Schlusspfiff von Finvara (Weil es zu spaet ist) ================================================================================ Kapitel 1: Vielleicht zu einer anderen Zeit ------------------------------------------- Yayoi stand am Fußballfeld der Musashi-Grundschule, welches um diese Zeit verlassen war. Sie sah es an, aber nahm es nicht wahr. Zu sehr war sie in ihren Gedanken gefangen, die noch immer um ihn kreisten. Dabei hatte sie Jun Misugi schon lange nicht mehr gesehen. Es war lange her, dass er in Japan gewesen war. Aber dennoch freute sie sich, denn es hieß, er war gesund und konnte endlich das tun, was er am meisten wollte: Fußball spielen. Sie spürte noch immer eine Verbindung zu ihm und sie würde für immer existieren. Zu viel war passiert. Sie hatten alles gemeinsam erlebt und beinahe alles geteilt. Nur eines nicht. Yayoi war für ihn nie das gewesen, was sie sein wollte. Schlussendlich war es vielleicht gut so gewesen. Vielleicht auch nicht. Sie wusste es nicht, sie würde es nie wissen. Woher auch? Sie sah Jun vor ihrem geistigen Auge als er ihr zum ersten Mal von Tsubasa erzählte und wie gut dieser war. Damals war sie bereit gewesen als für ihn zu geben. Ihre gesamte Freizeit verbrachte sie auf dem Platz, sie stritt mit ihren und Juns Eltern und hörte auf Kind zu sein. Sie bereute es nicht, doch heute würde sie nur noch vieles für ihn geben. Die Sonne ging unter. Sie sollte gehen. Ihr Flug ging früh. Zum ersten Mal würde sie Japan verlassen. Doch als sie sich endlich dazu durch gerungen hatte ihren Lieblingsplatz zu verlassen, ertönte eine Stimme: „Yayoi! Ich wusste, ich würde dich hier finden“. Es war Jun, sie drehte sich um und einen Moment später lagen sie sich in den Armen, lachend und die Situation nicht fassen könnend. „Was machst du hier?“, fragte Yayoi schließlich. „Mit dir reden. Yoshi-chan sagte mir, ich würde dich hier finden“, antwortete er. Yoshiko, ihre beste Freundin, dem Mädchen von dem alle gedacht hatten, sie würde eines Tages Hikaru Matsuyama heiraten. Nun war sie nichts anderes als Jun Misugis ehemalige Freundin und sie war nie mit Hikaru zusammen gewesen. Yayoi legte den Kopf ein wenig schief, bevor sie in den Himmel blickte. Reden, ja das hatten sie dringend nötig. „Yoshiko hat mir von eurer Trennung erzählt“, sagte sie ruhig. Sie war immer ein wenig eifersüchtig gewesen. Schließlich hatte sie jahrelang mit Jun gekämpft und gelitten. Sie war diejenige, die immer Zeit hatte und ihn nie ermahnt hatte, vorsichtig zu sein, obwohl sie Angst um ihn hatte. Yayoi verschwieg ihm, dass Yoshiko ihr den Grund der Trennung verraten hatte. Jun seufzte leise: „Ja, das hätte ich wissen müssen. Sie sagte, ich liebe dich zu sehr, als das ich sie wirklich lieben könnte“, es gab kein langes drum herum. Ihre Beziehung hatte eine schonungslose Ehrlichkeit gezeichnet, etwas, das bis heute anhielt. „Ich weiß. Aber was willst du von mir, Jun?“ Sie standen an dem Platz, beide sahen in den Himmel und verstanden zum ersten Mal trotz aller Ehrlichkeit, dass sie sich immer geliebt hatten und das sie sich immer lieben würden. Sie sprachen es nicht aus. Sie mussten es auch nicht. Es war alles nichtig, bis auf den Moment stillen Einvernehmens. „Kommst du mit mir, Yayoi?“, brach Jun das Schweigen, obwohl er die Antwort zu kennen glaubte. Sie liebe Japan zu sehr, als das sie es verlassen könnte und er seine Mannschaft in England. Sie schüttelte den Kopf, „Nein, Jun, dafür ist es zu spät“. „Du hast einen anderen?“ Sie nickte und strich unwillkürlich über ihren Bauch. Jun bemerkte die Geste. „Bist du schwanger?“ „Vielleicht. Ich weiß es nicht“ „Bist du deshalb bei ihm?“. Sie lächelte und schüttelte den Kopf. Jun wusste, was sie dachte. Er konnte ihr geben, was sie wollte: Aufmerksamkeit, Liebe, Zeit. Und etwas, was er nicht benennen konnte, aber es ihr nie hatte geben können. Auch er spürte einen Stich Eifersucht als er fragte: „Wer?“ „Roberto“, sie lächelte. Glücklich und traurig zugleich. Verzweifelt. Wie oft wollte sie dieses Gespräch führen, mit Jun? Und nun, als sie sich entschlossen hatte, Jun gehen zu lassen, kam er zurück. „Er wird erblinden.“ „Ein Fortschritt“, sagte sie, gegen ihren Willen ein wenig amüsiert, „er erblindet nur. Bei dir hatte ich Angst, du würdest einfach sterben“. Jun lachte kurz auf. Ein makaberer Gedanke, aber sie hatte recht. Seine Mutter sagte irgendwann mal, Yayoi habe einen Drang zu dramatischen Persönlichkeiten, wie er eine war. Es ging nicht um ihn selbst, sondern um ihr eigenes Selbstwertgefühl. „Vielleicht hatte meine Mutter ja recht.“ „Dass ich einen Drang zu dramatischen Persönlichkeiten habe? Dann fehlt Hyuga auf meiner Liste“. Sie sahen sich endlich an. Stille hüllte sie wieder ein. Kein Laut war zu hören, nur der Wind spielte in ihren Haaren. „Er ist verheiratet.“, sagte Jun schließlich, und es schien als unternehme er einen hoffnungslosen Angriff gegen einen viel zu starken Gegner. „Er liebt sie nicht. Die Scheidung ist fast durch“ „Dann gehst du nach Brasilien?“ „Ja. Unser Schlusspfiff ist schon längst verhallt, die Verlängerung vorbei und wir haben verloren. Zu einer anderen Zeit, wäre es vielleicht möglich gewesen. Aber so nicht. Ich bin nicht wie Fane und warte mein ganzes Leben lang auf einen Mann. Bei ihr waren es nur zehn Jahre. Bei mir wären es vierundzwanzig gewesen.“ Er hatte es gewusst, aber es tat trotzdem weh es aus ihrem Mund zu hören. „Die drei Jahre hättest du auch noch geschafft, Yayoi.“ Sie schüttelte ihren Kopf. Nein, sie wäre zerbrochen an der ewigen Warterei. Sie wären nie glücklich geworden. „Wann?“ „Morgen“ „Und dein Studium?“ „Ich kann auch in Brasilien Sportjournalistik studieren“ Er nickte: „Das stimmt wohl.“ „Rede noch einmal mit Yoshiko. Sie liebt dich“, sagte Yayoi leise und wand sich um. Er zog sie in eine Umarmung. Eine feste, liebevolle, verzweifelte Umarmung, obwohl ausstehende sie für ein glückliches Paar hätten halten können. „Yayoi, danke. Danke, dass du immer Zeit hattest, an meinem Krankenbett saßt. Danke, dass du mit meinen Eltern gestritten hast. Danke, dass du immer ein Lächeln für mich hattest. Danke, dass ich nie was besonderes für dich wahr. Ich hoffe…“ „Jun, du warst, nein, du bist was besonderes für mich. Aber anders als für alle anderen bist du ein Mensch für mich, nicht Japans Fußballtalent mit dem gläsernen Herzen“, damit löste sie Umarmung und ging. Es war Zeit. Als sie ihn gerade noch erkennen konnte wand sie sich um, winkte und rief: „Das du mich ja mal besuchen kommst!“, dann verschwand sie hinter einer Straßenecke. Jun sah noch lange den Fußballplatz an, sah Yayoi vor seinem inneren Auge, wie sie ihm aufgeregt erzählte, sie sei Mannschaftsbetreuerin geworden. Wären sie nur mal anders miteinander umgegangen, dann wären sie jetzt vielleicht bedingungslos glücklich. Nun aber mussten sie versuchen wenigsten ein bisschen Glück zu ergattern. Und Yayoi war darin anscheinend sehr erfolgreich. Yayoi kam mit einem etwa zweijährigen Mädchen auf dem Arm in die Küche. Roberto wartete auf sie, trug schon jetzt seine Sonnenbrille. „Guten Morgen“, sagte sie leise, und küsste ihn, bevor sie ihm das Mädchen auf den Schoß setzte. Sie fing sofort an vor sich hin zu brabbeln. Sie liebt ihren Vater wirklich, dachte Yayoi und besah glücklich die Szene. „Yoshiko schreibt. Sie heiratet Jun und bittet mich Trauzeugin zu sein.“, sie freute sich für die beiden fast so sehr, wie über ihr eigenes kleines bisschen Glück, für das sie hart kämpfte. Weder sie noch Roberto waren einfach, doch ihr kleines Mädchen zeigte ihr jeden Tag aufs neue, das diese Beziehung das einzig richtige war. „Herzlichen Glückwunsch. Dann kommst du endlich mal nach England.“ Sie schüttelte den Kopf: „Nein, Japan und zweitens, wir werden nach Japan fliegen. Tsubasa und Fane kommen auch mit. Schließlich hatte ihr Kind auch noch nie heimatlichen Boden unter den Füßen“ Sie hatte es geschafft mit solch schlichten Worten Mut zu machen. Seine Blindheit setzte ihm sehr zu, besonders, dass er nie genau wissen würde, wie seine Tochter aussah. Doch Yayoi brauchte keine großen Worte um Menschenherzen zu berühren. Ihre großen Worte hob sie sich für Fußballspiele auf, wenn sie gemeinsam im Stadium waren und Tsubasas Spiele sich ansahen. Oder eher Yayoi sah für sie beide und berichtete ihm leise ins Ohr, was auf dem Spielfeld passierte. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)