Wer suchet, der findet. von haki-pata (Ob der Fund zur Suche passt ist eine andere Sache) ================================================================================ Kapitel 16: Dating für Dummies ------------------------------ Selbst die Ampeln meinen es gut mit mir. Alles auf grün. Ich werte das als gutes Omen. Bei den Göttern. Ich bin in einer Viertelstunde zu Hause. Rekord! Noch fünfundvierzig Minuten zum Duschen, umziehen, Handschellen und eine Flasche Ginger Ale… Ich betrete meine Wohnung. Was sehe ich zuerst? Meine Katze – restlos überfressen bis zum Anschlag – liegt in ihrem Körbchen im Flur und hebt träge den Kopf. „Das Geschnetzelte war… Mija-a-au!“ maunzt sie genießerisch und leckt sich das Schnäuzchen. „Aha…“ Wo ist dann Lars? Und wo Sundora? Ein Schrei – Sundora! – der nach unbändigen Schmerzen klingt. Ich rase zum Wohnzimmer. Meine Waffe in der Hand stoße ich die Tür mit der Schulter auf, stürze hinein und rolle mich ab, hocke vor dem Sofa, die Waffe im Anschlag und „Keine Bewegung! Polizei!“ brüllend. Den Bruchteil einer Sekunde später erkenne ich, hier werde ich nicht gebraucht. Lars sitzt auf dem Sofa, Sundora sitzt auf Lars. Sieht nach ‚Hoppe-hoppe-Reiter‘ aus - beide sind nackt. Und beide sind zu sehr miteinander beschäftigt, um mich überhaupt zu bemerken. Mann! Ich bin eben mit einem Riesen-Stunt hier rein, brülle meinen üblichen Spruch und die beiden…? Haben nur Augen füreinander und machen ihr ‚Hoppe-hoppe-Reiter‘. Kein Wunder, dass Mitty sich den Wanst vollschlagen konnte. Und Sundoras unbändige Schmerzen waren eher höchste Ektase. Hey! Ich bin ein schwuler Mann! Woher soll ich wissen, wie ein Frau in höchster Ekstase klingt? Nein! Ich habe keine gegengeschlechtliche Erfahrung und will auch keine machen! Na, was höre ich denn da? Das findet wohl wer witzig, hm? Hier! Hab meine Waffe noch in der Hand! Winke, winke. Ein Blick auf die Uhr. Bei den Göttern. Dusche, Meyers! Zack, zack! „Oh… Hallo Ron…“ begrüßt mich mein kleiner Bruder und zieht die kichernde Sundora zu sich in eine Umarmung. „Seit wann schleichst du denn hier herum?“ „Schleichen…?“ Ich schmunzle. „Bin gleich wieder weg. Hab ein Date. Wird heute spät. Oder morgen früh.“ Meine ganz persönliche Hoffnung auf ein ganz persönliches ‚Hoppe-hoppe-Reiter‘ binde ich ihm nicht auf die Nase. „Ja… Mach mal…“ Lars ächzt. „Oh… Lars…“ haucht Sundora verzückt. „Du bist ja wieder hart.“ Langer Tag und kurze Nacht. Ich sag es ja. „Viel Spaß.“ wünsche ich den beiden und mir und verschwinde unter die Dusche. ()Eine Stunde! Was hat er sich dabei nur gedacht? Wie soll er in einer Stunde alles fertig kriegen? Julian rauft sich das Haar. Seine Wohnung ist ein Loft, damit eigentlich nur ein Raum – wenn man von Küche und Bad absieht – und hat wohl einen Bombenangriff hinter sich. Oder wurde als Truppenübungsplatz genutzt. Julian ist sicher erst letztens hier aufgeräumt zu haben! Also Chaosbeseitigung – und er will noch duschen, kochen, Tischdecken und das Bett beziehen. Was davon zuerst? Tischdecken. Bett beziehen. Nein. Kochen. Oder lieber duschen? Bett beziehen, duschen und Tischdecken. Kochen überlässt er Sakuya Towa vom japanischen Restaurant unten und schnappt sich das Telefon. Runter will er nicht, sonst verquatscht er sich mit Sakuya und kommt nicht so schnell wieder weg. Flott bestellt, sichert der Restaurantbesitzer und Küchenchef zu, alles in weniger als einer Stunde zu liefern. Noch flotter bezieht Julian das Bett und tut sein Bestes, es nicht frischbezogen aussehen zu lassen. Vom Sofa aus beobachtet sein Mitbewohner stumm diese Geschäftigkeit und denkt sich seinen Teil. Bei der Aufforderung um Hilfe – Immerhin hat er auch einen Teil des Chaos verursacht! – dreht sein Mitbewohner gänzlich desinteressiert den Kopf in eine andere Richtung und tut so, als gehe ihn das rein gar nichts an. „Ja…“ nörgelt Julian. „Dann eben allein!“ Einiges an Chaosbeseitigung später steht er unter den heißen Strahlen der Dusche. Kurz abgetrocknet wird der Tisch gedeckt. Besondere Beachtung schenkt er der Dekoration. Ansprechend und dezent. Bloß nicht überladen. Er möchte Aaron in die Augen sehen. In diese wundervollen dunklen Augen, in denen aus weiter Ferne Sterne strahlen. Er seufzt. Nicht nur die Augen haben es ihm angetan. Der ganze Aaron Meyers… Julian hofft sehr, ihn heute nackt zu sehen und bemerkt seine eigene Nacktheit erst, als er an sich heruntersieht. Oh je. Mit der Tür will er nicht ins Haus fallen. Schnell noch mal eine Dusche. Eine kalte!() Geduscht und eingecremt… Ja. Genau! Meine Universalcreme aus der blauen Dose. Was ist daran so witzig? Auch ein Handtuch wird in meinen Händen zur Waffe, also würde ich mir die Sache mit dem Späße machen noch mal überlegen! Also… Geduscht und eingecremt… Bei den Göttern! Ist jetzt Ruhe mit dem Gekicher? Jetzt aber! Geduscht und eingecremt stehe ich – nervös wie schon lange nicht mehr – vor meinem Schrank und suche das passende Outfit. Wenig hilfreich ist, ich bin nicht eitel. Nicht mal ein bisschen. Mit sauber und wohlriechend bin ich zufrieden. Ja… Aus diesem Grunde reicht mir auch meine Universalcreme aus der blauen Dose. Fein dazwischen gerufen! Handtuch. Waffe. Das war kein leerer Spruch! Und allzu rückständig bin ich nicht, was Körperpflege angeht. Ich habe einen Deo-Roller! Da. Sportlich-frisch! Das passende Outfit… Der Verzweiflung nahe fahre ich durch mein Haar. Männlich soll es sein. Dominant! Was Mann leicht ausziehen kann. Es soll aber nicht den Anschein haben, dass Mann es leicht ausziehen kann. Im Endeffekt greife ich meine schwarzen Shorts, die Jeans in der gleichen Farbe, darüber ein Hemd – auch schwarz. Socken, ja – nein? Nein. Gibt irgendwie nichts Unerotischeres als sich Socken ausziehen zu müssen. Rein in meine schwarzen Schnürschuhe und in meine Lederjacke im Pilotenstil. Schwarz. Klar. Was anders kann Mann zu schwarz nicht anziehen. Einen Moment ringe ich mit mir, ziehe dann doch die Schublade von meiner Nachtkonsole auf und nehme eines der Souvenir-Gummis. Noch haltbar. Eins bleibt drin – Souvenir! – die anderen nehme ich mit, gleichmäßig in allen mir anhaftenden Taschen verteilt. Aus der untersten Schublade werden mich die Handschellen und entsprechenden Schlüssel begleiten. Was ich mir vorgenommen habe, ziehe ich durch. Ratet, warum ich Bulle geworden bin! Das Ginger Ale hole ich mir gleich aus der Küche. Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel. Outfit. Ist gut. Nur meine Haare stehen ab, als hätte ich die Finger in der Steckdose gehabt. Selbst nach einer ganzen Minute intensiven Kämmens bleibt das so. Tja… Dann bleibt das so. Fertig. Meyers, Meyers… Perfekt ist anders, aber ich gehe schließlich nicht auf eine Modenschau. Angezogen habe ich mich ja nur, um mich wieder auszuziehen. Oder ausziehen zu lassen… ()Was zieht Mann bloß an? Shorts, ja. Socken, nein. Julian schüttelt den Kopf. Wie gern er es auch möchte, er kann doch nicht nur in Shorts herumlaufen! Ein ungezwungenes Abendessen. Ergo ungezwungene Kleidung. Bluejeans und sein Lieblings-Hemd in beige. Fertig. Sieht gut aus und ist leicht auszuziehen. Nur nicht zu ersichtlich leicht auszuziehen… Ein Klingeln an der Tür. Ein Blick auf die Uhr. Das ist Sakuya mit dem Abendessen. Mehr als pünktlich. Das gibt einen Trinkgeld-Bonus! „Du erwartest Besuch?“ Der kleine Japaner hält ihm zwei Tüten entgegen. „Herrenbesuch?“ „Ja…“ Julian lächelt strahlend. „Endlich!“ „Ah!“ macht Sakuya. „Verstehe… Mister Right!“ Höflich bedankt sich Julian für die Lieferung, zahlt und legt ein gutes Trinkgeld obendrauf. Auf zu den letzten Vorbereitungen! Wenn es schon nicht selbst gekocht ist, soll es wenigstens wirken, wie selbstgekocht. Schüsseln, Schalen und Platten gefüllt und belegt fällt Julian ein, er hat noch keine Trinkgefäße. Der nächste Blick auf die Uhr. Oh, oh! Ab in die Küche und die Gläser geholt. Diese auf den Tisch entscheidet Julian, sich noch einmal die Haare zu kämmen. Sein Mitbewohner verlässt gerade das Bad und macht ihm Platz.() Selbst mit einer Marschkapelle würde ich jetzt unbemerkt an meinen kleinen Bruder und Sundora vorbeikommen. Inniglich in einem Kuss versunken – ich seufze neidisch – überhören sie meinen Abschiedsgruß. Hach ja… So ein bisschen ‚Hoppe-hoppe-Reiter‘… Mit Julian… Bei den Göttern! Bin ich nervös! So heftig hat es mich noch nie getroffen. Ein Piepen aus dem Schlafzimmer. Mein Telefon will ich nicht mitnehmen. Aber… Da ist ja wieder diese Mischung aus Gutmütigkeit, Neugier und Idiotie. Zurückgehastet – wieder an Lars und Sundora vorbei, die sich immer noch küssen – schnappe ich es mir und werfe einen Blick auf das Display. Unbekannte Rufnummer. Es könnte Julian sein. Oder der Irre. Ich bin nicht im Dienst. Es könnte Julian sein… „Meyers.“ „Ah! Detective Aaron Meyers. Du hast mich aber lange warten lassen.“ Definitiv nicht Julian. „Heute Nacht, Detective Aaron Meyers, mache ich dir noch ein Geschenk.“ Das blecherne Lachen ertönt und das Gespräch wird von seiner Seite beendet. Er kündigt die Morde jetzt also an. Hat er die Hoffnung, ich bin es, der ihn verhaftet? Wo mich doch sein Gehabe in den Innendienst gebracht hat? Irre! Und dämlich! Mein nächster Schritt ist es, die Kollegen auf dem Department zu informieren. Detective Angelica Ryans versichert mir, die Streifen zu benachrichtigen und selbst die Augen offenzuhalten. „Wir schaffen das schon!“ sagt sie außerdem. Bei den Göttern. Dieses verdammte mistige Stück Scheiße! Ich bin geneigt, Julian abzusagen und selbst auf den Straßen zu patrouillieren. Nein. Damit gebe ich diesem Irren Macht über mein Privatleben. „Nicht mit mir!“ flüstere ich, sehe kurz nach Lars und Sundora – sie liegt glücklich lächelnd in seinen Armen und er liebkost ihr Gesicht – und wiederhole meinen Abschiedsgruß. Lars winkt mir zu, Sundora schmiegt sich an ihm. Liebe geht ab und an einen absonderlichen Weg. Ich bin auf meinen eigenen gespannt. ()Der weiße Hai kommt unaufhaltsam näher, streicht um den niedrigen Tisch und reckt immer wieder sein rosa Näschen nach den Leckereien, die darauf stehen. Die kleinen gebratenen Spieße aus Hühnerfleisch haben es ihm besonders angetan. Im Sekundenbruchteil springt er auf die lackierte Fläche, stibitzt einen ganzen Spieß mit der bekrallten Pfote und flitzt – seine Beute in der Schnauze – unter die hochbeinige Kommode. „Sharky!“ Julian geht vor dem Möbel in die Knie und sieht seinem kleinen Mitbewohner beim Fressen zu. „Das ist kein Katzenfutter.“ „Miep.“ hält der winzige weiße Kater dagegen. „Nein. Ist es nicht! Das ist Menschenfutter. Außerdem gewürzt! Das ist nichts für Stubentiger im Mini-Format, die mal groß werden wollen!“ Allerdings bringt es der Mann nicht übers Herz, Sharky den Spieß wegzunehmen. „Ich stelle dir ein Schälchen Milch hin, hm?“ Seine Mahlzeit beendet kommt der Winz-Kater aus seinem Versteck hervor und gibt Julian das Köpfchen. „Ich dich auch, du Racker!“ Er nimmt Sharky auf den Arm, holt die Reste der Beute hervor und steht auf. „Wir kriegen gleich Besuch, wir zwei.“ „Mau?“ „Ja. Aaron hat auch eine Katze. Da wirst du tüchtig zu schnüffeln haben.“ Julian seufzt. „Er ist derjenige welche, weißt du.“ Ein neuerlicher Seufzer. „Ich hoffe, er sieht das auch so.“ Seufzer zum dritten. „Selbst wenn er von meinem kleinen… Nun ja… Geheimnis erfährt.“ Für den weißen Hai ist die Gefühlswelt der Menschen noch zu hoch. Er kuschelt sich schnurrend in die Armbeuge seines Mitbewohners und macht sein Nickerchen. Kurz öffnet er ein Auge und miaut leise, als Julian ihn in sein Kissen auf das Sofa legt.() Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)