Cold War von ibuzoo ================================================================================ Kapitel 16: Don Auditore ------------------------ Kapitel 16 – Don Auditore   Ezio Auditore da Firenze war groß, breitschultrig und sein weißer Anzug ließ ihn nahezu wie einen Engel in der Lateranbasilika erscheinen. Er trug einen schneeweißen Anzug samt weißem Hemd, Gilet und lackierten weißen Anzugsschuhen. Den dicken Mantel hatte er leger über den Schultern liegen, genauso wie einen weißen Schal, welcher zu beiden Enden über den gesamten Oberkörper hing. Auf dem Kopf trug er einen komplett weißen Mafiahut. Um seinen Hals baumelte ein breites, goldenes Kreuz was reichlich verziert war mit Rubinen – man konnte es besonders gut sehen durch das leicht geöffnete Hemd.   Und ob man es nun glauben wollte oder nicht, Ezio Auditore sang. Seine tenorartige Stimme vermischte sich mit vielen anderen sowie denen des Chors und hallte laut in der Basilika wieder. Nicht die Tatsache, dass Ezio sang schien so verwunderlich. Man konnte ihm oft in Monteriggioni dabei zuhören wie er alte italienische Klassiker wie „Ti Amo“ oder „Solo Noi“ vor sich hinträllerte – mehr schlecht als Recht. Es war eher die Tatsache, dass es sich bei Ezios Gesang um Kirchenlieder handelte – und Ezio sie alle anscheinend fehlerfrei mitsingen konnte.   Als das letzte Lied der Messe endete und die ersten bereits die Kirche verließen, machte der Auditore sich auf den Weg nach vorne zum Altar. Die meisten nickten ihm fast schon ängstlich zu und bereiteten ihm sofort einen schmalen Weg bis vorne hin zu Rodrigo. Wenn Leute Angst vor dir hatten, hatten sie auch gleichzeitig Respekt vor dir und das war etwas was Ezio gerne anstrebte.   Der Mafia Assassino machte vor dem Altar einen kleinen Knicks und formte dann mit seiner rechten Hand das Kreuz bevor er seinen Hut – weniger aus Respekt als aus Anstand – abnahm und auf Rodrigo Borgias Hand einen hauchzarten Kuss hinterließ. Ezio stand auf und reichte ihm seine Hand. An jedem seiner Finger strahlte ein Ring und Ezio lächelte sein charmantestes Lächeln: „Cardinale Borgia!“ „Don Auditore, es freut mich euch heute in der Messe begrüßen zu dürfen“, fast schon väterlich nahm der Kardinal Ezios Hand, drückte sie kurz und pattete gleichzeitig mit der anderen Hand seinen Arm.   „Natürlich, so ein Ereignis würde ich mir doch nie entgehen lassen“, ein leichtes Lachen umspielte Ezios Lippen als er sich von dem Kardinal löste und aus den Augenwinkeln mitbekam, wie fast alle die Kirche verlassen hatten. Borgia lehnte sich etwas an den Altar: „Sprecht, wie kann ich euch helfen?“ „Ah Rodrigo, mein Freund,ihr wisst doch wie sehr ich eure Anwesenheit und Arbeitseifer schätze.“ „Natürlich.“ „Ihr selber kennt euch in diesen Straßen besser aus als jeder Andere, leitet ihr sie doch mit strengem Blick und dem nötigen Durchsetzungsvermögen“, in Schmeicheleien war Ezio nie verlegen und er war Meister darin sie Leuten wie flüssigen Honig ums Maul zu schmieren. Und Rodrigo Borgia liebte es den süßen Geschmack zu kosten: „Aber, aber mein Sohn...ihr schmeichelt mir.“ „Cardinale, ich bin nunmal ein Bewunderer eures Scharfsinns.“   Die schweren Holztüren der Kirche fielen laut ins Schloss und der Klang hallte hoch oben in den Türmen wieder. Rodrigo lächelte amüsiert und setzte sich mit Ezio in Bewegung. Langsam spazierten die beiden durch den langen Korridor der mittlerweile verlassenen Lateranbasilika: „Wie kann ich euch helfen?“ „Ich suche einen meiner Männer...“, Ezio beobachtete ein kurzes aufflackern von Wissen in Rodrigos Augen, ließ es sich jedoch selber nicht anmerken, „Ihr wisst doch Rodrigo, es zählt nur la famiglia.“ „In der Tat, Ezio, in der Tat“, Rodrigo nickt beschwichtigend. „Wenn wir gerade von Famiglia sprechen... Wo war eigentlich Césare heute? Ich habe ihn während der Messe weder gesehen noch gehört“, meinte Ezio wie beiläufig und tat es Rodrigo gleich indem er sich zu ihm in eine der Kirchenbänke gleiten ließ. Césare war eigentlich neben seiner Priesterrolle auch Mitglied im Kardinalschor, Stimmlage Sopran.   Rodrigo zuckte kaum merklich bei der Bemerkung des Assassinen zusammen, winkte ihm jedoch nur ab: „Er hatte kirchliche Verpflichtungen welchen er heute nachkommen musste.“ Der Italiener nickte nachdenklich, sprach dann jedoch weiter: „Wegen meinem Anliegen Rodrigo...“ Tief seufzend wandte der gebürtige Spanier sich nun dem Mafiosi zu: „Ezio, leider kann ich dir momentan nicht weiterhelfen. Ich habe in den letzten Tagen niemanden gesehen.“ Tiefes Bedauern – auch wenn Ezio wusste, dass es gespielt war – schien von Rodrigo auszugehen und der Italiener seufzte nun seinerseits tief.   „Allerdings hoffe ich, dass sich dein verlorener Sohn wieder einfinden wird“, ruhig legte sich die Hand des Kardinals auf seine Schultern. Ezio hatte immer noch den Hut in seiner reichlichen verzierten Hand und nickte nun langsam: „Ich hoffe es Cardinale, ich hoffe es. Jedes Schäfchen sollte doch zu seiner Herde zurückfinden, nicht wahr?“ Ein Nicken kam seitens des Gläubigen.   Ein heimlicher Blick auf die Uhr verriet Ezio, dass er den Kardinal noch etwas aufhalten musste. Also lehnte er sich zurück und lächelte sein Gegenüber mit dem charmantesten Lächeln an was er aufbringen konnte: „Sag, ich habe gehört eure reizende Tochter feiert bald Geburtstag?Ich hoffe ich stehe auf der Gästeliste, mein Freund?“   ______________________________________________________________________   Altair stand auf einem alten brüchigen Balken und versuchte seine Balance zu halten während unter ihm 2 Mitglieder der Karabinieri durchmarschierten um die Zelle von Diego im Auge zu behalten. Das Gespräch mit Borgia schien gut zu verlaufen, Altair bekam es durch einen Knopf im Ohr mit und als Ezio das Gespräch auf Césare lenkte, wurde dem Araber bewusst, dass dieser anscheinend nicht in der Messe gewesen war.   Es war ungewöhnlich für den Borgia-Sprössling eine Kardinalsmesse zu verpassen, wo sein Vater doch so sehr darauf achtete ihn in die Priesterrolle zu drängen. Das bedeutete also höchstwahrscheinlich er würde entweder die Vase oder Diego bewachen – obwohl es logischer wäre den Gefangenen zu bewachen. Diego war gerissen und loyal der Bruderschaft gegenüber, er hätte seinen Auftrag nicht mal unter größten Foltermethoden verraten.   Altair balancierte weiter über den Balken und wartete bis beide Polizisten an der hinteren Eingangstür angekommen waren. Er hockte sich in eine einigermaßen bequeme Haltung und drehte an einem minimalen Rädchen an seiner aufgesetzten blau getönten Brille. Im Inneren seiner Gläser erschien rechts ein Rad bei welchem er zwischen Gift, Betäubung und weiteren Auswahlmöglichkeiten wählen konnte. Er wählte die Betäubungsnadeln mit einem kleinen Klicken aus und danach zoomte er dank einem weiteren Mini-Rad näher an die Personen heran. Er visierte beide Ziele individuell an und drückte noch einmal den Knopf neben den Rädern. Lautlos schossen die Nadeln aus ihrem eingebetteten Versteck an den Brillenseiten und schickten die beiden Karabinieri ins Land der Träume.   Grinsend sah Altair den Beiden zu wie sie auf den Boden glitten und öffnete die kleine Tasche, welche sich an dem Schulterpolster seines Umhängerucksacks befand. Er nahm einen Kugelschreiber heraus, hielt ihn kurz gegen den Boden, tippte einmal gegen den Mechanismus und las dann einfach auf einem kleinen digitalen Bildschirm die Distanz zwischen seiner momentanen Höhe und dem Boden ab.   8,79m.   Er steckte den Kugelschreiber wieder ein, vergewisserte sich, dass nichts unter ihm außer dem Steinboden war, und hangelte sich dann zuerst an den Balken nur um sich Sekunden später fallen zu lassen und gekonnt auf dem Boden abzurollen. Schnell trat er zu den schlafenden Männern und schnappte sich die Verließschlüsseln. Man hatte Diego tatsächlich in ein Verließ unterhalb der Basilika eingeschlossen was mehrere hundert Jahre alt war.   Schmunzelnd bewegte der Assassine sich nun weiter. Lautlos, ruhig und natürlich vorsichtig – genauso wie Jaleel es ihm mindestens 200 mal auf dem Weg hierhin gepredigt hatte. Die Gänge waren alt, rochen nach Feuchtigkeit und nassem Holz. Die Kälte und Nässe setzten sich auf seinen schwarzen Klamotten ab und vor allem die Hoodieweste schien förmlich an ihm zu kleben.   Es schien ihm als würde er durch ein endloses Labyrinth marschieren und öfters an den selben Gängen immer wieder vorbeikommen – aber es konnte auch sein, dass er sich täuschte – bis er endlich die Kerkerverließe erreicht hatte. Er versteckte sich sofort hinter der Mauer und schaltete seine Brille auf Wärmekamera um, konnte jedoch nur eine einzige Person im ganzen Raum ausmachen – und das war diejenige im hinteren Verließ.   Vorsichtig näherte er sich dem Verließ, ließ jedoch weder den Eingang noch den Raum außer acht. Erst als er halbwegs sicher war schaltete er den Wärmemodus aus und sah nun Diegos Hinterkopf, der gegen den Stangen lag während die Beine vor ihm ausgestreckt waren: „Na Césare? Zurück von deinem Selbstfindungstrip?“   Altair grinste und trat an die Gitterstäbe heran: „Haben die Borgias dir Halogene untergemischt oder warum rufst du einen Bruder mit dem Namen deines Feindes?“ Diego sprang sofort auf und sein Gesicht strahlte förmlich: „Meister Altair!“ Altair lachte und sperrte die sperrige Tür mit dem Schlüssel auf: „Lass das Meister stecken Diego.“   Diego DiLauro war eigentlich ein waschechter Italiener – er war gerade mal 1,75m groß hatte aber eine ausgesprochen freche Klappe und schwarze Haare welche immer in alle Himmelsrichtungen abstanden. Er war nicht gerade der starke und trainierte Typ sondern war eher von der flinken und wendigen Sorte.   Er grinste breit und konnte es kaum erwarten aus der kleinen miefigen Zelle auszubrechen. Er schlang die Arme um Altair und drückte ihn an seine Brust: „Ah das tut so gut dich zu sehen! Ich dachte ich wäre dazu verdammt für immer hier unten zu versauen.“ „Haben sie dir wenigstens was zu Essen gegeben?“ Diego entfernte sich kurz von Altair, immer noch die Hände fest an seinen Schultern pressend, und verzog heftig das Gesicht : „Mio Dio erspar mir die Erinnerungen daran!“ Altair lachte und pattete Diego auf den Rücken bevor die beiden Männer sich sofort auf den Weg machten das Verließ zu verlassen.   Mit einem Partner waren die Einsätze meistens leichter. Schnell hatten sie es geschafft den kompletten Weg aus dem Verließ durch das Gängelabyrinth wieder zum Hintereingang der Basilika zurückzuklettern. Altair hatte sich gerade aus der Bodenluke gehievt und sah dem Italiener zu, wie dieser sich ebenfalls hinauszog. Routiniert wollte der Araber eigentlich zum Ausgang gehen, aber Diego hielt ihn auf.   Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf und zeigte auf eine weitere Tür welche jedoch anscheinend in die Hinterräume der Basilika führte: „Ich hab noch einen Job zu erledigen!“ Altair verstand und er grinste wie ein Honigkuchenpferd. Unweigerlich musste er sich fragen ob Diegos pflichtbewusste Handeln an seine Mission zu denken von ihm selber kam oder wegen der Angst davor was Jaleel sagen würde, sollte er ohne Vase nach Monteriggioni zurückkehren.   Diego drehte sich mittlerweile auf dem Absatz um und verschwand hinter der Tür. Altair lehnte sich an den Ausgang zum Hinterhof und stellte die Lautstärke seines Ohrknopfes etwas höher. Borgia und Ezio waren anscheinend immer noch miteinander am reden. Sie schienen jedoch so langsam ans Ende zu kommen und Altair fragte sich, ob Diego es rechtzeitig schaffen würde. Minuten vergingen und spätestens als Altair das Verabschieden von Rodrigo und Ezio hörte schlich langsam die Nervosität in dem Araber hoch.   Gerade als er zur hinteren Tür marschieren und nach dem Rechten sehen wollte, öffnete sie sich und Diego trat breit grinsend heraus. Auf seiner Nase saß seine Brille und selbst seinen Rucksack schien er wiedergefunden zu haben. Das was Altair jedoch breit grinsen ließ hielt der Italiener fest in seinem Arm: die neapolitanische Vase von Papst Alexander III. „Ich denke mal Ezios Schaf ist zurückgekehrt“, murmelte der Araber mehr zu sich selber, als er mit dem ziemlich verdutzten Diego die Lateranbasilika durch einen geheimen Hinterausgang verließ. Er konnte also Morgen beruhigt wieder nach Hause fahren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)