Eisvogel von Anemia (Der erste Stock) ================================================================================ Kapitel 2: Iubitule ------------------- Am Abend, nachdem er brav seine Schularbeiten für den nächsten Tag erledigt hatte, trottete der Vollpfosten, welcher gewöhnlicherweise auf die Bezeichnung Jaden hörte, auf den feschen Club namens Darkstar zu. Auch wenn ich mittlerweile gar keinen Bock mehr hatte, irgendjemandem unter die Augen zu treten, erstens, weil ich leichte misanthropische Neigungen hegte und zweitens, weil ich nun speziell Kolja antreffen musste. Der würde Luftsprünge machen, wenn ich es wagen würde ihm anzuvertrauen, dass ich für eine Millisekunde lang an Mihai gedacht hatte, als ich an der Palme wedelte. Ich selbst war ja auch absolut begeistert von meinem Kopfkino. Nun wusste ich echt gar nicht mehr, ob mein russischer Freund denn nicht doch ein klein wenig recht mit seiner Vermutung besaß, schließlich stellte sich niemand Angela Merkel oder unseren fetten Geschichtslehrer vor, während er gewillt ist, sich Lust zu verschaffen. Und flöten gegangen ist aufgrund Mihais geistigem Abbild nicht wirklich etwas. Im Gegenteil. So ein Murks. Ich wollte kein Mister Rainbow sein, das ist doch peinlich. Auch wenn ich gegen die Allgemeinheit der Schwulen nicht wirklich etwas hatte, dann doch gegen homosexuelle Fantasien in meinem so schon kranken Hirn. Und dann auch noch Mihai... Vielleicht sollte ich nun die Hütte betreten, damit ich in Ruhe eins, zwei Schnäpse bechern konnte, die mir hoffentlich als Exorzist dienen würden. Teufelchen Mihai musste verschwinden, auf der Stelle. Eine schwule Jungfrau war nämlich bedeutend schlimmer als nur eine Jungfrau. Kolja war schon eifrig dabei, seinen Mikrophonständer für seine Größe auszurichten, das Ding benötigte er schließlich auf Höhe seines Mundes, auch wenn das absolut pervers klang und Mikrophone eine Phallusform besaßen. Hastig verbannte ich diese Gedanken aus meinem Kopf und rief ein lautes 'Hallo!' gegen die Musik. Erst jetzt bemerkte mein Kumpel meine Anwesenheit, nickte und lächelte mir zu, bevor er sich wieder an die Arbeit machte. Okay, der wollte wohl nicht quatschen und benötigte doch keine moralische Unterstützung, gut so. Ich war froh, wenn mich alle in Ruhe ließen. Meinen Popo ließ ich auf eines der schwarzen Ledersofas sinken, auf dem ich mich ein wenig so fühlte, als wäre ich statt in einem Rock- in einem Sadomasoclub gelandet. Das hätte noch gefehlt, konnte ich noch nie nachvollziehen, was an Haue kriegen so toll sein sollte. Nicht umsonst schreien kleine Kinder, wenn man ihnen einen Klaps auf den Hintern gibt. Und wenn ich ein Pickel am besten Stück hatte, gestaltete sich das Wichsen ebenfalls schwierig, denn der pieksende Schmerz war nicht sonderlich angenehm und ein absoluter Lustkiller. Da konnte auch Mihai nichts mehr richten. Ich scholt mich innerlich selbst dafür, erneut an diesen Namen gedacht zu haben. Komm, Frau Domina, gib mir, was ich brauche und verdiene. Aber Pustekuchen. Frau Domina wollte sich meiner nicht erbarmen, anstelle konnte ich zwei dunkle Haarschöpfe an der Theke ausmachen, die mir irgendwie bekannt vorkamen. Man. Der eine war unverkennbar Jack, seine Riesenfrisur verriet ihn - und um herauszufinden, wer dann der andere Typ war, musste man kein Medium sein, schließlich waren Jack und Mihai aneinander festgewachsen, wie siamesische Zwillinge. Aber dass ihre Bruderliebe anscheinend so weit ging, war nicht gut. Nicht, dass ich Ansätze von Eifersucht gezeigt hätte, nein, es war einfach nur der Fakt, dass Twincest sich nicht gehört. Punkt. Klammheimlich zog ich mir meine Kapuze über den Schädel, die ich dank Hoodie immer mit mir führte, hoffte sehnlichst, das Paar würde mich nicht entdecken, auch wenn das theoretisch gar nicht den Weltuntergang mit sich bringen würde, denn wann hatte ich auch nur ein Wort mit dem Rumänen gewechselt? Nie. Denn über was sollte ich mit mit ihm austauschen? Für Haarstyling und Klamotten interessierte ich mich keineswegs. Und mit intellektuellen Themen kam man Mihai am besten gar nicht erst. Aus den Augenwinkeln beobachtete ich Jack, dann wieder Mihai, an dem mein Blick schließlich kleben blieb, wofür ich absolut nichts konnte. Oder würden Sie einen Typen, welcher mit enger Lederhose und frontseitigen Schlitzen an den Beinteilen an der Bar steht, ignorieren? Könnten Sie beruhigt an Ihrem Drink nippen, wenn er dazu noch eisblaue Federn als Ohrringe trägt? Und würden Sie nicht auch durchdrehen, wenn Sie sehen, dass er ein Tanktop trägt, welches seine knackigen Oberarme entblößt? Halleluja. Mihai musste ein Teufel sein. Aus der Hölle kam er allenfalls, so heiß, wie er noch immer war. Tief durchatmen, Jaden, nur nicht so auffällig hinglotzen, sonst merkt noch jemand was. Nun gönnte ich mir den ersten Schluck meines Cocktails, übersetzte dieses artig anmutende Wort zunächst einmal in die deutsche Sprache und kam mir total dumm vor, so wie ich am Strohhalm saugte. Ich war eindeutig versext worden, und das war überhaupt nicht mehr witzig. Doch noch weniger witzig erwies sich die Tatsache, dass ich ganz in meiner Nähe Stimmen hören konnte, diese gingen über in Gelächter und dann gab die Couch auch schon nach. Lass es Kolja sein, lass es... Natürlich nicht Kolja. Mein Herz erlitt beinahe einen Infarkt, als ich nach rechts schielte und die zerrissene Lederhose erblickte. Ganz normal bleiben, Jaden, es ist alles okay, es ist alles in Ordnung, du darfst jetzt nur nicht... "Hey, Jaden." Gnah! Der Strohhalm blieb mir beinahe im Halse stecken und die honiggelbe Flüssigkeit im Becher versuchte, durch meine Luftröhre in den Magen zu gelangen. Wer hat die einfach durchgewunken in Richtung Sackgasse? Nun würde ich sterben, endgültig. Ich hustete, bis mein Kopf brannte und mir Tränen aus den Augen liefen. Scheiße. In dem Moment spürte ich, dass mir mein Leben doch noch recht lieb war und ich noch nicht Mihai in die heiße Hölle folgen wollte. Dann endlich klopfte eine kräftige Hand auf meinen Rücken, sodass mein Husten sich nach und nach besserte. Ganz verschwommen konnte ich Mihais Umrisse identifizieren, seine blauen Federn baumelten hypnotisierend vor meiner Nase hin und her, sodass ich mich schließlich beruhigte. Nun war mir auch seine Anwesenheit egal, denn es war deutlich wichtiger, noch unter den Lebenden zu verweilen als meinen Wohnsitz auf den städtischen Friedhof zu verlagern müssen. Mein Atem wurde langsamer, zwar hustete ich noch ein paar Mal, aber es ging schon. "Besser?" Ich nickte hastig, wollte einen Schluck trinken, aber mir wurde das Glas entrissen. "Trinken hilft da nichts. Is' im falschen Loch gelandet, das Zeugs." Verdutzt zog ich eine Augenbraue hoch, wagte es kurz, mein Gegenüber anzuschauen. Ich mochte seine Stimme, sie war um einiges tiefer als meine, klang aus der Nähe besser als von weitem, so wie ich sie stets in der Schule vernahm. Und ohne diese Sonnenbrille wirkte er gleich noch viel sympathischer. Gott, er hatte sich die Augen schwarz umrandet. Woah. Das machte mich ganz unruhig. "Ich dachte schon, du hast dem Kleinen was in den Drink gemischt, damit du ihn leichter abschleppen kannst", vernahm ich eine weitere Stimme, die wie es sich herausstellte von Jack stammte, welcher mir einen frechen Blick zuwarf. Aber halt mal. Leichter abschleppen? Hallöchen, hier wird gar nichts abgeschleppt, schließlich hatte ich weder einen Motor, noch ein Lenkrad und schon gar nicht machte ich Brumm, brumm! "Klappe, Jack. Sowas hab' ich nicht nötig", gluckste Mihai ziemlich amüsiert, verzog die gepiercten Lippen zu einem Grinsen. Und da hatte ich mich vorhin so gefreut, dass endlich Entspannung in mir Einzug hielt. Nun war diese dahin. Unter der Kapuze war es nun ziemlich heiß geworden, also beförderte ich das Ding von meinem Kopf, zupfte mir peinlich genau den Pony zurecht und trank nun endlich meinen leckeren Cocktail leer, denn somit war ich beschäftigt und musste mir nicht überlegen, was ich sagte und ob ich überhaupt erst meine Klappe aufmachte. "Geh mir auch mal so 'nen Cocktail holen. Aber alkoholfrei. Ich muss noch fahren", wies Mihai seinen Freund an, welcher sich zugleich auf die Socken machte, jedoch nicht ohne noch einmal in meine Richtung zu grinsen. Mihai saß nun wirklich sehr dicht neben mir, unsere Oberschenkel hielten gar - unfreiwilligen? - Kontakt! Junge, Junge, und warm war sein Körper, ich mochte ein bisschen, dass wir uns berührten. Jedenfalls war es nicht unangenehm. "Chris war echt voll scheiße zu dir heute. Muss er ja nicht über den ganzen Hof plärren, dass du noch..." Er hatte es also mitbekommen. Ich schluckte, ohne eine Miene zu verziehen, sah zu der kleinen Bühne hinauf, auf der die Band gerade anfing zu spielen. Es wurde laut, als der Drummer sein Instrument nach Strich und Faden verprügelte, ohne jeglichen Rhythmus. Nun würde Mihai sich nicht mehr mit mir unterhalten können, bei dem Krach... Doch falsch gedacht. Man musste ja nur einfach die Entfernung zwischen Anfangs- und Endpunkt verkürzen was bedeutete, dass Mihai mir noch weiter auf die Pelle rückte und ich seinen Atem auf meinem empfindlichen Ohr spüren konnte. Das brachte alles in mir durcheinander. "Ich will nicht, dass man mein Iubitule mobbt. Ich will nicht, dass die dich traurig machen, Jaden." "W-was?" Dieses Wort entglitt mir einfach, ohne, dass ich groß darüber nachdenken musste. Verschreckt wandte ich Mihai mein Gesicht zu, welcher jedoch ernst in meine Augen sah, so, als meinte er wirklich ernst, was er da gerade gesagt hatte. Es war ja schon verwunderlich genug, dass es ihn kümmerte, wenn die Hopper mich mobbten, schließlich hatten wir nie etwas miteinander zu tun gehabt, aber noch fragwürdiger war dieses eine, seltsame Wort, welches er benutzt hatte. Iubitule. Stammte wohl aus dem Rumänischen. Bestimmt bedeutete es irgendetwas Perverses, so pervers, wie Mihai laut Kolja sein sollte. Wieder musste ich an das Abschleppen denken. Scheiße, was machte ich hier eigentlich? "So, mein Gutster, hier hast du." Ein wenig erleichtert war ich, als Jack mit den Getränken zurückkehrte, denn traute Zweisamkeit mit Mihai war mir nicht wirklich geheuer, wusste ich doch immer weniger, was ich von dem jungen Mann halten sollte, welcher seinen Kumpel anlächelnd nach dem Glas griff. Einen blauen Drink konnte ich ausmachen. Blau wie seine Eisvogelfedern. Nun überkam mich kurz das Gefühl, auf Christophers Straßentag gelandet zu sein, denn Mihai wirkte in meinen Augen immer mehr so, als sei er von diesem Festival ausgerissen. Ich beäugte ihn, wie er an seinem Strohhalm zu saugen begann. Seine Piercings, seine vollen Lippen...klar, dass er jeden Kerl haben konnte, so wie er aussah. "Du, Jaden, das klingt zwar jetzt bisschen scheiße und so, und auch aufdringlich, aber ich ich würde dir voll gerne dein erstes Mal machen...und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass du das auch willst, so wie du mich heute auf dem Hof angeguckt hast...und nun auch wieder." Jetzt war's aber kurz vor nackig. Bestimmt entglitten mir jegliche Gesichtszüge, denn Komplize Jack Riesenmatte fing an, lauthals zu lachen und sich auf die Schenkel zu klopfen. Aber das war gerade absolut nebensächlich. "Du willst...was?!", fuhr ich den Rumänen an, dessen geschminkte Augen sich dezent weiteten, jedoch so, dass ich es klar feststellen konnte. "W-wir kennen uns gar nicht und du willst...nee...und ich soll...nein!" Woah, Jaden, deine Jungfräulichkeit verteidigst du heftig, bis aufs Blut. Deinen Keuschheitsgürtel wird wohl niemals jemand durchdringen können, so bombenfest, wie der sitzt. Krass, dass ich auf einmal so geschickt war, meinen Willen kundzutun, was mir in anderen Situationen nie gelungen wäre. Doch so schlecht, wie mir gerade geworden war von der Mischung aus Bedrängung und Alkohol blieb mir gar nichts anderes übrig. Der Typ musste irre geworden sein! Ich würde mir nie von einem fast Fremden die Jungfräulichkeit stibitzen lassen, zumal ich an dem heutigen Abend überhaupt nicht darauf gefasst war! "T-tut mir leid, ich wollt' dich nicht so anfahren", entschuldigte ich mich trotzdem, auch, um mein erregtes Gemüt etwas abzukühlen, denn manchmal kam man mit Diplomatie doch am weitesten. "Mir tut's leid", wehrte mein Gegenüber jedoch ab, spielte mit der Zunge angespannt an seinem rechten Piercing. "War voll für'n Arsch, die Idee, ich dacht' ja nur, ich könnte dir 'ne Freude machen...weil Sex ja voll schön ist und so...ich dachte, du willst auch mal..." Täuschten mich meine Ohren oder klang das wirklich total geknickt? Aber wieso sollte Mihai traurig über meinen Korb sein? Suchte er sich eben den nächsten Typen aus - ich konnte eh nicht verstehen, wieso er es dermaßen auf mich abgesehen zu haben schien. Poppte er am liebsten Jungfrauen? Auch ich nagte nun an meiner Unterlippe, spielte mit Daumen und Zeigefinger an meinen Haaren, hatte aber das Gefühl, als müsse ich nun sehr dringend die Toilette aufsuchen. Erstens, weil mir die Situation verdammt auf den Magen schlug und zweitens, weil ich Mihais Nähe erst mal nicht mehr ertragen wollte und konnte. Kleinlaut entschuldigte ich mich und drängte mich durch die Menschenansammlung, die dem Konzert beiwohnten zu dem Ort, wo ich für einen Moment lang allein sein konnte. Zum Nachdenken. ***** Also eigentlich bekommt man ja nicht alle Tage so ein Angebot. Vielleicht hätte ich...nein, das ist absolut absurd, ich konnte heute einfach nicht...und morgen auch nicht...aber eher morgen als heute! Und dann auch noch mit Mihai, der mich nicht liebte und den ich lediglich als ziemlich attraktiv einschätzte. Hallo, ich und ein Kerl? Ich konnte ihm doch nicht meinen Arsch auf dem Silbertablett anbieten! Das war absoluter Wahnsinn! Nein, auf keinen Fall. Und mit dieser Entscheidung ging es mir etwas besser. Doch konnte ich es wirklich dabei belassen? Ich trat an den Spiegel heran, musterte den Jaden, welcher mir da entgegenschaute, noch immer ängstlich, wie ein aufgescheuchtes Reh. Wie ein kleines Kind. Herrgott, ich zählte achtzehn Lenze, war geistig nicht unbedingt zurückgeblieben und körperlich schon gar nicht. Mit dreizehn bekam ich meinen ersten Samenerguss, mit fünfzehn fing ich an, beinahe täglich zu wichsen und heute stand ich hier und hatte eine panische Angst vor dieser großen, unbekannten Sache, die sich Geschlechtsverkehr schimpfte. Mit einer handvoll Wasser versuchte ich, meinen Verstand wiederzuerlangen. Ich war so kurz vor dem Ziel. Hätte ich gewollt, hätte ich Mihai einfach Bescheid sagen können und vielleicht wäre nun schon alles überstanden. Doch ging es darum, es zu überstehen? Mihai meinte doch, es mache so viel Spaß? Und er musste es wissen. Vielleicht sollte ich doch... "Na, Sportsfreund, so alleine? Ist dein Mihai schon mit Jack abgezogen, oder musst du deinen Tampon wechseln?" Wenn man ihn nicht brauchte, war er immer für einen da. Kolja. Und eine gute Laune besaß er, schon allein deswegen hätte ich ihn am liebsten kalt gemacht. "Du bist so witzig", grummelte ich nur vor mich hin, während ich mein Gesicht mit einem dieser ekligen Papierhandtücher abtrocknete, die einen an Schulklos erinnerten. "Schön wär's, wenn der Typ die Fliege machen würde." "Wieso? Du warst doch erst so angetan von ihm." Dieses verdammte Biest. Nun befand es sich direkt hinter mir, linste über meine Schulter, um mein schäbiges Antlitz zu begutachten. Kurz schwieg ich, aber da ja nun eh schon fast alles im Arsch war, machte auch jene Frage den Kohl nicht mehr fett. "Du weißt ja bestimmt auch schon, dass ich noch Jungfrau bin. Wenn nicht, weißt du's jetzt. Aber was ich fragen wollte..." "What? Jungfrau? Heiliger..." Das war so klar. Doch ich ignorierte seine Reaktion beflissen, redete anstelle unbeirrt weiter. "Ist Sex scheiße oder komisch oder...wie ist das?" "Willst' den Mihai poppen oder was?" "Och, sag bitte und lass den Typen aus dem Spiel..." Letztlich konnte ich wahrlich nur spärliche Informationen aus Kolja hinauslocken. Er war einer der wenigen Jungs, die sich etwas pikierten, sich über die angeblich schönste Nebensache der Welt auszulassen, deshalb gestaltete sich die Angelegenheit ziemlich schwierig. Und auch wenn ich nun wusste, dass Sex wohl was Feines war, so überzeugte mich dieses Argument für das erste Mal eher nicht. Dagegen sprach viel mehr. "Na ja, dann viel Spaß mit deinem Toastbrot, ein guter Fang wird er schon sein, denn dumm fickt ja bekanntlich gut. Es ist halt nur eklig zu wissen, dass er schon in jedem..." "Ja ja, erspar' mir die Details, ich weiß schon." Glücklicherweise verlangten Koljas Bandkollegen nach seinem Typ und ich war wieder auf mich alleingestellt. Doch nicht für lange, das wusste ich, würde ich jetzt wieder da raus gehen müssen und mich Mihai stellen. Ich konnte ja schlecht hier drin auf meinen elenden Tod als alte Jungfer warten. ***** "Da bist du ja wieder." Ich hatte gehofft, mir Mihai noch ein wenig länger vom Hals halten zu können - wenigstens war sein mich eh nicht für voll nehmendes Anhängsel weit und breit nirgends zu sehen - aber nein, da kam er mir schon entgegen mit bestimmten Schritten. Als wäre das noch nicht schlimm genug gewesen, lächelte er mich total lieb an und zog mich völlig unerwartet in eine Umarmung, vor allen Leuten! Mitten auf der Tanzfläche, wo man alle Millisekunden von irgendwelchen Betrunkenen angerempelt wurde. Oh, er war so warm, er fühlte sich gut an und er duftete gut, trotz Alk und Zigaretten. Seine Hände umfingen meinen Rücken mühelos und drückten mich ganz fest an seine Brust. Seine Wange hatte er an die meine gepresst, sodass er mühelos in mein Ohr zu flüstern vermochte. "Ma rog ca nimic si nimeni de pe lumea asta sa nu-ti fringa vreodata aripile, ingerul meu." Ich löste mich wieder ein Stück von ihm, schaute ihm fragend in die Augen. Mihai jedoch setzte nicht zu einer Übersetzung seiner Worte an, er legte nur den Kopf schief und schmunzelte mich an, als wäre ich ein kleines, unbeholfenes Kind. Ja, irgendwie fühlte ich mich in seiner Anwesenheit auch genauso. Mihai wirkte so viel erwachsener als meine Wenigkeit, so reif und selbstbewusst, strahlte zudem dieses Beschützende aus, welches man eigentlich nur von Filmhelden kannte. Und ich mochte das alles. Sehr sogar. "D-du..? Ich...na gut, ich...geh mit dir mit..." Um mir diese Worte zu entringen, musste mich der Teufel persönlich geritten haben. Beinahe erschrocken über mich selbst schaute ich Mihai an, die Gewissheit, dass meine Entscheidung mit der Zusage nun endgültig war, brannte in meiner Brust, doch die anfängliche Angst war nun der blanken Nervosität gewichen gemixt mit einem Anflug Neugierde auf das mir Bevorstehende. Wenn ich Mihai so musterte und seine Hände spürte, seinen warmen Blick einfing, dann beruhigte mich das. Wusste mein Herz, dass ich dem Rumänen vertrauen konnte, obwohl ich heute zum ersten Mal mit ihm sprach? Trotz Koljas Warnungen? Nein. Ja. Ich musste diese Erfahrung machen. Mehr als scheiße werden konnte es schließlich nicht. Oder einen Auslacher zu kassieren, weil mein Körper dick und hässlich war und ich absolut hilflos auf dem Bett liegen würde, weil ich keinen Plan hatte, was ich tun sollte? Was hatte ich schon zu verlieren außer meiner heiligen Jungfräulichkeit? Die Frage war ja: Würde ich sie vermissen? "Das ist schön, Jaden. Ganz doll schön. Ich freu' mich." Das war ehrlich. Noch einmal schlang er seine Arme um meine Hüften und seine weichen Lippen konnte ich auf meiner glühenden Wange spüren. Er war so unheimlich lieb und ich mutmaßte, er würde genauso zärtlich mit mir umgehen, wenn ich mich in seine Hände gab. "Komm", forderte er mich nun schon auf, wollte nach meiner Hand greifen, während er seinen Blick durch die Menschenmenge schweifen ließ, so als halte er nach jemandem Ausschau. Natürlich, Jack drängte sich daraufhin an einem Typen vorbei, der breiter noch als hoch war, kam neben dem Rumänen zum Stehen, musterte mich prüfend um dann fast schon fies anzufangen zu grinsen. Mal wieder. Mihai raunte seinem Kumpel irgendetwas zu, was wie 'er will' klang, doch genau konnte ich das nicht sagen, war es deutlich zu laut und ich war froh, endlich hier raus zu kommen, aus diesem Krach, der sich nicht zurecht Musik nennen ließ. Jack schien den Mund nun noch breiter zu ziehen, guckte mich an, als hätte ich mich ihm gerade versprochen und nicht Mihai. Der spinnte doch. Merkwürdig war die ganze Sache sowieso... Unruhig zupfte ich an Mihais engem Shirt, als dieser Unsympath, den ich nicht einzuordnen wusste, den Rücken gekehrt hatte. "Sagt Jack denn gar nichts dazu, dass du mich mitnehmen wirst? Ich dachte, er ist dein..." "Mach dir keine Gedanken", lachte Mihai aber nur unerwarteter Weise auf, legte die Hand um meine Schultern und führte mich langsam nach draußen. "Jack ist nur mein Spielgefährte. Du weißt, wie ich das meine." Komische Sitten schienen in homosexuellen Kreisen zu herrschen. Sehr komische. Das wollte ich niemals mitmachen, das schwor ich mir. Egal, ob ich nun wirklich etwas schwul angehaucht sein sollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)