Das Tagebuch des Orpheus von Ratte (Erinnerungen eines Musikers) ================================================================================ Kapitel 1: 1. Eintrag --------------------- Mein Name ist Osahra. Das bedeutet: ‚Gott hört’. Aber im Moment bin ich nicht Oshara, sondern ein kleines Mädchen in einer fernen Welt, die ich mir nicht erklären kann. Ich erkenne nichts wieder. Überall sind Ruinen und Trümmer einer mir fremden Stadt und ich schließe aus der Dunkelheit und der über mir liegenden Decke, dass diese Stadt unterhalb der Erde liegt. Mir ist kalt. An meinem Mantel klebt Schnee. Als Osahra hab ich noch nie in meinem Leben Schnee gesehen oder gefühlt, aber ich weiß, dass es Schnee ist, da oberhalb dieser Stadt nur dieses kalte Nass zu finden ist. Langsam wird mir warm… es herrscht Krieg und ich bin mitten drin. Ich stehe auf einem Dach und blicke den ungleichen Kämpfen zwischen Mensch und Bestie zu. Feuer entbrennt. Explosionen sind zu hören, die mich kurzzeitig erblinden lassen. Meine Ohren sind sehr gut. Überall sind Farben, die ich durch meine Ohren sehen kann. Ich hebe meine Arme, beginne auf einem mir unbekannten Instrument zu spielen und erweise damit den Gefallenen meine Ehre. Ich weiß, dass ich für den Tod spiele, aber das ist nun einmal meine Aufgabe. Auf einmal ein Knurren. Einer der Bestien ist aufs Dach geklettert und greift mich an. Ein Schuss, die Bestie fällt und mir gegenüber steht ein Mann, so still und leise, dass er Grau erscheint. Er lächelt nicht. Wir schauen uns nur an. Als Osahra weiß ich, wer dieser Mann ist, aber als dieses Mädchen kann ich ihn nicht erkennen. Er ist für mich Fremd und er hat mich gerettet. Dann beginne ich erneut zu spielen… Ich weiß, dass dies nur ein Traum war, aber es war ein Traum, der mich verfolgt und gefangen hält. Nicht dieser eine… eine ganze Reihe an Träumen, die unmöglich zu erklären sind. Ich Träume von einer Welt, die es einmal gab oder die es einmal geben wird. Real fast und doch nicht greifbar. Aber sie sind nun einmal Bestandteil meines Lebens und aus diesem Grund werde ich sie nieder schreiben. Mein Körper schmerzt, die Ketten haben sich mir ins Fleisch gebrannt und dennoch bin ich einer der wenigen, die noch genügend Kraft haben, um hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken. Ein Freund, die mich vor vielen Jahren einmal besuchte, hatte einmal gesagt: Die Hoffnung geht zu letzt zu Grunde, der Kampf erschafft das Leid. Ich habe gekämpft. Für mein Dorf, für das Leben meiner Frau und meiner Kinder und für die Ehre, doch ich konnte nicht siegen. Gegen diese Bestien konnte niemand siegen. Ich muss acht geben. Hier bin ich einer von vielen. Moral und Ehre haben sich mit der Freiheit verflüchtigt und jeder ist sich nur selbst der nächste. Ich verteidigte meine Ecke, so gut es ging und nun sind sie alle still. Der Weg ist nicht mehr lang… Wir ahnen alle, dass nur ein geringer Teil von uns den morgigen Tag überleben wird. Wir ahnen, dass einige von uns grausam sterben werden und der Rest ein ewiges Keinleben haben wird. Das Ziel ist nicht mehr fern und ich beneide alle, die noch heute Abend sterben werden… Ruhe… einen Moment habe ich Ruhe. Nun bin ich allein und sitz in einem kargen, feuchtkalten Raum, in dem sich nur ein Strohbett befindet. Nenn ich es Glück oder Pech? Meine Freiheit ist verwirkt und dennoch… ich lebe. Ich habe Hoffnung, genug Hoffnung, um dieses Schriftstück weiter zu schreiben. Und ich habe mich Entschieden, dass ich alles aufschreiben werde, auch in der Befürchtung, dass kaum einer es wird lesen können. Irgendwann vielleicht einmal, findet es ein Gelehrter, der mit dem Tagebuch weiß etwas anzufangen und damit dann einen Weg findet, diese Kreaturen, diese Götter vom Antlitz der Welt zu tilgen. Auch mein Dorf hatte einen Gott gehabt. Gütig und Wohlgesonnen. Er hat zwischen uns gelebt und nahm sich nur das, was er wirklich benötigte. Wir gaben gerne, denn er war unser Beschützer und Hüter der alten Geschichten. Er war alt gewesen, doch sein Aussehen ähnelte dem eines jungen Knaben. Er half auf dem Feld und sorgte für gute Ernten und wie auch viele anderen, hatte er mich und meine Frau Rahima getraut und unsere Kinder getauft. Mein ältester Sohn nahm unser Gott als Zögling auf, gab ihm Kraft, Gesundheit und ein ewiges Leben an unser Gottes Seite. Er sorgte wirklich gut für uns, doch damit war er ein Dorn in den Augen der restlichen, fremden Götter, die über das Meer kamen und über unser Dorf herfielen wie Fliegen über Elefantendung. Als sie kamen, war ich einer der wenigen, die im Dorf bei den jüngeren Kindern geblieben waren. Ich war Musiker und Medizinmann und versorgte eine ältere, kränkliche Dame, deren Seele bald zu den Urvätern und zu ihrem geliebten Mann aufsteigen würde. Meine Frau und mein Sohn waren jedoch auf dem Feld nahe der Klippe und sie waren auch einer der ersten, die die fremden Schiffe sahen, die sich vom Norden her auf uns zu bewegten. Mein Sohn kam ins Dorf gerannt. Er rief nicht, er weinte nicht. Er kam auf mich zu, blickte mich mit kalten Augen an, als würde er mich nicht erkenne. Ich war damals auf ihn zugegangen und hatte ihn an die Schultern gefasst, wollte ihn aus der Trance schütteln, brach er leblos zusammen. Die Alte, die ich pflegte, begann zu schreien. Oder ich war es gewesen. Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ja… ich glaube, ich war es gewesen, der schrie. Ich wusste, was das hieß. Was dem Tod meines Sohnes voraus gegangen sein musste. Nur eine Erklärung. Mein Sohn war gebunden gewesen und mein Sohn war gestorben, denn er musste unserem Gott folgen. Mit Sicherheit waren sie alle den Bestien aus dem fernen Land zum Opfer gefallen. Ich weiß nicht mehr, ob ich geweint habe. Ich weiß nicht mehr, was ich getan habe. Wie von einer fremden Macht gelenkt trommelte ich die restlichen Dorfbewohner zusammen. Wir mussten fliehen, doch meine Gedanken drehten sich um meine Frau, meine Kinder… Hoffnung. Sie würden sicherlich irgendwo sein, hatten sich versteckt. Mein Sohn war ihnen zum Opfer gefallen, aber meine Frau, wundervolle Rahima. Sie liebte das Leben und war schlau und gewitzt. Sicherlich hatte sie sich irgendwo versteckt, verborgen und wartete nun auf mich. In der Ferne hörte wir das Geheul und das Kreischen der Bestien, der Sklaven dieser Kreaturen, dieser falschen Götter. In mir kochte die Wut, entfachte in mir das Feuer des Hasses. Ein paar der Dorfbewohner, die von dem Lärm alarmiert worden waren, versuchten mich aufzuhalten, doch ich riss mich los und rannte den Sklaven entgegen. Sie töteten mich nicht. Sie zerfleischten mich nicht. Aber es ging schnell. Es dauerte nur die Zeit eines Augenzwinkerns, bis ich, wie viele der anderen Männer und wenige Frauen, gefangen genommen wurde und in einer Reihe aufgestellt worden war. Ein Mann trat vor uns. Er trug eine Rüstung aus silbernem Metall und sein Haar war wie langes Gold. Sein langgezogenes, aalglattes Gesicht war auf die wenigen Überlebenden gerichtet, seine lange Nase in die Höhe gerichtet. „Ihr seid nun meine Sklaven!“ sagte er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. „Ich habe euren Gott getötet und jetzt gehört ihr mir, verstanden? Tut, was ich sage und ihr habt vielleicht die Chance, noch eine gewisse Zeit am Leben zu bleiben. Leistet ihr jedoch Widerstand, dann werde ich euch auf der Stelle, hier und jetzt umbringen lassen!“ Wir leisteten keinen Widerstand. Wir waren nicht gebrochen, oder feige, aber wir waren Krieger, die erkannten, wann sie verloren hatten. Im Moment wäre der Tod die Antwort auf solch eine unbedachte Tat gewesen und bevor wir nicht wussten, dass wir dies verhindern könnten, würden wir nicht angreifen. Noch nicht. Nun begannen die Eindringlinge das Dorf niederzubrennen und uns zu trennen. Die Körperlich stärkeren wurden von den schwachen getrennt. Die Großzahl an Kindern und alten Menschen wurde auf der Stelle getötet. Die Frauen – Gott sei Dank auch Rahima - wurden weggebracht. Unruhe machte sich breit. Die Männer wurden nervös, versuchten an Waffen zu gelangen und den gemeinsam getroffenen Vorsatz über Bord zu werfen. Ich war einer dieser Männer. Bitterlich kämpfte ich gegen die Obermacht an, zog meinen Speer aus der Erde und versuchte mit diesem die tierischen Bestien zu töten. Es war ein harter Kampf, ein Kampf, denn ich nicht gewinnen konnte, aber wir waren guter Dinge. Die Wut in unseren Leibern gab uns neue Kraft, die Sehnsucht nach Erlösung machte uns zu Gegnern, die nichts mehr zu verlieren hatten und wir schafften es sogar, ein paar der Bestien das Leben zu nehmen. Ein Pfiff war ertönt. Es war von diesem falschen Gott gekommen. Ein ungeduldiges Brüllen und Knurren erklang, dann sprangen aus Gebüschen und Ruinen Kreaturen, die nur der Leibhaftige hätte auf die Welt setzten können. Riesige, wolfsartige Wesen, mit Dolchgroßen Zähnen und riesigen, wütenden Augen. Teufelshunde, Bestien, noch schlimmer, als die Tiger und Löwen, die ab und an einen Dorfbewohner angefallen haben. Der Mann rief sie ‚C e b e r o s’. Die Tiere hörten auf. Die Männer zitterten vor Angst, einige waren sogar umgekippt. Aus den Rachen dieser Kreaturen strömte ein ekelhafter Geruch aus toten Fleisch und verwesenden Unlebens, dass zwischen ihren Zähnen hing. Ihre Pfoten waren so groß, dass sie ohne weiteres meinen Kopf zertrümmern könnten. Ihre Ohren waren aufgerichtet, als würden sie sich nach dem Befehl des Tötens sehnen. Niemand würde bei dem Anblick dieser Kreaturen ruhig bleiben. Die Sklaven des Mannes schnellten blitzschnell vor, um die vor Angst gelähmten Männer zu packen, zu schlagen und zu fesseln. „Das war ein Fehler, meine Freunde!“ zischte der goldhaarige Mann. „Ich werde mir aus eurer schwarzen Haut einen Mantel machen und ihn unserem Kriegsgott schenken. Er wird sich freuen, wenn er die Geschichte dazu hört. Oder ich verfüttere euch gleich an meine Freunde, hier. Ja… das finde ich um einiges angenehmer. Dieser feige Ares hat kein Geschenk von mir verdient! Nehmt die Frauen mit, tötet die Männer!“ Ich ahnte in diesem Augenblick, dass mein letztes Stündlein geschlagen hatte. Das Seil, dass man mir ums Handgelenk gebunden hatte, grub sich in mein Fleisch und ich war beim Anblick der Bestien außer Stande, nur einen Finger zu rühren. Ich schloss die Augen, als sich die Sklaven des Mannes einen Schritt von uns entfernten und diese Wolfskreaturen brüllend zum Angriff bereit machten. Ich wartete auf meinen sicheren Tod, wartete darauf, meinen Sohn und unseren Gott wieder zu sehen. Ich wusste, dass mein Leben vorbei war. „STOP!“ Dieser Ausruf des Mannes hatte mich in diesem Moment entsetzt. Ich riss die Augen auf, was eindeutig ein Fehler zu diesem Zeitpunkt gewesen war, denn direkt vor mir stand die Kreatur und hechelte mir Mordfiebernd ins Gesicht. Der heiße Atem und stinkende Speicheltröpfchen landeten auf meiner Haut und vor mir breitete sich der riesige Rachen des Wolfes aus. Eine Sekunde später, sie hätte mich zerfleischt. Ein säuerlicher Geschmack eroberte meinen Mund, doch ich schluckte es herunter. Die Kreatur starrte mich an. Ich starrte sie an. Ein Augenblick, dann ging sie einen Schritt zurück und offenbarte meinem Blick das grausame Blutbad, was seine Artgenossen angerichtet hatten. Freunde, Familie, zerfetzt und schreiend. Wie hatte ich die Schreie nicht hören können? Ich vermute ganz stark, dass ich es gehört habe, das Geschrei, doch mein Bewusstsein war es irgendwie gelungen, diese Geräusche zu verdrängen, welche tiefste Schmerzen in meiner Brust auslösen würden. Der goldhaarige Mann kam auf mich zu, musterte mich von oben bis unten. Irgendwann schnallste er mit der Zunge, bevor er auf mich zeigte. „Der nicht! Der kommt mit den anderen.“ Die Sklaven um ihn herum reagierten im ersten Moment nicht. Ihre ungläubigen, verständnislosen und überraschten Gesichter blieben an mir haften. „Habt ihr nicht gehört? Das war ein Befehl!“ Augenblicklich erwachten die Sklaven aus ihrer Starre und stürzten sich auf mich. Ich versuchte zu entkommen, da ich aber noch immer gefesselt war, scheiterte mein Fluchtversuch schon nach wenigen Metern. Die Männer zogen mich wieder auf die Beine und stießen mich in die Richtung, in der der Strand lag. Verfolgt wurden wir von dem Mann, den Bestien an seiner Seite und einem kleinen Heer seiner Sklaven. Der Kampf war vorbei gewesen, noch ehe er richtig begonnen hatte. In der Ferne sah ich meine Frau. Sie weinte. Ich hörte es, sah es und am liebsten hätte ich sie in meine Arme geschlossen. Ich wollte sie beschützen. Als sie mich sah, erstarrte sie kurz. Ich muss schlimm ausgesehen haben. Dann begann sie zu schreien. Ich werde ihre Stimme niemals vergessen. Ich wünschte, ich würde etwas anderes von ihr in meinem Gedächtnis behalten, doch ich erinnere mich nur noch an ihren Schrei. Sie schrie nach den Kindern, die tot im Dorf lagen. Sie schrie nach mir und nach dem Tod. Ich wollte mich losreißen, erneut. Ich schaffte es sogar. Ich wollte zu ihr. Ich weiß nicht mehr, ob ich es geschafft habe. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, ob ich sie noch einmal im Arm halten konnte. Alles ist von ihr vergangen. Ich weiß nur noch, dass ich einen Schmerz spürte, ein zorniges Lachen und eine Stimme. „Ist das deine Frau? Ich werde dir zeigen, was es heißt, nicht zu gehorchen! Bringt sie in meine Kajüte!“ Irgendwann erwachte ich auf dem Schiff, irgendwann fand ich mich auf Deck, um zu rudern. Irgendwann sah ich, wie sie den Leichnam meiner geliebten Frau Rahima über die Reling warfen. Irgendwann verspürte Trauer und dann war ich Froh. Ich war Froh, dass sie es überstanden hatte. Dass sie nun bei unseren Kindern war und ich ahnte, dass ich ihnen bald nachfolgen würde. Bald würde ich bei ihnen sein. Ganz bestimmt. Bis jetzt jedoch, lebe ich noch. Wenige Jahre, bevor dieser Bastard mein Dorf überfallen hatte, war ein alter Mann zu uns gekommen. Er kam weit aus dem Osten und ruhte sich bei uns aus. Er brachte uns allerhand wissen mit. Unter anderem das Wissen über bestimmte Kräuter, das Schreiben und Lesen und das Wissen über die Farben der Seelen. Der alte Mann blieb lange bei uns, bis er schließlich starb. Doch zuvor schenkte er mir einen Gegenstand. Er nannte diesen Gegenstand ‚B U C H’ und es handelte sich dabei um Pergament, welches in zwei Holzdeckeln zusammen gebunden war. Er hatte gemeint, wenn ich einmal das Gefühl habe, die Welt würde sich verändern, dann solle ich notieren, was ich erlebe, um zukünftigen Generationen die Geheimnisse der Zeit zu offenbaren. Ich versprach ihm dies, dann war er eingeschlafen. Auf dem Weg vom Meer zurück zu dem Anwesend dieses falschen Gottes, war es recht gefährlich gewesen. Auf der Reise waren viele der Frauen und restlichen Männer gestorben. Der Rest war nun Verfeindet. Die meisten stritten sich regelrecht um das wenige Essen, mordeten sogar dafür. Ich versuchte weiterhin mir ein wenig Hoffnung zu behalten. Meine Frau, meine Kinder, meine Freude. Sie waren alle nun in einer besseren Welt und ich beneidete sie darum, dass sie diesen Weg nicht mit mir gehen musste. Einige der kränklichen Gefangenen wurden einfach zurück gelassen, andere fielen den Bestien zum Opfer. Aber es gab auch solche – besonders die jungen Knaben oder die sehr hübschen Mädchen – welche sich der falsche Gott holte und sie dann zu seinen Sklaven machte, zu seinen Gefolge, oder sie sogar tötete. Ich hörte weg. Es wurde so oft geschrien. Der Rest der Gefangenen wurden in hölzerne Wagen gesperrt, welche von diesen riesigen Wölfen gezogen wurden. Sie hatten eine enorme Kraft und stanken erbärmlich nach Tod. Ich versuchte ihr Gebrüll zu ignorieren. Stattdessen verteidigte ich mein B u c h gegen die anderen Gefangenen. Ich weiß nicht, warum sie es mir entreißen wollten. Ich weiß auch nicht, ob ihnen dieses Buch etwas gebracht hätte. Aber ich weiß, dass wir – wie Tiere gehalten – langsam aber sicher selbst zu Tieren wurden. Ich hielt in meinen Händen etwas, was sie nicht hatten. Das war das einzige, was zählte. Ich vermute sogar, dass es diesem Gott sogar recht war, dass wir uns langsam gegenseitig zerfleischten. Ich glaube, er fand das recht amüsierend. Ich weiß nur nicht, warum ich nun hier bin. Die anderen wurden in eine Art Stall geschlossen, in dem sie nun leben müssen. Nur ich wurde in diesen Raum gebracht. Ich weiß nicht, ob es an meine ruhige Art lag. Ich ließ mich nicht auf die Kämpfe zwischen den Überlebenden ein und befolgte ebenfalls – jedoch sehr stur – die Befehle unsere Eroberer. Vielleicht sah der falsche Gott auch, dass ich ein gebrochener Mann war, dem man Frau und Kinder geraubt hatte. Jedoch glaube ich, dass dieser falsche Gott ein Ohr für Musik hat. Ich hatte ihn einmal gehört, wie er meinte, dass er mich wegen der Flöte verschont habe, die ich in meiner Tasche herum trug. Ich werde verrückt… es ergibt keinen wirklichen, greifbaren Sinn, aber greifbar muss nicht immer alles sein. Als die Sklaven ausgeladen worden waren, kam er einmal zu mir und fragte mich, wie mein Name sei. „Osahra!“ sagte ich, den Blick gesenkt. „Osahra?“ fragte er noch einmal nach. „Nein, für meinen neuen Musikus ist das ein denkbar schlechter Name. Vergiss ihn. Ab heute bist du nicht mehr Osahra. Ab heute lautet dein Name Orpheus!“ Sie brachten mich weg. Jetzt bin ich hier. Und erfülle den Wunsch des alten Mannes. Mein Name ist Osahra. Das bedeutet: ‚Gott hört’. Aber ab diesem Moment bin ich nicht mehr Oshara. Ab heute bin ich ‚Orpheus’. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)