Wer suchet, der findet. von haki-pata (Ob der Fund zur Suche passt ist eine andere Sache) ================================================================================ Kapitel 28: Alles ganz (bio)logisch! ------------------------------------ Bei Lars und Sundora ist alles in Ordnung. Ich habe es nicht anders erwartet. Nun wartet Polizeiarbeit und es obliegt mir meine Fragen von Lipinskis ehemaligen – hier anwesenden Untergebenen beantworten zu lassen. Julian habe ich bisher nicht gesehen, dabei renne ich mir gerade die Hacken ab. Ist er noch am Tatort? Weiß ich nicht. Macht nichts. Wir sehen uns auf jeden Fall. Ihn muss ich auch befragen. Wie ich seine Kollegen befrage. Und all die anderen. Tief betroffen über Lipinskis Tod ist keiner… Und Berger? Glänzt mit Abwesenheit. Das einzig Wahre, in dem er glänzt! Ich bin sicher, er ist im Supermarkt, stellt der Filialleiterin unzählige und unsinnige Fragen und lässt sich nebenbei verköstigen. Uniform oder Anzug – alle haben durchweg die gleiche Meinung vom danieder gerafften Chief. Die geht ungefähr so: Denkt euch die schlimmsten, gemeinsten, fiesesten, bösartigsten – und so weiter – Schimpfworte, die ihr kennt. Die gesammelten Werke hoch zehn und ihr habt die beschönigte Beschreibung für dieses Sackgesicht. So sieht es aus! Er war sehr beliebt… Bei den Göttern. Ich kriege Hunger. Das bisschen Kakao macht nicht satt. Hunger. Wilder, heißer, hemmungsloser Sex, kaum Schlaf und kein Frühstück. Gefährliche Mischung. Speziell was das ‚kein Frühstück‘ angeht. Hunger. Ich sollte mir mal das Sortiment an Bio-Produkten im Supermarkt ansehen. Bio. Hm, hm. Künstliche Zusätze sind Gift. Und was mache ich mit Gift? Genau. Mir – Buärks! – das Revers vollkleckern. Hunger. Hunger. Hunger. Und wenn Berger es wagt, ein Kommentar abzugeben – von wegen weiterhin Kolleginnen und Kollegen aushorchen – der überlebt den Tag nicht! Hunger. PLINGELING und ich bin im Laden. Und ich hatte Recht. Da hinten steht er, an der Feinkost-Theke, mit der Filialleiterin plaudernd und sich fleißig durch die Delikatessen mampfend. „Doch Mrs. Bitterfield… Das ist interessant… Nur weiter!“ höre ich ihn mit vollem Mund sagen. „Ja… Das war so… Mrs. Martinsen hat von Mister O’Toole gehört, der kleine Benny Kumora geht zur Armee.“ erzählt die Dame eifrig und versorgt meinen werten Kollegen zeitgleich mit reichlich Nachschub aus der Theke. „Und kaum ist er weg, wird seine Mutter von einem Auto angefahren und Doktor Warner versucht vergeblich, den Jungen ausfindig zu machen.“ Wovon sie da wohl spricht? Welche Bedeutung hat es? Berger scheint es zu wissen und nickt. „Oh ja! Es heißt, Benny sei verschollen. Und dann – in Folge vierhundertdreiundsiebzig – kommt da plötzlich dieses junge Ding – aus irgendeinem Krisengebiet – und behauptet von Benny geschwängert worden zu sein.“ „Unter uns…“ flüstert die Frau verschwörerisch. „Mein Neffe arbeitet bei Kanal sechs. Und der hat mir verraten…“ Sie winkt Berger zu sich und wispert geheimnisvoll. „Nein!“ ruft er aus. „Ehrlich?“ Die Dame nickt. „Das ist aber noch Top Secret!“ Ach je… Sie reden von einer Seifenoper. Noch haben mich beide nicht gesehen. Hunger hin oder her. Wenn ich jetzt gehe, ziehen sie mich nicht in ihr Seifenoper-Gespräch hinein. „Hey. Silberrücken.“ Berger zeigt erst auf mich, dann auf die Filialleiterin. „Mrs. Bitterfield hat eine Neffen bei Kanal sechs und kennt die neuesten Folgen von ‚Ein Arzt auf Abwegen’, ehe die ausgestrahlt werden. Du weißt schon. Die Serie mit dieser äußerst… fähigen Krankenschwester. Die guckst du doch auch so gern.“ Er zwinkerte Mrs. Bitterfield zu, weist auf mich und hebt bedeutungsvoll die Augenbrauen. „Die üppige blonde Schwester ist sein totaler Favorit. Ist doch so. Hm, Silberrücken?“ Bei den Göttern! Scheiße! Egal! Jetzt kaufe ich mir was zu essen und esse. Und dann… Dann erschieße ich meinen Kollegen! Mit seiner eigenen Waffe! Zum Glück für ihn will er keine Antwort und vertieft sich lieber wieder in das Gespräch mit der Filialleiterin – und dem Verzehr ihrer Feinkost – und beide tauschen sich über Charaktere und deren Werdegang in dieser Serie aus. Mir ist gleichgültig, wovon genau sie da reden und schnappe mir einen der Einkaufskörbe aus Draht. „Willst du was einkaufen, Silberrücken?“ erkundigt sich Berger in diesem Augenblick. „Ja.“ Wehe, er will mich davon abzuhalten. Ich hämmere ihm den Korb an den Kopf, bis eines von beidem verbeult ist! Hunger! „Gute Idee.“ Breit grinsend deutet er auf die hinteren Regale. „Bringst du mir Schokoriegel mit? Die mit Karamell und Mandeln?“ Schokoriegel mit Karamell und Mandeln? Müsliriegel täten ihm besser gut und ich sollte meinen Kollegen mal zum Polizeisport schleifen. Die einzigen Muskeln, die bei ihm gut ausgebildet sind, sind die Kaumuskeln! „Kriegst das Geld wieder.“ beteuert er, weil er mein Zögern bemerkt. Mit dem, was ich von Berger ‚wieder kriege‘ könnte ich mir eine Villa mit Pool, Sauna und Sportwagengefüllter Garage kaufen. Direkt mit zwanzig Zimmern mehr, würde ich ihm Zinsen berechnen. Aber… Sei nett, Meyers. Sei freundlich. Denk nicht daran, wie gut du mit einer Schusswaffe umgehen kannst… Du sagst jetzt gar nichts und nickst nur… „Klasse! Danke, Silberrücken! Aber beeil dich!“ Hunger. Essen. Töten. Eventuell werde ich vom letzten Punkt Abstand nehmen, sobald ich was im Magen habe. Eventuell! Da ich das sowieso bezahle öffne ich die Packung Bio-Sandwiches noch in der Kühlabteilung und beiße genüsslich hinein. Frühstück. Herrlich. Einen Kakao dabei lasse ich mich einfach im Lotussitz vor dem Regal nieder, die Sandwiches in Reichweite. „Na? Auch Hunger?“ Ich nicke mit vollem Mund und halte Julian ein Sandwich aus der Kühlung hin. „Böht uf mif.“ lade ich ihn mit vollem Mund ein. „If befahl baf. Fpäpa.“ „Geht auf dich und du bezahlst das. Später.“ übersetzt Julian. „Danke.“ Lächelnd lässt er sich mir gegenüber nieder und nimmt das Brot an sich. Auch den Kakao, den ich ihm reiche. Nicht das romantischte Frühstück, das ich mir vorgestellt habe, aber wir frühstücken miteinander. „Wow!“ staunt er. „Kannst du auch langsam essen?“ „Hunger.“ Und Sandwich Nummer fünf findet sein Ende in meinem Verdauungstrakt. „Du bist ein Fresssack, hm? Unersättlich… Kannst nicht genug bekommen…“ Der zweideutige Ton seiner Stimme entgeht mir nicht. Sein Lächeln ist auch nicht ohne – süß und herausfordernd. Ob Mrs. Bitterfield hier ein ruhiges Plätzchen hat, an dem sich zwei Bullen mal ganz in Ruhe… und ungestört… unterhalten können…? ()Aaron hat Remoulade am Mundwinkel und Julian muss sich sehr zusammenreißen, ihm diese nicht abzulecken. „Rate, was ich jetzt am liebsten mit dir tun würde.“ flüstert er Aaron zu. Dieser verschluckt sich für heute zum zweiten Mal an Kakao. „Oh ja!“ bestätigt Julian. „Genau das!“ Er rückt unauffällig näher. „Dahinten ist das Lager… Keine Kameras… Ein ruhiges Plätzchen… Wie wäre es, wenn…?“() Diese ‚Wie wäre es, wenn…?‘-Gelegenheit werden wir versäumen. „Denk an was Asexuelles! Zack!“ rate ich Julian flüsternd. „Kollege im Anmarsch. Zehn, neun, acht…“ Julian springt auf und bedankt sich für das Frühstück, haucht mir einen Luftkuss zu und verschwindet zwischen den Regalen. SCHWUPP weg ist er und hat den Laden keine drei Sekunden später mit einem PLINGELING verlassen. Bei „Null.“ angekommen steht Berger vor mir. „Hast du meine Schokoriegel vergessen?“ fragt er und klingt dabei so was von vorwurfsvoll als wollte ich ihn in voller Absicht einen elenden Hungertod sterben lassen. Sein Magen scheint die Völlerei an der Feinkost-Theke längst vergessen zu haben. Wortlos fische ich den Fünfer-Pack Schokoriegel mit Karamell und Mandeln aus dem Korb und werfe ihm sein heißersehntes Naschwerk in die Arme. Danke…? Fehlanzeige! Stattdessen mäkelt er herum und übertreibt maßlos mit der Äußerung, dass es hier aussähe wie es hier aussähe. Und ich solle mich hier gefälligst nicht häuslich niederlassen. An seinen Augen sehe ich, Berger zählt die leeren Sandwich-Packungen – Alle ordentlich ineinander gestapelt! – und er kommt zu dem Schluss: „Boah! Ein Vielfraß ist gar nichts gegen dich. Räum auf, ab zur Kasse und dann mach, dass du rauskommst. Du hast zu tun!“ Sein herablassendes Grinsen lässt mich diese BÄNG. BÄNG. BÄNG.-Sache nochmal überdenken. „Wirst schließlich nicht fürs Essen bezahlt.“ Flotter als mein Kollege gucken kann bin ich auf den Füßen, habe in dieser Bewegung seine Seavers aus seinem Gürtelholster gezogen und drücke die Mündung der Halbautomatik in seinen Dickwanst. „Aber du, was?“ Er kann hören, mir ist der Kragen geplatzt. „In nächster Zeit solltest du erst denken und dann reden! Vor allem, wenn du das Wort an mich richtest!“ Ich verstärke den Druck. „Und dieser IRRE da ist nicht MEIN Schlitzer! Klar?“ „Das sage ich Brace.“ Seine Ankündigung hört sich nach Sandkasten-Quengelei an, als hätte ich ihm sein liebstes Schäufelchen weggenommen. „Das sage ich auf alle Fälle Brace!“ „Mach es! Mir ist das scheißegal!“ Genauso flott hat er seine Waffe wieder im Holster. „Das Teil war nicht mal entsichert.“ kriegt er von mir noch zu hören und ich sammle die Überreste des Frühstücks ein und gehe damit zu Mrs. Bitterfield. „Die Schokoriegel meines Kollegen auch.“ sage ich ihr. „Ich sage das trotzdem!“ mault Berger. „Und mir ist das trotzdem scheißegal!“ gebe ich zurück, zahle und PLINGELING bin raus. Bei den Göttern. Die freien Tage hätte ich mehr als nötig gehabt und dieser Irre setzt mir ärger zu, als ich mir eingestehen möchte. Vor allem, weil er meinen Schatz bedroht. Zu gern würde ich auf meine Art ermitteln. Ich kann das. Auch wenn es mal in Schlägereien ausartet oder ich Verdächtige über mehrere Blocks verfolge. Rennen, springen, klettern kann ich auch ganz gut… Seit knapp vier Jahren bin ich Detective und war damit einer der jüngsten, die einen Anzug tragen durften. Mit wenigen Ausnahmen arbeitete ich allein und meine Bilanz an aufgeklärten Verbrechen konnte sich immer sehen lassen. Alles hat mal ein Ende. Auch das eines einsamen – aber glücklichen Solo-Ermittlers. Meines kam nach einem… Vorfall vor sechs Monaten. Seit der Zeit habe ich ‚Ich kann das nicht‘-Berger als festen Partner am Hals. Mein Aufpasser. Genauer gesagt, mein Bremsklotz. Jemand überzeugte Captain Brace ich wäre als Solist zu waghalsig und unkontrollierbar, würde mich über Vorschriften hinwegsetzen und alles andere denn Zurückhaltung bei Ermittlungen üben. Täter üben auch keine Zurückhaltung! Dieser jemand befürwortete Berger. Als ‚alter Hase’ und obrigkeitshörig sollte er von Anfang an meinen Übereifer ein bisschen ‚drosseln‘. Das tut er auch. Oh ja. Richtig gut! Dieser notorisch nutzlose Taugenichts! Hohler als ein leeres Marmeladenglas ohne Deckel! Bei den Göttern. Und damit ihr keine roten Ohren bekommt fluche ich in aller Stille und in der Sprache meines Vaters weiter. 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