Wer suchet, der findet. von haki-pata (Ob der Fund zur Suche passt ist eine andere Sache) ================================================================================ Kapitel 65: Armesünder ---------------------- ()Bei einer Kollegin in Uniform für die Mitfahrgelegenheit im Streifenwagen bedankt und das Departement der Southern Bay City Police betreten sieht Julian sich staunend um. Ihm wird bewusst, wie armselig das Dreizehnte Revier ist. An den Wasserspender vorbeigegangen macht er direkt die paar Schritte zurück und beguckt sich die Flüssigkeit im Inneren des Spenders. Klar, sauber und trinkbar. Ganz im Gegensatz zu dem, was sein eigenes Revier bereithält. Die grünliche trübe Brühe dort beherbergt – Garantiert! – irgendetwas Lebendiges. Julian bedient sich am Wasser, schnuppert an dem gefüllten Pappbecher und nimmt in aller Vorsicht einen kleinen Schluck. Klar, sauber und trinkbar! Den Becher daraufhin eilig geleert, neuerlich gefüllt und ebenso hastig ausgetrunken und im Abfallkorb entsorgt geht er weiter, fragt sich nach Aarons Schreibtisch durch und wartet dort. Von seinem Schatz ist nichts zu sehen. Im Loft hat dieser überall aufgeräumt und hier ist es nicht minder ordentlich, wie Julian an der Tischplatte erkennt. Nichts liegt herum und alles hat seinen Platz. Ein bohrendes Gefühl im Rücken bedeutet Julian, er wird beobachtet. Ohne Scheu sieht er sich nach diesen Blicken um. Zwei Kollegen in Anzügen machen aus ihrer Neugier keinen Hehl. Den Namensschildern auf deren Schreibtischen nach sind das die Detectives Shawn McCormick und Emilio Disisto. Von jenen hat Julian in der Zeitung gelesen. Es ging um den – von den Medien so titulierten ‚Krüppel-Killer‘. Das dazugehörende Bild der beiden Beamten war mit Sicherheit geschönt. In natura sehen die beiden… bescheuert aus. Gut… Das Äußere gilt nichts. Abwarten und später ein Urteil bilden. Einer der Anzugträger kommt auf ihn zu und schiebt sein Jackett zurück, legt seine Waffe im Gürtelholster frei und baut sich vor Julian auf. Eine Musterung von oben herab fällt aus, denn Julian baut sich nicht weniger auf, ist größer und zeigt sich völlig unbeeindruckt von Aarons Kollegen. „Detective.“ grüßt er diesen unpassend freundlich und bildet sich sein Urteil. Nicht nur das Aussehen ist bescheuert.() „McCormick! Schleich dich!“ scheuche ich meinen Kollegen von meinem Schreibtisch. Sein Verhalten gefällt mir nicht. Will er sein ‚Revier‘ abstecken? Oder hält er Julian für einen Verbrecher? „Das ist ein Kollege vom Dreizehnten!“ erkläre ich gnädigerweise. Vorstellen werde ich meinen Schatz aber nicht. Ist auch völlig unnötig. Das erledigt meine Vorgesetzte. Lautstark. „Officer Aparo! Detective Meyers! In mein Büro! Zack!“ „Oha.“ rutscht mir heraus. „Gleich lernst du meinen Captain kennen.“ Von ihrer besten Seite…? Was uns erwartet ist sicherlich das von dieser… Unperson angedrohte Nachspiel. Keine Minute später stehen mein Schatz und ich vor dem Schreibtisch Captain Brace. In aller Höflichkeit hat sie Julian begrüßt, wieder Platz genommen und guckt uns abwechselnd an. Tief Luft geholt beginnt sie auch schon. „Officer Aparo. Detective Meyers. Wie mir berichtet wurde… Sie beide…“ Ihr gestrenger Blick wandert wieder von einem zum anderen. „… haben unserer Profilerin…“ Da ist ein winziges Schmunzeln in ihrem linken Mundwinkel. „… die Pumps vollgereiert.“ Der Blick ist nicht mehr ganz so gestreng und das Schmunzeln wird deutlicher sichtbar. „Was möchten Sie mir dazu sagen?“ Julian tritt vor. „Captain Brace… Ich konnte den Anblick nicht ertragen.“ bringt er zu seiner Rechtfertigung hervor. „Mit einem Mal überkam es mich einfach.“ „Ging mir genauso.“ schlage ich in die gleiche Kerbe. „Der Anblick war barbarisch, der blanke Horror und kaum zu ertragen.“ verdeutliche ich außerdem. „Ich sage Ihnen, Captain! Der Anblick bedeutet einige Nächte die schlimmsten Alpträume.“ Hier trage ich nicht zu dick auf! „So, so…“ Captain Brace reibt sich das Kinn und ihr Schmunzeln ist nun ganz offen als solches zu erkennen. „Und welcher Anblick genau? Den des Toten oder den der Carol Artus?“ Mein Schatz hüstelt. „Nun ja, Madam…“ fängt er an, hüstelt wieder und senkt den Kopf. Lügen will er nicht, es ist ihm anzusehen. Mit der Wahrheit herausrücken will er genauso wenig. Ich kenne meine Vorgesetzte länger. Ehe das hier in einem Kreuzverhör endet rücke ich mit der Wahrheit heraus. „Der Anblick der Artus-Tussi.“ erkläre ich glattweg und habe Recht. Den Kopf weiterhin gesenkt stimmt Julian nonverbal zu. „Immerhin haben wir ihr nur auf die Schuhe gespuckt.“ stelle ich klar. „Den Rest hat sie ganz allein…“ Die gehobene Hand meiner Vorgesetzten unterbricht mich. „Ich komme nicht umhin, Sie beide zu bestrafen.“ kündigt sie an. „Beide! Bestrafen!“ „Ja, Madam.“ erwidern Julian und ich unisono. „Gut.“ Captain Brace guckt uns ein weiteres Mal abwechselnd an. „Sie werden gemeinsam für die Reinigung des Kostüms und der Schuhe aufkommen.“ entscheidet sie, stemmt sich aus ihrem Sessel und hebt einen Zeigefinger. „Und!“ verlangt sie streng, was in Anbetracht der Geste äußerst beunruhigend wirkt. Julian und ich schlucken sogar gleichzeitig. Etwa eine Entschuldigung? Das würde der Artus-Tussi gefallen und sie würde jeden von uns jede Sekunde unseres restlichen Daseins daran erinnern. Weit über den Fall hinaus. „Und!“ fängt meine Vorgesetzte neuerlich an. „Sie sehen jetzt gefälligst betraft aus.“ Kurz offenbart sie ein belustigtes Lächeln und überprüft, ob Julian und ich bedröppelt genug wirken. Zufrieden mit der Armesünder-Mimik unsererseits schickt uns Captain Brace hinaus. Hätte schlimmer laufen können. Der Captain hat nicht verlangt, Julian und ich müssen uns vor dieser… Unperson entschuldigen. Ich könnte jubeln. Die da hat sich bei meiner Vorgesetzten massiv unbeliebt gemacht. An meinem Schreibtisch angekommen erwartet Julian und mich die Häme von McCormick und Disisto. Unverblümt ziehen sie über uns her und machen sich lustig. Das bedeutet klipp und klar: Unsere Armesünder-Mimiken wirken sehr überzeugend. Gäbe es dafür eine Auszeichnung, wäre uns diese sicher! „Haltet die vorlauten Fressen, ihr Nichtskönner!“ herrscht Berger, verpasst jeden der zwei beim Vorbeigehen einen Boxhieb und stellt sich zwischen Julian und mir. Er hält ein Foto in der Hand und in die Höhe und mit der Armesünder-Mimik ist es vorbei. Mein Schatz und ich grinsen. Diese… Unperson mit bunten Bröckchen auf ihrem Outfit. Der Schnappschuss ist sogar richtig gelungen. Einen Abzug davon rahme ich mir ein! „Wo ist die da eigentlich?“ horche ich nach. „Hat sich wegen Unwohlsein nach Hause bringen lassen.“ weiß mein Partner zu berichten. „Wir haben also freie Bahn. Jen und Sergeant Hollister habe ich angerufen. Sind beide hierher unterwegs.“ Er schnalzt mit der Zunge. „Jen war angepisst, nicht bereits zum Tatort gerufen worden zu sein.“ „Nehme ich auf meine Kappe.“ Ich leite die Ermittlungen und das gehört dazu. „Dafür kannst du nichts.“ hält mein Partner dagegen. „Wurde nicht weitergegeben und das sage ich ihr auch.“ Gestern hätte ich noch gedacht, Gerrit Berger würde es freuen, kriege ich – zu welcher Gelegenheit auch immer – einen auf den Deckel. Das Gespräch zwischen uns hat mehr geklärt, als es ein Gewittern tun könnte. „Danke. Ich nehme es dennoch auf meine Kappe.“ Julian legt meinem Partner eine Hand auf dem Arm. „Waren Sie schon in der Pathologie, Detective? Ist der Tote mittlerweile zweifelsfrei identifiziert?“ Berger nickt. „Es ist Hänschen Kline.“ „Das hat er nicht verdient.“ sagt Julian, verschränkt seine Arme vor der Brust und senkt den Kopf. „Und die Kids von der ‚Grauzone‘ auch nicht.“ Er holt tief Luft. „Keiner der Opfer hat das verdient.“ Weder mein Partner noch ich wissen etwas Tröstliches zu sagen und ich muss mir Zweifel eingestehen, dieses Irren wirklich je zu fassen zu kriegen. ()Streife gehen, Verkehrskontrollen, Strafzettel schreiben, an Absperrbändern Wache halten… Mehr hat es in Julians bisheriger Arbeit als Polizist nicht gegeben und niemals zuvor ist er mit dieser Art von Verbrechen aus nächster Nähe konfrontiert worden. Nachdenklich fährt sich Julian durch das Haar. Weder will er für alle Zeit in Bronkston, noch in der Uniform bleiben. Nach allem erlebten ist er sich nicht sicher, überhaupt weiterhin Polizist sein zu wollen. „Detective Meyers…“ richtet er das Wort an Aaron. „Warum genau bin ich eigentlich hier?“ Sein Schatz lächelt entschuldigend. „Hab vergessen es Ihnen zu sagen, Officer Aparo.“ Er hüstelt. „Sie sind mein Experte für Klingen aller Art.“ „Oh…“ macht Julian. „Tja, Kleiner…“ Detective Berger piekt ihn in die Seite. „Selbst Schuld. Officer Doktor Aparo.“() Nicht nur Julian sieht überrascht zu meinem Partner. Berger grinst verwegen und wackelt mit den Augenbrauen. „Hab ein bisschen seinen Hintergrund gecheckt.“ Sein Grinsen wird breiter. „Bin Bulle und darf das.“ „Was kriege ich wohl alles zu wissen, wenn ich deinen Hintergrund checke?“ frage ich und nehme mir vor, das zu tun. Und nicht nur ‚ein bisschen‘! Mein Partner wackelt nur wieder mit den Augenbrauen. „Dir täte sich ein Abgrund auf.“ scherzt er und zieht ab, Richtung Toiletten. „Ich tu’s!“ rufe ich ihm nach, woraufhin mein Partner nur eine Hand hebt und winkt. Ich tue es wirklich! Das aber später. Julian angesehen deute ich mit dem Daumen Richtung Flur. „Tja, Officer Doktor Aparo. Für uns geht es in den Leichenkeller.“ erkläre ich und höre ein weiteres „Oh…“ Erfreut klingt das nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)