Die Rabenschwinge von Moonwolf (Warcraft Characterstories) ================================================================================ Kapitel 12: Jewels (Shibø) -------------------------- "Freundschaft ist ein Wort, welches viel bedeutet. Allerdings wird es von den kurzlebigen Völkern meist leichtsinnig gebraucht. Sie bezeichnen jeden schnell als Freund und vergessen dabei, die wahren Freunde von den falschen zu unterscheiden. Das ist normal und passiert unbewusst, da ihr Leben nicht lang genug ist, um sich darüber Gedanken zu machen. Wir Elfen dagegen wählen jene sorgfältig aus, die den Titel 'Freund' wirklich verdienen. Eine Elfenfreundschaft hält keine Jahre oder Jahrzehnte - sie hält Jahrhunderte! Und nichts hätte die Freundschaft zwischen Relsan und mir trüben können. - Außer der Tod." Shibø Schattenklinge "Verdammte.... Elfe!", rief der Mann mit versagender Stimme. Er wanke. Blut tropfte in großem Schwall auf die blanken Holzdielen. Seine Hände suchten vergebens, es zurückzuhalten. Aber er war selbst Schuld. Hätte er sie nicht angegriffen, wäre sie einfach wieder gegangen. Doch jetzt steckte der Dolch der Elfe in seinem Nacken und bewirkte mit sämtlichen anderen gut platzierten Verletzungen, dass er in den nächsten sechseinhalb Sekunden sterben würde. Dennoch tat er der Schurkin leid. Wenn er den Angriff auch provoziert hatte, so war sie es doch gewesen, die sich hatte erwischen lassen. Sie murmelte ein paar halbherzige entschuldigende Worte an Elune und beobachtete mit messerscharfen Augen durch ihre Maske heraus, wie der Mensch vornüber in den Staub seines Juweliergeschäfts fiel. Sie trat über den Leichnam des ehemaligen Inhabers und stopfte den Inhalt seiner Ladentheke in ihren Leinensack. Gerade drehte sie einen besonders wertvollen Zwielichtopal zwischen ihren Fingern, als sie hinter sich Schritte hörte. Sie fuhr herum und jagte der Wache einen Dolch in die Lücke zwischen Schulterpanzer und Helm. Er sank auf der Stelle in sich zusammen. Sie zog den Dolch heraus und ging zum Eingang des Ladens. Wenn die Wache schon Verstärkung gerufen hatte, war jetzt der beste Zeitpunkt, zu verschwinden. Sie rammte den Dolch in den Türrahmen - eine Art Gewohnheit - als ein Pfeil knapp an ihrem Ohr vorbeisauste. Sie sprang nach hinten und rollte sich hinter die Theke. Von draußen hörte sie hektische Stimmen. Zu spät - ab jetzt würde es nichtmehr bei zwei Toten bleiben... Shibo zog ihre Maskierung tiefer ins Gesicht und suchte sich nach einem Hinterausgang , doch es gab keinen. Also nur die Flucht nach vorn. Mit der Linken griff sie noch einmal in die Thekenschublade und erwischte ein paar Perlenketten. "Hervorragende Qualität.", wisperte sie. Dann spähte sie wieder über dem Tisch hervor. Drei Wachen betraten den Laden. Einer beugte sich hinab zu seinem toten Kollegen, die anderen beiden teilten sich zu beiden Seiten des Ladens auf. Ein böser Fehler. Wolken bedeckten den Himmel und verbargen das fahle Mondlicht. Der Laden wurde in völliges Dunkel getaucht. Zwei Dolche verfehlten ihr Ziel nicht und trafen die beiden Laternen, die die Wachen in Händen hielten. Mit lautem Scheppern fielen sie zu Boden. Der Laden wurde in völlige Dunkelheit getaucht. Während die Männer fluchten und versuchten, die Richtung auszumachen, aus der die Geschosse kamen, wartete Shibo, ob noch mehr Männer hereinkommen würden. Doch es schienen nur die drei gewesen zu sein. Sie schürzte die Lippen. Mehr Männer war sie also nicht wert? Sie huschte ungesehen hinter dem Verkaufstisch hervor, rollte sich hinter die Wache rechts der Theke, Schnitt ihr mit einem glatten Schnitt die Kehle durch und verschwand wieder dahinter, während der Mann noch fiel. Die beiden anderen hörten das Geräusch seines Aufpralls und versuchten, sie in der völligen Finsternis auszumachen. Die Schurkin hörte das laute Geräusch ihrer schlagenden Herzen, das zu rasen begann und sah die Panik in ihren Gesichtern. Einer der beiden war wie erstarrt. Der andere, der eben noch bei der ersten toten Wache gehockt hatte, eilte in die Richtung der eben gefallenen. Er stolperte über ihn, fiel hin. Ohnmächtig tasteten seine Hände in Blut, bis er realisierte, dass er seinem Kollegen nichtmehr helfen konnte. Beide waren abgelenkt. Das nutzte Shibo, um erneut zuzuschlagen. Sie schwang sich über die Theke, kam hinter dem linken Wachmann zum Stehen, der nochimmer wie erstarrt war und legte ihm eine der Perlenketten um den Hals. Die Verwirrung löste seine Gelähmtheit. Er wirbelte herum und hoffte sie mit einem völlig panischem Schwung seines Schwertes zu treffen. Doch er schlug ins Leere, den hinter ihm stand Shibo schon lang nichtmehr. Dafür hörte er, wie die Wache hinter ihm aufschrie. Sie erlaubte sich zu spielen. Der Mann erkannte, dass der Kampf von Anfang an verloren war und sie nurnoch lebten, weil sie sich die Zeit dafür nahm. "M-Monster!", hauchte er mit zittriger Stimme. Es gab keine Aussicht auf Sieg. Er stürzte vorbei an der sich auf dem Boden krümmenden Wache und suchte sein Heil in der Flucht. Shibo hob das Schwert des Mannes zu ihren Füßen auf und versetzte ihm damit den Gnadenstoß, ohne den anderen dabei aus den Augen zu lassen. Als dieser die Tür erreicht hatte, warf sie einen Dolch, der sein Ziel nicht verfehlte und ihn stolpern ließ. Er hielt inne und richtete seinen Blick in die Dunkelheit, als suche er nach jemandem. Dann wurde er nach hinten gerissen. Shibo hatte die Kette gegriffen und zog zu. Die Qualität war wirklich hervorragend. Der Mann versuchte vergeblich, sich zu wehren, doch irgendwann gab er auf. Luft und Lebenswillen waren aus ihm gewichen. Shibo neigte ihren Kopf nur ein wenig zur Seite und der Pfeil verfehlte sie knapp und blieb im Türrahmen stecken. Sie hielt den erschlafften Körper des Menschen wie einen Schild vor sich und suchte die Umgebung ab. Sie hatte keinerlei Probleme, bei Nacht zu sehen. Eine der Fähigkeiten, die ihr Volk seit jeher besaß. Sie sah den Mann am anderen Ufer des Kanals. Er war nicht in die typische Uniform der Wachen von Sturmwind gekleidet, sondern in einen schlichten schwarzen Lederpanzer. Sein Bogen war bereits wieder gespannt. Der Pfeil schnellte von der Sehne und heftete ihren 'Schutzschild' an die Tür. Die Elfe ließ ihn los und spurtete den Weg am Kanal entlang. Der Schütze folgte ihr auf der anderen Seite. Sie musste unbedingt in Nahkampfreichweite kommen. Die nächte Brücke kam in Sicht. Einige Pfeile surrten an ihr vorbei. Er wollte sie davon abhalten, den Übergang zu erreichen. Als der Mensch die Brücke erreichte, war Shibo allerdings verschwunden. Geduldig wartete er und tastete mit seinem Blick die Umgebung ab. Langsam und vorsichtig trat er an den Brückenrand und spähte hinunter. Shibo verspürte ein ungutes Gefühl bei diesem Kerl. Er schien um Längen besser zu sein, als die normalen Stadtwachen und so hatte sie nicht vor, ihn zu unterschätzen. Dennoch war ihr folgender Angriff nicht mehr als ein Test. Ihr Glück war, dass er am falschen Brückengeländer stand, doch sie vermutete eine Finte. Sie schwang sich hinter ihm nach oben und attackierte ihn von hinten mit ihrem gezückten Dolch. Doch der Schütze drehte sich nicht einmal um, um zu parieren, stattdessen schwang er seinen Bogen lediglich über die Schulter und blockte ihren Schlag damit. Die Elfe machte einen weiten Satz rückwärts, bevor er herumfuhr, doch trotzdem erwischte sie sein Bogen knapp an der Schläfe und ließ sie taumeln. Er war schnell. Gerade rechtzeitung warf sie sich zur Seite, um dem Pfeil auszuweichen, der schon von der Sehne schnellte. Als sie zum Stehen kam erwischte sie sein Schwerthieb an der Schulter. "Was zum-", stöhnte sie und schluckte den aufkommenden Schmerz herunter. Die Wunde war recht tief und Blut rann zwischen ihren Fingern hindurch, als sie ihre Hand darauf presste. "Gib auf und ich werde dich nur ins Verlies werfen!", forderte der Mann mit fester Stimme. Shibo starrte ihn einen Moment lang an. Er schien vollkommen gefasst zu sein. Sein Herzschlag war gleichmäßig und ruhig. Seine Stimme spiegelte vollkommene Entschlossenheit wider. Wer war er? "Ich verhandle nicht.", gab die Schurkin kühl zurück. "Wie du willst-" Der Mann holte aus, doch Shibo hielt mit ihrem Dolch dagegen. Erst jetzt konnte sie einen Blick auf sein Gesicht werfen. Er war nichtmehr der Jüngste, und sowohl Krieg als auch die schlichte Zeit hatten ihre Spuren in seinen Zügen hinterlassen. Verbissenheit. Er war zweifellos stark, aber konnte er es mit mehr als 400 Jahren Elfengeschichte aufnehmen? Sie schlug ihn mit einem Ruck zurück, in den sie einen Großteil ihrer Kraft legte und setzte zum nächsten Schlag an. Sie konnte nichtmehr spielen. Sie musste alles geben. Dennoch gab keiner der beiden nach. Mehrmals musste Shibo Treffer einstecken, denen sie nicht ausweichen konnte - kleinere, aber auch schwerere Verletzungen. Es sah nicht gut aus - er hatte kaum Kratzer - Sie war eindeutig unterlegen. Ein heftiger Schlag schlug ihr den Dolch aus der Hand. Schwer atmend rieb sie sich das Handgelenk. "Gebt auf! Das Angebot steht noch! Verlies oder Tod!" Shibo schürzte die Lippen. "Solange ich noch stehe...steht auch meine Antwort." Sie zog einen neuen Dolch aus der Hülle an ihrem Stiefel und hielt ihn vor sich. Letzte Chance. Langsam wich die Kraft aus ihren Armen und auch ihr Blick begann sich zu trüben. Sie musste einen Treffer landen. Einen einzigen. Dann würde sie entkommen. Ihr Gegenüber war siegessicher. Das würde sie ausnutzen. Sie wartete nun, dass er den nächsten Schritt tat. Und wie erwartet griff er an. Shibo schloss kurz die Augen und hielt die Luft an. Sein Schwert bohrte sich unterhalb ihres Brustkorbes durch ihren Körper. Sie unterdrückte einen Schmerzensschrei und nutzte seine kurze Bewegungsunfähigkeit, um ihm mit letzter Kraft den Dolch in den Arm zu schlagen. Er löste sich von ihr und zog sein Schwert zurück. Erschöpft sank die Schurkin zusammen und presste die Hände auf die Wunde. Metallischer Geschmack im Mund. Sie spuckte Blut aus. Der Mensch zog den Dolch aus seinem Arm und warf ihn vor Shibo auf den Boden. "Närrin. Das war's dann wohl. Ihr hättet mein Angebot an-" Er stockte. Gerade als er den Arm zum entscheidenden Schlag gehoben hatte. Shibo blickte zu ihm hinauf und verzog die Mundwinkel zu einem erleichterten Lächeln. Sein Gesicht spiegelte Überraschung und Wut wider. Er konnte keinen Finger mehr rühren und das Schwert fiel laut klirrend zu Boden. Sie Schurkin erhob sich wankend. Sie hatte trotzallem keine Kraft mehr. "Was zum-?" begann der Mensch. "Es...wird euch nicht töten und ich habe keine Kraft mehr dazu... Es lähmt nur.", fuhr sie ihm ins Wort. Die Hände immernoch auf die schwere Wunde pressend verschwand sie im Dunkel einer Gasse und ließ den wütenden Menschen auf der Brücke zurück. Erst als ihre Beine ihr den Dienst versagten, erlaubte sich Shibo innezuhalten und sank erschöpft in einer schmalen Seitengasse zusammen. Ein paar Fässer gaben ihr Sichtschutz. Dennoch würde die Blutspur die Wache zu ihr führen, sobald das Gift nachließ. Sie rechnete mit ein paar Minuten. Mehr oder weniger. Sie riss etwas Stoff von dem Hemd ab, das sie unter der Lederrüstung trug, zerknüllte es und drückte es auf die Wunde in ihrem Bauch. Doch es konnte die Blutung nicht stoppen. Es war aussichtslos. Einen Moment lang dachte die Elfe nach. Sie würde sterben. Das war so ziemlich unausweichlich. Wenn es soweit war würde die Welt sich trotzdem weiter drehen. Die Wache, die sie niedergestreckt hatte würde vielleicht noch einmal kurz an sie denken und dann andere Schurken jagen. So gesehen gab es nichts, was sie zurückließ. Ein wenig machte sie das traurig. Sie hatte in ihrem Leben jemals nur einen einzigen Freund gehabt. Und der war lang schon tot. Trotzdem kreisten ihre letzten Gedanken nun um ihn. Ironie. "Relsan..." murmelte sie leise. Eine Träne rollte ihre blutige Wange hinab. Ihre silbrigen Haare klebten daran und fingen sie auf. Die Elfe schloss die Augen, als ihre versagenden Ohren ein Geräusch wahrnahmen. Der Wachmann? Jetzt schon? Sie blinzelte, konnte aber nichts sehen. Dann schaute sie nach oben. Ein Rabe gleitete auf leisen Schwingen durch die Gasse. Doch es waren elfische Füße, die den Boden berührten, als er landete. Die Federn verwandelten sich in ein Kleid aus rabenschwarzem Stoff und dunkle Haare fielen in Wellen über ihre Schultern. Die Flügel formten Arme und Hände, mit langen schmalen Fingern, die ein kleines Bündel Stoff hielten. Ihre Zehen traten in Blut, dass die Pflastersteine bedeckte. Langsam trat die Druidin auf Shibo zu. "Ihr seht nicht gut aus.", sprach sie leise. "Ich habe Kräuter und Verbände mitgebracht. Die hab ich selbst gepfückt und die Verbände selbst gebastelt. Ich kann auch basteln..." Ein Lächeln huschte über die zarten Gesichtszüge der Druidin. "Wisst ihr, Gnome basteln Bomben und Draenei-" "Geht weg!", fuhr Shibo sie harsch an. Die Druidin kam weiter näher und beugte sich hinab. Sie legte eine Hand auf die Wunde der Schurkin. Shibo spürte zwar, dass es den Schmerz linderte, aber sie wollte nicht, dass sich diese Elfe um sie kümmerte. Nicht jetzt, wo sie schon bereit war zu sterben und die Wache sowieso gleich um die Ecke kommen würde. Dann hätte sie die Druidin ebenfalls mit hineingezogen. Sie drückte sie von sich weg. "Verschwinde endlich! Er wird dich sonst sehen!"-"Ja, er ist gleich hier. Und dann wird er Euch töten.", entgegnete die Druidin nüchtern, ließ aber nicht von ihr ab. Shibo mobilisierte das bisschen Kraft, dass sie noch besaß und schlug der Elfe mit dem Handrücken ins Gesicht. Diese sprang zurück und noch in der Luft verwandelte sie sich wieder in einen Raben. Ein paar Federn flogen durch die Luft, als sie mit einem lauten Krächzen das Bündel mit dem Verbandszeug fallen ließ und zum Eingang der Gasse flog. Shibo spähte hinter einem der Fässer hervor. Dort stand die Wache, die sie verfolgt hatte. Der Rabe stürzte sich wie besessen auf ihn, pickte immer wieder nach seinem Kopf und kratze ihn mit seinen Klauen. Verwirrt versuchte der Mensch, ihn mit dem Schwert zu treffen, doch immerwieder stieg der Rabe in die Höhe, wich aus und stürzte sich laut krächzend wieder hinab. Shibo war einen Augenblick erstarrt. Die Druidin musste etliche Federn lassen, ließ jedoch nicht von ihm ab. "Verschwinde, verdammt!", hörte Shibo ihre Stimme in ihrem Kopf, als der Rabe erneut mit Gekrächze auf die Wache zuhielt. Wieso half sie ihr? Sie griff sich das Bündel und eine der Federn und rappelte sich leise auf. Sie war erstaunt, dass ihre Beine ihr den Dienst gewährten, was wohl an der Berührung der Druidin lag. Sie tastete sich an der Wand vorwärts und bog in eine andere Gasse ein. Einen Moment hielt sie noch inne, da die Geräusche hinter ihr verstummen. Wieder hörte sie die Stimme in ihrem Kopf. "Es gibt noch jemanden, der dich braucht! Wenn du leben willst, halt nicht an." Shibo ging weiter. Sie wollte leben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)