Outnumbered von -Lelias- (Zombiecalypse) ================================================================================ Kapitel 6: Exil --------------- Offensichtlich waren Menschen, die vor einer großen Katastrophe gerettet wurden nicht ausschließlich dankbar… „Ihr könnt ja mal der Familie erklären, wieso sie kein zuhause mehr haben.“ Cat und Aaron tauschten verwirrte Blicke aus, während sie von den Bewohnern Claytons in Richtung des Rathauses gedrängt wurden. „Ich versteh nicht ganz…“, versuchte es Cat und verdrehte resignierend die Augen, als ihn, wie jedes Mal wenn er versuchte etwas zu sagen, eine alte Frau anschrie und ihn einen Lügner nannte. Der selbsternannte Bürgermeister der Stadt, Mitchell, flüsterte Aaron im gespielten Vertrauen zu, das sie nicht mehr so ganz frisch sei und die angreifenden Zombies nur dadurch verjagt hatte, weil sie denen auf die Nerven ging. „Ihr hattet hier einen Angriff?“, fragte der Blonde erstaunt und hätte sich in dem Moment für seine Dummheit schlagen können. Warum auch sonst waren alle anderen Stadtbewohner Tod oder verschwunden? Mitchell ignorierte Aarons Frage auch komplett und schloss die großen Türen des Rathauses auf. „Haben wir selber aufgerüstet, falls sich doch noch welche verstecken.“, erklärte er stolz und warf den Beiden auffordernde Blicke zu – als diese sich jedoch nicht anerkennend äußerten fuhr er ungerührt mit seinen Erklärungen fort. „Als ihr St. Louis abgebrannt habt, habt ihr euch da eigentlich mal gefragt, was mit den Einwohnern ist, die gerade nicht in der Stadt waren als ihr angegriffen wurdet?“ „Nein, natürlich nicht, was sollten wir tun? Wir hatten keine Zeit um St. Louis nach einzelnen Überlebenden, beziehungsweise nicht infizierten abzusuchen.“ „Weil euch das Schicksal einzelner gleichgültig ist!“, rief ein junger Mann und hätte vermutlich vor Cat auf den Boden gespuckt, wenn man ihn nur gelassen hätte. Der Jäger lächelte schief. „Das ist das Problem bei euch pazifistischen Weltverbesserern. Wenn du an unserer Stelle gewesen wärst, wärst du gnadenlos bei draufgegangen. Solanum infiziert dich schneller als du es überhaupt merken kannst und wenn du es bemerkst, dann ist es längst zu spät und du bist Mitglied im „Wir haben Hirn zum Fressen gern“- Club.“ Der Mann verzog wütend das Gesicht, sah für einen Moment noch aus, als wolle er Cat etwas erwidern, drehte sich aber um und verschwand mit großen Schritten in einem angrenzenden Raum. „Lasst euch von ihm nicht ärgern.“, meinte Mitchell gleichgültig und zu ihrer großen Überraschen ergänzte er: „Man kann sich eben nicht aussuchen, welche Menschen den Krieg überleben.“ Nachdem sie einer großen, hellen Treppe und scheinbar unzähligen Gängen gefolgt waren, betraten sie die Bürgerhalle des Rathauses. In ihr warteten noch weitere Menschen, Familien teilweise, oder Menschen die aussahen als ob sie nur auf der Durchreise waren. „Ich dachte, es gäbe keine weiteren Überlebenden in Clayton?“, murmelte Aaron und war sich ziemlich sicher, dass egal was jetzt passieren würde, oder wer auch immer diese Menschen waren, es würde ärger für seinen Partner und ihn bedeuten. „Dies sind Anwohner der benachbarten Städte, die Familie hier vorne, es ist Familie Dole, war zu Besuch bei Verwandtschaft im Norden, als ihr St. Louis verbrannt habt.“ Die Familie warf ihnen etwas hoffnungslose, teils angewiderte und wütende Blicke zu und wendete sich ab. „Hören sie…“, begann Cat erneut und beachtete diesmal die alte Frau gar nicht. „Wir waren in St. Louis nur auf der Durchreise, ehe wir von mehreren Untoten angegriffen wurden. Der Virus scheint sich so explosionsartig vermehrt zu haben, das die übrigen Anwohner keine Chance mehr hatten.“ Die kleine Tochter der Familie Dole ging ein paar Schritte auf Cat zu und fragte: „Und was ist mit meiner Katze? Wir haben sie bei den Nachbarn gelassen während wir weg waren…“ Cat schwieg und warf Aaron einen hilfesuchenden Blick zu. Normalerweise war es Aaron, der für die Verständigung zwischen Cat und der restlichen Welt sorgte, doch nun schwieg auch er und schüttelte den Kopf. Was sollten sie sagen? „Können wir uns mit der Familie unterhalten?“, fragte der Ältere stattdessen und hoffte etwas über die sonderbaren Umstände der Invasion in Erfahrung zu bringen. Mitchell schüttelte den Kopf. „Ich halte das für keine gute Idee. Ich will nicht ausschließen, das ihr, ohne unserer direkten Anwesenheit, nicht Opfer von Angriffen jeglicher Art werden könntet.“ „Was soll schon großartiges passieren?“ „Die Leute haben ihre Familien, Freunde und Häuser, teilweise ihre ganzen Städte verloren, ich bin mir ziemlich sicher, dass sie nur zu gern ein Ventil hätten um diese Wut herauszulassen.“ „Wie kommt es dann, dass ihr so ruhig seid?“, fragte Cat misstrauisch und witterte Schwierigkeiten auf sie zukommen. Noch trug er seine Sonnenbrille, aber er mochte gar nicht daran denken was passierte, wenn er diese absetzen müsste. „Wir wissen wie es in diesem Krieg zugeht.“, antwortete eine blonde Frau und fuhr sich durch die wirren Locken. „Als Clayton angegriffen wurde, waren wir vollkommen unvorbereitet. Klar, man hört mal von anderen Städten Gerüchte, dass es sein kann, dass uns eine Invasion bevorsteht, aber wirklich glauben kann man das nicht. Nur ein paar von uns haben es geschafft aus diesem Wahnsinn herauszukommen und mussten große Opfer bringen.“ „Wie habt ihr es dann geschafft, die Untoten los zu werden?“ „Teilweise viel Glück und geringes Geschick mit Handfeuerwaffen.“, sie grinste leicht. „Meine Freundin und ich waren im örtlichen Schießverein und, Gott segne Amerika, hat hier so gut wie jeder eine Waffe zur Selbstverteidigung im Haus. „Ich glaube der Umstand hat mehreren Leuten den Arsch gerettet.“, murmelte Aaron nun und konnte sich dennoch nicht so richtig vorstellen dass dies gereicht haben sollte. „Was mir nicht so ganz einleuchtet. Ich weiß nicht, wie viele Einwohner Clayton vor dem Angriff hatte, aber ich bin mir relativ sicher, dass es mehr als fünfzig Stück waren. Was habt ihr mit den Leichen, vor allem mit den Infizierten Leichen gemacht?“ Die Bewohner schwiegen betreten und auch die blonde Frau wandte sich lieber ab, als Aaron eine plausible Antwort zu liefern. Doch Cat schien diese schon längt für sich gefunden zu haben. „Ihr habt die Leichen in die kleineren Nachbarstädte gebracht?“ Mitchell schüttelte wortlos den Kopf. „Nicht die Leichen an sich.“ Aaron schnappte nach Luft und es lief ihm kalt über den Rücken. „Erinnerst du dich an die Werbung bei der Tankstelle und in unserer Unterkunft?“ „Das Meat-Festival. Bestes, nominiertes Fleisch...“, flüsterte Cat Tonlos und starrte den Bürgermeister voller Abscheu an. „Ihr habt eure Toten, ob Mensch, Tier, infiziert oder nicht infiziert als Fleischware an die anderen Städte verkauft und mit dem Geld habt ihr die Stadt aufgerüstet…“ Mitchell blickte zu Boden und wandte sich zum gehen um. „Das sollten wir nicht hier besprechen.“ Wenig später saßen die beiden Jäger, Mitchell und die blonde Frau im ehemaligen Büro des Bürgermeisters und besprachen die Geschehnisse. „Wir haben das relative Glück eine recht große Fleischwarenfabrik in der Stadt zu haben…“ „Und da dachtet ihr, ihr könnt einfach die Leichen verwerten? Das ist abartig und krank!“, brauste Aaron auf und wandte sich angewidert ab. „Die anderen, kleineren Städte im Süden waren auch schon verseucht und aus irgendeinem Grund, hält die Untoten der Geruch von verbranntem, verwesendem Fleisch von diesem Ort fern.“ „Solanum lässt sich auch am besten mit Feuer bekämpfen.“, stimmte Cat leise zu und drückte aufmunternd Aarons Schulter. Er wusste genau was Aaron darüber dachte und wie krank die ganze Sache an sich war. „Aber… War es denn völlig egal, was mit den nichtinfizierten Familien passiert? Was ist denn mit Familie Dole oder anderen?“ „Diese Stadt hier dient nun als Zuflucht für die Neuobdachlosen und zusammen wollten wir eine Art Festung aufbauen um uns solange gegen die Untoten zu schützen wie es nur nötig ist. Dafür dürfen die Exilsuchenden niemals erfahren, was mit den Leichen passiert.“ „Es ist einfach nur widerlich. Die Unschuldigen wussten nicht mal was sie da aßen. Oh Scheiße, wir haben dort doch auch gegessen! Wo habt ihr eure Leichen noch überall verwertet? Im Dünger? Als Verpackung, als…“ „Aaron.“, schaltete sich Cat nun ein und drückte dessen Schulter etwas fester. „Was sollten sie denn tun?“ Aaron schnappte nach Luft und starrte Cat halb verwirrt, halb fassungslos an. „Was sie hätten tun sollen? Fliehen! Es nicht tun, was weiß ich?! Wir haben St. Lois nur ausgebrannt, wobei das ist ja falsch, wir haben nur den Kern der Stadt ausgebrannt, weil sich dort das Solanum konzentriert hat und das normale Überleben in diesem Gebiet unmöglich war! Die aber, haben wer weiß wie viele Städte aufs Spiel gesetzt, nur um ihren eigenen Arsch zu retten!“ „Dafür ist diese Stadt sicher und ihr habt keine Garantie, ob sich in den Randgebieten von St. Louis nicht doch noch Solanumherde befinden.“ „Und weshalb? Weil ihr die gesamte Bevölkerung infiziert habt, so dass es nur eine klitzekleine Frage der Zeit war, bis der eingedämmte Virus mit dem frischen in Berührung kommt und alles eskaliert. Ich muss hier erstmal raus.“, murmelte Aaron kalt, schüttelte Cat’s Hand ab und verließ den Raum durch eine angrenzende Dachterrasse. Mitchell stand ruckartig auf und wollte Aaron gerade etwas hinterherrufen, als Cat ihn mit einer Geste um Ruhe bat. „Lass ihn für einen Moment. Er ist noch nicht so lange in dem Geschäft um solche Geschichten zu kennen.“ Mitchell runzelte argwöhnisch die Stirn. „Kalt wie ein Fisch. Wie kommt das?“ „Ich habe viel gesehen.“, Cat senkte leicht den Kopf und schob sich mit einer halbautomatischen Geste die Brille fester auf die Nase. „Das ist auch so eine Sache, die mich bei euch Jägern stutzig macht. Gefühlskälte, die schlimmer zu sein scheint als bei jedem Soldaten der US Army.“ Cat hob eine Augenbraue und schnaubte. „Was soll das heißen? Wir finanzieren uns selber und haben mehr Gehirn als die.“ „Das sagen sie über euch Jäger auch.“, Mitchell grinste amüsiert und griff nach einer Flasche Whisky und drei Gläsern, goss erst der Frau, dann ihnen etwas von der goldbraunen Flüssigkeit ein. „Sie trinken doch?“ „Was bleibt mir anderes übrig?“ Und damit nahm sich Cat dass Glass und ließ es unberührt vor sich stehen. Aaron stand nun draußen und fröstelte etwas, ob der inneren Kälte die sich in ihm ausgebreitet hatte. „Was ist nur aus dir geworden?“, fragte eine Stimme neben ihm und er drehte sich zu dem jungen Mann um. „Jona. Wir haben uns lange nicht gesehen, ich hätte dich fast nicht widererkannt.“ Der junge Mann lächelte Aaron zu und gab ihm höflich die Hand. „Du bist jetzt also Jäger geworden? Hast du es oben bei Mike nicht mehr ausgehalten?“ Der Blonde zuckte nichtssagend mit der Schulter und erwiderte: „Ich musste mal raus. Was machst du ausgerechnet in diesem Nest?“ „Ich war auf der Durchreise nach… Naja ich war auf der Durchreise.“, er räusperte und streckte sich, wobei die Tätowierung einer Windrose auf seinem inneren Oberarm sichtbar wurde. „Mein Vater rief mich an und bat hierher zu kommen um bei einem wichtigen Projekt zu helfen und nun bin ich hier.“ „Du hast geholfen die Untoten zu vertreiben?“ „Nein. Ich habe geholfen die Leichen zu beseitigen.“ Aaron verzog das Gesicht und wollte gerade etwas sagen, da fiel Jona ein: „Ich habe vorhin gehört, was du über die Fleischaktion gesagt hast.“ „Liege ich etwa so falsch? Das ist doch wirklich krank…“, seine Wut verwandelte sich langsam in Unsicherheit und er sah gedankenverloren zu der Tür, hinter der noch Cat mit den anderen Sprach. „Nein, sicher nicht. Wirklich nicht, vergiss nicht das ich eigentlich Vegan lebe.“ „War dir das Menschenfleisch dann nicht eh ziemlich egal?“ Jona grinste amüsiert und schüttelte den Kopf. „Blödsinn.“ Das unwohle Gefühl nicht abschütteln könnend fragte Aaron zweifelnd: „Was tust du dann noch hier? Wo ist dein Vater?“ „Oh du hast ihn schon kennengelernt, er ist der Selbsternannte Bürgermeister dieser Stadt.“ Eben dieser schenkte ihnen bereits das dritte Glas ein, bei denen es Cat immer wieder geschickt schaffte den Inhalt auf dem Teppich zu gießen, ohne das es einer der Anderen mitbekam. „Und die Stadt will uns einen Vorschlag machen?“, fragte Cat misstrauisch und schwenkte das noch volle Glas gedankenverloren in der linken Hand. „Oh ja! Die Idee ist grandios! Wir brauchen nur jemanden von Außerhalb, der viel auf Reisen ist und die Idee in die Tat umsetzt.“, ereiferte sich die Blondine, während sich rote Flecken ob der Aufregung und des Alkohols auf ihren Wangen ausbreiteten. „Und die Idee wäre?“, so langsam fragte sich der Jäger, wo sein Partner geblieben war und hörte den Ausführungen nur mit mäßigem Interesse zu. „Wenn der Geruch von verbrannten Untoten die Untoten fernhält, dann würde dies im großen Stil vielleicht alle Zombies aus Amerika vertreiben!“ „Und wie soll das funktionieren?“ Mitchell beugte sich über den Schreibtisch, blies seine Fahne zu Cat, der sich angewidert abwand. „Ganz einfach. So wie du und der Kleine es in St. Louis getan habt! Fackelt die Städte ab und sorgt dafür, das die nicht infizierten Bewohner nach Clayton kommen!“ „Das ist völliger Schwachsinn. Was ist mit den Kranken und denen, die sich weigern ihre Städte zu verlassen, mal abgesehen davon, das Clayton wohl kaum genügend Menschen aufnehmen kann.“ Mitchell seufzte und schüttelte den Kopf. „Opfer wird man wohl bringen müssen…“ „Also Unschuldige dem Solanum opfern, damit ihr testen könnt, ob eure Theorie auch langfristig funktioniert?“ „So drastisch würde ich das jetzt nicht sagen…“ Cat stand auf und verschränkte die Arme, währenddessen betraten Aaron und Jona wieder das Büro. „Hören sie mit gut zu. Sie sind nicht die ersten Menschen, die auf die Idee kamen mit Solanum zu spielen, aber glauben sie mir, es kann Dinge mit den Menschen anrichten, die weit über ihre Vorstellungskräfte hinausgehen.“ Damit nahm er seine Sonnenbrille ab, gab Mitchell und seiner Kollegin einen tiefen Blick aus untoten Augen und sagte, ohne sich abzuwenden: „Komm Aaron, wir gehen. Mit dem Mann kann ich nicht verhandeln.“ Damit setzte er die Sonnenbrille wieder auf und verließ erhobenen Hauptes das Büro, dicht gefolgt von dessen Partner und Jona. „Kommt mit, ich weiß wie wir hier rauskommen, ohne dass ihr an den Familien vorbeimüsst.“, bot Jona an und musterte Cat’s Augen fasziniert. „Wie ist das passiert?“ „Ich denke nicht, das dich das was angeht. Wer bist du überhaupt?“ „Mein Name ist Jona Mitchell, ich bin der Sohn vom Chef.“ Cat lachte trocken. „Netten Vater hast du.“ „Man kann sich seine Familie nicht aussuchen. Was habt ihr jetzt vor?“ Sie verließen das Rathaus über einen Seitenausgang und blieben zwischen mehreren Drogerie-Märkten und einem leeren Parkplatz stehen. „Weiterreisen, nehme ich an, wir brauchen nur ein Auto.“ Jona grinste und verschränkte seine Arme vor der Brust. „Ihr werdet hier keine herrenlosen Wagen mehr finden, zu gefährlich bei möglichen Angriffen. Nehmt mich mit und ich leihe euch meinen Wagen, bis ihr einen eigenen findet.“ Cat warf Aaron einen fragenden Blick zu und dieser zuckte nur mit der Schulter. Was hatten sie für eine Wahl? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)