True Cross X-Files von Niela_DeAhrel ([Shiro x Mephisto]) ================================================================================ Kapitel 1: Case 01: Das Nachtgespenst ------------------------------------- True Cross X-Files Case 01: Das Nachtgespenst Der klare blaue Himmel und die strahlende Sonne schienen über die jüngsten Ereignisse in der True Cross Akademie zu spotten. Das idyllische Bild eines perfekten Montagmorgens wurde jedoch von einer verhängnisvollen Wolke faulig-süßen Verwesungsgeruchs überschattet, die schwer über drei reglosen, übel zugerichtete Körpern schwebte. Eine Gruppe Mittelklasse-Exorzisten sammelte sich bei den Opfern um gleich darauf die Umgebung eifrig nach Hinweisen auf den Täter zu untersuchen. Sir Mephisto Pheles seufzte theatralisch auf. Die Obrigkeit hatte ihm bereits deutlich zu verstehen gegeben, dass man ihn für die unzureichenden Sicherheitsvorkehrung zur Verantwortung ziehen würde. Und obwohl es nicht ausgesprochen wurde, lag der unterschwellige Verdacht, dass er an der Tat zumindest teilweise mitgewirkt hatte, deutlich in der Luft. Sicher, es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass er einem Dämon Zutritt verschaffen würde. Doch dieses Mal war er absolut unschuldig. Außerdem achtete er immer tunlichst darauf, dass keiner seiner Schüler bei diesen Spielchen zu Schaden kam. Ein solches Blutbad hätte er unter keinen Umständen gebilligt. „Sir Pheles, könnten Sie bitte mal hierauf einen Blick werfen? Auf dem Rücken des Toten ist ein Muster oder eine Art Schrift zu erkennen. Die Symbole ähneln sich zu sehr untereinander, um einfach nur willkürliche Kratzer oder dergleichen zu sein.“ Sichtlich genervt von der Inkompetenz der Exorzisten die man ihm zur Klärung des Falles zugewiesen hatte, schritt er schnellen Schrittes über das Kopfsteinpflaster des Geländes. Neben den Opfern ging er unverzüglich in die Knie um einen besseren Blick auf die ominösen Zeichen werfen zu können. Unschlüssig fuhr er mit seinem schmalen Zeigefinger über keilförmige Lettern und ertastete die leichten Vertiefungen der Wunden, die augenscheinlich mit klauenartig-spitzen Fingernägeln ins Fleisch geritzt worden sein mussten. Irgendwo in seinem Kopf machte sich eine vergessen geglaubte Erinnerung bemerkbar und identifizierte diese Symbole als altertümliche, tote Sprache. Doch zuordnen konnte er sie nicht. „…Da werden untereinander laufen Wüstentiere und wilde Hunde, und ein Feldteufel wird dem andern begegnen…” Der dämonische Schulleiter erschrak, als die Worte unmittelbar neben seinem Ohr erklangen, doch dann bildete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht. Es gab nur einen Menschen der sich so gut an ihn heranschleichen konnte. Sein Grinsen verbreiterte sich noch etwas als sich gleich darauf eine Hand auf Mephistos Schulter legte. „Das ist im Übrigen Sumerisch und eigentlich solltest du das wissen.“ Mephisto erhob sich und vollführte eine ausladende Begrüßungsgeste. „Sieh an, der Herr Besserwisser gibt sich die Ehre. Wie erfreulich.“ Shiro warf ihm ein kurzes Grinsen zurück, bevor er sich dann mit gewissenhaftem Ernst den drei Toten widmete. „Was für ein übler Gestank. Wie lange liegen diese bemitleidenswerten Jungs schon hier in der Sonne herum?“, kritisierte er die Mittelklasse-Exorzisten unverhohlen und erntete schuldbewusstes Schulterzucken. Die Angesprochenen murmelten verlegen Entschuldigungen vor sich her und und versuchten Schadensbegrenzung zu betreiben indem sie hektisch begannen, die Leichen aus der Hitze zu schaffen. Jedoch zeitgleich penibel darauf bedacht sich dabei nicht schmutzig zu machen. Shiro schüttelte verständnislos den Kopf und Mephisto konnte sich problemlos vorstellen was in dem Mann vorging. Die Exorzisten von heute waren einfach nicht mehr das, was sie noch zu ihrer Sternstunde waren. Hygienevorschriften galten heutzutage wohl mehr, als Würde und Anstand. „Erstaunlich wie schnell die jungen Hunde kuschen, wenn du pfeifst.“, murmelte er amüsiert. Als die Leichen endlich wie Fische auf dem Markt im Schatten der archaischen Torbögen aufgereiht worden waren, setzte Shiro seine Untersuchungen fort. Mephisto beugte sich über ihn um ebenfalls die Symbole betrachten zu können. Der Paladin studierte angestrengt die filigran eingeritzten Linien, ohne auf die Bemerkung einzugehen. „Diese Botschaft… es ist eine Textpassage aus der Bibel… aber keine anwendbare Aria-Phrase, also kann ich mich nicht genau entsinnen, wie der vollständige Text lautet und wo er steht… ich glaube es war aus den Schriften der Propheten, bin mir aber nicht hundertprozentig sicher.“ „Das klingt zumindest schon einmal nach einem Anhaltspunkt.“ „Sicher, aber… ich frage mich, warum deine Sicherheitsvorkehrungen versagt haben? Normalerweise sind sie doch sehr verlässlich.“ Shiro warf Mephisto einen abschätzenden Seitenblick zu. „Oh-ho, wird das jetzt ein Verhör, ja?“, erwiderte Mephisto höhnisch. Er zog tadelnd eine Augenbraue hoch, doch ein verschmitztes Funkeln in seinen Augen machte deutlich, dass er Shiros Frage nicht als Kritik verstand. „Es gibt diverse Möglichkeiten… entweder der Dämon war stärker als meine gelegten Fallen - was ich jedoch arg bezweifle, da ein solcher Dämon stärkeres Interesse an der Vernichtung der True Cross Niederlassung mitsamt der darin befindlichen Exorzisten hätte, als an dem sinnlosen Gemetzel an drei normalen Schuljungen. Oder aber jemand hat den Dämon gerufen, die Kontrolle über ihn verloren, und ihm dadurch die Möglichkeit gegeben, sich hier frei zu bewegen… was die Opfer wiederum zu Tätern machen könnte.“ Shiro legte kameradschaftlich die Hand auf Mephistos Schulter. „Meiner Meinung nach, ist es die letztere Variante, aus den gleichen Gründen, die du schon genannt hast. Außerdem bin ich der Meinung, wir sollten den Fall ab jetzt selbst übernehmen.“, fügte er mit einem Seitenblick auf die gemieteten Exorzisten hinzu. „Wir sind ein eingespieltes Team von hochrangigen Exorzisten mit viel Erfahrung. Und immerhin handelt es sich bei dem Tatort um deine Schule.“ Der Direktor schmunzelte. Shiro wollte die alten Zeiten aufleben lassen, huh? Die Vorstellung gefiel ihm. „Ich hatte lange nicht mehr das Vergnügen, einem Einsatz beizuwohnen. Ich bin dabei.“ Die Mittelklasse Exorzisten sahen sich gegenseitig fragend an. Keiner von ihnen konnte dem Paladin folgen, also ernteten sie nur einvernehmliches Schulterzucken. --- Geronnenes Blut klebte an ihren Händen wie ein dünner, schwarzer Handschuh. Ihre Augen wanderten sehnsüchtig über den Campus, erspähten Schüler und ihr junges, männliches Fleisch. Dieser Ort war wie ein Fünfsterne-Buffet. Oh, was hatte sie lange in Gehenna geruht, bevor diese dummen Jungs sie heraufbeschworen hatten, nichtsahnend, welche Kraft sie in sich barg. So dumm, so naiv waren die Menschenkinder. Eigentlich könnte sie zufrieden sein, doch noch immer nagte dieser Hunger in ihr. Sie brauchte mehr. Trotzdem musste sie noch abwarten, bis die Nacht hereinbrach, um weiterhin unentdeckt zu bleiben. Auch wenn das bedeutete noch ein wenig länger ihre Instinkte und ihren Hunger unterdrücken zu müssen… --- Mittlerweile war es Nachmittag und draußen prasselte der Regen wie ein Trommelkonzert auf die Scheiben nieder. Die Sonne war hinter dunklen Wolken verschwunden und schien sich heute nicht mehr blicken lassen zu wollen. Das war der vorrangige Grund warum der Mephisto und Shiro ihre Untersuchungen in das Prinzipalbüro verlegt hatten. Stillschweigend saßen sie an dem großen Schreibtisch und lasen jeder für sich in Kopien der Bibel, um die Textpassage zu finden, die ihnen Aufschluss über den Dämon geben konnte. “Als du sagtest, dass wir den Fall übernehmen sollten, hatte ich nicht erwartet, dass du das damit meintest.“, äußerte Mephisto mit lautstarkem Gähnen hinter vorgehaltener Hand und lehnte sich in seinem opulenten Schreibtischstuhl zurück. „Dieses Buch wird so maßlos überschätzt. Ich jedenfalls kann mir eine spannendere Bettlektüre vorstellen.“ Ohne aufzublicken nahm sich Shiro die Wasserflasche, die auf dem Tisch stand und goss sich einen kleinen Schluck Mineralwasser in sein Glas. „Dieses Buch wirkt ganz hervorragend gegen deinesgleichen… und das ist doch schon viel wert.“, entgegnete er zwinkernd, bevor er genussvoll die klare Flüssigkeit trank. Der Dämon legte seinen Kopf schief und hob fragend eine Augenbraue. „Meinesgleichen? Sehr charmant.“ Shiro umkringelte noch ein paar Wörter und Phrasen aus dem Absatz, den er gerade gelesen hatte, dünn mit einem Kugelschreiber, schrieb sich die ein oder andere Notiz daneben und sah dann Mephisto grinsend an. „Wenn du schmollst, hast du erstaunliche Ähnlichkeit mit Rin.“ „Das liegt wohl in der Familie.“, erwiderte Mephisto gespielt angesäuert, gähnte erneut herzhaft und ließ seinen Oberkörper wie einen nassen Sack auf seine Kopie der heiligen Schrift sinken. Das Buch langweilte ihn dermaßen, dass er müde wurde – und eigentlich war er so gut wie nie müde. Missmutig stütze er seinen Kopf auf die rechte Hand und massierte mit den Fingerspitzen leicht seine Schläfen, um seine Konzentration zu stimulieren. Doch schon nach wenigen Wörtern gab er wieder auf und seine Augen wanderten unwillkürlich zurück zu Shiro, der noch immer akribisch die Heilige Schrift durch wälzte, als hinge sein Leben davon ab. Der Priester war alt geworden. Einige Falten zeichneten sich in seinem markanten Gesicht ab und auch die dunklen, schweren Augenringe schmeichelten ihm wenig. Sein ehemals aschblondes Haar war nun silbergrau und er kniff trotz seiner Brille die Augen zusammen, als habe er noch stärker an Sehkraft verloren. Auch wenn Mephisto der Ältere von beiden war, Shiro sah man das Alter deutlicher an. Der Schulleiter mochte gar nicht daran denken, wie es sein würde, wenn Shiro jemals das Zeitliche segnen würde. Dämonen hatten in aller Regel nicht genug Herz, um normale menschliche Empfindungen wie Liebe oder Zuneigung nachvollziehen zu können, dennoch versetzte ihm der Gedanke einen leichten Stich in der Brust. Der Paladin war ihm immer schon näher gewesen, als sonst irgendwer und der Verfall seiner menschlichen Hülle, veranschaulichte nur zu deutlich, dass er eines Tages nicht mehr da sein würde. Je früher er sich mit dem Gedanken anfreundete, desto einfacher würde es später sein – zumindest redete sich der Dämon das ein. „Du solltest dich eigentlich auf deine Arbeit konzentrieren!“, spöttelte Shiro und riss Mephisto aus seinen trüben Gedanken. „Du nötigst mich die Bibel zu lesen. Das grenzt nicht nur an Blasphemie, sondern widerspricht auch gänzlich meinem Naturell. Aus diesem Grund, brauche ich jetzt dringend eine Pause…“ Der Schuldirektor erhob sich von seinem Polstersessel und schaltete ein strahlend-pinkes Retroradio ein, dass auf einer antiken, weißen Holzkommode mit Goldornamenten thronte und trotz des krassen Stilmixes nicht deplatziert wirkte. “…And now it's virtual insanity, Forget your virtual reality ~” plätscherte ein Sprechgesang aus den Boxen. Mephisto wippte versuchsweise seinen Kopf im Takt der Musik und entschied sich dafür, dass er keinen neuen Sender suchen brauchte. Gut gelaunt pfiff er ein paar Takte mit und tänzelte dabei im Kreis herum. Shiro klappte seine Bibel zu und schob sie resigniert auf Seite. "Na gut, aber nur 15 Minuten." Zufrieden kramte Mephisto in seiner rechten Hosentasche nach seinem auffällig verzierten Handy und tippte eine Nachricht, während er sich zeitgleich wieder hinter den Schreibtisch setzte. „Mach 30 Minuten daraus, ich ordere uns gerade Tee. Earl Grey und Minzschokolade, der Herr?“ „Du machst doch sowieso, was du willst, also habe ich wohl keine Wahl. Earl Grey lass ich mir aber jederzeit gefallen.“ „Fein, fein.“, der Schulleiter schickte seine Nachricht ab und ignorierte gönnerhaft Shiros amüsiertes Kopfschütteln. Der Schulleiter wusste, dass es seltsam erschien, wenn er seinen Bediensteten Anweisungen simste, doch er nutzte gerne sein Handy und es war eine sehr diskrete und unproblematische Art, seinen Haushalt zu führen. So musste er nicht ständig auf der Suche nach seinem Personal die Villa durchkämmen und hatte ebenso auch keinen persönlichen Butler an seiner Seite. Dafür nahm er auch den Spot des Paladins in Kauf. Sorgsam verstaute er das Handy wieder in seiner Tasche, bevor auch er seine Kopie der Bibel zusammen klappte. Allerdings legte er sie nicht wie Shiro behutsam beiseite, sondern feuerte sie mit einer geschmeidigen Drehung des Handgelenks über seine Schulter in die Ecke des Raumes. Den tadelnden Blick des Priesters ignorierte er dabei geflissentlich. „Während wir warten, kannst du mir ja in der Zwischenzeit von deinen beiden Jungs erzählen. Gibt es irgendwelche Auffälligkeiten im Verhalten, speziell bei Rin?“ Das Thema auf Shiros Adoptivkinder zu lenken war nicht nur reiner Smalltalk sondern vor allem auch ein taktischer Schachzug. Der Paladin war vernarrt in seine beiden Jungs und er nutzte jede Gelegenheit um es seinen Mitmenschen mitzuteilen. So konnte man ihn am besten von notwendiger Arbeit ablenken, wenn man darauf keine Lust hatte. Außerdem war es sehr erheiternd, seinen Anekdoten zuzuhören, die er mit glänzenden Augen und stolzgeschwellter Brust erzählte. Diesmal jedoch war der Effekt nicht ganz so wie geplant, denn Shiro ließ die Schultern hängen. „Rin ist schwierig momentan. Er hat ein Alter erreicht in dem ich ihn nicht mehr ohne Weiteres mit Gesten beruhigen kann. Wenn die anderen Kinder ihn früher in der Schule geärgert hatten, musste ich ihn nur in den Arm nehmen und er beruhigte sich sofort. Doch jetzt wehrt er sich wenn ich versuche ihn zu trösten. Ich darf mich regelmäßig bei den Eltern seiner Mitschüler entschuldigen, weil er sich wieder geprügelt hat.“ „Dass er anders sein würde, hast du von vorneherein gewusst.“, entgegnete Mephisto kühl. „In Gehenna ist Gewalt das einzige verfügbare Mittel um sich als Jungdämon behaupten zu können. Ich habe Rins Kräfte damals versiegelt, doch komplett charakterlich umkrempeln konnte ich ihn damit nicht. Gewisse Instinkte lassen sich einfach nicht ausschalten.“ Der Priester schwieg eine Weile und stöhnte dann laut. „Du hast schon recht. Doch ich weiß, dass da mehr in dem Jungen drinsteckt. Er könnte so viel aus sich machen, wenn er erst einmal anfangen würde zu denken, bevor er handelt. Ich sehe doch daheim, dass es auch anders geht.“ „Wie schon gesagt: Instinkte lassen sich nicht ausschalten. Finde dich einfach mit dem Gedanken ab.“ „So, so…“ murmelte Shiro und fixierte den Schulleiter mit seinem Blick. „Hast du auch… Instinkte?“ Die Betonung des letzten Wortes ließen Mephisto aufhorchen. Er gab eine Art Schnurrlaut von sich und beugte sich auf seine Schreibtischplatte gestützt vor, um die Distanz zu seinem Gegenüber zu minimieren. „Kommt ganz darauf an, wie du das meinst.“ Für einen Augenblick schien es so, als rückte auch Shiro näher, doch dann brach der Mann in haltloses Gelächter aus. „Was ich meine ist… wie konnte jemand wie du jemals in Gehenna überleben, geschweige denn sich durchsetzen? Du machst auf mich den Eindruck, als wärst du wie eine schwule Elfe durch das Dämonenreich gehüpft und hättest die anderen Dämonen mit deinem rosa Schirmchen und Lollipops verprügelt in deinem albernen Clownsoutfit!“ Mittlerweile lachte er so herzhaft, dass ihm die Tränen über die Wangen liefen. Schmollend verdrehte Mephisto die Augen und schüttelte den Kopf. Die ganze schöne Stimmung war vollkommen hinüber. Dass Shiro in allen möglichen Situationen seine blöden Witzchen riss, war ja an sich nichts Neues, aber diesmal war es dermaßen fehl am Platz, dass der Schulleiter am liebsten seinen Schädel auf die Tischplatte hämmern wollte. Während sich der Priester vor Lachen in seinem Sessel kringelte wie ein Aal unter Strom, wanderte Mephistos Blick zu dem Kalender an der Wand, der zu seiner rechten hing. Sein Blick fiel bewusst auf den morgigen Tag, den er mit einem Herzchen umrandet und mit der Notiz „20 Jahre“ vermerkt hatte. „Du weißt schon, was morgen für ein Tag ist.“ Das Lachen hörte schlagartig auf und ein mildes Lächeln breitete sich auf Shiros Gesicht aus, als er Mephistos Blick folgte. „Ehrlich gesagt, ist das der Grund, warum ich überhaupt hier bin. Von dem Vorfall ist jedenfalls nichts zu mir vorgedrungen. Wahrscheinlich wollte man mich nicht wegen solcher „Lappalien“ belästigen.“ Der Dämon antwortete in einem heiseren, spöttischem Tonfall: „Gegen das faule System im Orden kannst du allein nichts ausrichten. Aber es ist sehr schmeichelhaft, dass du dir Zeit zur Feier unserer 20jährigen Freundschaft nehmen konntest.“ Wortlos erhob sich der Paladin von seinem Stuhl und umrundete den Schreibtisch mit wenigen, schnellen Schritten. Sanft aber bestimmt fixierte er Mephistos Arme unter seinen Händen an den Seitenlehnen des Sessels und näherte sein Gesicht so an, dass es nur noch wenige Zentimeter von dem des Dämons getrennt war. Der Abstand war so gering, dass er Mephistos heißen, schnellen Atem an seinem Hals spüren konnte. „Ich glaube zwischen uns gibt es ein bisschen mehr als nur Freundschaft…“ „Ich weiß nicht, ob das hier angemessenes Verhalten für einen so hochrangigen Exorzisten ist…“, wisperte der Schulleiter betörend, bevor er vor schnellte, um seine Lippen auf die des Priesters zu drücken. Zärtlicher als man es von einem Dämon erwarten würde, wanderten seine scharfen Reißzähne über das weiche Fleisch von Shiros Unterlippe und baten saugend um Einlass. Shiro entfuhr ein verlockendes Stöhnen und Mephisto nutzte die Gelegenheit postwendend um seine Zunge in dessen Mund zu schlängeln. Die Hände des Paladins wanderten Mephistos Arme hinauf, strichen sanft über die Wangen des Dämons und krallten sich schließlich in dessen seidige, dunkle Haarsträhnen. So waren nun auch endlich Mephistos Hände frei. Fordernd grub er seine Finger in den Stoff von Shiros Robe, zog den Mann hinab auf seinen Schoß und keuchte auf, als er dessen Gewicht und Wärme auf sich spürte. Er hatte fast vergessen, wie gut es sich anfühlte, den Priester so nah bei sich zu haben. Unwillkürlich drückte er sich fester an Shiros Körper, spürte, wie ihn die Hitze des Augenblicks und die Geräusche, die der Mann von sich gab, ihn noch mehr antrieben. Beide atmeten schwer, als sie ihren Kuss des Sauerstoffs wegen unterbrechen mussten. Doch der Priester schien noch etwas mehr außer Atem zu sein: „Wenn du dich das nächste Mal so exzessiv an mich klammerst, denk bitte dran, dass ich nicht mehr der Jüngste bin. Oder hattest du etwa vor, mich auf diese Art umzubringen?“ Mephistos Wangen waren von einer feinen Röte überzogen und sein Blick schrie förmlich nach Sex. Dennoch brachte er genug Selbstbeherrschung auf, um Shiro halb entschuldigend, halb provokant die Zunge herauszustrecken und neckend zu antworten: „So alt bist du nun auch wieder nicht und es gibt weitaus schlimmere Arten zu sterben?“, schnurrte er nah an Shiros Ohr, während er seinen Zeigefinger verführerisch um dessen Brustwarze kreisen ließ, die sich unter dem feinen Stoff hart abzeichnete. „Oder soll ich stattdessen eine Dose Rheumasalbe öffnen und dich damit einreiben, alter Mann?“ Der Priester gluckste amüsiert und begann damit an Mephistos Ohrläppchen zu knabbern. „Du bist ganz schön vorlaut!“ „Ich weiß. Das bin ich sogar leidenschaftlich gerne…“ Der Dämon zwinkerte neckisch und begann damit langsam die vielen Knöpfe an Shiros Robe zu öffnen. Just in dem Moment erklang ein Klopfen an der Tür. Beide Männer seufzten unisono. Resigniert begannen sie damit, sich die Kleidung wieder zu richten und auf ihre Plätze zurückzukehren, bevor sie den Bediensteten hereinbaten, der stillschweigend den Earl Grey und die Minzschokolade servierte. Dann mussten ihre Bedürfnisse eben noch ein wenig warten. --- Ihr Herz brodelte, als sie geschwind durch die engen gewundenen Straßen der True Cross Akademie fegte wie eine Hexe auf ihrem Besen. Ihr Ziel war bald in Reichweite. Dort wimmelte es von Fleisch. Sie würde ein Festmahl genießen können. Ihr Verstand hatte sich längst ausgeschaltet und ihre Instinkte hatten die Oberhand. Sie schrien vor Hunger und zum ersten Mal in ihrem Leben, fühlte sie sich frei und wild zugleich, auch wenn sie sich selbst längst verloren hatte. --- Es war kurz vor zehn, als Mephisto ein sanftes Schnarchen von der anderen Seite seines Schreibtisches wahrnahm. Empört blickte er auf und stellte fest, dass Shiros Kopf auf den geöffneten Seiten seiner Bibel ruhte. Soviel also zu der Predigt, die er ihm eben noch bezüglich das Setzens von Prioritäten gehalten hatte. Der Schuldirektor war sehr versucht, den Priester irgendetwas an den Kopf zu schmeißen, um ihn wieder aufzuwecken und ihm seine eigene bittere Medizin in Form von Worten schlucken zu lassen. Doch das einzige, was er hätte werfen können, waren seltene und kostspielige Sammlerstücke, seine Bibel oder aber ein wertloser Schlüsselanhänger in Form eines Frosches aus einem Gashapon-Automaten, der aufgrund seiner weichen Konsistenz jedoch nicht als geeignetes Wurfgeschoss einzustufen war. Stattdessen entschied er sich einfach dazu, den Schlafenden eine Weile lang über den Tisch hinweg zu beobachten und dabei in alten Erinnerungen zu schwelgen. Vor 20 Jahren hatte man beschlossen sie zusammen in ein Team zu stecken. Mephisto war zu dem Zeitpunkt bereits ein „Ehrwürdiger Ritter“ gewesen. Shiro hingegen war gerade erst zu einem Second Class Exorzisten aufgestiegen. Damals war er auch noch um einiges temperamentvoller und großschnäuziger als heute und nicht ganz so besonnen und professionell wie in diesen Tagen. Aber es hatte schon damals Spaß gemacht mit ihm zusammenzuarbeiten. „Es ist nicht gerade fair von dir, mir auf die Art die ganze Arbeit aufzuhalsen. Das weißt du, oder?“, murmelte der Dämon vorwurfsvoll, als ob der alte Mann ihn im Schlaf hören könnte. Dann erhob er sich von seinem Stuhl, öffnete die Schnalle seines Umhangs mit einem leisen Click und deckte Shiro anschließend mit dem Kleidungsstück sorgsam zu. „Du wirst morgen mit Rückenschmerzen aufwachen, da kannst du sicherlich eine Verkühlung nicht auch noch gebrauchen.“ Der Schulleiter betrachtete seine Tat selbstzufrieden und begab sich dann wieder an seinen Platz, um weiter zu arbeiten. So sehr es ihm widerstrebte die Heilige Schrift überhaupt zu lesen, so sehr freute es ihn auch, dass die Aussichten auf einen erfolgreichen Jubiläums-Tag morgen stiegen, wenn er Shiro in der Angelegenheit jetzt unterstützte und alles in seiner Macht stehende tat, um eine Spur auf den Täter zu bekommen. Zudem hasste er es, wenn irgendwelche Dämonen ungefragt in seine Schule hereinspazierten und seine Schüler abschlachteten wie Freiwild. Der Priester schnarchte seelenruhig weiter. Es war in diesem Augenblick schwer vorstellbar, dass dieser müde, alte Mann es zum Paladin gebracht hatte. Augenrollend widmete sich Mephisto wieder seiner eintönigen Aufgabe zu. Irgendwo in der Mitte der Seite hatte er sich markiert, wo er aufgehört hatte zu lesen. Im direkten Vergleich mit seinem Partner war er allerdings nicht sehr weit vorangeschritten. Erst bis zu Kapitel 34 hatte er es im Buch Jesaja gebracht. 8 Denn das ist der Tag der Rache des HERRN und das Jahr der Vergeltung, zu rächen Zion. 9 Da werden Edoms Bäche zu Pech werden und seine Erde zu Schwefel; ja sein Land wird zu brennendem Pech werden, 10 das weder Jahr noch Tag verlöschen wird, sondern ewiglich wird Rauch von ihm aufgehen; und es wird für und für wüst sein, daß niemand dadurchgehen wird in Ewigkeit; 11 sondern Rohrdommeln und Igel werden's innehaben, Nachteulen und Raben werden daselbst wohnen. Denn er wird eine Meßschnur darüber ziehen, daß es wüst werde, und ein Richtblei, daß es öde sei, 12 daß seine Herren heißen müssen Herren ohne Land und alle seine Fürsten ein Ende haben; 13 und werden Dornen wachsen in seinen Palästen, Nesseln und Disteln in seinen Schlössern; und es wird eine Behausung sein der Schakale und Weide für die Strauße. 14 Da werden untereinander laufen Wüstentiere und wilde Hunde, und ein Feldteufel wird dem andern begegnen; das Nachtgespenst wird auch daselbst herbergen und seine Ruhe daselbst finden. Mephisto stutzte und las den letzten Absatz noch einmal, bevor er sich vollkommen sicher war: Das war die Textstelle die Shiro rezitiert hatte! Und er wusste zudem, welcher Dämon dort als das Nachtgespenst Erwähnung fand. Konnte es tatsächlich sein, dass er die Lösung gefunden hatte? Hatte sie sich selbst verraten mit den eingeritzten Worten? Sie war eine lebende Legende. Älter als die Bibel und eigentlich kein aggressives Wesen, das nach Blut dürstete. Lilith, Adams erste Frau, das Gegenbild der Eva… sie hatte viele Namen. In Gehenna kannte man sie jedoch eher als Urmutter der Sukkubus- und Inkubus-Dämonen… die Mutter seiner eigenen Spezies. Er musste sofort Shiro wecken. --- Näher, immer näher kam sie dem Ziel. Nur noch wenige Minuten, bis sie ihn erreicht hatte, den Ort an dem die männlichen Studenten schliefen. Ihr Herz pochte. Ihr irres, vorfreudiges Lachen gellte durch die Straße. Ihr Verstand war vollkommen untergegangen… --- „Lilith? Blutbäder klingen nicht nach ihrem normalen Verhalten…. Ich hätte eher auf Orgien getippt in ihrem Zusammenhang.“, hakte Shiro nach, während Mephisto gelassen an seinem Bund nach dem geeigneten Schlüssel für den direkten Weg zum Wohnheim der männlichen Studenten suchte. Seine offiziellen Roben hatte er gegen seinen Trenchcoat eingetauscht, um im Falle einer Auseinandersetzung agiler reagieren zu können. „In der Regel können unerfahrene Tamer einen so hochrangigen Dämonen wie Lilith nicht herbeirufen, da sie dafür zu schwach sind, um die Verbindung zwischen Gehenna und Assiah für die Dauer der Beschwörung lange genug aufrecht zu erhalten. Es gibt jedoch Gerüchte, dass Sprüche existieren, die es unzureichend ausgebildeten Beschwörern erlaubt, hochrangige Dämonen auf ein niedrigeres Level entsprechend dem Potential des entsprechenden Beschwörers zurückzustufen. Dadurch verliert der Dämon jedoch an Kraft und Struktur, was sich wiederum negativ auf sein Grundverhalten auswirkt. Da man genauso gut einen niederklassigen Dämonen ohne Fehlverhalten und mit gleicher Stärke herbeirufen könnte, haben sich diese Sprüche im Laufe der Zeitverloren… in einigen älteren Schriften werden Sie jedoch noch erwähnt, wie zum Beispiel im Lemegeton Clavicula Salomonis.“ „Das würde bedeuten, einer der drei getöteten Jungs hat so einen Spruch angewendet und Liliths Psyche damit dermaßen geschädigt, dass sie nun Amok läuft und Männer abschlachtet wie eine Furie?“ „Ja genau. Wahrscheinlich wollten Sie sich mit der Urmutter aller Verführerinnen ein wenig vergnügen und haben dabei ihr ganzes Bewusstsein irreparable geschädigt. Das würde dann auch erklären, warum Lilith uns Hinweise hinterlassen hat. Zu dem Zeitpunkt musste sie kurzzeitig wieder Kontrolle über sich gehabt und das Erstbeste getan haben, was ihr in den Sinn kam: Um Hilfe rufen in Form dieser eingeritzten Botschaft… Ah, hier ist ja der Schlingel!“ Triumphierend hielt der Schuldirektor einen kleinen goldenen Schlüssel hoch, der mit schlichten Ornamenten verziert war, und steckte ihn dann behände in das Schloss seiner Bürotür, um diese mit einem lauten Clonk zu entriegeln. Mit einer ausschweifenden Geste bedeutete er anschließend dem Priester, durch die geöffnete Tür zu gehen. Doch Shiro tat es ihm stattdessen gleich. „Nah, Manieren müssen sein: Lady’s First!“, sagte er grinsend und fing sich dadurch einen nachsichtigen Stoß in die Rippen ein. „Langsam wirst du ganz schön unverschämt.“, entgegnete Mephisto mit einem erheiterten Lachen und spazierte dann doch zuerst durch die Tür in den dunklen Flur der Jungenunterkünfte. Die beiden Exorzisten sahen sich im Schein des Mondlichts um. Das Fehlen von abgeschlachteten Jugendlichen und das selige Schnarchen das vielerorts durch die geschlossenen Türen drang schienen gute Indizien dafür zu sein, dass hier bislang noch nichts vorgefallen war. „Ich würde sagen, dass wir uns am besten aufteilen.“, schlug Mephisto vor und dirigierte Shiro mit ausgestrecktem Zeigefinger Richtung Norden. „Du nimmst den Korridor dort und ich schau mich auf der anderen Seite um.“ Der Priester nickte und marschierte schnellen Schrittes in die Richtung, die Mephisto ihm gezeigt hatte. Der Dämon selbst wollte gerade kehrt machen und zur anderen Seite laufen, als er aus dem Augenwinkel heraus einen flüchtigen Schatten in den Büschen vor dem Gebäude erspähte. Als nachtaktives Wesen war seine Sicht im Dunklen besser ausgeprägt, als die eines Menschen, doch auch ihm waren Grenzen gesetzt. Dennoch war er sich sicher, dass er gefunden hatte, wonach sie suchten. Geschwind öffnete er das Fenster und schwang sich elegant aus dem zweiten Stock hinab auf die spärlich beleuchtete, kleine Auffahrt vor dem Gebäude. Der direkte Weg war immer noch der Schnellste. Die Nachtluft war feucht und legte sich schwer auf seine Lungen. Das würde sich negativ auf seine Ausdauer auswirken. Seine Augen wanderten im Schein der Laternen umher. Er konnte ihre Anwesenheit hier draußen noch deutlicher spüren, nur sehen konnte er sie nicht und das ärgerte ihn. Wo hielt sie sich bloß verborgen? Ungeduldig, dennoch wachsam schritt er hinüber zu der angelegten Grünanlage. Irgendwo dort meinte er den Schatten eben gesehen zu haben. Obwohl seine Ohren gespitzt waren, hörte er Lilith viel zu spät. Sie war schon hinter ihm, als er sie bemerkte und es blieb ihm keine Möglichkeit mehr, zu einem Ausweichmanöver. Mit einem gezielten Schlag in die Magengrube nahm sie ihm die Atemluft und drückte ihn mit ihren scharfen Klauen und übermenschlicher Kraft auf den harten Boden. Der Dämon spürte schmerzhaft, wie sich ihre spitzen Nägel tief in sein Fleisch bohrten und dabei seine Haut blutig riß. „Mephissssstooooo~“, zwitscherte die Dämonin wie im Wahn. Ihr sonst so feines, blondes Haar, hing in wirren, dreckigen Strähnen von ihrem Kopf. Ihr Blick war irre und ihre aufgeplatzten Lippen waren zu einem teuflischen breitem Grinsen verzehrt. Seltsam glucksende Laute kamen aus ihrem Mund, während ein bestialischer Gestank nach Fäulnis sie einhüllte wie ein Leichentuch. Mephisto wurde regelrecht schlecht von dem Gestank. Alles an ihr schrie förmlich nach Wahnsinn, Tod und Verfall. Dem Schulleiter blieb keine Zeit, um einen strategisch wertvollen Plan auszuklügeln. Das Wichtigste war jetzt, dass er sich befreite. Er wandte sich geschickt unter Liliths Leichtgewicht, bis er wieder halbwegs Kontrolle über seinen Körper bekam, und versetzte ihr einen Tritt in den Unterbauch. Die Dämonin schrie sofort vor Schmerz und krümmte sich, So dass es Mephisto spielend gelang ihren Griff zu sprengen und wieder auf die Beine zu kommen. Mit einem Satz nach hinten brachte Mephisto Distanz zwischen sich und der Angreiferin, bevor sie sich wieder erheben und sich womöglich an ihm abreagieren konnte. Der Schulleiter grinste finster und wischte sich das Blut vom Gesicht. Es würde nicht lange dauern, bis diese oberflächlichen Verletzungen bei ihm wieder verheilt waren. „Gut, du weißt also noch wer ich bin. Sehr löblich, Mutter. Doch ich fürchte, unser kleines Familientreffen wird heute recht kurz ausfallen. Es war nicht sehr nett von dir, dich an meinen Schülern zu vergreifen. Dafür muss ich dich nun leider vernichten.“ Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, stürzte sich die Dämonin mit einem schrillen Wutschrei auf ihn. Mephisto hatte erneut Mühe ihr auszuweichen und er schaffte es nur um Haaresbreite. Ihre Augen waren zorngeweitet und Speichel troff unappetitlich aus ihrem Maul. Das degenerierte Etwas da vor ihm war nicht einmal mehr ein Schatten der anmutigen Urmutter seiner Spezies. Es war ein sabberndes, bluthungriges Ungetüm, zu instinktgesteuert um berechenbar zu sein, was dieses Auseinandersetzung umso gefährlicher machte. Aber vielleicht lag darin auch der ganze Reiz dieses Kampfes. Mephisto musste jedenfalls zugeben, dass er sich köstlich amüsierte und sein Grinsen war so präsent, dass ihn jeder, der ihn nicht kannte, ebenfalls für irre halten musste. Tatsächlich war er sich aber nur absolut siegessicher. Ohne groß zu Zögern griff er nach seinem pinken Flickenschirm. „Genug jetzt! Eins… Zwei…“ „Ich brauche Fleisch! Und Blut! Deines! Gib es miiiiiir!“, krächzte Lilith und setzte erneut zu einer Attacke an. „Dre…!“, gerade als Mephisto die Energie des Angriffs entladen wollte, sprang Shiro aus einem der Gebüsche hervor und streckte die angreifende Dämonin mit einem gezielten Schuss in den Schädel nieder. Blut und Gehirnmasse spritzten vermischt zu einer einzigen roten Masse auf das Kopfsteinpflaster und regnete auf den erstaunten Schulleiter nieder. Liliths Körper fiel wie ein nasser Sack in sich zusammen. Sie war tot, noch bevor sie den Boden berührte. „…Liege und schlafe ganz mit Frieden; denn allein der Herr, hilft dir, dass du sicher wohnest.“, rezitierte der Priester und besprenkelte den verdrehten Körper mit reichlich Weihwasser. Die Substanz fraß sich in das Dämonenfleisch und verätzte die Überreste innerhalb von wenigen Sekunden zu grauem, stinkendem Qualm. Mephisto packte seinen Schirm wieder weg und betrachtete genervt seinen besudelten weißen Trenchcoat. „Weißt du eigentlich wie schwer es ist Blut und Gehirnflüssigkeit aus einem Kleidungsstück herauszubekommen, du Berserker?“, motzte er und versuchte den gröbsten Dreck wieder wegzuwischen, mit dem Ergebnis, dass es noch schlimmer als vorher wurde. Shiro grinste triumphierend und hängte seine schallgedämmte Kalaschnikow über die rechte Schulter, als sich der Körper der Dämonin vollkommen aufgelöst hatte. „Nein, aber ich bin mir sicher, dass du es auch nicht weißt. Ich kann mir kaum vorstellen, dass so ein wohlhabender und verwöhnter Kerl wie du, seine Wäsche selber wäscht.“ „Nun, das ist nicht der Punkt.“, gab der Direktor zurück. Gemächlich stapfte er hinüber zu seinem Partner und kniff ihn spielerisch in den Oberarm „Musst du denn immer ein Massaker aus einer Dämonenhatz machen, du elender Angeber?“ „Also ich finde es stilvoller, als mit einem pinken Schirmchen herum zu wedeln.“, neckte Shiro und vollführte eine entsprechend, winkende Handgeste. Mephisto grummelte irgendetwas Unverständliches in seinen Bart. Beide Exorzisten sahen sich flüchtig an und brachen dann in haltloses Gelächter aus. Nach all den Jahren , die sie zwei nun schon miteinander verbracht hatten, benahmen sie sich immer noch wie Kleinkinder. --- Der Geruch von frisch gebrühtem Kaffee weckte Shiro aus seinem traumlosen Schlaf. Immer noch müde und erschöpft von der gestrigen Nacht rieb er sich den Sand aus dem Augenwinkel und stützte sich auf seinen Ellbogen noch oben, um sehen zu können, wo der verführerische Duft herkam. „Guten Morgen, Herr Langschläfer.“, schnurrte Mephisto gut gelaunt hinter seinem Schreibtisch, auf dem ein ganzes Buffet an Frühstücksspeisen angerichtet war. „Ich dachte nach der anstrengenden Nacht hättest du sicherlich Hunger.“ Shiro lächelte mild und schälte sich aus dem Laken. Sein Rücken schmerzte ein wenig trotz der federweichen Schlafcouch. Mephisto hatte kein eigenes Bett, da er seine Nächte nicht mit mehr als einer Stunde Schlaf vergeudete. „Kommt darauf an, ob du das Essen vorbereitet hast oder jemand mit Sachverstand.“ „Nah, und schon wieder stichelst du mich. Das Essen stammt allerdings wirklich nicht von mir.“ Shiro ließ den Blick über das opulente Mahl gleiten. Neben Croissants, Waffeln mit Kirschen und Sahne und Pancakes mit Ahornsirup gab es auch noch vielerlei Sorten Brot, Wurst, Käse, Marmelade, Eier in diversen Varianten zubereitet und sogar Fisch, Reis und Misosuppe in Anlehnung an ein traditionelles japanisches Frühstück. Dem Priester lief das Wasser im Munde zusammen, doch zunächst schenkte er sich eine Tasse des Kaffees ein. „Lass es dir schmecken…“, sagte der Schulleiter und bestrich sein Buttercroissant großzügig mit Erdbeermarmelade. „… und einen schönen Jahrestag wünsche ich dir.“ Shiro legte das Messer beiseite, mit dem er sich eine Scheibe Weißbrot abgeschnitten hatte und beugte sich über den Schreibtisch. Ein Klecks Marmelade hing in Mephistos Mundwinkel, den er genießerisch ableckte, bevor er ihn ungewohnt zärtlich küsste. „Einen ebensolchen.“, sagte er anschließend und widmete sich dann wieder seinem Frühstück ohne zu bemerken, wie dem Dämon vor Überraschung die Schamesröte ins Gesicht stieg. ~ TBC? ~ Quellenangaben: 1) Die Luther-Bibel: Jesaja 34,8-14 / Psalm 4.9 (stellenweise abgeändert) 2) Musiktext: „Virtual Insanity“ von Jamiroquai Vielen lieben Dank für die Inspiration zur erfolgreichen Plotbunny-Jagd in Form einer Challenge geht an . Alle Wörter, die genannt werden mussten: Besen, Blut, Frosch, Virtual Reality, Handy, Käse, Wasserflasche, Regen, Kalender, Kugelschreiber Noch mehr Dank an meine engagierte und kompetente Beta , ohne die ich mich nur halb so gewählt und treffend ausdrücken könnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)