Cappuccino und Kuchen von Chibi-Neko-Chan (Teil 1) ================================================================================ Kapitel 1: Des einen Freund, des anderen Feind ---------------------------------------------- Gerade, als ich zu Shane zurückkehre und mich zu ihm auf die Bank fallen lasse, während ich meine Cola schlürfe, höre ich seine stimme zum ersten Mal. Er ist ein paar Meter von uns entfernt und zupft auf seiner Gitarre herum. „Hey, Shane! Kennst du den Typen?“, frage ich nun neugierig und wende meinen Kopf leicht zu meinem besten Freund herüber. Dieser schüttelt den Kopf und sagt: „Nee, Kleiner. Den sehe ich hier zum ersten Mal.“ Wir leben in einer Kleinstadt, in der sich so gut wie jeder vom Sehen her kennt. Aber Gitarren-Boy ist mir zum ersten Mal über den Weg gelaufen. Als ich meine Cola Shane überreiche, fängt der Junge an zu singen. „Loving you is killing me. When you know it should be thrilling me~ Loving you is chocking me slowly when I'm with you I still feel real lowly!“ Dafür, dass er nur ein paar Akkorde für den Song verwendet, ist seine Stimme um so schöner. „Komm Shane! Lass uns mal rüber gehen!“, sage ich erfreut. Shane schüttelt jedoch nur den Kopf und meint: „Ich stelle mich jetzt nicht wie diese Girlies dahin, nur um 'nem Fremden beim Gitarre spielen zu zuhören, Finny.“ Doch ich bin schon aufgestanden und losgelaufen. Ich reihe mich in den kleinen Kreis ein, der sich vor dem Gitarrenspieler gebildet hat. Ich war von Anfang an hin und weg von ihm, und wo ich ihn jetzt so aus der Nähe sehe, mit seinen strahlenden dunklen Augen und dem über sein rechtes Auge fallendem Haar, habe ich mich sofort verliebt. Er sieht geradewegs in meine Richtung und lächelt. Mein Herz macht einen Freudensprung und es scheint mir, als würde der Junge nur noch für mich singen. „I never knew you'd be so evil How did you get to be so evil, yeah! Now you telling me, that I'm bad to you You don't know what your talking 'bout, boy! Hear me when I say You can't just do whatever you want, boy!“ Er spielt die letzten Akkorde und lässt die Gitarre ausklingen. Alle applaudieren und rufen laut nach einer Zugabe. Ich lächele und klatsche leicht Beifall. Als der Gitarren-Boy den Kopf schüttelt, löst sich der Kreis langsam, bis nur noch ich mit ihm im Gras sitze. „Du...bist erstaunlich gut.“, bringe ich schief grinsend heraus. Er geht glücklicherweise darauf ein und meint: „Und du bist erstaunlich niedlich. Hey, mein Name ist Noel. Freut mich!“ Ich werde leicht rot, nicke und sage: „Finny, eigentlich Fin. Aber du kannst mich ruhig Finny nennen.“ Er greift nach meiner Hand und zwinkert mir zu. „Ein süßer Name.“ Ich setze mich neben ihn und starre auf seine Gitarre. „Wie lange spielst du schon, Noel?“ Er lächelt leicht und meint: „Seit knapp 10 Jahren. Ich spiele in na Band.“ Überwältigt von der Tatsache, dass ich mit einem schon bald berühmten Sänger und Gitarristen im Gras sitze, strahle ich vor mich hin. „Willst du der Sonne Konkurrenz machen?“, fragt Noel lachend und ich falle in das Lachen mit ein. „Tut mir Leid.“, meine ich und streiche mir die Tränen aus den Augen. „Ich habe nur gerade an etwas Schönes gedacht.“ Ich schaue kurz zur Bank hinüber und winke Shane zu. Dieser steht mürrisch auf und bringt mir meine Cola zurück. „Hier! Ich gehe!“ Perplex schaue ich ihn an. „Was? Nein, warte doch mal! Was ist denn mit dir los?“ Shane schaut zu mir, dann zu Noel. Ich seufze, stehe auf und stelle mich ihm direkt gegenüber. „Du bist ganz schön unhöflich, mein Lieber!“, stutze ich ihn zurecht. Dann deute ich auf Noel und meine: „Das ist Noel. Noel, das ist Shane. Er ist mein bester Freund.“ Noel springt auf und nimmt Shane in den Arm. „Freut mich sehr, Shane.“, flüstert er ihm ins Ohr. Dann lässt er von dem angewurzelten Shane los und setzt sich strahlend wieder. „Kennen wir uns schon?“, knurrt dieser sofort und blickt genervt auf Noel herunter. „Nein, nicht das ich wüsste.“, sagt dieser grinsend und muss erneut einen bösen Blick einstecken. „Was gibt dir dann das Recht dazu, mich zu umarmen?“ Noel tut so, als würde er angestrengt überlegen. Dann meint er wie ein Engelchen: „Ich habe es mir erlaubt.“ Ich möchte eine weitere Diskussion vermeiden, also schnappe ich mir meine Cola aus Shanes Hand, während ich mich auf die Zehnspitzen stelle, um ihm zuflüstern zu können. „Bleib bitte noch. Mir zu liebe.“ Er seufzt auf und lässt sich ins Gras fallen. Ich grinse triumphierend und lasse mich ebenfalls zu Boden sinken. „Tretet ihr eigentlich auch auf, Noel?“ „Ja....übermorgen ist unser nächstes Konzert. Ich habe gerade nur ein wenig geübt...das war leider noch nicht so gut.“, murmelt er und ich schüttele den Kopf. „Nein! Das war wunderschön! Das geht doch schon gar nicht mehr besser!“ Ich habe mich ein wenig zu ihm gebeugt und lasse mich jetzt nach hinten ins Gras fallen. „Sorry, ich bin manchmal ein wenig voreilig.“ Noel lacht auf und fängt dann an, von berühmten Gitarristen zu schwärmen und von den besten Sängern der Welt. Währenddessen hat Shane sich näher zu mir gesetzt und seinen Kopf auf meinen Schoß fallen lassen. Es stört mich herzlich wenig, da es ja nicht das erste Mal ist, dass er so etwas tut. Ich streiche lächelnd durch seine Haare und höre gespannt Noels Erzählungen zu. Inzwischen hat er angefangen die Geschichte seiner Band preiszugeben. Ich finde es erstaunlich, dass man mit 21 Jahren schon so viel erleben kann. „Wie lange seid ihr eigentlich schon zusammen?“, fragt Noel uns da plötzlich und beobachtet das Geschehen. Ich stutze. Irgendwie kommt es bei mir nicht so richtig an und ich realisiere erst, was Noel gefragt hat, als Shane sich aufrichtet und grummelt. Gerade, als er etwas sagen will, falle ich ihm ins Wort. „Gar nicht! Wir...wir sind nicht zusammen! Wir sind nur sehr gute Freunde und kennen uns schon ewig!“ Ich sehe hastig zu Noel, dann zu Shane. Dieser hat seinen Blick abgewendet und sich eine Zigarette angesteckt. Sein Markenzeichen. Noel lächelt verhalten und meint dann lachend: „Ist ja gut. Nicht so eilig, sonst versteht man ja nichts mehr.“ Ich sehe beschämt zur Seite und dann wieder zurück zu Shane. „Man! Du weißt doch, was ich davon halte!“, rufe ich genervt und nehme ihm seine Zigarette einfach aus dem Mund. Er sieht mich wütend an und will sie sich zurückholen, aber ich halte sie weg und lasse sie fallen. Er grummelt und schnappt nach seiner Packung, um sich schon wieder eine neue anzustecken. „Sag mal...heute geht’s dir mies oder?“, frage ich zischelnd und schnappe nach der Packung. Als ich einen bösen Blick von Shane zugeworfen bekomme, weiche ich erschrocken zurück. Er war bisher noch nie so sauer – jedenfalls nicht auf mich und darüber bin ich eigentlich auch froh. Aber jetzt ist er plötzlich wie ausgewechselt. Er steht auf und verzieht sich, ohne noch ein Wort zu sagen. „Warte!“, rufe ich noch hinterher, aber er ist schon verschwunden. Noel grinst mich an und meint dann: „Schade. Ich mag ihn. Warum ist er denn jetzt gegangen? So schlimm war es doch gar nicht!“ Mit gespielter Traurigkeit in der Stimme schaut er besorgt drein. „Sag mal....ist er denn noch Single?“, fragt er mich dann einfach. Ich sehe ihn an und überlege kurz. „Theoretisch, ja. Wieso?“ „Nur theoretisch? Mh.... Lass mich raten! Er schleppt jeden Tag 'ne neue ab.“ Ich nicke leicht und sehe ihn noch immer fragend an. „Interessant..“, murmelt er und grinst. „Hatte er auch schon mal etwas mit einem Jungen?“ Ich sehe ihn perplex an und schüttele energisch den Kopf. „Shane würde nie etwas mit einem Jungen anfangen!“ „Da bin ich mir nicht so sicher..“, murmelt Noel und ich sehe ihn verständnislos an. „Hast du das etwa noch nicht bemerkt?“, lacht er und staunt. „Der Typ fährt volle Kanne auf dich ab!“ Ich werde rot und reiße meinen Augen auf. Dann stehe ich schnell auf, klopfe mir ein wenig Gras von der Hose und sage hastig: „Ich muss jetzt gehen. Bis Übermorgen!“ Und schon bin ich verschwunden. In meinem Kopf rattert es. Shane soll in mich verknallt sein? Wie kommt Noel darauf? Ich kralle meine Hände in meine Haare und bin kurz davor sie mir auszureißen. Als ich bei unserem Wohnheim ankomme, atme ich einmal tief durch. Innerlich hoffe ich, dass Shane mir jetzt nicht über den Weg läuft, was schwer werden dürfte, denn er wohnt direkt im Zimmer neben mir. Ich setze ein lächeln auf und gehe rein. „Hey, Finny! Alles okay bei dir? Shane kam vorhin ziemlich wütend wieder zurück...Habt ihr euch gestritten?“ Es ist Sophie, die besorgt auf mich zukommt und mich in den Arm nimmt. Ich schüttele den Kopf. „Nicht wirklich. Wir hatten eine Meinungsverschiedenheit könnte man sagen.“ Sophie tätschelt mir die Schulter und lächelt mich aufmunternd an. „Er ist in seinem Zimmer und mault. Er lässt niemanden rein. Vielleicht könnt ihr das ja klären?“ Ich nicke leicht und verschwinde im Flur. Vor Shane's Tür bleibe ich stehen. Ich schlucke und hebe meine Hand zum klopfen. „Sh-shane? Ich bin's. Kann ich reinkommen?“ Ich lausche, höre aber nichts, also drücke ich die Klinke runter. Die Tür ist verschlossen. Ich schüttele genervt den Kopf und gehe in mein Zimmer. Dort ist eine Verbindungstür zum Nebenzimmer. Anfangs hat es mich ziemlich gestört, aber inzwischen sind Shane und ich ja gute Freunde. Also mache ich kurzerhand die Verbindungstür auf und trete ein. Shane liegt auf seinem Bett zusammengerollt unter der Decke und mault. „Was willst du?“, fragt er mich unfreundlich. Ich gehe leise auf sein Bett zu und werfe mich auf ihn. Er schnappt nach Luft, kommt aber nicht unter der Decke hervor. „Los...steh auf! Hör auf zu schmollen!“ Ich kitzel ihn und er kann sich ein kichern nicht verkneifen. Dann lugt er hervor und blinzelt mich an. Ich lächle leicht und wuschel durch seine schwarzen Haare. „Was ist denn? Warum warst du plötzlich weg?“, frage ich besorgt und lege meinen Kopf schief. Er macht den Mund auf, um etwas zu sagen, schließt ihn dann aber wieder. „Ich mag Noel nicht!“, ist seine Rechtfertigung und ich ziehe eine Augenbraue in die Höhe. „Das war's? Mehr nicht?“ Innerlich bin ich erleichtert, dass Shane nicht etwas sagt wie 'Doch, ich mag dich mehr als du denkst!'. Er nickt und setzt sich auf. Ich rutsche von ihm runter und setze mich neben ihn aufs Bett. „Du bist mir vielleicht einer..“, murmle ich und grinse. Er streicht seine Haare wieder etwas glatt und steht auf. „Ich geh mal eben eine rauchen.“, sagt er knapp und verschwindet auf den Balkon. Ich schüttele den Kopf und gehe hinterher. „Ich werde dich noch zum Nichtraucher machen, dass verspreche ich dir! Auch wenn es mein ganzes Leben lang dauert. Obwohl, wenn du so weiter machst, stirbst du noch vor mir.“ Er murrt und ignoriert mich. Ich strecke ihm nur die Zunge raus und lache. Dann atme ich die frische Luft ein, bis sie von dem Rauch verpestet wird und huste. „Sorry...hast du was abbekommen?“, fragt Shane mich besorgt und sieht mich entschuldigend an. Ich winke ab. „Schon okay.“ Wir unterhalten uns noch ein wenig über dies und das und gehen dann zurück in sein Zimmer. „Darf ich bei dir pennen? Bei mir ist es so heiß...Du hast Glück, dein Zimmer im Sommer auf der Schattenseite zu haben.“ Shane lacht. „Tja...wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Ich konnte mir mein Zimmer aussuchen. Und ich habe scheinbar gut gewählt!“ Ich sehe ihn feindselig an, grinse dann aber und werfe mich auf sein Bett. „Das gehört jetzt mir! Du kannst auf der Matratze pennen!“ Shane zieht seine Augenbrauen hoch und schüttelt den Kopf. „Das kannst du dir gleich abschminken!“ Er wirft sich auf mich drauf, so das ich erst mal nach Luft schnappen muss. Dann fängt er an mich zu kitzeln und ich bekomme mich nicht mehr ein vor lachen. „Sh-shane...nicht!“, bringe ich mühsam hervor und versuche ihn mir vom Leib zu halten, während ich mich zusammen krümme und scharf einatme. Shane lässt von mir ab und lässt sich neben mich fallen. „Das war deine gerechte Strafe!“, sagt er grinsend und schließt die Augen. Ich sehe ihn schmollend an und frage: „Wofür? Ich habe doch gar nichts gemacht...“ Dann kuschel ich mich an meinen besten Freund, ohne weiter nachzudenken. „Äh....Du, Finny...Also, ich hätte auch gerne noch etwas Platz auf dem Bett...“ Shane schiebt mich vorsichtig weiter weg und ich sehe ihn trotzig an. „Bisher hat es dich doch auch nie gestört...“ „Na und? Jetzt aber! Außerdem habe ich zur Zeit eine Freundin, da muss ich aufpassen.“, murmelt er und dreht mir den Rücken zu. Ich seufze, schüttele den Kopf und drehe mich weg. Aber so richtig einschlafen kann ich nicht. Ich denke die ganze Zeit darüber nach, was Noel mir gesagt und wie Shane plötzlich reagiert hatte. In der ganzen Grübelei kriege ich gar nicht mit, wie mir die Lieder schwer werden und meine Atemzüge ruhiger. Nach endlosen Stunden bin ich dann eingeschlafen. Am nächsten Morgen klingelt der Wecker und das nervige Piepen holt mich aus meinen Träumen. Ich blinzle leicht gegen das Licht und strecke mich, um den Wecker auszumachen, aber als ich mich zu der Kommode rüber beuge, liegt mir irgendetwas im Weg. Etwas, was plötzlich anfängt zu murren. Ich reibe meine Augen und schaue hinunter. Shane blinzelt mich müde an und fragt: „Was wird das, wenn es fertig ist?“ Ich werde ein wenig rot, schnappe schnell den Wecker und schalte ihn ab. „Sorry.... hab' nicht daran gedacht, dass du neben mir liegst und wollte das Teil ausmachen.“ Mit schiefem Grinsen sehe ich ihn an und er streckt sich. „Wofür geht man eigentlich in eine Schule oder Uni? Um morgens früh aufstehen zu müssen?“ 'Das fragt er mich?', denke ich. 'Ich habe doch die ganze Nacht kein Auge zu getan. Ich wette meine Augenringe sind so fett, als wäre ich kurz davor, vor Müdigkeit zu sterben.' Mein bester Freund steht auf, wuschelt mir durch die Haare und macht sich auf ins Bad. In diesem Haus gibt es strenge Regeln, was die Bäder angeht. Wir haben auch bestimmte Zeiten zu denen wir Duschen können, sonst würde morgens alles in einem Kuddelmuddel untergehen. Ich lege meine Hand kurz auf meine Haare, immer noch etwas rot im Gesicht und sehe Shane hinterher. Dann stehe auch ich auf und flüchte zurück in mein Zimmer. Auf dem Weg dorthin begegne ich Sophie, die mir in Unterwäsche entgegenkommt. Eigentlich kennen wir das alle schon von ihr, aber mir ist es trotzdem peinlich. „Morgen~“, sagt sie gut gelaunt und umarmt mich kurz. „M-morgen..“, murmele ich und versuche sie nicht anzusehen. „Hast du die Nacht wieder bei Shane verbracht?“, fragt sie mich spitzbübisch und ich weiß sofort worauf sie hinaus will. Ich schüttele wild den Kopf und sage: „Wir sind nicht zusammen! Merk dir das endlich!“ Sie lacht leicht und knufft mir in die Seite. „Warum dann so rot, Süßer?“ Ich stottere ein wenig herum, bis Tom vorbei kommt und mir mit seiner Handkante auf den Kopf schlägt. „Komm du bist ein Mann! Stell dich nicht so an!“ Ich sehe ihn böse an und streiche über die Stelle, an der er mir gerade eine verpasst hat. „Au..“, maule ich und stapfe weiter in mein Zimmer. „Warum wohne ich eigentlich mit so vielen Idioten unter einem Dach?“, frage ich, während ich meinen Kleiderschrank plündere und mir passende Sachen heraus suche. Nach dem Frühstück warte ich vor der Tür, sage einigen Tschüss, die an mir vorbeilaufen und sich ebenfalls auf den Weg zur Arbeit oder Uni begeben. Dann tritt endlich Shane heraus. „Können wir?“, frage ich ihn gut gelaunt und grinse. „Ist es für dich eigentlich selbstverständlich, dass ich dich immer fahre? Ich verlange endlich mal eine Gegenleistung!“ Er sieht mich ernst an und ich ziehe die Augenbrauen hoch. „Sag mal, was ist eigentlich mit dir los? Hast du deine Tage oder so? Was habe ich denn bitteschön gemacht?!“ „Gar nichts! Ich kann es einfach nicht ab, wenn du mich weiter so umgarnst!“ Mit offenem Mund starre ich ihn an, drehe mich weg und laufe los. „Du mich auch Arschloch!“ Mit gesenktem Blick verlasse ich das Gelände und bekomme gerade noch rechtzeitig den nächsten Bus zu fassen. „Was für ein Ehekrach war das denn bitte?“, fragt Sophie, die hinter Shane getreten ist. „Nichts..nur eine Auseinandersetzung...“ Sophie lacht grimmig. „Nur eine 'Auseinandersetzung'? Ihr habt euch gerade aufs Derbste beschimpft! Das ist so gar nicht Finny's Art..Also was hast du gemacht?“ „Ich habe ihm meine Meinung gesagt! Was ist daran bitteschön falsch? Kann ich ja nichts dafür, dass er so ein Sensibelchen ist!“ Shane sah bedrückt weg. „Wann hast du eigentlich vor, Finny zu sagen, was du wirklich für ihn fühlst?“, fragt Sophie vorsichtig und tätschelt seine Schulter. „Du kannst es nicht ewig geheim halten.“ „I know, but i can't tell him, that i am in love with him..“, sagt Shane traurig. Er kommt aus den USA und so redet er oft auch in gemischter Sprache. „Hilf mir..“ Sophie lächelt. „Wenn du englisch sprichst, musst du ja wirklich verzweifelt sein. Komm mit, lass die Uni heute sausen. Ich erkläre dir, was du zu tun hast.“ Währenddessen gammele ich in meiner Schule herum. Mein Kunstkurs ist gerade dabei Aktmalerei durchzunehmen. Aber ich kann mich einfach nicht konzentrieren und schütte sogar einmal die Farbe um. Schnell entschuldige ich mich und wische alles wieder auf und rette, was noch zu retten ist. Dann seufze ich. „Was ist denn los?“, fragt mich Marie und beugt sich zu mir runter. „Nichts..ich hatte heute früh nur einen Streit, mehr nicht.“ Marie nimmt mich in den Arm und tätschelt meinen Kopf. „Mach dir keine Sorgen. Alles wird wieder gut. Sprich dich einfach mit ihm aus. Stell ihn zur Rede, belagere ihn.“ Ich lache leicht. „Genau das gefällt ihm nicht. Er meinte, ich solle aufhören ihn ständig zu 'umgarnen'.“ Da fällt mir plötzlich Noel und sein Konzert wieder ein. „Ach und...ich muss dich noch was fragen. Ich habe jemanden kennengelernt. Er heißt Noel und spielt in einer Band. Sie haben Morgen einen Auftritt. Kommst du mit?“ Ich lächele, während ich es ihr erzähle und werde leicht rot. Marie betrachtet mich mit einem skeptischen Blick. Sie blinzelt kurz und reibt sich über die Augen. „Ich glaube, ich träume! Finny, du bist verknallt?!“ Ich halte ihr schnell den Mund zu.. „Nicht so laut!“ Unsere Lehrerin sieht mahnend zu uns herüber und wir widmen uns wieder unseren Bildern. Es ist mir unangenehm, dass eine nackte Frau vor uns liegt und wir sie zeichnen sollen. Aber eigentlich macht es mir ja Spaß, schließlich ist Kunst das Einzige, was ich richtig gut beherrsche. Ich werde mir ja sonst nicht mal mehr über einfache Gefühle klar. Seufzend verbringe ich also den halben Tag in der Schule und muss mir von Marie anhören, wie süß ich doch sei. Nach diesen endlos langen Stunden gehe ich zum Tor und warte. Nach einigen Minuten fällt mir dann ein, dass Shane und ich ja Streit haben und er mich nicht abholen wird. Also laufe ich geknickt zur Bushaltestelle und warte in der knallenden Sonne. Im Wohnheim angekommen, verkrieche ich mich schnell in mein Zimmer, damit ich Shane nicht über den Weg laufe. Ich mache meine Hausaufgaben und werfe mich aufs Bett. Es kommt mir so vor, als wäre ich kurz davor zu sterben. Die Sonne lacht durch mein Fenster hindurch und schickt mir ihre gesamte Wärme. Da ich es nicht länger aushalte, schaue ich aus der Tür und verlasse leise mein Zimmer. Heimlich gehe ich in die Küche, nicht ohne zu gucken, ob Shane vielleicht da ist. Aber die einzige Person die ich sehe, ist Sophie. „Hey..“, murmele ich und sie lächelt mich an. „Shane ist heute außer Haus, falls du ihn suchst.“ Ich nicke leicht, gehe zum Eisfach und hole mir Eiswürfel heraus. Sie kühlen mich glücklicherweise relativ schnell ab und ich setze mich auf einen Stuhl. „Sag mal Sophie...weißt du, was Shane gegen mich hat? Er...meckert mich plötzlich ständig an. Ich mache doch gar nichts. Ich weiß nicht was ich sagen soll, egal was ich mache, er wird wütend!“ Ich schluchze auf und mir kommen die Tränen. Ich versuche sie mir mit meinem Handballen wegzuwischen, aber sie kommen einfach immer wieder. Sophie geht auf mich zu und nimmt mich in den Arm. „Alles wird gut Kleiner. Keine Sorge. Es ist gar nicht so schlimm, wie du denkst. Wirklich! Ich kann dir leider nicht sagen, was los ist, aber mach dir nicht so einen Kopf. Auch Shane hat ein schlechtes Gewissen. Wirklich..“ Ich schluchze erneut auf und schniefe. „Tut mir leid..ich heule noch dein Top voll.“ Dann lache ich kurz auf und sehe sie an. Sie küsst mir auf die Augen und streicht zärtlich über meinen Kopf. „Komm, ich lade dich auf ein Eis ein!“ Sie zieht mich vom Stuhl und schleppt mich nach draußen. Ich grinse und freue mich eine so gute Freundin zu haben. „Danke..“, sage ich leise und lege einen Arm um sie, ziehe sie zu mir und freue mich auf das kühle Eis. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)