Rübenfürst und Möhrenkönig von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 22: Ein Hoch auf Danny Thompson --------------------------------------- XXIII. Ein Hoch auf Danny Thompson Ragnar stand vor dem Spiegel, der über seinem Waschbecken angebracht war, und sah sich selbst beim Zähneputzen zu. Irgendwie hatte er das Gefühl, in jenem Zustand der Trunkenheit zu verweilen, in dem man üblicherweise meinte, der genialste Olympiasieger-Philosophieprofessor-Don Juan auf Erden zu sein. Dann trank man noch einen – und kotzte. Würde es bald soweit sein? Würde Jason ihn zum Kotzen bringen, weil kein Mensch so viel Jason auf Dauer ertragen konnte? Aber er war kein normaler Mensch, sondern ein Olympiasieger-Philosophieprofessor-Don Juan … Und er fühlte sich auch nicht wie ein Suffkopp, sondern zum Monstermöhrenausreißen fit. Er bildete sich ein, dass seine Sinne irgendwie schärfer waren als sonst. Er noch nie so gut ausgesehen hatte. Noch nie so klar hatte sehen können, obwohl er eigentlich gar nichts sah – außer der eigenen Visage im Spiegel, die zu nicht geringem Teil mit schäumender, tropfender Zahnpasta eingesaut war. Noch nie so gut geschlafen. Noch nie so tief eingeatmet. Noch nie so… irgendwie so ziemlich alles. Es war amtlich: Er war wirklich bekloppt geworden. Und das war nicht mal schlimm. Wer würde das schon bemerken? Oder wen würde das stören? Jason? Nein, Jason war doch auch bekloppt. Aber total. Lag das an dieser Überdosis Sex, die seine Hormone derart durcheinander tanzen ließ, dass er irgendwie dauereuphorisch war? Ach, das war doch egal, völlig egal, total Banane, absolut Mega-Wurst, völlig Möhre…. Er schwebte eine Handbreit über dem Acker, brodelte vor Energie und Tatendrang, es ging ihm gerade einfach abartig gut, basta. Auch wenn das der Flug vor dem Totalabsturz sein sollte – immerhin wäre er dann einmal geflogen. Jetzt ging es erst mal an die Arbeit, schnöder Alltag im Tango-Rhythmus und dann, wenn der letzte Arbeiter Land gewonnen haben würde, dann wäre noch einiges in Jasons Prachtvilla zu erledigen, messen, grübeln, entwerfen, den stolzen Hauseigentümer herum scheuchen… dem weiter das Kochen beibringen… vielleicht noch eine Folge Muppet Show, aber das garantiert erst, wenn ihre Körper sich aneinander ausgetobt haben würden. Vorerst. Eigentlich müsste er total müde sein. War er aber nicht. Nach der ganzen Akrobatik schien er irgendwie besser schlafen zu können, kürzer, aber erholsamer. Und wenn er nachts dann doch mal aufwachte, dann roch es so gut und dann war da die Wärme des anderen Körpers, der sich erst in den Morgenstunden vor dem Auftauchen des ersten Angestellten wieder nach daheim verkrümelte. Jason hatte kein Wort darüber verloren, weder über sein Bleiben noch über sein Gehen, und das war ihm hoch anzurechnen. Ragnar spuckte die Zahnpasta aus und gurgelte nach. Dann blickte er sich erneut im Spiegel an. Er mochte es sich in seinem Dusel nur einbilden, aber er fand, dass er gut aussah. Besser als sonst. Was hatte Jason gesagt? Er sähe besser aus, wenn er lächelte? Nun, jetzt lächelte er wie ein grenzdebiler Affe. Aber genaugenommen waren Menschen ja auch nichts anderes. …………………….. „Ragnar!“ prustete Jason und schoss um die Ecke. Geistesgegenwärtig schaffte der andere noch einen Sprung zur Seite, ehe er ihn in seinem Feuereifer über den Haufen rannte. „Himmel!“ keuchte Ragnar. „Wie ist dir denn? Hier gibt’s keine Designerhöschen for free – nur mich!“ Jason grinste und schnappte nach Luft. „Dich nehme ich auch herzlich gern – for free. Auch wenn du kein Logo hast. Nein, ganz im Ernst: gute Nachrichten!“ verkündete er frohgemut. Es war kurz nach Mittag, und er hielt sich brav daran, nur Ragnars „Kumpel“ und „Geschäftspartner“ zu sein – und nicht der Typ, der ihm heute Nacht eindrucksvoll demonstriert hatte, dass ein Mund nicht nur zum Reden da war. Aber sein siebter Sinn sagte ihm, dass Ragnar nun gewiss nicht der Sinn danach stand, vor versammelter Mannschaft zwangsgeoutet zu werden. War ja auch seine Sache. Jason persönlich war es ziemlich gleichgültig, was ein paar Landarbeiter von ihm hielten – aber Ragnar war deren Boss, da sollte der das eben halten, wie er wollte. Nicht sein Bier. Ragnar stand neben seiner Scheune neben einer Fuhre Möhrenkisten, die irgendeine Spedition wohl gleich abholen sollte, um die Kinder groß, die Männer gesund und die Frauen dünn zu machen. Oder so ähnlich. „Na, was denn?“ fragte Ragnar interessiert und strich sich eine seinem Zopfgummi entkommene Strähne hinter das Ohr. Jason baute sich mit stolzgeschwellter Brust vor ihm auf und hielt ihm ein aus einer Zeitschrift ausgerissenes Bild vor die Nase. „Nicht was!“ erwiderte er. „Wer!“ Ragnar nahm ihm das Papier ab und musterte etwas irritiert das Bild. „Danny Thompson?“ fragte er immer noch recht verwundert. Jason nickte eifrig. „Haargenau! Good old Danny! Sieht er nicht super aus?“ „Äh… ja…?“ nickte Ragnar ziemlich verhalten. „Und das sagst du mir, weil…?“ Jason grinste beglückt: „Weil er ja gesagt hat! Deshalb!“ Ragnar starrte ihn recht ungläubig an. „Jetzt komme ich nicht mehr mit“, gestand er. „Ja? Wozu? Willst du den heiraten oder was?“ „Ach, Mann!“ protestierte Jason und knuffte ihn fast mitleidig gegen die Schulter. „Blödmann! Heiraten… pfft! Nein! Was weißt du über Danny Thompson?“ „Äh“, grübelte Ragnar. „Ist so ein amerikanischer Schnulzensänger, oder? So einer, in dessen Konzerten Teenagermädels rumkreischen, und ihre Omis derweil ein feuchtes Höschen bekommen, während die Mama bereits unterm Kittel bestrapst am Bühneneingang lauert?“ „Man könnte fast meinen, du seist dabei gewesen“, ärgerte ihn Jason. „Aber das Leben ist fies und gemein. Dir kann ich’s ja sagen – dich fragt eh keiner, und es dürfte dir auch schnuppe sein: Die Ladys können sich da noch so ins Zeug legen, der liebe Danny hat andere Interessen.“ „Aha – und was ist mit der Blondine mit den dicken Möpsen da neben ihm?“ bohrte Ragnar und nahm das Bild wieder in Augenschein. „Ach, das ist Fiffy. Sie ist eine von diesen Frauen, die eigentlich nichts können außer sich zu stylen, aber dafür berühmt sind – und sich an diese Berühmtheit mit der Zähigkeit eines arktischen Pilzes krallen. Das ist ein Deal. Steht wahrscheinlich sogar in ihrem Vertrag, wann sie sich mit viel Rambazamba wieder öffentlichkeitstauglich trennen, nachdem sie einen auf große Liebe gemacht haben. Eigentlich unnötig – wenn nicht böse Zungen immer wieder behaupten würden, Danny sei schwul… Ist er auch nicht… kein Stück… der ist nur aus Versehen immer wieder so doof ausgerutscht, dass er auf meinem Schwanz gelandet ist, dieser Tollpatsch…“, spottete Jason. „Du hattest was mit dem?!“ fragte Ragnar entgeistert. „Wie man‘s nimmt. Ich habe ihn ab und an gefickt. Und die Schnauze gehalten darüber. Habe ihm sogar seinen letzten Deal vermittelt. Diese Castingshow-Moderatorin, Paula Medora – totale Lesbe, aber das passte auch nicht ins Image – na ja. Auf jeden Fall habe ich noch was gut bei ihm“, erklärte Jason. „Ich hatte ihn heute Morgen an der Strippe – und er wird brav Rübenfürst saufen. Dann, wenn die Kameras klicken. Völlig gratis und umsonst. Eine bessere – und günstigere – Publicity können wir uns echt nicht wünschen! Okay, Danny wollte natürlich schon wissen, was es mit der Sache auf sich hat, da musste ich ein bisschen mit der Sprache rausrücken. Aber auf Danny ist Verlass. Eine Hand wäscht da die andere. Das wird super!“ strahlte er. „Juhu“, erwiderte Ragnar etwas weniger enthusiastisch als erwartet und schielte noch mal auf das Bild, bevor er es an Jason zurückgab. Der Kerl sah echt ziemlich gut aus. Vom Modell her etwas wie Jason, als er hier ankam, auch so super gestylt mit gebleachten Zähnen und perfekt geschnittenem Haar und einem Dauergrinsen im Gesicht. Anders als Jason war er blond und blauäugig, aber das ging fast unter unter der Fassade. „Okay, Partner, dein Einsatz ist gefragt – Danny lässt nächstes Wochenende eine Sause in Paris steigen. Mit Presse. Und einer Kiste Rübenfürst. Das Zeug muss bis dahin stilecht dorthin geliefert werden. Irgendwelche Ideen?“ bat Jason, immer noch ziemlich aufgeregt. Ragnar seufzte. „Sicher. Suchen wir eine passende Spedition. Keine Sorge, dein Schnulzengott-Ex-Stecher bekommt das Zeug termingerecht.“ Jason rümpfte nur die Nase und lachte leise: „Der hat gar nichts bei mir gestochen. Passiv wie nur was. Ist ja auch egal. Hauptsache er trinkt jetzt den Rübenfürsten!“ „Ja, ein Hoch auf Danny Thompson“, erwidere Ragnar schwach. ………………. Ragnar spähte neben sich auf die Matratze. Jason schlief tief und fest, die langen Gliedmaßen entspannt ausgebreitet, und lächelte noch immer beglückt. Irgendetwas in Ragnar konnte es nicht recht fassen. Danny Thompson? Jason war mit diesem Superstar im Bett gewesen? Der Typ, den Frauen – und höchstwahrscheinlich auch nicht wenige Männer – aus aller Welt anheulten wie die Werwölfe den Mond? Und Jason hatte den gefickt? Und briet sich mehr oder weniger ein Ei darauf? Ihm war ja klar gewesen, dass Jason sich unter den Reichen und Schönen herumgetrieben hatte – aber so konkret hatte er es dann doch nicht vor Augen gehabt. Danny Thompson! Er selbst war ja auch nicht blind, der Kerl sah schon wirklich oberklasse aus, auch wenn er von solcher Musik Weinkrämpfe bekam – und das nicht vor Rührung. Und jetzt lag Jason hier. Neben ihm. In seinem Haus, in seinem Bett, die Fingerspitzen an seinem Oberarm. Statt Super-Danny fickte er jetzt Rüben-Ragnar. Und er wirkte nicht so, als würde ihn das sonderlich betrüben. Aber so war Jason eben, machte immer das Beste draus, wenn kein Danny in Reichweite war, dann … Ragnar verpasste sich innerlich einen Tritt. Der Weg, den seine Gedanken da beschritten, gefiel ihm nicht. Vor allen Dingen: es stimmte nicht. Nicht, was dahinter zu lauern schien. Er war nicht Danny Thompson. Und das war keinesfalls schlecht. Er wusste nicht, was es war, aber in Jasons verrücktem Kopf rangierte er nicht unter Danny Thompson. Auch nicht auf gleicher Augenhöhe. Sondern darüber. Irgendetwas in ihm war sich dessen ganz sicher. Jason war nicht weniger voran gestolpert als er. Irgendwohin. Gemeinsam. Das war wirklich nicht nur Ficken. Was auch immer. Aber der Jason, der da gerade neben ihm lag, das war nicht der Danny Thompson-Jason. Das war einfach nur Jason. Und davon durfte dieser Frauenbelüger von Danny nicht mal träumen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)