Wer suchet, der findet. von haki-pata (Ob der Fund zur Suche passt ist eine andere Sache) ================================================================================ Kapitel 11: Beachboys --------------------- Der Killer dieses jungen Mannes braucht einen Grund zum Töten. Nicht aus Liebe, Hass oder Habgier. Aus purer Geltungssucht. Gegenüber mir, Detective Aaron Meyers. Ein ‚Geschenk‘… Vielleicht noch eins. Und noch eins. Bis der Irre irgendwann einsieht, um meiner habhaft zu werden, muss er mich persönlich in seinen ‚Besitz‘ bringen. Durch eine Entführung. Oder – unauslöschlich für seine Erinnerung – durch eigenhändige Tötung. Eher beides nacheinander. Ich rechne fest damit. Vielleicht ahnt er, dass ich fest damit rechne. Vielleicht trifft er sämtliche Vorbereitungen, weil er ahnt, dass ich fest damit rechne. Gut und schön. Nur – Bei den Göttern! – leicht werde ich es ihm nicht machen. ()„Hey! Schwuletten-Bärchen. Genug der Liebesschwüre! Deine volle Aufmerksamkeit ist hier erwünscht.“ meckert Chief Karl Lipinski, der Einsatzleiter. „Und nicht an einem erträumten Sandstrand, an dem du knackig braune Beachboys und deren geröstete Eier und gebratene Würstchen bewundern darfst.“ Die anderen im Raum grölen. Das sind die Gelegenheiten, in denen Julian Aparo bereut, seine Homosexualität offengelegt zu haben. Hauptsächlich ging ihm die Fragerei auf die Nerven, warum er keine Frau oder Freundin hat. Seine Antwort war ehrlich. Und? Was hat er davon? ‚Schwuletten-Bärchen‘ oder ‚warmer Bruder‘ oder ‚Schwuchtel‘. Manche Kollegen scheinen sogar Angst davor zu haben, er könne sie mit Schwulsein anstecken, wenn er sie anfasst oder nur mit ihnen redet. Das nächste Versetzungsgesuch hat er schon eingereicht. Numero zwölf. Wird das auch abgelehnt, verlässt er den Polizeidienst und macht sich selbstständig. Privat-Detektiv. Oder er macht was mit seiner Promotion – von der hier keiner was weiß. Ach was! Ruhig den Privat-Detektiv. Macht sich bestimmt gut auf einem Türschild. Doktor Julian Aparo. Private Ermittlungen. Sicherlich wird er von Klienten gefragt, was für ein Doktor er ist. Mal ehrlich. Wie viele Schnüffler mit Doktortitel gibt es wohl? Wenn das mit der Versetzung nicht klappt, einen auf jeden Fall. Ein Schnüffler mit Doktortitel in Geschichte und Kultur Japans, Schwerpunkt Waffen… Theoretisch. Und praktisch. „Schwuletten-Bärchen. Aufwachen!“ Seine Worte Nachdruck verleihend hämmert Lipinski auf das Pult des Officers. „Schluss mit feuchtwarmen Schwuchtel-Träumen!“ Julian steht auf. Langsam. Bedächtig. „Mein Name ist Officer Julian Aparo, Sir. Ich bitte Sie mich mit ‚Officer‘ oder ‚Officer Aparo‘ anzusprechen. Sollte das zu viel sein… Ein ‚Aparo‘ reicht auch.“ „Sonst was? Bewirfst du mich mit Wattebäuschen, bis ich blute? Aber nur die rosanen, was?“ Neuerlich steigt der Lärmpegel im Raum, weil diejenigen, die es witzig finden, lauthals lachen. Diejenigen, die es nicht witzig finden lachen lauter. Gruppenzwang. „Das heißt ‚rosafarbenen‘.“ korrigiert Julian gelassen und sieht schon, es ist ein Fehler. „Setz dich hin, du Schwuchtel, und hör zu.“ schnauft Lipinski zornig. „Da draußen läuft ein Killer herum, der bestimmt nichts dagegen hat, dich als nächsten aufzuschlitzen!“ So nah an einer Wahrheit war Chief Lipinski noch nie. „Damit hätten wir einen warmen Bruder weniger auf der Welt! Das wäre schön!“ setzt dieser dem Ganzen die Krone auf und hämmert erneut auf das Pult ein. „Und jetzt setz dich auf deinen verfickten Arsch, du Homo! Oder hast du da was drin stecken?“ Alle Kollegen geiern und klatschen Beifall. Dem Einsatzleiter will Julian beim besten Willen keinen Sieg für diese Schikane gewähren, verlässt darum nicht den Raum und nimmt seelenruhig Platz. „Braves Schwuletten-Bärchen.“ Einen schönen Tages wird sich Julian das nicht mehr gefallen lassen und Chief Lipinski muss begreifen, er hat einen großen, dummen Fehler gemacht! Wie Julian den Mann reden hört, gespickt mit hämischen Bemerkungen und begleitet von abwertenden Gesten… Warum warten?() Captain Hannah Brace hört aufmerksam zu. Sie ist eine gute Zuhörerin. Ich brauche mich nicht zu wiederholen. „Er hat Sie also gesehen, als Sie bei dem Officer standen. Haben Sie ihn bemerkt?“ Ich versetze mich noch einmal an den Ort des Verbrechens, grübele und schüttele den Kopf. „Dort wimmelte es vor Cops in Uniform und in zivil. Hab mir von den Zivilen keine Marke zeigen lassen. Möglich, dass er sich als Kollege ausgegeben hat. Vielleicht war er auch als Obdachloser getarnt.“ Sie nickt, löst ihren Zopf und bändigt ihre brünetten Locken aufs Neue. Das macht sie immer, wenn sie nachdenkt. „Meyers…?“ „Ja, Captain?“ „Ich will wissen, wer alles vor Ort war. Jeder! Cops, Sanitäter, Obdachlose. Ausnahmslos!“ „Natürlich, Captain.“ „Und sorgen Sie dafür… Sollte dieser Irre wieder anrufen… Sie sind in der Nähe eine Fangschaltung, klar?“ Diesmal nicke ich. Ihre Befürchtung ist ihr anzusehen. Der Mörder kommt aus den eigenen Reihen. „Captain. Wir kriegen den Kerl!“ versichere ich ihr. „Jack the Ripper hat auch keiner ‚gekriegt‘.“ erwidert sie und schickt mich los, Polizeiarbeit zu machen. Rennerei. Meine freien Tage haben sich auf jeden Fall in Luft aufgelöst. „Ach… Meyers…“ hält mich meine Vorgesetzte zurück. „Die freien Tage kriegen Sie… später einmal.“ Sicher doch. In einem Jahr. Oder zwei. Oder kurz bevor ich in Pension gehe. „Ja, Captain. Kein Problem.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)