhaariger Kerl zu ihm, beugte sich tiefer als nötig hinunter und erzählte ihm, was er jetzt zu gern mit Leander angestellt hatte. Und genau in diesem Augenblick entdeckte er Yannis. Er klappte den Mund auf, wollte etwas sagen, aber da entwischte ihm Yannis schon wieder! Und nicht nur das, nachdem sich ihre Blicke begegnet waren, wandte sich Yannis eiskalt ab! Einfach so … Sprachlos starrte Leander ihm hinterher, was war denn jetzt wieder los? Warum wurde er jetzt schon wieder ignoriert? Hatte er das alles vielleicht falsch gedeutet? Das konnte doch nicht sein … Aber egal wie oft er versuchte mit Yannis Blickkontakt aufzunehmen, der andere ignorierte ihn. Okay, dass die Welt um ihn herum zerbrach, konnte er nicht leugnen. Und jetzt kam ihm ein fürchterlicher Gedanke. Er hatte wie ein Vollidiot auf einer rosaroten Wolke geschwebt! Er war blind gewesen und hatte nur das gesehen, was er auch sehen wollte. Ihm war nicht einmal in den Sinn gekommen, dass er sich bei Yannis auch irren konnte. Irgendwann, nach dem dritten Bier, verließ er den Laden. Wie viele Stunden er dort gesessen, wie viele er Typen er abblitzen lassen hatte, konnte er nicht genau sagen. Aber irgendwann verging ihm tierisch die Lust. Also brach er auf und ließ das Black Hills zumindest ein paar Schritte hinter sich. Er hatte sie nicht mehr alle, das war doch völlig absurd. Sich wegen einem solchen Schwachsinns die Laune zu verderben und sich wie ein verliebtes kleines Mädchen aufzuführen. Aber warum wollten sich seine Füße dann nicht von der Stelle bewegen? Die laute Musik dröhnte in seinen Ohren und doch glaubte er in einer schrecklichen Stille zu versinken. Er wollte einfach nicht wahrhaben, dass er sich geirrt hatte. Für gewöhnlich fackelte er nicht lange, wenn ihm jemand gefiel. Auch die andere Seite ging drauf ein, wenn sie ein Signal bekam. Aber bei Yannis war verdammt schwer gewesen auch nur irgendwas zu deuten. Aber dann war da dieser zuckersüße Moment gewesen. „Da wird jemand zusammen geschlagen!“, brüllt jemand. So viel griechisch versteht er noch. Menschen rennen in eine bestimmte Richtung und ein kleines beunruhigendes Gefühl übermannt ihn. Geschrei wird lauter, am schlimmsten wird es, als er sieht, wie die Menschen auf die Gasse zu rennen, die höchstwahrscheinlich zum Hinterhof des Black Hills führen. Sofort dreht er sich herum, will in dieselbe Richtung laufen, als zwei riesige Gestalten aus der Gasse hetzen. Verdammt, sind das nicht Frankys Jungs? Gottverdammte scheiße! Er rannte durch die schmale Gasse, schubste die Leute beiseite und erstarrte. Das Blut gefror in seinen Adern. Das war Yannis! Und sie hatten ihn brutal zusammen geschlagen! „Ruft den Notarzt!“, brüllte er. Schnell beugte er sich hinunter und stützte Yannis. Das Gesicht des Jungen war blutig zerschlagen, die schmalen Augen nur einen winzigen Spalt geöffnet. Er blickte Leander an, als wollte er etwas sagen. Verlor aber das Bewusstsein. Eine unbeschreibliche Panik stieg in ihm auf. „Yannis!“, brüllte er, rüttelte leicht an dem Jungen. Aber er rührte sich nicht. „Ruft verdammt nochmal den Notarzt!“ Seine Schreie hallten an den Wänden der modrigen Gasse wider. Der Krankenwagen hatte viel zu lange auf sich warten lassen, Leander hatte ein Taxi auf der Straße angehalten und hatte noch zwei andere als Zeugen mitgenommen, nur für alle Fälle. Yannis war seither völlig weggetreten, irgendwann wurden sie fortgeschickt. Die Jungs, die mit ihm gekommen waren, bedauerten Leander gegenüber den Vorfall und wünschten Yannis gute Besserung. Etwas unschlüssig stand Leander im Eingang, unruhig bewegte er sich unter dem grellen, weißen Licht auf und ab. Wie hatte das nur passieren können? Warum zum Teufel hatten sie Yannis aufgelauert? Vielleicht, weil er sich schon so lange im Verborgenen hielt und weil sie glaubten, der Kleine wüsste etwas über seinen Aufenthaltsort. Aber kein Grund, ihn so brutal zusammen zu schlagen. Seine Hände ballten sich zu zitternden Fäusten, er biss sich hart auf die Unterlippe. Der Anblick hatte ihm den Atem geraubt … Verdammte Scheiße und das war auch noch alles seine Schuld gewesen! Es war doch klar, dass so etwas irgendwann passieren würde! Diese miesen Arschlöcher würde er sich noch ganz persönlich krallen, er würde sie zusammenschlagen und ihnen die Scheiße aus dem Leib prügeln. Hinter ihm wurden Stimmen laut, wie lange stand er schon hier? Drei, vier Stunden? Unter anderem konnte er Yannis ausmachen. Erschrocken sah er sich um, suchte nach einem Versteck. Wie sollte er dem Jungen noch ins Gesicht blicken können, nachdem er wegen Leander so brutal verprügelt worden war? Ein Stück von ihm entfernt war ein Gebüsch, direkt vor der Kurve zum Eingang. Mit schnellen Schritten bewegte er sich darauf zu und sprang hinein. Vielleicht wäre es sogar besser, er würde Yannis nie wieder über den Weg laufen. Und den anderen Jungs schon gar nicht … diese Hände brachten nur Unheil und Pech über die Menschen, die er gern hatte. Seine Augen glitten abwärts, zwar konnte er seine Hände nur undeutlich sehen, aber bis vorhin noch hatte Yannis‘ Blut daran geklebt, das er sich aber in der Krankenhaustoilette abgewaschen hatte. Dort hatte er sich im Spiegel betrachtet, auch auf seinen Klamotten waren rote Flecken gewesen. Und dieses Bewusstsein reichte ihm aus, um ihn eine Entscheidung treffen zu lassen, die ihm verdammt schwer im Magen wog. Die Türen des Krankenhauses schoben sich auseinander, Yannis trat ins grelle Licht. Man hatte ihm den Kopf verbunden, auch an der Lippe hatte er so etwas wie ein dickes Pflaster. Ein schrecklicher Stich durchzuckte Leander, er krallte sich die Hand ins Shirt, seine Finger knirschten. Wie konnte überhaupt jemand so skrupellos sein und diesen wehrlosen, dürren Jungen schlagen? Der Anblick tat ihm in der Seele weh. Yannis telefonierte, Leander erschrak ein wenig, als der junge Mann direkt in seine Richtung blickte. Seine Augen blieben eine Zeitlang auf dem Busch hängen, dann wandte er es ab. Leander atmete ein wenig auf. Er wollte Yannis nicht über den Weg laufen … er ertrug den Anblick ja schon aus der Ferne nicht … seine Schuldgefühle wuchsen immer weiter an, je länger Leander ihn betrachtete. Jetzt erst erkannte er den Ernst seiner Lage. Er war eine Gefahr für Yannis und auch für die anderen. Yannis bewegte sich mit langsamen Schritten die Auffahrt hinunter. Ein alter, rostiger Wagen fuhr zeitgleich vor, die Reifen quietschten fürchterlich, als er bremste. Erleichtert atmete Leander auf. Es war Edy! Er brüllte irgendwie herum, sprang aus dem Auto und inspizierte Yannis. Wieder zog sich etwas schmerzhaft in ihm zusammen. Am liebsten wäre er zu ihnen gegangen, am liebsten hätte er sie begleitet … er wollte mit ihnen zurück in die Pension, wollte sich um Yannis kümmern, sich bei ihm entschuldigen … aber er konnte sich nicht rühren, seine Füße wollten ihm nicht gehorchen. Edy stieg ein und Yannis ging um den Wagen herum, öffnete die Tür. Leander erhob sich langsam, blickte sehnsüchtig zu dem Wagen rüber. Und als hätte Yannis ihn gesehen, hob er erneut den Kopf und blickte direkt in Leanders Richtung. Das Gebüsch lag außer Reichweite der Lichter, viel durfte er sicher nicht erkennen. Und doch hoffte Leander, der andere würde ihn vielleicht sehen. Würde zu ihm kommen, ihn packen und mit in den Wagen zerren. Aber es geschah nichts. Leander wandte sich langsam ab und trat aus der anderen Seite wieder aus dem Gestrüpp. Das war’s dann wohl. Kapitel 9: Die Unschuld eines Stalkers -------------------------------------- Ihr Lieben, verzeiht mir die Verzögerung! Leider hab ich ja nur mein Handy, das ich als Hotspot nutze, um Zugang ins Internet zu haben. Und da Base klugerweise meinte, über die Weihnachtszeit irgendwelche *cheiß-netze ausbauen zu müssen, bin ich kaum ins Internet gekommen oder wurde ständig wieder rausgekickt! =_= Falls ihr hier mal nicht zum lesen kommt, auf ff.de sollte es immer etwas schneller voran gehen! Ihr braucht euch dort nicht zu registrieren, um zu lesen! Aber die Seite lädt bei mir, selbst wenn mein Surfvolumen fast ausgelutscht ist! :D http://www.fanfiktion.de/s/4f46224100021dfe0c9055f0 Vielleicht wäre es so das Beste für ihn und auch für die Jungs. Er würde niemanden in Gefahr bringen und Franky würde aufhören ihn zu beschatten. Zwei Tage hatte er sich nicht mehr bei Jem gemeldet. Der Amerikaner hatte ihm zwischendurch Nachrichten geschickt. Leander hatte ihn damit vertröstet, dass es im Hotel zu viel zu tun gab. Nachdem seine Zwölf-Stunden-Schicht endlich ein Ende hatte, quälte er sich zurück in sein Quartier. Müde drückte er mit der Fußspitze gegen seine Hacken, schob sich die Schuhe von den Füßen und ließ sich bäuchlings auf das zerwühlte Bett plumpsen. Fast wäre er eingeschlafen, glaubte dann aber ein kleines Räuspern zu hören. Ein Auge öffnete sich halb, er hatte keine Kraft mehr um sich überhaupt noch zu bewegen. Seine Füße pulsierten, Arme und Beine taten ihm schrecklich weh. „Wie ich höre, hast du Plaka den Rücken gekehrt?“ Jetzt wusste er, dass es keine Einbildung war. Allerdings antwortete Leander auch nur mit einem kleinen Schnauben und schloss wieder das Augenlid. Schritte kamen auf ihn zu und er wusste, dass Franky nicht alleine war. Irgendeiner seiner Gorillas musste dabei sein. Jemand packte ihn an den Hüften und wirbelte ihn herum. Kaum lag er auf dem Rücken, konnte er Dias erkennen, der vor seinem Bett stand und ihn angrinste. „Mittlerweile glaub ich, dass du echt nichts Besseres zu tun hast“, murmelte Leander und hob eine Augenbraue. Franky hatte sich auf dem schäbigen Sessel niedergelassen, die Beine überschlagen und rauchte eine Zigarre. Der Qualm schwebte wie ein unheilverkündender, schwerer Nebel durch den Raum. Franky stieß den Qualm aus der Nase aus. „Ich hab gehört du hast zwei unserer Jungs ins Krankenhaus befördert.“ Franky zog erneut an der Zigarre, der rötliche Schimmer war deutlich im Halbdunkel zu erkennen. Genervt schob Leander Dias‘ Hand von sich und erhob sich halb. „Deine hirnlosen Affen haben damit angefangen!“, verteidigte er sich. „Davon hab ich auch gehört.“ Franky lachte. „Der Kleine aus dem Black Hills, nicht wahr?“ Leander rieb sich müde das Gesicht. „Das geht dich überhaupt nichts an!“ „Hör zu, Leander“, begann Franky. „Ich weiß gar nicht was dein Problem ist, aber irgendwie kannst du dieses Freiheits-Ding nicht durchziehen. Du stellst nicht nur dir selbst, sondern auch mir Steine in den Weg, wenn du verstehst was ich meine.“ Leander war viel zu müde um auch nur ein Wort vernünftig aufzuschnappen. „Was für Steine?“ Franky steckte sich die Zigarre in den Mund, hob beide Hände, bewegte sie wie die Schalen einer Waage auf und ab. „Du hast immer hier oben gestanden.“ Es hörte sich seltsam an, wie er so durch die Zigarre in seinem Mund sprach. Dabei hob er die rechte Hand. „Die Dinge, die du in letzter Zeit abziehst, ziehen dich immer weiter hinunter.“ Seine rechte Hand begann zu sinken. „Diese krummen Dinger, die du abziehst, sind wie Steine, die dein Gewicht immer weiter hinunter drücken.“ Leander verstand nur Bahnhof. „Was für krumme Dinger?“ Franky schlug beide Hände hart auf die Polster und erhob sich ruckartig aus dem Sessel. „Du benutzt nicht nur meine Kontakte, um mir eine Konkurrenz auf den Hals zu hetzen, damit das halbe Land über mich lacht, jetzt mischst du dich auch noch anderweitig in meine Geschäfte ein! Dieser kleine Bastard arbeitet für mich, das Black Hills gehört mir, verstanden?“ Seine Stimme wurde immer lauter. „Und wenn ich diesen Knirps loswerden will, dann werde ich ihn auch los! Aber wenn du es wagst dich einzumischen, dann werde ich sehr, sehr wütend!“ Knirps? Meinte er Yannis? „Was willst du von ihm …?“ Franky hob beide Augenbrauen, das konnte Leander deutlich erkennen, als sein ehemaliger Boss wieder an der Zigarre zog und sie aufglühen ließ. „Ich dachte ihr fickt miteinander, hat er dir nichts erzählt?“ Leander schnaubte. Der alte Sack konnte nicht einmal ansatzweise ahnen, wie nahe diese Analyse seinem größten Verlangen kam. „Nein.“ Moment, was hatte Yannis mit all diesem Bockmist zu tun? „Der Kleine hat ein paar Dinge gesehen, die nicht gut für ihn waren.“ Jetzt war es an Leander die Augenbrauen zu heben und seine Müdigkeit war fast wie weggeblasen. „Was soll das bedeuten?“ „Dass er den Keller unter dem ‚Black Hills‘ gesehen hat.“ Dias grinste. Den Keller? Was war mit dem verdammten Keller? „Dort lagern ein paar Kisten von unserem Zeug.“, klärte Dias ihn gnädiger weise auf. „Er muss verschwinden.“ Leander glaubte nicht richtig zu hören. „Er wird dicht halten, ganz bestimmt!“ Franky kam langsam auf ihn zu und blieb dicht vor ihm stehen. „Ganz bestimmt“, wiederholte er leise Leanders Worte, ihre Nasenspitzen berührten sich fast. Er drückte seine Zigarre auf Leanders Laken aus, ein fürchterlicher Gestank trieb ihm in die Nase. „Weil du ihn aus dem Weg räumen wirst. Und wenn du das nicht tust, werde ich das Hotel deiner kleinen Freunde persönlich in die Luft jagen, haben wir uns verstanden?“ Seine Schritte trugen ihn durch die Stadt, vorbei an den Weinhändlern. Er wusste, Franky würde seine Drohung von gestern wahr machen, aber was konnte er dagegen tun, wie könnte er Yannis beschützen? Und konnte er das überhaupt? Schnell bestellte er beim Großhändler, der zufällig ein guter Bekannter war, Wein für das Hotel und eilte dann weiter. In zwei Stunden begann schon wieder die nächste Schicht. Auch wenn er langsam aber sicher richtig müde wurde, machte ihm die Erschöpfung nicht einmal annähernd so sehr zu schaffen, wie die Angst um Yannis. Aber wenn diese Vollidioten auch den Keller als Lager benutzten, war es doch klar gewesen, dass es früher oder später von einem der Mitarbeiter entdeckt wurde. Aber seltsam, dass gerade ein Wirbel daraus gemacht wurde, weil es Yannis war. Und Leander war sich sogar sicher, dass Yannis kleine Spannerei nicht der einzige Grund für Frankys Wutanfall war. Kaum bog er in eine Gasse, glaubte er Schritte zu hören. Schritte, die ihn in dieser Gegend nicht verfolgen dürften, weil er die schmaleren Gassen nahm. Hier lief selten nur jemand umher, abgesehen von den Händlern selbst. Er lief schneller, aber auch die Gestalt hinter ihm bewegte sich deutlich schneller, passte sich ihm an. Zum Teufel, da verfolgte ihn tatsächlich jemand! Okay, den würde er sicher schnell ablenken. Es war keiner von Frankys Jungs, der hier bewegte sich zu laut, zu auffällig und zu plump. Leander wurde schneller, bewegte sich gezielt in engere, schäbigere Gassen und fand eine kleine Kreuzung. Hinter einer Hauswand versteckte er sich und wartete. Die Schritte kamen immer näher, er konnte selbst den schnellen Atem hören. Leander trat einen Schritt vor, sein Verfolger stieß hart mit ihm zusammen und presste sich mit einem kleinen Schmerzenslaut die Hände auf die Nase. Dann hoben sich seine himmelblauen Augen, Leander stockte der Atem. Nein … um Gottes willen, nein! Warum war Yannis hier, warum folgte er ihm? „Äh …“, machte Yannis. Aber Leander ließ ihm kaum eine Gelegenheit dazu, den Mund weiter aufzumachen. Er nahm dem jungen Mann eine Einkaufstasche aus der Hand, die andere wollte er nicht hergeben, konnte ihm kaum lange genug ins Gesicht sehen. Er hatte im Gesicht ein paar blaue Flecken und zuckte leicht zusammen, als Leander ihn so grob am Arm packte. Aber ohne weiter Rücksicht zu nehmen, führte er Yannis aus der Gasse heraus. Hoffentlich sah sie niemand und wenn doch, konnten sie bezeugen, dass Leander ihn ziemlich grob abführte. Eigentlich tat es ihm leid, aber ihm blieb keine andere Wahl. Er musste weg von hier, weg von der Straße … Verdammt, sein Herz platzte bald vor lauter Aufregung! Wieso tauchte dieser Wurm auch gerade jetzt auf? Erst, als sie auf der Hauptstraße waren, sprach Leander, ohne ihn dabei anzusehen. „Warum verfolgst du mich?“ „Ich habe dich nicht verfolgt! Ich war nur zufällig da!“ Der Kleine war schon ganz außer Atem. Die Aufregung in Leander wuchs allerdings immer weiter an, am besten nahm er ihn erst einmal mit ins Hotel. Der Gedanke daran ließ ihn ein wenig schaudern, denn er wusste schon, was er mit Yannis anfangen würde. Jedes Mal wich er Leander aus, jedes Mal zeigte er ihm die kalte Schulter! Die Sache im Klo vom ‚Black Hills‘ hatte ihm aber gezeigt, dass Yannis doch etwas für ihn empfand. So ein Gesicht vergaß man so schnell nicht. Nicht einmal Leander. Und das würde er jetzt auch Yannis beweisen! „Natürlich.“ Leander schnaubte belustigt, ließ sich aber nichts anmerken. Jetzt erst begann er sich zu wehren, wollte Leander die Hand entziehen. „Könntest du mich wohl loslassen?“ Leander dachte nicht im Traum daran, packte die schmalere Hand noch fester, seine Schritte wurden noch viel schneller. Er konnte es kaum abwarten, seine Hände schwitzten fürchterlich. Wie sehr er diesen miesen Lügner wollte, konnte er kaum in Worte fassen. „Das sehe ich!“, kam es bissig zurück. Sein Atem wurde schwerer, aber sie hatten das Hotel, in dem Leander arbeitete, recht schnell erreicht. Yannis‘ Unsicherheit war deutlich zu spüren, besonders, als Leander ihn hinten rum durch eine Gasse führte, statt mit ihm durch das Hotel zu gehen. Für einen Moment spürte er einen kleinen Stich, es erinnerte ihn schmerzlich an die Erfahrung, die Yannis mit der letzten, dunklen Gasse gemacht hatte. Ohne es wirklich zu bemerken drückte seine Hand etwas fester zu. Auf der Rückseite des Hotels ging es ziemlich laut her, vielleicht beruhigte es ihn ja ein wenig. Laster standen dort auf dem Hof, scheinbar wurde die Küche beliefert. Am liebsten hätte Leander den Jungs den Hals abgedreht, weil sie ihn aufhielten. Sie arbeiteten in der Küche, manchmal kellnerten sie auch im hoteleigenen Restaurant. Einer von ihnen verwickelte Leander in ein kurzes Gespräch, allerdings gefielen ihm die Blicke gar nicht. Auch nicht die, die sich auf ihre ineinander verschlungenen Hände richteten. Yannis schwieg die ganze Zeit über, traute sich kaum ein Wort zu sagen. Da wurden sie aber auch schon kurz darauf durchgelassen. Na endlich, fast hätte er ihnen in die Visagen getreten. „Was wollen wir denn hier …?“ Sex. „Ich arbeite hier, ich muss nur kurz etwas holen, dann bring ich dich zurück zu den anderen.“ Na ja sicher kannte er selbst den Weg nach Plaka, aber vielleicht würde der Kleine ja plötzlich kehrt machen und verschwinden wollen. Bitte sag jetzt nicht, dass du gehen willst … Leander wagte es nicht einmal zurück zu blicken, aus Angst, dass Yannis ihm die Aufregung aus dem Gesicht lesen könnte. Aus Angst, dass er seine Hintergedanken erahnen könnte. Aber Teufel, wenn nicht jetzt, wann denn dann? Das war mit größter Sicherheit seine erste und letzte Chance über Yannis herzufallen. Auch wenn er dieses süße, naive Vertrauen im Augenblick auf recht schamlose Weise ausnutzte. Hastig führte er Yannis die Treppen rauf, die zu seinem kleinen Apartment führten, an anderen, unzähligen Türen vorbei. Oh Gott, verdammte Scheiße … wann war er das letzte Mal so aufgeregt gewesen? Warum presste sich sein hartes Glied jetzt schon eng gegen seine Jeans? Und tanzten ihm da Funken vor den Augen, oder wurde er jetzt wahnsinnig? Wenigstens schaffte er es ohne Probleme die Tür aufzuschließen. Okay, tief Luft holen! Jetzt waren sie hier, jetzt hatte er ihn! Jetzt würde er Yannis zeigen, was er für Leander empfand. Und was er auf so erfolglose Weise zu verstecken versuchte. Hörte er da ein Handy vibrieren? Ganz langsam drehte er sich zu Yannis herum. Der Kleine blickte auf sein Handy hinunter. „Ich muss langsam zurück, die beiden machen sich Sorgen …“ Sein Finger wollte den Anruf entgegen nehmen, also war es Jem. Oder Edy … Nein … nein, das würden sie ihm jetzt nicht vermasseln, niemand würde das! Nicht einmal Jeremy Coleman! Schnell die Tür schließen und dann … ja, was dann? Keine Ahnung, jedenfalls hielt er es für das beste sich dicht vor Yannis zu stellen und sich langsam das Hemd aufzuknöpfen. Er hörte noch jemanden aus dem Telefon rufen, da rutschte es Yannis auch schon aus der Hand. Die großen Augen, die halb geöffneten, sinnlichen Lippen bescherten Leander ein ganz besonders großes Hochgefühl. Also ließ er Yannis tatsächlich nicht kalt! Er schob sich das Hemd von den Schultern, Yannis‘ Augen huschten ruhelos über seinen Oberkörper, seinen Bauch … Leander nahm ihm die Einkäufe aus der Hand, seine eigene Tasche, die er für Yannis getragen hatte, hatte er schon abgestellt. Nun waren die des jungen Mannes an der Reihe. Schließlich hob er eine Hand, legte sie auf Yannis‘ Wange. Diese wundervollen Augen, die ihn so erschrocken und doch so erwartungsfreudig betrachteten, in ihrer glasklaren Unschuld, die sich nur in den verliebten Blicken eines Menschen zeigte. Er war so unglaublich süß, so unheimlich verführerisch und irgendwie zerbrechlich und doch stolz zu gleich. Das Herz zog sich ihm in der Brust zusammen, ein kräftiges Kribbeln jagte ihm durch die Fingerspitzen, explodierte irgendwo in einem Bereich zwischen Bauch und Lenden. Seit er Yannis das erste Mal gesehen hatte, hatte er ihn auf eine seltsame Weise berührt. Diese kleine Flamme, die Yannis in ihm wach gekitzelt hatte, begann lodernd aufzusteigen. Klar hatte er sich bisher noch nie in jemanden verguckt. Hätte nicht einmal ansatzweise daran geglaubt, dass ihm so etwas passieren könnte. Und doch war es gerade passiert. Er wusste, es war zu spät. Auch wenn er es gewollt hätte, hätte er sich Yannis nicht mehr aus dem Kopf schlagen können. Und auch wenn er wusste, dass das hier etwas einmaliges sein würde, wollte er jetzt nicht darüber nachdenken. „Warum verschwindest du nicht einfach aus meinem Leben …?“, hörte er sich selber flüstern. Wann Yannis die zwei Schritte zurückgewichen war, konnte er nicht genau sagen. Aber er lehnte jetzt an der Tür, Leander beugte sich leicht über ihn, eine Hand auf der Wange dieses wundervollen jungen Mannes. Die andere lehnte dicht neben seinem Gesicht, um ihn vielleicht an einer Flucht zu hindern. Und doch wollte er Yannis noch ein Stück Freiraum geben. Wenn er wollte, konnte er Leander jederzeit wegstoßen und davon laufen. Nur kam keine Reaktion, die Brust hob und senkte sich lediglich etwas schneller. Zudem hatte er das Gesicht leicht angehoben, als würde er einen Kuss erwarten. Und der kam natürlich. Leander genoss das wunderbare Gefühl der warmen, weichen Lippen, die sich ihm so scheu öffneten. Erst tat sich allerdings rein gar nichts, was Leander einen Augenblick lang unruhig werden ließ. Hatte er sich geirrt? Vielleicht zwang er sich hier ja auch nur auf … Aber dann kam eine kleine Regung und Leander atmete innerlich erleichtert auf. Zwei Arme schlangen sich um Leanders Nacken, er schob sich ihm noch etwas entgegen. Und dann bewegten sich die Lippen sehnsuchtsvoller und gieriger gegeneinander. Besonders Yannis wurde richtig leidenschaftlich, atmete hastig aus der Nase aus. Verdammt, der war ja auch schon hart! Leander glaubte den Verstand zu verlieren, er konnte sich nicht mehr halten. Seine Hände packten Yannis‘ Hintern, drückten fest zu. Und hievten ihn hoch, fast wie ein Fliegengewicht, obwohl er selbst vielleicht kein Superman war. Yannis‘ Körper antwortete auf jede Aktion, seine Beine schlangen sich eng um Leanders Hüften, er ließ sich tragen. Das wilde Kribbeln breitete sich schlagartig aus, die Finger krallten sich an seinem Nacken fest. Leander konnte es kaum erwarten, ließ Yannis nach ein paar wenigen Schritten auf das zerwühlte Bett sinken und legte sich dabei auf ihn. Okay, auch wenn Yannis wollte, hätte er sich jetzt absolut nicht mehr zurückhalten können. Yannis zeigte ihm ja deutlich, dass er nichts dagegen hatte, von Leander berührt zu werden. Ganz im Gegenteil. Die Küsse wurden immer gieriger, leidenschaftlicher. Immer wieder atmete der Jüngere schnell und heftig durch die Nase aus, seine zittrigen Finger huschten abwärts, berührten die schmale Brust und glitten weiter hinunter. Mit flinken Griffen öffnete Yannis die Knöpfe der Jeans, zog sie ein Stück über Leanders Hüften hinunter, blieb jedoch hängen. Er stoppte mitten in der Bewegung, Leander verwickelte ihn in einen heißen Zungenkuss, ließ seine Zunge frech zwischen Yannis‘ Lippen schlüpfen und raubte ihm den letzten Atem. Seine Hände blieben nicht untätig, erkundeten Yannis auf hungrige Weise. Schnell hatte er ihn entkleidet und genoss das Gefühl von nackter Haut auf seiner eigenen. Und siehe da, Yannis war tatsächlich schon hart. „Zieh dich aus …“, keuchte er leise, aber fordernd. Und mit diesem unheimlich verführerischen, sexy Blick. Leander schmolz dahin, in seinen Lenden pulsierte es fast schon schmerzhaft. Der Aufforderung kam er natürlich nur zu gerne nach. „Hast …du … hast du was da …?“ Seine Worte endeten in einem langgezogenen Seufzer, Leander hatte sich aus dem Kuss gelöst und saugte sich an Yannis‘ Hals fest. Der junge Grieche bäumte sich auf, presste sich enger gegen Leander und spürte dessen hartes Fleisch, das sich gegen seinen Oberschenkel drückte. Lieber Gott, was für eine Stimme! Leander leckte über den schlanken Hals, biss erneut hinein, nur um ihn noch einmal so verführerisch stöhnen zu hören. Wieder bäumte Yannis auf, zuckte sogar zusammen und schlang erneut die Beine um Leanders Hüften. Seine Finger bohrten sich in Leanders breiten Rücken. Er verlor fast den Verstand, besonders als Yannis sich so an ihm fest klammerte. Sein harter Penis rieb sich gegen den von Yannis. Mit einer Hand tastete er nach der klapprigen Kommode neben dem Bett, stieß dabei die Lampe um. Ein paar Sachen flogen polternd zu Boden, aber er wollte sich nicht lösen. „Scheiße …“, keuchte er, was Yannis kurz auflachen ließ. Dann bekam er aber den Griff der Schublade zu fassen, zog etwas zu kräftig daran. Schon flog das gute Metallstück im hohen Bogen davon. Yannis lachte noch einmal glucksend auf, packte Leander am Arm. „Ich hab Gummis in meiner Jeans …“ „Seh ich aus wie ein Zirkusakrobat?“, knurrte er und rollte sich halb mit Yannis auf die andere Seite. Seine Hand tastete sich über den Boden, schließlich fand er, wonach er suchte. Die Tatsache, dass er Gummis mit sich herum schleppte, versetzte Leander einen winzigen Stich, den er schnell zu unterdrücken wusste. Für Eifersüchteleien war jetzt weiß Gott nicht die richtige Zeit. Yannis nahm Leander das kleine silberne Päckchen ab, als es Leander fast aus der Hand fiel. Verdammt, er war doch sonst nicht so tollpatschig, was war nur in ihn gefahren? Yannis aber lachte nur so süß, seine Wangen hatten einen rötlichen Schimmer angenommen. Es stand ihm wunderbar! „Ich mach das schon!“ Im Gegensatz zu Leander war er der Flinkere, hatte das Gummi befreit und rollte es Leander mit einer schnellen Bewegung über. Inzwischen schob sich Leander zwei Finger in den Mund, befeuchtete sie so gut es ging und schob den ersten tief in den zierlichen Körper. Wieder bäumte sich Yannis ein wenig auf, stöhnte aber genussvoll. Seine Hüften bewegten sich Leanders Hand entgegen. Und je mehr Yannis sich entspannte, umso mehr verlor Leander die Beherrschung. Von Zurückhaltung war kaum noch eine Spur. Nachdem nun auch der zweite Finger seinen Weg in den dunklen Spalt fand, wurde Yannis unruhiger. Er stöhnte wieder auf, verlangte nach mehr. Leander glitt an ihm hinunter, nahm das pulsierende Fleisch in seinem Mund auf. Sofort krallten sich Yannis‘ Finger ins Laken, sein Oberkörper bäumte sich auf. Mit fast glasigen Augen fixierte er Leander, stützte sich mit den Ellbogen in der Matratze ab. Leander liebte es, wie Yannis immer und immer zu seinen Kopf in den Nacken warf, wie sich die Finger in seinen Nacken krallten und verzweifelt versuchten den Rhythmus zu bestimmen. Nur leider ließ sich Leander davon keineswegs beirren. Sein Kopf bewegte sich träge auf und ab und entlockte Yannis wundervolle Töne. Seine Hüften kamen Leanders Finger entgegen. „Leander …!“, stöhnte er laut, presste die Zähne aufeinander. „Hör auf …!“ Okay, wenn er nicht wollte, dass Yannis ohne ihn zum Abschuss kam, musste er seinen Blowjob wohl oder übel vorzeitig abbrechen. Mit einem kleinen Ruck rollte er Yannis auf den Bauch, kniete sich dabei hinter ihn. Eine Hand schob er unter die Brust des jungen Griechen, hielt ihn fest. Mit der anderen Hand hob er die Hüften an und seufzte wohlig, denn der himmlische Hintern drückte sich so voll und Rund gegen seine Lenden. Es fühlte sich einfach nur unheimlich geil an! Dann drang er sehr langsam in Yannis ein, Millimeter für Millimeter. Zwischendurch stoppte er, wenn er das Gefühl hatte, er müsse es tun. Der Körper unter ihm erzitterte und doch war Yannis völlig entspannt, es fiel ihm also nicht sonderlich schwer, einzudringen. Leander biss sich auf die Unterlippe, stöhnte in den Nacken seines Partners. Und mit einer seltsamen, kleinen Genugtuung konnte er deutlich erkennen, wie eine feine Gänsehaut sichtbar wurde. Jetzt erst ließ er die Brust los, stützte eine Hand an dem runden Gesäß ab, die andere fand ihren Weg weiter abwärts und schlüpfte zwischen Yannis‘ Schenkel. Jetzt seufzte der Jüngere wieder wohlig auf, begann wie von selbst den Hintern gegen Leanders Penis zu bewegen. Ob das Ganze für Yannis so schmerzfrei war, wie es aussah, konnte er nicht genau einschätzen, zumindest gab er keinen gequälten Laut von sich. Also zumindest nicht so einen. Himmel, er war so eng! Leander knurrte Yannis in den Nacken, verbiss sich in die empfindliche Haut und kam dem Drängen entgegen. Leider brauchte Yannis nicht besonders lange, er kam mit einem süßen kleinen Aufschrei in Leanders Hand. Schließlich wurden seine Stöße zum Schluss kräftiger, bis auch er seinen Höhepunkt mit einem befriedigten Seufzen erreichte. Kapitel 10: Verrat ------------------ Stalk me on Facebook ;) https://www.facebook.com/CaitLinDaray „Ich muss runter, die Arbeit ruft.“ Leander stand vor dem Bett, zog sich die Uniform an. Die schwarze Hose, darüber das weiße Hemd, die dunkle Weste. „Okay …“, kam es leise von Yannis, der noch nackt auf dem Bett saß. Das Laken lag auf seinem Schoß, bedeckte nur bestimmte Teile seines schönen Körpers. Das blonde Haar hing ihm wirr ins Gesicht, seine blauen Augen strahlten hell. Leander konnte nicht hinein sehen, konnte dem Blick nicht standhalten. Weil er wusste, er würde etwas sehen, was ihm Probleme bereiten würde. Diese kleine, süße Hoffnung … Zwar hatte er geglaubt Yannis etwas beweisen zu wollen, aber jetzt wusste er, dass es kaum der Wahrheit entsprach. Er wollte es für sich selbst, das ahnte er jetzt. Leander war sich selbst nicht sicher gewesen, seine eigenen Gefühle verwirrten ihn. Und jetzt hatte er eine Art doppelte Bestätigung. Eine würde er sehen, wenn er Yannis anschauen würde. Die andere, wenn er in den Spiegel blickte. „Du musst nicht warten, ich arbeite meistens bis spät in die Nacht. Wenn du dann in die Pension zurück gehst, sag Jem, dass ich zwischendurch reinschauen werde. Die Saison hat begonnen, ich kann hier nicht weg. Und noch wirft die Pension kein Geld ab, wir werden kaum davon leben können.“ Er lächelte. Er wusste, es war ein kühles Lächeln. Eins, das Yannis gar nicht gefallen würde. Aber es musste sein. Verdammter Scheißdreck, er schaffte es ja nicht einmal in diese Augen zu sehen. Irgendwas in seiner Brust zog sich fast schon schmerzhaft zusammen. Schnell knöpfte er die Weste zu. Yannis gab keinen Ton von sich, starrte auf Leanders Rücken. „Leander …“ Seine Stimme war so sanft, so zerbrechlich. „Was gibt’s?“ Es musste sich locker anhören, unbesonnen. Es gab eine kleine Pause. „War’s das jetzt …?“ Ein seltsames Prickeln jagte ihm durch das Rückgrat, erschütterte seinen Körper. Er wollte es nicht beenden! Er wollte nichts beenden, das gerade ins Rollen gekommen war. Doch die Gefühle für Yannis wurden zu groß, zu gefährlich. Er musste sie unterbinden, solange sie ihn noch nicht davon gespült hatten. Wenn er es erst so weit kommen ließ, würde er nicht als einziger ertrinken. „Was meinst du?“ Leander lachte, hoffentlich bemerkte er das Zittern nicht, das in seiner Stimme mitschwang. „War doch nur Sex!“ Er zuckte kurz mit den Schultern. Was war er für ein Arschloch, er konnte diesen Jungen nicht einmal ansehen, während er so etwas sagte! Schnell schlüpfte er in seine schwarzen Turnschuhe. Vermutlich war er der einzige, der in dem Hotel mit diesen Dingern herum lief. Aber die anderen, förmlichen Schuhe, die zur Uniform gehörten, eigneten sich nicht als Springer. Yannis schwieg, er sagte gar nichts mehr. Die Atmosphäre im Raum wurde immer bedrückender, bis Leander es kaum noch aushielt. „Also dann, wir sehen uns!“ Er drehte sich halb um, zwinkerte Yannis zu und schloss die Tür hinter sich. Wieder hatte er ihn nicht ansehen können, wieder war er geflüchtet. Bei anderen hatte es ihm nie etwas ausgemacht, da hatte er es auch so gemeint, wenn er sich so kühl aufgeführt hatte. Aber bei Yannis war es etwas völlig anderes. Dabei hatten sie gerade noch richtig heißen Sex gehabt. Es war anders, als mit all den anderen. Er ging ein paar Schritte und blieb einen Augenblick lang stehen. Leander presste sich die Hand ins Gesicht, rieb sich die Wange. Dieser dumme Spruch fiel ihm ein. ‚Hinterher ist man immer klüger. ‘ In der Tat. Hätte er sich doch bloß nicht darauf eingelassen, hätte er diesen Jungen bloß nicht getroffen. Schnell setzte er sich den Knopf vom Headset ins Ohr, wenn er hier zu lange herum stand, bestand die Gefahr, dass Yannis ihn erwischte. Kaum sprang das kleine Funkgerät an, wurde er auch schon in die Lobby zitiert. Wenigstens würde er keine Zeit haben, um über Yannis nachzudenken. Irgendwann, mitten in der Nacht, saß Leander unten im Speisesaal. Es war gähnend leer. Kein Wunder, es war ja auch halb drei. Das Mitternachtsbuffet war noch geöffnet, zwischendurch verirrte sich der eine oder andere Gast noch hierher. Er hatte direkt gegenüber vom Pizzaofen Platz genommen, der ganze Saal roch unheimlich verführerisch. „Machst du mir auf die andere noch mehr Feta und Zwiebeln drauf?“ Leander schenkte Raffael ein breites Grinsen. Der arme Kerl war heute zur Nachtschicht verdonnert worden. Das hieß mutterseelenallein im Saal zu hocken und sich zu Tode zu langweilen. Und dabei zwischendurch Pizza zu backen, die heute Nacht dort angeboten wurde. Leander hatte seine erste schon verdrückt, sie war relativ klein ausgefallen. „Du verfressener Bastard!“ Raffael lachte. „Stell dich hierher und back sie selbst, du arroganter Faulpelz! Den ganzen Tag stolzierst du wie ein Pfau durch das Hotel, erzähl mir doch nicht, du würdest arbeiten! Reißt dir bestimmt dauernd irgendwelche Frauen auf, was?“ Sein kurzes, schwarzes Haar verschwand unter dieser riesigen, lächerlichen Kochmütze. Er war nicht besonders hübsch, aber ein lustiger Kerl mit dem man gut lachen konnte. „Ich finde diese Pizza ist interessanter, als jede Frau auf dieser Welt.“ Leander lachte und Raffael lachte mit. Auch wenn er keine Ahnung hatte, wie Leander es meinte. Das war wohl auch besser so. Wenn sich im Hotel verbreiten würde, dass er schwul war, würde er definitiv geschnitten werden. „Das ist die Letzte, klar?“, brummte Raffael und schob die nächste Pizza in den Ofen. „Du bist der Beste!“ Leander grinste und hatte gerade sein letztes Stück verschlungen. Da begann das Handy in seiner Hosentasche zu vibrieren. „Ja, weil ich die Hand bin, die dich füttert, was?“ „Das auch!“ Leander lachte zwar, aber irgendwie wurde ihm ganz mulmig zumute. Jeremy rief an. „Hey, Jem!“ Er musste locker klingen, sonst würde dieser Scheiß-Ami etwas bemerken. Seinen Plan, auf Distanz zu gehen, musste er jetzt durchziehen. „Ich dachte, ich versuche mal mein Glück!“ Gott sei Dank, wenigstens schien Jem zu grinsen. „Wo bist du gerade?“ Etwas erleichtert, musste auch Leander schmunzeln. „Im Hotel … hat Yannis dir nichts gesagt? Ich …“ Aber Jeremy durchschnitt ihm das Wort. „Ja, aber wo genau? Weißt du, ich steh hier an der Rezeption und …“ Jetzt durchschnitt ihm Leander das Wort, er richtete sich kerzengerade auf. „Wie: An der Rezeption? Hier im Hotel, oder was?“ Jeremy prustete schwach. „Klar, wo sonst?“ Leander fuhr ruckartig hoch, legte sofort auf und rannte los. „Ich bin gleich wieder da, wehe du futterst meine Pizza! Dann verfüttere ich dich an die Haie!“, drohte er Raffael im vorbeirennen, stürmte mit hastigen Schritten aus dem Saal und jagte über den riesigen Gang hinweg. Schließlich endete dieser abrupt und er war auch schon in der großen Lobby, in der Tische und gemütlich aussehende Sessel quer im Raum verteilt waren. Die Tischlampen erhellten den riesigen Raum und verbreiteten eine wohlige Atmosphäre, die zum verweilen einlud. Doch dafür war jetzt keine Zeit! Er bewegte sich durch die Lobby und hinter einer Säule, tauchte auch schon die Rezeption vor ihm auf. Nur stand da leider niemand, außer dem Portier. „Leander!“, ertönte eine sanfte Stimme hinter ihm. Er drehte sich herum und sah Jeremy in einem der Sessel sitzen und winken. Der Amerikaner lächelte ihm breit zu, als Leander näher kam. Er hatte Jem gar nicht gesehen, dabei war er soeben ganz offensichtlich an ihm vorbei gerannt. „Was zum Henker tust du hier, um diese Uhrzeit?“ Leander schüttelte nur den Kopf und konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen. „Wieso, ist doch noch früh?“ Er warf einen Blick auf die riesige Uhr über der Rezeption, die von hier aus gut zu erkennen war. Kurz vor drei. Leander nickte ihn die Richtung, aus der er eben gekommen war. „Na dann komm, meine Pizza wartet auf mich.“ Er nahm kurz Blickkontakt mit dem Portier auf, zwinkerte und machte eine eigenartige Bewegung mit der Hand, die dem Mann wohl sagen sollte, dass alles in Ordnung war und Jem nicht lang bleiben würde. Der Portier nickte, es war ohnehin nichts los. „Pizza?“ Jem lachte, erhob sich aber und folgte Leander zurück durch den Gang, in den Saal. „Hey, Chefkoch!“ Leander nahm sich vom Buffet zwei Teller und begab sich zu Raffael, an die Theke. „Her, mit dem Goldstück!“ Der junge Mann hob eine Augenbraue, wünschte Jeremy aber einen guten Abend und verteilte die Pizza auf zwei Teller. „Für mich nichts, danke …“ „Wieso für dich, das ist meine!“, entgegnete Leander mit einem frechen, kleinen Grinsen, das seinen rechten Mundwinkel auf unheimlich verführerische Weise nach oben zog. Ob Yannis ihm wohl etwas erzählt hatte? Jem war sonst nie zum Hotel gekommen. Sie ließen sich am Tisch nieder und irgendwann, als Leander ihm ein Stück regelrecht aufgezwungen hatte, nahm Jeremy es entgegen. „Ich mag es nicht wenn ich esse und dabei beobachtet werde!“, hatte er gebrummt. Noch während sie dort saßen, kamen zwischendurch ein paar Leute in den Saal, nahmen sich etwas von der Pizza und ließen sich etwas weiter hinten nieder. „Ihr habt hier ganz schön viel zu tun, hm?“ Jeremy sah sich um. Leander nickte. „Hochsaison!“, erwiderte er nur. Auch Jeremy nickte und Leander sah ihm sofort an, dass er etwas auf dem Herzen hatte. „War der Fliesenleger schon da?“ Jeremy wurde aus seinen Gedanken gerissen, er lachte. „Der gute Mann ist ein Säufer!“ Leander grunzte belustigt und zuckte mit den Schultern, ließ sich den Feta mit den Zwiebeln auf der Zunge zergehen, während Jeremy sich nur zögernd daran gewagt hatte. „Das können so einige Griechen von sich behaupten, mich eingeschlossen!“ Er zwinkerte Jeremy verschwörerisch zu. „Aber mach dir keine Sorgen, er macht seine Sache wirklich sehr gut.“ Jeremy nickte. „Ja, ich habe es gemerkt …“ Der Tisch begann unter ihnen ein wenig zu zittern. Leander hob eine Augenbraue und schielte von der Seite hinunter, warf einen Blick auf Jeremys Beine, die so fürchterlich auf und ab zuckten. Verwirrt sah er in das schöne Gesicht, mit den braunen Augen. „Ist irgendwas?“ Jeremy fühlte sich ein wenig ertappt und biss sich schwach auf die Unterlippe. Wieder sah er sich so verstohlen um, schüttelte aber schließlich den Kopf. Leander nahm eine Serviette, wischte sich damit den Mund und fixierte Jeremy jetzt intensiver. „Was ist los?“ „Nichts, wirklich!“ Leanders Hand schoss unter dem Tisch nach vorne, presste sich mit Druck auf Jeremys Knie. „Dann hör auf damit, das macht mich wahnsinnig!“ „Oh … sorry …“ Das Bein stand wieder still und nur widerwillig zog Leander seine Hand zurück. Da hatte sie doch eigentlich ganz gut gelegen. „Habt ihr viele Gäste?“ Seit er Jeremy kannte, hatte er noch nie eine so offensichtlich dämliche Unterhaltung geführt. Vor allen Dingen auch keine, die sich so erzwungen anfühlte. „Was ist dein Problem, Jem?“ Leander beugte sich leicht nach vorn. „Du hast doch eins, das kann ich sehen.“ Jeremy erstarrte sogleich und verkrampfte sich dabei ein wenig. Schnell wedelte er mit der Hand. „Ich wollte dich ja eigentlich etwas fragen, aber wenn ich das ganze hier so sehe …“ Seine Augen huschten rüber zu Raffael. „Willst du doch noch eine Pizza? Raff-O macht dir sicher gerne eine.“ Jem hob beide Augenbrauen. „Raff-O?“ „Na, der gute alte Raffael da drüben!“ Er nickte zu seinem deutschen Freund rüber. Dieser reckte sofort den Hals. „Was gibt’s?“, rief er. „Nein, nein!“ Jem schüttelte den Kopf. Er seufzte einmal schwer und sah sich dann wieder zu Leander um. „Ich weiß, du verdienst hier gutes Geld …“ „Gut?“ Leander grunzte belustigt und verschlang das letzte Stück. „… und hast ein fertiges Zimmer, warmes Wasser … du kannst jederzeit etwas essen, die Auswahl ist sicher groß.“ Leander verschluckte sich fast. „Bist du dir sicher, dass du gerade von mir sprichst?“ Das hier war eine der seltenen Ausnahmen. Eigentlich dürfte er nicht einmal hier sitzen und sich den Bauch mit heißen Pizzen vollschlagen. Wenn er Glück hatte, bekam er wie die anderen auch, nachher die nicht sonderlich üppig ausfallenden Reste, am Ende des Tages. Und jederzeit etwas essen? Manchmal arbeitete er acht oder neun Stunden, bevor er eine halbwegs anständige Pause einlegen und etwas trinken durfte. „Ich weiß echt nicht worauf du hinaus willst …“ Jeremy begann auf seiner Unterlippe herum zu kauen, überlegte noch einen Augenblick. Seltsam, so unsicher hatte Leander den taffen Amerikaner ja noch nie erlebt. „Ich wollte dich um deine Hilfe bitten, auch wenn das viel verlangt wäre.“ Sein Blick huschte wieder so unruhig hin und her. „Ich wollte dich eigentlich jetzt schon abwerben …“ Ein kleines Lächeln zeigte sich, hilflos zuckte er mit den Schultern. „Nur kann ich dir noch keinen Lohn zahlen, bis die Pension eröffnet. Deswegen wollte ich die Idee gleich wieder verwerfen, ich kann dir kaum etwas anbieten … nicht einmal halb so viel wie das, was du hier bekommst.“ „Du willst also, dass euch bei der Arbeit mit der Pension helfe?“ Himmel, war das ein wundervoller Anblick! Diesen fest von sich überzeugten und coolen Kerl auch mal so ratlos erleben zu dürfen! „Na ja … ja …“ Jeremy verzog die Lippen, offenbarte eine eigenartige Grimasse, die zwischen einer Art Flehen und Entschuldigung schwankte. Zumindest deutete Leander es in eine ähnliche Richtung. Dass Jeremy seine Hilfe brauchte, sah er deutlich an den Augen. Dass er sich einfach nicht dazu überwinden konnte, Leander richtig darum zu bitten, zeigte seine leicht abwehrende Körperhaltung. „Aber lass mal gut sein …“ Jeremy stützte beide Hände auf dem Tisch ab. „… ich wollte mal sehen was du so treibst …“ „Schafft ihr es nicht rechtzeitig?“, hakte Leander weiter nach, ohne sich daran zu stören. „Ich glaube bis Oktober wird es nichts …“ Jeremy wollte abwinken. Oktober? Also würde das heißen, dass sie noch zwei oder drei Monate ohne Einnahmen blieben? Das würde gefährlich werden. Sehr gefährlich. Jeder Tag war ohnehin ein Verlorener. „Ich kann hier jetzt nicht weg, Jem.“ Die Worte fühlten sich an wie Blei, aber er hatte sich dazu entschieden, auf Distanz zu gehen. Dann musste er das hier jetzt auch durchziehen. Am liebsten wollte er Jeremy gar nicht in die Augen sehen. „Das verstehe ich.“ ‚Nein‘, dachte er. ‚du verstehst rein gar nichts. ‘ „Ich kann dir ja auch noch nichts bieten.“ Irgendwie durchbohrte ihn dieser Satz wie ein Pfeil. Darum ging es doch gar nicht, verflucht! Aber vielleicht war es besser, wenn Jeremy das dachte, oder? Vielleicht würde er Leander ja für einen geldgeilen Bastard halten? Der seine Freunde für Geld verkaufte? Oh Himmel, er würde mit den beiden selbst einen elenden Hungertod in Kauf nehmen. Aber er wollte nicht dafür verantwortlich sein, wenn Frankys Männer ihnen die Pension eintraten. Und das auch nur, weil Leander seine Finger im Spiel hatte. „Na ja, aber dann kann ich doch ab Oktober mit dir rechnen, oder?“ Er lächelte. Leander brauchte gar nicht den Kopf zu heben, um das zu sehen. Dieses süße, bezaubernde Lächeln, das ihn vom ersten Tag ihrer Begegnung in seinen verfickten Bann gerissen hatte. ‚Hör auf so zu lächeln! ‘ „Bis dahin haben wir bestimmt auch die ersten Gäste! Edy kennt eine Menge Leute, die für uns Werbung machen könnten! Wir wollen eine Website erstellen, uns Seiten und Foren rauspicken und …“ „Kannst du bitte gehen?“ Jeremy erstarrte. Aber Leander ertrug es nicht mehr. Er ertrug Jeremys Gegenwart nicht mehr, seine, ja fast schon naiven, doch zuckersüßen, Worte. Er wollte diese Stimme nicht mehr hören, mit der Hoffnung auf eine Freundschaft, die es so niemals geben würde. „Ich bin müde und wollte schlafen gehen, ich muss um fünf wieder aufstehen.“ Einen Moment lang herrschte Stille, an dem Tisch weiter hinten lachte eine Frau auf, beißend und schrill. „Klar, gar kein Problem!“ Er lachte schon wieder, schob seinen Stuhl zurück. „Ich hab dich ja auch einfach so überrannt, aber wenn wir telefonieren, seh ich ja nicht ob es dir gut geht oder ob du mich nur anlügst.“ Jetzt erst hob Leander den Blick, er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und versuchte sich an einem smarten Lächeln. „Und was siehst du?“ Jeremys Lächeln verzog sich, ein gequälter Ausdruck trat in seine Augen „Etwas, das mir ganz und gar nicht gefällt“, flüsterte er und wandte sich ab. Jeremy rief nicht mehr an. Es war ein komisches Gefühl. Sonst meldete er sich täglich irgendwie, auch wenn es nur ein dämliches Smiley in einer SMS war, die er Leander schickte. Ein Gefühl der Leere überkam ihn, Jeremy fehlte ihm. Das wurde ihm erst richtig bewusst, nachdem der andere sich gar nicht mehr meldete. Er hatte sich einfach daran gewöhnt, daran, dass es immer Jeremy war, der sich meldete. Dass er es war, der ihm diese kleine Freude zwischendurch bereitete, wenn er mal anrief oder Leander eine Nachricht schickte, ohne etwas von ihm zu fordern. Und jetzt blieb das alles weg. Einfach so. Das Handy vibrierte nicht, kündigte ein paar Tage lang auch keine Nachrichten mehr an. Es war eine seltsame Zeit, in der er langsam begriff, was es bedeutete, wirklich einsam zu sein. Nicht einmal Franky kümmerte sich mehr um ihn. Ja, sicher! Erst gingen sie ihm alle auf den Geist, jetzt ließen sie ihn alle in Ruhe! Und das Schlimmste an der ganzen Sache war, dass ihn die letzten Worte dieses Scheiß-Amerikaners in jeder freien Minute verfolgten! Und manchmal machte es Leander so wütend, dass er mitten in der Arbeit inne hielt, nur Jeremys Tonfall nachzuäffen. Dabei ignorierte er gekonnt die Blicke der Gäste und jener, die gerade zufällig an ihm vorbei liefen. Zum Teufel mit dem Amerikaner! Nach der kleinen Trauer erfasste ihn eine unheimliche Wut. Sie galt Jeremy, Franky und vor allen Dingen diesem dummen Hotel hier, in dem er arbeitete. Manchmal regte er sich sogar beim Essen plötzlich auf, wenn ihm einfiel, dass Jeremy allem Anschein nach glaubte, er würde hier in Saus und Braus leben. „Reste, verdammte Scheiße! Reste!“, brummte er manchmal vor sich hin. Und mit jedem Tag wog das Gefühl des Verrats immer schwerer. Er hatte Jeremy verraten und nicht andersrum. Aber es war doch nur, damit Franky sie in Ruhe ließ! Immer, wenn er sich Richtung Plaka bewegt hatte, war ihm irgendjemand gefolgt! Zum Schluss hatten sie sogar Yannis erwischt und ihn zu Brei geschlagen! Apropos Yannis! Was würde jetzt mit ihm geschehen? Frankys Drohung war eindeutig gewesen. Schlagartig blieb er vor dem Aufzug stehen. Er trug zwei Koffer in den Händen, die er für ein paar Gäste runter bringen sollte. ‚Und wenn du das nicht tust, werde ich das Hotel deiner kleinen Freunde persönlich in die Luft jagen‘ Die Stimme verhallte in seinem Kopf, wurde immer schwächer. Der Mund riss ihm auf, in dem Moment als das klingelnde Geräusch des Aufzugs ertönte. Die Koffer fielen ihm aus den Händen, irgendwo klirrte etwas. Wie hatte er nur leichtsinnig sein können, wie hatte er glauben können, dass er Yannis schützen würde, indem er sie alle sich selbst überließ? Hatte Franky ihm nicht gedroht, er würde Yannis ausschalten, wenn Leander es nicht täte? Oh Himmel und wenn er doch noch im Black Hills arbeitete, war er doch noch viel größere Beute! Schnell zückte er sein Handy, stieg über die Koffer hinweg und sprang in den Aufzug, wählte Jeremys Nummer. Hinter ihm schrien die Besitzer der Koffer erbost auf, als sie gerade um die Ecke kamen. Er hörte ihr Gezeter schon nicht mehr, die Türen schlossen sich. Seit Tagen hatte sich Jeremy nicht gemeldet, das war doch gar nicht seine Art! Und jetzt ging er auch nicht ans Telefon! Und Edy? Edy ging auch nicht ran! Niemand ging ran, wenn es wirklich wichtig war, gottverfluchte Scheiße! Immer und immer wieder wählte er die Nummern, selbst als er durch die Lobby rannte und es irgendwie schafft, sich dabei die Weste vom Leib zu reißen. Mal rief er Jeremy an, mal Edy. Er rief sogar den verschissenen Fliesenleger an, diesen elenden Säufer! Leander schoss die Hitze ins Gesicht, das Herz schlug ihm wilder gegen die Brust. Franky! Franky war bestimmt schon in der Pension gewesen! Franky hatte ihnen sicher die Türen eingetreten, hatte jedem einzelnen in den Kopf geschossen … Leander wurde fast krank, versuchte diese wahnsinnigen Gedanken beiseite zu schieben. Allerdings trieben sie ihn immer schneller voran, er hetzte auf die offene Straße zu und schaffte es nach dem fünften Mal ein Taxi anzuhalten. Nicht dran denken, nicht dran denen! Immer und immer wieder verstrickte er sich in irgendeine verfluchte Scheiße, seit er Jeremy kannte! Ständig hatte er irgendwelche Probleme, dauernd musste er sich um diese Menschen sorgen! Und auch jetzt platzte ihm fast das Herz aus der Brust, die Angst legte sich wie eine eiskalte Hand auf seinen Rücken, kroch an seinem Rückgrat hinab. Dass er geglaubt hätte, es würde alles gut werden, in dem er sich in seiner Höhle versteckte, war mehr als nur hirnrissig gewesen! So war das eben, wenn man Freunde hatte, so war das eben, wenn man nicht mehr einsam war! Dann musste man sich Sorgen, sich Gedanken machen und sich um andere Menschen kümmern. „Fahr schneller, verfluchter Scheißdreck!“, brüllte er den Fahrer an, seine Hände begannen zu zittern. So schnell war er noch nie in Plaka gewesen. Am Fuße der Stadt ließ ihn der Taxifahrer raus. „Hey!“, schrie ihm der Fahrer hinterher, denn Leander sprang ohne zu bezahlen aus dem Taxi und hetzte atemlos weiter. Der Mann rannte ihm schreiend und brüllend hinterher. Leander hörte gar nicht hin, hetzte die immer enger werdenden Gassen hinauf. Die Straßen waren überfüllt von Touristen, er kam so gut wie gar nicht voran! Hier und dort quetschte er sich an Gruppen vorbei, hörte die wüsten Rufe der Touristenführer. Schneller, er musste noch schneller werden! Manchmal nahm er zwei, drei Stufen auf einmal, manchmal sogar mehr. Er bog in eine enge Gasse ein, hetzte weiter. Dann tauchte sie auch schon vor ihm auf. Die alte Tür, an der die Farbe nun nicht mehr abblätterte. Jemand hatte sie in einem leuchtenden blau gestrichen. Leander riss die Tür auf, sie war nicht abgeschlossen. War sie das überhaupt jemals gewesen? Er konnte sich nicht mehr erinnern! Und wenn sie jemand aufgebrochen hatte? „Jem!“, brüllte er aus vollem Halse, rannte auf das Gebäude zu. Draußen lag auch kein Material mehr herum, sie mussten alles ins Haus geschafft haben. „Jeremy!“, schrie er noch lauter. „Edy!“ Er riss die Tür auf. Hier war niemand. Kein Geräusch ertönte, niemand arbeitete. Selbst der Fliesenleger war nicht da! Leanders Atem beschleunigte sich schlagartig, bestimmt würde er gleich einen Herzinfarkt erleiden! Ein letztes Mal wählte er Jeremys Nummer. Und es klingelte! Er hörte das Handy sogar! Mit schnellen Schritten hastete er in die Richtung, aus der das Handy ertönte. Er riss die Tür zur Küche auf, oder zu dem, was mal eine Küche werden sollte. Das Gerät lag auf einem Karton und drehte sich dudelnd um sich selbst. Jede noch so kleine Hoffnung war verflogen, er ließ das eigene Telefon sinken. In dem Moment bohrte sich von hinten etwas in seinen Rücken, das sich wie eine Waffe anfühlte. Kapitel 11: Die Last der Wahrheit --------------------------------- Endlich wieder Internet! Ganz großes Sorry an alle! Leider hab ich schon lange keinen Zugriff mehr auf das Inet gehabt. Durch den Umzug hat sich noch alles verzögert... Ich hoffe es geht euch allen gut und natürlich hoff ich auch, dass ihr mir jetzt nicht davongelaufen seid! :D Wer mag, kann mich übrigens gerne besuchen! Dann seid ihr auch auf dem Laufenden und könnt mitverfolgen, wann ich die Fortsetzung von Lover To Go hochlade ;) http://www.facebook.com/CaitLinDaray https://twitter.com/Cait_chan GLG Cait Leander stockte der Atem. Er hatte niemanden kommen hören … Die Waffe drückte sich fester gegen seinen Rücken. Waren das Frankys Leute? Aber für gewöhnlich schossen die niemandem in den Rücken, sondern gezielt in den Hinterkopf. Leander ballte die Fäuste, riskierte einen Ausbruch. Er wirbelte herum, bekam den Arm mit der Waffe zu fassen. Mit der anderen Hand griff er in die Innenseite seiner Jacke und riss seine Browning hervor. Die neun Millimeterwaffe mit dem silbernen Lauf und dem schwarzen Griff presste sich blitzschnell und hart gegen Edys Stirn. „Leander!“, schrie Jeremy. Hinter ihnen gab es einen Rumms, irgendwas fiel zu Boden. Er erstarrte mitten in der Bewegung. Fast hätte er dem Mann in den Kopf geschossen, der sich als Edy herausstellte. Der kreidebleiche Italiener hatte sich halb geduckt, die Augen waren sperrangelweit aufgerissen. „Mann!“ Edy entriss ihm seinen Arm. „Mann, verdammte Scheiße, hast du sie noch alle?“, brüllte er weiter, als er den Ernst in den grauen Augen erkannte. „Bist du zugedröhnt oder was?“ Er stolperte ein paar Schritte zurück. Seine Waffe stellte sich als harmloser Porree heraus. Jeremy stand da, hielt zwei Taschen in den Händen. Hinter ihm war Yannis eingetreten. Ihm waren die Taschen aus den Händen gefallen. Scheinbar waren sie einkaufen gewesen. Schnell fand Leander wieder zu sich, ließ die Waffe sinken und atmete erleichtert aus. Gott sei Dank, es ging ihnen allen gut! „Bist du in Ordnung?“ Jeremy stellte die Sachen beiseite, musterte Leander mit einem irritierten Blick und kam langsam auf ihn zu. Leander stockte, er biss sich auf die Lippe mit dem Piercing, schmeckte das Eisen unangenehm intensiv. Vielleicht hatte er ein wenig übertrieben? Er versuchte die Waffe so beiläufig wie möglich verschwinden zu lassen. Nur war das leider nicht möglich. Er genoss die volle Aufmerksamkeit der Jungs. „Ich … ich dachte … ich … ihr seid … na ja …“ Seine Hände schwitzten fürchterlich, der Schweiß trat ihm auch auf die Stirn, glitt ihm über die Wange und perlte ihm vom Kinn. Jeremy trat noch näher, berührte ihn am Arm. „Setz dich …“, forderte er Leander auf und drückte ihn auf einen Karton nieder. „Yannis, sei so lieb und hol uns eine von den Flaschen, aus dem Schlafzimmer, ja?“ Flaschen? Aber Leanders Blick traf auf den des anderen jungen Griechen. Großes Entsetzen war darin zu lesen. Er war mindestens so bleich wie Edy! Und kaute ununterbrochen auf seinen Lippen herum. Selbst seine Hände zitterten. „Okay …“, gab er nur leise zurück und konnte gar nicht schnell genug aus der Küche flüchten. „Was ist passiert?“, wollte Jem wissen und zog ebenfalls eine Kiste heran, um sich darauf nieder zu lassen. Leander ließ er keine Sekunde aus den Augen. „Er hat wieder was genommen!“, warf Edy ein, stand noch immer unter Schock. Jeremy schloss einen Moment die Augen, atmete heftig aus der Nase aus. „Würdest du jetzt wohl die Klappe halten?“, grollte seine Stimme. Leander saß nur stocksteif da, spürte das Gewicht der Waffe unangenehm in der Tasche. Sonst hatte er sie nie gespürt, sie war zu einem Teil von ihm geworden. „Ich … dachte ich komme zu spät ...“ Leander beugte sich ein Stück nach vorne, presste beide Hände gegen die Stirn. „Die Türen standen auf … und ich dachte echt, das war‘s …“ Das Zittern seiner Stimme konnte er nicht mehr kontrollieren. Er konnte sich ebenso wenig zurückhalten, oder sein Pokerface aufsetzen. Jeremy schwieg einen Augenblick, bevor er Leander eine Frage stellte. „Ich habe dich in all der Zeit, in der wir uns kennen, nie etwas gefragt“, begann er. „Aber meinst du nicht, es ist langsam an der Zeit mal den Mund aufzumachen? Denn wenn wir hier schon um unser Leben fürchten müssen, haben wir auch ein Recht zu erfahren, worum es hier eigentlich geht, oder?“ Leanders Finger krallten sich in seinem Gesicht fest. Es kostete ihn große Überwindung weiter zu sprechen. Und doch wollte er es ausspucken, bevor Yannis wieder hinunter kam und es mit anhören konnte. „Ich …“ Jeremy konnte den Adamsapfel hüpfen sehen. „… habe eine Zeitlang für einen ziemlich schmierigen Typen gearbeitet ...“ Seine eigene Stimme klang wie ein heiseres Krächzen. „Ist das der Typ, der dich auf die Drogen gebracht hat?“, fragte Jeremy gezielt. Leander nickte schwach. „Und sind das die Bekannten, von denen du geredet hast? Die, die dich jederzeit in dein altes Leben zurückstoßen könnten?“ Edy hatte seine Stimme wiedergefunden, auch er suchte sich einen Sitzplatz. Unbewusst glitten seine Augen immer wieder zurück zu der ausgebeulten Jacke. Dort, wo sich die Waffe befand. „Ja …“ Leander ließ nun die Hände sinken und hob den Kopf, um die beiden Männer anzusehen. „Ich bin als Kind an eine Organisation verkauft worden …“ Er ignorierte die entsetzten Gesichter. „… und ich komm da nicht raus, auch wenn ich mich irgendwie losgelöst habe … vor meinem Drogenentzug …“ Ein schweres Seufzen entrang sich seiner Kehle. „… ich wollte euch nichts sagen … ich wollte euch nie in Gefahr bringen …“ Edy schnaubte. „Das hast du ja ganz toll hingekriegt.“ Er verschränkte die Arme. „Edy!“, mahnte Jem und trat ihm auf den Fuß. „Ist schon gut … er hat ja recht …“ Leander schüttelte langsam den Kopf „Es passt ihnen nicht, dass ich euch beim Bau unterstütze, da sich die meisten Hotels der Stadt in ihren Händen befinden.“ „Auch das noch …“ Edy schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. „Ihr seid keine Konkurrenz für sie!“ Jetzt wurde Leander ein wenig wütend. Vielleicht weil er glaubte, sich rechtfertigen zu müssen. „Eine Pension für Homosexuelle ist nicht zu vergleichen mit einem Vier-Sterne-Hotel mitten in Athen!“ Jeremy nickte langsam. „Was glaubst du, was er vorhat?“ „Ich schätze er wird seine Jungs herschicken … er wird Geld verlangen …“ „Da ist er ja bei uns goldrichtig!“ Edy lachte humorlos und tat, als würde er auf den Boden spucken. „Ich werde hierbleiben!“, bestimmte Leander plötzlich. Nein, er würde nicht mehr in das verdammte Hotel zurückkehren, sich der endlosen Arbeit widmen und darauf warten, dass ihn jeden Moment die Nachricht eines Brandes ereilte. Mit zwei ausländischen Todesopfern! Ach und einem Griechen! Leander glaubte seine eigene Galle zu schmecken. „Und dein Job?“ Jeremy legte ihm eine Hand auf das Knie. „Du musst nicht …“ „Und ob ich muss!“ Leander wurde lauter. „Ich scheiß auf den Job! Den brauch ich eh nicht!“ Edy brummte nur leise etwas vor sich hin und schüttelte immer wieder den Kopf. „Ich kann dich aber nicht bezahlen …“, kam es leise von Jem. „Mehr als verhungern können wir nicht!“ Leander versuchte zu Lächeln. „Aber ich kann nicht einfach dasitzen und warten!“ „Gibt es noch etwas, das wir wissen sollten?“ Edy rieb sich das Kinn. Es war voller Stoppeln und jetzt erst erkannte Leander wie müde und ausgelaugt die Jungs aussahen. Richtig mitgenommen … und wenn er sich umsah, wusste er auch warum. Sie arbeiteten auf Hochtouren um fertig zu werden. Und Leander hatte sie wie ein feiger Hund im Stich gelassen! Die Tür öffnete sich und Yannis kam herein, hielt eine Flasche Jim Beam in der Hand. In der anderen hatte er vier Pappbecher. „Ich hab leider nichts anderes gefunden …“, murmelte der Kleine und stellte die Sachen auf einen weiteren Karton, den Edy in ihrer Mitte geschoben hatte. Leander vermied jeden weiteren Augenkontakt. „Und wie verbleiben wir?“ Edy öffnete die Flasche und füllte etwas von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit in jeden Becher. „Wir arbeiten weiter.“ Jeremy zuckte mit den Schultern. „Und wenn wir Besuch bekommen, feiern wir ihn gebührend mit einem Schlückchen.“ Er rutschte auf seinem Karton etwas zur Seite, ließ Yannis Platz nehmen, der etwas verloren dagestanden hatte. Das kleine Eckchen reichte dem schmalen Jungen völlig aus. „Ich wiederhole mich nur ungern, aber wir können auch nicht besonders viel Geld für Essen ausgeben und haben nur das nötigste da“, warnte Jeremy Leander noch einmal vor und nahm sich einen Becher, so wie die anderen auch. Leander prostete den Jungs zu. „Mein lieber Jem, du glaubst gar nicht wie oft ich kurz vor dem Hungertod gestanden habe!“ Ein dunkles Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen, dann verschwand es und machte einem fröhlichen Grinsen Platz. „Außerdem haben wir Edy! Wir binden ihn zwischendurch an die Leine und lassen ihn in Athen als Äffchen auftreten, das bringt uns sicher einen Haufen Kohle ein!“ Er zwinkerte. Eigentlich war das so gar nicht seine Absicht gewesen. Doch er fing an, Yannis zu meiden. Er war ja schon verdammt froh darüber, dass die Jungs seine Beichte relativ locker hingenommen hatten. Aber vermutlich hatten sie bereits mit etwas derartigem gerechnet. Und hatten auch nicht weiter gebohrt. Auch wenn Edy Leander hin und wieder skeptische Blicke schenkte. Doch satirische Kommentare bezüglich seiner Vergangenheit, blieben aus. Und das rechnete Leander ihm ehrlich gesagt hoch an. Es war ein Zeichen des Respekts. Na ja … irgendwie zumindest. Wenn er Yannis‘ Blicke spürte, versuchte er ihnen so gut es ging auszuweichen. Wenn der Kleine sich ihm näherte, wich Leander zurück und mied erst einmal näheren Kontakt. Es fiel ihm schwer, denn er sah da etwas in den Augen des Jungen, was ihn ein wenig zurückschrecken ließ. Etwas, von dem er wusste, dass es ihn packen und nicht mehr loslassen würde, sobald er sich weiter darauf einließ. Ein einziger Schritt trennte sie voneinander. Ein Schritt, den Leander nicht mehr gehen wollte. Noch nicht. Es war nur Sex, mehr nicht. Wenn auch verdammt heißer Sex … und dieser Gedanke, an diesen unglaublich heißen Moment reichte aus, um seine Jeans auszubeulen, sich nach ihm zu verzehren. Und diese Blöße musste er sich echt nicht geben. Nur wurde seine Zurückhaltung zu einer bald ausgewachsenen Problematik, die sich als unangenehme Stresssituation herausstellte. Es fiel ihm schwer, nicht an Sex zu denken, wenn er Yannis zu nahe kam. Wenn sich ihre Arme flüchtig berührten, wenn er dem kleinen so nahe kam, dass er dessen Duft tief in sich aufsaugen konnte. Ein herrlicher Duft, etwas herb mit einer fruchtigen Note, der ihm den Verstand raubte. Zwei Tage lang tat sich nichts. Leander war oben und half dem besoffenen Fliesenleger, der das Bad noch nicht fertig hatte. Obwohl er den eigentlichen Termin zur Fertigstellung längst überschritten hatte. „Wenn du glaubst, dass du mehr Kohle bekommst, hast du dich geschnitten, alter Mann!“, fauchte Yannis auf Griechisch, riss die Tür auf. Und erstarrte. Leander stand dicht vor ihm, trug lediglich seine Jeans. Und wirklich nur seine Jeans. Sie saß ihm locker auf den Hüften, rutschte sogar bei jeder Bewegung. Sein braungebrannter Oberkörper glänzte im beißenden Licht der Sonne. Der weiche, dunkle Flaum auf seinem Bauch, der im Bund der lockeren Hose verschwand, bot einen verführerischen Anblick. Der Drei-Tage-Bart stand ihm ausgezeichnet und auch wenn er nicht besonders muskulös war, war der gute Yannis hin und weg. Leander hob eine Augenbraue und betrachtete den Kleinen, wie der so mit offenem Mund in der Tür stand. Er konnte deutlich sehen, wie die blauen Augen des Jüngeren über seinen Oberkörper wanderten. Seine Mundwinkel zuckten amüsiert, man konnte Yannis vieles aus dem Gesicht heraus lesen. Und Leander wusste genau, woran er dachte. Denn da war er wieder, dieser glasklare, ungetrübte Blick. Eine offensichtlich große Wärme und Zuneigung, die er für Leander empfand, lag darin. Ob Yannis wieder so sensibel auf ihn reagieren würde? Schnell verwarf er den Gedanken. „Wir sind fast fertig., meinte er nur und versuchte es so beiläufig wie möglich klingen zu lassen. „Oh… okay …“ Yannis klappte den Mund zu und stand erst einmal nur unschlüssig da. Er wollte wohl etwas sagen, nur traute er sich noch nicht. Vielleicht hatte ihn auch Leanders Anblick abgeschreckt, als er die Waffe auf Edys Kopf gerichtet hatte. Eigentlich wäre das doch auch in seinem Sinne gewesen. Je schneller er sich von Yannis entfernte umso besser. Denn noch war Franky zu gefährlich. Und es wäre doch besser, wenn er sich den Jungen so lange vom Leib halten konnte. Yannis schnaubte verächtlich, denn der Fliesenleger, ein breit gebauter, älterer Herr, hatte bereits eine Flasche Ouzo geleert. Er hockte summend am anderen Ende des riesigen Badezimmers und begutachtete ein sein Werk. Dann nahm er sich die Fliesenzange zur Hand und begann sie Stück für Stück zu bearbeiten. Aber auch wenn der fröhliche Kerl sehr langsam arbeitete, arbeitete er doch sehr sauber. Ein kleines Grinsen zog Leanders rechten Mundwinkel nach oben. „Keine Sorge, er macht seine Sache ganz gut“, flüsterte er Yannis zu und zwinkerte. Der Kleine blickte mit seinen hinreißenden, klugen Augen zu ihm auf. Sie blickten einander einfach nur an, ohne ein weiteres Wort. Und Leander spürte das, was auch Yannis spüren musste. Ein kleines Knistern zwischen ihnen, das immer lauter wurde. Als würde man Holzscheite in bereits wild loderndes Feuer werfen. Schnelle Bilder jagten ihm durch den Kopf, Bilder dieses jungen Mannes, wie er sich ekstatisch unter ihm aufbäumte, den Kopf zurück warf und stöhnte. Und diese Lippen erst, die ihn auf so sündige Weise verführt hatten. „… was?“ Hatte Yannis gerade etwas gesagt? „Ich hab gefragt, wie lange der wohl noch braucht …“ Yannis räusperte sich und versuchte schnell den Blick abzuwenden. Wetten, dass auch er gerade ganz schmutzige Gedanken gehabt hatte? „Das weiß ich nicht …“ Leander hob die Augenbrauen und starrte zu dem älteren Herrn, den er von seiner Zeit aus dem Hotel kannte. Apropos, da fiel ihm doch glatt etwas ein! Franky hatte doch behauptet, dass Yannis etwas im Keller des Black Hills gesehen hätte, oder? „Was hast du gesehen …?“, fragte Leander. Und kaum hatte er seine Frage ausgesprochen, zischte es plötzlich laut auf. Die Säge, mit denen der Alte die Fliesen zurecht schnitt, kreischte unheimlich laut. Leander verstand ja sein eigenes Wort nicht mehr! „Was …?“, rief Yannis nun seinerseits. Na super, was für ein Timing! Leander zog sich die Handschuhe mit dem Fliesenkleber von den Händen und ließ sie klatschend zu Boden fallen. Mit einem Nicken deutete er Yannis nach draußen zu gehen. Sanft legte er dem Kleinen die Hand auf den Rücken und schob ihn aus der Tür. Und wenn er ehrlich war, gefiel ihm die Reaktion außerordentlich gut. Yannis zuckte leicht zusammen und errötete leicht um die Ohren. Seltsam, dass ein Junge wie er so rot wurde. Allein von einer so harmlosen Berührung! Leander zog die Tür hinter sich zu. „Gehen wir runter?“ Himmel, Yannis war unbeschreiblich süß! Er benahm sich so scheu und doch konnte Leander nahezu die schmutzigen Gedanken aus den blauen Augen herauslesen. Besonders wenn sie ihn so hungrig ansahen, wenn sie sich mal zufällig begegneten. „Okay …“ Draußen war es unheimlich heiß, die Sonne brach sich in den Bäumen und spendete ihnen reichlich Schatten, als sie sich draußen im Vorgarten auf dem Boden niedergelassen hatten. Das Geräusch einer Zikade, die sich im Geäst verirrt hatte, kündigte den Hochsommer an. Leander lehnte sich zurück und ließ sich auf die Unterarme sinken, legte dabei den Kopf in den Nacken und genoss die warme Brise, die den Schweiß auf seiner Haut trocknete. Irgendwann öffnete er die Augen. Die ganze Zeit über hatte er Yannis‘ Blick auf sich gespürt. Jetzt aber blickte der andere weg. Er hatte die Knie angezogen und zupfte an einem Grashalm herum. „Es tut mir leid, was passiert ist …“, begann Leander. „… ich meine, das mit den Typen …“ „Ich weiß schon was du meinst.“, unterbrach ihn Yannis schroff und zerrte kräftiger als nötig an dem Halm, rupfte ihn heraus. Leander legte eine kurze Pause ein, beobachtete das schöne, schmale Gesicht. „Was hast du gesehen?“ Die Zikade schien lauter zu werden, ein kräftiger Windstoß ließ die Blätter rascheln. Genauso schnell kamen sie wieder zum Schweigen. Nun wurde das Geräusch der Touristen laut, die sich durch Plaka bewegten. „Zeug …“, meinte er dann irgendwann. Jetzt traute er sich endlich Leander anzusehen. „Aber es war einfach nur ein beschissener Zufall … Und du …? Du hast also für Franky gearbeitet?“ Dass Yannis den Namen kannte, verwunderte ihn schon. Für gewöhnlich kannte ihn niemand, nicht einmal die Hotelmitarbeiter kannten den richtigen Namen ihres Chefs. „Ja …“, kam es wahrheitsgetreu zurück. „Ähnlich wie du.“ Das entlockte Yannis ein kleines Lächeln. „Ich habe indirekt für ihn gearbeitet … ich kannte ihn nicht einmal. Bis ich das Zeug gesehen hab … die ganze, heiße Ware …“ Leander nickte bedächtig. „Deswegen haben sie dich also ins Visier genommen.“ „Warum weißt du das von mir …?“ Yannis nahm den Grashalm in den Mund, kaute nervös darauf herum. „Weil ich dich beseitigen soll.“ Der Grashalm flutschte Yannis in den Hals. Er schnappte nach Luft, begann zu husten und zu röcheln. Leander fuhr hoch, schlug ihm kräftig auf die Schulter. Japsend schaffte er es, das Ding hinunter zu schlucken. Tränen traten ihm in die Augen, er rutschte auf dem Boden zurück und starrte Leander mit aufgerissenen Augen an. „Ich tu dir nichts ...“ Seine Stimme war sanft. „Ich bin hier, um dich und die anderen zu beschützen.“ Yannis starrte ihn noch immer ungläubig an, sein Gesicht war wieder hochrot angelaufen. Wobei das wohl eher daran lag, dass er eben fast erstickt war. „Mit nur einer Waffe …? Gegen eine Schar von gedopten Gorillas …?“ Er lachte. Oh, wie süß er war, wenn er lachte! Leander zuckte mit den Schultern. „Und wenn schon.“ Yannis verstummte, schließlich seufzte er schwer. „Ich hab gedacht ich sehe dich nie wieder …“, kam es völlig unerwartet. Leanders Körper verkrampfte sich. Er lehnte sich wieder halb nach hinten, starrte zu den Ästen empor, die sich träge im Wind bewegten. Was antwortete man auf so etwas …? „Na, jetzt bin ich ja hier.“ War das zu plump? Verdammt, er wollte nicht mehr in diese Augen sehen … Es raschelte und die schmalen Lichtstreifen, die sich durch das Blätterdach brachen und Leander sanft liebkosten, wurden von einem Schatten bedeckt. Wieder legte Leander den Kopf in den Nacken. Jetzt blickte er wieder den blauen, atemberaubenden Augen entgegen. „Glaubst du … wir könnten das wiederholen?“ Ein versautes Angebot, für einen so unschuldig dreinblickenden Dreikäsehoch. „Was denn?“, fragte er leise. Er wollte es einfach nur aus diesem Mund hören. Leander starrte wie gebannt auf den sich nähernden Mund. Yannis hatte sich über ihn gebeugt, legte zaghaft eine Hand auf Leanders Brust und atmete schwer. Ihre Lippen streiften einander. Die Hitze, die Yannis ausstrahlte, übertraf einfach alles. Die andere Hand legte sich auf Leanders Wange. „Sex …“, hauchte Yannis und raubte Leander einen sinnlichen Kuss. Kapitel 12: Spielchen --------------------- Leander vergrub eine Hand in Yannis‘ Nacken. Kaum berührten sich ihre Lippen, explodierte eine gewaltige Sehnsucht, tief in ihm. All seine Sinne programmierten sich wieder völlig neu, stellten sich ein zweites Mal auf diesen unwiderstehlich süßen Burschen ein. Er lechzte nach Yannis, wollte mehr von ihm. Er konnte nicht aufhören, wollte mehr von diesem Mund, mehr von dieser seufzenden Stimme hören. Es war nicht schwer, sich von Yannis hinreißen zu lassen, viel schwerer war es, wieder von ihm loszukommen. Leanders Hand schob sich unter das dünne T-Shirt, ließ Yannis angetan seufzen. In genau diesem Moment, als sich die süßen Lippen öffneten, schlüpfte die feuchte Zunge auch schon hinein. Das Seufzen wurde wohliger, Yannis drängte sich ihm entgegen und hieß den Eindringling willkommen. Er hob die Hand, legte sie sanft auf Leanders Schulter, streichelte ihm über den Nacken. Auch Leander konnte sich kaum zurückhalten, spürte wie die Erregung seinen Körper gefangen nahm. Kleine, elektrische Stöße durchzuckten seinen Unterleib. Dieser kleine Scheißkerl war einfach unglaublich. Wozu distanzierte sich Leander eigentlich ständig von ihm, warum machte er sich die Mühe, sich von ihm zu entfernen, wenn Yannis ihn doch ständig einholte? Der elastische Bund, von Yannis‘ Bermudas, war ganz schön praktisch. So konnte Leander seine Hand hineinschlüpfen lassen und wurde auch prompt begrüßt. Sanft umfasste er Yannis‘ Glied, spürte wie sich das Blut immer schneller durch die Venen pumpte. Yannis seufzte wieder so unbeschreiblich sexy, schmiegte sich enger an Leander und tat es ihm gleich. Leander lächelte breit gegen die verführerischen Lippen, nahm sie völlig für sich ein und sorgte dafür, dass sie ihm nicht mehr entkommen konnten. Seine Hand begann sich träge auf und ab zu bewegen. Dieser Frechdachs war nicht nur unheimlich verführerisch, nein. Er wusste was er wollte und genau das machte ihn so verdammt sexy. Yannis‘ Atmung wurde schneller, seine Zunge gieriger und die Hände forscher. Die freie Hand krallte sich in Leanders nackten Rücken, während sich die andere etwas schneller auf und ab bewegte. Am liebsten hätte er sich ja jetzt auf Yannis geworfen und ihn mit kräftigen Stößen genommen, immerhin schrie der andere ja geradezu danach. Aber im Haus waren die Männer und wenn sie nach oben wollten, müssten sie dort vorbei. Unten gab es noch keinen Raum, um ungestört zu vögeln. Yannis löste sich von Leanders Mund, biss sich auf die Lippen und kniff ein Auge zu. „Nicht so schnell!“, knurrte Leander ihm ins Ohr und knabberte zärtlich am weichen Ohrläppchen. Seine Hand stoppte einen Moment, Yannis durfte ihn allerdings brav weiter massieren. Irgendwie ganz schön aufregend, diese Situation. „Mach weiter!“, flehte Yannis verzweifelt und massierte Leander noch kräftiger. „Ich wünschte das da unten wäre dein Mund.“ Leander grinste versaut. Er drängte sich dichter an Yannis heran, presste seine Lippen erneut auf die des Jüngeren. Völlig dem Rausch der Erregung verfallen, nahm Leander nichts mehr wahr. Alles was er spürte war stellenweise nackte, glühende Haut, das wilde Trommeln seines Herzens und die hastigen Atemzüge an seinem Mund. Erst, als Leander spürte, wie er sich dem Gipfel der Lust näherte, nahm er Yannis‘ harten Penis wieder in die Hand. Leander empfand es gar nicht mal als wirklich schlimm, dass der Kleine noch vor ihm kam. Beschissen war einfach nur Edys Timing. „Hey!“, ertönte eine Stimme hinter ihnen. Yannis fuhr ruckartig zurück und keuchte erschrocken auf, wobei Leander nur eine Augenbraue hob und zu dem breit grinsenden Italiener hoch sah. „Ich störe ja nur zu gerne…“, begann Edy mit einem höhnischen Lächeln auf den Lippen. Leanders andere Augenbraue hob sich ebenfalls. Dieser dreckige, miese, widerliche, alte, modrige Bastard von einem Italiener! „…aber dieser Gianni will dich sprechen.“ Er deutete mit dem Daumen zum Haus, das hinter ihm lag. Am liebsten hätte er Edy gepackt und ihn gezwungen, das unvollendete Werk zu Ende zu bringen! Leander erhob sich und kam auf Edy zu. „Das wirst du mir büßen, du mieses Kleines Arschloch!“, hauchte er Edy entgegen, bevor er an ihm vorbei stampfte. Edy, dieser schmierige Hund! Verdammt nochmal, dabei wäre er fast gekommen! Kaum lief er durch die Lobby, Richtung Treppen, begann auch schon die riesige Baustelle. Das Geländer war komplett erneuert worden, sie hatten ein dunkles Holz gewählt, das wunderbar mit dem ebenso dunklen Parkettboden harmonierte. Dort, wo Jem es sich leisten konnte, hatte er etwas mehr Geld hinein investiert. Dafür hatte er hier und dort an den kleineren Dingen gespart. Die Erneuerung des vollständigen Komplexes würde ohnehin nur möglich sein, wenn Geld floss. Dass sie allerdings in der Hochsaison noch keine Gäste empfangen konnten, war natürlich mehr als nur beschissen. Mit jedem Schritt raschelte die Folie unter seinen Füßen. Sie war durch das gesamte Haus verteilt worden, verlieh dem ganzen etwas Unheimliches. Er dachte an diesen schrecklichen Horrorfilm, in dem sich ein verrückter Massenmörder durch ein Hotel wie dieses hier schlich. In einer Szene war er unter so einer Folie hochgeschossen und hatte einem Kerl die Eier abgeschnitten. Leander schauderte unwillkürlich und versuchte nicht zu sehr auf die Folie zu starren. Er lief die Stufen hoch und schnaubte genervt, die Beule in seiner Hose versuchte er erst gar nicht zu verbergen. Die Handwerker schienen eine Pause eingelegt zu haben und saßen oben im Flur. Gianni lachte mit seinen Männern, drehte gerade den Kopf zu Leander herum und verstummte. Er hob die Augenbrauen und grinste anzüglich. „Hätte ich gewusst, dass ich störe, hätte ich nicht nach dir geschickt!“ Die anderen Männer schnaubten belustigt, machten die eine oder andere Bemerkung und zogen über Leanders Potenz her. „Ich hoffe es ist wichtig!“ Er ignorierte jede Anspielung. Gianni erhob sich etwas schwerfällig. Auch wenn sie die Hitze gewohnt waren, war es doch anstrengend, bei dem Wetter ohne Klimaanlage zu arbeiten. Oder sich überhaupt irgendwie zu bewegen. Sanft nahm er Leander am Arm und schob ihn den Flur hinunter, bis sie das Bad erreicht hatten. Der Fliesenleger war nicht mehr im Raum. Vermutlich war er losgezogen um sein bestes Werkzeug zu besorgen. Ouzo. „Es sieht wirklich gut aus.“, bemerkte Gianni anerkennend. „Er ist zwar ein alter Säufer, aber selbst im besoffenen Zustand leistet er gute Arbeit.“ Er klopfte die Kacheln ab und drehte sich schließlich mit einem Lächeln zu Leander herum. Zugegeben, trotz seines Alters sah er noch immer gut aus. „Franky hat mich besucht.“ Leander wollte das Lächeln erwidern, erstarrte aber. „Was…?“ Gianni zuckte mit den Schultern. „Wir haben etwas getrunken, er hat sich nach der Pension erkundigt.“ Leander schluckte schwer. Verdammt, hoffentlich würde Gianni sich jetzt nicht zurückziehen. Hoffentlich hatte Franky ihn nicht bedroht… „Ich hab ihm erzählt, dass die Jungs eine Pension für Schwule bauen.“ Gianni machte eine nervenaufreibende, kleine Pause. „Da hat er gelacht.“ Franky? Gelacht? Wenn der lachte, klang er wie der Joker aus Batman. Und trug ein genauso hässliches Grinsen. „Er will sich den Laden hier mal ansehen, sobald er fertig ist.“ Seine Hand legte sich sanft auf Leanders Rücken. „Ich wollte dich nicht in Schwierigkeiten bringen, aber ich dachte er wüsste davon.“ Etwas verwirrt schüttelte Leander den Kopf. „Nein, du hast mich nicht in Schwierigkeiten gebracht, immerhin hab ich dich ja um Hilfe gebeten. Wenn hier einer Probleme bekommt, dann ja wohl ich.“ Mit einer Hand strich er sich das Haar zurück. Das Blut war bereits aus seinem Schwanz gewichen, als er den Namen dieses Hurensohns das erste Mal gehört hatte. „Er wollte mir nicht glauben, als ich es ihm erzählt hab.“ Ob er vorbeikommen würde, um die Pension in die Luft zu jagen, so wie er es angedroht hatte? Oder um Yannis zu beseitigen? Er wusste sicher, dass der Kleine nicht mehr zur Arbeit ging. „Nachdem ich es ihm erzählt habe, fand er es recht glaubwürdig.“ Gianni grinste und ließ seine Hand sinken. „Jedenfalls wollte ich, dass du es weißt und damit du vielleicht darauf vorbereitet bist, wenn er auftaucht.“ Er zwinkerte. „Immerhin bist du zurzeit so etwas wie mein Auftraggeber. Wenn du ein Loch im Kopf hast, hab ich nichts mehr davon. Und du übrigens auch nicht.“ „Und?“ Edy und Yannis hockten im Schneidersitz auf dem Boden, unterhielten sich leise und blickten fast gleichzeitig auf, als Leander zurückkam. Er hatte noch einen kleinen Abstecher in die Toilette gemacht. Nicht nur, um sich „Ist Jem noch nicht zurück?“ Edy runzelte die Stirn. „Ich glaube nicht, er wollte noch schnell in Boston anrufen.“ Leander biss sich auf die Unterlippe. „Ist alles in Ordnung?“, wollte Yannis besorgt wissen. Leanders Blick versank in der Ferne, auch wenn er sich auf das blaue Tor richtete. Er hoffte einfach nur, dass Franky Gianni glaubte. So, wie es ihm der andere geschildert hatte, würde Franky kaum mit dunklen Absichten herkommen. Eine schwule Pension würde ihm wohl kaum das große Geschäft versauen, auch wenn die Lage echt super war. Aber es war einfach nicht Frankys Zielgruppe. „Alles okay.“ Leander löste seinen Blick von den Flügeltüren und sah zu den anderen beiden hinunter. „Er wollte nur nochmal grünes Licht für die Spots im Flur.“ Edys Augen hatten etwas lauerndes, wobei Yannis nur erleichtert die Schultern sacken ließ. Der Kleine war echt naiv. Aber süß, dass er ihm sofort glaubte. Leander setzte sich zu ihnen. Er musste auf Nummer sicher gehen und seine kleine Herde zusammenhalten, wenn er nicht riskieren wollte, dass ein kleines Unglück geschah. Das erotische Knistern zwischen ihm und Yannis hatte sich in Luft aufgelöst, kam auch nicht zum Vorschein, während sie zu dritt unter dem Baum saßen und sich murmelnd unterhielten. Wobei er Yannis gelegentlich dabei erwischte, wie er ihm auf die nackte Brust starrte. Und lustiger Weise passierte es auch Edy hin und wieder. Leander begann zu grinsen, wenn sich ihre Blicke begegneten. „Sag mal, Edy … wie wäre es, wenn wir uns einen Fitnessraum einrichten? Ich glaub etwas Training würde mir nicht schaden, was sagst du?“ Dabei strich er sich mit einer extra langsamen, lasziven Bewegung über die Brust. „Wenn du für den Spaß aufkommst?“ Wurde der kecke Italiener da etwa ein wenig rot um die Nase? Jedenfalls wandte er blitzschnell das Gesicht zur Seite. Er legte sich auf den Rücken, verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Schade, dabei hätte es richtig lustig werden können. „Ich fände es gut!“, räusperte sich Yannis. Leander grinste und tat es Edy gleich. Die Hitze und die kleinen Herzinfarkte des heutigen Tages, waren zu viel für ihn. Erst Yannis, der so unverblümt nach Sex forderte, dann die Sache mit Franky und zu guter Letzt Edy, der Leanders Körper scheinbar interessant zu finden schien. Zumindest interessant genug, um ihn bei jeder winzigen Gelegenheit, anzustarren. Die Müdigkeit überwältigte ihn gnadenlos, seine Augen fühlten sich so unglaublich schwer an. Nur wenige, warme Brisen später, gefolgt von dem sanften Rascheln der Blätter über ihnen, schlief Leander ein. Nur um eine halbe Stunde später durch unsanftes Rütteln geweckt zu werden. Er brummte müde vor sich hin und rollte sich auf die Seite. „Was denn …?“, knurrte er. Dabei war er doch gerade erst eingeschlafen, was wollten die schon wieder von ihm? „Mit so faulem Gesindel als Arbeitskraft, ist es kein Wunder, dass Ihr Laden noch nicht steht, Mister Coleman.“ Leander schoss aus dem Halbschlaf hoch. Franky stand da, dicht neben Jeremy. Er trug einen edlen, schwarzen Anzug. Und schien ausnahmsweise Mal noch nicht zugedröhnt zu sein. Ungewöhnlich, für diese Tageszeit. Was Leander am meisten schockierte war, dass Franky kaum Männer bei sich hatte. Zwei Leute standen hinter ihm. Ein Bürotyp mit Aktentasche und der andere? Keine Ahnung, den kannte er nicht, noch nie gesehen! So ein junger Kerl, Mitte zwanzig mit flachsblondem Haar, nichts Auffälliges. „Bei der Hitze arbeitet es sich schlecht, selbst mich knockt sie hin und wieder aus.“, erwiderte Jem mit einem freundlichen Lächeln. Er deutete zur Eingangstür. Franky schenkte Leander keinerlei Beachtung mehr, er drehte sich zum Haus um und folgte Jeremys eleganter Geste. Edy und Yannis hockten nicht mehr an seiner Seite, sie waren wohl schon rein gegangen. Oder davongelaufen. Irgendwie hingen die viel zu oft zusammen rum, oder? Aber Teufel, Franky war ja wie aufs Stichwort aufgetaucht! Und Jeremy! Wusste der wen er da vor sich hatte? Sofort sprang Leander auf die Beine und hetzte der Gruppe nach. „Glauben Sie nicht, dass es den Anwohnern hier unangenehm sein wird, wenn sie erfahren, dass sich eine homosexuelle Meute hier in ihrer Mitte niedergelassen hat?“ Sie bewegten sich gerade durch die zukünftige Lobby, als Leander sie einholte und die Worte noch aufschnappte. „Wir haben schon mit den nötigen Leuten gesprochen, solange das ganze so diskret wie möglich gehandhabt wird, ist alles in Ordnung.“ Leander trat an Jeremys Seite und fixierte Franky mit einem kalten Blick. „Wir werden Hausregeln einführen und wer sich nicht daran hält, bekommt nicht nur lebenslanges Hausverbot, wir werden auch persönlich dagegen vorgehen. Sowohl bei den Reservierungen, als auch während dem Einchecken der Gäste, werden wir strikt darauf hinweisen.“, knurrte Leander. Frankys Mundwinkel zog sich leicht nach oben. „Und Sie glauben, dass das so einfach ist, ja?“ Jeremy verkniff sich das Grinsen. „Leander, das ist Mister Primes. Er gehört zur Bauaufsichtsbehörde und wollte sich unsere Pension noch einmal genauer ansehen.“ Mister Primes? Bauaufsichtsbehörde? Leander runzelte die Stirn, starrte Franky und seinen Hofstaat skeptisch an. Was war denn das jetzt für ein krankes Spiel? „Und ich bin vom Gesundheitsministerium!“ Franky versteckte die aufkeimende Heiterkeit in einem Smarten Lächeln. „Oh, dann sind wir also Kollegen?“ „Leander!“ Jeremys Stimme war scharf und mahnend. Hatte er seine Waffe dabei? Nicht die Browning, nein. Dafür hatte er aber ein Klappmesser in seiner hinteren Jeanstasche. „Und, haben Sie schon etwas Interessantes entdeckt, Mister Primes?“ „Selbstverständlich.“ Franky bemerkte Leanders Angriffslust und schmunzelte, widmete sich aber wieder Jeremy. „Ich muss mir das Haus genauer ansehen.“ „Natürlich“ Einer der Bürotypen kam sofort herbeigelaufen. Er trug ein Klemmbrett unter dem Arm und eine prall gefüllte Aktentasche. Ob da irgendwelche Waffen drin waren? Wo hatte er sie versteckt? Und wenn er nur einen günstigen Moment abwarten wollte, um sie alle abzuknallen? Er folgte ihnen auf Schritt und Tritt, ließ weder Franky noch dessen Leute aus den Augen. Eine Hand hatte sich Leander in die hintere Gesäßtasche geschoben. Dort, wo sein Messer war. Jeremy erzählte ausführlich von den Bauarbeiten, was erneuert worden war, was noch getan werden musste und führte ihn zum Schluss ins Bad nach oben. Franky begann in seinen Unterlagen zu wühlen. „Haben Sie noch die ursprünglichen Pläne dieses Raumes?“ Jeremy überlegte kurz und nickte. „Ich schätze schon, ja. Wenn Sie einen Moment warten möchten? Leander bringt Ihnen in der Zwischenzeit sicher gerne eine Erfrischung aus der Küche.“ Er zwinkerte seinem Freund zu und verschwand nach oben. Franky, Leander und die beiden komischen Vögel standen regungslos unten vor dem Bad. „Wo bleibt meine Erfrischung?“ Franky amüsierte sich scheinbar köstlich. Leander ballte die Hände zu Fäusten. „Was ist los, Franky? Hast du neuerdings Freude an perversen Rollenspielen?“ Franky lachte heiter und legte Leander vertrauensvoll die Hand auf den nackten Rücken. „Mein lieber Junge, wenn du im Leben etwas erreichen willst, schaffst du es nicht allein im Drogengeschäft.“ Er zwinkerte Leander zu und näherte sich ihm. „Du weißt nicht wie weit mein Arm reicht, mein Hübscher. Aber für dich hab ich noch immer einen Platz frei.“ „Dein Arm reicht jedenfalls weit genug, um ihn von mir abhacken zu lassen!“ Leander hatte blitzschnell das Messer gezogen, mit der anderen Hand packte er den Arm von Franky auf seinem Rücken und drückte ihm die Waffe gegen die Kehle. Die Männer hinter Franky japsten erschrocken auf. Okay, das waren keine abgerichteten Hunde sondern lediglich zwei ahnungslose Chihuahuas. „So hab ich dich am liebsten.“, schnurrte ihm Franky entgegen. „Nackt und mit einer Waffe in der Hand. Allerdings wäre es mir lieber, wenn es meine eigene wäre.“ Langsam zog er die Hand zurück und musterte Leander weiterhin belustigt. „Du bist wirklich von der Bauaufsichtsbehörde?“ Leander hätte fast laut losgelacht. Das klang wie der Witz des Jahrtausends! „Oh, ich bin heute nur die rechte Hand des Bauingenieurs, sonst nichts.“ „So bescheiden kenne ich dich gar nicht.“ Leander klappte das Messer wieder zusammen und schob es sich langsam in die Tasche zurück. Er beachtete die anderen beiden Männer gar nicht. „Ich wette der Bauingenieur liegt irgendwo, mit einbetonierten Füßen, auf dem Grund des Meeres.“ Franky schnaubte. „Rede nicht so viel, hol mir was zu trinken!“ Leander dachte nicht im Traum daran, sich von der Stelle zu rühren. „Was genau willst du hier? Siehst du diese Leute wirklich als Bedrohung? Eine schwule kleine Pension?“ Leander senkte die Stimme ein wenig. „Du dachtest ich stecke in einer großen Sache drin, aber wie du deutlich erkennen kannst, ist es das nicht! Diese Pension ist keine Konkurrenz für dich!“ Er legte etwas mehr Druck in die Stimme. „Als ob ausgerechnet dir so eine winzige Pension gefährlich werden könnte!“ Franky hob eine Augenbraue und musterte Leander einen Moment lang ausdruckslos. „Du hast den Jungen nicht aus dem Weg geräumt.“ Leander erstarrte, wurde aber zur selben Zeit richtig wütend. „Ich bin doch hier!“, entfuhr es ihm. „Ich hab ein Auge auf ihn, er wird nicht singen! Und wenn er es doch tut, kannst du mich haben.“ Frankys Augenbraue hob sich recht geschmeidig. „Du bürgst für ihn mit deiner geliebten Freiheit?“ Aber Leander war fest entschlossen. „Wenn es schief läuft, kannst du mit mir machen was du willst.“ Franky beugte sich ganz langsam zu Leander rüber. „Du bist ganz schön dumm geworden, Leander.“ Seine Hand hob sich, legte sich sanft auf dessen Hinterkopf. „Wie oft habe ich dir gesagt, dass du Menschen nicht blind vertrauen darfst? Es wird immer der Tag kommen, an dem deine Gutmütigkeit ausgenutzt wird.“ Seine Lippen senkten sich auf die von Leander. „Auch ich werde dich gnadenlos ausnutzen, egal wie sehr du mir am Herzen liegst. Ich werde dir Arme, Beine und Flügel brechen. Also vergiss deine Worte niemals. Denn wenn es so weit ist, komme ich dich holen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)