Sealed Memories von abgemeldet (4851 mal nicht als Slash ;P -- Letztes Chapter wird geladen) ================================================================================ Kapitel 2: 2. ------------- 2. Shoichi seufzte leise, als sein junges Gegenüber mit dem charakteristischen Knall der Zeitreise wieder verschwand. Am liebsten hätte er ihm noch so vieles erzählt, aber er hoffte mit ganzem Herzen, dass seine Bemühungen Früchte tragen würden – er wollte nicht, dass er Spanner vielleicht doch nie wieder sehen würde, nur weil man es ihm verbot, seinem Traum zu folgen und Maschinenbau zu studieren und sich auf diversen Wettbewerben mit anderen Erfindern zu messen. Seine Überlegungen endeten abrupt, als die bekannte Silhouette seines besten Freundes in dem sich langsam verziehenden Nebel auftauchte. „Spanner.“ Der Angesprochene zuckte auf seinen Namen hin leicht zusammen, aber wie sein jüngeres Ich brachte er auch diesmal kein Wort raus. Shoichi lächelte erleichtert. „Willkommen zurück. Das war vielleicht eine Überraschung…“ Seine Freude, den alten Freund wieder zurück zu haben, wich schlagartig, als sich der Nebel komplett verzogen hatte. „Scheiße…“, hauchte er fassungslos und riss die grünen Augen auf. Das konnte doch nicht wahr sein! Schmale, türkisfarbene Augen blinzelten ihn träge an, aber Shoichi war viel zu erschrocken, um zu bemerken, dass durchsichtige, klare Tränen über die blassen Wangen liefen. Ein dickes, dunkelviolettes Veilchen, gepaart mit einem Haufen frischer Kratzer und einer heftig blutenden Platzwunde stachen ihm prompt ins Auge, als er seinen Freund ansah. „Mist, was ist nur passiert? Das gibt’s doch nicht! Spanner!“ Bestürzt sprang Shoichi auf die Beine und packte seinen Freund bei den Schultern. Er wusste nicht, was er sagen sollte, wie hypnotisiert starrte er auf das farbige Veilchen, das das Gesicht seines Freundes so schrecklich verunstaltete. Aber auch wenn sein Geist ein wenig vernebelt war vor Schreck, wusste er gottseidank immer noch, was zu tun war. Rasch wirbelte er herum und packte erneut das Desinfektionsmittel, zog ein frisches Tuch aus der Packung und tupfte dem Jüngeren damit über die blutende Platzwunde auf der Stirn. „Autsch“ „T’schuldige, Spanner…aber, ich glaub‘s einfach nicht! Was ist da nur passiert, dass du auf einmal so aussiehst? Himmel, was ist nur mit deiner Vergangenheit nicht in Ordnung? Ich glaub, ich krieg die Krise!“ Die altbekannten, ziehenden Stressbauchschmerzen kehrten mit einem schmerzhaften Krampfen zurück, aber Shoichi ignorierte sie so gut wie möglich. Erst einmal musste er seinen Freund versorgen, so gut er konnte. Danach konnte er sich immer noch übergeben. „Da war nichts…“ Unbehaglich drehte der Blonde das Gesicht, als sein Gegenüber ihn ein wenig am Kinn fasste und in die angegebene Richtung drückte, damit er die Kratzer auf der Wange desinfizieren konnte. „Nein, natürlich nicht! Du bist die Treppe runtergefallen, stimmt‘s? Verarsch mich nicht, Spanner! Ich sehe es, wenn etwas nicht in Ordnung ist, ich brauch zwar ne Brille, aber blind bin ich deswegen noch lange nicht!“ So aufgewühlt hatte Spanner seinen besten Freund schon lange nicht mehr gesehen. Er wusste, dass Shoichi sich schnell Sorgen machte um seine Freunde, aber er fühlte sich unwohl, dass er der Grund für diese untypische Erregung war. „…“ „Spanner, bitte…“ Die Stille zwischen ihnen wurde für den Rotschopf langsam unerträglich. Verdammt, er sah doch, dass Spanner Probleme hatte, warum sprach er also nicht darüber?! Er wollte seinen Freund nicht so leiden sehen, das tat ihm sogar selbst weh. Aber warum verschloss der Jüngere sich nur? Er wollte ihm doch nur helfen, also warum? Shoichi wusste spontan keine Antwort auf diese Fragen, aber sein Gehirn war auch viel zu matschig, als dass er darüber jetzt klar nachdenken konnte. „Du weißt, dass du jederzeit mit mir reden kannst, Spanner…über alles. Egal was.“, versicherte er schließlich nach einigen Minuten des Schweigens und versorgte den anderen mit einem letzten Pflaster. „Danke.“ Aber der Verletzte stand nur wackelig auf und schlurfte hinaus aus dem Gang, ehe er aus Shoichis Blickfeld verschwand. Die Tage vergingen. Niemand hatte dieses Thema mehr angesprochen, dazu waren alle viel zu sehr durcheinander und damit beschäftigt, sich für die endgültige Abreise vorzubereiten. Shoichi seufzte bedrückt, als er drei Tage nach dem Vorfall in seinem Zimmer saß und über dem Lebenslauf seines Freundes brütete. „Das ist doch alles viel zu viel…Verdammt!“ Mit einem Krachen ließ er die Faust auf die Tischplatte fallen und raufte sich den roten Haarschopf. Sein Freund hatte sich in den ganzen Tagen nicht ein einziges Mal mehr blicken lassen. Er wusste, dass Spanner alles notwendige in direktem Anschluss zu seinem Zimmer hatte, also Badezimmer und eine private kleine Küche, aber er hatte sich trotzdem nicht einmal getraut, zu ihm zu gehen. Irgendwie war da eine Blockade, die ihm verbot, mit Spanner zu reden, ehe er nicht ganz genau wusste, was damals in Spanners Vergangenheit so schief gelaufen war. Die Minuten tickten gelassen vor sich hin, während Shoichi nachdenklich mit dem Kopf auf der Tischplatte dasaß und überlegte, was er wohl tun konnte. „Ich muss rauskriegen, was er erlebt hat…aber wie, wenn ich nicht mal weiß, wo er gelebt hat? Der Lebenslauf ist unvollständig…“ Erneut entrang dem jungen Mann ein schweres Seufzen. So hilflos hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt. Und das war wirklich ein furchtbares Gefühl… „Mannomann…“ Seine Gedanken rasten, aber irgendwie fiel ihm nicht wirklich etwas Brauchbares ein. Erst ein zufälliger weiterer Blick auf den Papierstapel vor seiner Nase ließ ihn aufsehen. „Warte mal…ja, das ist es doch! Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen?“ Begeistert sprang er auf die Beine und rannte so schnell er konnte zum Fahrstuhl. Er hoffte nur, dass man ihn bei seinem ungeplanten Ausflug nicht erwischen würde, denn diesmal wollte er keine Erklärungen abliefern. Die würde hoffentlich, wenn alles so gut ging, wie er hoffte, nur Spanner zu hören bekommen. Er gab sich keine Mühe, leise zu sein, während er durch die Gänge sprintete. Fliegenden Schrittes verließ er das Hauptquartier der Vongola Famiglia in Richtung der ehemaligen Merone Basis. Die beste Möglichkeit, die es gab, war eben doch immer noch eine Zeitreise! Spanner derzeit saß in seinen privaten Räumen auf dem Bett und krampfte die Hände in die bereits vollkommen verstrubbelten Haare. Sein Magen schmerzte höllisch, aber dieser Schmerz war nichts im Gegensatz zu dem, der sich in seinem Kopf abspielte. Gequält schlossen sich die türkisen, trüben Augen und der junge Mann ließ sich wie ein Sack Mehl vollkommen spannungslos gegen die Wand sinken. Er hatte es vergessen. Alles vergessen, was vor der Zeit abgespielt hatte, die er bei seiner Pflegefamilie verbracht hatte. Er wusste nicht mehr genau, wie er diese Zeit aus seinem Gedächtnis hatte streichen können, aber jetzt war alles wieder zurück, und das mit einer grausamen Kraft, der er kaum etwas entgegenzusetzen hatte. Spanner schluchzte leise. Er hatte einfach nur Angst. Sein ganzer Körper schrie vor Schmerzen, weil er seit Tagen seinen Bedürfnissen nicht mehr nachgekommen war, und obwohl er wusste, dass er sich darum schnellstmöglich kümmern sollte, konnte er sich dennoch nicht rühren. Am liebsten hätte er sich in Shoichis Arme geworfen und nur noch geweint. Vor drei Tagen war er auch nahe dran gewesen, aber er hatte sich letztendlich einfach nicht getraut, aus Angst vor Zurückweisung. Klar, er hatte deutlich sehen können, wie besorgt sein Freund war. Aber ging ihre Freundschaft auch so weit, dass er ihm alles anvertrauen konnte? Spanner fühlte sich selbst heute noch wie in einem schlechten Horrorfilm, wenn er an all das dachte, was er damals in seinem Heim hatte erdulden müssen. Wie sollte Shoichi denn damit umgehen können? Er kam doch selbst nicht damit klar! Ein paar einsame, kalte Tränen rannen über seine eingefallenen Wangen, aber der Blonde spürte es nicht. In seinem Kopf wurde es langsam aber sicher einfach nur noch still. Die Bilder verschwanden allmählich und auch die Stimmen in seinem Kopf, die ihn anschrien. „Endlich Ruhe…“ Erleichtert ließ sich der junge Techniker zur Seite rutschen und schloss die Augen. Endlich übermannte ihn die Schwärze, auf die er die ganzen Tage sehnsüchtig gewartet hatte. Wie ein Besessener starrte der Rothaarige auf den kleinen Bildschirm seines Laptops. Die Einstellungen waren komplett. Er würde in dieser Zeit nicht mehr als fünf Minuten verschwunden sein, aber dafür konnte er sich in aller Ruhe in der Vergangenheit umsehen. Zurück kommen würde er letztendlich durch einen Druck auf seine Uhr, die er mit speziellen Programmen mit der Zeitmaschine verbunden hatte. Er hoffte nur, dass seine Zeitreise nicht zu verstörend werden würde. „Puh…“ Tief durchatmend löste er die Finger vom Laptop. Er fühlte sich zwar nicht sonderlich wohl dabei, das Gerät allein lassen zu müssen, während es im Betrieb war, denn vieles konnte schief gehen. Aber es war zum Wohle seines besten Freundes, da ging er jedes Risiko ein! „Los geht’s!“ Einige Male schon hatte er das schwache weiße Schimmern beobachten können, wenn er andere auf eine Reise durch die Zeit schickte, aber jetzt erlebte er es zum ersten Male direkt an sich selbst. Und sein Magen begann unruhig zu rebellieren, während er fühlte, wie er langsam verblasste und alles um ihn ins Negative verkehrt wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)