Unterwelt von NightOwl92 (Die Chroniken der Tiefen) ================================================================================ Kapitel 1: Schall und Rauch --------------------------- Viele Leute behaupten heutzutage, Unwissenheit sei ein Segen für die Seele. Manch anderer ist dabei allerdings genau entgegengesetzter Meinung und hält es für wahrlich besser, dem Verderben in die Augen zu blicken. Meiner Ansicht nach kann das jeder sehen wie er gerne möchte, doch meine Entscheidung in dieser Debatte steht schon seit langem fest. Ich bereue nur wenige Dinge und Fehler, die ich in meinem Leben gemacht habe. Doch manchmal wünsche ich ihn mir schon zurück. Meinen unschuldigen Glauben an das Gute in der Welt. Es gibt ihn noch immer...doch musste ich oft erst einmal genauer hinschauen, um seinen wahren Kern in all der Finsternis zu erkennen. Den Tag, an dem ich meinen Glauben für eine lange Zeit verlor, werde ich wohl für immer im Gedächtnis behalten. Denn von jenem Tag an, veränderte sich mein Leben auf eine derart skurrile und unheimliche Weise, dass ich es heute kaum noch begreifen kann. Mit meinen damaligen vierzehn Jahren lebte ich bei meiner Tante Lilian und hatte daran eigentlich mehr oder weniger nichts auszusetzen. Lilian war unglaublich nett und liebevoll, doch manchmal auch einfach ein wenig zu überfürsorglich. In ihrer Rolle als meine "Ersatzmutter" nahm sie sich äußerst ernst und verpasste nie eine Chance mich das auch gehörig spüren zu lassen. Wie fast jeden Abend lag ich auch damals auf dem Bett und telefonierte mit meiner besten Freundin, Jessica, während Lilian vor meiner Zimmertür auf und ab tigerte und mir Vorhaltungen wegen zu hoher Telefonrechnungen machte. "Steht sie etwa noch immer da draußen und meckert dich an?", fragte Jessica am anderen Ende der Leitung ungläubig. "Ja, leider ", stöhnte ich und warf genervt einen Blick in Richtung Tür. "Du musst ihr eben einfach mal klar machen, dass wir unser tägliches Telefongespräch brauchen. Immerhin ist es sehr wichtig, dass ich jemanden habe, bei dem ich mich ausheulen kann." Ich musste lachen, denn Jessica rief tatsächlich meistens nur bei mir an, um mir von ihrem ach so schrecklichen Leben zu erzählen. Dabei war sie doch diejenige, die von jedem Jungen aus ihren Kursen gefragt wurde, ob sie mit zum Schulball kommen wollte. "Na ja...immerhin weiß ich, dass sie spätestens um halb acht aufgibt, denn dann muss sie mit Hunter spazieren gehen. Dieser Hund will immer ganz pünktlich sein Geschäft erledigen." "Na wenn das nicht eine Erleichterung ist.... und das im wahrsten Sinne des Wortes." Jessica seufzte leicht und räusperte sich anschließend kurz. "Aber um jetzt mal wieder zum wichtigen Teil dieser Unterhaltung zu kommen. Hast du Jasper jetzt eigentlich mal wegen dem Ball gefragt? Mädchen können da schließlich auch die Initiative ergreifen." Schweigend blickte ich auf meine Fingernägel und wusste nicht so wirklich was ich meiner Freundin sagen sollte. Natürlich hatte ich Japser bereits gefragt, doch hatte dieser mich abgewiesen. Betrübt war ich daraufhin nicht wirklich in der Stimmung gewesen, Jessica von meinem gescheiterten Versuch zu berichten. Zumal diese vermutlich noch alle Einzelheiten dieser jämmerlichen Katastrophe bis zum kleinsten Detail analysieren würde. Nein, auf diesen Spaß konnte ich heute Abend wirklich gut verzichten. "Hab mich noch nicht getraut ihn heute zu fragen. Vielleicht probiere ich es morgen früh noch einmal." "Bei so etwas gibt es kein Vielleicht, Scarlet. Immerhin ist er einer der coolsten Typen auf unserer Schule. Da muss man schnell sein, sonst hat man nichts mehr von der Hauptspeise." "Um ehrlich zu sein ist mir im Moment eher nicht nach Essen zumute," murmelte ich leise ins Telefon und versuchte mich dabei nicht ganz so deprimiert anzuhören, wie ich mich momentan fühlte. Es würde schon alles wieder gut werden. Irgendjemand würde sich schon jemand erbarmen und mit mir zum Schulball gehen. Immerhin war es noch ein gutes halbes Jahr bis dahin. Plötzlich riss mich ein lautes Krachen aus meinen trübseligen Gedanken und erschrocken blickte ich zu Tür. Das Geräusch war von der Eingangstür gekommen. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich schon seit mehreren Minuten nichts mehr von meiner Tante gehört hatte. Das laute Gebell unseres Schäferhundes vermischte sich mit einem Mal mit den Rufen meiner Tante. Was genau sie rief, konnte ich durch den ganzen Lärm nicht verstehen. Alarmiert stand ich jedoch von meinem Bett auf und lief zur Tür. Noch immer das Telefon in der Hand öffnete ich diese leise und spähte vorsichtig hinaus in den Flur. Von unterhalb der Treppe brannte Licht, doch mehr konnte ich von hier aus nicht erkennen. "Scarlet? Verdammt Scarlet, was ist denn da los bei euch? Hat deine Tante wieder einen ihrer komischen Typen mitgebracht?", hörte ich meine Freundin durch das Telefon hindurch rufen. Doch ich konnte sie kaum hören, denn innerhalb von nur wenigen Sekunden, hatte sich das Gebell von Hunter zu einem unerträglichen Fiepen und Jaulen gesteigert, und endete plötzlich vollkommen abrupt. Stattdessen schrie nun Lilian aus Leibeskräften und polterte mit einem Mal die Treppe hinauf. Blut strömte ihr aus einer Platzwunde oberhalb des linken Auges, über das zerschundene Gesicht und Teile ihrer Jacke hingen in Fetzten von ihrem Körper. Entsetzt starrte ich sie an, unfähig auch nur einen Muskel meines Körpers in Bewegung zu setzten. "Scarlet!", schrie Lilian panisch und zog sich den Rest der Treppe, ächzend vor Schmerzen, am Geländer hoch. "Versteck dich! Schnell!" Mit diesen abgehackten Worten packte sie mich an meinem Nachthemd und stieß mich mit voller Wucht zurück in mein Zimmer. Stöhnend landete ich auf dem Boden und konnte gerade noch sehen, wie Lilian mit einem Ruck die Tür hinter sich verschloss. Daraufhin ertönte ein lautes Rumpeln von unterhalb der Treppe, gefolgt von einem animalischen Knurren und dem Wimmern meiner Tante. "Nein, bitte.... . Wir haben euch doch nichts getan...ich...!", der Rest ihres Flehens ging in einem unerträglichen Gurgeln unter. Wie in Trance rappelte ich mich vom Teppichboden auf und wankte auf meinen Kleiderschrank zu. Schnell versteckte ich mich darin und verschloss die Türen von der Innenseite her mit dem Schlüssel, den ich gerade noch rechtzeitig von der anderen Seite abzog. Die Tür meines Zimmers flog nur kurze Zeit später auf und prallte mit voller Wucht gegen die Wand. Ich hörte wie eine leise Stimme im Zimmer sprach und glaubte dabei mehrmals meinen Namen herauszuhören. Das Telefon! Jessica musste noch immer am anderen Ende der Leitung sein. Wenn ich das Telefon nur nicht beim Sturz verloren hätte.... Andererseits hätte mir die Polizei in dieser Situation wohl auch nicht mehr helfen können, denn der Einbrecher hatte bereits mein Zimmer betreten. Durch einen Spalt zwischen den Schranktüren konnte ich erkennen, wie eine massige Gestalt sich geschmeidig wie eine Raubkatze, durch mein Zimmer bewegte. Suchend beugte sie sich unter das Bett und schaute sich anschließend im Zimmer um. Eiskalt lief es mir den Rücken runter, als ich erkannte, das dieses Etwas allem, nur keinem Menschen ähnelte. Es war zum Einen riesengroß und hatte überall schwarzes, verfilztes Fell, das jedoch kahle Stellen aufwies. Gewissermaßen erinnerte es mich an unseren Hund, denn seine Gesichtszüge waren tatsächlich die eines riesigen, schwarzen Hundes. Doch lief dieses Wesen auf zwei Beinen und war selbst für einen ausgewachsenen Hund viel zu gross. Das, was mir allerdings am meisten den Atem raubte, war die Tatsache, dass die Augen dieses Wesens keineswegs die eines Tieres waren. Sie waren vollkommen blau und während das Ding ausgesprochen gelassen auf mich zu trottete, wurde mir klar, dass dies die Augen eines Menschen waren, die mir da entgegen starrten. Keuchend presste ich mich an die Rückseite des Schranks und wollte mich dazu zwingen, nach einem Ausweg aus meiner definitiv ausweglosen Lage zu finden. Doch so unfassbar es mir später auch immer wieder vorkam, in diesem Moment war mein Kopf vollkommen leer. Ich konnte nichts anderes tun, als meinem Verderben in die Augen zu blicken und alles schrie in mir auf, dass es nun vorbei sein würde. Und genau dessen war sich auch mein Angreifer vollkommen bewusst. Wie eine Katze, die genüsslich mit ihrer Beute spielt, trat auch mein Alptraum vor die Schranktüren und ließ sich davor nieder. Seine Augen behielten mich dabei immer im Blick, während er sich genüsslich über die viel zu großen Reiszähne leckte. Erst jetzt bemerkte ich all das Blut, dass an seinem Maul und in dem Fell des Wesens klebte und dort allmählich zu trocknen begann. Würgend versuchte ich meinen Blick abzuwenden und begegnete dabei nur erneut seinem allzu menschlichen Blick. In diesem lag eine ungeheure Mordlust und mir war klar, dass er seine tierischen Instinkte nicht mehr lange würde zurück halten können. Der Geifer tropfte ihm bereits von den Lefzen und bildete lange Fäden. Knurrend entblößte er erneut seine gelblichen Fangzähne und schob sich noch näher an den Schrank heran. Die Beute war einfach viel zu nahe, um sich nicht an ihr zu ergötzen. Als der Drang zu groß wurde versuchte er die Tür zu öffnen und griff zu meinem Entsetzten nach der Türklinke. Mit einem Ruck zog das Wesen daran und schreiend versuchte ich mich hinter all meinen Kleidungsstücken zu verstecken. Doch zu meinem Erstaunen hielten die Türen diesem mächtigen Angriff stand. Verdutzt rüttelte das Wolfswesen mehrmals an der Tür, doch nichts geschah. Ein unheimliches Knurren drang von tief unten aus seiner Kehle heraus. "Mach dir nur keine Hoffnungen, Püppchen...ich werde deinen mickrigen Körper schon noch aus dieser Holzkiste rupfen." Seine Stimme dröhnte mir unglaublich laut in den Ohren und klang ungefähr so, als hätte er sein ganzes Leben lang mehrere Schachteln Zigaretten täglich geraucht. Zitternd verbarg ich meinen Kopf im Schoß und versuchte mir nicht vorzustellen, wie das Holz der Türen allmählich den donnernden Schlägen der Bestie nachgeben würde, um letztlich zu zerbrechen. Fluchend kratzte das Wesen an dem Holz und ich konnte seine Stimme nur allzu gut flüstern hören. "Dieses Holz wird dich nicht ewig schützen, auch wenn diese Türen versiegelt wurden. Ich werde deine Knochen alle einzeln aus den Gelenken reißen und genüsslich das Fleisch von ihnen abnagen." Weinend kauerte ich mich bei seinen Worten immer mehr zu einer Kugel zusammen und versuchte seine Worte zu ignorieren. Doch die Bilder, die sie in meinem Kopf auslösten, konnte ich einfach nicht verscheuchen. Als diese Bestie meine Reaktion bemerkte, ertönte ein rauchiges Röcheln. Das war wohl seine Art von Lachen. Denn belustigt kratzte die Bestie nun ganz leise am Holz, sodass ich jedes seiner folgenden Worte genau verstehen konnte. "Mit deinen Fingerknochen werde ich wohl anfangen. An denen ist zwar nichts dran, aber es ist immer wieder schön mit anzusehen wie euch Knochenpuppen die Augen bei jedem einzelnen der abgetrennten Fingern, vor Schmerz beinahe herausspringen." Ohne auf eine weitere Reaktion meinerseits zu warten, holte er mit vollem Schwung seiner rechten Pranke aus und schlug dann kräftig nach dem Holz. Ein unheilvolles Knirschen weckte mich aus meinem, beinahe schon tranceartigen, Zustand. Entsetzt musste ich mit ansehen, wie die Klauen der Bestie sich durch die gesplitterte Schranktür schoben. "Jetzt hab ich dich, du kleines Miststück", knurrte die Bestie und stieß ein triumphierendes Heulen aus. Anschließend schob er gespielt langsam erneut seine Klaue durch das entstandene Loch, um die Tür nun vollständig zu zerstören. Im selben Augenblick wurde die Kreatur jedoch mit voller Wucht vom Schrank weggezogen und gegen meinen Schreibtisch geschleudert. Das Heulen eines zweiten Wolfes mischte sich nun in das Knurren meines Angreifers und starr vor Schreck konnte ich durch das Loch mit ansehen, wie die beiden Kreaturen auf der anderen Seite meines Zimmers mit einander rangen. Die beiden rollten am Boden hin und her und bissen sich dabei ineinander fest. Blut bedeckte den Teppich, dort wo sich die Wölfe gegenseitig das Fleisch aufrissen. Ohne genau zu wissen, wo ich da eigentlich hineingeraten war, sah ich dem Schauspiel mit wachsendem Grauen zu. Alles ging viel zu schnell. Mein Kopf konnte all die Informationen, die mit einem Mal auf mich eindroschen, gar nicht wirklich verarbeiten. Und so bemerkte ich erst viel zu spät, wie sich jemand anderes vor den Schrank stellte und mit einem grellen weißen Licht die Tür in tausend Splitter riss. Schützend hob ich meine Arme vors Gesicht. Als sich meine Augen wieder an das schwummrige Licht gewöhnt hatten, erkannte ich die Umrisse eines Mannes vor mir, der eine unglaublich große Armbrust auf mich gerichtet hatte. Erschrocken drückte ich mich gegen die Rückwand. "Jack, lass das gefälligst. Sie hat für einen Abend schon genug durchgemacht. Hilf lieber Fenrir dabei diesen Wolf loszuwerden.", hörte ich eine fremde Stimme sagen. Der Angesprochene senkte augenblicklich seine Waffe und wandte sich dann dem Geschehen im hinteren Teil des Raumes zu. Dort rangen die beiden Wölfe noch immer miteinander. Und erst jetzt erkannte ich, dass einer der beiden um einiges kleiner war als der Andere. Noch dazu schien er dem riesigen Wolfswesen bei weitem unterlegen zu sein. Der ganze Körper des jungen Wolfs war voller Wunden und blutete an unzähligen Stellen. Doch meine Aufmerksamkeit erregte eher die Person, die nun mein Blickfeld betrat. Dieser Mann war etwas größer als der erste und als er sich zu mir herab beugte, konnte ich ihn genauer erkennen. Er hatte schulterlanges, braunes Haar, dessen wilde Locken ihm beim Hinabbeugen immer wieder ins Gesicht fielen. Dieses war freundlich und ein warmes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Gleichzeitig kam er mir irgendwie bekannt vor... . "Ist alles in Ordnung bei dir? Hab keine Angst, Scarlet. Du bist jetzt in Sicherheit." Verunsichert schaute ich an ihm vorbei zu dem Kampf der beiden Wölfe, in den sich nun auch der junge Mann von vorhin eingemischt hatte. Die Frage, woher dieser Fremde meinen Namen kannte, behielt ich daraufhin erst einmal für mich. "Mach dir keine Sorgen um die beiden. Die sind zäher als sie aussehen und werden mit ihm schon fertig. Komm mit mir, ich werde dich hier rausbringen.", sagte er mit einem letzten Blick auf das Kampfgeschehen und reichte mir seine behandschuhte Hand. Zögernd ergriff ich sie und ließ mir von ihm aufhelfen. Erst jetzt bemerkte ich, wie sehr meine Beine zitterten. Denn ohne seine Hilfe hätte ich wohl kaum aufrecht stehen, geschweige denn gehen können. "Beeilen wir uns lieber" , hörte ich seine Stimme über mir und spürte, wie er mich langsam und bedächtig aus dem in Trümmern liegenden Zimmer führte. An der Treppe angekommen bemerkte ich einen dunklen Mantel, der ausgebreitet auf dem Boden lag. Etwas schien sich darunter zu befinden. Als der junge Mann meinen Blick bemerkte schüttelte er bekümmert den Kopf und führte mich schnurstracks die Treppe hinunter. Erst jetzt begriff ich, was oder genauer gesagt wer unter dem Mantel begraben lag. Diese Bestie hatte meine Tante also tatsächlich getötet. Diese Erkenntnis legte in meinem Kopf mit einem Mal einen Schalter um. In heilloser Panik riss ich mich von dem Fremden los und stürmte die Treppe hinunter. Gleichzeitig brach hinter mir ein Höllenlärm los und der Fremde wandte seine Aufmerksamkeit nicht mehr mir, sondern dem Kampf im Zimmer zu. Ich selbst bekam davon so gut wie nichts mehr mit. Gehetzt nahm ich mehrere Stufen auf einmal und hechtete anschließend durch den Flur, auf die rettende Haustür zu. Dabei vernebelte mir ein Tränenschleier die Sicht, sodass ich nicht bemerkte, wo ich meine Füße hinsetzte. So kam es das ich plötzlich über etwas stolperte und mit voller Wucht auf den Dielen in unserem Flur aufschlug. Ein brennender Schmerz flammte in meiner Schulter auf und benommen blieb ich für einige Sekunden liegen. Dabei strömte mir ein metallischer Geruch in die Nase und als ich mich aufrichtete, bemerkte ich, dass alles nass war. Mein Haar, meine Hände und auch mein Nachthemd. Worüber war ich da gestolpert? Verwirrt wandte ich mich um und entdeckte ein unförmiges Ding am Boden. Ich wusste nicht was es war, doch bei genauerem hinsehen erkannte ich selbst im schwummrigen Licht der Straßenlaternen vor unserem Haus einige Umrisse. Mein Blick wanderte augenblicklich an meinen Händen und dem Nachthemd hinab. Es hatte sich mit der Flüssigkeit, in der ich lag, vollgesaugt und auch meine Hände waren damit besudelt. Sie waren rot vor Blut. "Nein... . Nein..bitte nicht... .", mehr brachte ich nicht heraus bevor ich mich übergeben musste.Die letzten Meter bis zur Wohnungstür kroch ich nur noch, zu mehr war ich kaum noch fähig. Dieses unförmige Häufchen war alles, was diese Bestie von unserem Schäferhund übrig gelassen hatte. Verzweifelt begriff ich erst, dass ich im Freien war, als ich an der nächsten Straßenecke zum Stehen kam. Ich hatte das Haus und all diese Alpträume endlich hinter mir gelassen und brach vollkommen entkräftet auf der Straße zusammen. Dort dämmerte ich wohl eine Weile vor mich hin, denn erst als mich jemand schützend an sich drückte, begriff ich, wie viel Zeit wohl vergangen war. Verzweifelt krallte ich mich in das Hemd des jungen Mannes mit den Locken, denn er war es, dessen sanfte Stimme mir gut zuzureden versuchte. Weinend drückte ich mich an ihn und versuchte dort den Halt zu finden, den ich alleine wohl nicht mehr gefunden hätte. Sanft strich er mir dabei übers Haar und redete mit seiner beruhigenden Stimme auf mich ein. "Es wird alles wieder gut, Scarlet.", murmelte er sanft und tatsächlich spürte ich, wie mein Körper sich allmählich beruhigte und mir die Augen zufielen. Gleichzeitig begann ich jedoch zu verstehen, dass all diese Worte eigentlich nur Schall und Rauch waren. Denn mein Leben und der Mensch, der mir am meisten bedeutet hatte, waren in weniger als einer einzigen Nacht zerstört worden. In Trümmern zerbrochen und mit dem Mantel des Vergessens bedeckt lagen sie nur wenige Meter von mir entfernt in einem Haus, das ich nie mehr betreten würde. An jenem Tag verlor ich meinen Glauben an das Gute in der Welt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)