Die Legende vom Avatar von NarutoNinja ================================================================================ Kapitel 12: ------------ „Aber wie ist das möglich? Wieso kann ich plötzlich Erde bändigen? Ich komme vom Wasserstamm! Wasser ist keine Erde.“ Wie ein aufgescheuchtes Huhn eilte Kenai im Gang auf und ab und raufte sich die Haare. „Wasser ist ganz definitiv keine Erde! Argh! Ich verstehe das nicht!“ Verzweifelt schlug er mit dem Kopf gegen eine Felswand. Die Wand gab nicht nach, aber dafür hatte er ziemliche Kopfschmerzen. Genervt steckte Mana ihren Kopf aus der Höhle, in der sie sich um das verletzte Wolfsbärenjunge kümmerte. „Wirst du endlich still sein?!“, blaffte sie ihn an. „Mana muss sich konzentrieren! Geh und hol Mana heißes Wasser.“ Kenai gehorchte sofort, alleine schon um irgendetwas zu tun zu haben, um sich von seinen wirren Gedanken abzulenken. So schnell er konnte eilte er davon und brachte Mana was sie von ihm verlange. In der kleinen Höhle war es richtig heiß. Mana hatte überall Feuer entzündet, deren Rauch nur durch ein Loch in der Decke entweichen konnte. Den Eingang zur Höhle öffnete sie nur noch dann, wenn sie es unbedingt für nötig erachtete. Das kleine Wolfsbärenjunge sah immer noch kläglich aus. Es war vollkommen abgemagert und bestand eigentlich nur noch aus Fell und Knochen, das immer noch von unkontrollierbaren Krämpfen befallen wurde. Doch das kleine Geschöpf weigerte sich hartnäckig aufzugeben. Kaum brachte Kenai Mana das heiße Wasser, schüttete sie ein weißliches Pulver hinein und tränkte damit einige Lumpen. „Halte sie fest.“ Kenai ließ sich auf den Boden sinken und nahm das Jungtier behutsam in seine Arme, damit es Mana in Wickel legen konnte. Das Tier wehrte sich nicht gegen den heißen Kokon, ob aus fehlender Kraft oder in der Hoffnung auf Linderung war unmöglich zu sagen. Beruhigend kraulte Kenai sie hinter den Ohren, so lange, bis sie in einen unruhigen Schlaf versunken war. Wenn Kenai nicht dabei half sich um das Jungtier zu kümmern, kümmerte er sich um den lernfaulen Dachsmaulwurf. Mana hatte ihm eine neue Bewegung beigebracht und so hatte sich sein Spektrum von Löcher in die Wand stoßen um Löcher mit den Fingern in die Erde graben erweitert. Er wusste nicht wie lange er schon bei Mana war. Hier, in den Höhlen, war es fast unmöglich so etwas wie ein Zeitgefühl aufrechtzuerhalten. Immer öfter verlegte er daher seine Übungsstunden nach draußen ins Freie, so das er vermutete, dass es mittlerweile einige Tage sein mussten. An seinen Onkel und die anderen Wasserkrieger dachte er nicht. Nicht, weil es ihm eventuell gleichgültig war, sondern weil er zur Zeit einfach ganz andere Sorgen hatte. Er betete, dass das Wolfsbärenjunge wieder gesund werden würde und ihm gierte es nach Antworten, besonders auf die Frage, warum er Erde bändigen konnte. Diese Frage ließ ihn einfach nicht mehr los und verdrängte alles andere aus seinen Gedanken. Kenai grub gerade mit den Fingern ein Loch in den steinernen Boden, als der junge Dachsmaulwurf endlich auf die Idee kam, es auch einmal zu versuchen. Auf den Hinterbeinen sitzend, hockte das Tier neben dem jungen Wasserbändiger, hob seine scharfen Klauen und rammte sie in die Erde hinein. Es stutze, offenbar von sich selbst überrascht. Nach kurzem Zögern folgte die andere Klaue und von nun an hatte Kenai alle Hände voll damit zu tun, das Jungtier daran zu hindern das ganze Labyrinth auseinander zu nehmen. Es war sofort auf den Geschmack gekommen und wollte gar nicht mehr damit aufhören. Dementsprechend ausgelaugt schaute Kenai noch einmal beim Wolfsbärenjungem vorbei, bevor er sich in der größeren Höhle zum Schlafen zurückziehen wollte. Mana war nicht da. Dem Geruch nach zu urteilen machte sie sich gerade etwas zu essen und so waren er und das Tier zum ersten Mal seit dem Tag, an dem sie sich zum ersten Mal begegnet waren, wieder alleine. Leise setzte sich Kenai neben dem Jungtier nieder, lehnte sich gegen die Wand und nahm es in seine Arme. „Du bist ganz schön zäh, Kleine“, flüsterte er leise, während er sie behutsam streichelte. „Du bist eine kleine Kämpferin. Mana weiß nicht, ob du es überleben wirst, doch ich bin sicher, dass du das schaffst. Wir beide sind für ein Wunder gut. Wenn ich es schaffe, neben Wasser auch Erde zu bändigen, dann wird es für dich doch eine Kleinigkeit sein wieder gesund zu werden, oder? Ja, du hast richtig gehört. Ich kann Erde bändigen. Ganz schön verrückt, oder? Das war ein ganz schöner Schock. Ich werde es dir zeigen wenn es dir wieder besser geht. Ich frage mich, ob das nur Zufall ist oder ob es auch noch andere gibt, die zwei Elemente bändigen können. Ich hoffe zumindest, dass es auch noch andere gibt. Ich meine, es wäre doch sehr unwahrscheinlich, wenn ich der Einzige wäre. Nicht wahr? Ich meine, das kann doch eigentlich gar nicht sein. Irgendwo muss es noch andere geben! …“ Er schluckte. „Aber was ist, wenn ich doch der einzige bin? Was dann?“ Er seufzte. Angst regte sich in ihm, geschürt von Hilflosigkeit und Ungewissheit. „Wenn ich der einzige sein sollte … Wie soll ich das den anderen erklären? Soll ich einfach zu Nuka gehen und ihm sagen: ‚Hallo, da bin ich wieder. Entschuldigung, dass ich so lange gebraucht habe. Aber hey! Überraschung! In der Zwischenzeit habe ich versehentlich gelernt wie man Erde bändigt! Toll, was?‘ Ich glaube, das wäre keine gute Idee. Er hasst Erdbändiger. Wenn ich ehrlich bin glaube ich, dass er jeden hasst der nicht aus unserem Volk stammt … Du hast es gut. Du musst dir darüber keine Gedanken machen. Du musst dich nur darauf konzentrieren wieder gesund zu werden … Aber da fällt mir ein, dass du noch einen Namen brauchst! Mana würde zwar sagen, dass das unnötig ist, aber sie ist auch ein wenig … speziell“, drückte er es freundlich aus. Nachdenklich betrachtete er das Tier in seinen Armen. Es war wach. Die kleinen, hellblauen Augen waren halb geöffnet, schienen ihn jedoch nicht wahr zu nehmen. Fiebrig blickten sie in weite Ferne, doch ihre Ohren zuckten kaum merklich. „Weißt du, wenn ich dich so ansehe, finde ich, dass du ein wenig wie eine Anyu aussiehst. Bist du eine Anyu?“ Hoffnungsvoll sah er sie an. Bildete er es sich nur ein, oder hatten wirklich ihre Ohren gezuckt? „Also gut. Von nun an wirst du Anyu für mich sein. Wenn dir der Name nicht passt, kannst du dich später bei mir beschweren.“ Er grinste, dann wurde er still, während er das kleine Tier beobachtete, bis es in seinen Armen eingeschlafen war. Er rührte sich nicht. Er saß einfach nur da und beobachtete es, bis ihm selbst die Augen zufielen. Am nächsten Morgen, vorausgesetzt, dass es draußen tatsächlich Morgen war, wurde Kenai von einem schwachen Fiepen geweckt. Schläfrig öffnete er seine Augen. Er lag seitlich auf dem flauschigen Boden ausgestreckt. Der Dachsmaulwurf hatte es sich auf seinen Beinen gemütlich gemacht, die bereits unangenehm zu kribbelten begannen, doch er war nicht der einzige, der es sich bei ihm gemütlich gemacht hatte. Die kleine Anyu hatte sich an seine Brust gekuschelt. Leise fiepend schmiegte sie sich an ihn, die Augen geschlossen und gelegentlich mit dem Schwänzchen wedelnd. Sie atmete nach wie vor schwach, doch um einiges ruhiger und gleichmäßiger als er es je bei ihr gesehen hatte. „Du bist anders.“ Vorsichtig hob Kenai den Kopf. Mana saß auf der anderen Seite der Höhle. Ihre großen, hellen Augen ruhten auf ihm und betrachteten ihn mit nachdenklicher Ernsthaftigkeit. Dieses Mal sagte er nichts, sondern wartete, bis sie von alleine weiter redete. „Der Geist mag dich, obwohl ihn Lebende nicht interessieren. Du kannst Erde bändigen, obwohl du Wasserbändiger bist. Du verbringst eine Nacht mit einem todkranken Tier und erschaffst damit zwischen euch eine Bindung, die sie ins Leben zurück bringen wird.“ „Sie wird es schaffen?“ Kenai strahlte. Mana nickte. „Ja. Mana denkt schon, obwohl sie das nicht erwartet hat. Das Band zwischen euch ist stark. Vielleicht so stark, dass sie nicht mehr von deiner Seite weichen wird. Das kann Mana nicht mit Sicherheit sagen. Die Zeit wird es zeigen. Aber eines weiß Mana mit Sicherheit: Du bist anders.“ „Ich mag es nicht, wenn man mich anders nennt.“ „Du musst das akzeptieren. Du bist anders. Ob du willst oder nicht. Mana hat nachgedacht. Mana möchte dir ein Angebot machen. Mana bietet dir an eine Weile hier zu bleiben, damit sie dir das Erdbändigen beibringen kann. Richtiges Erdbändigen. Mana glaubt, dass der Geist dich zu ihr gebracht hat, damit sie dir helfen kann die Erde zu meistern. Mana kennt den Grund dafür nicht, aber Mana würde niemals den Willen der Geister in Frage stellen.“ „Ich muss zu meinen Leuten zurück“, antwortete Kenai zögerlich. Er konnte sich nur schwer vorstellen, dass der Geist ihn nur deswegen gerettet hatte, damit er lernte die Erde zu bändigen. Allerdings hatte sich in den letzten Tagen so viel geändert, dass er sich dessen nicht wirklich sicher sein konnte. „Sie machen sich bestimmt schon Sorgen um mich.“ „Pah.“ Mana machte eine abwehrende Handbewegung. „Das ist doch unwichtig. Du hast selbst gesagt, dass der Geist dich von den anderen getrennt hat. Er will nicht, dass du bei ihnen bist.“ „Ich glaube kaum das einer von uns genau weiß was die Geister wollen und was nicht. Sie sind nicht gerade gesprächig. Ansonsten hätte ich längst mit Tsai Shen geredet. Vielleicht weiß er ja was mit mir nicht stimmt.“ „Wasserbändiger hassen Erdbändiger. Was werden sie tun wenn sie herausfinden das in dir ein Erdbändiger steckt? Willst du es ihnen verschweigen? Oder willst du es ihnen sagen? Du bist anders als sie.“ „Hör auf das zu sagen!“ Kenai wurde wütend. „Sie sind meine Familie! Atka ist mein bester Freund! Wir sind zusammen aufgewachsen! Und Nuka ist mein Onkel! … Auch wenn ich ihn noch nicht so gut kenne.“ „Wenn du ihn noch nicht so gut kennst, woher willst du dann wissen wie er reagiert?“ „Er ist mein Onkel!“ „Das muss ihm nichts bedeuten. Er ist ein Wasserkrieger. Er lebt nur um zu kämpfen und ist bereit alles zu opfern um zu siegen, selbst wenn es jeden um ihn herum das Leben kosten sollte!“ „Das kannst du nicht wissen!“ „Mana kann es wissen, denn Mana hat es gesehen! Mana hat gesehen, was der Wahn der Menschen anrichten kann! Die Menschen sind verdorben. Manas eigener Mann hat ihren Sohn in den sicheren Tod geschickt! Bei einem Unterfangen, was ohnehin zum Scheitern verurteilt war! Als unser Sohn starb, hat er ihn verachtet, weil er es nicht geschafft hatte den Plan auszuführen! Er hat ihn auf dem Sterbebett verleugnet! Dein Onkel ist nicht anders als Manas Mann! Siegen oder sterben, was anderes gibt es nicht!“ „Das … Das ist ja furchtbar!“ Kenai war entsetzt. Er hatte keine Ahnung was er darauf erwidern sollte. „Lebst …“, begann er, brach jedoch ab und räusperte sich. „Lebst du deswegen hier alleine in den Bergen?“ Mana ignorierte diese Frage. „Wenn man herausfindet, dass du anders bist, wird man dich jagen. Alles, was anders ist, ist schlecht. Vielleicht, wenn du Glück hast, wird man versuchen dich zu benutzen. Jemand, der Wasser und Erde bändigen kann, ist mächtiger und gefährlicher als jemand, der nur Wasser oder nur Erde bändigen kann. Du bist ein Meister im Wasserbändigen, doch du bist ein blutiger Anfänger im Erdbändigen. Du bist anders. Wenn du in dieser Welt überleben willst, musst du ein Meister im Wasser- und im Erdbändigen sein. Wenn du dich nicht verteidigen kannst, ist die ganze Welt dein Feind. Mana will dir helfen. Mana will dir alles beibringen was sie weiß, aber dafür musst du bleiben.“ Mit laut knackenden Knochen erhob sie sich schwerfällig von ihrem Platz. „Manas Angebot steht. Bleib oder geh.“ Mit diesen Worten ließ sie ihn allein. Wenige Stunden später bahnte sich Kenai alleine seinen Weg durch die weiten Gänge des Labyrinths. Er hatte nicht wirklich eine Ahnung wo er eigentlich hin wollte. Er ertrug es einfach nicht mehr tatenlos herumzusitzen und sich über Dinge Gedanken zu machen, die er nicht verstand und die ihn ängstigten. Er bereute es bereits seine Heimat verlassen zu haben. Damals war alles so viel einfacher gewesen. Damals war er einfach nur der Sohn eines Clanführers gewesen, der Wasser bändigen konnte. Jetzt war er ein von zu Hause ausgerissener Junge, der mit Kriegern kämpfen sollte, obwohl er eigentlich nur die Welt hatte sehen wollen, der von seinen Leuten getrennt worden war, Zuflucht bei einer alten Greisin gefunden hatte und darüber hinaus auch noch die Erde bändigen konnte, zusätzlich zu Wasser. Ach ja, und der Geist dieses Berges mochte ihn auch noch. Irgendjemand erlaubte sich einen ganz üblen Scherz mit ihm. Mit diesen Gedanken, die er einfach nicht verdrängen konnte, öffnete er irgendwann einen der Gänge und trat ins Freie hinaus. Mit einem lauten Platschen landete er plötzlich in eiskaltem Wasser. Erschrocken kämpfte er sich wieder an die Oberfläche und zog sich hustend ans Ufer. „Das war so klar“, würgte er hervor. Warum musste so was immer genau dann passieren, wenn er es gerade überhaupt nicht gebrauchen konnte? Bei seinem Glück war er jetzt bestimmt von einem Dutzend Kriegern umringt, die ihn überrascht anstarrten und ihre Speere auf ihn richteten. Ein Blick reichte um festzustellen, dass dem nicht so war. Er war vollkommen alleine. Er seufzte erleichtert, doch dann stutzte er. Irgendetwas an diesem Ort kam ihm beunruhigend vertraut vor. Ihm wurde kalt. Eine eisige Gänsehaut ließ ihm die Nackenhaare zu Berge stehen. Er kannte diese Höhle, kannte die Kristalle, die sie mit einem schaurigen Schimmer erhellte, kannte den See, der unschuldig in der Mitte ruhte. Das hier war das Lager des Wasserstammes, nur, dass es vollkommen verlassen war. Er war vollkommen alleine. Ungläubig stand er auf und lief einmal um den See herum. Hier gab es nichts. Rein gar nichts. Nicht einmal den kleinsten Hinweis darauf, dass hier eine ganze Kriegerschar gewesen war, noch Spuren irgendeines Kampfes. Man hatte das Lager einfach verlassen. Ohne ihn. Ohne ihm einen Hinweis hinterlassen zu haben, wohin sie gegangen sein könnten. Nichts. Vollkommen perplex stand er einfach nur da und starrte ins Wasser. Mit einem Mal fühlte er sich vollkommen allein. Sie waren weg. Einfach so. Sie hatten nicht auf ihn gewartet. Hatten sie überhaupt nach ihm gesucht? Er konnte unmöglich so lange fort gewesen sein. Ein paar Tage, höchstens, nicht mehr. Auf keinen Fall lang genug um ihn einfach so zurückzulassen! Zorn regte sich in ihm. Tränen schossen ihm in die Augen. Das war nicht fair. Ja, er hätte vielleicht früher zurückkommen können, doch sie hätten zumindest irgendeine Nachricht hinterlassen können! Irgendetwas! „Halt“, machte er plötzlich, als ihm ein hoffnungsvoller Gedanke kam. Vielleicht hatten sie ihm draußen irgendeinen Hinweis hinterlassen! Sofort suchte er nach einem der Gänge, zwängte sich hindurch und trat schon bald ins Freie hinaus. Er brauchte einen Augenblick, bis sich seine Augen an das grelle Tageslicht gewöhnt hatten. Die Umgebung war rau und karg, genauso, wie er sie in Erinnerung hatte. Nichts hatte sich verändert. In weiter Ferne konnte er am Horizont einige sich bewegende Punkte entdecken, doch sie waren zu weit weg um sie genau erkennen zu können. Vielleicht waren es Drachen, auch wenn sie sich nicht halb so schnell bewegten wie der, den er gesehen hatte. Es interessierte ihn nicht besonders. Sofort sah er sich um, doch so sehr er auch suchte, er fand nichts, was ihm auch nur den geringsten Hinweis auf den Wasserstamm hätte liefern können. Sie hatten ihn tatsächlich alleine gelassen. „Sie sind weg“, flüsterte er leise. „Einfach weg …“ Ungläubig starrte er vor sich auf den Boden. Seine Hand zitterte, als Hoffnungslosigkeit von ihm Besitz ergriff. Das konnte noch wahr sein! „Du Lügner!“, schrie er ins Tal hinab. „Du hast gesagt, dass ihr eure Brüder niemals im Stich lasst! Und was ist das hier? Ihr seid einfach gegangen!“ Er wusste, dass ihn niemand hören konnte, doch das kümmerte ihn nicht. Und wenn ihn doch jemand hören konnte, umso besser. „Ihr hättet zumindest einen Hinweis hinterlassen können! Irgendetwas! Hört ihr mich? ICH BIN HIER!!!“ Ein frustrierter Schrei entrann seiner Kehle, doch er verhallte ungehört in den Schluchten des Gebirges. Er war alleine. Die kleine Anyu lag fiepend in ihrer mit Fellen ausgelegten Kiste, die Schnauze in ihr weißes Fell gegraben und blickte mit großen, hellen Augen traurig zum Eingang der Höhle. „Er wird wieder kommen“, sprach Mana beruhigend auf das Jungtier ein und versuchte sie zum Trinken zu bewegen, doch Anyu schien ihre Gegenwart nicht zu bemerken. „Mana glaubt nicht, dass er dich zurücklassen wird. Er hat zu viel für dich getan.“ Anyu ignorierte sie. Doch dann, plötzlich, zuckten ihre Ohren. Sie versuchte ihren Kopf zu heben, doch dafür fehlte ihr noch die Kraft. Nur wenige Augenblicke später betrat Kenai die kleine Höhle. Er war blass. In seinem Blick lag eine Mischung aus Enttäuschung und Traurigkeit. Ohne ein Wort zu sagen setzte er sich zu Anyu, nahm Mana ihre Wasserschale aus der Hand und hielt sie der kleinen Wolfsbärin hin, die begierig zu schlabbern begann. Beleidigt hob Mana eine Augenbraue. „Sie ist nicht nett. Mana hat ihr das Leben gerettet, aber sie will nichts von Mana annehmen. Sie ist sehr wählerisch.“ Wenn sie gehofft hatte, Kenai auf diese Weise ein Lächeln zu entlocken, so war sie gescheitert. „Hast du darüber nachgedacht, was Mana dir gesagt hat?“ „Das brauchte ich nicht.“ Niedergeschlagen senkte Kenai sein Haupt. „Sie sind weg. Ich habe überall gesucht, doch ich habe keinen Hinweis gefunden. Sie haben mich einfach zurückgelassen. Wahrscheinlich denken sie, dass ich tot bin, weil ich nicht zurückgekommen bin.“ Er seufzte schwer. „Du hast Recht, Mana. Scheinbar will wirklich jemand, dass du mir das Erdbändigen beibringst. Ich habe keine Ahnung, wo ich sonst hin soll. Ich kenne mich hier nicht aus und ich habe keine Ahnung, wo ich sie finden kann. Vielleicht kommen sie eines Tages zurück. Keine Ahnung. Aber in der Zeit kann ich ebenso gut das Erdbändigen lernen. Besser, als nichts zu tun.“ Es war gut, dass er ihr nicht ins Gesicht sah, denn so entging ihm Manas erfreutes Lächeln. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)