Ha cessato di piovere von Schangia (Es hat aufgehört zu regnen) ================================================================================ Prolog: Il commiato (der Abschied) ---------------------------------- »H-hören Sie, Signor di Vongola, Sie können jetzt nicht zu ihm!« Sein Blick brachte den Arzt umgehend zum Schweigen. Fast hätte er angenommen, der Möchtegernmediziner vor ihm würde sich jeden Moment einnässen. Konnte er ihm nicht verübeln; seine Augen mussten lodern, brennen vor Wut. Wut auf die Inkompetenz der Ärzte. Wut auf sich, komischerweise, weil er erst jetzt hier war, hier sein konnte. Aber vor allem Wut auf Squalo, auf diesen gottverdammten Haifisch, der es gewagt hatte, sich beinahe umbringen zu lassen. Seine sogenannte Rechte Hand, die kläglich versagt hatte, die fast durch die Hand eines Feinds gestorben wäre und ihn zurückgelassen hätte. Allein mit nicht einmal einem halben Dutzend halbwegs kompetenter Offiziere und einer viel zu großen Anzahl von unbezahlten (weil unqualifizierten) niederen Angestellten. Weil er unachtsam war, unfokussiert, mit den Gedanken nicht beim Kampf, sondern bei irgendeiner trivialen Nichtigkeit. Wahrscheinlich etwas dermaßen Unwichtiges, dass Xanxus ihm dafür auch noch die rechte Hand abhacken würde. Dann konnte er sehen, wo er blieb. Der Arzt war mittlerweile gegangen, doch Xanxus stand immer noch regungslos im Türrahmen. Er mochte keine Krankenhäuser, das war schon immer so gewesen. Früher hatte er ihnen relativ gleichgültig gegenübergestanden; er wurde so gut wie nie krank, also musste er sich auch keinerlei Sorgen machen, irgendwann einmal in eines dieser Arbeitshäuser für studierte Quacksalber zu kommen. Wenn er es recht bedachte, hatte er das erste Mal ein Krankenhaus betreten, nachdem Squalo auf die grandiose Idee gekommen war, Tyr herauszufordern und sich (trotz seines Sieges) die linke Hand abzuschlagen. Sobald sein Freund damals wieder über den Berg gewesen war, hatte er ihm die Hölle heiß gemacht. Und darüber hinaus beschlossen, Krankenhäuser zu meiden. Nicht in Krankenhäuser gehen zu müssen war nämlich gleichbedeutend damit, dass Squalo wohlauf war. Was momentan nicht der Fall war. Und gerade deswegen hatte Xanxus mehr als einen Moment lang überlegt, das gottverdammte Gebäude in die Luft zu sprengen. Nur wäre dann höchstwahrscheinlich Squalo ebenfalls in abertausend kleine Teilchen gesprengt worden (weil er zu faul gewesen wäre, vorher den Ritter in strahlender Rüstung zu spielen, um seine Rechte Hand in Nöten zu retten). Zögerlich ging er einige Schritte vorwärts, schloss nach einem kurzen Blick über die Schulter die Tür und blieb stehen. Unerwünschte Zuschauer waren das letzte, das er jetzt brauchte. Dann ließ er den Blick durchs Zimmer schweifen, nahm jedes Detail auf, nur, um nicht auf das Bett an der linken Wand starren zu müssen. Der Raum wirkte kalt, vollkommen klinisch. Vier weiße Wände umfingen ihn, das Fenster gegenüber der Tür ließ fahles Licht in den Raum fallen. Durch die dünnen Gardinen konnte er den grauen Himmel sehen, und hätte er etwas mehr für poetische Vergleiche übrig, so würde er wohl sagen, das Wetter spiegelte seinen Gemütszustand wider. Es war ein Einzelzimmer, natürlich. Als ob er die Genesung seines Freundes durch nervige Zimmer- und Leidensgenossen gefährden würde. Lediglich zwei Stühle standen an der Wand neben dem Bett, warfen blasse Schatten auf den gekachelten Boden. Um das Bett herum standen unzählige Gerätschaften, einige piepend, andere surrend, und es beunruhigte ihn ein wenig, dass er von mehr als der Hälfte nicht wusste, welche Körperfunktion sie überwachen sollten. Inmitten der schneeweißen Laken lag er, schmächtiger noch als es für gewöhnlich der Fall war (zumindest kam es Xanxus so vor). Das silberne Haar nicht glänzend wie sonst, sondern matt. Das Gesicht fast so blass wie die Bettwäsche, ein Beatmungsgerät auf Mund und Nase. Squalo sah grauenhaft aus, so als wäre er bereits tot und nicht erst kurz davor. Obwohl sich alles in ihm dagegen sträubte, trat er ans Bett heran, platzierte einen der Stühle davor, setzte sich jedoch noch nicht. Stand einfach nur da und sah schweigend dabei zu, wie Maschinen Squalos Atmung übernahmen. »Erbärmlich.« Xanxus' Stimme klang fremd in seinen Ohren, so als wäre sie weit entfernt. Das unerträgliche Piepen der Geräte wurde dafür immer lauter. Lange haderte er mit sich, doch schließlich ließ er sich auf dem unbequemen Stuhl nieder, den Blick dabei immer auf Squalo gerichtet. Je länger er auf den leblosen Körper starrte, desto stärker wuchs der Drang in ihm, aufzulachen. »Was hast du dir eigentlich dabei gedacht?« Er sprach leise, und dennoch schien es ihm so, als würden die kargen Wände seine Worte zwischen sich hin und her werfen, als würden sie die Lautstärke stetig erhöhen und sie so bedeutungsschwerer machen. »Bist du etwa davon ausgegangen, ich würde dich einfach krepieren lassen, ohne dich vorher für dein Versagen zur Rechenschaft zu ziehen?« Nicht, dass er davon ausging, Squalo könnte ihn hören oder ihm gar eine Antwort geben. Zwar mochten die Ärzte ihm immer wieder predigen, Komapatienten könnten schneller genesen, wenn man mit ihnen sprach. Doch Xanxus glaubte nicht daran, wollte nicht daran glauben. Wie würde er denn dastehen, wenn Squalo erfuhr, dass er aus Sorge um ihn kurz davor gewesen war, das Krankenhaus samt nutzlosem Personal in winzige Einzelteile zu zerlegen? Das würde er ihm ewig unter die Nase reiben. Sollte sein Freund allerdings doch jedes seiner Worte hören können... »Wehe, du stirbst«, begann er bedächtig, ohne seinen Blick von Squalos leichenblassem Gesicht abzuwenden. »Ich bringe dich um, wenn du das wagst.« Seufzend verzog er das Gesicht. Wie konnte er so etwas von sich geben, ohne über seine eigene Torheit zu lachen? Bedachte er es recht, so hatte Squalo ihn schon zu unglaublich vielen Dingen gebracht, die ihm unter normalen Bedingungen nicht einmal im Traum eingefallen wären. Wegen ihm wusste er, was Eifersucht war, wusste wie es sich anfühlte, von einem geliebten Menschen (Xanxus wurde bei diesem Gedanken flau im Magen) betrogen zu werden. Wegen ihm hatte sich der Verschleiß an Gläsern in ihrem Haushalt drastisch erhöht; etwas, vorüber sich Lussuria selbst heute noch aufregte. Erneut seufzte er, sah kurz aus dem Fenster, bevor er den Blick wieder auf die reglose Gestalt vor sich richtete. Dann nahm er Squalos Hand, strich abwesend mit seinem Daumen über die kalte Handinnenfläche. Vielleicht war sie so kalt, weil sein Freund vor Jahren so dumm gewesen war, sich seine linke Hand abzuschlagen und durch eine metallene Prothese zu ersetzen. Oder vielleicht, weil tote Körper keine Wärme benötigten. Ein wenig entsetzt schüttelte er den letzten Gedanken ab. Squalo konnte nicht sterben. Nicht ohne seine Erlaubnis, das hatte er damals geschworen. Damals. Wie naiv war er über die letzten Jahre hinweg geworden, dass er an einen so albernen Schwur glaubte, sich an ihn klammerte, als wäre er das einzige, das ihm in dieser Welt noch Halt gab? Langsam führte Xanxus die metallene Hand an seinen Mund, berührte sie kurz mit den Lippen. »Idiota. Was soll ich denn ohne dich machen?« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)