Zum Vergessen Gezwungen von Azuho (Hotaru) ================================================================================ Prolog: -------- Ganz langsam nur drehe ich meinen Kopf zur Seite. Es schmerzt fürchterlich. Ich glaube ich habe mich noch nie so schrecklich gefühlt, aber sicher bin ich mir nicht. Ich fühle mich, als ob ich verprügelt worden wäre. Ich fühle meine Hände auf meinem Rücken und nach ein paar knirschenden Geräuschen kann ich zwei rote Schuhe vor meinem Gesicht stehen sehen. Der Boden ist voll von verklebten Sand oder kleiner blutiger Steinchen und ich bin in einer Art Zelle. Nur ganz wenig Licht dringt durch zwei dünne Schlitze an der Decke herein und es stinkt als hätte ein Gorillamännchen auf einen alten Käse gepinkelt... ... Plötzlich packt mich etwas am Hinterkopf und zieht meinen Kopf an meinen Haaren nach oben. „Antworte! Wer bist du?“
Die Hand des Fremden hält mich noch ein paar Sekunden lang. Aber seine Frage verwirrt mich. Sie ist ganz simpel, aber als ich meinen Mund öffne um sie zu beantworten, will mir nichts einfallen. Dennoch verspüre ich den unbedingten Drang ihm die Wahrheit zu sagen, also stammele ich: „Ich ... ich...“ Dann werde ich auch schon wieder losgelassen. Instinktiv versuche ich mich abzufangen, aber meine Hände sind gefesselt, sodass mein Gesicht auf dem harten Boden aufkommt und ich wieder mein Bewusstsein verlier. Es muss nur ganz kurz gewesen sein, denn als ich meine Augen wieder aufschlage, hatte mich der maskierte Fremde in den roten Schuhen aufgerichtet an die Wand gepresst und mir mit seinem Handrücken ins Gesicht geschlagen: „Wie ... ist ... dein Name?“ Ohne nachzudenken, kommt es aus mir heraus. Meine Worte hören sich dennoch vollkommen fremd an, wie von ganz weit weg, als ich ihm sage:
„Mein Name ist Zixin.“ Kapitel 1: ... vor einer Woche: ------------------------------- „Hotaru? Kommst du auch dazu?“ Die Stimme seiner Mutter war unüberhörbar. //Oh, war es schon so weit?// Der 11-jährige suchte noch schnell seine Trainingsschuhe auf dem Boden, konnte sie aber in all dem Chaos nicht sofort finden. Nachdem er sie in einer Ecke, unter seiner Alltagshose und ein paar Schulbüchern, in die er so gut wie nie hineinsah, gefunden hatte, stieg er aus seinem Wagen und wischte sich noch etwas Schlaf aus den Augen. Er war wohl gerade der einzige Junge in Ba Sing Se, dessen Eltern damit einverstanden waren, wenn er bis zum Mittag schlief und in hautengen, glitzernden `Strampelanzügen` herum lief. Aber seine Familie war auch sonst alles andere als gewöhnlich. Sein Bruder zum Beispiel konnte Dinge effektvoll verschwinden und ganz woanders noch viel effektvoller wieder auftauchen lassen. Mit seinen 19 Jahren war er einer der besten Bühnenzauberer des ehemaligen Erdkönigreiches. ... Und seine Schwester, war mit 23 ein gefragtes `Medium`. Wenn sie die Gedanken, der Zuschauer erriet, hatte sie noch nie daneben gelegen. Sie arbeitete manchmal auch ausserhalb des Zirkus und half zum Beispiel gutbetuchten Privatpersonen weiter, wenn diese die Sorge hatten, dass einer ihrer Untergebene sie bestehlen würde. Aber auch in ernsteren Dinge wie Mord und der Befragung von Zeugen war ihre Meinung gern gefragt. Mit ihrem Bruder zusammen war ihre Show immer ein gut besuchter Knüller, bis die schlechten Jahren kamen. Hotarus Eltern waren beide klassische Zirkusakrobaten. Sie beherrschten ein vielseitiges Repertoire, das von der Arbeit mit Tieren bis zum Trapez reichte. Hotaru hingegen hatte eine ganz besondere Begabung. Seine Spezialität war Kontorsion, die Fähigkeit seinen Körper auf kunstvoll-groteske Art zu verbiegen. Schnell beeilte er sich ins Zelt zu kommen. Es war ganz schön frisch hier draussen, musste er feststellen. Aber drinnen war es schön warm.
„Da bist du ja.“ Lächelte seine Mutter. „Ich weiss, dass du viel übst und das gut kannst, aber wir werden diesen Abend vor dem Herrscher auftreten. Du solltest sicherheitshalber heute mal alles besonders gut durch dehnen. Wenn er mit allen unseren Auftritten zufrieden ist, dann können wir in der Stadt bleiben und sind sicher für den Winter. Also, hopp!“ Hotaru hatte nichts dagegen, sofort mit dem Training anzufangen, aber er hatte ziemlich lange geschlafen - selbst für seine Verhältnisse - und noch nichts gegessen. Seine Schwester, wusste sofort, was los war und reichte ihm ein paar Früchte und etwas von dem Honigbrot, das noch übrig war. „Das ist so praktisch. Wie machst du das?“, neckte er sie ein wenig. Dabei war es nur wirklich keine Kunst seine Gewohnheiten vorherzusagen.
„Wie machst du, was du tust?“ 
„Ich übe jeden Tag. Und vielleicht bin ich auch ein bisschen begabt.“ „Dann weisst du ja schon, wie ich es mach!“ Mit einem Zwinkern ging sie aus der Manege und liess ihre Eltern mit ihren kleinen Bruder allein. Sie hatte bis heute Abend Pause und ging sich vermutlich nun die Stadt ansehen. „Hm, ich kann es auch, ... ein bisschen zumindest. Viel Spass in der Staaahadt!“, schrie er ihr hinterher und biss in das Brot. Eigentlich blieben sie fern von den Menschen. Während der Auftritte, wurden sie zwar bewundert, aber ausserhalb ihres Zirkuszeltes oder ihrer kleinen Welt der Wohnwagen, waren sie `die Freaks` und nicht wirklich gern gesehen. Dennoch liebte seine Schwester die Stadt und sie war alt genug, als dass ihre Eltern ihr das noch verbieten konnten. „Hotaru?“ Seine Mutter zeigte mit ihrem Zeigefinger zuerst auf ihre Stirn,
„Eh?“
„Lies meine Gedanken!“ und deutete dann auf die Übungsmatte. „Oh.“ „In einer halben Stunde. Iss erst mal fertig ... und geh dich waschen!“ 
Als Hotaru wieder rein kam, war sein Vater gerade fertig mit dem Aufbau der Geräte. Gemeinsam liefen sie ihrem Sohn ein paar Minuten im Kreis, um sich aufzuwärmen. „Wie läuft´s in der Schule?“ , wollte sein Vater wissen. Hotaru zog eine Schnute und verdrehte die Augen. „Wir wissen ...“, meinte seine Mutter auf der anderen Seite „...dass es keine richtige Schule ist, aber du solltest auf Mina hören, wenn du deine Abschlussprüfung in 4 Jahren schaffen willst, denn die wird an einer richtigen Schule stattfinden. Ohne die wirst du nie etwas anderes lernen oder studieren können.“ Mina, hatte an der Universität in Ba Sing Se Tiermedizin studiert und war mit abstand die gebildetste Person hier im Zirkus, was letztendlich nicht nur den Tieren zu Gute kam. Aber Hotaru hatte keine Lust auf die Uni zu gehen. „Was soll ich denn da? Ich fühle mich hier wohl.“
Nun war es wieder sein Vater der sprach:
„Die Zeiten haben sich geändert. Die Leute haben kein Geld mehr. Niemand geht mehr in den Zirkus. Wir haben diesen Winter schon so hart zu kämpfen... . Zirkusartist, das ist ein aussterbender Beruf. Kluge Köpfe aber werden immer gefragt sein.“ Ihm war mehr rausgerutscht als er sagen wollte. „Was dein Vater eigentlich meint ist...: Du kannst schon weiter im Zirkus auftreten, aber es währe besser, wenn du noch etwas anderes, zusätzlich kannst. Schau mal, obwohl deine Geschwister bereits erwachsen sind, holen sie trotzdem noch ihre Schule nach.“ Hotaru schaute nun weniger finster. Dennoch hatte er Angst, wenn er an seine Zukunft dachte. Er war sonst überhaupt nicht ängstlich, zumindest nicht wenn er kopf über am dem Trapez hin und her schaukelte. Aber vermutlich übertrugen sich die Sorgen seiner Eltern unbewusst auf ihn. „Dabei weiss ich doch gar nicht, was ich werden soll.“ „Das musst du jetzt auch noch nicht wissen. Wenn es so weit ist, dann machst du dir Gedanken.“ Hotaru nickte zu dem, was seine Mutter ihm gerade gesagt hatte und nach ein paar Kraftübungen wurde er von seiner Mama vorsichtig in die verschiedenen Posen gedrückt und dabei sacht über seine aktive Biegefähigkeit hinausgeführt. Nach drei Stunden waren alle Muskelgruppen trainiert und er begann seine Nummer zu proben. Der Abend kam. Heute hatten ihm seine Eltern von der Schule frei gegeben, damit er wenigstens etwas Freizeit hatte. Diese nutzte er auch prompt, denn der Junge hatte ein Geheimnis. Er wusste, weshalb er auf jeden Fall beim Zirkus bleiben wollte und nicht in die normale Welt dort draussen passte. Er war ein Feuerbändiger. Meistens waren es die Eltern, die es zuerst entdeckten dass ihr Kind anders war. Spätestens dann wenn das Haus niederbrannte... . Aber Hotaru hatte es selbst bis vor kurzen noch nicht gewusst, wie anders er eigentlich war und wie gut er bändigen konnte, dafür dass er noch nie Unterricht darin gehabt hatte. Im Zirkus würde er diese Fähigkeit einsetzen können und alle würden sich fragen, ´wie funktioniert das nur´, da es ja keine Bändiger mehr gab. Natürlich war das vollkommen undurchdacht und naiv zu glauben, dass niemand erkennen würde, wenn er bändigte. Aber es hatte schon einmal funktioniert, diesen Herbst. Er hatte während einer Vorführung ein kleines bisschen Feuer manipuliert und niemandem war etwas negativ aufgefallen. Hier oben über der Stadt war er ungestört und konnte die kleine Flamme ganz offensichtlich, wie eine Münze über seinen Handrücken hüpfen lassen. Es war relativ warm in der Stadt, verglichen zu auf dem Land. Es schien ihm so, während er von dem hohen geschwungenen Dachsims einer Privatwohnung runter auf das Gewusel schaute, als ob hier niemand jemals frieren müsste, so dicht, wie die Menschen miteinander lebten... . Natürlich stimmte das nicht. Das da unten, ... die vielen schönen bunten Lichter und die ganzen Leute dazwischen, das war nicht das grosse Gruppenkuscheln, das war der Krieg des Alltags. Jeder musste um sein Überleben kämpfen. Und so dicht wie sie hier lebten, musste man sich vermutlich vorsehen, dass man dabei nicht erschlagen oder nieder getrampelt wurde. So wie dieser komische Kauz mit seinen Kohlköpfen, der sich mitten auf eine Kreuzung stellen muss... . Es erfüllte ihn mit Ehrfurcht, wenn er daran dachte, dass er vielleicht der aller letzte Feuerbändiger auf dieser Welt war. Nicht einmal im Palast gab es zur Zeit einen. Die Bändiger des Herrschers waren bekannt wie bunte Hunde. Man flüsterte im ganzen Land von ihren Untaten. Ob die Geschichten alle der Wahrheit entsprachen, bezweifelte Hotaru, aber sie waren schaurig und in seinem Alter waren schaurige Gruselgeschichten das aller coolste, um sich die Zeit zu vertreiben, schon allein deswegen weil die Eltern es nicht gerne sahen. Der Nachteinbruch hatte eine frostige Kälte mit sich gebracht und Hotaru musste sich beeilen, dass er noch rechtzeitig zurück kam. Dafür, dass seine Eltern ihm verboten hatten, allein unter die Leute von Ba Sing Se zu gehen, hatte er sich doch prima daran gehalten, fand er. Mit seinen akrobatischen Fähigkeiten und seinem Leichtgewicht sprang er einfach von Dach zu Dach und vermied jeden Kontakt zu den Menschen der Stadt. Selbst den Wachen blieb er verborgen, bis zu dem Augenblick, als unter ihm drei Stadtwachen eine Frau in eine Sackgasse trieben. Wie versteinert hielt er inne. Es war nicht irgendeine Frau, es war seine Schwester! Was machte sie hier? Was sollte er tun? Die Absichten der Soldaten schienen keine Guten zu sein und Panik stieg in ihm auf. Wenn er nach Hause rannte, um seine Eltern zu holen, dann könnte alles schon zu spät sein... . Eigentlich wollte er lieber leise bleiben, aber als die Soldaten sie an die Wand gedrängt hatten und einer sein Schwert zog, kam es nur so aus ihm heraus: „Haruko!“ Erschrocken und überrascht schaute seine Schwester, die eben noch beschwichtigend auf die drei eingeredet hatte nach oben: „Hotaru! Was machst du hier?“ In dem Augenblick griff sich der erst seine Schwester. Er hielt ihre Arme fest während der zweite sein Kwan Dao, ein Säbel, der an einem langen Griff befestigt war, an ihren Bauch hielt. Der Dritte fuchtelte mit seinem Schwert und schaute zu Hotaru nach oben: „Komm da runter Kleiner! Ich verspreche dir, wir werden dir auch nichts tun!“
Haruko, die vor Schreck erstmal geschwiegen hatte, schrie nun so laut sie konnte: „Lauf weg!“ Hotaru ahnte, was das zur Folge haben würde. Wenn sie schrie, dann würden die Wachen zustechen, damit niemand mitbekam, was sie hier machten. Also fackelte er nicht lange und schoss in kürzester Zeit soviel Feuer nach unten, wie er nur konnte. Die Soldaten, hatten leichte Rüstungen an, suchten dennoch sofort das Weite. Aber unter dem Feuerregen hatte auch seine Schwester gestanden. Seine Schwester wälzte sich unter auf dem Boden herum und schrie. Dann wurde es plötzlich leise. Ihre Kleidung klebten in rauchenden Fetzen an ihrem bewusstlosen Körper. Hotaru krabbelte so schnell er konnte nach unten und versuchte sie hoch zu heben. 
„Wach auf!“ Ausserhalb der Gasse, begann sich schon eine Menschentraube zu sammeln und starrte, eng aneinander gepresst, sie beide an. Keiner wagte es zu nahe zu treten, aber verpassen mochten sie auch nichts. „Wach doch auf! Wir müssen weg. Gleich werden ganz viele Soldaten hier sein!“ Seine Schwester blinzelte leicht. Zum Glück war ihr Gesicht von den Verbrennungen nicht betroffen. Aber sobald sie ihr Bewusstsein nach und nach zurückerlangte, stöhnte sie und brach dann mit jeden neuen Atemzug erneut in ein ohrenbetäubendes Geschrei aus. Blut rann ihr aus dem Mundwinkel und Hotaru bemerkte, dass die Soldaten sie auch verletzt haben mussten. Überall war auch noch der Geruch von verbranntem Fleisch in der Luft... „Das habe ich nicht gewollt.“ Als er dann aber begriff, dass es seine Umarmung war, die ihr diese Schmerzen verursachte, liess er sie wieder los. Sein Schluchzen und seine Worte waren kaum hörbar. Nun spürte er wieder, wie kalt es geworden war, seid dem Einbruch der Nacht. Die ersten Schneeflocken dieses Winters kreiselten wie die Samen von Pusteblumen durch die Luft und kamen lautlos auf der Strasse zum Liegen. Schnell zog er seine Jacke aus und legte sie über seine Schwester. Sie hielt kurz seine Hand fest und flüsterte ihm etwas ins Ohr, dann schloss sie ihre Augen und atmete schwer. „Ich lass dich nicht allein!“ Es war merkwürdig, was für Gedanken ihm gerade noch alles so durch den Kopf gingen. ... Dabei war Nachsitzen und Hausarrest wirklich sein allerkleinstes Problem. Verzweifelt schaute Hotaru zu den gaffenden Leuten, als sich plötzlich zwischen ihnen eine Schneise bildete. „Zur Seite! Weg da!“ 4 Hunter betraten die Sackgasse. Diese hatten schwere Rüstungen an und waren mit Armbrüsten bewaffnet. Nach dem sie kurz die Umgebung gesichert hatten, gingen drei von ihnen in Position und zielten auf Hotaru und seine Schwester. Der vierte der Hunter trat etwas nach vorne und deutete auf Hotaru: „Leg dich ganz langsam auf dem Boden! Mit deinem Bauch nach unten.“ „Meine Schwester ist aber verletzt!“ Der Hunter tuschelte kurz mit den anderen dreien, dann nickten sie und er rief wieder zu dem Feuerbändiger herüber: 
„Wir werden uns um deine Schwester kümmern, wenn du tust, was wir dir sagen. Leg dich jetzt auf deinen Bauch mit deinen Armen zur Seite und bewege dich nicht.“ Hotaru war vollkommen aufgelöst vor Panik und wollte glauben, was er ihm sagte. Ausserdem hatte seine Schwester schon wieder das Bewusstsein verloren und er konnte sie nicht um Rat fragen. Sie brauchte ganz dringend einen Arzt. Vorsichtig und ganz langsam, krabbelte er auf allen Vieren etwas nach vorne und legte sich, so wie die Hunter es wollten, flach auf den Bauch. Der Anführer nickte den anderen zu, worauf zwei der Armbrustschützen näher kamen und ihn jeweils an Händen und Füßen zu fesseln begannen. Der hinterste Schütze ging unterdessen zu seiner Schwester und schoss ohne zu zögern einen Armbrustbolzen durch eines ihrer Augen. Hotaru hatte das Gefühl das die Welt stehen blieb und sich der Boden unter seinen Füßen auftat. Ein Schwall von dicken Blut rann aus ihrem Schädel. Sogar aus ihrer Nase und ihrem Mund..., über all war Blut. Die Hunter verschnürten ihn unterdessen weiter zu einem unbeweglichen Päckchen. In dem Augenblick als der Feuerbändiger begriff, was da gerade passiert war und er losschrie, steckte einer der Hunter etwas sperriges in seinem Mund und fixierte dieses `Etwas` an Hinterkopf und seinem Genick, bevor er ihn aufhob und über seiner Schulter zum Palast trug. Der Hunter lies das ´verschnürte Packet´ unsanft auf den Boden des Thronsaals plumpsen. Der Thron selbst war noch leer und Hotaru fragte sich, was nun mit ihm passieren würde. Er stand immer noch unter Schock. Wäre es besser gewesen, er hätte sie allein gelassen? Er wusste, dass sie über herausragende Fähigkeiten verfügte, Menschen zu manipulieren, dass sie diese hypnotisieren, und in sie hineinsehen konnte wie kein anderer. Vielleicht wäre gar nichts passiert, wenn er nicht ihren Namen gerufen hätte. Oder, wenn er weggelaufen wäre, wie sie es anschliessend gewollt hatte... ...„Wie ich sehe, hat man die Hauptattraktion der heutigen Zirkusvorstellung bereits zu mir gebracht.“ Hotaru konnte noch nicht sehen, zu wem diese Stimme gehörte. Aber es war klar, dass es Sano, der Herrscher von Ba Sing Se sein musste. Seine Stimme war tief und warm. Aber bei dem akzentuierten Tonfall stellten sich seine Nackenhaare nach oben. Die Schritte kamen näher und plötzlich fühlte Hotaru eine warme Hand, die von hinten seine Stirn umfasste. Kurz darauf erschien ein Licht und Sano liess wieder los. „Lockert seine Fesseln und nehmt den Knebel ab.“ Zwei Diener huschten aus dem Schatten hinter einer Säulen hervor und machte, was er befahl. Kaum konnte Hotaru wieder sprechen, fing er an lautstark zu pöbeln: „... Ich bring dich um, ich werde dich töten, das verspreche ich dir! Du hast meine Schwester getötet!... “ Echtes Erstaunen zeigte sich auf Sanos Gesicht. „So, habe ich das?“ Richtig bewegen konnte Hotaru sich immer noch nicht, aber es war möglich, sich auf den Rücken zu rollen. Nun versuchte er Speichel in seinem Mund zu sammeln. Falls der Herrscher sich zu ihm herabbeugte, würde er eine Überraschung erleben. In Wirklichkeit hatte der kleine Feuerbändiger Todesangst und glaubte, dass er so und so gleich sterben wird. Da könnte er doch wenigstens noch seine Meinung offen zur Schau tragen. Tatsächlich beugte sich Sano zu ihm herab, um Hotarus Gesicht näher zu sich nach oben zu ziehen und ihm direkt in die Augen zu sehen. Sanos waren einfach nur schwarz und seine Augenlieder leicht mit Kohol geschminkt. Hotaru war überrascht von der Sanftheit in diesen dunklen Augen. Für einen Augenblick glaubte er, dass Sano ihn gleich losbinden würde und ihn nach Hause zu seinen Eltern schickte. Aber dann lächelte der Herrscher nur kalt, lies Hotaru wieder fallen. Der richtige Moment zum Spucken war verpasst. Die gesamte Ladung landete daher auf seiner eigenen Brust. Ein quäkendes hämisches Lachen wurde hörbar und verstummte sogleich wieder, als der Herrscher mit der Hand wedelte und der entsprechende Diener sich den Mund zu hielt und untertänigst verbeugte. „Bringt ihn in mein Gemach.“ Sano hatte einen Plan. Wenn funktionierte, was er vorhatte, war egal, was der Junge heute Nacht oder die nächsten Tage noch alles erlebte. Er würde bald nichts mehr davon wissen und sich auch an nichts mehr aus seinem sonstigen Leben erinnern. Er würde zu einem treuen und guten, ... nein, zu einem perfekten Diener werden, der keinen Fragen stellte und nur das anspruchslose Leben als Kämpfer kannte. Irgendwann hatte Hotaru jedes Zeitgefühl verloren. Es mochten Tage oder nur Stunden gewesen sein. Er wusste es einfach nicht mehr. Meistens war es dunkel. Auch jetzt war er wieder gefesselt und es war zum Glück schon etwas her, seid dem jemand in die kleine Zelle gekommen war um ihn erneut zu verprügeln. Eigentlich wünschte er sich, dass es endlich vorbei ginge und sie ihn töteten. Aber sie passten immer auf, ihn nicht zu stark zu verletzten. Auch wurden ihm keine Knochen gebrochen. Die Folter war dennoch allumfassend und reichte tiefer, als der körperliche Schmerz allein. Quietschend öffnete sich die Tür und man hob ihn vom Boden auf. Ganz unweit von hier, nur ein paar Türen weiter setzten ihn die maskierten Männer auf einen Stuhl, der zu einem komischen Apparat gehörte und schnallten ihn darauf fest. Hotaru saß schon ein paar mal auf diesem Ding und immer wieder musste er sich diesen hirnerweichenden Blödsinn anhören, während eine kleine Lampe in regelmäßigen Abständen vor seinen Augen vorbeifuhr. Sie wollte ihm einreden, wie gut der Herrscher war und, dass er ihn beschützen wollte, aber auch, dass er seinen Schmerz loslassen bzw. vergessen und ein neues Leben annehmen sollte. Hotaru hatte sich bisher immer gewehrt gehabt. Unter keinen Umständen wollte er Sano beschützen oder denken, dass das ein guter Mann war. Nicht nachdem, was er ihm und seiner Schwester angetan hatte. Es waren seine Soldaten die sie getötet hatten und daher war er verantwortlich. Ausserdem war Sano höchstpersönlich immer wieder brutal über ihn hergefallen ... ... Aber heute war irgendetwas anders. Hotaru wollte endlich weg hier und wenn sterben nicht möglich war, dann funktionierte vielleicht das. Alles fing an, als er der Stimme in seinem eigenen Kopf zu lauschen begann. Das was da draussen erzählt wurde, war immer noch vollkommen lächerlich und belanglos für die Veränderung in seinem inneren. Er allein war es, der bewirkte, was passierte und nur er allein würde es eines Tages wieder aufheben können ... Epilog: -------- ... Mit auf dem Rücken gefesselten Händen brachten ihn die zwei Männer nach ein paar Stunden wieder in die schmutzige Zelle zurück. Sano war auch dort. Er band sich seine schwarzen langen Haare zurück und zupfte seine Maske zurecht. Mit langsamen Schritten umkreiste der Herrscher seinen Gefangenen an Boden der Zelle. Der Junge drehte den Kopf in Richtung der knirschenden Geräusche, welche die harten Ledersohlen seiner roten Samtschuhe machten. Dann packte der Herrscher die kurzen schwarzen Haare des Jungen und zog: „Antworte! Wer bist du?“ „Ich... Ich...“ Verärgerung und echte Enttäuschung spiegelte sich in den Augen des Herrschers wider. Die alten Aufzeichnungen des Dai Li waren doch nur ein Märchen gewesen. So etwas wie das Programmieren von Menschen gab es nicht wirklich. Dabei hatte er so sehr gehofft, sich die Fähigkeiten dieses überaus gelenkigen Feuerbändigers zu nutze machen zu können. Na ja, wenigstens hatte er seinen Spass mit ihm gehabt. Er schnappte sich den kleinen Körper und drückt ihn gegen die Wand. Niemand wagte es einfach so bewusstlos vor dem Herrscher herum zu hängen, also holte er aus und schlug ihn mit dem Handrücken auf seine Wange. Es schien zu helfen. Die Augen des Jungen öffnete sich wieder und schauten desorientiert in der Gegend umher. Offensichtlich wusste er nicht, wo er sich befand... „Wie ... ist ... dein Name?“ „Mein Name ist Zixin.“ Zufrieden lächelte Sano unter seiner Maske. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)