Wer suchet, der findet. von haki-pata (Ob der Fund zur Suche passt ist eine andere Sache) ================================================================================ Kapitel 38: Sprachlos. ---------------------- Zur Mittagszeit verbringen wir unsere Pause in einem kleinen gutbesuchten Bistro. Seine Marke gezeigt hat uns mein Partner Sitzplätze gesichert und für sich Kaffee und Donuts mit Puderzucker und Gelee-Füllung geordert. Ich brauche nach sieben Tacos und literweise scharfe Soße nichts Essbares und bestelle ein Glas Orangensaft, nachdem mir die Bedienung biologischen Ursprung und hundertprozentigen Fruchtgehalt zusicherte. „Warum ruft er dich an?“ Mein Partner beißt in einen Donut und putzt sich mit der flachen Hand den Puderzucker von der Oberlippe. „Warum keinen anderen vom Revier?“ „Rate, wer am meisten darüber nachdenkt.“ entgegne ich. „Du.“ Ich nicke. „Ich.“ „Vielleicht kennt er dich persönlich. Oder du ihm.“ Grübelnd nippe ich an meinem Saft. Den Bruchteil einer Sekunde später spucke ich den Schluck über den gesamten Tisch. Begleitet von circa dreien meiner sieben durchgekauten, anverdauten Tacos und einen Teil literweise scharfe Soße. Nicht biologisch und reine Frucht war das auch nicht. Das ist so ein konzentrierter – mit Wasser aufgefüllter Scheiß plus künstlicher Zusätze wie Farb- und Konservierungsstoffe. Bei den Göttern. Meine Tacos… „Magengeschwüre! Oder Allergie!“ steht für Berger fest und er beguckt sich – erstaunlich gleichmütig – das Malheur auf seinem Jackett, das ich – ohne zielen – hervorragend getroffen habe. „Oder du bist ein Weichei mit empfindlichen Magen! Deswegen immer nur der Bio-Fraß.“ Meine Meinung über meinen Partner sollte ich in vielen Dingen überdenken. Nicht mal der Geruch meines feudalen Mahls – genauer gesagt die scharfe Soße vermischt mit Magensäure – bringt ihn aus der Fassung. Alles was mir einfällt ist ein minder intelligentes Grinsen, eine genuschelte Entschuldigung und das Versprechen, die Reinigung zu bezahlen. „Klar.“ nickt er und winkt im nächsten Augenblick ab, steht auf und zeigt auf sein Revers. „Mit Anti-Fleck-Ausrüstung. Brauch es nur abspülen.“ Während er sich auf den Weg zu den Toiletten begibt eilt die Bedienung heran, hat die Rechnung parat und komplimentiert mich ziemlich unhöflich wie flott hinaus. Noch unhöflicher und noch flotter, weil ich mich lautstark über den gepanschten Saft beschwere und kein Trinkgeld geben will. Am Dienstwagen gelehnt warte ich auf Berger und schaue in den herbstlich trüben Himmel. Mein Telefon piept. Das Verlangen dran zu gehen habe ich nicht, denn das Display zeigt an: Unbekannte Rufnummer. Das Schlimmste befürchtend – der Irre – und das Beste hoffend – Julian! – nehme ich das Gespräch nach einmal tief durchatmen entgegen. „Meyers.“ Das blecherne Lachen ertönt. Das Schlimmste also. „Halli hallo, Detective Aaron Meyers… Sehr schön, dich wieder im Dienst zu wissen.“ Er lacht wieder. „Kurz war ich in Sorge, Detective Aaron Meyers. Es hätte mich betrübt, wenn wir beide nicht mehr miteinander spielen.“ Diese Morde sind also nur ein Spiel für ihn. Katz und Maus, wahrscheinlich. Dieser Irre ist nicht nur irre. Er ist krank! Krank und dank dieser… Unperson bestens informiert! Toll gemacht, Profilerin! „Und Ich hatte schon befürchtet, dich – Detective Aaron Meyers – zur Arbeit zwingen zu müssen.“ Es ist und bleibt ein Monolog. Soll er reden. „Ich hätte es getan, Detective Aaron Meyers. Und ich hätte es gewiss bewerkstelligt.“ Ich höre ihn seufzen. „Zwar unter Anwendung unfairer Mittel, aber…“ Ein neuerlicher Seufzer. „Der Cop? Der junge mit dem du diese – Du weißt schon! – bösen und schmutzigen Dinge getan hast. Als Druckmittel in meiner Gewalt hätte er dich bestimmt dazu gebracht. Nicht wahr, Detective Aaron Meyers? Ist doch so, oder?“ Sein blechernes Lachen wird gehässig. „Oder… Detective Aaron Meyers… Dein kleiner Bruder…?“ Er wird persönlich und es ist ein Fehler. Um Lars ein Leid antun zu können, muss er mich vorher töten. Der Schwur eines… Nun… Mein Schwur, Lars zu beschützen… Das ist nicht nur Hand aufs Herz und gut. Nur mein Tod entbindet mich davon. Und mich umzubringen ist verdammt nicht leicht! „Sage mir, Detective Aaron Meyers… Wo bist du jetzt und was machst du gerade?“ Ich sage es ihm nicht. Ich bin jetzt vor einem Bistro, am Dienstwagen gelehnt und mache gerade mein Telefon aus. Ich sollte mir einen neue Nummer geben lassen. Darüber sinnieren will ich jetzt nicht und gucke eine Weile wieder Löcher in die Luft. Gedanklicher Leerlauf. Tut auch mal ganz gut. Der Geruch von billiger Seife mit Blumenduft steigt mir in die Nase. Kurz darauf steht mein Partner neben mir. Sein Jackett komplett kotzfrei und sauber, sein Hemd darunter leicht durchnässt. Um alles sauber zu kriegen hat er sicherlich den ganzen Seifenspender geplündert. „Sorry.“ meine ich. „Mach dir nichts draus.“ Berger klopft mir beruhigend auf die Schulter. „Mein Sohn und ich gehen jedes zweite Wochenende zum All-you-can-eat ins Bagel Queen und er stopft die Special Bagels in sich rein. Bis Oberkante Unterlippe. Und die Milchshakes obendrauf.“ Mein Partner lacht mit leuchtenden Augen. „Und jedes Mal kotz er mich auf dem Rückweg voll.“ Ungläubig starre ich ihn an. Er? Er hat einen Sohn? Wie das? „Du? Du hast einen Sohn? Wie das?“ Ja… Doch… Ich bin aufgeklärt. Danke schön. Nur weil ich schwul bin heißt das nicht, ich wüsste nicht woher… Echt mal! Meine Walt Wilson vielleicht nicht, aber… Ich habe meine Seavers mit! Wer lacht da also? Wer möchte unbedingt ein Loch im Bauch? Hand heben reicht! War die letzte Tat deines Lebens! Na? Grr! Statt einer Antwort kramt er in seiner Geldbörse und hält mir ein Foto unter die Nase. Berger Junior. Wohlgenährter Junge, etwa vier oder fünf und mit unumstößlicher Ähnlichkeit zu seinem Vater. Blondes Haar, grüne Augen und das gleiche Grinsen. „Sehe ihn nur jedes zweite Wochenende. Und ein paar Tage in den Ferien.“ Väterlicher Stolz schwingt in seiner Stimme. „Trotzdem sind Tyler und ich ein gutes Team.“ „Das wusste ich gar nicht…“ murmle ich. „Du und Vater…“ Das Bild wandert wieder in seine Geldbörse. „Wissen nicht viele.“ entgegnet er. „Rosi wollte mich nicht ehelichen.“ Er seufzt. „Bullen sind nicht für die Ehe geschaffen, meint sie. Außer sie heiraten andere Bullen…“ „Rosi…?“ Spontan fällt mir nur eine Rosi ein und ich starre erneut und weit ungläubiger. „Meinst du Rosanna Jackman? Die Rosanna Jackman? Diese gewiefte Rechtsanwältin? Die den Mafioso Mario Bellusconi freibekommen hat? Bei der sich Gertrudes die Zähne ausgebissen hat?“ Während ich frage, gebe ich mir selbst die Antwort. Oh nein. Die Anwältin meint er bestimmt nicht. Rosanna Jackman hat Stil und Geschmack. Selbst mit dem festen Vorsatz meinen Partner nicht mehr allzu sehr ärgern zu wollen – Gerrit Berger ist nicht nur jenseits von Gut und Böse, sondern auch von Stil und Geschmack. „Genau die.“ Da fällt mir nichts mehr ein. „Das ist so bei mir…“ Siegreich grinsend setzt Berger ein Zunge schnalzen hinzu. „Wenn andere Cops die Sekretärinnen vernaschen, vernasche ich die Chefinnen…“ Weiterhin das siegreiche Grinsen zur Schau tragend pflanzt sich mein Partner in den Wagen. Ich bleibe sprachlos – obwohl das genau der richtige Moment wäre ihn zu fragen, was an den Gerüchten wahr ist, die sich um ihn und Gertrudes ranken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)