Die Geflügelte Schlange - Aufstieg von Erzsebet (* * make love, not war * * - Teil 1) ================================================================================ 19. Bettgenossen (jugendfrei) ----------------------------- Während des Appells fühlte Nefut sich trotz der zu kurzen Nachtruhe zwar hellwach, aber die Geistesgegenwart Amemnas, aus den vom Schreiber offenbar falsch aufgenommenen Verlusten einen Vorteil für Hamarem zu machen, hätte er nicht gehabt. Den kampfesscheuen Hamarem zum Wirtschafter ihrer Wannim zu erklären war ein wirklich guter Einfall gewesen. Den aufsteigenden Neid, daß es nicht seine Idee gewesen war, schluckte Nefut schnell herunter. Es war seine Geliebte, die diese Idee gehabt hatte. Und was schmückte einen Mann mehr als eine kluge Frau? Auch wenn nur sie beide von ihrer Verbindung wußten, da sie es kaum öffentlich machen konnten, solange Amemna in Männerkleidern als Wanack diente. Der schwarzhäutige Wanack hatte einen buschigen Oberlippenbart, der bereits von einzelnen weißen Haaren durchzogen wurde. Nefut vermutete, daß der Südländer etwa ebenso alt war wie er selbst. Der Schwarze Wanack war mit einem Raubkatzenfell über dem nackten Oberkörper und breiten goldenen Armreifen in barbarischer Weise geschmückt, nur sein bunter Kilt und der nach Südländerart stramm gebundene leuchtendrote Turban ähnelte der Kleidung seiner Wannim. Seine fünf Männer sahen dagegen nach ganz gewöhnlichen Südländern aus, wie Nefut sie auch im Heer der Letrani als Söldner kennengelernt hatte, mit bunt gemusterten Tuniken, bewaffnet mit breiten Krummschwertern, mit roten Turbanen und zum Teil ebenfalls mit Oberlippenbärten. Auf dem Weg zu den Kriegsmaschinen wechselte Amemna mit dem Wanack der Südländer ein paar Worte in der Südsprache, um zu verabreden, wer auf welcher Seite der Maschinen ritt. Die drei mächtigen, aber noch gar nicht ganz fertiggestellten hölzernen Maschinen wurden von Ochsen gezogen und von einer halben Hundertschaft an Ingenieuren und Zimmerleuten zu Fuß begleitet. So gestaltete sich der Weg über die Ebene bis vor die Tore Tetraos' und das Heerlager seiner Verbündeten langwierig. Alle Planungen Amemnas und des Schwarzen Wanacks waren allerdings überflüssig gewesen, denn kein Tetraosi ließ sich außerhalb der Mauern der Stadt oder des Heerlagers blicken. Und auch nachdem die Maschinen ihren Standort endlich erreicht hatten und der Bau an íhnen fortgesetzt wurde, gab es keine Angriffe auf die Hannaiim. Söldner zu Fuß wurden vorgeschickt, um durch ihre Rufe und das Abschießen von Pfeilen und Schleudersteinen einen Ausfall der Tetraosi zu provozieren, aber es bewirkte nichts. Nefut bedauerte, seine Zeit unnütz zu verwarten, denn die Tatenlosigkeit ließ ihn seine Müdigkeit merken. Allerdings hatte er nun auch viel Zeit, Amemna zu beobachten und über die Geschehnisse der vergangenen Nacht nachzudenken. Im Sattel sah Amemna weiterhin aus wie ein junger Mann, trotz Nefuts neuem Wissens über ihre Zweigeschlechtlichkeit. Tatsächlich war sie als Frau nicht besonders attraktiv, Nefut zumindest bevorzugte üppigere Formen an kleineren Körpern. Und doch war ihre Jugend, ihr Duft, die Art, wie sie ihn in Besitz nahm, wenn er in sie eindrang etwas, was sie dennoch unwiderstehlich machte. Nur Schelschér hatte eine vergleichbare Kontrolle über ihr Innerstes gehabt, hatte ihn und seine Lenden in dieser Weise beherrschen können. Nefut rätselte, ob es einfach eine Laune Amas war, diese Fähigkeit manchen Frauen zu schenken und sie anderen zu verweigern, oder ob Schelschér sie ihrer Ausbildung in den Fünfhundert Künsten zu verdanken gehabt hatte. Aber was war mit Amemna? Wie hätte sie soetwas lernen und dabei Jungfrau bleiben können? Außerdem war sie als Mann aufgezogen worden. Lag es in Amemnas Falle doch einfach an ihrer unirdischen Natur? Die Gedanken an die Geschehnisse im Badehaus weckten mit Macht die Lust in Nefut, aber er konnte sich nicht überwinden, Amemna in der Öffentlichkeit auch nur unauffällig zu berühren. Mehrfach trafen sich ihre Blicke und Nefut glaubte, in Amemnas Augen die gleiche Begierde zu lesen, die auch ihn erfüllte: der Wunsch nach Fortsetzung ihrer rauschhaften Vereinigungen im Badehaus. Doch das mußte bis zum Abend warten. Und nicht ein privates Wort konnten sie den Tag über wechseln. Wider Erwarten machte Nefut das fast genauso viel zu schaffen wie die Unmöglichkeit, Amemna zu berühren, und sei es nur, mit den Händen über ihre Finger zu streichen. Es drängte ihn, sein Begehren Amemna gegenüber in Worte zu fassen, aber nicht einmal wenn sie ihre Pferde tränkten, war es möglich, denn die Ohren und Augen anderer waren überall. Welche Macht hatte Amemna über ihn, daß Nefuts Gedanken stets um die Vereinigung ihrer Körper kreisten? Das war nicht einmal Schelschèr gelungen, trotz ihrer Kunstfertigkeit. * Erleichtert und voller Erwartung folgte Nefut schließlich mit dem Rest der Reiterei dem Befehl des Melack, zum Lager der Hannaiim zurückzukehren. Die fast fertigen Kriegsmaschinen sollten während der Nacht von Fußsoldaten bewacht werden. Auf dem Rückweg jedoch plauderte Amemna mit dem Wanack der Südländer, scherzte mit ihm, so daß dieser schenkelklopfend lachte und seine in dem schwarzen Gesicht so auffällig weißen Zähne zeigte. Eifersucht nagte an Nefuts Herzen, als er hinter Amemna und dem Schwarzen Wanack ritt und nur kleine, nichtssagende Bruchstücke des in der Sprache der Südländer geführten Gespräches verstand. "Die scheinen sich gut zu verstehen", bemerkte Oremar neben Nefut überflüssigerweise. "Ja", knurrte Nefut, was ihm einen erstaunten Blick Oremars einbrachte. "Unser unirdischer Wanack ist Nefuts Zögling. Scheinbar wird Nefut eifersüchtig, wenn der junge Darashy sich mit einem Fremden unterhält", spottete Derhan auch noch, woraufhin Oremar grinste, aber nur, bis er Nefuts Griff zum Schwertheft bemerkte. Derhan ließ sich dadurch jedoch nicht einschüchtern. "Gib doch zu, daß du an dem Jungen einen Narren gefressen hast, Nefut. Das haben wir ohnehin schon alle gemerkt. Und warum auch nicht? Ich wäre stolz, einen kleinen Bruder wie ihn zu haben." Nefuts brüderlichen Gefühle gegenüber Amemna waren seit dem Besuch des Badehauses jedoch denen eines Ehemannes gewichen. Aber wer war Derhan, daß Nefut sich vor ihm rechtfertigen müßte. Gegen seine sonstige Gewohnheit machte Nefut von dem Wissen Gebrauch, das er Farhan, Derhans ehemaligem Befehlshaber, verdankte. "Aber wer wäre stolz, einen Giftmischer und verurteilten Mörder zum Bruder zu haben?" zischte er Derhan zu. Derhan schwieg darauf, ließ sich ein Stück zurückfallen und ritt schließlich weit hinter seiner eigenen Wannim durch das Tor des Heerlagers. Und Amemna unterhielt sich weiter angeregt mit dem Schwarzen Wanack. Schließlich trennten sich die Wege der Südländer und der Mawati am Pferdepferch, da die Unterstände der beiden Wannimin weit auseinander lagen, und der Schwarze Wanack verabschiedete sich mit dem Segenswunsch der Südländer: "Nane'Hawat", 'Hawats Segen', den Amemna sogleich erwiderte. Blitzte da Verlangen in ihrem Blick, als sie dem Schwarzen Wanack mit dem kurzen Rock und den langen, sehnigen Beinen nachblickte? Nefut mußte sich zwingen, seinen schwärenden Zorn weiterhin auf Derhan und seine Unverschämtheit zu richten. Aber konnte er sich Amemnas ausschließlicher Zuneigung so sicher sein wie der Antwort ihres Körpers auf seine Liebkosungen? Fühlte sie sich vielleicht auch im Wachen zu jedem 'Darach' hingezogen, dessen Namen sie im Traum so inbrünstig geflüstert hatte als sie in Nefuts Armen geschlafen hatte? * Hamarem hatte ein schmackhaftes Nachtmahl gekocht und das Mawatizelt strahlte geradezu von Sauberkeit. Er sah sehr zufrieden mit sich aus, offensichtlich war er mit seine Aufgabe als Wirtschafter viel glücklicher als in seiner Rolle als Söldner. Das Essen verlief nichts desto trotz in brütendem Schweigen. Nefut war noch immer nicht über Derhans Aufsässigkeit und seinen Verdacht bezüglich Amemnas Interesse an dem Schwarzen Wanack hinweggekommen, Derhans Grund war vielleicht zu verhindern Nefut mit seinen unbequemen Bemerkungen noch weiter zu verärgern und Oremar hatte ganz offensichtlich weiterhin Furcht vor dem Dämon, den er in Amemna vermutete. "Hamarem, wie hast du denn heute den Tag verbracht?" fragte Nefut also schließlich, um die Stille zu vertreiben. Hamarem sah überrascht auf, dann lächelte er glücklich. "Ich habe gespielt, Herr." "Und was hast du gespielt", fragte Nefut nach, um das Gespräch, das erfreulich zu werden versprach, in Gang zu halten. "Das Bohnenspiel, Herr." "Mit einem der Verwundeten?" fragte Nefut wieder. Er konnte sich nicht vorstellen, daß es außer Hamarem noch einen unversehrten Mann gab, der lieber ein Kinderspiel spielte, anstatt seinen Körper zu üben. Aber Hamarem schüttelte den Kopf. "Nein, mit einem Jungen, der im Troß lebt." Und Amemna sagte zu Nefuts Erstaunen voller Eifer: "Ich wußte garr nicht, daß du das Bohnenspiel kennst, Hamarrem. Vielleicht können wirr auch einmal eine Parrtie spielen." "Heute abend?" fragte Hamarem ebenso eifrig. "Bei mir ist es bestimmt schon zehn Jahre her, daß ich das letzte Mal gespielt habe", ließ sich nun Derhan vernehmen und Hamarem lachte daraufhin. "Man verlernt es nicht, Derhan", sagte Hamarem bestimmt. "Und wenn ich schon früher gewußt hätte, daß auch du spielst, hätten wir uns die Zeit bei der Bewachung der Gefangenen ja auch angenehmer vertreiben können." Dann ergriff Hamarem überraschenderweise sogar die Initiative: "Wie ist es mit dir, Oremar? Spielst du auch das Bohnenspiel?" Aber Oremar schüttelte den Kopf. "Nein, das ist nichts für mich. Nachdem mich mein kleiner Bruder regelmäßig besiegt hat, habe ich es schließlich aufgegeben." Trotzdem konnte Oremar wie die anderen von großen Siegen oder schweren Niederlagen im Bohnenspiel berichten, so daß Nefut sich schließlich wie ausgeschlossen von einer die anderen verbindenden Leidenschaft fühlte. Schon sein Vater hatte nichts vom Bohnenspiel gehalten und für seinen Sohn zur Schulung des strategischen Verständnisses die Lektüre einschlägiger Lehrbücher vorgezogen. War Murhan Amemna gegenüber weich geworden oder stammte Amemnas Interesse an dem Spiel von seiner Ostlerfamilie? "Wie hast du das Spiel kennengelernt, Wanack? Du bist doch im Süden aufgewachsen", fragte Nefut daher schließlich, als die leeren Schalen schon weggeräumt wurden. "Ein.. Frreund, den ich in Ma'ouwat kennengelerrnt habe, hat es mirr beigebrracht. Und dann habe ich es auch oft mit meinerr Frrau gespielt", antwortete Amemna bereitwillig. Richtig, Amemna war mit einer Tochter Murhans verheiratet. Und was bedeutete das fast unmerkliche Zögern vor der Bezeichnung des Mannes, der ihr das Spiel beigebracht hatte? Hatten sie vielleicht noch mehr gemacht, als zusammen das Bohnenspiel zu spielen? Sprach sie vielleicht von ihrem Liebling Darach? Amemna konnte Wunden heilen. Warum nicht auch die Wunde, die bei der ersten Begegnung mit einem Mann entstand, um später wieder als Jungfrau zu erscheinen? Oder war Nefut einfach zu eifersüchtig? Hatte Amemna vielleicht nur einen Moment nach dem Wort suchen müssen, das sie verwenden wollte? Nefut hatte das Gefühl, durchdrehen zu müssen, wenn er nicht schnell Amemna in die Arme nehmen und küssen konnte und auch von ihr alle Zeichen des Begehrens empfing. "Wanack Darashy?" fragte da plötzlich eine fremde Stimme am Eingang des Zeltes. Amemna drehte sich zu dem Boten des Melack. "Was ist?" "Es gibt eine Besprechung im Zelt des Melack. Bitte folgt mir", und schon ging der Bote wieder. Amemna war aufgesprungen und wollte das Zelt verlassen, aber Nefut hielt sie auf. "Wäre es nicht sinnvoll, wenn ich dich als dein Zweiter begleite?" Amemna schüttelte den Kopf. "Keinerr derr Wunakim hat bisherr seinen Zweiten zu den Besprrechungen mitgebrracht, Nefut. Ich errwarrte dich nach meinerr Rrückkehrr in meinem Zelt, dann teile ich dirr alles mit." Lag Verheißung noch anderer Dinge in ihrem Lächeln? Dann war sie verschwunden. Nefut verweigerte Hamarems Angebot, ihm das Bohnenspiel beizubringen, statt dessen holte er zur Beruhigung seiner in Aufruhr befindlichen Gefühle die am Morgen ausgefallenen Waffenübungen nach, denen sich allerdings nur Oremar anschloß, der sich wenig später entschuldigte, um die Männer der benachbart lagernden Wannim zu besuchen, mit denen er sich am Vortag angefreundet hatte. Dann polierte und ölte Nefut sein Schwert und nahm sich später die Schriften hervor um zu lesen, während Hamarem und Derhan die ganze Zeit spielten, ein zerschlissenes, mit Tinte bemaltes Untergewand als Spielplan zwischen sich. * Hamarem war mit der Frühstücksvorbereitung beschäftigt, und Derhan hatte sich längst zur Ruhe begeben, als Amemna schließlich zurückkam, kurz am Eingang des Mawatizeltes stehenblieb und Nefut schweigend herauswinkte. Ungeduldig ließ Nefut die Schriftrolle, in der er unkonzentriert gelesen hatte, zu Boden fallen und folgte Amemna mit langen Schritten in das Wanackzelt. Kaum hatte er den Eingang geschlossen, griff Nefut um Amemnas Mitte, zog sie an sich und küßte sie stürmisch. Etwas zögernd erwiderte Amemna den Kuß, drückte Nefut dann mit erstaunlicher Kraft von sich weg und sagte: "Morrgen sollen wirr mit derr Mellim eine verrsteckte Stellung der Tetrraosi überrfallen." "'Mellim' ist doch etwas übertrieben, das sind doch keine hundert Mann mehr in unserer Einheit", fiel Nefut dazu nur ein, enttäuscht, daß Amemna ihre Pflichterfüllung als Wanack vor die Befriedigung der Leidenschaft ihres Zweiten stellte. "Nefut, vorr Sonnenaufgang sollen wirr berreit sein", fügte Amemna ernst hinzu. "Und wir werden vor Sonnenaufgang bereit sein, Geliebte", das letzte Wort war in Amemnas Ohr gehaucht und sie lächelte sehr ermutigend. Und dann küßte sie ihn und zog ihn mit sich hinter die als Sichtschutz um ihr Lager aufgehängten Decken. Also war sie doch noch immer an Nefut interessiert. Bereits sehr erhitzt von der zurückgehaltenen Begierde zogen sie einander die Kleidung vom Leib, umarmten sich nackt, küßten sich wieder ... Amemna sah ihn verträumt an, schien nichts von seinem momentanen Ekel vor ihrer Männlichkeit gemerkt zu haben. "Mein Keliebterr", flüsterte sie, streichelte Nefuts Brusthaar, küßte ihn erneut. Aber Nefut war die Lust fürs erste vergangen. "Du hast gesagt, daß wir morgen vor Tagesanbruch bereit sein müssen. Laß uns jetzt schlafen." Amemna nickte verständnisvoll, griff im Sitzen nach ihrem Untergewand, um es sich wieder überzustreifen, während Nefut sich erhob um sich wieder anzuziehen. Er küßte Amemna zum Abschied auf die Wange, dann ging er jedoch am Zelt der Mawati vorbei zum Badezelt im Zentrum des Lagers, um sich im warmen Wasser zu entspannen, bevor er sich endgültig zur Ruhe begab. * * * Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)