Crimson Snow von abgemeldet (Ivan x Gilbert) ================================================================================ Kapitel 19: Die Insel des Riesen -------------------------------- A/N: Irgendwie bin ich unfähig, was Berwals Akzent angeht. Stellt ihn euch einfach vor xD Lars=Niederlande Kyell=Island "Wo ist er?" Wie Peitschenhiebe sausten die Worte auf Toris herab, der sich reflexartig duckte. Vor ihm hatte sich der ehemalige König aufgebaut und durchlöcherte ihn förmlich mit seinem eiskalten Blick. "I-Ich weiß nicht." stotterte der Braunhaarige hilflos. Er wusste es wirklich nicht. Als er heute Morgen nach seinem König hatte sehen wollen, war sein Zimmer leer gewesen. Panisch hatten Toris, Eduard und Raivis alles nach ihrem Herrscher abgesucht, doch er war im ganzen Schloss unauffindbar gewesen, ebenso wie Gilbert. Jetzt, am späten Nachmittag hatte sie der ehemalige König aufgegriffen und sah sie mit wutverzerrter Miene an. "Das kann doch nicht sein!" rief er aufgebracht und schlug Toris mit der flachen Hand ins Gesicht. "Ihr seid seine Kammerherren! Ihr müsst zu jeder Zeit wissen, wo er sich aufhält!" In Toris Augen sammelten sich schon Tränen und seine Wange brannte fürchterlich. Doch er war klug genug, nichts zu sagen. Das würde den Vater nur noch wütender machen. Erzürnt wandte sich der alte Mann ab und ballte seine Hände zu Fäusten. Die drei Diener wichen vorsichtshalber ein paar Schritte zurück, ehe der Alte die Faust auf die Tischplatte krachen ließ. Das Holz knackte bedrohlich. "Das liegt nur an diesem Wurm!" brüllte er und Raivis zuckte zusammen. "Wie ein Geschwür hat sich dieses sogenannte >Spielzeug< hier eingenistet! Jetzt ist Schluss damit!" Und ohne ein weiteres Wort machte er kehrt und stürmte wutentbrannt aus dem Salon, in dem sie sich gerade befanden. Als er die langen Gänge entlang schritt, kühlte er langsam wieder ab und in seinem Kopf begann es zu arbeiten. Er musste diese weiße Pest loswerden. Sie infizierte seinen Sohn, den König, hielt ihn von seinen Pflichten ab. Heute hätte er sich eigentlich mit dem Bürgermeister von Oraş treffen sollen. Das Verhältnis zu dem Bürgermeister war eher unterkühlt und das mussten sie ändern. Er war schließlich ein wichtiger Verbündeter. Natürlich war der Bürgermeister mehr als verärgert gewesen über das Nichterscheinen seines Sohnes und hatte ihn mit seinen roten Augen arrogant angesehen. Es hatte ihn wirklich alles gekostet, diesen Frischling nicht zu erwürgen. Wie er diesen Bürgermeister doch hasste! Aber trotz des Altersunterschiedes, hatte der alte König so etwas wie Respekt vor dem Bürgermeister, denn sein Ruf war recht... beeindruckend. Wie dem auch sei, er musste seinen verkommen Abkömmling finden und dieses Subjekt aus dem Weg räumen. Er musste es sorgsam anstellen, sonst würde Ivan wütend werden und dann war er unberechenbar... Und er musste seinen Sohn lenken können. Nachdenklich schritt der Vater durch die Gänge, als ihm plötzlich die zündende Idee kam. Mit einem kalten Lächeln im Gesicht drehte er sich um und ging zum Dienerschaftsteil des Schlosses, genauer zu den Gemächern der 20 Kammerherren. ~*~ Immer noch schwer atmend lag Gilbert auf Ivan, den Kopf an die Brust des Größeren gelegt. Er lauschte dem schnellen Herzschlag und hatte genießerisch die Augen geschlossen, als Ivan langsam mit seiner Hand über seine Wirbelsäule strich. Das Feuer prasselte nach wie vor im Kamin und ließ auch das letzte bisschen Kälte verschwinden, wobei die beiden das auch gut alleine hinbekommen hatten. Es war einfach fantastisch, nur die Ruhe zu genießen und keine Natalia, keinen Vater oder sonst irgendjemanden um sich herum zu haben. Gilbert beobachtete die zuckenden Flammen und konnte sich keinen besseren Moment vorstellen. Ohne es zu merken, rutschte der Gedanke an Ludwig, seine Familie, Francis und überhaupt der Grund warum er nach Ninsoare Lume gekommen war, immer weiter in den Hintergrund. Er hatte heute noch kein einziges Mal an seinen Bruder gedacht. "Du bist das niedlichste Häschen, das ich je gesehen habe~" murmelte Ivan und strich über Gilberts Haar. Und da war der Moment auch schon wieder zerstört. Sofort drehte Gilbert seinen Kopf so, dass er Ivan ansehen konnte und funkelte ihn böse an. "Ich bin nicht niedlich! Und dein bescheuertes Häschen schon gar nicht!" Ivan lachte nur und besah ihn mit einem "Jaja, schon klar-Blick". Gilbert schnalze abschätzend mit seiner Zunge und richtete sich auf, sodass er nun mehr auf Ivans Hüfte saß und verengte die Augen leicht. "Was soll denn der Blick?" fragte Ivan unschuldig und lächelte ihn dabei breit an. "Ich bin großartig und nicht niedlich!" wiederholte Gilbert und sprach die Worte deutlich und mit unterdrückter Wut aus. Er hasste es, wenn er nicht für voll genommen wurde. Ivan legte seinen Kopf etwas schief und sah ihn nachdenklich an. Dann begann er zu grinsen und erwiderte: "Du hast dich ja auch noch nie beim Sex gesehen." Dass Ivan das so offen aussprach war Gilbert irgendwie peinlich. Zum Glück fiel der leichte Rotschimmer in seinem Gesicht durch die spärliche Beleuchtung des Kamins nicht auf. Kurz fragte sich der Albino wie spät es wohl gerade war. Bestimmt schon Abend. Dann schüttelte er aber den Kopf, setzte sein arrogantes Grinsen auf und meinte: "Ich bin vielleicht übertalentiert und verdammt gut, aber nicht niedlich!" Die letzten Worte betonte er extra und besah Ivan dabei mit einem warnenden Blick. Plötzlich bekam der Albino große Lust, es dem König zu beweisen. Oh nein, fingen diese Gedanken etwa schon wieder an?! Sie hatten doch gerade erst! Es war keine 20 Minuten her! Ivan musterte ihn weiter lächelnd und sagte dann: "So gut bist du auch nicht. Du scheinst dich zu überschätzen~" Oh wie er es liebte, sein Häschen auf die Palme zu bringen. Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, verdunkelte sich der Blick von Gilbert und er schien Ivan mit seiner puren Willenskraft erwürgen zu wollen. Sein Häschen war wirklich immer niedlich, aber wenn es wütend war, war es einfach zum Anbeißen! Man wünschte sich dann eine Schokoladenfigur von Gilbert, die man verschlingen konnte! Verärgert sah Gilbert den König an. Niemand, wirklich niemand, unterschätzte die Großartigkeit von Gilbert Beilschmidt! Er setzte sein überheblichstes Lächeln auf und sagte dann so hochmütig es ging: "Nur weil es dir selbst an Talent fehlt, musst du nicht deine Schwächen auf andere abwälzen. Steh' doch dazu." Er verzog seinen Mund zu seinem typischen Grinsen, bei dem der rechte Mundwinkel höher als der rechte war. Roderich und Vash hassten dieses Grinsen, deshalb setzte Gilbert es immer in ihrer Nähe auf. Ivan sah ihn erst kurz verwirrt an, dann lachte er aber los. "Du meinst also, ich sei schlecht?" "Schlechter als ich allemal. Aber mach dir nichts draus, nicht jeder kann vom Schicksal so gesegnet sein, kesesese." "Hmm? Aber wenn ich mich recht entsinne, warst du es doch der vorhin meinen Namen geschrien hat und in seiner Ekstase meinte, ich sei der Beste." Ivan räumte das so sachlich und nüchtern ein, als befänden sie sich gerade in einer normalen Diskussion. "Das hast du nur falsch verstanden! Natürlich meinte ich, dass ICH der Beste bin." bastelte sich Gilbert die wahren Tatsachen zurecht und grinste weiter. Er war einfach großartig und Ivan würde das schon glauben. Grinsend besah Ivan sein selbstverliebtes Häschen, das triumphierend die Augen geschlossen hatte und dämlich vor sich hin grinste. Er leckte sich leicht über die Lippen, als er den, auf sich sitzenden, Albino betrachtete. Wenn Gilbert so einen Schwachsinn reden konnte, dann war er sicherlich auch noch fit genug für die nächste Runde... Ivan packte den Kleineren unvermittelt am Arm und zog ihn mit einem Ruck zu sich herunter. Mit dunkler Stimme raunte er seinem Häschen ins Ohr: "Wie wäre es, wenn du mir deine Begabung einfach beweist...~" Kaum hatte Ivan die Worte ausgesprochen, packte Gilbert das neu entdeckte Verlangen, das er eigentlich schon nach Vollendung von Runde 1 gespürt hatte. Ohne zu Antworten presste er sofort seine Lippen auf die des Größeren und ein erneuter Krieg über die Herrschaft im Königreich Mundhöhle begann, wobei Ivan diesmal kapitulierte und ausnahmsweise Gilbert den Vortritt ließ. Sollte sein kleines Häschen noch etwas die Macht genießen dürfen, er würde sie ihm gleich mit Freude entreißen. Und wie auf ein Stichwort, packte Ivan den Kleineren fester an der Taille und drehte sich einmal herum, sodass der Albino wieder unter ihm lag. "Dann wollen wir ja mal sehen, ob ich wirklich so schlecht bin..." ~*~ ♣ 2 Tage später ♣ Stöhnend hingen Ludwig, Vash, Roderich und Lovino über der Reling und rieben sich den Bauch. Heute war ihr dritter Tag auf See angebrochen und es war einfach nur schrecklich. Das Meer schien es nicht besonders gut mit ihnen zu meinen und schüttelte das Schiff, samt der Mannschaft ordentlich durch. Die eingefleischten Seeleute hatten kein Problem damit und Matthias stellte sich sogar extra an das Steuerrad, um ja heldenhaft mit dem aufspritzenden Salzwasser übergossen zu werden. Er hatte ein breites Grinsen im Gesicht und schrie seinen Männern irgendwelche Befehle zu. Oben, am Mast, hatte sich Antonio niedergelassen und baumelte frei an einem Balken, während er das verhedderte Segel wieder richtete. Sein weißes Hemd war mittlerweile so durchnässt, dass er es eigentlich hätte gleich ausziehen können. Ihm machte die raue See auch nichts aus, vielmehr machte es ihm Spaß die Besatzung durch sein plötzlich Auftauchen und Verschwinden zu verwirren. Elizabeta stand wie eine Walküre inmitten der hetzenden Männer und zog die Taue straff, während sie zu so etwas wie der zweite Kapitän mutiert war. Die meisten - eigentlich alle - hatten vor der jungen Frau mehr Angst, als vor Matthias. Von Lili und Noah war auf Deck nichts zu sehen, man hatte die beiden kleinsten Mitfahrer in die Kapitänskajüte verbannt, was besonders Lili verärgert hatte. Noah schien es wohl relativ egal zu sein, so wie ihm eigentlich alles egal zu sein schien. Ludwig jedenfalls hatte beschlossen das Meer und Schiffe zu hassen. Sein Magen ebenfalls. Gerade als die vier Seekranken dachten, es könnte nicht mehr schlimmer kommen, schlenderte Feliciano auf sie zu, in der Hand einen Teller mit... Pasta. Was sonst. "Veeh~ Wollt ihr auch was?" fragte er seine Freunde, die augenblicklich grün im Gesicht wurden und sich wieder stöhnend über die Reling warfen. Die Unruhen hatten gestern Nachmittag angefangen, seit sie vom warmen Akiba wieder in kalte Gewässer gesegelt waren. Den ersten Tag hatten die acht Freunde tief durchgeschlafen und als sie wieder aufgewacht waren, mussten sie sich schon wieder in ihre alte Kleidung, samt Wintermänteln hüllen, weil die Temperaturen rasant gesunken waren. Eigentlich war Ludwig darüber sogar froh gewesen, denn das Wüstengewand, oder wie er fand: Kleid, war wirklich unangenehm zum Tragen gewesen, auch wenn es einen nicht zu verleugnenden angenehmen Luftzug unten herum hatte. Mädchen hatten es mit Röcken im Sommer eindeutig leichter als Jungs! "Das Schlimmste ist gleich überstanden!" rief ihnen plötzlich Matthias zu und grinste noch etwas breiter. Und tatsächlich, nach weiteren, nervenaufreibenden Minuten, ebbte das Meer plötzlich ab. Als ob nichts gewesen war, glitten sie durch das ruhige Wasser, sahen zu wie einige Eisschollen vorbeitrieben. Noch etwas zittrig richteten sich Vash, Roderich und Ludwig auf und atmeten tief durch. Sie waren eindeutig nicht für das Wasser gemacht! Lovino wollte auch gerade aufstehen, als Antonio hinter ihm auftauchte und dem überraschten Italiener einen Schmatzer auf die Wange drückte. Sofort lief Lovino dunkelrot an und begann einige Beschimpfungen auszustoßen, während er den lachenden Kater über Deck verfolgte, wobei der Spanier eindeutig einen Vorteil hatte, da er die etwas andere Fortbewegungstechnik beherrschte. Elizabeta sah den beiden lächelnd zu, wobei etwas tief in ihren Augen glomm. Schaudernd wandte sich Ludwig ab, wollte gerade etwas zu Roderich sagen, als er leicht nach unten gezogen wurde und ehe er wusste wie ihm geschah, hatte Feliciano ihm ebenfalls einen Kuss auf die Wange gedrückt. "Veeeh~ Fratello gefällt das immer und dann magst du das bestimmt auch." lächelte der kleine Italiener und schaufelte daraufhin wieder fleißig Pasta. Ludwig war zu perplex, um etwas zu erwidern und konnte nur rot werden. Waren denn alle Italiener so kontaktfreudig? Lovino anscheinend nicht, denn er hatte sich mit einem waghalsigen Sprung auf den Rücken des Grinsekaters geworfen, der aber augenblicklich wieder verschwand. "Seht ihr das Ufer dahinten?" fragte plötzlich Matthias hinter ihnen. Die Freunde folgten seinem ausgestreckten Arm und konnten in der Ferne tatsächlich Land erblicken. Hohe, schneebedeckte Berge ragten am Horizont in die Höhe und wie es aussah, bestand die Insel zum größten Teil aus Wald. "Das ist die Insel des Riesen. Hier sind Noah und ich aufgewachsen, zusammen mit Tino, Noahs Bruder Kyell und Berwald, dem alten Schweinehund." Nachdem Elizabeta ihre Geschichte erzählt hatte, hatte auch Matthias etwas aus dem Nähkästchen geplaudert und von der Insel des Riesen, AEKI, seinem Leben und so weiter erzählt. Der Kapitän war schon etwas angeheitert gewesen und hatte sich besonders über Berwald, dessen Familie man den Namen der Insel zu verdanken hatte, ausgelassen. Auch wenn sie anscheinend befreundet waren, war durchaus eine gewisse Rivalität zu spüren gewesen. "Also Männer! Wir sind bald wieder in der Heimat! Packt die schmutzigen Hefte weg, wenn eure Frauen euch abholen und macht den üblichen Kram der ansteht, bevor wir an Land gehen!" rief Matthias seinen Männern zu und klatschte in die Hände. Sofort war lautes Gejohle auf dem Schiff und es wurde mit schiefen Männerstimmen ein Heimatlied angestimmt. Einige Zeit später legte das Schiff in dem eingeschneiten Hafen an und eine Schar Menschen stand auf dem Steg, um ihre Heimkehrer zu begrüßen. Der tätowierte Kerl, den Elizabeta beim Armdrücken geschlagen hatte, eilte als Erster von Bord und eine zierliche Frau fiel ihm um den Hals, auf dem Arm ein kleines Baby, das laut kreischte. Nach und nach leerte sich das Schiff und mit ihm der Steg. Freunde, Familie, Bekannte, alle hatten sich versammelt. Nachdem auch die letzten abgezogen waren, waren da nur noch Matthias, Noah und die acht Freunde. "Na dann. Am besten gehen wir sofort zu Tino, der wird euch sicher weiterhelfen können. Falls der König wirklich so etwas hat, dann muss er einfach auffallen." meinte der Kapitän und lief schon los. "Ich bin wirklich gespannt, auf Berwalds Reaktion, wenn er unsere Einnahmen sieht." lachte er noch siegessicher und Noah verdrehte leicht die Augen. Fröhlich weiterplappernd führte Matthias sie vom Ufer weiter in die Insel. Sie mussten ein kurzes Stück durch den Wald, das sich aber nicht lange zog. Außer Matthias, Antonios und Felicianos munteres Gerede war nicht viel zu hören. Der Schnee schien jedes Geräusch zu schlucken und wenn die drei Quasselstrippen mal für einen Augenblick Ruhe gaben, hörte man nur das Knirschen unter ihren Schuhsohlen. Der Wald war wirklich dicht und Matthias meinte auch, dass man sich nicht zu tief hineinwagen sollte, es hatte schon des Öfteren Vermisste gegeben. Besonders Geschwisterpaare. Er erzählte von Greta und Hans, die sich im Wald verirrt hatten und nie wieder gesehen wurden. Bei den Worten drückte Lili die Hand ihres Bruders fester, denn ihr war das alles nicht geheuer. Nachdem sich der Wald lichtete, waren sie unmittelbar am Rande eines kleinen Dorfes. "Dieser kleine Ort ist so ziemlich die einzige Art von Zivilisation auf dieser Insel. Achtzig Prozent von hier ist Wildnis, Wald und Berge. Wir sind eine kleine Gemeinde, weshalb die jungen Leute meistens auch von hier abhauen und sich lieber in einer größeren Stadt niederlassen. Aber die meisten zieht es irgendwann wieder zurück." erzählte Matthias und sie liefen durch die ruhige Hauptstraße. Wenn Ludwig da an seine Kindertage in dem kleinen Dorf vor Königsberg dachte, dann war es dort schon fast eine Großstadt im Vergleich zu dem Nest hier. Und trotzdem hatte es seinen ganz eigenen Charme. Die Häuser bestanden fast ausschließlich aus Holz und waren in schönen Farben gestrichen. Blau, gelb, rot und so weiter. Die Fensterrahmen und andere Balken waren in Weiß gehalten und es sah richtig heimelig aus. Sie überquerten gerade einen kleinen Platz, in dessen Mitte ein Brunnen stand, auf dem eine Meerjungfrau als Statue angebracht war. Matthias deutete darauf und sagte: "Das Wasser, das aus diesem Brunnen kommt ist unglaublich heiß, aber für die Gesundheit ein wahrer Segen. Wir benutzen es meistens zum Baden, denn es ist furchtbar anstrengend die Wanne zu erhitzen." Ludwig warf einen Blick in den Brunnen und tatsächlich schwebte ein leichter Dampf über dem Wasser. Es musste aus dem Boden kommen und natürlichen Ursprungs sein. Schließlich führte der Kapitän und Noah die Freunde ein Stück außerhalb des Dorfes und sie blieben dann vor einem großen Holzhaus stehen. Es war dunkelrot gestrichen und auch hier waren die Fensterrahmen und andere Balken weiß. Es wurde von einem ebenfalls weißen Zaun umgrenzt und neben dem Haupthaus befand sich noch etwas, das wie eine Garage aussah. Die Werkstatt, wie Ludwig vermutete. Sie passte nicht wirklich zu dem Rot des Hauses, denn sie war gelb und blau gestrichen. Etwas gewöhnungsbedürftig, aber die Farben fielen einem wenigstens sofort ins Auge. Noah öffnete das Gartentürchen und durchquerte schon fast hastig den Garten. Jemand musste den Schnee etwas beiseite geräumt haben, denn man kam relativ gut durch. Aus der Werkstatt waren leise Klopf- und Sägegeräusche zu vernehmen. "Berwald arbeitet wohl noch." murmelte Matthias ehe er dann Noah hinterherrannte. Die anderen folgten zögerlich und Vash und Lovino musterten die Gegend argwöhnisch. Lovino hielt Antonios Hand fester, während der Kater nur breit grinste. Schließlich blieben sie hinter Matthias stehen, der darauf wartete, dass Noah anklopfte. Der Kleinere zögerte erst, doch dann klopfte er dreimal. Erst tat sich nichts und eine kurze Zeit war nur das Hämmern in der Werkstatt zu hören, bis dann leise Schritte hinter der Tür zu hören waren und sie aufgemacht wurde. Vor ihnen stand ein Junge, so groß wie Noah und irgendwie... Er erinnerte auch an ihn. Der Junge hatte silber-weißes Haar, seine Augen waren von einem dunklen Cyan-Blau. Irritierenderweise saß auf seiner Schulter ein komischer Vogel, der gerade einen kleinen Fisch verschlang. Er sah die Neuankömmlinge mit seinen schwarzen Knopfaugen an und wirkte ziemlich süß. "Bruder." murmelte Noah und sah den Jungen durchdringend an. Dieser blickte mit beinahe unbewegter Miene zurück, bis er dann aber seine Augen zusammenkniff und leicht den Kopf schüttelte. "Nein, nein, nein! Das ist doch kindisch!" meinte er und wollte die Tür schon wieder zuknallen, als Matthias seinen Fuß aber dazwischen stellte. "Kyell! Jetzt stell' dich doch nicht so an! Und überhaupt, wir haben Gäste! Das ist unhöflich." Er grinste den silber-weißhaarigen Jungen namens Kyell an, dieser schüttelte dann nur wieder den Kopf, ehe er dann aber Platz machte und sie eintreten ließ. Noah starrte Kyell weiter an, als sie ins Haus liefen. "Bruder." raunte er im Vorbeigehen und Kyell, der eindeutig Noahs Bruder war, schüttelte nur wieder den Kopf und verweigerte eine Aussage. Dann blickte er aber auf und musterte die acht Fremden. "Wer ist das?" wandte er sich fragend an Matthias, der sich aus seinem dicken Mantel schälte und ihn an einen Haken im Flur hing. "Das sind Freunde von Noah und mir." lachte er. "Wohl eher Freunde von dir." warf Noah trocken ein und bahnte sich seinen Weg tiefer in das Haus. Immer noch grinsend wandte sich Matthias zu den Freunden und sagte: "Nehmt es ihm nicht übel, er ist nur etwas schüchtern." "Halt die Klappe!" kam es aus dem Haus und der Kapitän lachte lauthals. Er führte sie hinter Noah her und schließlich standen sie alle in einer behaglichen Wohnstube. Es war alles aus Holz und überwiegend in hellen Farben gehalten. Die Holzwände waren hellblau gestrichen, die offene Küche und der Essbereich waren in Weiß gehalten. Überall hing der Duft von Zimt und anderem Gebäck in der Luft. Es erinnerte Ludwig unweigerlich an Weihnachten und ein leichter Befall von Heimweh überkam ihn. "Das ist unser Reich. Natürlich hat Berwald das alles selbst angefertigt, wobei meine helfende und alleskönnende Hand nicht gefehlt hat!" prahlte Matthias und deutete einmal um sich. "Red keinen Mist, das Einzige was du geleistet hast, ist der verkrüppelte Stuhl dahinten." meinte Noah kühl und zeigte auf ein wirklich... abgrundtief hässliches Möbelstück. Der so genannte "Stuhl" wackelte schon beim bloßen hinsehen und keiner war so lebensmüde sich dorthin zu setzen. Matthias ignorierte Noahs Worte und ließ sich auf die gepolsterte Eckbank sinken. "Wer ist das jetzt?" fragte wieder Kyell, der im Türrahmen stand und die Fremden Eindringlinge in seinem Haus musterte. Ludwig konnte es ihm nicht verdenken, er selbst hätte bei sich zu Hause vermutlich seine Lederpeitsche vom Haken genommen und die Unbekannten vertrieben. Es war ärgerlich, dass die Peitsche in Deutschland zurückgeblieben war, immerhin war es ein Erbstück seine Großvaters Indianer Johann. (Ja, er hieß Indianer, weil sein Urgroßvater es damals für "lässig" gehalten hatte.) "Am Besten du holst Tino und Berwald her, dann erkläre ich euch das alles." antwortete Matthias auf die Frage von Kyell. "Tino ist nicht da. Er muss Pakete ausliefern und ich weiß nicht wann er wiederkommt." erwiderte Noahs Bruder daraufhin und machte keine Anstalten sich zu bewegen. Ein kollektives Aufstöhnen ging durch die Reihen. Jetzt waren sie schon hier beim Postboten, dem einzigen Kerl in dieser ganzen Welt, der sie zu diesem langsam wirklich nervenden König führen könnte und er war nicht da! Schwer seufzend ließ sich Antonio neben Matthias nieder, was Elizabeta und Roderich ihr gleichtaten. Hatte das denn nie ein Ende? "Jetzt macht doch nicht solche Gesichter! Tino ist ja nicht aus der Welt und solange werdet ihr eben hier bleiben. Ist doch klar!" versuchte Matthias sie aufzumuntern. "Spinnst du?! Du kannst das doch nicht einfach so entscheiden! Du bist hier nicht derjenige der das Sagen hat! Berwald hat da auch noch ein Wörtchen mitzureden." rief Noah aus der Küche dazwischen. "Dann holt den Idioten doch her!" meinte Matthias nur und lehnte sich grinsend zurück. "Wenn es um Tino geht, will Berwald das sowieso wissen. Ich geh' ihn mal holen." murmele Kyell und verließ mit seinem Vogel umgehend den Raum. Man konnte hören, wie die Haustür geöffnet wurde und wieder ins Schloss fiel. Erst dann wurde den acht Freunden klar, dass Berwald zu der Familie gehörte, nach der diese Insel benannt wurde. Er war ein Riese. Sie standen kurz davor, Angesicht zu Angesicht mit einem Riesen zu reden! Was wenn er sie nicht leiden konnte? Wenn er sie mit seiner Hand zerquetschte, oder sie als Spielpuppen missbrauchte?! Ludwig begann schon wieder sich alles Mögliche auszumalen, bis er sich aber wieder selbst zur Ordnung rief. Kaum beruhigte er sich etwas, wurde die Haustür wieder geöffnet. Stirnrunzelnd sah der Deutsche zur Tür, denn es war merkwürdig, dass ein Riese in das Haus passen sollte. Naja, vielleicht war es ja nur Kyell und gleich wurde das Dach weggenommen und sie würden in zwei riesige Augen starren... Doch der Gedanke konnte noch nicht mal Früchte tragen, da waren schon schwere Schritte im Flur zu vernehmen. Keinesfalls die von dem kleinen silber-weißhaarigen Jungen. Matthias richtete sich etwas auf und sein Grinsen wurde noch etwas breiter und in seinen Augen blitzte Vorfreude auf, die Ludwig nur zu gut von Gilbert kannte. Immer wenn sein älterer Bruder etwas geplant hatte oder kurz davor stand jemanden die Scheiße aus dem Leib zu prügeln, bekam er diesen Blick. Die Schritte kamen näher und wie gebannt sahen alle zur Tür, außer Noah, der sich in ein Eck verzogen hatte und mal wieder Selbstgespräche zu führen schien. Nur Lili konnte die kleine Fee auf seiner Schulter sitzen sehen, die ihr munter zuwinkte. Schließlich stoppten die Schritte kurz vor der Wohnstube und sie hörten wie Kyell sagte: "Sie sind da drinnen." Dann kam der Junge herein, gefolgt von einem wirklich großen Kerl. Einem Bären von einem Mann, einem Mann der Männer wie man sagen konnte. Ludwig hielt sich ja schon für nicht gerade klein, so wie Matthias, aber der eintretende Mann war ein Hüne! Natürlich war er kein Riese, das war vielleicht übertrieben, aber er durfte mindestens 2m groß sein, zumindest musste er leicht den Kopf einziehen, als er durch die Tür kam. Vermutlich waren die Leute auf dieser Insel alle nicht sehr groß und sahen deshalb in ihm einen Riesen. Jedenfalls stand jetzt vor ihnen ein blonder Kerl mit grün-blauen Augen und einer ziemlich stylischen Brille auf der Nase. Sein Gesichtsausdruck war wirklich... beängstigend. Alles was er tat war starren. Er starrte die acht Freunde an und die konnten nicht anders, als zurückzustarren. Schließlich sprang Matthias auf und klopfte dem so genannten Riesen auf die Schulter. "Nicht so steif, Berwald. Das sind Gäste!" Berwald wandte seinen Blick von den Fremden und starrte seinen Freund oder was auch immer kurz an. "Hm." war alles, was man zu hören bekam. "Das sind Freunde von Noah und mir und sie würden gerne mit Tino reden." Bei dem Namen des Postboten schien Berwald aufzuhorchen. Er blickte wieder zu den anderen und sein Blick blieb bei Ludwig hängen. Die beiden sahen sich an und man kam nicht umhin eine gewisse Ähnlichkeit festzustellen. Die blonden Haare, die hellen Augen, der ernste Gesichtsausdruck. Nur schien Berwald im Gegensatz zu Ludwig absolut ruhig zu sein. Schließlich machte der Riese einen Schritt auf den Deutschen zu, streckte seine Hand aus und murmelte in einem etwas merkwürdigen Akzent: "Ich bin Berwald. Was wollt ihr von meiner Frau?" Ludwig erwiderte den kräftigen Händedruck, runzelte dann aber verwirrt die Stirn. "Ich bin Ludwig. Wir... äh... wir wollen nicht zu Ihrer Frau..." Sie wussten ja nicht mal, dass der Gute verheiratet war und, dass es überhaupt eine weibliche Person in diesem Hause gab. "..." Berwald starrte ihn an, sie schüttelten immer noch ihre Hände. Da beugte sich Matthias zu Ludwig und raunte ihm zu: "Tino ist seine Frau." Perplex sah Ludwig erst zu Matthias, dann wieder zu Berwald und schließlich lösten sich ihre Hände. "Ich... äh entschuldigt, aber ich dachte Tino wäre ein Mann." Der Name klang ja auch verdammt männlich! "Er ist ja auch einer, nur Berwald nennt ihn eben seine Frau." erwiderte Matthias und Berwald nickte nur, als wäre das normal. Jetzt waren die Freunde völlig verwirrt, nur Elizabetas Augen glänzten etwas. "I-Ich verstehe nicht ganz..." murmelte Ludwig. "Tino ist meine Frau. Er ist ein Mann, aber meine Frau." erklärte Berwald knapp und etwas unverständlich mit seinem Akzent. Ludwig entschied sich einfach dazu, es zu akzeptieren. Er verstand die Logik nicht und wollte es auch gar nicht. Sie waren nicht hier, um über Frauen und Nicht-Frauen zu diskutieren, wobei Feliciano diesen anscheinend schmalen Grad auch schon überschritten hatte. Der gute Sadiq befand sich immer noch im Glauben, einer jungen Dame begegnet zu sein. "Also?" Berwald ließ sich etwas schwerfällig auf einen gut zusammengebauten Stuhl nieder (AEKI natürlich) und bedeutete den anderen sich zu setzen. Roderich, Antonio, Elizabeta und Lovino quetschten sich auf die Eckbank, Lili, Vash und Ludwig ließen sich auf die Stühlen um den Tisch nieder und da es sonst keinen Platz mehr hatte, hüpfte Feliciano kurzentschlossen auf Ludwigs Schoß. Er lachte dabei fröhlich und Ludwig bekam einen leichten (bis starken) Rotschimmer auf die Wangen. "F-Feli...?" murmelte er, als er die Blicke der anderen bemerkte, wobei Lovinos Blick eher einem Fluch glich. "Veeh~ Du bist bequem, Luddi. Was ist denn?~" "A-Ach nichts..." murmelte der Blonde nur und versuchte sich nicht allzu sehr zu bewegen. Noah und Kyell standen hinter der hölzernen Küchentheke und sahen zu ihnen herüber, wobei Noah sich immer wieder zu Kyell beugte und "Bruder." raunte. Kyell schüttelte nur heftig den Kopf und schien kurz vor dem Explodieren zu stehen. Berwald sah alle durchdringend an und schließlich stieß Antonio Elizabeta an, dass sie erzählen sollte. Bei ihr kam die Geschichte irgendwie immer am besten rüber. Und so wurde die Geschichte mal wieder aufgerollt, mit allen möglichen Kleinigkeiten gespickt und unnützen Informationen, die Matthias gerne miteinwarf. Nach einiger Zeit und einigen Tassen Tee mit Keksen später, waren auch Kyell und Berwald in die Geschehnisse eingeweiht. Berwald sagte erst einmal nichts, doch dann meinte er: "Der jetzige König ist mir wirklich nicht geheuer." Wenigstens das war geklärt. "Dann helfen wir ihnen!" rief Matthias aufgeregt und warf in seinem Enthusiasmus eine Tasse um, die zum Glück leer war. "Hm." Berwald nickte. "Ihr könnt gerne hierbleiben und auf meine Frau warten. Kann' aber etwas dauern..." Seufzend sahen sich die Freunde an. Naja, sie konnten eine kleine Verschnaufpause ganz gut gebrauchen. Vielleicht war es ganz gut, wenn sich erst morgen oder übermorgen auf diesen Postboten treffen würden. Aufgeregt sprang Matthias auf, wobei er Roderich auf der Eckbank überrannte. "Dann werde ich euch zeigen wo ihr heute schlafen könnt und danach gehen wir noch ins Dorf! Ihr müsst unbedingt etwas entspannen und das geht in der besten Bar vom Ort! Nein, von der Welt!" Weniger begeistert sahen sich die anderen an. Das war nicht ihre Vorstellung von Entspannung. "Das ist wirklich nett Matthias, aber-" setzte Ludwig schon an, wurde aber von dem ungestümen Kapitän unterbrochen: "Ich weiß, ich bin einfach ein herzensguter Mensch! Und jetzt quatscht nicht, sonst wird es noch zu spät!" Mit einem Blick aus dem Fenster, stellte Ludwig fest, dass die Sonne bereits ziemlich tief stand. Und ehe auch nur einer noch protestieren konnte, war Matthias aus der Wohnstube gestürmt, in der Absicht die Zimmer zu zeigen. Seufzend erhoben sich alle und Ludwig bedankte sich noch bei Berwald. Dieser nickte nur wieder. Lili und Elizabeta bekamen ein Zimmer zusammen, das nach frischgewaschener Wäsche roch. Lachend ließen sich die beiden Mädchen auf das große Doppeltbett fallen und es gab sogar ein Badezimmer. Roderich war weniger begeistert, dass er zusammen mit Vash in ein Zimmer musste und die beiden begannen auch sofort zu streiten. Natürlich bestand Lovino auf Antonio als Zimmerpartner und so war Ludwig mit Feliciano wenig später alleine. Matthias hatte gesagt er würde sie bald wieder abholen, denn sie mussten unbedingt in die Bar, die einem guten Freund von ihm gehörte. Da man sich ohnehin nicht gegen den Kapitän wehren konnte, hatten sie eben zugestimmt. Erschöpft ließ sich der Deutsche auf sein Einzelbett fallen. Irgendwie erinnerte ihn das Haus mehr an eine Pension. Wieso hatten die hier überhaupt so viele Schlafzimmer? Kurz dachte er an seinen ersten und letzten Urlaub in Schweden, zusammen mit Gilbert, Lili, Vash, seinem Vater und seiner Mutter. Er war damals 9 gewesen und sie hatten in so einer Pension gelebt. Seufzend schloss er seine Augen und lauschte Feliciano im Badezimmer. Der Italiener war in die Badewanne geklettert und hatte begonnen ein merkwürdiges Lied zu singen. Es handelte von Himmel und Hölle... Kurz fragte er sich, woher Feliciano wusste, was Schweizer, Franzosen, Engländer, Deutsche und Italiener waren. Aber er scherte sich nicht weiter darum, sondern dachte über die vergangenen Ereignisse nach. Egal wen sie getroffen hatte, jeder war unzufrieden mit diesem Ivan als König. Er musste eine wirkliche Plage sein... Und die Prinzessin erst. Und bei diesen Gestörten befand sich sein Bruder! Sie musste wirklich bald mit Tino sprechen und den wahren König finden! Ivan stürzte diese ganze Welt mehr oder weniger ins Verderben! Ob es Francis wohl gut ging? Und Gilbert? Seufzend rieb er sich die Augen. Er dachte eindeutig zu viel nach. Inzwischen hatte auch Ludwig sich frisch gemacht und gerade als er seine Haare sorgfältig nach hinten kämmte, platzte Matthias herein. "Los geht‘s! Ihr seid doch alt genug zum Trinken, oder?" Er wartete keine Antwort ab, sondern packte Feliciano und Ludwig am Arm und zerrte sie die Treppe hinunter, zu den anderen. Sie warteten schon im Flur und sahen alle um einiges erholter aus, als vorher. Elizabetas Haare glänzten wieder und sie sah wieder genauso schön aus, wie bei ihrer ersten Begegnung. Die letzten Tage hatten auch sie etwas mitgenommen. "Dann mal los, Freunde!" freute sich Matthias. Kyell, Berwald und Noah saßen am Esstisch und aßen bereits zu Abend. "Wollt ihr denn nicht mit? Was ist Noah?" fragte Matthias nach und steckte den Kopf in die Wohnstube. Berwald schüttelte nur den Kopf, Noah ignorierte ihn und Kyell sagte wenigstens: "Nein." Der Kapitän zog kurz eine Schnute, aber dann grinste er schon wieder. "Dann zeige ich unseren neuen Freunden die Insel eben alleine." "Grüß' Matthew und Lars." brummte Berwald noch. Wer das auch immer sein mochte. "Klar!" rief der Blonde noch, ehe er die Freunde dann hinausschob. "Veeh~ Wo ist denn fratello?" fragte Feliciano verwirrt. Tatsächlich war sein älterer Bruder nicht zu sehen. "Antonio ist auch nicht da." stellte Vash fest. "Die haben gesagt, sie haben keine Lust." erklärte Matthias. "Ist ja egal, wir haben auch so Spaß!" lachte er dann und marschierte voraus. Ludwig warf noch einen Blick zurück zu dem Haus, wo aus ein paar Fenstern warmes Licht drang. Dann sah er zu, wie die letzten Sonnenstrahlen hinter den Bergen verschwanden und wie sein Atem als Dampfwolke austrat. Wie gerne würde er jetzt mit Lovino und Antonio tauschen... Überraschenderweise war im Dorf mit einem Mal das pure Leben erblüht. Lachende Menschen zogen durch die Straßen (oder über die eine Hauptstraße?), schlenderten über den Platz mit dem heißen Brunnen und in fast jedem Haus brannte Licht. Anscheinend waren die Leute hier eher nachtaktiv. Matthias führte sie in eine etwas ehe abgelegene Straße, zu einem unscheinbaren Haus, über dessen Eingang ein Schild hing. Was auf dem Schild stand, konnte man nicht genau lesen, weil es fast vollständig eingeschneit war. Alles was Ludwig noch entziffern konnte war "...m ... aue...". Es war in schön geschwungenen Buchstaben geschrieben und eine Tulpe war noch darauf gemalt. Zumindest glaubte Ludwig das, er war jetzt nicht der Super-Botaniker. "Hier wären wir, Leute. Der Laden gehört einem guten Freund von mir und hier gibt es das beste Bier der Welt! Ihr mögt doch Bier? Wenn nicht hat er bestimmt noch etwas anderes, aber das weiß ich nicht so genau. Ich kenne nur die verschiedenen Biersorten." sagte Matthias grinsend und öffnete die dunkle Holztür. Alle außer Ludwig waren nicht wirklich angetan von der Bier-Sache, aber den Deutschen heiterten die Aussichten ungemein auf. Das beste Getränk der Welt! Als sie eintraten, empfing sie eine wohltuende Wärme und ihre kalten Gesichter brannten etwas. Der Geruch von Essen, verbranntem Holz und ein nicht einzuordnender süßlicher Duft lag in der Luft. Plötzlich merkten die Freunde wie hungrig sie doch eigentlich waren und Felicianos Magen meldete sich lautstark. Das Innere der Bar, wie es Matthias nannte, bestand am weitgehendsten aus Holz. Einfaches Eichenholz, die Wände weiß verputzt, wobei auch daran der Zahn der Zeit schon genagt hatte. Ein großer Kamin war in der Mitte des Raumes angebracht, auf dem einige Blumen standen und andere Gegenstände. Bemalte Teller oder so etwas. Die Tische waren alle besetzt, Ludwig erkannte auch einige Männer von Matthias Mannschaft wieder, die sich lachend betranken und auf sehr unmanierliche Weise ihr Essen verspeisten. An der Bar war nur ein Platz besetzt. Die Person hatte sich ganz außen hingesetzt und nahm an dem ganzen Tumult Drumherum nicht teil. "Na kommt schon! Wir setzen uns direkt an die Bar." rief Matthias gegen den Lärm an und bahnte ihnen einen Weg durch die Tischreihen. Hier und da wurde er erkannt und schüttelte lachend die Hände irgendwelche Leute. Die Freunde heimsten neugierige, beziehungsweise Elizabeta sehr anerkennende, Blicke ein. Schließlich waren sie an ihrem Ziel angekommen und ließen sich auf die hohen Barhocker sinken. Kaum hatten sie Platz genommen, tauchte ein Kerl vor ihnen auf. Sein Kopf verschwand fast vollständig in einer Rauchwolke, die aus der Pfeife in seinem Mund kam. Von dort kam auch der süßliche Geruch, wie Ludwig feststellte. "Was wollt ihr?" fragte er etwas gelangweilt und machte sich nicht mal die Mühe aus dem Rauch herauszukommen. Da lachte Matthias plötzlich laut los, langte über die Bar und schlug dem Rauchwolken-Mann fest auf die Schulter. "Lars, altes Haus! Schön dich mal wieder zu sehen! Ich soll dich von Berwald grüßen." Der sogenannte Lars, schien kurz überrascht von der plötzlichen Attacke und steckte dann tatsächlich seinen Kopf aus der Rauchwolke. Er nahm die Pfeife aus dem Mund und blinzelte zweimal. "Matthias! Du bist also auch wieder hier. Ich habe mich schon gefragt wo du bleibst, weil deine ganze Bagage mich schon seit heute Mittag besetzt." Er deutete einmal in dem Raum, wo sich zwei Männer gerade ein Armdrücken lieferten. Ludwig musterte den Barmann. Er hatte dunkelblondes Haar, das irgendwie seltsam aufgetürmt war. Seine Augen waren grün, aber hatten etwas an Glanz verloren. Unwillkürlich fragte sich Ludwig, was dieser Typ da wohl rauchte, denn er steckte sich etwas in die Pfeife, das wie Gras aussah. Er trug ein einfaches weißes Hemd, bei dem die Ärmel hochgeschoben waren und einen blau-weiß gestreiften Schal. Etwas merkwürdig, da es hier ziemlich warm war, aber vielleicht hing er ja einfach an dem Stück. "Ich hatte noch einiges zu erledigen, aber dann wollte ich meinen neuen Freunden deinen Laden zeigen." Er deutete auf die Gefährten und stellte sie vor. Lars nickte ihnen zu und erwiderte: "Ich bin Lars. Mir gehört dieser Schuppen. Und da ihr Freunde von Matthias seid, geht die erste Runde aufs Haus. Sucht euch was aus." "Macht schon Leute! Lars ist nicht immer so nett. Eigentlich nie." lachte der Kapitän und bestellte sich als erstes ein Bier. Ludwig tat es ihm gleich, die anderen blieben bei etwas minder alkoholischen Getränken. Lars verschwand kurz und kam wenig später wieder zurück. Im Schlepptau hatte er einen kleinen, unscheinbar wirkenden Kerl. Er hatte honigblondes Haar, blaue Augen und trug eine Brille. So ähnlich wie bei Feliciano und Lovino stand ihm eine Strähne ab und irgendwie... war er... nichts sagend. Er trug auf einem Tablett die ganzen Getränke und meisterte es irgendwie, jedem seines hinzustellen. "Matthew! Schön dich wiederzusehen!" rief im Matthias zu und der Kleine lächelte etwas verschüchtert zurück. "Freunde, das ist Matthew. Er ist ein Jugendfreund, genau wie Lars und vielleicht etwas schüchtern." stellte Matthias den Jungen vor. Mit leiser Stimme grüßte Matthew sie. Ludwig sah ihn an und irgendwie war ihm so, als würde Matthew vor seinen Augen verblassen. Komisch... "Also, was führt euch auf die Insel des Riesen? Bestimmt nicht Matthias. Der geht einem schon nach zehn Sekunden auf die Nerven." fragte sie Lars, während er seine Pfeife erneut stopfte. Diesmal mischte er zu dem grasähnlichen Zeug noch ein weißes Pulver. Matthias versuchte zu lachen, während er schon an seinem zweiten Bier hing und es hinunterschüttete. "Wir wollten eigentlich zu Tino, dem Postboten." erklärte Ludwig. Lars nahm einen tiefen Zug und nickte dann. "Erscheint mir logischer." erwiderte er und Ludwig fragte sich, wie viele Gehirnzellen wohl gerade bei dem Barmann abstarben. Matthias setzte schwungvoll sein Glas ab und meinte grinsend: "Ihr müsst gar nicht so bescheiden tun. Sie sind hier auf geheimer Mission, weil sie den König stü-" Bevor er es beenden konnte, trat Vash dem Kapitän mit voller Wucht gegen das Schienbein und sah ihn wütend an. Auch die anderen warfen dem Blonden warnende Blicke zu. "Autsch! Ist dir klar, dass so was weh tut?!" meinte Matthias und rieb sich das Bein. "Halt einfach die Klappe." knurrte Vash zurück. Neugierig sah Lars sie an. "Was wollt ihr mit dem König?" "Gar nichts wollen wir." meinte Ludwig nur knapp und dachte unwillkürlich an sein Schwert, dass er bei Berwald zu Hause gelassen hatte. Mit durchdringendem Blick sah Lars ihn an. Er nahm noch einen tiefen Zug und begann dann, ein Glas zu polieren. "Schade eigentlich. Mich würde es nicht stören." murmelte er dann und begann mit einem Mal das Glas heftiger zu putzen. Er knirschte mit den Zähnen und verstärkte den Druck noch mehr, sodass es einen Sprung bekam. "Hör auf." sagte Matthew und nahm dem Barmann das Glas ab. Dieser schloss kurz die Augen und atmete tief ein. "Alles in Ordnung?" fragte Elizabeta besorgt nach. "Sicher." meinte Lars nur und wandte sich einem anderen Glas zu, doch Matthew rettete es schnell. Nachdenklich sahen sie den Barmann an, der allem Anschein nach, etwas gegen den König hatte. So wie jeder eigentlich. Schließlich fragte Lili etwas zaghaft: "Was hast du denn gegen den König?" Lars drehte sich ruckartig zu dem Mädchen und starrte sie einen Moment an, bevor er sich kurz über das Gesicht strich. Dann räusperte er sich aber und deutete auf den Kamin hinter ihnen. Jetzt erst fiel den Freunden das Bild darüber auf. Es zeigte einen jugendlichen Lars, zusammen mit einem jungen Mädchen. Sie war ungefähr in seinem Alter, hatte welliges, schulterlanges blondes Haar mit einem roten Haarband und grünen Augen. "Wer ist sie?" fragte Elizabeta. "Das ist Bel, meine Schwester. Vor ungefähr 5 Jahren ist sie in die Stadt gegangen, um zu arbeiten. Es lief hier nicht besonders gut und sie wollte etwas Geld zusammensparen, um es hier zu investieren. Jedenfalls hat sie sich als Dienerin im Schloss beworben, unter Prinzessin Natalia. Ich habe sie nie wieder gesehen." Seine Augen verengten sich und er biss fest auf die Pfeife. "Ihr seht, ich habe genug Grund den König und dieses Miststück von Prinzessin zu hassen. Genau wie Matthew." Verwirrt sahen sich die Freunde an. "Wer?" fragten sie alle gleichzeitig. "I-Ich." kam es leise hinter Lars. Matthew trat hervor und ein schwaches Wiedererkennen blitzte in ihren Gedanken auf. "Erzähl ihnen von Alfred." meinte Lars und begann wieder ein Glas zu bearbeiten. "Alfred?" fragte Ludwig neugierig. "M-Mein Bruder. Er ist zusammen mit mir aufgewachsen, aber er fand es hier zu langweilig, da ist er nach Oraş gegangen. Er hat mir noch einen Brief geschrieben, dass er als Hofnarr am Schloss angefangen hat. Danach hab ich auch nie wieder von ihm gehört." Erschüttert sahen die Freunde Matthew und Lars an. Elizabeta musste schwer schlucken, auch sie hatte so einige ihrer Freunde verloren. Francis. Es war so unfair! Sie musste ihm helfen, sie musste Gilbert helfen, sie musste allen helfen! Sie biss sich leicht auf die Unterlippe und linste zu den anderen. Sie sah zu Ludwig, der seinen Bruder vermisste, zu Lili, die Francis und Gilbert wiederhaben wollte und natürlich alle, die diesem Höllenwinter entkommen wollten. Plötzlich spürte sie einen leichten Druck an ihrer Hand. Als sie dorthin sah, sah sie Roderichs Hand, die sie aufmunternd festhielt. Lächelnd sah sie zu ihm auf und drückte zurück. Sie war nicht allein. Sie hatte jetzt Freunde, die ihr halfen. Gerade als Ludwig etwas sagen wollte, wurde er durch ein leises Auflachen unterbrochen. "Jaja, der König und seine Schandtaten." lallte die Gestalt, die vorhin noch alleine an der Bar gesessen hatte. Sie schien schon einiges intus zu haben und haute sich gerade noch etwas von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit runter. Sie drehte sich zu den Gefährten und Lars verdrehte genervt die Augen. Als Ludwig die Gestalt näher betrachtete, klappte ihm der Kiefer runter. Auch bei den anderen war Fassungslosigkeit zu erkennen. Das konnte... unmöglich sein! ~*~ Ivan war völlig am Ende. Er war ja einiges gewohnt, aber das war ziemlich unerwartet gekommen. Die vergangenen zwei Tage hatte er das Zimmer des ersten Königs nicht einmal verlassen. (Außer ganz kurz um Essen aufzutreiben.) Am ersten Abend war es noch bei zwei Runden geblieben, doch die folgenden beiden Tage waren ... aktiv gewesen. Es hatte schließlich fünf Runden gebraucht, um Gilbert einigermaßen müde und befriedigt zu bekommen. Fünf! Ivan war ausdauernd, aber sein Häschen schien höhere Ansprüche zu haben, als er sich hätte träumen lassen. Zudem es schnell gelangweilt war und Ivan sich immer etwas Neues hatte einfallen lassen müssen. Er wusste einfach nicht, wo dieser unersättliche Gilbert hergekommen war. Grinsend schloss er kurz die Augen. Häschen waren ja schon immer sehr... paarungsbereit. Vielleicht steckte in Gilbert mehr davon, als er eigentlich geahnt hatte. Dann schwand aber das Grinsen von Ivans Gesicht und ein leises Seufzen kam über seine Lippen. Er hatte jetzt geschlagene drei Tage lang seine Aufgaben vernachlässigt. Sein Vater würde toben, Natalia hatte vermutlich schon einen Anfall bekommen und natürlich würde sein alter Herr das nicht ungesühnt lassen. Aber sollte er tatsächlich seine dreckigen Hände an Gilbert legen, so würde er sie ohne zu zögern abhacken. Niemand, sollte etwas mit seinem Häschen zu tun haben dürfen! Aber auch wenn sein Vater ausrasten sollte, es war Ivan egal. Er musste nur neben sich sehen, um zu erkennen, dass die letzten drei Tage die besten seines Lebens gewesen waren. Gilbert kuschelt sich gerade etwas tiefer in die Decke und murmelte unverständliche Sachen im Schlaf. Mit einem leichten Lächeln strich Ivan über das weiße Haar und küsste einmal die Wange des Albinos. So schön es auch gewesen war, sobald Gilbert aufwachte, mussten sie gehen. Er wollte nicht, dass irgendjemand sie hier noch fand, dann wäre ihr kleines Versteck nicht länger unentdeckt. Hier könnte er mit seinem Häschen immer zurückkommen, wenn sie ungestört sein wollten. Aber dazu mussten sie leider erst mal wieder in die Realität zurück. Ivan zog Gilbert etwas näher und roch noch einmal an dem Kleineren. Morgen würden sie wieder baden müssen, dann wäre dieser herrliche Geruch von Gilbert abgewaschen. Naja, es gab ja noch genug Gelegenheiten ihn wiederzubekommen...~ Er würde vielleicht zwei Tage etwas König sein, dann konnte er wieder Zeit mit seinem Häschen verbringen. Zufrieden grinsend glitt Ivan langsam in das Reich der Träume. König zu sein, rutschte immer weiter in sein Unterbewusstsein. Es war ihm im Augenblick nicht mehr wichtig... Draußen stand hoch am dunklen Himmel der Halbmond und schien auf den schneebedeckten Schlossgarten. Es hatte seit drei Tagen nicht mehr geschneit... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)