Rübenfürst und Möhrenkönig von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 12: Katerstimmung ------------------------- XIII. Katerstimmung Er hatte sich wahrlich schon einmal fitter gefühlt – aber auch schon deutlich schlechter. Der Rübenfürst knallte wie nichts Gutes – aber in diesem Falle war das etwas Gutes. Jason gähnte ausgiebig, linste auf seine Armbanduhr, die auf der zum Nachttisch umfunktionierten Möhrenkiste lag, genehmigte sich einen tiefen Schluck aus der dort strategisch aufgestellten Wasserflasche und drehte sich auf die andere Seite. Nach dem Erfolg von gestern konnte er es sich heute erlauben, einem Sonntag gemäß schön auszuschlafen, bis sich auch das letzte Ziehen aus seiner Birne verzogen hätte. Früher… also vor den paar erbärmlichen Wochen, die er jetzt hier bereits herum hing… war das der Normalzustand gewesen. Das Leben begann frühesten Mittags und ging bis tief in die Nacht. Das Wort „Frühstück“ hatte in seinem Vokabular nicht existiert. Jetzt war es fast wie einst… mit dem Unterschied, dass er einsam und allein in seinem klapperigen Bettchen unter billiger Bettwäsche lag. Sein „Zuhause“ bestand nach wie vor nur aus dem Erdgeschoss. Er hatte sich mal erkundigt, was eine Dachreparatur so kostete, das war unerfreulich gewesen. Selbst die Rohstoffe… aber irgendwann würde er sich noch darum kümmern müssen, bevor es draußen richtig ungemütlich wurde. Derweil mussten ein paar Eimer unter den schlimmsten Löchern reichen. Sein Bett stand im „Wohnzimmer“, das jetzt zwar sauber war, aber bestenfalls spärlich möbliert. Es war… rustikal, und er hatte es selber gemacht – na ja, kein Wunder, dass er nie Ambitionen verspürt hatte, Innenarchitekt zu werden. Er kuschelte sich tiefer ins Kissen. Nein, der Rübenfürst war genießbar, das war ein ganz normaler Kater, den er da hatte, prima. Experiment geglückt. Am Montag würde er sich richtig reinknien. Aber heute… pennen… vielleicht ein bisschen sonnen, wenn es wieder ging… er hatte sich einen Krimi aus der Dorfbücherei geliehen, eventuell war ihm auch nach dem Experiment „lesen“… und vielleicht… heute Abend… als Belohnung… ……………………………………………………………………………………………………………………………………………… Gegen Nachmittag ging es Ragnar dank Schmerztabletten, reichlich Wasser und, sobald sein Magen sich wieder beruhigt hatte, einem rustikalen Omelette wieder recht annehmbar. Er lümmelte auf der Couch und drehte das von der „Rübenfürst“-Flasche gepuhlt Etikett zwischen den Fingern. Die Flasche selbst hatte er schaudernd entsorgt. Rübenfürst… Was hatte er da auf die Menschheit losgelassen…? Er schlurfte zur Verandatür und schloss sofort wieder gequält die Augen. Jason schien auch wieder fit zu sein, und streckte sich gerade wohlig auf seiner Terrasse gen Sonnenschein aus. Diese Leoparden-Perversion war wieder im Einsatz – an Stelle der Leoparden würde er wegen Rufmordes klagen. Draußen zu sitzen war demzufolge gestrichen. Nicht noch eine Dosis Jason – und auf gar keinen Fall so eine. Aber den ganzen Tag hier drin rum zu hocken, weil der da seine quasi-Nudistenshow abziehen musste? Nein danke. Er könnte… einen Ausflug machen, genau. Nördlich von Kassel wurde gerade ein hochinteressantes Gebäude für einen Computerteilehersteller errichtet, Architektur vom Feinsten, kreativ und nüchtern… hatte er sich sowieso längst anschauen wollen. Außerdem wäre es da nur ein Katzensprung… Ragnar kam in Bewegung, schnappte sich seine Kamera, zog sich etwas Straßentaugliches über und sah zu, Land zu gewinnen, weit weg von diesem knappbehosten Irren. …………………………………………………………………………………………………. „Du bist soooo der Oberkracher!“ schwärmte Monsieur Postbote – Manuel hieß er, wenn Jason sich recht entsann, aber wen interessierte das - und streichelte andächtig über seine Brust. „Ich weiß“, gab Jason ihm recht. Stimmte ja auch. Aber allmählich wurde der Typ echt zu klebrig… hatte schon so eine Andeutung von rosa Herzchen in den Augen… wurde echt Zeit, Land zu gewinnen. Schade eigentlich, der Typ war echt schnuckelig, im Bett brauchbar – und ziemlich praktisch verfügbar. Und er hatte es nicht mal auf seine Kohle abgesehen, von der wusste der nichts, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass Jason nicht im Traum daran dachte, ihre Bekanntschaft jenseits der Horizontalen zu vertiefen. Aber zumindest klang so das Wochenende würdig aus, bevor es morgen wieder an die Arbeit ging. Eigentlich konnte er es kaum erwarten… was hatten immer alle mit dem Montag? Okay, konnte ja auch nicht jeder den Traumberuf selbständiger Schnapsbrenner haben… aber er hätte auch Rosettenmeerschweinchen, die durch brennende Reifen springen konnten, gezüchtet, wenn das erfolgversprechend gewesen wäre – es ging nicht um das Produkt, sondern irgendwie eher um die Sache an sich… Obwohl… Meerschweinchen… was kostete wohl ein Meerschweinchen…? Aufzucht? Vertrieb? Fraßen die nicht auch Möhren? Essbar waren die doch auch? Ein harsches Klingeln holte ihn wieder zurück aus dem Land der konfusen Geschäftsideen. Manuel seufzte und verdrehte entschuldigend die Augen. Widerwillig löste er sich. „Keine Ahnung wer das ist“, stöhnte er. „Moment… bin gleich wieder bei dir… du bist echt der Wahnsinn!“ „Ich weiß“, wiederholte Jason routiniert, lächelte brav, und widmete sich wieder seinen Plänen. Mmm… wie anpacken… sobald die Produktion lief… ein paar Anrufe… aber ohne Promotion ging das nicht… „Hey…“, erdete ihn Manuel erneut mit einem verruchten Grinsen auf dem Gesicht. „Da steht was Nettes vor der Tür… Lust auf nen Dreier?“ Das machte Jason in der Tat wieder munter. Der Postbote hatte Geschmack – sah man ja an ihm – also könnte da wirklich etwas Leckeres im Anmarsch sein. Er grinste. „Aber immer!“ nickte er erfreut. ……………………………………………………………………………………….. Freude schöner Götterfunken, war dieser dämliche Manuel endlich mal verfügbar. Statt anzurufen hatte er einfach spontan geklingelt, als er mit den Wundern der Architektur fertig gewesen war. Hoffentlich hatte sich Jason derweil den Knackarsch gründlich versengt! Aber eine Dosis Postbote würde das schon wieder ins Lot bringen… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)