Papierherz von abgemeldet (14. Februar) ================================================================================ Kapitel 1: Oneshot ------------------ Was war so besonders an diesem Tag? 14. Februar – ein Tag wie jeder andere. Zumindest sollte er das sein, denn schon als Jemand hatte Ienzo den Sinn dieses im Grunde genommen verdammt materialistischen ‚Feiertages‘ nicht verstanden. Da sollte man doch annehmen dürfen, dass wenigstens Niemande – ohne Herz, unfähig zu lieben – den Tag wie jeden anderen auch vorbeiziehen ließen. Weit gefehlt. Schon beim Aufwachen wurde Zexion schlagartig bewusst gemacht, dass auch herzlose Wesen, wie die Organisation XIII sie beherbergte, den wohl herzlichsten Tag des Jahres feierten, als die Nummer IX viel zu früh am Morgen ohne auch nur die kleinste Vorankündigung – Klopfen schien auch aus der Mode zu sein – in sein Zimmer stürmte, ein Grinsen im Gesicht, das der Sonne selbst Konkurrenz machen zu wollen schien. „Guten Morgen, Zexy!“, kam es auch schon vergnügt von Demyx, welcher erwartungsvoll vor dem Bett des Intriganten stand, sich dabei leicht hinunter beugte. Selbst die mehr als kühle Erwiderung konnte die Laune des Blonden nicht trüben. Während Zexion sich sichtlich genervt aufsetzte und die Decke von sich schob, murmelte er ein gezwungen höfliches „Guten Morgen, Nummer IX… was verschafft mir die Ehre?“ „Weißt du nicht, welcher Tag heute ist?“, wollte Demyx für seinen Geschmack viel zu euphorisch wissen, legte den Kopf dabei schief, was sein dümmliches Lächeln noch bestärkte. Natürlich wusste der Blauhaarige das. Was er nicht wusste war, weshalb sein Gegenüber deshalb so einen Aufstand machte. „Der 14. Februar, Nummer IX.“ Konnte er nun weiterschlafen? „Nein! Also… doch. Aber… Es ist Valentinstag“, erklärte der Größere begeistert. Daraufhin ließ er auf den teils fragenden, teils entnervten Blick des Intriganten hin, seine Sitar in seinen Händen erscheinen. Zexion befürchtete, was nun kommen würde, war drauf und dran ein Kissen nach der Nocturne zu werfen, ließ es jedoch um seiner Selbstbeherrschung Willen bleiben, wartete stattdessen ab. Natürlich behielt er recht mit seiner Vorahnung, begann Demyx doch wenige Momente später seine Finger über die Saiten seines Instrumentes gleiten zu lassen, ihnen eine – zugegebenermaßen wirklich schöne – Melodie zu entlocken. Dabei bildeten sich Seifenblasen, welche ein Stück höher zur Decke schwebten, dort ein Herz formten. Wie eine Seifenblase zerplatzte jedoch auch seine Hoffnung, Zexion würde sein Spiel im Geringsten interessieren, als selbiger desinteressiert aufstand, sich Mantel und Stiefel anzog. „Verschwende deine Zeit nicht mit so etwas, sondern kümmere dich lieber besser um deine Missionen“, wies die Nummer VI den anderen zurecht, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Den mehr als enttäuschten Blick seitens des Musikers bekam Zexion schon nicht mehr mit, war er doch geradewegs durch die Tür geflüchtet. Was erwartete Demyx auch? Sie hatten kein Herz, keiner von ihnen. Weshalb also der Illusion von Gefühlen nachgeben? Als der Blauhaarige nach diesem doch eher weniger guten Start in den neuen Tag durch die Gänge des Schlosses zum Grauen Ort ging, die schnellen Schritte laut von den Wänden wiederhallend, horchte er auf, als sich zu seinen noch andere Schritte gesellten, er im nächsten Augenblick eine Hand auf seiner Schulter spürte, aufgrund dieser herumfuhr. Die Tatsache, dass genau dieses tiefblaue Augenpaar ihm entgegensah, ließ die Hoffnung der Nummer VI auf einen ruhigen Verlauf des weiteren Tages verschwinden. „Marluxia“, stellte Zexion betont nüchtern fest, schob dabei die Hand des Störenfriedes von sich. Zwecklos, wie sich einige Sekunden später herausstellte, da eben Genannter nun seinerseits die Hand des Blauhaarigen nahm und einen Kuss auf deren Rücken hauchte. „Zexion“, kam die geflüsterte Antwort, begleitet von dem arroganten Lächeln des Assassinen. „Was willst du?“ Langsam war es auch mit Zexions Höflichkeit am Ende – dabei war es erst Morgen. Er wollte auf seine Mission, um dann mit einem Buch darauf zu warten, bis es Abend wurde und er schlafen gehen konnte und verdammt noch mal keine Gefühlseligkeiten; oder eher Nicht-Gefühlseligkeiten, da sie alle noch immer kein Herz hatten. Auf die doch recht kühle Frage hin kam ein übertrieben dramatisches Seufzen über die Lippen der Nummer XI, begleitet von der Erklärung „Dein wunderschönes Antlitz bewundern, was sonst?“. Der Überzeugung, dass diese armselige Anmache – oder in Marluxias Fall wohl eher der verzweifelte Versuch Sex zu haben – keiner Antwort würdig war, zog Zexion seine Hand weg und wandte sich zum Gehen. Noch ein Gang und er wäre an seinem Ziel, könnte endlich auf seine Mission gehen… Leider – und der Intrigant musste zugeben, dass er damit hätte rechnen müssen – fühlte er noch bevor er sich völlig umgedreht hatte, einen Arm, der sich um seine Taille schlang, ihm nah an die Brust des Größeren zog. Die erste mögliche Reaktion, die Zexion in dem Sinn kam, war Marluxia so lange mit seinem Lexicon den Schädel zu zertrümmern, bis nicht einmal Vexen ihn zusammenflicken könnte. Zugegeben würde der Blauhaarige jedoch ungern Xemnas reizen, indem er eines ihrer Mitglieder auslöschte, selbst wenn es nur Marluxia war. Doch bevor Zexion versuchen konnte, sich gegen den Griff zu wehren, bekam er schon eine blutrote Rose hingehalten. Augen verdrehend nahm er das nicht ganz gewollte Geschenk zwischen seine Finger, betrachtete es kurz abschätzig, um den Assassinen dann mit einem mehr als nur abweisenden Blick zu fragen: „War das alles, Nummer XI?“ „Du bist mehr Anstrengung, als du wert bist“, murmelte Marluxia, wobei alle gespielte Freundlichkeit aus seiner Stimme verschwand – doch er ließ tatsächlich los und nickte nur. Ein bloßes Schulterzucken, sowie das Fallenlassen der Rose waren das letzte, was Zexion dem Rosahaarigen widmete, bevor er seinen Weg zu Saix fortsetzte. Was würde als nächstes kommen? Eine schüchterne Einladung zum Eis essen von einem errötenden Roxas? Ein vor Blut tropfendes, menschliches Herz, das Larxene ihm in die Hand drückte? Das Schlimmste an der Sache war, dass Zexion dem zuletzt genannten Szenario die höhere Wahrscheinlichkeit zuschrieb. Als er ohne einen weiteren Zwischenfall durch plötzliche Sentimentalitätsanfälle oder übertriebene Paarungslust im Grauen Ort ankam, sank seine ohnehin schon mehr als schlechte Laune noch unter den Gefrierpunkt – keine Spur von Saix, oder jemand anderem. Zexion wollte sich schon genervt auf eines der Sofas fallen lassen und warten, da erblickte er einen Zettel, welcher an der Glasscheibe des Fensters hing. Das konnte nicht… Doch als sein Blick über die Schrift flog, war er sich sicher, dass Saix ebenfalls den Verstand verloren hatte. ‚Betrieb wegen Urlaub eingestellt‘ schien ihm höhnisch ins Gesicht zu lachen. Selbst Saix – einer der wenigen, die sich sonst den Umständen entsprechend verhielten – ließ sich von einem kleinen, bedeutungslosen Tag derart beeinflussen? Dafür hatte der Intrigant doch nur ein resigniertes Seufzen übrig. War er der einzige, der mit dem Valentinstag nichts anfangen konnte? Als die Nummer VI sich auf den Rückweg zu seinem Zimmer begab, dachte er über die Situation nach, versuchte sich an seinen ersten, bewussten Valentinstag zu erinnern. Damals hatte er noch unter Ansem gelernt, zusammen mit Dilan, Aeleus, Even und… Braig. Eben dieser war auch der Grund für seine so frühe Abneigung gegen den Valentinstag. Als Ienzo noch sehr jung gewesen war, hatte er Braig ein rotes Papierherz geschenkt – die Reaktion darauf war jahrelanger Spott. Soviel zu dem Thema verliebt sein – oder in Ienzos Fall eher schwärmen. Doch das war Vergangenheit, nun ging es um das Prinzip. Sie hatten keine Herzen, keine Gefühle. Weshalb dann also… weshalb stand seine Zimmertür offen? Nun gut, vielleicht hatte Demyx sie offen gelassen. So schloss Zexion die Tür hinter sich, wollte sich gerade auf seinem Bett niederlassen, als ihm etwas kleines, rotes ins Auge viel. Eine herzförmige Box lag auf seinem Kopfkissen, eine schwarze Schleife auf dem Deckel. Seufzend setzte sich Zexion auf die Matratze, nahm die Schachtel an sich, auch wenn ihn nicht wirklich interessierte, wer es jetzt schon wieder auf ihn abgesehen hatte. Kurz befürchtete er wirklich ein blutverschmiertes Desaster vorzufinden, doch was seine Augen erblickten, verwunderte ihn beinahe noch mehr – ein scheinbar altes, leicht vergilbtes Papierherz und ein Zettel. Das Herz kannte er doch, aber… doch von Neugier gepackt entfaltete der Intrigant den Brief, überflog die Zeilen ein erstes Mal, dann immer wieder, bis sich ein Lächeln auf seine Züge schlich. ‚Jetzt bin ich mal dran: Schönen Valentinstag, Kleiner.‘ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)