Zum Fremdgehen verführt von Black_Melody (Und das mit nur einem Versuch) ================================================================================ Kapitel 4: Phase 3: Nächtlicher Besuch und ein Ausritt ------------------------------------------------------ „Rui“, keuchte ich und drückte meine Hand auf meine Brust. Was erschreckte der mich auch so? „Ich wollte dich nicht erschrecken. Ich konnte nicht schlafen und war im Bad, und auf dem Rückweg habe ich gesehen, dass du noch Licht anhast“, erklärte er, sah aber auf meinen Zettel. „Du arbeitest?“ „Eigentlich schon.“ Ich seufzte und legte meinen Block auf den Nachttisch, legte mich dann hin. „Ich komme einfach nicht weiter.“ „Rutsch mal“, befahl er, und ich gehorchte. Es war ein komisches Gefühl, dass er sich neben mich legte und dann auch noch einen Arm um mich legte, beziehungsweise ich mit meinem Kopf auf seinem Arm lag. „Weißt du, Jui, Liebe kann Freundschaft aufbauen, aber eigentlich nicht umgedreht. Aber erklär mir, wie du das meinst, vielleicht kann ich dir helfen.“ „Der ganze Text“, begann ich, „basiert darauf, dass die beiden Personen sich heimlich lieben, aber aufgrund der Umstände nur befreundet sein dürfen. Einem ist das aber egal, er will für die Beziehung kämpfen, der andere traut sich aber nicht. Dadurch entstehen Missverständnisse und die beiden beginnen, sich zu bekämpfen, obwohl sie sich eigentlich lieben.“ Ich spürte seinen Blick förmlich auf mir, aber ich sah weiterhin an die Zimmerdecke. Ich traute mich nicht, ihn anzusehen, weshalb auch immer. „Ich hätte nicht gedacht, dass du über unglückliche Liebe wirklich ernsthaft nachdenkst“, meinte er leise. „Das Thema ist nicht ganz einfach. Hast du dir ein Ende der Geschichte überlegt?“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, ein gutes Ende wäre unpassend, aber ich habe keine Ahnung. Wenn mich nicht bald die Muse küsst, wird der Text wohl zu den unfertigen kommen.“ „Soll ich deine Muse sein?“, flüsterte er ganz nah an meinem Ohr und sorgte so dafür, dass sich auf meinem Körper eine Gänsehaut ausbreitete. „Wieso nicht?“, flüsterte ich, um das Zittern in meiner Stimme zu verbergen. Oh, verdammte…! „Wer weiß? Vielleicht willst du nicht, dass ich dich küsse.“ Ich zitterte heftig, als sein Atem meine Wange streifte, mein armes Herz schlug viel zu schnell. Wollte er mich verführen, oder was sollte das werden? Ich spürte, wie sich seine Lippen ganz unschuldig auf meine Wange legten. Danach zog er sich auch schon wieder etwas von mir zurück. Was war verdammt noch mal hier los? Ich hoffte nur, dass er nicht bemerkt hatte, wie sehr mein Blut in Wallung geraten war. Als ich am Morgen aufwachte, wusste ich zuerst nicht, wo ich war und was zum Teufel passiert war. Mein Kissen war… für ein Kissen ziemlich hart und schmal, wo meine Bettdecke war, wusste ich erst gar nicht, aber mir war warm, also war eine Wärmequelle in meiner Nähe. Ich blinzelte verwirrt und sah mich nach dem um, was mich geweckt hatte, und einen Moment blieb mein Herz fast stehen. Zwei meiner Cousinen saßen vor dem Bett und kicherten, aber das überraschte mich eigentlich weniger als die Tatsache, dass Rui neben mir lag. Schlagartig erinnerte ich mich an den letzten Tag – und auch die Nacht, was irgendwie wichtiger war – und konnte ein leises „Shit!“ nicht unterdrücken. Rui und ich hatten noch eine Weile nur dagelegen und uns unterhalten, und irgendwann mussten wir eingeschlafen sein. Ich dankte gerade nur meinem Glück, dass Sora nichts davon mitbekommen hatte. Das hätte wirklich Ärger gegeben. Ich legte mir meinen Zeigefinger an die Lippen und bedeutete Tori und Sakura das Zimmer leise zu verlassen. Bis auf den Flur schafften sie es auch, aber Türen leise zu schließen, war anscheinend schon schwer. „Jui?“, murmelte mein verschlafener Bettgenosse und sah mich leicht irritiert an. „Morgen, Rui. Du solltest vielleicht zu Sora zurück.“ Verständlich, dass ich das in Erwägung zog, nicht? „Ich wette mit dir, der ist schon auf.“ Langsam setzte er sich auf und strich sich durch die Haare. „Das wird ganz großen Ärger für mich geben.“ Ich stand auf und zog Rui ebenfalls aus dem Bett. „Was meinst du, was er mit mir machen wird, wenn er erfährt, dass du bei mir warst?“ Das würde wirklich Ärger geben, aber für den Anblick riskierte ich es gern. So verschlafen sah Rui nämlich verdammt süß aus. Vielleicht freute ich mich gerade deshalb noch mehr auf den Ausritt. Apropos Ausritt. „Ich habe gestern noch mit dem Nachbarn gesprochen, wir können uns die Pferde einfach aus dem Stall nehmen. Und ich dachte mir, dass wir nach dem Frühstück losreiten. Proviant können wir mitnehmen.“ Er nickte und lächelte mich an. Es sah aus, als wollte er etwas tun, von dem er sich nicht ganz sicher war, ob er es tun durfte. Ich wartete einfach ab und beobachtete ihn ruhig. Als er einen Schritt auf mich zu machte und mich auf die Wange küsste, schlug mein Herz einen Salto. Warum fühlte sich das nur so verdammt gut an? Eventuell, weil ich sicher war, Sora gegenüber einen netten Vorsprung zu haben. Rui hatte mich gern und er hielt sich offenbar gern in meiner Nähe auf. Der Morgen war ruhiger verlaufen, als ich erwartet hatte. Sora hatte zwar versucht, mich mit Blicken umzubringen, aber ich war noch putzmunter, als Rui und ich uns auf den Weg machten. Wir hatten genug Proviant mit, um auch noch dem Abendessen fernbleiben zu können, und genau das hatte ich eigentlich auch vor. An dem Ort, an den ich nämlich mit ihm wollte, konnte man den Sonnenuntergang sehr gut beobachten. Aber erst musste ich Pferde aussuchen und Rui helfen, er war trotz allem Umgang mit diesen Tieren ein blutiger Anfänger. Welches Pferd ich nehmen würde, stand sowieso fest. Kuro war seit Jahren mein Liebling, auch wenn er ganz gern etwas bockte. Nichts für Anfänger. Abschätzend lief ich also durch den Stall und blieb vor einer Box stehen. Rain war perfekt. Ich konnte mich noch daran erinnern, wie ich vor zehn Jahren auf ihr reiten gelernt hatte. Warum sollte Rui dann nicht auch mit ihr anfangen? Gemeinsam putzten und sattelten wir die Pferde, bevor wir dann endlich los konnten. Anfangs führte ich Kuro noch und ging zwischen den Pferden, um Rui noch eine Art Absicherung zu geben, aber die Stute war so ruhig, dass ich bald keine Lust mehr hatte, nebenher zu laufen. Es würde schon nichts passieren. „Jui, darf ich dich etwas fragen?“, fragte er nach einer Weile, in der wir still durch den Wald geritten waren. „Klar. Was willst du denn wissen?“ „Hast du einen Freund?“ Im ersten Moment wunderte ich mich über die Frage, im nächsten ging mir aber schon auf, worauf das hinauslaufen könnte. „Nein“, antwortete ich wahrheitsgemäß. „Warum?“ Ja, das war eine gute Frage. „Vielleicht habe ich zu hohe Ansprüche, aber wenn ich mich verliebe, sind die unwichtig. Vielleicht auch, weil ich nicht einfach nur zum Ficken gut sein will.“ „Willst du überhaupt eine Beziehung?“ Ich seufzte und sah einen Moment auf meine Hände. Wieder so eine gute Frage. „Eigentlich schon. Es ist schön, geliebt zu werden, aber ich kann nicht mit jemandem zusammen sein, den ich nicht liebe.“ „Das heißt, du würdest Schluss machen, wenn die Gefühle weg sind?“ Ich sah ihn an und nickte. „Alles andere wäre falsch.“ Dieses Mal nickte er. Aber sollte dieses Gespräch jetzt bedeuten, dass er an einer Beziehung mit mir interessiert war? Es kam mir auf jeden Fall so vor Es musste gegen Mittag sein, als wir den Ort, den ich ihm zeigen wollte, erreichten. Der Wald endete plötzlich und gab ein Tal frei. Vor uns lag eine kleine Wiese, die ein paar Meter weiter zu einem Hang zu dem kleinen See wurde. Ich hatte diese Aussicht immer geliebt, besonders zum Sonnenauf- oder Sonnenuntergang. „Wow“, kam es von meinem Gefährten, der sich fasziniert umsah. „Ja, das stimmt.“ Lächelnd stieg ich vom Pferd und holte die beiden langen Seile aus meiner Tasche hervor. Wir sattelten die Pferde also ab und banden sie an Bäume, durch die Länge der Seile konnten sie sich aber noch ausreichend bewegen. Wir setzten uns dicht nebeneinander ins Gras und sahen auf den See. „Es ist wirklich schön hier“, meinte Rui. „Und du passt genau in die Szenerie.“ Moment. Was sollte das jetzt wieder? Obwohl ich es schon süß von ihm fand, aber so ganz verstand ich ihn nicht. Und warum wurden meine Wangen auf einmal warm? Vor diesem Treffen war ich nie rot geworden, wenn man mir Komplimente machte. „Ich hätte gar nicht gedacht, dass du so schüchtern sein kannst“, meinte er lächelnd und strich mir über die Wange. „Ich auch nicht“, murmelte ich so leise, dass er es eigentlich nicht hätte hören können. „So bin ich nur, wenn ich jemanden wirklich mag.“ „Nur, falls du es noch nicht bemerkt haben solltest, ich mag dich auch sehr. Mehr, als gut für dich ist“, sagte er und sorgte so dafür, dass ich ihn ansah. „Wie meinst du das?“ „Sora wird dir das Leben zur Hölle machen“, erklärte er und legte sanft einen Arm um mich. „Er wird dich nicht in Ruhe lassen.“ Ich lächelte etwas. Ich wusste nicht, warum, aber ich konnte nicht aufhören, ihm in die Augen zu sehen. „Das ist mir egal. Auch wenn wir in der gleichen Stadt wohnen, kommt er nicht an mich heran. Ich kann schon auf mich aufpassen.“ „Vielleicht“, flüsterte er und legte seine Hand auf meine Wange. Ich fragte mich zwar, ob er weiter gehen würde, aber ich wollte ihn küssen. Ich wollte wissen, wie es sich anfühlte. Und er schien auf dasselbe aus zu sein, langsam näherte er sich meinem Gesicht. Ich schloss die Augen und wartete vielleicht einen Bruchteil einer Sekunde, bis sich unsere Lippen trafen. Wer hatte nur die Schmetterlinge losgelassen? Und warum war es plötzlich so warm? Dieses Gefühl war einfach unbeschreiblich und ich genoss, wie sich seine Lippen gegen meine bewegten. Fast automatisch schlich sich meine Hand auf seine Seite und krallte sich in den Stoff seines Shirts. Ich spürte deutlich, wie seine Zunge sanft über meine Unterlippe fuhr und mich zu einer Handlung aufforderte, aber ich wollte ihn noch einen Moment hinhalten. Nur gab ich das auf, als ein warmer Schauer über meinen Rücken lief. Ich keuchte leise, als er mich in ein zärtliches Spiel verwickelte. Es fühlte sich einfach zu gut an, und so weit ich das abschätzen konnte, genoss er den Kuss auch, und hätte ihn wahrscheinlich auch noch länger gehalten, wenn uns nicht der Sauerstoff ausgegangen wäre. Mein Atem ging schnell und flach. Ich wusste nicht, was ich jetzt sagen oder tun sollte, deshalb lächelte ich ihn einfach unsicher an. Ich konnte immerhin nicht wirklich einschätzen, was ihm der Kuss bedeutete. „Jui, ich… So kann das nicht weitergehen“, flüsterte er und sah mir in die Augen. „Ich muss das mit Sora beenden.“ Er ließ sich nach hinten sinken und sah mich an. Ich wusste nicht, was er von mir erwartete. Langsam legte ich mich ebenfalls hin und kuschelte mich an ihn, legte meinen Kopf auf seine Brust. Ich konnte ein erleichtertes Seufzen nicht unterdrücken, als er einen Arm um mich legte und mich streichelte. Trotzdem… „Überlege es dir gut“, bat ich. „Mir kann schnell langweilig werden.“ Wäre er für mich nur ein One-Night-Stand oder ein Spielzeug gewesen, hätte es mich nicht interessiert, aber durch die Situation mit meinen eigenen Gefühlen wollte ich ihm nicht wehtun. Aber meine Gefühle waren eben sprunghaft. „Keine Überlegungen mehr nötig. Du hast mir nur bewiesen, dass das mit Sora sinnlos ist“, erwiderte er. „Wir werden sehen, wie es mit uns weitergeht.“ Den Rest des Nachmittages lagen wir einfach nur da, und auch, wenn ich Hunger bekam, bewegte ich mich nicht. Wir lagen noch dort, als die Sonne unterging, und erst, als es langsam zu dunkel wurde, traten wir den Heimweg an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)