Imperial Fortune von Lianait (Persona 4: Social Link 16.3) ================================================================================ Maximum! -------- Auch wenn sie keine Ahnung hatte, was sie ihm eigentlich sagen wollte, rannte Naoto zum Textilladen von Kanjis Mutter. In ihrem Kopf schwirrten etliche Szenarien herum und ihr Herz klopfte wie wild – ob von dem Sprint oder der Aufregung konnte sie nicht sagen – als sie sich dazu durchrang, die Ladentür zu öffnen. Kanjis Mutter war gerade dabei, einen Kunden zu bedienen, als sie eintrat. „Einen Moment bitte. Ich bin sofort bei Ihnen… oh“, sagte sie, bis sie schließlich Naoto erkannte. „Tut mir leid, aber Kanji ist nicht hier.“ Naotos Herz sank. Dieses Szenario hatte sie nicht bedacht. „Wissen Sie zufällig, wo er sein könnte?“, fragte sie nachdem sie erst einmal einen Kloß hinunterschlucken musste. „Hm“, meinte Kanjis Mutter nachdenklich. „Er sagt mir ja nie, wo er hingeht, aber er sah ein bisschen geknickt aus, als er eben kurz nach Hause gekommen ist. Vielleicht ist er am Fluss… er ist schon als Kind oft dorthin gegangen, wenn er seine Ruhe haben wollte.“ „Danke!“, rief Naoto aus und stürmte sogleich wieder aus dem Laden. In dem Moment war ihr egal, was der Kunde wohlmöglich von ihr hielt. Sie rannte den ganzen Weg durch die Einkaufsstraße zum Flussbett und warf all ihre vorher ausgedachten Szenarien erneut in ihrem Kopf um. Ihr Herz klopfte wie verrückt und ihre Lungen brannten bei jedem Atemzug, als sie den Damm erreichte. Sie benötigte nicht lange um Kanji zu entdecken; er saß direkt am Flussbett, hatte noch den Stiel eines Eises im Mund und blickte auf das sich bewegende Wasser hinaus. „Kanji…“, keuchte sie, als sie ihn erreichte und schlitternd zum Stehen kam. Vor Seitenstechen musste sie sich vorbeugen und die Hände auf den Knien abstützen. „Naoto? Ist alles in Ordnung?“, fragte er. Er stand schon fast alarmiert auf und nahm den Eisstiel aus dem Mund, um ihn in eine nahe Mülltonne zu werfen. Als sie zu ihm aufblickte, war ihr Kopf wie leergefegt. All die Szenarien, in denen sie wusste, was sie sagen wollte, waren weg. Das Einzige, das ihr auffiel, war die Tatsache, dass sie ihn nicht richtig angeredet hatte, aber es ihn kein Stück zu kümmern schien, als er besorgt zu ihr kam. „Ist was mit dem Phantomdieb?“, wollte er wissen. „Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Der ist jetzt unwichtig.“ Sie stand einfach nur da. Mit wirren Haaren und schief sitzender Mütze stand sie einfach nur da, seinen Brief zusammengedrückt in einer Hand und atmete schwer vor sich hin. Sein verwirrtes Gesicht half ihr auch kein bisschen, um einen klaren Gedanken zu fassen – wie ironisch. „Was dann?“, fragte er schließlich und machte einen besorgten Schritt auf sie zu. „Warte!“, erwiderte sie schon fast panisch und Kanji gefror mitten in der Bewegung. Sie senkte den Kopf wieder und schluckte einen weiteren Kloß hinunter, ehe sie versuchte gefasster fortzufahren. „Ich… wollte mich bei dir entschuldigen. Für vorhin“, begann sie immer noch nach Atem ringend. Zwar richtete sie sich auf, doch brachte sie es nicht wirklich fertig in sein Gesicht zu blicken. „Ich weiß, dass du mir nur helfen wolltest, aber in dem Moment…“ Sie schluckte wieder als unerwartete Wärme in ihr aufstieg. Sie brach den Satz ab und flüchtete ihren Blick auf den vorbeifließenden Fluss. Als Kanji nichts sagte, begann sie erneut zu reden. „Als Kind wollte ich eigentlich Detektiv werden, weil ich Rätsel schon immer mochte und durch die Lösung von diesen Rätseln den Menschen helfen können würde. Damals war es mir vollkommen egal, ob ich ein Mädchen oder ein Junge war. Aber in letzter Zeit hat sich alles in meinem Kopf darum gedreht, als würdiger Erbe der Shirogane-Linie erkannt zu werden.“ Oh, nein. Ich brabbele wieder völlig unzusammenhängenden Unsinn vor mich her! Immer wenn sie aufgeregt war, fing sie an ihre Nervosität mit unsinnigen Erzählungen überspielen zu wollen. Auf dem Punkt kommen, Naoto! Immerhin sah Kanji gerade nicht so aus, als würde er wirklich wissen, was sie ihm sagen wollte. Aber was, wenn sich seine Gefühle geändert haben? Was, wenn nicht?, fragte sie ihre innere Stimme. Sie holte tief Luft. „Wie dem auch sein mag… dass du dich bereit erklärt hast, mit mir nach meinen uralten, selbst gebastelten Detektiv-Werkzeugen zu suchen“, sagte sie sehr schnell, „hat mir geholfen genau das zu realisieren, genau wie die Tatsache, wie sehr ich ein Mädchen bin und dass ich nichts mehr daran ändern wollen würde. Dass es dir egal ist, ob ich ein Mädchen oder ein Junge bin und…“ Es kam ihr so vor als müsste sie ihr ganzes Herz herunterschlucken, das ihr mittlerweile die Kehle hinaufgekrochen war, als ihr Gesicht regelrecht zu glühen begann bei dem Gedanken daran, worauf sie zu sprechen kommen wollte. In ihrer Hand zerknitterte sie seinen Brief nur noch stärker. „…du mich bereits mochtest, als du noch dachtest, ich wäre ein Junge…“, stammelte sie stetig leiser werdend vor sich hin. In ihrer Verlegenheit schaffte sie es nur kurz den Blick zu heben und ihn anzusehen, aber sein Gesicht war blass geworden und sein Blick war auch nicht auf ihr Gesicht gerichtet, sondern auf ihre Hand. Vollkommen entgeistert starrte er auf den Brief und nachdem er erkannt haben musste, was es war, das sie da in der Hand hielt, röteten sich seine Wangen. „Du… ähm… hast ihn doch gelesen…“, stammelte er nicht weniger verlegen zurück und senkte ebenfalls den Blick. „Du musst nicht… also… du kannst ihn auch einfach vergessen…“ Kanji redete also auch wenn er nervös war. Naoto musste auch in ihrer Verlegenheit gegen ein Lächeln ankämpfen. „Kanji?“, sagte sie und ließ dieses Mal mit Absicht das „-kun“ weg. Als er mit einem unsicheren schiefen Blick aufschaute, konnte sie das Zucken ihrer Mundwinkel nicht mehr unterbinden. „Sei bitte einfach still“, meinte sie und holte ein weiteres Mal tief Luft. Schnell machte sie zwei Schritte auf ihn zu, ehe sie der Mut verließ. Völlig überrumpelt ließ der über einen Kopf größere Kanji es geschehen, dass sie ihn an seinem T-Shirt zu sich hinunter zog, auch wenn sie sich trotzdem auf ihre Zehenspitzen stellen musste. Sie sah noch sein überraschtes Gesicht, ehe sie die Augen schloss und ihre Lippen auf seine legte. Als sie Kanji küsste, konnte sie noch das Zitroneneis schmecken, das er zuvor gegessen haben musste, und fühlen, dass seine Lippen erstaunlich weich waren. Da er stocksteif dastand und sich nicht bewegte, hatte sie einen Moment lang Angst, dass sie zu weit gegangen war, doch dann konnte sie zögerlich seine Hände an ihren Schultern fühlen. Als sie sich schließlich von ihm löste, sahen sie sich beide verlegen in die Augen, doch Kanji wandte zuerst den Blick ab und ließ einen unverständlich gebrummten Räusperlaut vernehmen, den sie eher fühlte als hörte, als er sie in die Arme schloss. „Warum sagst du nichts?“, wollte Naoto nervös wissen. „Du hast doch gesagt, ich soll still sein“, erwiderte Kanji mit roten Wangen und blickte stur geradeaus. Mit einem scheuen Lachen erwiderte sie seine Umarmung und konnte durch den Stoff seines T-Shirts seinen schnellen Herzschlag an ihrer Wange fühlen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)