Galaktische Scharade von Tentakel ================================================================================ Kapitel 1: Heimkehr ------------------- Diese Geschichte spielt in meinem "Dragversum" - Alle Rechte 2001 - 2011 bei Iris Bergmann. ********* GALAKTISCHE SCHARADE Heimkehr Alles wirkte primitiv und einfach als Lea ihre Heimat nach vier Jahren Studium auf der Erde wiedersah. War ihr der Hof ihres Vaters, bei der Abreise, noch riesig und modern vorgekommen, so empfand sie den Anblick der Gebäude und der Landmaschinen auf den Feldern nun nur noch als primitiv. „Wie viel einfacher könnten es meine Eltern auf einer erdnahen Welt haben“, dachte sie, als sie das Schwebefahrzeug, im Innenhof des Gutes parkte. Die große Tür des Haupthauses flog auf und ihr zwei Jahre jüngerer Bruder stürmte hinaus. Lea hatte das Fahrzeug kaum verlassen, als Clive sie stürmisch umarmte, sie dann wieder losließ und frech angrinste. "So, so Kadett Lea Mendell - strafversetzt für zwei Jahre auf die primitive Heimatwelt." Leas Laune sank noch weiter. "Es war nicht meine Schuld." "Ist doch egal - Hauptsache du bist wieder hier", Clive war es egal ob Lea an dem Shuttleunfall im Erdorbit Schuld hatte oder nicht, für ihn zählte nur dass seine Schwester wieder da war. "Schick siehst du aus." Leas Mutter legte den Brotteig beiseite und wusch sich die Hände, als ihre Tochter die Küche betrat. Stolz betrachtete sie Lea, der die einfache Kadettenuniform gut stand. Und schon fand sich Lea erneut in einer Umarmung wieder, lehnte sich seufzend an ihre Mutter. "Ich werde jetzt wohl zwei Jahre bei euch bleiben müssen - und wenn ich das Wiederaufnahmeverfahren der Flottenakademie nicht bestehe wohl für immer." Lea merkte wie ihr eine Träne die Wange hinablief. "Sei stolz auf das was du geschafft hast - und ich glaube Dir dass es nicht deine Schuld war." Wie der Rest der Familie - wahrscheinlich auch der Rest der Randweltbevölkerung, hatte ihre Mutter die Nachrichten über den Unfall verfolgt. Für die Flotte war klar dass die Randweltlerin, noch dazu ein einfacher Mensch und kein genetisch hochgezüchteter Darwinist, wie der andere Pilot, Schuld an dem Zusammenprall der beiden Übungsshuttles war. Für die die Randweltler sah die Schuldfrage anders aus. Jeder hier wusste, dass Lea unter Eid nicht lügen würde, wie man es ihr vorgeworfen hatte. Für ihre Mutter, die Familie und auch die restlichen Bewohner der Welt war Lea ein Opfer - und eine Heldin. Eine Woche später flog sie das einzige Frachtshuttle des Planeten. Holte die Landwirtschaftlichen Produkte von den weit verstreut liegenden Höfen ab. Brachte Luxusgüter vom kleinen Raumhafen zu den Bauern oder spielte einfach nur Nachrichtendienst. Martin O`Hare dem das Shuttle gehörte, war froh sich nach 30 Jahren Nachrichten- und Frachtdienst zur Ruhe setzen zu können. Er hatte den kleinen, planetaren Gleiter, Leas Vater für einen guten Preis verkauft. Allerdings war Lea beim Anblick des Geschenkes ihres Vaters nicht gerade begeistert gewesen. "Danke - für einen alten Schrotthaufen - für den du wahrscheinlich zu viel bezahlt hast", Lea ging ins Haus, wissend das es ihr vater eigentlich nur gut meinte. Ihr Vater wollte ihr hinterhergehen um sie für diese Frechheit zur Rede zu stellen - aber Martin hielt ihn auf. "Jochem, lass sie, sie hatte große Träume und nun ... Na ja ich liebte den Gleiter - aber er ist eben kein glänzendes Raumflotten Schiff. Es ist ein Schrotthaufen. Kaum die drei Fässer Bier wert die du mir dafür geben hast." *** „Nun bin ich also mit einem verbeulten Gleiter unterwegs zum Hof der Carsons, um Fleisch abzuholen. Wie aufregend“, sprach Lea zu sich und den zerschrammten Steuerkontrollen. Die Carsons hatten eine riesige Rinderzucht und Lea dachte grinsend daran wie sie einmal in einem Restaurant auf der Erde ein vollkommen überteuertes Randwelt Steak von ihrer Heimatwelt gegessen hatte. Eindeutig Fleisch aus Carsons Produktion. „Um deren Gourmets Nahrung zu liefern sind wir also gut genug“, brummelte sie, als sie den Gleiter landete. Die Wochen gingen dahin. Lea gewöhnte sich an die neue Aufgabe. Ließ sogar ihr rotblondes, militärisch kurzgeschnittenes Haar wieder wachsen. Nicht aus Eitelkeit, sondern weil ihr alles egal war. Hatte sie an der Akademie peinlich auf ihr Äußeres geachtet, wurde sie nun sehr schnell wieder zur Farmerstochter. Ihre Kadettenuniform war einem einfachen, dunkelgrünen Overall gewichen. Nur die dünnen Flughandschuhe trug sie immer noch, das Steuer ihres Gleiters lag ihr so einfach besser in der Hand. Sobald sie auf den Hof ihrer Eltern zurückkehrte, schraubte sie mit Clive an dem Gleiter herum. Sehnsüchtig erwartete sie das halbjährliche Frachtschiff, mit dem sie auch zurückgekommen war, sie hatte neue Teile für den Gleiter bestellt. Selbst als der Winter einzog und die ersten Schneestürme tobten, flog sie noch. Martin und ihr Vater verstanden das nicht - aber für Lea waren die Stürme keine Herausforderung. Nachdem sie Parkers auf der anderen Seite der Welt Bauholz gebracht hatte und zum Tanken zum Raumhafen zurückkehrte, sah sie endlich den dunklen Schatten eines gelandeten Schiffes durch das Schneetreiben. „Endlich, der Frachter ist da“, dachte sie freudig und landete ihr kleines Schiff direkt daneben. Ihren Fehler bemerkte sie erst als bewaffnete Soldaten sie aus dem Schiff zerrten. "Hey lasst mich los verdammt", binnen zwei Sekunden lagen die beiden verdutzten Soldaten am Boden. Sie hatten geglaubt eine einfache Randweltlerin festzunehmen - aber diese gebärdete sich nun, wie eine Furie. Trat einem der Soldaten, der sich wieder aufrappelte zwischen die Beine und biss dem Anderen in die Hand, als er seinen Arm um ihren Hals legte, wirbelte herum und rammte ihre Faust in sein Gesicht. Dann sprang sie zurück in ihren Gleiter, zwang das Triebwerk auf höchste Leistung und raste in den Schneesturm davon. Jochem sah vom Essen auf, als vor dem Haus etwas mit brüllenden Triebwerken landete. "Viel zu groß für Leas Gleiter", dachte er alarmiert. Schon hämmerte es an der Tür. Leas Mutter öffnete die Tür und wurde fast beiseite gestoßen. Zwei Soldaten betraten den Raum. Sie trugen prachtvolle Uniformen und, was noch viel beängstigender war, entsicherte Waffen. "Nehmt die Waffen runter, wir sind nicht hier um Bauern zu erschrecken", erklang eine befehlsgewohnte Stimme. Jochem riss die Augen auf als er den Besitzer erkannte. Der hochgewachsene Mann, der nun den Raum betrat, als gehöre ihm der Hof, klopfte sich den Schnee vom bestickten Samtumhang und warf das Kleidungsstück dann über die Lehne eines Stuhls und ließ sich darauf nieder. Seine türkis Augen taxierten Jochem gelassen. "Ist dies der Hof von Jochem Mendell?" fragte der Mann überflüssigerweise. "Ja dies ist mein Hof Lord Kagan", Jochems Stimme klang brüchig. Er wusste nicht was der Darwinist auf seinem Hof wollte. Bislang kannte er ihn nur aus Nachrichtensendungen. Zwar gehörte die Randwelt zu Lord Kagans Besitztümern - aber der Lord hatte seine landwirtschaftlichen Welten noch nie besucht. Und nun saß er hier und machte den Eindruck als wäre er schon immer hier gewesen. "Frau, habt ihr kein Bier für den Lord?" herrschte einer der Soldaten Claudia an, die noch immer neben der Tür stand. Kagan grinste, "Sei doch nicht so unhöflich Igan ..." dann schenkte er Leas Mutter ein Lächeln, "aber gegen ein Bier hätte ich nichts." Lea kehrte erst einen Tag später zu ihren Eltern zurück, als sie glaubte alle etwaigen Verfolger abgehängt zu haben. Seufzend betrat sie den Wohnraum und warf sich auf eine Couch. Ihre Mutter kam herein und sah ihre Tochter mit einem seltsamen Blick an. "Hast du mir etwas zu erzählen?" fragt sie leise. Lea sah ihre Mutter an und dachte an den Vorfall am Raumhafen. "Na ja ich hatte etwas Ärger am Raumhafen, so ein paar Soldaten von einem Truppentransporter haben mich angegriffen." Claudia lachte ohne Freude. "Das war kein Truppentransporter Kind, das war Lord Kagans Schiff." Ihre Mutter ließ Lea Zeit diese Nachricht zu verdauen. Claudia lächelte. "Der Lord war sehr beeindruckt davon, dass du zwei seiner Leute besiegt hast - er schickt Dir in einer Woche ein Schiff, das dich zu seiner Heimat bringen soll ..." der Blick ihrer Mutter wurde ernst. "Er war sehr an Dir interessiert." "Ich soll in seiner Flotte dienen?" fragte Lea hoffnungsvoll. Claudia schüttelte den Kopf. "Du weißt dass er nur Leute aus seiner - Rasse - als Soldaten duldet. Er sagte, das er aus persönlichen Gründen sehr an dir sei." Lea lief es kalt den Rücken hinunter. Sie kannte das Verhalten der hochgestellten Darwinisten von der Erde. Menschen, besonders Menschenfrauen, waren für diese oft nur Spielzeug. "Nein ... ", Lea schüttelte den Kopf. "Ich bin frei und Gerome Drakes Gesetzte geben mir da recht." Claudia seufzte. "Du bist im Recht Kind, aber Gerome Drake ist weit weg und Lord Kagan - na ja du könntest es schlimmer treffen. Er sagte dir steht alles auf seiner Welt zur Verfügung. Du wolltest doch hier weg." "Ich wollte zurück in die Raumflotte und nicht das Spielzeug eines Lord Irgendwas werden", brauste Lea auf und rauschte aus dem Wohnraum. Wütend schrieb sie dem Kagan eine Nachricht und machte sich noch nicht einmal die Mühe sie zu verschlüsseln. „Ich denke ja gar nicht daran sein Spielzeug zu werden“, Die junge Frau war stinksauer. Entweder die Randwelten litten unter der Handelguilde oder unter selbstgerechten genetisch bereinigten Deckhengsten. Eine Woche später landete eine prächtige Yacht im Raumhafen. Ein großes Hoover landete kurz darauf auf Jochems Hof. "Lea ist mit ihrem Gleiter unterwegs", erklärte Claudia den beiden Soldaten, die zu Kagans Leibwache gehörten. "Darum kümmern sich zwei Abfangjäger", erwiderte einer der Beiden, "Wir sind nur hier um Leas Gepäck abzuholen." Lea bemerkte ihre Verfolger fast zu spät. Der kleine Gleiter verfügte nicht über Annährungsscanner und ein automatisches Warnsystem wie die Shuttles der Akademie. Aber die große Pilotenkanzel verschaffte ihr einen fast 360 Grad Blick auf die Umgebung und nach oben. Von dort näherten sich zwei schnelle Jäger. Lea sah dass es nicht die allerneuesten Modelle waren, trotzdem waren sie einem einfachen Transportgleiter wie dem Ihren weit überlegen. Ihr Funkempfänger piepste leise und Lea drückte auf den Empfangsknopf. "Lea Mendell, wir sind beauftragt sie zur Yacht von Lord Kagan zu eskortieren", erklang die Stimme eines der sie verfolgenden Piloten. "Wie schön für sie, ich lasse mich aber nicht einfach mitnehmen", damit drückte Lea die Nase des Gleiters nach unten. Rasend schnell kamen die verschneiten Wiesen und Felder der hügeligen Landschaft unter ihr näher. "Madam, das ist keine gute Idee", die Stimme des Piloten über ihr klang besorgt. "Keine gute Idee ist es mich einfangen zu wollen wie ein Stück Vieh", erwiderte sie und riss den Gleiter kurz vorm Boden wieder nach oben. Das Fluggerät knirschte und knackte bedrohlich. Lea wusste dass sie es über die Belastungsgrenze beanspruchte, vertraute aber auf die Verstärkungen, die sie mit ihrem Bruder in den letzten Monaten installiert hatte. Als sie wenige Meter über dem Boden dahin schoss wirbelte sie hinter sich eine große Schneewolke auf. Wissend dass die beiden Verfolger über Scanner verfügten, hoffte sie aber dass die Beiden wenigstens etwas behindert wurden. Wenigstens schwieg jetzt das Funkgerät. Aber nicht lange. Als sie die äußersten Ausläufer des großen Waldes, der zum Besitz ihres Vaters gehörte, erreichte, erwachte es wieder zum Leben. "Die Kleine ist wahnsinnig, die fliegt in den verdammten Wald ", erklang die Stimme eines der Piloten. Sie klang jünger als die erste, die sich nun wieder meldete. "Verfolgen." Lea achtete nicht mehr auf die Stimmen aus dem Funk, sie war viel zu sehr damit beschäftigt ihren Gleiter zwischen den Bäumen hindurch zu manövrieren. Da sie mit ihrem Gleiter keine Chance hatte den beiden zu entkommen musste sie es auf die traditionelle Weise, zu Fuß versuchen. Sie landete auf einer kleinen Lichtung und verfluchte sich selbst dass sie ihr Jagdgewehr zuhause gelassen hatte. So blieb ihr nur das Messer, das jeder Kadett auf der Akademie bekam. Sie steckte es an ihren Gürtel und sprang hinaus in die Kälte, rannte in den Wald hinein, wissend dass ihre Spuren im Schnee gut sichtbar waren. Hinter sich hörte sie das Geräusch einer landenden Maschine. Anscheinend wollte es einer der beiden Piloten auch zu Fuß versuchen. Die Jahre auf der Akademie und das Leben auf der Randwelt hatten Lea fit gemacht. Früher hatte sie ihrem Vater beweisen wollen, dass sie fähig war die schwersten Arbeiten zu tun und an der Akademie musste sie ihren Kameraden beweisen, dass sie als einfacher Randwelt Mensch nicht minderwertig war. So rannte sie schnell aber energiesparend durch den Wald, so wie man es sie gelehrt hatte. Zwar war sie nur ein Kadett und wurde von zwei echten Allianz Marines verfolgt, aber sie hatte nicht vor es den Beiden einfach zu machen. "Es hat keinen Sinn, bleiben sie stehen", hörte sie kurz darauf die Stimme eines ihrer Verfolger. „Er verschwendet Energie durch dummes Sprechen“, dachte sie, oder er hielt sich für derart überlegen, dass er sich diese dumme kleine Ansprache erlaubte. Nun aktivierte Lea ihre letzten körperlichen Reserven, rannte einen kleinen Hang hinauf, hörte das Geräusch des nahen Flusses und stand kurz darauf an einer kleinen Schlucht, durch die der Fluss rauschte. „Eine kleine Lustsklavin werden oder der Fluss“, dachte Lea bevor sie sprang. Vielleicht würde sie den Fluss überleben. Das eisige Wasser lähmte sie, presste ihr die Luft aus den Lungen und riss ihren Körper mit hinab zu den Stromschnellen. Lea widerstand dem Drang zu atmen, beruhigte ihre Sinne und tauchte für Sekunden auf, genug Zeit zum Luftholen, bevor sie erneut unter Wasser gespült wurde. Ihr Verfolger stand verdutzt an der Schlucht. Lea überstand die Stromschnellen und wurde vom Wasser aus der Schlucht gespült. Vollkommen entkräftet hielt sie sich über Wasser, versuchte mehrmals aus der Strömung heraus, ans Ufer zu kommen, bevor sie gegen einen Felsen prallte und sich daran hochzog. Sie hatte das Gefühl sich sämtliche Knochen gebrochen zu haben und ihr Körper fühlte sich an wie ein Eisklumpen. Sie wusste dass sie sich der heranwogenden Dunkelheit nicht hingeben durfte, aber dieses mal hatte der Fluss gewonnen. Entkräftet sank sie am Ufer in sich zusammen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)