Dance with me von sissyphos (Naruto & Sasuke) ================================================================================ Kapitel 21: Schmerzliche Liebe ------------------------------ Wie versprochen kommt dieses Kapitel zügig und ich muss an dieser Stelle anmerken, dass mich das Ganze ungelogen stundenlanges Haare raufen gekostet hat, bis es in meinen Augen eingermaßen passabel war. Puh, deshalb hoffe ich natürlich umso mehr, dass es bei euch genauso ankommt, wie ich es mir gedacht habe -.- Und zwar glaubwürdig und nicht abgedroschen... Nun ja, ihr werdet mich wohl darüber unterrichten :-) Nun (hoffentlich) viel Spaß beim Lesen xD __________________________________________________________________________ Mein Herz schlug wie wild gegen meine Brust, als es plötzlich ganz still um mich herum wurde. Eine Stille, die nichts Gutes bedeutete. Eine Stille, die mir viel Abweisung und noch viel mehr Schmerz prophezeite. Aber das war bloß eine Vorahnung. Nichts weiter, als eine simple, unbedeutende Vorahnung. Jedoch kam es mir vor, als wären Stunden vergangen, seit Sasuke das letzte Mal gesprochen hatte. Doch nun ergriff er endlich wieder ganz leise und unsicher das Wort: "Das ist...ein Scherz." In seiner Stimme lag ein fragender Unterton und seine flehende, bittende Tonlage zwang mich dazu aufzusehen, mich dem zu stellen, was auch immer mir nun bevorstand und verneinend leicht den Kopf zu schütteln, während ich ihm in die Augen sah. In seine weit geöffneten, ungläubigen Augen, die mich anstarrten, als wäre ich nicht mehr von dieser Welt. Und vielleicht war ich das auch nicht. Vielleicht war ich wirklich nichts weiter, als ein hoffnungsloser Träumer. "Ein Scherz", wiederholte er monoton. Was hatte ich mir schon von meinem Geständnis erhofft? Aufgrund der Antwort, die mir durch den Kopf huschte, musste ich traurig lächeln. Eigentlich gar nichts. Und doch so viel. "D-das meinst du nicht so...Ich meine...Du...", begann er stottrig und ließ dann den Blick auf meine zittrige Hand sinken, die noch immer haltsuchend sein Handgelenk umfasste. Für Ausreden war es längst zu spät. Das hatte keinen Wert mehr. Nur die Hoffnung, dass ich ihn von der Wahrheit überzeugen konnte, die blieb mir. Ich musste mich jetzt erklären, während ich selbst keine Fragen stellen durfte. Dazu hatte ich momentan kein Recht. Ich durfte nur Antworten geben. Und das, obwohl mir eine Erklärung peinlich und unangenehm war. Und auch wenn ich mich vor seiner Reaktion fürchtete, so zählte meine unbeschreibliche Angst dennoch nichts mehr. Sie war nichts weiter, als ein Empfinden, das ich von nun an für Wichtigeres in den Hintergrund drängen musste. Das war meine Pflicht. Entschlossen, alles richtig zu machen, wollte ich ironisch anmerken, dass ihm mein Geständnis wohl die Sprache verschlagen hätte, nur um die angespannte Situation ein wenig aufzulockern. Aber so sehr ich mich auch bemühte, ich bekam diese Worte nicht über die Lippen. Also musste ich anders beginnen. "Es tut mir leid", murmelte ich und suchte seinen Blick, doch er hielt den Kopf geneigt. Da er nicht fragte, was mir leid täte, fuhr ich einfach ohne Aufforderung fort. Ich musste etwas sagen. Die Stille schien mir die wenige Luft zum Atmen zu nehmen. Es war wie ein Zwang. Ich musste sprechen, egal was, hauptsache die Wahrheit. "Dass ich dir nichts gesagt habe, tut mir leid. Dass ich dir etwas vorgemacht habe, tut mir ebenfalls leid. Aber es tut mir nicht leid, dass ich so für dich fühle." Plötzlich sah er auf. Angsterfüllte Augen starrten in meine - ja, er schien Angst zu haben. Und zwar vor mir. Vielleicht schlicht vor meinen Worten, aber vielleicht in jenem bedeutsamen Moment auch vor mir als Person. Doch diese Furcht wollte ich ihm nehmen. "Du bist...der wundervollste Mensch, den ich kenne. Und ich...ich schäme mich nicht dafür, dass ich diese Gefühle für dich hege", fuhr ich vorsichtig fort und versuchte ihn mit einem sanften Lächeln zu beruhigen. Auch wenn es mir schwer fiel so standhaft zu bleiben. Denn ich spürte die Hitze unentwegt durch meinen Körper jagen - pure Nervosität, die ich ihm nicht zeigen durfte. Ich musste das jetzt durchstehen. Schließlich hatte ich mich selbst in diese missliche Lage katapultiert. "Weißt du...Du machst mich einfach glücklich. Wenn ich bei dir bin, dann...dann geht's mir gut. Richtig gut sogar. Ganz egal, was um mich herum geschieht, solange du nur da bist." Während ich diese Worte aussprach, die aus meinem tiefsten Inneren stammten, stand Sasuke einfach nur da wie eine Statue, gehauen zwar aus schönstem Marmor, aber immer noch reg- und teilnahmslos wie der harte Kalkstein aus dem sie gemeißelt wurde, während sein Blick schlicht in tiefe Leere glitt. In Leere und Ausdruckslosigkeit. Er schien wirklich wie versteinert. Doch er lief immerhin nicht weg. Schien er nicht zu können - nicht zu wollen? Fakt ist jedenfalls, dass er hier blieb und mir zumindest für den Augenblick Gehör schenkte. Und ich wusste nicht, ob das Ganze nun ein gutes oder schlechtes Zeichen war. "Du kannst dir gar nicht vorstellen, was ich empfinde, wenn du mich ansiehst. Wenn du lächelst. Wenn du mich berührst. Und du weißt auch nicht, wie sehr ich mich danach sehne, meinen Mund auf deine Lippen zu legen. Schon so lange, Sasuke. Ich liebe dich schon so lange", flüsterte ich ihm zu, versank in meinen eigenen verworrenen Gedanken und verdrängte die Worte, die er mir daraufhin sagte, einfach aus meinem Gehör. Auf einmal sah ich nur noch diese endlose Schönheit. Der Marmor seines Gesichts, geziert von den dazugehörigen tiefschwarzen, unergründlichen Augen und den weichen, wohlgeformten Lippen. Alles umhüllt von seinen rabenschwarzen Haaren. Der perfekte Kontrast. Das perfekte Gesicht. Plötzlich dachte ich nicht mehr. Ich wollte nur noch. Das Verlangen, ihn zu küssen, ihm meine Liebe zu zeigen, sie mit dieser Verschmelzung zu beweisen, wuchs in jenem Moment über den Zweifel und die Angst hinaus, die mich zuvor prägten und meine Handlungen bestimmten. Meine tiefe Sehnsucht verleitete mich sogar schlussendlich dazu, die Hände fordernd an seine Wangen zu legen und sein Gesicht anzuheben. Doch noch bevor ich mich ihm weiter annähern konnte, riss er mich schließlich aus meinen Träumereien und schlug mich zur Seite. Er schrie mich an. Nein, nicht nur das: Er klagte mich regelrecht an. Und erst jetzt bemerkte ich die bittere Pille der Realität. Sasuke starrte mich an. Für mich in diesem Augenblick so verschreckt, verzweifelt, wütend und angeekelt wie noch nie zuvor in seinem Leben. Er hielt sich das Handgelenk, das ich bis eben noch umfasst hatte und ich erblickte die dunklen Druckstellen daran. Druckstellen, durch meinen Griff? Mein Blick wanderte hoch - seine Wangen ebenfalls gerötet. "Ich sagte...du tust mir weh", murmelte er und sah mich feindselig an. Aber gleichzeitig auch mit einer Vorsicht, die ich ebenfalls noch nie erlebt hatte. Ich rappelte mich auf, machte einen Schritt auf ihn zu, wollte seinen Arm greifen und mich bei ihm entschuldigen. Das hatte ich nicht gewollt. Ich hatte es nicht einmal bemerkt. Doch er schlug meine Hand beiseite. "Lass das! Fass mich nicht mehr an! Nie wieder", schrie er dabei aus voller Kehle und stürmte plötzlich mit beeindruckender Geschwindigkeit an mir vorbei - er floh. Ich hörte seine schnellen Schritte, spürte den bebenden Fußboden unter meinen Füßen und je weiter er sich von mir entfernte, desto mehr wurde ich wieder Herr meiner Sinne. Erst jetzt begriff ich vollends, dass ich ihn bedrängt hatte. Von Anfang an hatte er betont, dass er das nicht hören wolle - wie ein Platzregen schlugen diese bis gerade verdrängten Worte nun auf mich ein. Zeigten mir meine Schuld. Dass ich nicht gestoppt, sondern ihn festgehalten und gezwungen hatte, mich anzuhören. Was war nur mit mir los? Ich verstand mich selbst nicht mehr. Das war doch sonst nicht meine Art. Voller Verzweiflung sackte ich in mir zusammen, nieder auf den Boden und bedeckte mein Gesicht vor eigener Scham mit meiner Hand, während ich bitterliches, warmes Wasser über meine Wangen fließen spürte. Ganz langsam tropfte die salzige Flüssigkeit, die ich eigentlich nie wieder verlieren wollte, mein Kinn herab, färbte den hellen Holzboden unter mir und erinnerte mich in jenem Moment an die langsame Ausbreitung einer Blutlache. Ich hatte wirklich alles Erdenkliche falsch gemacht. Er musste mich zu Recht für ein abartiges Schwein halten. Dabei wollte ich ihm doch nur nahe sein. Aber anstatt diese Nähe auszuschöpfen, hatte ich letzten Endes mit meinem Tun genau das erreicht, was ich am meisten zu vermeiden suchte: ihn zu verlieren. Endgültig und unwiderruflich. Gequälte Schluchzer verließen meinen Mund, während ich versuchte meine vergossenen Tränen zu beseitigen und neue zu unterdrücken. Aber es gelang mir nicht. Nicht mehr. Ich hatte ihm weh getan. Das hatte er sogar gesagt. Und das würde ich mir niemals verzeihen. Niemals. Meine Beteuerung musste revidiert werden: von nun an tat es mir aufrichtig leid - es musste mir leid tun - dass ich mein Herz an ihn verloren hatte. Wo ich ihm doch nichts als Schaden zufügte. Reglos lag ich nunmehr seit einer halben Stunde auf meinem Bett, umhüllt von der Dunkelheit des Zimmers und starrte in weitreichende Schwärze. Neben mir hörte ich das Ticken der Uhr, während draußen der Wind gegen meine Fensterscheibe peitschte. Selbst jetzt hielt ich mein Handgelenk noch fest umklammert. Dabei zitterte ich unaufhörlich am ganzen Leib und biss die Zähne zusammen, um meine aufkommenden Gefühle zu unterdrücken. Ich liebe dich schoss es wieder durch meinen Schädel und begann allmählich mir schreckliche Kopfschmerzen zu bereiten. Schon ab diesem einen Satz wollte ich nichts mehr davon hören. Kein einziges Wort mehr aus seinem Mund. Ich wollte weglaufen, war aber wie gelähmt. Deshalb hatte ich begonnen ihn anzuschreien. Ihm gesagt, er solle die Klappe halten. Aber er ließ mich nicht in Frieden, lächelte mich nur so verträumt an und sprach weiter. Schmiss mir seine ganzen Liebesbeteuerungen um die Ohren. Seine Art war es letzendlich, die mich geängstigt hatte. Seine maßlose Vernarrtheit ließ mich auch jetzt noch erschaudern und verunsicherte mich. Das war alles so plötzlich gekommen. Dabei kam eine Liebeserklärung doch bekanntlich immer irgendwie überraschend. Aber hier war es anders. Viel komischer. Aber warum? Durch seine Worte, seine groben Berührungen oder doch nur, weil er ein Mann und zudem mein bester Freund war? Ich drehte mich auf den Rücken und schlug mir die Hände vors Gesicht. Das war doch alles Unsinn. Daran lag es nicht. Glaubte ich. Nein, ich wusste es nicht. Mein schmerzender Kopf fühlte sich so leer und gleichzeitig so schwer wie Blei an, ließ keine klaren Gedankengänge zu. Ich liebe dich schallte es nur erneut in meinen Ohren wider. Dann seine Hände an meinem Gesicht. So grob, verletzend, aber zugleich auch unsicher und verzweifelt. Mein Atem ging schwer, während mein Herzschlag vor Aufregung noch immer unregelmäßig pulsierte. Hätte er mich in seinem Wahn vielleicht sogar versucht zu berühren? Intimität gegen meinen Willen ausgeübt? Meine Augen flackerten, während ich mit Mittel- und Zeigefinger meine gereizten Schläfen massierte. Nein, wäre das sein einziges Anliegen gewesen, hätte er es sicher schon viel früher getan. Als wir nebeneinander geschlafen hatten, allein in seiner Wohnung, da war der Moment viel günstiger gewesen. Aber darum schien es ihm gar nicht zu gehen. Er war einfach nicht bei Sinnen gewesen. Nein, er hatte mir ganz sicher nichts tun wollen. Das verriet allein sein Gesichtsausdruck und auch sein Blick mit dem er mich bedachte, nachdem er sein merkwürdiges Verhalten selbst bemerkt hatte. Er war wirklich geschockt gewesen - und zwar von sich selbst. Das konnte ich unmissverständlich von seinen angsterfüllten Iriden ablesen. Verletzt von seinem eigenen Handeln, weil er mich damit verletzt hatte. Du liebst mich also wirklich, Naruto? Tust du das? Ich kniff die Augen fest zusammen. Wie konnte er sich nur in jemanden wie mich verliebt haben? An mir gab es nicht viel liebenswertes, das wusste ich nur zu gut. Die, die bislang vorgaben mich zu lieben, das waren alles nur Menschen, die die Oberflächlichkeit auf einem Silbertablett serviert bekamen. Mit Ausnahme von meiner Mutter und Itachi vielleicht. Aber ansonsten liebten doch alle nur das, was sie sahen. Es konnte nicht anders sein. Weil sie mich nicht kannten. Nicht im Geringsten. Denn mit den wenigsten der Mädchen, die felsenfest behaupteten mich zu lieben, hatte ich jemals mehr als zwei Sätze gewechselt. Doch bei Naruto war das anders. Ich glaubte, dass er mich kannte. Immerhin ein Stück weit. Und das war es, was mich am meisten beunruhigte. Dass ich überhaupt so viel darüber nachdachte. Das tat ich doch sonst nicht. Kaum waren diese nervigen Liebesfloskeln ausgesprochen, hatte ich sie auch schon wieder vergessen. Und jetzt? Jetzt lag ich hier auf meinem Bett, starrte in die Dunkelheit und sinnierte über seine Gefühle für mich. Das war doch total absurd! Dabei war unsere gemeinsame Zeit doch so schön und irgendwie unbeschwert verlaufen. Es schmerzte, dass das nun alles vorbei sein sollte. Mit einem Schlag, verursacht durch drei lächerliche Worte. Und dann, während ich in meinen Erinnerungen wühlte, fiel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen. Diese ganzen Berührungen...Wann hatten die begonnen? Verflucht, wann? Angestrengt dachte ich nach, versuchte mich zu konzentrieren. Vor etwas über einem Monat hatte ich begonnen, zunehmend mehr Zeit mit Naruto zu verbringen. Konnte es sein...Konnte es sein, dass er seit dem...? Meine Augen weiteten sich erschrocken. Wie hatte ich so blind sein können? Verflucht, wie? Das konnte doch nicht wahr sein, dass ich es nie bemerkt hatte. Plötzlich ergaben diese ganzen Berührungen und alles, was er sagte einen Sinn. Ich finde dich hübsch - sehr hübsch sogar hörte ich ihn wieder beteuern, spürte ihn wieder neben mir liegen, nah an mich geschmiegt und musste schlucken. Letztendlich war ich doch selbst schuld. Zumindest wenn ich ehrlich zu mir selbst blieb. Schließlich hatte ich all das zugelassen, teilweise sogar...erwidert. Ich schüttelte aufgeregt den Kopf. Wenn es so war, wenn er nicht allein schuldig war, dann durfte ich ihn auch nicht so behandeln. Wir hatten schließlich ein wichtiges Ziel vor Augen, das wir nunmal nur gemeinsam erreichen konnten: Den Wettbewerb zu gewinnen. Dafür hatten wir Tage und Nächte lang trainiert. Und ich hatte so viel Zeit, Geduld und Energie in dieses Projekt investiert, dass doch jetzt nicht einfach alles vorbei sein konnte. Das würde ich nicht zulassen - niemals. Ich wollte gewinnen. Und ich würde auch gewinnen. Eilig kramte ich mein Handy aus der Hosentasche heraus und begann eine SMS zu schreiben: hey naruto unser duo steht doch noch? lass uns die sache einfach vergessen wir sind doch freunde :-) sasuke Noch einmal besah ich das, was ich geschrieben hatte, drückte eilig dieses bescheuerte Smiley wieder weg und schickte das Ganze ab, obwohl ich wusste, dass die Zeilen suboptimal waren. Es dauerte gerade einmal zwei Minuten, bis mein Handy aufgrund einer erhaltenen SMS zu vibirieren begann. Da stand: okay Nicht mehr und nicht weniger. Nur dieses simple Wort, das aber völlig genügte. Erleichtert, aber auch irgendwie bekümmert legte ich mein Handy neben mir aufs Bett und starrte wieder die dunkle Decke an. Ob es ihm wohl meinetwegen schlecht ging? Wieder kniff ich die Augen zusammen. Was interessierte mich das schon? Es hatte mich nicht zu interessieren - war nicht mein Problem. Ich konnte ja nichts für seine Gefühle! Damit musste er selbst klar kommen. Er würde schon irgendwann darüber hinweg sein. Vielleicht mithilfe eines anderen Kerls, wenn er schon auf Männer stand. Ja, mit einem anderen. Bilder fegten durch meinen ohnehin überfüllten Kopf. Naruto mit einem anderen. Das war so naheliegend und gleichzeitig so unvorstellbar. Der Gedanke, er könnte einen anderen küssen und vor allem einen anderen lieben, nahm mir schlicht den Atem. Wie würde dieser jemand wohl aussehen? Vielleicht würde er mir ähneln, aber vielleicht auch ein gänzlich anderes Äußeres aufweisen. Und schon wieder dachte ich über Dinge nach, die mich nicht zu interessieren hatten. Dabei sollte das alles nicht so sein. Mein Verhalten, meine Fragen und Reaktionen sollten nicht so sein. War ich denn noch immer so fürchterlich naiv? Wenn ich weiterhin ehrlich blieb, war ich tatsächlich eifersüchtig auf einen Kerl, der gar nicht existierte. Das war doch lächerlich. Noch dazu war ich eifersüchtig, obwohl ich Naruto von mir gestoßen hatte. Obwohl ich nicht wollte, dass er derartige Gefühle für mich empfand. Ich wies ihn also von mir, wollte aber gleichzeitig auch nicht, dass er mich irgendwann ersetzte. Das war so bestialisch widersprüchlich, dass es mir beinah ein zynisches Lächeln entlockte. Aber was war überhaupt mit meinen Gefühlen? Warum hatte ich ihn nicht direkt stehen lassen, warum mich nicht losgerissen, als er mich festhielt? Warum hatte ich solange gewartet? Ich allein hatte es soweit kommen lassen, dass er mich um ein Haar sogar geküsst hätte. Itachi sollte also doch Recht behalten. Dass Naruto mich ansah, wie man einen Mann normalerweise nicht ansieht. Und auch damit, dass ich meine Augen vor der Realität verschloss. Dass ich blind durch die Weltgeschichte lief. Deshalb brachte ich es auch zu nichts. Nur deshalb, weil ich die Wahrheit nie akzeptierte. Doch jetzt musste und wollte ich es wissen - endlich die Augen öffnen. Es würde alles gut werden. Auf mich selbst hatte ich mich bislang immer verlassen können. Ich vertraute mir. Irgendwie. Fest entschlossen führte ich langsam meine rechte Hand zu meiner linken Brust, spürte meinen Herzschlag, der zunehmend ruhiger wurde, je länger ich dem Pulsieren lauschte. Ich versuchte mich zu konzentrieren und schloss vorsichtig die Augen. Spürte weiterhin meinen ruhigen Herzschlag. Dann begann ich mir den Mann vorzustellen, der für all das verantwortlich war: ich stellte mir Naruto Uzumaki vor. Mit seinen goldblonden Haaren, den blauen Augen, der gebräunten Haut und seiner sportlichen Figur, die immer von genauso sportlichen Klamotten verschleiert wurde. Alles war okay. Es passierte nichts. Aber dennoch wollte ich auf Nummer sicher gehen, musste einfach alles über mein Empfinden herausfinden und dafür endlich über meinen eigenen Schatten springen. Also befand sich Naruto in meiner Vorstellung direkt vor mir, während ich versuchte meinen Körper von seiner unvermeidlichen Anspannung zu befreien, stellte mir dann weiter vor, wie Naruto über mir kniet. Wie er mich ansieht mit seinem sanften Lächeln, mir damit Mut zuspricht und behutsam mit einem Finger über meine Lippen streicht. Weiter male ich mir aus, wie er sich zu mir herabbeugt, bis er nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt ist und mir bei gehaltenem Blickkontakt ein "Ich liebe dich" zuhaucht, nur um anschließend seine Hand an meine Wange legen zu dürfen und mir mit seinem Mund ganz langsam näher zu kommen. Von meinen Gedanken überrumpelt, riss ich nun übereilt die Augen auf, schreckte beinah hoch, bemerkte bereits Sekunden später das Zittern meiner Finger, die tief in dem Stoff meines Pullovers vergraben lagen. Bemerkte zudem meinen unregelmäßigen Atem und schließlich - letztendlich - auch das heftige Pulsieren in meiner Brust. Meine Lider wurden ungeahnt schwerer, genauso schwer wie mein Kopf, so dass ich sie kaum mehr offen halten konnte. Plötzlich drang dumpfer Gitarrensound an meine Ohren, die eigentlich nur noch drei völlig irrelevante Worte hörten. Itachi begann nebenan zu proben. Kurz darauf oder nach einiger Zeit - ich verlor allmählich das Zeitgefühl - schrie mein Vater von unten herauf, er solle doch etwas leiser üben. Und allein das genügte. Sie zu hören, bloß zu wissen, dass sie da waren, war grausam. Allein ihre Anwesenheit war für mich, als wüssten sie alles. Könnten in mich hinein blicken. Sehen, was ich tat, während ich hier in meinem Bett lag. Nichts Besseres zu tun hatte, als mir die Berührungen meines besten Freundes vorzustellen. Völlig verwirrt, fast schon verstört, drehte ich mich zur Seite, zog die Decke über meinen Körper und drückte meinen Kopf tief beschämt in das Kissen hinein. Das war es also, was ich wollte und die ganze Zeit über verdrängte. Dieses Gefühl...Es war so zähflüssig, dass ich glaubte, es würde mir die Lunge zuschnüren - mir den Atem rauben. Dieses Gefühl war eine Schande. Es war schrecklich. Es war falsch. Es tat weh. Und ich wollte es nicht. Aber hier hatte ich meine ersehnte Wahrheit. Und während mir die Tränen seelischer Qual in den Augen standen, wünschte ich mir aus tiefstem Herzen meine gewohnte, bewährte Blindheit zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)