Irony of fate von Friedi ================================================================================ Kapitel 3: Sorry seems to be the hardest word --------------------------------------------- "Das Aussprechen einer Entschuldigung ist keine Demütigung, sondern ein Zeichen von Reife und Aufrichtigkeit." *** Es war ein Glück, dass heute Sonntag war. Ich hätte mich im Unterricht sonst definitiv nicht konzentrieren können. Nach dem Frühstück streifte ich wieder planlos durchs Schloss. Sie war ziemlich schnell aus der Großen Halle verschwunden. Ich hatte sie nicht gehen sehen. Ich vermutete, dass sie mir wahrscheinlich aus dem Weg gehen wollte. Ich seufzte. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich bei ihr entschuldigen sollte. Ich gab zu, dass Moony Recht hatte, wenn er sagte, ich müsse mich bei ihr entschuldigen. Aber ich hatte mich noch nie bei einem der Mädchen entschuldigt, denen ich das Herz gebrochen hatte. Wie konnte Moony voraussetzen, dass ich also einfach so zu ihr hin spazieren konnte und ihr sagen konnte "Tut mir Leid"? Es würde so plump klingen und vollkommen unglaubwürdig. Es verschlug mich an den schwarzen See. Ich setzte mich auf einen Stein am Seeufer und starrte gedankenversunken auf das Wasser. Verdammt, warum musste es so schwer sein? Es wären nur ein paar Worte, aber ich könnte sie ebenso wenig aussprechen wie die Worte "Ich liebe dich". Es gab einfach Sätze, mit denen schmiss man nicht leichtfertig um sich. Prongs kam über die Ländereien gelaufen und setzte sich schließlich neben mich. "Willst du reden?", fragte er mich. Ich antwortete nicht sofort. "Das war nicht geplant", meinte ich schließlich aus heiterem Himmel. Er wusste, worauf ich anspielte. Er grinste etwas. "Tja, das, wobei unsere Berechnungen versagen, nennen wir Zufall", meinte er und klopfte mir auf die Schulter. Treffend! Aber warum traf der Zufall gerade mich? "Hätte der Zufall sich nicht jemanden anderen aussuchen können?", wollte ich wissen. "Hätte er", meinte Prongs immer noch grinsend. "Aber du musst zugeben, dann wäre es bei weitem nicht so schön ironisch gewesen." "Ja, ja", erwiderte ich. "Mach dich nur über mich lustig." "Ich mach mich nicht über dich lustig", meinte Prongs. "Ich bin nur überrascht. Damit hat einfach niemand gerechnet. Und das ist es, was die ganze Situation irgendwie witzig macht. Aber deswegen mache ich mich nicht über dich lustig." Ich antwortete nicht. Ich starrte einfach nur auf den See hinaus. "Was hast du jetzt vor?", wollte Prongs wissen. "Ich weiß es nicht", antwortete ich. "Ich weiß, dass ich mich bei ihr entschuldigen sollte. Aber wie, zum Teufel, soll ich das nur anstellen? Sie wird mich jetzt wahrscheinlich hassen und nicht mehr mit mir reden wollen." "Was irgendwo verständlich wäre, wenn du mich fragst", warf Prongs ein. "Ja, danke für diese wirklich aufbauenden Worte", erwiderte ich sarkastisch. "Es ist nur eine Tatsache", verteidigte sich Prongs. "Es bringt dir nichts, wenn ich dir jetzt widersprechen würde und dir vorgaukeln würde, sie würde dich bestimmt nicht hassen und es wäre das reinste Kinderspiel." Wieder antwortete ich nicht. "Was ich eigentlich sagen will ist", fuhr Prongs fort, "dass du nicht so sehr darauf achten solltest, was sie jetzt denkt. Zumindest nicht erstrangig. Sieh es mal so, wenn du dich nicht bei ihr entschuldigst und es einfach auf sich beruhen lässt, dann wird sie dich nur noch mehr 'hassen' und erstrecht nicht mehr mit dir reden wollen. So kannst du wenigstens Schadensbegrenzung betreiben und sehen, ob sich nicht noch wenigstens etwas kitten lässt." Ich schnaubte. "Und wie stellst du dir das vor?", wollte ich wissen. "Glaubst du etwa, sie würde mir um den Hals fallen, sagen 'Entschuldigung angenommen' und alles ist vergeben und vergessen? Das ist unwahrscheinlich." "Ich habe nicht gesagt, dass dann direkt alles vergeben und vergessen sein wird", sagte Prongs. "Jedenfalls nicht sofort. Aber du hast eher die Chance, dass sie es dir irgendwann verzeihen kann. Wie lange das dauern wird, kann ich dir natürlich nicht vorhersagen." Ich seufzte. "Und wie sollte ich am besten anfangen?", fragte ich. "Wie wär's damit: 'Hey, Julie, ich weiß, dass ich mich gestern wie ein absoluter Idiot verhalten habe.' und 'Ich wollte dir nur sagen, dass es mir sehr Leid tut'?", schlug Prongs vor. "Das klingt erniedrigend", fand ich. "Erniedrigend wäre es, wenn sie dich vor der gesamten Schule zur Schnecke machen würde", widersprach Prongs. "Und; ich will dich ja nicht runter machen oder so, aber du hast dich gestern wie ein ziemlicher Idiot verhalten." "Vielen Dank für die Blumen", sagte ich trocken. "Auch das war eine Tatsache", setzte Prongs entgegen. "Hör mal, ich hab mich auch schon häufig wie ein kompletter Idiot verhalten. Als ich mit Lily zusammen gekommen bin, hat sie mir auch so einiges vorgehalten. Und sie hatte Recht. Und ich wäre bis heute noch nicht mit ihr zusammen, wenn ich mich nicht entschuldigt hätte." Ich sah ihn etwas ungläubig an. Wir hatten nicht so ausführlich darüber gesprochen, wie er mit Lily zusammen gekommen war. Ich kannte die letzten ausschlaggebenden Punkte, natürlich. Aber so genau hatte er wusste ich auch nicht bescheid. Es war einfach irgendwann so gekommen und ich freute mich für ihn. Aber ich hatte mich nicht allzu sehr in seine Beziehung mit ihr eingemischt oder ihn mit Fragen gelöchert. "Und wie lange hat es bei ihr gedauert, bis sie dir verziehen hat?", wollte ich wissen. Prongs überlegte einen Moment. "Naja", begann er. "Ein paar Sachen, die sie mir vorgehalten hat, waren eher unwichtig und schon so ziemlich verjährt. Andere noch nicht. … Aber im Prinzip waren es alles andere Sachen, die nicht so wirklich vergleichbar sind mit dem, wofür du dich entschuldigen willst. … Lily hatte die Entschuldigung jedenfalls angenommen und sie hatte sich erst mal auf eine Freundschaft eingelassen. Dann hatte es aber nur noch ein paar Tage gedauert, bis wir dann zusammen waren. Aber, wie gesagt, es ist mit dir schwer vergleichbar." Ich nickte nur. Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Es war gut möglich, dass Julie mir auch überhaupt nicht verzeihen konnte. Aber wer wusste das schon? Ich seufzte. Dann erhob ich mich. "Danke, Prongs", sagte ich. "Das hat mir wirklich geholfen." "Keine Ursache", erwiderte Prongs. "Ich konnte dich ja nicht einfach so hier mit deinem Gefühlschaos sitzen lassen." Er grinste etwas. Ich grinste zurück, aber ich glaube nicht, dass es besonders echt aussah. "Ich werd sie suchen gehen", meinte ich. "OK, wir sehen uns dann nachher." "Bis dann!" Ich ging wieder ins Schloss. Dann überlegte ich, was ich überhaupt von Julie wusste. Vielleicht konnte mir das ja bei einer Idee helfen, wo sie sich befinden könnte. Wenn sie mir aus dem Weg gehen wollte, dann konnte ich mir nicht vorstellen, dass sie sich im Gemeinschaftsraum aufhalten würde. Das wäre so ziemlich schwachsinnig. … Ich wusste, dass sie sehr viel las. Das zumindest hatte ich hin und wieder im Gemeinschaftsraum gesehen, wenn ich den Blick über meine Mitschüler schweifen lassen hatte. Vielleicht war sie ja in der Bibliothek. Ich war nicht häufig in der Bibliothek. Nur ab und zu mal, wenn es sich wirklich nicht vermeiden ließ, weil ich tatsächlich mal etwas nicht für meine Hausaufgaben fand, oder aber, wenn ich nach bestimmten Informationen suchte. Aber das kam selten vor. Aber Julie war nicht in der Bibliothek. Sie war auch nicht in der Eulerei oder dem Astronomieturm oder sonst wo. … Hm… schließlich kam mir eine weitere Idee. Ich Idiot hätte natürlich auch sofort auf die Idee kommen können, die Karte des Rumtreibers zu nutzen. Aber offensichtlich arbeitete mein Verstand heute nicht so wirklich, wie ich wollte. Ich rannte zurück in meinen Schlafsaal und durchsuchte meinen Nachttisch nach der Karte. "Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut", murmelte ich und die Karte öffnete sich. Ich suchte die gesamte Karte nach ihr ab. Und schließlich fand ich einen kleinen schwarzen Punkt, der mit Julie McCartey beschriftet war. Sie war in ihrem Schlafsaal. Shit! Da konnte ich sie natürlich nicht finden, da mich diese dumme Treppe vor den Mädchenschlafsälen ja nicht rauf ließ - nicht dass ich es nicht schon mehrfach versucht gehabt hätte. Also blieb mir nichts anderes übrig, als zu warten, bis sie runter kam. Ich setzte mich in die hinterste Ecke im Gemeinschaftsraum, aber mit Blick auf die Treppe zum Mädchenschlafsaal. So konnte ich beobachten, wenn die Mädels runter kamen. Sie hingegen würden mich nicht sofort bemerken. Julie ließ mich ziemlich lange warten. Es wurde Mittag und alle anderen Schüler gingen wieder in die Große Halle runter. Aber Julie war nicht dabei gewesen. Irgendwann - es kam mir vor, wie Stunden - kam sie doch die Treppen zum Gemeinschaftsraum herunter. Sie stutzte, als sie mich erblickte. "Ich hätte nicht erwartet, dass du noch hier bist", meinte sie kühl. "Ich hab auf dich gewartet", sagte ich. "Wozu?", wollte sie wissen. "Willst du mich vielleicht noch mal einfach so, aus heiterem Himmel, küssen und mich dann stehen lassen, als wäre nichts gewesen? Findest du das vielleicht witzig?" "Nein", erwiderte ich wahrheitsgemäß. Zumindest jetzt nicht mehr. Sie seufzte. "Ist auch egal", winkte sie ab. "Ich war naiv zu glauben, ich hätte eine Chance. Ich hätte auf meine Freundinnen hören sollen und dich gar nicht erst fragen sollen. Ich hätte es ja kommen sehen müssen." "Nein", widersprach ich ihr, doch sie wandte sich ab und wollte in die Große Halle gehen. "Warte, bitte", fügte ich hinzu und hielt sie am Arm fest. "Warum?", wollte sie wissen. Ich holte tief Luft, dann versuchte ich mich zu erinnern, wie Prongs es formuliert hatte. "Julie, ich weiß, dass ich mich gestern wie ein Idiot benommen hab", sagte ich. "Oh, gut erkannt!", erwiderte sie kühl. Ich versuchte es kommentarlos hinzunehmen. "Es tut mir Leid." "Seit wann tut dir jemals etwas Leid? Du hast schon so vielen Mädchen hier das Herz gebrochen und es hat dir nie Leid getan. Ich war so naiv zu glauben, dass es bei mir nicht so wäre, aber ich habe mich getäuscht. Also wieso sollte es dir ausgerechnet bei mir plötzlich Leid tun?" Ich suchte nach einer plausiblen Erklärung. Die Wahrheit klang bescheuert, aber jede andere Erklärung hätte genauso bloß nicht besser geklungen. "Ich weiß, es klingt jetzt wahrscheinlich verrückt", fing ich an. "Aber ich glaube, ich habe mich wirklich in dich verliebt." Sie schnaubte. "Ja, klar", erwiderte sie sarkastisch. "Doch! Bitte glaub mir", flehte ich. "Ich habe selber nicht damit gerechnet. Es kam so überraschend. Ich weiß, dass ich wahrscheinlich der Hälfte der weiblichen Bewohnerschaft von Hogwarts das Herz gebrochen habe. Ich weiß, dass ich mich aufgeführt habe wie der letzte Trottel. Aber ich hatte immer Angst davor solche Gefühle an mich ran zu lassen. Ich dachte, wenn ich nur schnell genug weg laufen würde, dann wäre ich davor sicher. Aber jetzt haben sie mich doch eingeholt. Und ich habe wirklich ein schlechtes Gewissen deswegen." Sie blickte mich ernst an. "Das soll ich dir glauben?" "Wäre schön", erwiderte ich hoffnungsvoll. "Aber im Grunde kann ich es dir nicht vorschreiben, ob du es mir glaubst oder nicht. Ich wollte dir nur sagen, dass es mir wirklich Leid tut." "Es ist ironisch, findest du nicht?" "Du bist nicht die erste, die das bemerkt. James, Remus und Lily fanden es heute auch schon witzig." "Recht haben sie!" "Ich weiß." Sie schwieg für einen Moment und sie vermied es mir in die Augen zu blicken. Schließlich hob sie wieder den Kopf. "Ich weiß nicht, was ich davon halten soll", sagte sie. "Ich bin ehrlich gesagt überrascht, dass du dich überhaupt entschuldigt hast und ich rechne es dir hoch an. Aber bitte erwarte nicht, dass ich so einfach darüber hinweg sehen kann." "Das ist mir bewusst." "Ich brauche Zeit, um es zu verarbeiten. Wie lange, kann ich dir nicht versprechen. Aber bitte geh mir nicht weiter auf die Pelle. Ich werd dir schon sagen, wenn ich es verarbeitet hab." "OK" Sie lächelte kurz. Dann wandte sie sich um. "Lass uns was essen gehen", meinte sie schließlich. Und wir gingen zusammen in die Große Halle. Sie setzte sich zu ihren Freundinnen, während ich mich zu Prongs, Moony, Wormy und Lily setzte. Prongs lächelte mir aufmunternd zu. Ich erwiderte sein Lächeln und er verstand es. Er grinste breit. "Geht doch!", murmelte er mir zu. "Ja, danke noch mal", erwiderte ich. "Gern gescheh'n." Ich lächelte. Meine Gefühle waren noch immer ein reiner Gefühlssalat, aber immerhin konnte ich es jetzt zuordnen. Und immerhin hatte ich jetzt meine Lektion gelernt. Besser spät als nie. The end Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)