Wer suchet, der findet. von haki-pata (Ob der Fund zur Suche passt ist eine andere Sache) ================================================================================ Kapitel 51: Stecknadel im Heuhaufen ----------------------------------- So gut wie jeder von euch hat sicherlich mal die eine oder andere Krimi-Serie gesehen, in der ein Pulk von forensischen Wissenschaftlern mit Knowhow und technischen Raffinessen auf Spurensuche geht. Ist bei dem Päckchen nicht anders und ich kriege mit, wie Charlene sämtliche Weißkittel des Departements mobil macht. Mir war gar nicht bewusst wie viele Laborleute hier beschäftigt sind, bis die ganze Meute aufschlägt. Zu gern würde ich behaupten – einzig und allein aus purer Bequemlichkeit erspare ich euch und mir die Vorgehensweise der ganzen Tests. Ist leider nicht so – die Arbeit im Hintergrund ist für mich höchst spannend, vor allem der technischen Raffinessen wegen – denn Charlene hat mich hinausgeworfen. Mit den Worten: „Du stehst im Weg, Detective! Du hast gleich Feierabend!“ Direkt gefolgt von einem: „Ich melde mich, wenn ich was finde. Und zwar bei deinem Partner!“ „Äh...?“ Das ist mit Sicherheit meine heute am häufigsten gemachte Aussage. „Geht ihr nicht essen? Du und…?“ „Meine Arbeit geht vor!“ schneidet mir unsere Pathologin das Wort ab. „Vielleicht hat er ja Interesse, mir bei meiner Arbeit zuzusehen.“ ergänzt sie und lächelt. „Du hast doch auch ein Date, hm?“ Ihr verschwörerisches Zwinkern begleitet diese gefragte Feststellung. Wie könnte ich das vergessen, mag es Charlene aber nicht auf die Nase binden. „Na ja… Möglich.“ murmele ich ungenau und werde unsanft von ihr aus dem Leichenkeller geschoben. Beschwerden kann ich vergessen. Vor meiner Nase macht sie die Tür zu. Nachdrücklich. Das „Und du bleibst draußen!“ musste wirklich nicht sein. Ich will hoffen, die meisten haben diese Serien gesehen. Dann eben was anderes. Mit Herz und Lendenregion schon bei Julian ist mein Verstand noch hier im Departement. Und damit die Achtsamkeit, dieser… Unperson nicht in die Hände zu fallen. In aller Vorsicht bewege ich mich vorwärts. Von Wand zu Wand schleichend, von Ecke zu Ecke huschend, unter und zwischen Schreibtischen kriechend – Ich werde von meinen Kollegen ein wenig sparsam angesehen und habe nicht einmal eine Ausrede parat! – bis ich meinen eigenen Arbeitsplatz erreicht habe. Noch einmal umgesehen – Ich atme erleichtert auf! – nehme ich auf meinen Schreibtischstuhl Platz. Das „Freiheit! Oh, du süße Freiheit!“ kann ich mir nicht verkneifen. Die da ist nämlich gerade sonst wo und mit sonst was beschäftigt. Vielleicht bei Bürgermeisterin und Commissioner schleimen. Oder jemandes Leben zerstören. Mein Partner steht mit Officer Ferric bei Detective Ivy Jones und alle drei arbeiten mit dem Programm für Phantombilder. Den Stuhl unter meinen Hintern rolle ich neben das Trio und wohne der Entstehung des Phantombildes bei. Kaum erkennbar, mit tief ins Gesicht gezogener Allerwelts-Schirmmütze und dunkle große Gläser habender Allerwelts-Sonnenbrille. Toll. Das könnte sogar mein Postbote sein. Oh. Moment. Könnte nicht. Ich habe eine Postbotin. Hm. Die Ähnlichkeit ist frappierend. Die Stimme ist immer elektronisch verzehrt. Sollten wir in dem Fall nicht auch eine Täterin in Betracht ziehen? Und dann ausgerechnet meine Postbotin? Dermaßen irre kam sie mir nie vor… „Irgendwelche besonderen Kennzeichen? Narben im Gesicht? Piercing in Ohren, Lippen und Nase?“ erkundigt sich mein Partner gerade und Ferric überlegt. „Nein.“ erwidert sie. „Nichts von alledem.“ „Die Haarfarbe?“ fragt Berger weiter. „Konnten Sie die erkennen?“ „Oh… Die waren kaum sichtbar. Aber… Schwarz.“ „Statur?“ mische ich mich ein. Officer Ferric stellt wieder den Denkapparat an. „Groß. Größer als Sie, Detective Meyers. Na ja… Nicht viel. Fünf Zentimeter würde ich sagen. So circa eins dreiundneunzig. Gewicht ungefähr hundert Kilo, sah aber durchtrainiert aus. “ „Das ist ja schon mal was.“ lobe ich und mache direkt weiter. „Die Kleidung? Da etwas Besonderes? Marken-Klamotten?“ Wovon ich partout keine Ahnung habe. Darin ist Lars der Experte. „Oder… Waren die Sachen gebraucht? Abgetragen? Körpergeruch? Da was auffälliges? Oder zu viel Deo? Oder…“ Bald gehen mir die Ideen aus und ich habe nur noch in petto: „Hat er gelächelt? Wurde eine Zahnlücke sichtbar? Oder ein auffälliges Gebiss? Schlechter Atem?“ „Die Kleidung…“ Eine kurze Denkpause. „Ein brauner Overall. Gebraucht zwar, aber sauber. Und das war so einer, wie von einer Montage-Firma. Oder Klempnerei. Ansonsten schien alles ziemlich normal.“ „Klasse, Officer!“ ist nun mein Partner an der Reihe zu loben. „Was fällt Ihnen sonst ein?“ „Gerochen hat er angenehm.“ weiß die junge Polizistin zu berichten. „Nicht aufdringlich. Einfach nur wie… Frisch geduscht. Und an seinem Lächeln war auch nichts besonders.“ Berger nickt, ich nicke. Wir lassen uns von Detective Jones Bilder ausdrucken und betrachten diese. „Kommt er dir bekannt vor?“ fragt Berger. „Mit viel Fantasie… Ein Elvis-Imitator mit Mütze.“ sage ich. „Jau.“ stimmt mein Partner zu. „Ein hässlicher Elvis-Imitator!“ „Hast du eine Ahnung, wie viele Anrufe und Hinweise wir dafür kriegen?“ seufze ich, falte das Blatt zusammen und stecke es ein. „So einen hat doch jeder schon mal gesehen.“ „Jau.“ Mein Partner nickt und macht das gleiche mit seinem ausgedruckten Exemplar. „Vor allem, weil Elvis noch lebt!“ Da sage ich lieber nichts. Widerspruch heißt ein Wortgefecht auslösen. Soweit ich weiß war Elvis Presley ein Sänger und Schauspieler. Und für meinen Kollegen ist dieser Mann – egal wie tot – eine Art Heiliger. Berger stupst mich gerade. „Du hast Feierabend!“ meint er. Mich beschleicht gerade das Gefühl - erst Charlene, dann Berger wollen mich loswerden! Das Gefühl bestärkt sich als mein Partner mich neuerlich stupst. „Na mach schon und hau ab. Du hast doch so was wie ein Privatleben, oder?“ Er nickt, als er mich grinsen sieht. „Wusste ich es doch! Wieder so eine heiße Schnalle, hm?“ Mein brandheißer Schnallerich! Oh ja! Gut… Wenn ich denn unbedingt gehen soll, gehe ich eben! Von allen verabschiedet mache ich mich auf den Heimweg. An meinem Wagen greife ich nach meinem Schlüssel, dabei kommt mir das Phantombild unter die Finger. Aus meiner Tasche gezogen und auseinandergefaltet betrachte ich es und rufe mir die Beschreibung in Erinnerung. Schwarzhaarig, ein bisschen größer als ich und durchtrainiert. Fast könnte man meinen, hier handelt es sich um Julian. Ich spinne den Faden weiter – fast schon gegen meinen Willen. Mein Schatz war in der fraglichen Zeit nicht Zuhause, als Lipinski sein unrühmliches Ende fand. Eine – mit scharfer Klinge – durchtrennte Kehle beendete das Leben des Chiefs. Als Julian in den Dojo kam, hatte er ein Wakizashi in der Hand. Wie ich gesehen und erlebt habe ist er ein Meister im Umgang mit dieser Waffe – genauso wie mit dem Katana. Von beidem hat er eine ordentliche Sammlung! Eine Hand hat mein Schatz nicht bevorzugt – weder beim Kampf, noch beim Sex – darum vermute ich, er ist bimanuell. Links- und Rechtshänder. Technisch versiert ist er außerdem! Rock-Song als Klingelton und Freizeichen. Ja. Das nenne ich technisch versiert. Echt mal! Wer bitte schön hat euch zu meinen Überlegungen eingeladen? Hm? Ah ja. Gut. Dann bleibt um der Götter Willen hier. Aber: Ruhe jetzt! Wer es wagt und dazwischen ruft… Loch – im – Bauch! Klar? Ich fasse zusammen: Die Beschreibung passt auf Julian. Mit mehr oder weniger Phantasie. Die Möglichkeiten hätte er auch. Waffe, Fähigkeit und Fertigkeit. Ich weiß, wo Julian herkommt. Ich weiß, wie und was ich für ihn empfinde. Bei den Göttern! Was ein Scheiß! Würde mein Schatz… mein Schatz so was tun können? Wäre er dazu in der Lage? Könnte er die Männer umbringen und ihnen die Herzen herausreißen? Könnte er mich anrufen? Vor und nach den Morden? Und meinen Bruder, sich und mich bedrohen? Ist Julian ein mordender Irrer? Oder irrer Mörder? Es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Ich frage ihn! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)