Was wäre gewesen, wenn ... ? von Maclilly (Ace an Bord der Oro Jackson) ================================================================================ Kapitel 85: Die Frucht des Feuers --------------------------------- „Ist es das?“ „Krokus meint ja. Und der Doc wird eine Fälschung vom Original sicher zu unterscheiden wissen“, antwortete Rayleigh, ließ eine in rotes Leder gebundene Bücherschwarte krachend auf den Tisch fallen, eh er selbst wieder Platz nahm und der Teufelsfrucht einen musternden Blick zuwarf. Von außen sah sie fast wie eine gewöhnliche Drachenfrucht aus: längliche Form und eine Schale mit großen Schuppen, deren Spitzen leicht abstanden. Auch farblich unterschied sie sich kaum von den gewöhnlichen Vertretern dieser Frucht. Ihr Rot war zwar ein paar Nuancen dunkler als bei anderen Drachenfrüchten, aber ein eindeutiges Indiz, dass es sich hierbei um eine Teufelsfrucht handelte, lieferten die geschwungenen Linien, welche sich über die gesamte Schale schlängelten. „Bei solch einer auffälligen Frucht dürfte es nicht schwer werden, sie anhand von Abbildungen zu identifizieren.“ So jedenfalls Rayleighs Vorhaben. Allerdings war die Suche nach der passenden Abbildung schwerer als gedacht. Die Angaben im Lexikon waren nur vage, widersprachen sich in einigen Teilen sogar und die Zeichnungen einiger Teufelsfrüchte hatten bloß ein skizzenhaftes Antlitz. Erst als der frühe Abend hereinbrach, war sich der Dunkle König zumindest über die Gattung halbwegs im Klarem. Interpretierte er Größe, Form und Gewicht richtig, sollte es sich tatsächlich um die mächtigste Art aller Teufelsfrüchte handeln. „Das dürfte gar interessant werden. Oder was meinst du, Roger?“ Ohne den Blick von der Teufelsfrucht abzuwenden, waren die Worte über Rayleighs Lippen gekommen. Doch als er vom Kapitän keine Antwort erhielt, schielte er mit einer ganz bestimmten Vorahnung im Hinterkopf zu diesem und verspürte für einen Augenblick den unbändigen Drang, das Lexikon an Rogers Kopf zu werfen. Dieser schnarchte nämlich genüsslich vor sich hin. Vermutlich schon die gesamte Zeit, in der Rayleigh den Wälzer nach Informationen durchforstet hatte. Aber anstatt dem Drang zu folgen und dem Wälzer den sicheren Tod durch einen Zusammenprall mit einem d-schen Sturkopf zu bescheren, lehnte sich Rayleigh zurück und besah sich mit grinsendem Gesichtsausdruck den Stuhl seines Gegenübers. Für Sekunden galt der konzentrierte Blick des Vizen nur den Stuhlbeinen, bis diese knacksten und der Piratenkapitän mit einer Landung auf dem Boden der Realität unsanft geweckt wurde. „Was sollte das?“ Murrend richtete sich Roger wieder auf, erspähte dabei das süffisante Grinsen seines Ersten Maates. „Sag bloß, es interessiert dich nicht mehr, um welche Sorte Teufelsfrucht es sich hierbei handelt?“ Kaum hatte Rayleigh diese Worte ausgesprochen, grinste der Piratenkönig bereits wieder in seiner üblichen Manier und erhielt prompt eine Zusammenfassung von dem, was der Dunkle König über die Teufelsfrucht in Erfahrung gebracht hatte und dabei wurde das Grinsen des Kapitäns keineswegs schmaler. Und als die Schiffsglocke erklang, die das Zeichen zum Essen verkündete, ergriff Roger die Frucht und entschwand mitsamt dieser zur Kombüse. Das Abendessen an sich verlief für sonstigen Verhältnisse an Bord doch recht ruhig. Fast schon besinnlich. Mal abgesehen davon, dass Ruffy nun dank seines Gummimagens die doppelte Ration Fleisch verdrückte, war alles normal. Auch das anschließende Wetten um die belanglosesten Dinge wie beispielsweise, ob Ruffy vor lauter Appetit noch Buggys Nase für einen Apfel halten würde, gehörten zu den üblichen Tagesabschlussszenarien. Ungewöhnlich war bloß, dass Roger sich nicht dem allgemeinem Wetten anschloss, sondern ohne jegliche Regung am Tisch sitzen blieb. So hielten nach und nach immer mehr Piraten inne, bis niemand mehr einen Mucks von sich gab. Sämtliche Blicke ruhten auf dem Kapitän, dessen Grinsen längst wieder auf seinem Gesicht prangte. „Ace, komm mal.“ Die Augen aller Piraten wanderten zu den Jungen hinüber, welcher sich bis dato noch ein munteres Wettfressen mit Ruffy geliefert hatte, nun aber verwundert aufsah. „Was ist?“ Neugierig stand er auf, blieb aber noch neben Ruffy stehen, bis sein Vater eine seltsam aussehende Frucht auf den Tisch legte. Kein Laut entwich der versammelten Crew. Alle blickten lediglich stillschweigend auf die Teufelsfrucht, welche so allein auf dem Tisch fast verloren wirkte, denn hatte die Mannschaft einen gebührenden Abstand zum Tisch eingenommen. „Wo kommt das Ding denn jetzt her?“ Kreischend vor Panik rotierte Buggy in der Kombüse umher, als würde ihn die Frucht auf dem Tisch gleich mit Haut und Haaren auffressen. „Jetzt komm wieder runter, Pappnase“, murrte Rayleigh und packte den umher rennenden Clown, ehe er mit seiner Panik vielleicht noch das ganze Schiff infizierte. „Solange wie du keinen Bissen von der Frucht nimmst, passiert dir nichts. Aber wenn du nicht bald wieder zur Besinnung kommst, garantiere ich nicht für deine Unversehrtheit!“ Mit ernster Miene ließ der Dunkle König die Rotnase verstummen. Nicht aber Ruffy. „Was passiert denn, wenn er eine isst?“ „Laut Überlieferung würden dann zwei Teufel in ihm hausen und über die Herrschaft im Körper ringen, was ihn letztendlich entweder spalten oder in Stücke reißen könnte. Da sind sich die Forscher nicht ganz einig“, antwortete Rayleigh beiläufig, während Buggy schon wieder sie Panik packte und er wie am Spieß brüllte: „Ja, genau!“ Sogleich stürzte der Clown aus der Kombüse und hinterließ eine Crew, die mit rollenden Augen ihm teils hinterher schaute, teils aber einfach nur kopfschüttelnd die Hoffnung aufgaben, dass sich die Pappnase jemals ändern würde. Nur Ace hatte seine pechschwarzen Pupillen nicht dem flüchtenden Clown zugewandt. Er fixierte unbeirrt die Teufelsfrucht auf dem Tisch. Auf eine seltsame Art und Weise strahlte dieses merkwürdige Obst etwas faszinierendes zugleich aber auch bedrohliches aus, das Ace in einen Bann sog. Allein der bloße Anblick der Frucht ließ sein Herz in einem immer schneller werdenden Takt schlagen und auch von der unheimlichen Frucht schien ein Herzschlag ausgehen. Langsam streckte der Sommersprossige seine Hand nach vorne aus, spürte ein immerwährendes Pulsieren, das seine Hand automatisch anzog. Dann aber hielt er inne. Noch bevor die Fingerspitzen die Schale berührten, ließ Ace seine Hand wieder sinken. „Was ist das für eine Frucht?“, murmelte er leise und sah zu seinem Vater, dessen Miene unentwegt von einem breiten Grinsen eingenommen wurde. „Eine Teufelsfrucht.“ „Und was bewirkt sie?“ Ohne den Blick abzuwenden, deutete der Junge auf die Teufelsfrucht, erhielt aber nur ein Schulterzucken als Antwort. Erst Rayleigh gab Ace ein paar mehr Erklärungen zu jenem komischen Stück Obst. „Das weiß man nur selten im Voraus. Viel war darüber auch nicht herauszufinden. Aber etwas ist ganz sicher: Nach dem Verzehr kann man definitiv nicht mehr schwimmen. Alles andere ist dem Glück überlassen.“ „Es ist deine Entscheidung“, ergänzte Roger immer noch grinsend, lehnte sich auf seinem Stuhl noch weiter zurück, während alle anderen mit stummer Spannung das Geschehen verfolgten. Unentschlossen zermarterte Ace sich seine grauen Zellen. Bisher war es für ihn ein absolut abwegiger Gedanke gewesen, jemals über den Verzehr einer Teufelsfrucht nachzudenken. Die Nachteile waren eigentlich viel zu immens. Man würde seine Schwimmfähigkeiten auf ewig für eine eventuell nutzlose Kraft einbüßen. Und dennoch strahlte dieses „Werk des Teufels“ etwas aus, das ihn anzog, obwohl ihm sämtliche Gefahren bewusst waren. Immerhin, es gab auch Teufelskraftnutzer, die ein jeder für ihre mächtigen Fähigkeiten beneidete. Ace schluckte. Da fiel ihm sofort ein Mann ein, an den er ursprünglich niemals mehr denken wollte. Diesen Magma-Admiral. Vorsichtig strich Ace mit den Fingerspitzen über sein T-Shirt. Auch wenn heute dort nur noch eine Narbe prangte, es war die Stelle, wo eine blöde Kugel ihn fast in die ewige Piratenabgründe verbannt hätte. Ein weiteres Mal fuhr er über den Stoff des T-Shirts, dann wanderten seine Augen zu Ruffy hinüber, der ungeduldig an seinen Fingernägeln kaute. Er brauchte sich dank seiner Teufelskraft keine Sorgen mehr darum machen, jemals von einer Kugel getroffen zu werden. Noch einmal biss sich Ace auf die Lippen, schluckte schwer, bevor er seine Hand wieder nach der Frucht ausstreckte. Erneut spürte er diese komische Pulsation je näher seine Finger der Teufelsfrucht kamen, bis er sie gänzlich berührte. Für eine letzte Sekunde dachte er über die möglichen Folgen nach, doch ignorierte sie getrost und griff nach dem Teufelsfrucht. Sogleich beschleunigte sich sein Herzschlag, als er die raue Schale umfasste und flink einen Bissen davon nahm. Gespannt verfolgte ein jeder Pirat, wie Ace auf dem Stückchen Obst herumkaute, um es schließlich mit angewiderten Gesichtsausdruck hinunterwürgte. „Bäh! Das Ding ist eklig“, knurrte Ace, ehe er auch noch den Rest mehr oder minder freiwillig aß. Erst danach brach die Mannschaft in allseitiges Gegröle aus. Ein jeder war gespannt darauf zu erfahren, was nun die Auswirkungen dieser Frucht waren. Doch Ace wandte sich zunächst nur an Ruffy. „Hat deine auch so bitter geschmeckt?“, flüsterte er leise, woraufhin der Gummizwerg eifrig nickte. „Also geschmacklich sind diese Früchte wohl nicht so ganz das Wahre“, grinste Rayleigh und erhielt als Antwort ein lautes Lachen seitens Roger. Nein, der Geschmack von Teufelsfrüchte war wirklich gewöhnungsbedürftig. Aber mehr als einmal kam man eh nicht in den Genuss einer solchen Frucht. „Und? Merkst du irgendetwas?“, erkundigte sich derweil ein Pirat, doch Ace schüttelte nur den Kopf. „Noch nicht!“ „Kannst du dich jetzt etwa auch dehnen“, mischte Ruffy nun auch mit und versuchte, Ace‘ Wangen auseinander zu ziehen. Allerdings geschah nichts, außer dass er von Ace eine Kopfnuss verpasst bekam. „Hätte ja sein können“, grummelte der Kleine, während er seine Hände instinktiv auf den Kopf presste, obwohl er nicht einmal Schmerzen verspürte. „Nein, Ruffy, das kann nicht sein“, erklärte Rayleigh mit ruhiger Stimme. „Warum nicht?“ „Weil es jede Frucht nur ein einziges Mal gibt. Hat man also erst eine gegessen, ist man bis zu seinem Tode fest mit der Macht des Teufels verbunden.“ „Und was passiert, wenn man stirbt?“, warf Ace neugierig ein und klebte an den Lippen des Dunklen Königs, als dieser zur Erklärung ansetzte: „Dann trennen sich Körper und Teufel wieder und der Teufel verschwindet, um in die schützende Hülle seiner Frucht zurückzukehren.“ „Versteh‘ ich nicht!“ Nasebohrend wandte sich Ruffy ab und auch dem ein oder anderen Piraten hatten Rayleigh nicht mehr folgen können. Ace jedoch konnte so halbwegs nachvollziehen, was der Vize damit meinte. Wenn ein Teufelsfruchtnutzer zu Tode kam, ruhte der Teufel mit seinen Fähigkeiten nur noch wenige Augenblicke in dem toten Körper, ehe er sich davon machte und in seine Frucht ‚zurückverwandelte‘. Demzufolge lebte in ihm von heute an bis zu seinem Tode ein wahrhaftiger Teufel, mit dem er eine Symbiose einging. Der Körper gab dem Meeresteufel Schutz und im Gegenzug gewährte dieser dem Träger die Nutzung der Teufelskraft. Jetzt musste er bloß noch eines in Erfahrung bringen. „Und woher weiß man nun, was man für eine Kraft erhalten hat?“ „Zufall“, antwortete Roger und lag damit wahrscheinlich goldrichtig, denn war es bei Buggy, Ruffy und ihm selbst nicht anders gewesen. „Dann heißt es jetzt wohl abwarten und Rum trinken!“ Als es schließlich keine vier Stunden mehr bis zum Morgengrauen waren, wurden in der Kombüse langsam die Lichterin den Laternen gelöscht. Auch Ace und Ruffy beteiligten sich mit bester Laune am Löschen der Kerzen, zumal es für beide ein Spiel mit dem Feuer war. „Ich will es auch mal mit den Fingern ausmachen“, flehte Ruffy, währendem er versuchte, seinen Bruder mit großen Augen weichzuklopen. „Mach doch“, erwiderte Ace schulterzuckend und gewährte Ruffy sein Vergnügen. Doch als die Fingerspitzen des Kleinen dem Docht der Kerze näher kam, um die Flamme mit Daumen und Zeigefinger zu löschen, zog er seine Hand erschrocken zurück. „Das ist ja heiß.“ „Ach was…“ Lachend übernahm nun Ace Ruffys Aufgabe und drückte das Feuer aus. Dabei allerdings sprang das Flämmchen urplötzlich von der Kerze auf seine Fingerkuppe über und schlängelte sich prompt den gesamten Zeigefinger hinab. „Cool. Deine Finger brennen!“, staunte Ruffy und verkündete lauthals in der ganzen Kombüse, was er gerade gesehen hatte, während Ace selbst nur verdattert das kleinen Flämmchen an seinen Zeigefinger betrachtete, bevor sich ein breites Grinsen auf sein Gesicht schlich. Jetzt wusste er Bescheid. „Zufrieden damit?“ Grinsend wandte sich der Dunkle König zu Roger um, benötigte aber keine Antwort, sowie er in das Gesicht des Piratenkönigs sah. „Aber freu dich nicht zu früh“, warnte Rayleigh ihn, „Eine Logia-Kraft ist gewiss schwieriger zu kontrollieren als eine Paramecia oder Zoan. Wer weiß, wann er in der Lage sein wird, sie zu beherrschen…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)