Gedankensplitter von w-shine (100 Storys) ================================================================================ Kapitel 21: 99. Straßenverkehr ------------------------------ „Hmm…“ „Was ist los?“ „Nichts… ich sehe mich nur um.“ Sie waren wie Parallelstraßen gewesen. Ihre Leben liefen nebeneinander her, ohne dass sie sich jemals berührten oder einen Einfluss aufeinander hatten. Sie gingen auf die gleiche Schule, aber in unterschiedliche Klassen, so dass sie nichts miteinander zu tun hatten. Aber genauso wie bei Parallelstraßen konnte man die eine von der anderen aus sehen. Und so sah er sie gelegentlich und fragte sich, was in ihrem Leben so vor sich ging. „Wer ist das?“ „Keine Ahnung, aber… sie sieht schon ziemlich gut aus. Was meinst du?“ „Was denkst du, warum ich frage?“ Irgendwann änderte sich ihr Verhältnis und sie waren mehr wie Straßenkreuzungen. Er war Klassensprecher geworden und sie ebenso und so begegneten sie sich regelmäßig auf irgendwelchen Veranstaltungen, in denen es um die Belange der Schule ging. Langsam aber sicher änderten sich seine Gefühle für sie und wie ein kleines Pflänzchen am Straßenrand wuchs in ihm eine Verliebtheit heran. Aber wie es auch bei Kreuzungen war, so waren ihre Begegnung jedoch immer nur kurze Momente, nur kleine Begegnung, die schnell wieder vorüber gingen. Außerdem, so musste er zugeben, war ihr Leben wohl die Hauptstraße und er musste immer wartend an der Kreuzung stehen und zu sehen, während sie an ihm vorbei zog. Vor allem die Begleitung an ihrer Seite missfiel ihm. „Ich weiß nicht, ob mich ärgern oder freuen soll, dass morgen die Sprecherkonferenz ist…“ „Was meinst du?“ „Einerseits sehe ich sie… aber andererseits muss ich auch wieder beobachten, wie dieser blöde Kerl ihr hinterher rennt.“ Doch wie auch im Straßenverkehr gab es auch in ihren Leben keinen Stillstand und so wurde ihre Beziehung wie ein Kreisverkehr. Sie drehten sich immer wieder um einander herum, näherten sich einander an, nur um sich voneinander zu entfernen und dann in verschiedene Richtungen voranzugehen und dann wieder aufeinander zu treffen. Sie waren in der Nähe, aber nie wirklich zusammen. „Es treibt mich in den Wahnsinn!“ „Was meinst du?“ „Was soll ich denn noch machen? Wieso klappt es zwischen uns nicht?“ Irgendwann nährten sich ihre Leben an wie die Straßen bei einer Autobahnauffahrt. Sie verbrachten immer mehr und mehr Zeit zusammen und irgendwann war es endgültig: Sie waren ein Paar. Ab dort war ihr Leben wie auf einer Autobahn: Schnell, spektakulär und immer auf der Überholspur. Alles war perfekt, die Straße war frei und ohne Hindernisse und sie waren einfach glücklich. „Weißt du was?“ „Sie sieht toll aus, ist intelligent und phänomenal im Bett?“ „Ja, das auch… aber vor allem bin ich super glücklich.“ Doch irgendwann war die freie Fahrt zu Ende und sie landeten in einer Sackgasse. Sie kamen nicht mehr vorwärts und waren festgefahren und alles was vorher aufregend gewesen war, schien nun nur noch zu stören. Auch wenden war nicht mehr möglich und langsam hatte er das Gefühl, dass er sich nicht mit ihr aus diesem Stillstand befreien konnte. „Ich denke nicht, dass sich etwas ändern lässt.“ „Willst du einfach aufgeben?“ „Vielleicht ist das das Beste...“ Und alles endete mit einem Crash, einem Totalschaden. Er hätte sich nur gewünscht, dass auch das nur metaphorisch gewesen wäre und er nun nicht bei ihrer Beerdigung stehen müsste... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)