Anders als geplant von Alaiya (FFXII/TA2 Balthier Centric) ================================================================================ Kapitel III - Spione -------------------- „Du kennst Vaan und Penelo?“, fragte Fran und reichte dem Humemädchen einen Becher mit Wasser. Dankbar trank Adele, die nun wieder auf ihrem Quartier saß, sah dann jedoch still auf das verbliebene Wasser. Sie schwieg eine Weile und Balthier merkte, wie Ungeduld in ihm aufkam. Endlich jedoch antwortete das Mädchen. „Sie waren in unserem Klan“, flüsterte sie. „Bevor...“ Sie brach ab. „Sie sind weitergezogen.“ Der Luftpirat saß mit verschränkten Armen auf der gegenüberliegenden Liege und sah die junge Hume an. Aus dem Mädchen bekam man wirklich nicht viel heraus. Als sie nicht fort fuhr, fragte er schließlich nach einer Weile: „Wer ist Feloutie?“ Adele trank einen weiteren Schluck und schwieg erneut eine ganze Weile. „Feloutie ist ein Hume. Er ist ein Magier und er ist nach Jylland gekommen, weil er irgendwelche Schätze suchte.“ Das konnte Balthier nachvollziehen. Immerhin war das letzten Endes auch der eigentliche Grund, warum sie hier waren. „Und warum sollte er uns geschickt haben?“, hakte er nach, als das junge Mädchen erneut schwieg. Sie starrte weiter auf den Becher. „Ich... Ich weiß es nicht“, sagte sie zögerlich und mit unsicherer Stimme, so dass Balthier ahnte, dass sie log. „Er hat irgendein altes magisches Relikt gefunden und dann...“ Sie brach ab und seufzte. Ihre Schultern senkten sich. „Ich weiß es nicht mehr“, erwiderte sie. „Ich... Ich...“, begann sie immer wieder und brach jedes Mal ab. Sie schien gegen die Tränen anzukämpfen, war jedoch fest entschlossen, diese um jeden Preis zurück zu halten. Da setzte sich Fran zu ihr und legte dem Mädchen die Hand auf die Schultern. „Setze dich nicht unter Druck“, sagte sie sanft. „Du bist noch schwach. Ruh dich aus. Hier bist du erst einmal in Sicherheit.“ Noch immer misstrauisch sah Adele sie an, doch als sie dem Blick der Viera begegnete, senkte sie den Blick wieder. „Danke“, flüsterte sie. „Du solltest schlafen“, sagte Fran als sie aufstand und zur Tür hinüberging. „Du brauchst Ruhe, Adele.“ Das Mädchen nickte nur und legte sich schließlich hin, während die Viera Balthier bedeutete ebenfalls zu gehen. Dieser seufzte nur – immerhin war das ganze erstaunlich unergiebig gewesen, fand er – folgte seiner Partnerin jedoch leicht grinsend. „Unglaublich...“, murmelte er in Richtung ihrer eigenen Quartiere schreitend. „Was hast du?“, fragte die Viera, doch er zog es vor zu schweigen. Er fand es immer wieder erstaunlich, dass Fran, normal kühl, beherrscht und wie die meisten Viera distanziert wirkend offenbar ein Händchen für kleine Mädchen hatte. So war es schon gewesen, als sie auf Reise mit der Prinzessin – der jetzigen Königin – von Dalmasca, deren Beschützer, dem kleinen Möchtegernpiraten und dessen vermeintlich besserer Hälfte gewesen waren, zu der Fran einen besonderen Draht gehabt hatte. Während sie auch ihm gegenüber oft mit Worten knauserte, hatte er bemerkt, dass sie, wenn sie sich mit Penelo unterhielt, geradezu redselig sein konnte. Und auch um ihre kleine Diebin schien sie nun ernsthaft besorgt. Doch es erstaunte ihn beinahe, dass es den kleinen Möchtegernluftpiraten ebenfalls schon nach Jylland verschlagen hatte. Sie hatten von Vaan und Penelo (und deren Kindergarten) nicht mehr viel gehört, seit sie die Himmelsinsel hinter sich gelassen hatten. Schade eigentlich, dass sie offenbar nicht mehr in der Gegend waren, denn ausnahmsweise wäre Balthier glücklich gewesen den kleinen Racker zu sehen, der ihnen wahrscheinlich mit den Ersatzteilen und ihrem Geldproblem hätte helfen können. „Morgen werde ich versuchen einige Informationen zu beschaffen“, beschloss er schließlich laut. „Und hoffe, dass der Mogry bald endlich zurückkommt. Wir sitzen hier wie auf dem Präsentierteller.“ „Wir sollten aufpassen, dass wir nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf uns ziehen“, warnte Fran, doch Balthier zuckte nur mit den Schultern. „Dieser Feloutie weiß offenbar ohnehin schon, wer wir sind und dass wir sein Medaillon haben. Ich finde, es würde für Chancengleichheit sorgen, wenn wir auch etwas über ihn erfahren.“ Seufzend lehnte sich Balthier gegen die Lehmwand eines der Häuser von Flotis und betrachtete das Medaillon, das im hellen Licht der Mittagssonne glitzerte. Es war nahezu komplett rund – eierförmig – und aus einem silbrig goldenen Material, welches mit grünen und blauen runden Edelsteinen, die Balthier vom Schimmer her an Opale erinnerten, besetzt war. Auch die Kette, an der es hing, war aus demselben Metal gefertigt. Und darin war irgendeine Kraft gefangen... Warum konnte es eigentlich keine interessanten Schätze ohne magische Nebenwirkungen geben? Nun, erst einmal wollte er herausfinden, was es mit diesem Feloutie auf sich hatte. Natürlich war es das naheliegendste gewesen, zuerst einmal den Wirt in der Taverne zu fragen, ob er mehr über die Person wusste, die die Mission aufgegeben hatte. Immerhin hörten die Wirte jeden Tag viele Geschichten, Gerüchte und natürlich auch viele Lügen. Vielleicht wusste er mehr und wenn nicht, konnte er ihnen zumindest sagen, wer genau die Mission hatte aushängen lassen. Doch der braungebrannte Mann mit Turban hatte sich nur den weißen Kurzbart gestrichen und dann bedächtig den Kopf geschüttelt. „Es war ein kleiner Junge, er sagte, er sei Bote des Baron“, hatte er gesagt und noch einmal den Kopf geschüttelt. „Schon seltsam. Ich hatte eigentlich gehört, dass der Baron mit seiner Frau vereist war. Wieso fragt Ihr?“ Balthier hatte es vermieden, zu genau auf die Frage zu antworten und auch, wenn ihm die Frage auf der Zunge gebrannt hatte, hatte er auch darauf verzichten müssen nach Feloutie zu fragen. Denn ganze Zeit war er das seltsame Gefühl, das unangenehme Kribbeln im Nacken nicht losgeworden, dass ihm normal signalisierte, wenn jemand ihn ein wenig zu genau beobachtete. Um weitere Aufmerksamkeit zu vermeiden, hatte er die Taverne darum möglichst schnell verlassen. So sah er sich nun in etwas anderen Bereichen der Wüstenoase um. Hier, etwas weiter von dem Luftschiffterminal entfernt, trieben sich Gestalten herum, die von einem ehrenhaften Mann wahrscheinlich als „zwielichtig“ und schlimmeres bezeichnet worden wären. Und der ehrenhafte Mann hätte damit nur Recht gehabt. Doch Balthier kannte Gegenden wie diese und wusste, wie man nicht auffiel. So waren die einzigen Blicke die er auf sich zog, viel weniger auf ihn, als auf den Schmuck gerichtet, den er am Körper trug. Dann jedoch wanderten die Blicke zu seiner Pistole, die er deutlich Sichtbar am Gürtel trug, und zum Dolch, den er nun ebenfalls offen trug, und da es ohnehin Mittagszeit war, beschlossen die meisten Diebe, dass die paar Ringe den Aufwand kaum wert sein konnten. Schließlich fand Balthier in einer Seitengasse, was er suchte. Eine Gruppe aus zwei angeheiterten Hume und einem nicht weniger heiterem Bangaa lungerte in einer Gasse vor einer unscheinbaren Holztür herum, wurde von zwei Humedamen, die offensichtlichen Geschäften nachgingen und nicht weit entfernt an einer Wand lehnten, bespäht. Ohne zu übertreiben konnte man sagen, dass die Tür roch oder viel eher stank, als wäre sie von Wein, Met, Ale und Bier durchtränkt. Und dieser Gestank war das Parfum, in die sich bestimmte, düstere Kneipen zu hüllen pflegten. Kurz bevor er die Tür öffnete, die Hume und den Bangaa ignorierend, sah er sich noch einmal um. Das Gefühl von vorhin hatte ihn wieder eingeholt. Entweder wurde er langsam paranoid oder jemand folgte ihm... Er wollte keins von beidem ausschließen. Letzten Endes griff er jedoch nach dem eisernen Griff der alten Tür und zog diese auf. Eine bunte Mischung verschiedener Gerüche schlug ihm abgeschwächt entgegen, als er in einen kleinen Raum, gerade einmal drei Schritt lang und breit sah, an dessen rechter Seite eine enge Treppe in die Tiefe führte. Er seufzte leise, denn er wusste, er würde stinken, wenn er diesen Ort wieder verließ, aber was tat man nicht für einen Schatz und ein ruhiges Gewissen? So betrat er den Raum und zog die Tür ohne viel Vorsicht wieder zu, um den Abstieg zu beginnen. Die überraschend lange Treppe war nur von insgesamt zwei Fackeln erhellt, ungleichmäßig in den Stufenhöhen und wirklich mehr als nur eng. Doch diese Enge hatte eine praktische Bewandtnis, wie Balthier ahnte, denn sollten Stadtwachen den Weg hier herunter finden, konnten sie nur langsam und nur einer hinter dem anderen hinabsteigen, während die Kunden, Bediensteten und Besitzer der Kneipe durch einen zweiten Weg entkommen konnten. Unten wartete ein bunter Vorhang aus verschiedenen Tüchern auf den Luftpiraten, den er unvorsichtig zur Seite schlug und in das eigentliche Etablissement eintrat. Natürlich war diese Kneipe wesentlich weniger gepflegt, wesentlich heruntergekommener und übel riechender, als die Tavernen im öffentlichen Teil von Flotis. Obwohl es erst Mittag war, waren viele der Anwesenden bereits betrunken und nicht nur wenige feindselige Blicke trafen den seinen, als er sich umsah. Der Raum, in dem er stand, war oval und direkt vor ihm lag eine hölzerne und verklebte Bar, hinter der ein dunkelschuppiger Bangaa stand, der gerade Gläser mit einem Tuch abzuwischen schien. Das Licht war gedämpft und ging von nur wenigen Kerzen und zwei weiteren Fackeln aus. Es gab nur fünf Tische im eigentlichen Raum, jedoch schien es mehrere, in die Wand geschlagene Separees zu geben, die ebenfalls rund, jedoch viel kleiner waren. Von diesen zählte Balthier ganze acht, von denen zwei jedoch von Vorhängen verdeckt waren. „Hassest du dich verirrt, Jungchen?“, zischelte der Bangaa. „Ich kann dir den Aussgang zeigen. Er isst direkt hinter dir.“ Er gab ein trockenes Lachen von sich, doch der Luftpirat gab nur ein genügsames Grinsen zur Antwort. „Gib mir einen Humpen Ale“, forderte er, ohne auf die abfällige Bemerkung einzugehen. Der Bangaa spuckte auf die Bar, füllte dann jedoch einen alles andere als sauberen Humpen mit dem sicherlich stark gestreckten Gemisch. Balthier setzte sich an die Bar und vermied es, sich das Getränk zu genau anzusehen, da sich ihm allein bei der hier herrschenden Geruchsmischung von Alkohol, Gärung, Kotze, verschiedenen Körperdüften und Parfums sein ohnehin mageres Frühstück am liebsten entflohen wäre. Doch er durfte nicht auffallen. Er spielte ohnehin ein gefährliches Spiel, denn auch wenn er sich sicher war, dass er von den meisten hier jede Information (wahr und gelogen) für nur den richtigen Preis bekommen würde, so hatte er nicht die nötigen Gil dafür. „Was treibt dich hierher, fremder Schönling?“, säuselte eine Stimme hinter ihm und zwei Hände strichen über seine Schulter. Er sah sich nicht um, sondern wartete, bis ein Gesicht über seine Schulter gestreckt wurde und somit für ihn aus den Augenwinkeln sichtbar wurde. „Ich bin auf der Suche“, erwiderte er mit dem vielfach geübten Unterton eines Charmeurs. Das Mädchen hinter ihm war eine Gria mit blauen Hörnern und grünlichem Haar, stellte er fest. Die Gria lächelte. „Wonach suchst du denn, schöner Mann?“ Damit glitt sie um ihn herum und auf den Barhocker neben ihn. Sie trug ein Oberteil, das gerade ihre Brüste verdeckte, und einen aus zwei reichlich verzierten Tüchern zusammengebundenen kurzen Rock. An ihren bläulichen Flügeln waren diverse kleine Kettchen befestigt, die leiste klangen, wenn sie sich bewegte. „Vielleicht kann ich dir helfen?“, fügte sie verführerisch flüsternd hinzu. „Nach Antworten“, erwiderte er und zwang sich, einen Schluck von dem widerlichen Gebräu zu sich zu nehmen. „Oho“, machte das Griamädchen in einem verspielten Tonfall und legte sich einen Finger auf die Lippen. „Ist der fremde Mann etwa ein Weiser, auf der Suche nach neuem Wissen?“ „Dann hat er hier sssicher nichtsss verloren“, grummelte der Bangaa hinter der Bar. Das Mädchen ignorierte ihn. „Antworten auf welche Fragen suchst du, Fremder?“, hauchte sie dann in einem Ton, der einen vollkommen anderen Inhalt offenbarte, als die Worte selbst. Balthier lächelte und legte dem Mädchen die Hand auf die Wange. „Zum Beispiel auf die Frage, was ein hübsches, junges Mädchen an einem Ort wie diesem macht.“ „Viele Dinge“, flüsterte sie. „Ich kann hier viele Dinge tun.“ Damit grinste sie verschmitzt. „Hier sssicher nicht“, zischte der Bangaa, dessen lange Ohrlappen einige Piercings zierten. „Wenn du sssolche Dinge tun willssst, dann sssicher nicht an diessser Bar, Meelu.“ „Oh, sei nicht so streng, Rashek“, seufzte die Gria und wandte ihren Blick nur kurz von Balthier ab. „Vielleicht kann ich dir ja auch einmal den ein oder anderen Gefallen tun.“ Sie zwinkerte ihm zu, doch der echsenartige Barkeeper blieb unbeeindruckt. „Aber nicht an meiner Bar“, erwiderte er. „Zzzumindest zzzieh dich mit deinem Freier in einsss der Sssepeeresss zzzurück. Die Leute sssollen nicht den falssschen Eindruck bekommen, wenn sssie herein kommen.“ Der Luftpirat dachte ernsthaft darüber nach, wie man von einer Kneipe wie dieser den falschen Eindruck bekommen sollte. Wer hierher fand, der wusste, was hinter vorgezogenen Vorhängen passierte. Es hätte keinen Unterschied gemacht, hätten die Leute, die sich in den verdeckten Separees amüsierten es quer über die Bar selbst getrieben. Er zweifelte daran, dass sich die übliche Kundschaft an so etwas störte. Trotzdem erinnerte er sich daran, wieso er hier war. Als sich die Gria ihm erneut zu wandte, offenbar dazu entschlossen, ihn auf die ein oder andere Art in einem der Separees zu „Diensten“ sein zu können (was allerdings auch bei weitem sein Budget überschritt), nahm er erneut einen Schluck von seinem widerlichen Trunk und seufzte. „Eine andere Frage“, begann er dann. „Wäre, wo ich einen gewissen Feloutie finden kann. Ich hörte, er hätte gewisse 'Jobs' zu vergeben.“ Sowohl die Gria, die sich offenbar Meelu nannte, als auch der Bangaa schwiegen und sahen ihn an. Schließlich war es jedoch letzterer – sein Name war offenbar Rashek und Balthier nahm an, dass ihm diese Einrichtung gehörte – der antwortete. „Du findest Feloutie nicht“, presste er in gesenktem Tonfall hervor. „Feloutie findet dich. Und mir würde kein Grund einfallen, nach ihm zzzu sssuchen.“ Der Luftpirat verkniff sich ein Seufzen. Drohungen wie diese hatte er schon mehr als einmal in seinem Leben gehört. Und meist hatten sie vorrangig mit gestreuten Gerüchten zu tun und weniger mit Tatsachen. „Und wo wäre ein guter Ort für Feloutie um mich zu finden?“, ließ er daher nicht locker. „Du bissst ein dummer Mensssch“, zischte der Bangaa. „Och“, flüsterte die Gria. „Was willst du von Feloutie? Es wäre doch wirklich eine Verschwendung.“ „Lass das einmal meine Sorge sein, Süße“, erwiderte er und strich mit dem Daumen dem Mädchen über das Kinn. Da hörte er auf einmal einen Knall, den er als Schuss erkannte und blickte sich schnell in die Richtung um, aus der dieser gekommen war. Zwei Hume standen dort, beide dunkelhaarig. Einer war mit einer Pistole bewaffnet, der andere mit einem langen dünnen Schwert. Ihre dunkle Hautfarbe und farbenfrohe Kleidung verriet, dass sie offenbar aus der Gegend kamen. „Was wollt ihr?“, fragte Balthier, seine eigene Pistole in der Hand. „Du stellst eine Menge Fragen“, stellte der Hume fest, der den Schuss abgegeben hatte. Seine Gewandung war vorrangig in Blau- und Goldtönen gehalten. „Neugierde war schon immer eins meiner größten Laster“, erwiderte Balthier. „Neugierde kann gefährlich sein“, gab der andere Hume zurück. Balthier kniff die Augen zusammen. „Ihr arbeitet für Feloutie“, stellte er dann fest. „Das geht dich nichts an.“ Die Pistole war noch immer auf den Luftpiraten gerichtet, für den dies Antwort genug war. „Wo kann ich ihn finden?“ Während das Mädchen, sich dessen bewusst, dass sie sich in einer eventuellen Schusslinie befinden könnte, vom Piraten zurückgewichen war, musste dieser zugeben, dass seine Situation nicht unbedingt dafür geeignet war, seinen Widersachern zu drohen. Zwar hatte er im Moment einen Schuss mehr als der vermeintliche Spion, doch hatte dieser noch eine Verstärkung und Balthier war sich dessen bewusst, dass er mit seinem Dolch wenig gegen ein Langschwert ausrichten könnte. Schon gar nicht auf diesem engen Raum. „Gar nicht“, erwiderte nun der andere Hume. Balthier handelte rein instinktiv. Nur einen Augenschlag, bevor der andere Hume abfeuerte, duckte er sich, so dass die Kugel seinen Kopf nur knapp verfehlte, gleichzeitig schoss er selbst, blieb jedoch nicht lang genug um abzuwarten, ob er traf. Stattdessen sprang er seitlich zum Vorhang, der die Treppe verdeckte und spurtete, so schnell es bei den unebenen Stufen ging, hoch, ohne sich umzusehen. Er hatte noch einen Schuss, ehe er nachladen musste. Die Frage, die sich ihm nun stellte, war: Konnte es Zufall gewesen sein, dass die beiden Spione in dieser Kneipe waren? War Feloutie paranoid und ließ jeden umbringen, der Fragen stellte? Oder hatte man ihm nachgestellt? Wenn dem so war: Wieso waren die beiden vor ihm da gewesen? So oder so, er wollte keinen Kampf mit dem Langschwertkämpfer riskieren. Jedenfalls keinen Nahkampf. Ohne lange zu überlegen bog er, nachdem er die Tür zur Gasse aufgeschlagen hatte, links in diese eine. Dort standen die Häuser enger, was es schwieriger machte, mit dem Langschwert zu kämpfen. Doch ein sicherer Schutz war dies nicht. Er dachte nach – versuchte nachzudenken. Wenn Feloutie die beiden speziell geschickt hatte, um ihm nachzuspionieren, hatte er ohnehin nichts zu verlieren. Wenn es jedoch nur ein Zufall war, durfte er sie auf keinen Fall zum Luftschiff locken. Letzten Endes bog er nach einer Weile rechts ab, dann noch einmal rechts. Eine Treppe führte auf das Dach eines der flachen Lehmhäuser und ohne zu überlegen rannte er hinauf und weiter über die Dächer. Er wusste nicht einmal wohin er lief. Letzten Endes sprang er jedoch über ein Geländer und kauerte sich dahinter auf das Dach, um etwas zu verschnaufen. Er wusste nicht einmal, ob die beiden ihm gefolgt waren. Als sich sein Atem halbwegs beruhigt hatte, sah er über die Ummauerung des Dachs in die Gasse hinab und für einen Moment keimte die Hoffnung in ihm auf, dass er seine Verfolger abgehängt hatte, doch dann sah er den in rot, gelb und violett gekleideten Schwertkämpfer um eine der Ecken biegen und sich umsehen. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen und Balthier konnte sich gerade noch rechtzeitig bücken, um seinem Blick zu entgehen. Dann lief der Kämpfer, dessen dunkles Haar zu einem kurzen Zopf gebunden war, weiter. Für einen Moment wanderte Balthiers Hand zur Pistole an seinem Gürtel. Er konnte sichergehen, dass zumindest dieser Spion keine Nachricht an Feloutie überbrachte. Doch dann ließ er die Hand wieder sinken. Er war stillos, jemanden einfach hinterrücks zu erschießen, selbst wenn derjenige es vielleicht verdient hätte. Er wartete noch eine Weile, nachdem der andere Hume außer Sichtweite war, ehe er in die Gasse sprang und sich erneut orientierte. Er würde zur Strahl zurückkehren müssen, ohne etwas herausgefunden zu haben. So sehr er es auch hasste aufzugeben, es war zu gefährlich, weiter herumzufragen. Vielleicht konnten sie woanders etwas herausfinden... Wenn sie doch nur wüssten, woher dieser Feloutie nach Jylland gekommen war. Aber selbst dann, was sollten sie ohne Geld und mit einen fluguntauglichem Luftschiff machen? Zumal er die Strahl nicht einfach so zurücklassen würde. „Verdammt“, murmelte er, während er dem Verlauf der Straße nach, wie er hoffte, Nordosten folgte. Er hatte das Gefühl, dass seine gewohnte Findigkeit ihm im Moment im Stich ließ, denn ein Ausweg fiel ihm nicht ein. Schließlich ermahnte er sich, seine Aufmerksamkeit auf den Weg vor sich zu lenken, denn es war immerhin möglich, dass der Schwertkämpfer zurückkehren würde. Innerlich schalt er sich, dass er nicht eine weitere Patrone nachgeladen hatte, und überlegte, ob er dies nun nachholen sollte, doch stattdessen beschleunigte er seinen Schritt, damit er aus dieser ärmlichen Gegend Flotis' hinaus kam, denn er bezweifelte, dass ihn jemand im bewachten Teil der Stadt angreifen würde. Zu allem Überfluss zog sich der Himmel zu, während er die Straßen entlang lief, was ihn um seinen Hauptorientierungspunkt – die Sonne – brachte. Doch allzu weit konnte er nicht mehr vom touristischen Zentrum der Stadt entfernt sein. Also lief er weiter die Gasse entlang und bog dann erneut in eine andere ein. Er musste zurück, stellte er fest, als er zu den Wolken aufsah, die zum Teil in einem unheilschwangeren Rot schimmerten. Ein Sturm würde bald aufkommen und auch jetzt fegten immer wieder heftige Böen durch die Gassen. Erneut beschleunigte er seinen Schritt, hob den Arm vor das Gesicht, um seine Augen vor herumwirbelndem Wüstensand zu schützen und lief so beinahe ins ihm entgegen gestreckte Schwert. Wieder war es sein Instinkt, der ihn rettete und ihn gerade noch rechtzeitig dazu brachte stehen zu bleiben. „Bleib wo du bist“, zischte der Kämpfer, oder besser die Kämpferin, wie der Luftpirat nun erkennen musste, und machte einen Schritt mit dem ausgestreckten Langschwert auf ihn zu. Balthier entsicherte seine Pistole und versuchte, diese auf die Schwertkämpferin zu richten. Es war nicht sein Stil auf Frauen zu schießen und es wäre ihm sicher leichter gefallen, hätte er es, wie zuerst vermutet, mit einem Mann zu tun gehabt, aber ihr Blick verriet ihm, dass sie nicht die geringste Hemmung haben würde, ihr Schwert durch seine Brust zu bohren. Da sauste die Spitze des dünnen Schwertes auf seine Hand hinab und auf deren Rücken sie einen blutigen Schnitt hinterließ, so dass er ganz aus Reflex die Waffe fallen ließ. Unterdrückt keuchte er auf. „Du weißt zuviel, Luftpirat.“ Sie drängte ihn bis an die Hauswand zurück. „Warum willst du noch mehr wissen?“ Ihre Stimme machte es mehr als deutlich, dass sie keine Antwort hören wollte. „Leute wie du sind ein Problem, für Meister Feloutie.“ Die Spitze ihres Schwertes berührte seine Kehle, würde seine Haut durchdringen, wenn er sich nur ein wenig bewegte. „Was hat...“, setzte er nichtsdestotrotz an und spürte zugleich einen stechenden Schmerz an der Kehle, als das Metall seine Haut nur wenige Millimeter tief einschnitt. „Ihr habt das Mädchen versucht vor uns zu verstecken“, fuhr sie fort. „Doch die eigentliche Frage... Wo hast du das Medaillon?“ Balthier zog angespannt die Augenbrauen zusammen. Also hatte er doch Recht gehabt. Dies war kein Zufall, man hatte die Strahl beschattet und war ihm gefolgt... Es würde ihn nicht wundern, wenn derweil andere versuchten das Mädchen erneut zu entführen, auch wenn er darauf vertraute, dass Fran es durchaus schaffte, sie allein zu verteidigen. Jetzt musste er erst einmal schauen, wie er aus dieser Situation kam. Vor allem, weil das Schwert der Kämpferin nicht all zu weit von dem Medaillon entfernt war, dass er im Moment selbst um den Hals trug, so dass der Anhänger im Moment zwischen Hemd und Weste versteckt war. Als würde sie seine Gedanken lesen können, grinste die junge Frau auf einmal und ihr Schwert wanderte seinen Hals hinunter und unter das Kettchen, dass nur knapp über dem Kragen seiner Weste zu sehen war. Mit einer knappen Bewegung zog sie das Medaillon unter der Weste weg und durchschnitt mit einer weiteren Bewegung das Kettchen, so dass der blaugrüne Anhänger auf den sandigen Boden der Gasse fiel. „Niemand widersetzt sich Feloutie, Wurm“, zischte sie, nachdem sie vorsichtig die Kette aufgehoben hatte, und er wusste, dass sie ihn töten wollte. Doch bevor es dazu kam, sprang ein Schatten von links in sein Sichtfeld und warf die Schwertkämpferin zu Boden. Für einen Moment kam auch der Luftpirat nicht umher, einmal erleichtert aufzuatmen, ehe er sich seinen Retter ansah, welcher mit der Spionin auf dem Boden kämpfte und offenbar versuchte, ihr das Medaillon abzunehmen. Dieser Retter schien relativ muskulös gebaut zu sein, soviel konnte der Pirat sagen, wenn er auch nicht wirklich mehr erkennen konnte, da der Mann – zumindest in diesem Fall war sich Balthier nahezu komplett sicher, dass es sich um einen Mann und nicht um eine Frau handelte – sich mit einem sandfarbenen Umhang vermummt hatte und eine Kapuze trug, die er tief in das Gesicht gezogen hatte. Da jedoch grinste die Hume und griff an einen Armreif und teleportierte sich weg. Für einen Moment hielten sowohl Balthier, als auch sein Retter inne, wobei der Luftpirat nicht einmal wusste, ob er erleichtert oder enttäuscht sein sollte. Denn auch wenn er glücklicher Weise noch lebte, würde er so auch nicht mehr Informationen bekommen und er hatte außerdem die Kette verloren. Doch noch bevor er zu einer Antwort kommen konnte, fuhr sein Retter herum und hob ihn, die klauenartige Hand an seiner Kehle, gegen die Wand. „Wo ist sie?“, knurrte er mit tiefer Stimme. „Wo ist Adele?“ Hosted by Animexx e.V. 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