Lebensdrehungen von Alyeskah (Denn es gibt keine Definition) ================================================================================ Kapitel 3: | drei | ------------------- Am Sonntagabend hatte Daniel eine Idee. Er würde einfach eine Beziehung mit einem Mädchen beginnen, dann würde er ja merken, ob er sie liebte oder… nicht. Er fand seine Idee genial und wunderte sich, dass er nicht schon früher darauf gekommen war. Jetzt musste er nur noch seine Idee zu einem Plan entwickeln. Es gab nicht viele Mädchen, die in Frage kamen. Eigentlich gar keine. Valerie spukte in seinem Kopf herum und er versuchte, den Erfolg mit positiven Gedanken herbeizuzwingen. Sie war eine Nervensäge, ja, aber wenn sie ihm schon nach einer Party hinterherlief, weil sie sich Sorgen machte, dann musste sie sich für ihn interessieren. Er würde sie einfach mal in ein Cafe einladen oder so. Beim Gedanken daran drehte sich ihm der Magen um. Ruhig, ganz ruhig. Schließlich hing von dem Ergebnis ab, ob er schwul war oder nicht. Seufzend ging er ins Bett, aber es dauerte noch lange, bis er endlich eingeschlafen war. Verpennt und mit schlechter Laune wartete Daniel auf Kevin. 07:35. Sie hatten noch zehn Minuten bis Schulbeginn, in Daniels Tempo wären sie in fünfzehn da. „Guten Morgen.“, rief Kevin, als er endlich angeradelt kam. „Morgen.“, raunzte Daniel zurück, „Hast du heute schon auf die beknackte Uhr geschaut?“ Kevin ignorierte die Frage. „Wir sollten uns beeilen.“ Daniel zögerte, überlegte hin und her, wie er seine Frage stellen sollte, während sie schweigend zur Schule fuhren. Als sie die Fahrräder abschlossen, beugte er sich tiefer über den Ständer. „Sag mal, Kevin…“ „Hm?“ „Warst du schon mal mit Valerie zusammen? Valerie Zaun?“ Kevin runzelte die Stirn und schaute ihn irritiert an. „Ähm… Nein. Warum fragst du?“ „Ach. Nur so.“, murmelte Daniel und versuchte, eine unglückliche, verliebte Miene aufzusetzen. Mehr als ein „Hmm“ entlockte sie Kevin aber nicht. Sie kamen nicht zu spät. Herr Reinhard, der Englischlehrer, war krank und sie hatten Vertretung. Das kam Daniel aber ganz Recht, denn er wusste noch immer nicht, wie er die Sache angehen sollte. Mehrmals überlegte er, Kevin zu fragen, aber der würde ihn wohl eher auslachen, als ihm eine Hilfe sein. Es kann doch nicht so schwer sein, ein Mädchen nach so einer dummen Beziehung zu fragen! Direkt. Er würde es einfach ganz direkt machen. Hingehen, sich nicht lange mit einer Begrüßung aufhalten und sie in ein Cafe einladen. Das würde schon werden. Bestimmt. Beschissenes positives Denken. „Ich hab noch was vor.“, sagte er Kevin nach der Schule, „du kannst ruhig ohne mich fahren.“ Ehe er etwas erwidern konnte, kam Desiree angewackelt und hängte sich an Kevins Arm. „Wir fahren zu mir.“, erklärte sie hochtrabend, „Meine Eltern sind nicht da und wir haben Zeit für uns.“ Sie zog Kevin praktisch mit ihren Blicken aus. Ich glaube, ich muss kotzen. Kevin versuchte ein wenig unbeholfen, sie beiseite zu schieben, aber je mehr er schob, desto heftiger klammerte sie. „Ich freu mich schon so, Schatz.“ Sie klimperte ihn mit falschen Wimpern an. Daniel blieb die Flucht auf ein Klo erspart, als er Valerie erblickte. „Also, ich muss dann mal los. Viel … Spaß.“ Er beeilte sich, um sie einzuholen, quetschte sich durch die Schülermasse und rempelte verschiedene Leute an. Wenige Schritte hinter ihr sagte er ihren Namen. „Valerie!“ Sie drehte sich um, schaute ihn überrascht an. „Oh. Daniel.“ „Eh, ja. Hi.“ „Was gibt’s?“ Sie lächelte ihn an. Reden, reden, reden, reden. Nun mach schon, Daniel! „Ich wollte dich fragen, ob du Lust hast, mit mir ins Callie’s zu kommen.“ Das Callie’s war das beliebteste Cafe unter den Schülern, zehn Minuten Fußmarsch von der Schule entfernt. Der perfekte Ort zum… reden. „Oh. Ja, klar. Ich meine, warum nicht?“ Sie lachte nervös auf und strich sich das dunkle Haar aus der Stirn. „Wann?“ Wann? Daniel stockte. Ja, wann? Erde an Daniel! Er zwang sich zum Lächeln. „Jetzt?“ Sie strahlte ihn an. „Okay.“ Und jetzt? Sie saßen in einer Ecke am Tisch und schwiegen sich an. Offensichtlich wartete Valerie darauf, dass er etwas sagte. Nur: Was? Er hätte googeln sollen, verdammte Scheiße. Wie immer war viel los und er beobachtete die anderen Leute, versuchte, Gesprächsfetzen aufzufangen. Eine junge, dicke Frau stopfte am Nebentisch Kuchen in sich hinein, während ihre Freundin ihr tröstend den Rücken tätschelte. „Er ist ein Arschloch, Lena, vergiss ihn…“ Vor der Toilette stolperte eine Kellnerin und ihr fiel fast ein Glas auf den Boden. Ein junger Kerl fing es auf und gab es ihm mit einem charmanten Lächeln zurück. Wahrscheinlich landen die beiden heute Abend zusammen im Bett. Die Tür öffnete sich und ein frisch verliebtes Paar betrat den Raum. Sie schlang den Arm um ihn, er hatte seine Hand in ihre hintere Hosentasche geschoben. Zum Teufel, überall nur Liebe oder Liebeskummer oder Sehnsucht, heute! Die Bedienung kam an ihren Tisch und er schaute Valerie – hoffentlich – freundlich an. „Was, ähm, was möchtest du trinken?“, fragte er. Jetzt bloß nicht unhöflich werden. „Einen Kaffee, bitte.“ Er bestellte eine heiße Schokolade – mit viel Sahne. Sie schwiegen wieder. Daniel atmete tief ein. Der Geruch in Callie’s war allein schon einen Besuch wert. Er kannte keinen anderen Ort, an dem sich die verschiedenen Düfte so miteinander vermischten, dass sie verschmolzen, aber auf ihre Weise erkennbar blieben. Frisch gebackene Muffins, salzige Tränen, Kaffeearoma, Romantik… Ein würziger Geschmack legte sich auf seine Zunge. „Alles klar bei dir?“ Er lächelte sie an. „Ja. Wie war dein Schultag?“ Wird das jetzt ein beschissener Smalltalk oder was?! Nervös fingerte Daniel an der hellblauen Tischdecke herum und sie schwiegen bis die Getränke kamen. Er löffelte die Sahne von seinem Kakao, nur, um etwas zu tun zu haben. Valerie nippte an ihrem Kaffee, dann lächelte sie ihn an. „Wie komme ich denn zu der Ehre, dass du mich einlädst?“ Ist das nicht eindeutig, verdammt?! Ohne lange zu fackeln – oder gar zu denken – beugte sich Daniel über den Tisch hinweg zu ihr und küsste sie. -tbc Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)