Lebensdrehungen von Alyeskah (Denn es gibt keine Definition) ================================================================================ Kapitel 4: | vier | ------------------- Ich glaube, ich bin im falschen Film! Wäre jemand anders an seiner Stelle, dieser jemand hätte den Kuss gut gefunden. Na ja, zumindest soweit in Ordnung, dass man dabei etwas spüren sollte. Was Valerie offensichtlich auch tat. Sie lösten sich und sie strahlte ihn aus glänzenden Augen an. „Ich habe von dir geträumt, Daniel“, flüsterte sie. Ja, in der Nacht von Freitag auf Samstag hast du mich gemeinsam mit Kevin, Desiree und Erik bis in den Schlaf genervt. Wenn er sie so ansah, lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken. Bin ich jetzt total bescheuert!? Sollte er nicht Erregung oder Wärme oder so etwas fühlen? Oder Liebe? Oder überhaupt irgendetwas?! Ja, ein bisschen Abscheu war da. Warum Abscheu? Was hatte er falsch gemacht? Er starrte sie an, als wäre sie ein Alien. „Daniel?“ Sie lächelte. Er räusperte sich. Lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf Valerie. Gott, wie glücklich sie ihn ansah. Und das nur wegen eines Kusses! „Hm?“ „Danke.“ Warum bedankte sie sich denn jetzt? Weil er sie geküsst und sich dabei nicht wie der letzte Volltrottel angestellt hatte? Irgendwie hatte er sich seinen ersten Kuss anders vorgestellt… Wo zum Teufel blieben die gottverdammten Schmetterlinge? Er musterte sie, ihre schwarzen, seidigen Haare, die im Licht der Lampe über ihren Köpfen schimmerten, ihre dunklen Augen, die vollen Lippen. Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Valerie nach seiner Hand griff und ihn küsste. Sie presste ihre Lippen auf seine und schloss die Augen. Daniel versuchte, so gut es ging zurück zu küssen, aber, - weiß der Geier warum -, er empfand nichts für sie. Er schloss die Augen, eher aus Resignation als aus Genuss und wartete, bis sie fertig war. Zum ersten Mal in seinem Leben verspürte er so etwas wie Dankbarkeit für seinen Vater, als dieser ihn anrief. Er lächelte Valerie entschuldigend zu und schob das Handy wieder in die Hosentasche. „Das war mein Vater. Entschuldige, ich muss nach Hause.“ „Oh. Oh, okay.“ Sie sah ein wenig enttäuscht aus. „Hast du nachher noch etwas vor? Wir könnten vielleicht- “ Daniel unterbrach sie schnell. „Meine Großmutter kommt heute zu Besuch. Das hab‘ ich ganz vergessen, tut mir leid.“ Er winkte die Bedienung heran. „Dann sehen wir uns also morgen?“ Valerie biss sich auf die Unterlippe. „Ja.“ Sie lächelte wieder. Daniel drückte der Kellnerin einen Fünf-Euro-Schein in die Hand und zog seine Jacke an. Gemeinsam verließen sie das Cafe. „Daniel!“ Was macht der denn hier, verdammt noch mal? Er drehte sich um und sah Kevin auf sich zulaufen. „Hey, Kevin. Wolltest du nicht bei Desiree sein?“ Und sie flachlegen? Er rollte mit den Augen. „Ach, wir haben uns gestritten. Ich hab Schluss gemacht.“ Daniel starrte ihn an. Seit wann glitzerten Kevins Augen eigentlich so? Eiskristalle… „Du hast was?!“ „Mit ihr Schluss gemacht“, wiederholte Kevin. Valerie kicherte und hängte sich an Daniels Arm. „Zwei beste Freunde, von denen der eine seine Beziehung anfängt, während der andere sie beendet.“ Was fand sie denn daran lustig? Verwundert starrte Daniel auf Valeries Kopf, der sich an seine Schulter kuschelte. Moment mal. Beziehung anfängt? Sie hatten eine Beziehung? Klar, er hatte sie gerade geküsst, sie hatte ihn geküsst, eigentlich hatten sie ja wirklich eine Beziehung. Krass. Irgendwie fühlte sich Daniel gerade überfordert. „Ihr seid zusammen?“ Verwirrt schaute Kevin von Daniel zu Valerie und zurück. Dann grinste er Daniel an. „Dass ich das noch erleben darf!“ „Hey! Was soll das denn heißen?“, raunzte Daniel beleidigt. „Dass du noch nie eine Beziehung hattest, geschweige denn irgendwie Interesse an Mädchen gezeigt hast“, schmunzelte Kevin. „Im Gegensatz zu dir“, brummte er. Was er aber auch verstehen konnte. Wenn man sich nur mal diese eisblauen Augen anschaute… Haaaalt, Stopp! „Es kommt nur darauf an, ob es das richtige Mädchen ist.“ Valerie lächelte zuckersüß. „Nicht wahr, Schatz?“ Sie schaute ihn erwartungsvoll an. Äh… Schatz? Ich bin tatsächlich im falschen Film. Vorsichtig machte er sich von ihr los. „Also, ich … muss jetzt wirklich gehen. Mein Vater wartet.“ „Okay, Schatz. Bis morgen.“ Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Daniel riss sich zusammen. „Tschüss“, murmelte er. Nenn' mich nicht Schatz! „Fahren wir zusammen?“, fragte Kevin, „Dein Fahrrad steht doch noch an der Schule, oder?“ „Mh-hm.“ „Und warum genau hast du nochmal mit Desiree Schluss gemacht?“, fragte Daniel, als sie schon fast vor seinem Haus waren. Und warum kam sein dummes Herz jetzt aus dem Rhythmus? Bekam er gleich einen Herzinfarkt und fiel tot um? Kevin runzelte die Stirn. „Weil wir einfach nicht zueinander gepasst haben.“ Darauf kommst du aber früh… „Aber seit wann interessiert dich das?“ Seit du vor vier Jahren mit was weiß ich wem zusammengekommen bist… „Ach. Nur so“, nuschelte er. Kevin sah ihn irritiert an. Starr mit deinen … deinen Augen wen anders an! „Du, ich muss jetzt wirklich…“ Er machte eine schnelle Geste in die ungefähre Richtung der Haustür. „Bis morgen?“ „Ja… ich geb‘ mir Mühe, pünktlich zu sein. Ciao.“ Daniel winkte ihm kurz, bevor er schnell ins Haus flüchtete. Was zum Henker mache ich denn da?! Winke ihm nach wie ein Vollidiot! Es war niemand außer ihm im Haus. Highlight des Tages. Dass seine Mutter noch arbeitete, wusste er, aber eigentlich wollte sein Vater diese Woche seine restliche Urlaubswoche genießen… Hm, na ja. „Scheiße, Kevin!“, grummelte er vor sich hin. Ja, der Typ hatte Wahnsinnsaugen. Ja, er hatte eine Sexstimme. Und seinem Körperbau war auch nicht so leicht das Wasser zu reichen. Ganz zu schweigen von seinem Charakter. Aber er war, verdammt noch mal, männlich! Fast hätte Daniel zu heulen angefangen. Sollte er nicht glücklich sein? Er war seit heute mit Valerie zusammen. Yippiejayey. Aber leider Gottes gehörte er nicht zu den Leuten, die glücklich waren, wenn sie andere glücklich gemacht hatten. Und, zum Teufel, er war nicht in sie verliebt. Scheiße, scheiße, scheiße. Kurzerhand schnappte er sich seine Jacke und den Schlüssel wieder, dann verließ er das Haus und klingelte bei Erik. Hoffentlich war der Kerl mal da, wenn man ihn brauchte. Aber Daniels Bedenken waren umsonst, denn Erik öffnete die Tür und ließ ihn herein. „Was ist los mit dir? Du siehst richtig beschissen aus.“ „Vielen Dank“, erwiderte Daniel bitter und ließ sich auf das Sofa fallen. Steinhartes Scheißteil. „Du hattest Recht und ich hab jetzt ein Problem. Oder zwei.“ „Aha?“ Erik zog interessiert eine Augenbraue hoch. „Ich habe oft Recht, aber was genau meinst du?“ Daniel schloss die Augen, als sei es so weniger schlimm, und fuhr sich mit der Hand durch seine kurzen blonden Haare. „Ich bin in Kevin verliebt und seit heute mit dem absolut nervigsten Mädchen überhaupt zusammen.“ -tbc- Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)