Freaks of Nature von sailor_muffin ================================================================================ Kapitel 21: Fall abgeschlossen ------------------------------ Seit den frühen Morgenstunden saß L vor dem Computer, schaufelte Süßigkeiten in sich hinein und vergrub sich mit wachsender manischer Verzweiflung in den Jinx-Fall. Watari hatte ihn ins Bett gebracht und war die ganze Nacht stumm neben ihm gesessen, während Ls Gedanken kreisten und kreisten, bis der Anruf mit den Neuigkeiten aus New York kam. Fälle waren normalerweise eine gute Ablenkung für L, aber jetzt schien es völlig sinnlos. Ständig schoss ihm durch den Kopf, was Light wohl zu diesem oder jenem Punkt sagen würde, wie er auf diesen zweiten Kira und seine Vorgehensweisen reagieren würde, wie gut er seine Fassade aufrechterhalten könnte angesichts des neuen Mitspielers und... der Ereignisse... zwischen L und ihm... Light, warum hatte er das nur getan? Warum hatte er nur zugelassen das L das tat? War das ein Spiel für ihn? Ein ausgefeilter, manipulativer Machtkampf? Wusste er was er in L damit angerichtet hatte? Natürlich wusste er es. Natürlich war das alles nur Theater gewesen, wenn auch das überzeugendste das Light bisher geliefert hatte. Was sollte es denn sonst sein? Sein Blick fiel auf einen schmalen Wandspiegel. Ein zusammengekauertes, krummes Ding mit struppigen Haaren und Schokolade um den Mund verschmiert. Was sollte jemand wie Light nur von ihm wollen? Jemand der eine so überirdische, magnetische Schönheit besaß? Wieso sollte dieser perfekte, brilliante Mensch sich von ihm angezogen fühlen? L war klug, gebildet, ja, aber bei allem anderen war er extrem ungeschickt und unwissend, um nicht zu sagen abstoßend. Wenn es Light also nur um Kontrolle seines Gegners ging, und jetzt Jinx aufgetaucht war... würde er versuchen L so schnell wie möglich loszuwerden um den sehr viel ernst zu nehmenden und nützlicheren zweiten Kira für sich zu gewinnen. Zwei Kiras gemeinsam... wenn es dazu kommen würde, war L so gut wie tot. Wenn Light sich doch nur nicht so ehrlich, so heftig anhören würde... Dass er auch noch beschlossen hatte ihn anzurufen und zu verlangen wieder einsteigen zu dürfen, machte die ganze Sache auch nicht leichter. L versuchte ruhig und logisch zu bleiben, sachlich zu argumentieren mit all den Sätzen, die er sich die Nacht lang wieder und wieder gesagt hatte. Selbst wenn man annehmen würde dass Light... Emotionen ihm gegenüber hatte Etwas wie BB durfte sich nie wiederholen. Er war der Ältere, Erfahrenere. Er musste die Verantwortung übernehmen. „Mach bitte die Tür auf.“ hörte er Watari nochmal von der anderen Seite der Badtür. L blickte dumpf auf sein Handy, ließ es zu Boden fallen und zertrat es mit aller Kraft mit seiner Ferse. 'Leb wohl, Light...' Mit einem letzten Blick auf das, was der verführerische Draht zu Light gewesen war, schloss er die Tür auf. „L, was... was ist mit dem Handy passiert?“ L humpelte leicht aus dem Bad, diese Handys waren doch um einiges stabiler als er gedacht hatte. „Ich habe mich an moderner Kunst versucht. Soweit ich es beurteilen kann, ist es kein schlechter erster Versuch. Fahren wir fort? War nicht gerade die Rede von einer Analyse?“ Seufzend folgte Watari ihm zurück in das Wohnzimmer. Stunden verstrichen quälend langsam. L fühlte sich als würde er durch Treibsand waten, immer schwerer wurde jeder Schritt und immer tiefer sank er in eine lähmende Tiefe. Sein Magen rebellierte gegen die Flut an Zucker, den er jetzt schon direkt aus der Dose löffelte. Die Energie und Konzentration blieben trotzdem aus. Wataris Handy klingelte leise. „Ja, bitte.“ L blickte auf, hoffte inständig auf neue Informationen, irgendetwas das seinen Gedanken einen neuen Anstoß geben könnte. Watari verstummte und sein Gesicht erstarrte. Die Person am anderen Ende redete und redete, es schien kein Ende zu nehmen. „Was ist passiert?“ fragte L. Watari gab ihm keine Antwort. Stattdessen redete er drängend ins Telefon. „Aber können wir uns sicher sein, dass es wirklich Mello war?... Ja, ja, ich verstehe aber...“ Mello... L hatte vage Erinnerungen an einen Mello, ein slowenischer Junge mit blonden Haaren und einem recht, nun ja, ungestümen Temperament. Außerdem war er einer der besten Schüler seiner Generation, nur übertroffen von... „Das ergibt doch alles keinen Sinn! Warum sollte Near das tun?...“ „Watari, was ist passiert!?“ Die anwesenden Polizisten fingen an sich umzudrehen, L bemerkte es kaum. Irgendetwas Schlimmes war passiert, mit seinen Nachfolgern, seinen Schülern, schon wieder... „Ich rufe zurück, Roger. Ja, alles ist in Ordnung, sein Handy ist nur defekt.“ Watari legte auf, seine Hände zitterten. L war aufgesprungen und nahm Sie zwischen seine Schmaleren, dachte an A und B und an die ganzen Jahre Arbeit und all die furchtbaren Dinge die sie nicht verhindern konnten. Wie konnte er nur daran denken Watari und die Wammy-Kinder zu verlassen? Er war für sie verantwortlich. Sie brauchten ihn. „Watari...“ flüsterte er. „Mello ist in Nears Büro eingebrochen, hat einen seiner Assistenten erschossen, große Teile der Elektronik zerstört und ihn mitgenommen. Der andere Angestellte, Commander Rester, hat überlebt. Aber wir wissen nicht... Es ist Rester ein Rätsel warum Near Mello zu sich gelassen hat, warum er Hilfe von ihm wollte...“ „Warum? Es ist zwar nicht üblich dass sich die Kinder aushelfen, aber Rester konnte... Wobei wollte Near Hilfe? Soweit ich mich erinnern kann waren sowohl Mello als auch Near nicht sehr teamfähig. Besonders in Kombination.“ „Das...“ Watari stockte. Es fühlte sich an als würden Ls Eingeweide langsam zufrieren. Hier stimmte etwas nicht. „Was ist passiert?“ Er verstärkte den Griff um Wataris Hände. „Sag mir sofort was hier los ist, oder ich werde Roger anrufen und es selbst herausfinden.“ Watari warf einen Blick auf ihr verstörtes Publikum. „Sollten wir das vielleicht woanders...?“ „NEIN! Ich will es jetzt gleich hören! Was verschweigst du mir?“ Einen Moment blitzte in Wataris Augen 'Theodore Jones' auf, Geheimagent und professioneller Scharfschütze ihrer Majestät. Dann war er wieder verschwunden und vor L stand nur ein alter, erschöpfter Mann. „Mello hat damals das Haus gemeinsam mit seinem Freund Matt verlassen. Er hat jede Art von Hilfe abgelehnt und ist untergetaucht. Gerüchten zufolge hat er sich für eine kriminelle Laufbahn entschieden. Aber die Beweise waren nicht stichhaltig genug und alles befand sich noch im tolerierbaren Rahmen, deswegen wurde eine aufwendige Aktion noch aufgeschoben...“ „Tolerierbarer Rahmen? Was ist das heutzutage? Dass er keine brutalen, willkürlichen Morde begeht um mir kleine Nachrichten zu hinterlassen? Dass man Mello nicht auf uns zurückverfolgen kann?“ L trat angewidert zurück. „Warum wusste ich nichts davon!? Warum hat mir niemand auch nur ein Wort davon gesagt!?“ „Nach dem letzten Vorfall...“ Warf Watari verzweifelt ein. „Und so hast du beschlossen mich im Dunkel zu lassen! Gibt es noch irgendetwas dass ich wissen sollte? STEHT Wammys Haus überhaupt noch?“ Watari sah ihn mit trüben Augen an. „Ich hatte Near beauftragt, den Kira-Fall zu studieren, um ihn eventuell zu übernehmen. Und daraufhin hat er Mello, ein bekannter Verbrecher in New York, der anscheinend schon längere Zeit aus unbekannten Gründen damit beschäftigt war, Nears Standort herauszufinden, zu sich eingeladen. Er musste doch gewusst haben wie das enden würde. Ich verstehe nicht...“ „Du hast Near meinen Fall gegeben?“ L konnte es nicht glauben. Es war zu surreal. „Du weißt doch so gut wie ich dass du nicht mehr fähig bist diesen Fall weiterzuleiten. Persönliche, emotionale Bindungen zerstören jeden Versuch von Objektivität.“ „Du hast mir meinen Fall weggenommen, ohne mir etwas davon zu sagen! Hattest du vor mich irgendwann einzuweihen?“ Near sollte den Fall bekommen, sollte all seine Daten bekommen, sollte LIGHT bekommen? Watari hatte das einfach entschieden. Und L hatte nicht einmal die Chance bekommen, zu protestieren. „Und jetzt hat Mello Near entführt? Wieso?“ „Das wissen wir nicht...“ „Und wie sieht der weitere Plan aus?“ „Wir werden den Nächsten in der Reihe beauftragen müssen, soweit ich mich erinnern kann dürfte es ein Mädchen namens Linda sein...“ „Ihr wollt einfach den Nächsten nehmen? Einen nach dem Anderen, wie vom Laufband? Ist es das, was wir jetzt tun?“ „Mello ist hochintelligent, seine Ergreifung würde Mittel benötigen, die wir jetzt nicht entbehren können. Diesen Fall zu lösen ist um ein vielfaches Wichtiger, allein die Anzahl der Menschen die mit jedem Tag, den wir den Mörder nicht stellen, sterben...“ „Stop. Hör auf.“ flüsterte L. Er drehte sich zu den Polizisten um, erwartungsvolle, verwirrte Blicke. „Meine Herren, ich danke ihnen für ihre wertvolle Arbeit. Hiermit ist das Team aufgelöst. Sie können wieder in das Polizeipräsidium zurückkehren.“ „Was...?“ „Ah...Aber...“ „Die Bearbeitung des Falls ist von meiner Seite her abgeschlossen. Ich wünsche einen Guten Tag.“ Mit viel Gemurmel und fragende Blicke an Watari leerte sich das Zimmer. „Das gilt auch für dich.“ L warf Watari einen eisigen Blick zu. Der Mann nickte nur kurz und drehte sich an der Tür noch einmal um. „L. Ich meine, was ich dir gesagt habe. Ich werde dich nie verlassen. Alles was ich getan habe, war aus Sorge und Zuneigung zu dir. Vergiss das bitte nicht. Wir werden später weiter reden.“ „Geh einfach.“ L konnte es nicht mehr ertragen, ihn anzusehen. Außerdem hatte er jetzt Wichtigeres zu tun. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)