How to save a life von Sahm ================================================================================ Kapitel 14: Le Chemin --------------------- Mal was Französisches :) Le Chemin heißt "Der Weg", falls ihr kein Franz könnt und die Zeile da unten "Und ich hasse dich mit meinem ganzen Körper, aber ich liebe/vergöttere dich." Viel Spaaaaaaß, ich hoffe, ihr habt ihn mit dem Ende :) Und vielen Dank für die Kommentare http://www.myvideo.de/watch/5271542/Kyo_Featuring_Sita_Le_Chemin “Et je te hais de tout mon corps, mais je t’adore.” Kapitel 14 Mael griff nach Rouvens Arm und brüllte irgendetwas Unverständliches in dessen Ohr. Rouven lachte und deutete wild gestikulierend um sich. „Ich hör dich nicht!“, schrie er zurück und sah, dass Mael seine Augen verdrehte, jedoch lächelte. Das war ein gutes Zeichen. Die Musik dröhnte donnernd durch den riesigen Raum. Eigentlich waren weder Mael noch Rouven sonderliche Fans dieser Musikrichtung, aber an diesem Tag war es einfach… wundervoll. Und trotzdem auch traurig. Rouven hatte nicht gewusst, was Mael für Probleme hatte. Er hatte sich immer gedacht, er wäre einfach kein Mensch, der rausgeht. Es musste solche Menschen geben, oder nicht? Aber dass seine Probleme dermaßen gravierend waren, dass er sich selbst verletzten musste… das war ihm neu und es tat ihm in der Seele weh. Aber es war nicht der Moment, um nachzudenken. Nicht der Moment, um zu reden. Nicht der Moment, nicht der Moment. Es war der Moment, um zu lachen. Zu feiern, sich zu freuen. Bewundernswerte Blicke einfach abzutun und nur zu tanzen. Rouven spürte die Bässe tief in sich, griff nach Maels Arm und zog ihn mit sich. Er schloss die Augen und ließ alles los. Die quälenden Gedanken Benedikts wegen, die Schuldgefühle, die hervorgerufen wurden, weil er Mael so vernachlässigt hatte, die Lügen Rhia gegenüber. Alle weg, weggeschoben, hineingeworfen in einen tiefen Abgrund. Schlüssel weg. Die Musik drang tief in ihn ein, aber trotzdem spürte er noch, wie Mael an seinem Ärmel zupfte. Immer noch lächelnd öffnete Rouven die Augen und verzog verwirrt die Brauen. Mael stand vor ihm, verschwitzt, mit roten Wangen, zerzausten Haaren und einem glücklichen, wenn auch ebenfalls verwirrtem, Ausdruck in den Augen. Er deutete in eine andere Richtung und Rouven legte ihm die linke Hand auf die Schulter. Drehte sich um. Erstarrte. „Geh nach Hause, Benedikt. Hau bloß ab. Du hast hier nichts zu suchen. Das hier ist endlich mal ein schöner Abend, Herrgott, und du vermiest mir den nicht! Du nicht, vergiss es.“ Benes komischer Freund, der anscheinend – wie Mael – nicht von seiner Seite weichen wollte, stand neben ihm, lachte und sah trotzdem verwirrt aus. Bene selbst sah aus, als ob er am liebsten durch ein Loch im Boden verschwinden würde. „Hey, was habt ihr eigentlich für ein Problem?“ Neugierig sah… wie hieß er noch? Eric?... von Rouven zu Bene zu Mael und wieder zurück. Rouven konnte genau erkennen, dass Bene immer nervöser wurde. Seinem Kumpel hatte er also anscheinend nichts davon gesagt, dass er möglicherweise schwul war. Na ja, man konnte möglicherweise auch streichen. Er war es, auch wenn er sich selbst noch belog. Rouven zog die Brauen hoch, spürte Maels warnenden Blick, musste es jedoch einfach tun: „Ach, er hat dir nichts gesagt? Scheint dir wohl nicht so sehr zu vertrauen, dass er es dir sagen kann. Ich an deiner Stelle wäre ja richtig beleidigt deshalb, weißt du.“ Eric warf einen unsicheren Blick hinüber in Benes Richtung, der ziemlich offensichtlich zusammengezuckt war. Rouven lächelte leicht. Natürlich war es nicht fair von ihm, das zu tun, eventuell diese Freundschaft zu zerstören. Aber das hier war Maels Abend. Maels und nicht Benes und Rouven sah es nicht ein, weshalb er jetzt einen auf lieb Kind machen sollte. Eric nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette und blies den Rauch vorwitzig direkt in Rouvens Gesicht. „Bene wird nichts sagen, weshalb ich mich direkt an dich richte: Was ist los und warum flennt ihr hier so rum?“ Nervös lachte Rouven auf. Eric kannte Bene aber ganz schön gut. Genau dasselbe hätte Rouven selbst auch getan. „Du bist doch dämlich. Denkst du, du kennst ihn so gut? Du hast es nicht mal bemerkt, was los ist, oder?“ Bene zog scharf die Luft ein, sagte aber immer noch nichts. Seine Augen blickten abwesend, was ein deutliches Zeichen dafür war, dass er innerlich gerade immer verwirrter wurde. Mael stupste Rouven an und flüsterte, dass er gefälligst aufhören sollte. Er dachte gar nicht dran! „Was sollte ich bemerkt haben? Bene ist konfuser und ruhiger als sonst und hat irgendwas, das er mir bis jetzt noch nicht sagen wollte. Ich warte, okay, ich warte einfach. Das hat nichts damit zu tun, dass ich ein schlechter Freund sein soll. Ich kann einfach nur gut warten.“ „Ja, ist gut jetzt hier, können wir nicht gehen, Rou?“ Er gönnte Mael nicht eines einzigen Blickes. Sein Augenmerk lag eher auf Benedikts ausdrucksloser Miene und wanderte dann hinüber zu Eric. „Nein, wir gehen nicht. Das ist trotzdem bitter, dass du es nicht gemerkt hast. Mael hat’s gemerkt und zwar noch vor mir. Ich will nicht sagen, dass du ein schlechter Freund bist, ich will nur sagen, dass du deine Augen aufmachen solltest, denn sonst hättest du das schon längst bemerkt.“ Bene riss die Augen auf. „W…?“ Er kam nicht mehr dazu, seinen Satz zu beenden, weil Rouven sich auf einmal nach vorne bewegte und seine Lippen mit Benes verschloss. Himmlisch weich und warm. Rouven seufzte und spürte, wie sich ein Paar Arme um ihn schlang. Bene. Er blendete alles aus, konzentrierte sich nur noch auf diese Lippen, diese Zunge, diese Zähne, die er berührte. Er wollte mehr, jetzt, sofort. Er wollte Bene ganz nahe sein, so wie noch vor einer Woche, wollte ihn berühren, ihn ausziehen, ihn verführen. Mit ihm schlafen. Tief seufzte er in den Kuss hinein und… Mit einem Ruck wurde er zurückgerissen. Eric? Mael? Er starrte in Benes weit aufgerissene Augen. Der taumelte langsam zurück und griff sich an die Lippen, öffnete den Mund, kam jedoch zu keinem Ergebnis, da just in diesem Moment ein anderer das Wort ergriff. „Himmelherrgottsakrament, Benedikt, was zur Hölle war das?“ Rouven wirbelte herum, sah und spürte im selben Moment, wie Mael neben ihn trat und ihn mit einem schiefen Lächeln ansah. Benes Gesicht, noch mit halb geöffnetem Mund, lief so weiß an, wie Rouven es nie für möglich gehalten hatte bei einem Menschen. „Eric“, flüsterte er fassungslos, „das… Eric…“ Eric seinerseits war so komplett rot vor Wut, dass es nur noch bizarr aussah. „Bene, was… was ist da los?“ Bene streckte die Hand aus, um Eric an der Schulter zu berühren, doch der wich zurück und starrte ihn dermaßen entsetzt an, dass es Rouven ganz anders wurde. War Eric etwa…? Aber er war doch Benedikts bester Freund, wie konnte das dann sein? Mael war auch nicht gerade der größte Freund von Homosexualität, aber er nahm es trotzdem als gegeben hin. Im Grunde genommen war es ihm sogar egal, solange Rouven nur glücklich war. Was er eben gewesen war… Der Kuss war von Leuten gesehen worden. Der Kuss war nicht unentdeckt geblieben und auch nicht verschämt in irgendeiner Ecke aufgedrückt worden. Dieser Kuss hatte stattgefunden, wo jeder es sehen konnte, der nur wollte. Oder auch nicht wollte… „Eric…“ Bene brach ab, wusste nicht mehr weiter. Er warf einen hilfesuchenden Blick in Rouvens Richtung hinüber. Was jetzt? Das war nicht geplant gewesen. Was sollte er tun? Er wollte keine Freundschaft zerstören. Er wollte einfach nur Bene. „Hör’s dir erst mal an, bevor du austickst.“ Es war lieb von Mael, es zu versuchen, aber das war nicht sein Kampf. Rouven streckte einen Arm zur Seite aus, um Mael zu signalisieren, dass es okay war. „Nicht durchdrehen, das war dumm von mir. Eric, Mael hat aber recht, hör dir an, was ich zu sagen habe, ja?“ Gespannt musterte er Erics Miene, die langsam ausdruckslos wurde und… auch widerlich abgeneigt. Er verschränkte seine Arme vorm Körper, als wolle er sich schützen und sein Blick wurde immer härter. Rouvens Blick streifte Bene, der entsetzt aussah und auf seine Hände starrte, die von Eric abgewiesen worden waren, dann wieder zurück zu Eric, der immer noch nichts gesagt hatte. Seine Miene war unergründlich, aber Rouven glaubte, eine gewisse Angewidertheit rauslesen zu können. Großartig. Und dann sprach er und Rouven erschauderte. „Mir ganz egal, was du jetzt zu sagen hast, Schwuchtel, ich will’s nämlich nicht hören. Ich will gar nichts hören, gar nichts mehr, schon gar nicht von dir. Du weißt, dass ich so was eklig finde und das ist doch einfach nur abartig. So was gehört sich nicht, so was sollten Typen nicht tun. Ach was, ihr seid sowieso keine echten Männer, ihr seid einfach nur abnormal. Ich hau hier ab. Widerlich.“ Vollkommen angewidert spuckte Eric vor Benedikt auf den Boden, der entsetzt nach hinten sprang, bedachte Rouven mit einem unendlich wütenden Blick und verließ die Szene mit langen, wütenden, zitternden Schritten. Wenn Menschen Gefühlsregungen hatten, war er meist hilflos. Er stand am Rand und beobachtete sie oder er stand daneben und ließ sich anschreien, während er interessiert seine Fingernägel betrachtete oder die Menschen um ihn herum. Er konnte nicht damit umgehen. Wusste nicht, was er sagen oder tun sollte, wenn jemand Hilfe von ihm erwartete oder sich an ihn klammerte. Er war kein Mensch, der jemandem über den Kopf streichen und dabei beruhigende Dinge flüstern konnte. Das mit Mael vorhin war so ziemlich das erste Mal überhaupt gewesen, dass er, nachdem jemand vor ihm zusammengebrochen war, reagiert hatte, reagieren konnte. Aber das war etwas anderes gewesen. Mael kannte er schon seit dem Kindergarten, mit ihm konnte er, wenn sie es denn wollten, auch gut reden. Er hatte gemerkt, dass er schwul war, bevor Rouven selbst es wusste, und er hatte keinerlei Probleme damit, höchstens mit der Art und Weise, wie Rouven an die ganze Sache ranging. Aber das hier, das ging wirklich beinahe zu weit. Beinahe. Wäre da nicht die Kleinigkeit, dass Rouven dafür verantwortlich war, dass gerade alles im Arsch war, und dass er ihm alles versaut hatte, weswegen es… verständnisvoll war, was gerade abging. Und jetzt? Saß er auf seinem Bett, Mael links von ihm, grinsend, rechts von ihm – oder besser: in seinen Armen – ein Häufchen Elend, das auch manchmal auf den Namen Benedikt hörte. Es schniefte und weinte runter, was nur ging. Mael, der die ganze Situation irgendwie lustig statt komisch fand, wusste der Geier, warum, reichte ihm ein Taschentuch nach dem anderen. Rouven hatte die Arme um Bene geschlungen und wusste nicht, was er sonst noch tun sollte, außer ihn hin und her zu wiegen und dabei irgendwelches Zeugs murmeln von wegen „Es wird alles wieder gut“. Er war schlichtweg schlecht in solchen Angelegenheiten und das war wahrscheinlich auch der Grund, weshalb sein bester Freund lachte. „Mael, könntest du mal bitte aufhören? Das ist lächerlich.“ Der Ire gluckste. „Ach, komm schon, du hast’s einfach vermasselt. Du hättest Bene nicht überfallen dürfen und du hättest es diesem Eric schonender beibringen können. Es ist vorbei und fertig.“ „Danke, Mann, die tröstenden Worte sind echt geil.“ Mael verdrehte die Augen. „Es geht nicht darum.“ Er deutete auf das Häufchen Elend, das in Rouvens Brust hinein weinte. „Es geht um ihn hier. Du könntest eine lebenslange Freundschaft zerstört haben mit deinen dämlichen Taten. Du denkst nie nach, wenn du was tust. Mann, ich fand den Abend echt schön, aber der Ausgang ist alles andere als gut gewesen.“ Mael seufzte und Rouven öffnete den Mund, um loszuwerden, dass ihm alles einfach nur leid tat, wurde jedoch unterbrochen vom schniefenden Häufchen Elend, das sich langsam wieder in Benedikt zurückverwandelte. Der hob nämlich den Kopf, hatte die Arme noch um Rouven geschlungen und starrte ihn aus sanften, tieftraurigen Augen an. Sprach. „Okay. Du hast gewonnen. Du und deine Augen, ihr habt beide gewonnen. Ich werd vor Rhia treten und ihr sagen, dass ich sie nicht liebe, sondern nur dich. Und dann will ich eine Beziehung. Mit dir.“ Verschlug Rouven den Atem. 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