Gedanken, Erinnerungen, Gespräche eines Zauberbrechers von Kyrethil (Oneshot(-Sammlung)) ================================================================================ Kapitel 1: Erinnerung --------------------- Nur am Rande nahm er wahr, dass seine Schritte ihn nicht dorthin führten, wo er eigentlich hinwollte. Doch die Stadt schien in diesem Moment nicht verlockend. Er hätte viel lieber noch in diesem Wald verweilt, wäre am liebsten gar nie mehr herausgekommen, und hätte sich irgendwo am Elrendarfluss in einer Höhle versteckt. „Ich denke zu viel nach“, klangen ihre Worte in seinem Kopf nach, als er schliesslich dort stand, wo er er früher so oft gestanden war. Nur wenige Gräber erhoben sich an der Südmauer der Stadt, einige wenige, die jedoch stehts mit Blumen geschmückt waren. Eines davon kannte er nur zu gut. Er näherte sich dem Grab, und kniete sich davor, säuberte es von etwas Moos. Er hatte einen Moment geschwiegen. Einen langen Moment. Er hattte fragen wollen, worüber sie nachdachte, aber er hatte es nicht getan. Er hatte die Antwort schon gekannt, oder zumindest die Richtung, in die sie führen würde. Ihre ganze Körperhaltung hatte ihm gezeigt, wie sehr sie befürchtet hatte, dass er ihr mitteilen würde, dass es nun vorbei sein mit ihrer.. Ja, was war es..? Eine Affäre? Ein Verhältnis? So zumindest hätte er es eingestuft. „Hallo Shanira“, sprach er leise, während er mit den Fingerspitzen das Muster auf dem Grabstein nachzeichnete. „Es tut mir leid, dass ich dich einige Wochen nicht besucht hatte“, fuhr er weiter fort, sich mit seiner toten Tochter zu unterhalten. Es schien ihm, als spüre er noch ihren warmen Körper an seinen gedrückt, ihre Fingerspitzen in ihrem Haar, welches sie so zu faszinieren schien. Imara hatte es nie besonders wertgeschätzt. Wegen ihr hatte er es sogar meistens kürzer gehalten, als es jetzt war. In den letzten 20 Jahren konnte es dagegen wieder wachsen. Varendil blickte auf das Grab, und versuchte seine Gedanken zu ordnen. Nachdem er das Moos zur Seite geschoben hatte, setzte er sich einfach hin. Er legte die Arme locker um seine Knie. „Warum nur ist das alles so kompliziert?“, murmelte er zu sich. Er wollte Shanira nicht vergessen, und doch hatte er sie so selten besucht, obwohl er in Silbermond war. Jedes mal, wenn er mit Tianesas Jungen spielte, erinnerte ihn alles so stark an ihn. So stark, dass er manchmal die Erinnerungen weg blinzeln musste, dass er sich beherrschen musste, nicht wegzulaufen. Und dennoch.. Er seufzte leicht. „Shanira, ich liebe dich. Und ich werde dich nicht vergessen.“ Wenn er den kleinen Kiyan auf seinem Schoss sitzen hatte, mit ihm spielte, dann erreichte er eine Art Ruhe, die er schon lange nicht mehr empfunden hatte, trotz den widersprüchlichen Erinnerungen. Er liebte diesen kleinen Kerl. Und gleichzeitig hatte er das Gefühl, Shanira zu betrügen dabei. „Wie kann ich den Kleinen so mögen, mit ihm spielen, wenn ich das mit dir alles nicht mehr kann? Oh Shanira.“ Fast dachte er, ihre Hand auf seiner Schulter zu fühlen, ihr kindliches Lachen, wenn sie „Papaaa“ rief, und auf ihn zu gestürmt kam, als er abends nach Hause kam. Er hatte sie in den Arm genommen, umher geschwungen, und sie war den Abend lang nicht von ihm gewichen. Seine kleine Prinzessin. Dumpf starrte er auf den Grabstein. Tianesa hatte tatsächlich befürchtet, dass er es beenden würde. Aber er wusste schon jetzt, dass er das nicht konnte. Und der Kleine spielte hier eine wichtige Rolle. Varendil hob die Hand und strich sich über das Gesicht. < Ja. Du spielst eine Rolle, Kleiner. Obwohl ich es nicht wollte, habe ich dich viel lieber, als es mir geheuer ist. > Er hatte versucht, wo immer es ging zu vermeiden, auf Tianesas Jungen zu treffen. Das hatte auch gut geklappt. Wenn sie zu ihm kam, dann eigentlich immer ohne Begleitung. Aus treffenden Gründen. Ein leichtes Schmunzeln überzog sein Gesicht, ehe es sich wieder verlor. Er starrte den Grabstein an, ganz als ob er Antworten bieten würde. Natürlich kam keine Antwort. Varendil legte den Kopf auf die Arme. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)