Zeig' mir, was ich längst vergaß von Negan ================================================================================ Prolog: Vergangenheit --------------------- 26.November.1714 - Marseille; im wunderschönen Frankreich Der Anfang des 18. Jahrhunderts...der Beginn für eine prunkvolle Zeit, welche in Frankreich unter dem Namen „style rocaille“ bekannt ist. Um es deutlicher auszudrücken wäre wohl der Begriff „Rokoko“ hilfreich. Geprägt von allerlei schöner Verzierung, vorzugsweise als zierliche, ranken-förmige Linien ohne jeglichen Wert der Symmetrie und als elegant-verspielte Formen dargestellt. Hauptsache dieser Prunk wurde lebhaft dargestellt. So passte auch der damalige Maskenball, eines Novembertages schön ins Bild. Natürlich waren nur die feinsten Leute geladen. Pöbel untersagt! Schließlich handelte es sich um eine aufwändig gestaltete Feier zu Ehren der Bekanntgabe einer Verlobung in den höchsten Kreisen. Da wäre ein Bauer, Viehzüchter oder derber Schmied doch wahrlich fehl am Platz! So sahen es zumindest die feinen Damen und Herren der heutigen Zusammenkunft. Ebenso die Veranstalter – Familie Chevallier. Bei der Verlobungsfeier handelte es sich daher selbstverständlich um einen familiären Grund zur Freude und im Mittelpunkt dessen stand der älteste Sohn – Lucien – der Chevalliers und dessen Verlobte. Beide amüsierten sich prächtig, schließlich standen sie auch im Zentrum des Geschehens! Ganz im Gegenteil zum zweiten Sohne des Hauses. Einem schönen jungen Mann im Alter von 19 Jahren, mit hellblondem, sacht gelocktem Haar und stechend grünen Augen, die stets einen kühlen und arroganten Eindruck vermittelten. Der Name des Adelssprösslings lautete Donatien und er langweilte sich gar fürchterlich. Obendrein blieb seine Vorliebe, von Anderen angehimmelt und begehrt zu werden dank seines Bruders voll und ganz unbefriedigt. Da nützte es auch nichts, sich unter die Gäste zu mischen. Mehr als das ein oder andere hübsche Ding, welches mit ihm tanzen wollte blieb nicht in Aussicht. Diese Tatsache nagte schwer an seinem Ego, was man ihm auch ein wenig anmerkte. Immerhin hatte er sich vom bunten Gemenge entfernt und widmete sich eher abseits einem süffigen Glas Rotwein. Die edel verzierte Maske hatte er längst abgelegt und sich zum Pavillon im Außenbereich begeben. Außer ihm befand sich dort kaum Jemand. Gut, zugeben...eigentlich Niemand außer einem dunkelhaarigen Mann, welcher fremdartige Kleidung trug und einen bronzefarbenen Teint hatte. Der mutmaßliche Ausländer fiel dem Blonden schon vorher auf, als er sich noch etwas mehr im Geschehen des Festes aufgehalten hatte. So ein Exot stach nun mal heraus, vor allem wenn dieser den Anschein machte, als hätte er ein Auge auf den jungen Adligen geworfen. Warum auch immer. Vielleicht bildete er es sich auch nur ein? Naja, möglich wäre es zwar, aber es widersprach sich mit der Tatsache, dass der eben Erwähnte Donatien in den Außenbereich gefolgt war. Sonnst wäre es schon ein merkwürdiger Zufall gewesen. Nach einem flüchtigen Seufzer sah er zu dem Fremden herüber und warf diesem einen skeptischen und zugleich fragenden Blick zu, der durch das Anheben der Augenbrauen noch unterstrichen wurde. Der ausländisch wirkende Mann, dem dies natürlich aufgefallen ward, schmunzelte nur. Anscheinend schien dieser amüsiert darüber, dass man ihn entdeckt hatte. Wenig später folgte ein Lächeln, ehe der Fremde sich ebenfalls zum Pavillon begab. Daraufhin verdrehte Donatien die Augen, wendete den Blick wieder ab und nahm einen Schluck des Rotweins zu sich. „Mir scheint, Euch betrübt etwas, edler Herr~. Liege ich mit dieser Vermutung richtig?“. Kam es vom Dunkelhaarigen. „Nun und mir scheint, Euch ist gutes Benehmen nicht vertraut. Sonnst wäre bereits Euer Name gefallen. Und nach dem Meinigen hättet ihr ebenfalls gefragt.“. Ohne eine Miene zu ziehen, um eine eventuelle Verstimmung zu signalisieren, verbeugte sich Donatiens Gegenüber galant und verkniff es sich, zu zeigen, dass die Situation ihn eher amüsierte. „Verzeiht, Herr. Ich vergaß wohl für einen Moment meinen Anstand. Schließlich war ich von Eurer Schönheit abgelenkt. Das leuchtet Euch doch sicher ein, nicht wahr~?“, eine kurze Unterbrechung nutzte er, um sich zu räuspern. „Jedenfalls, um dem vornehmen Benehmen gerecht zu werden – mein Name lautet Milan. Mehr braucht Ihr nicht herauszufinden. Ich bin nur ein Reisender, von keiner großen Bedeutung, im Gegensatz zu Euch, oh Herr. Daher - würdet Ihr mir die Güte erweisen, mir Euren Namen zu offenbaren und meine Frage zu beantworten?“ fügte er hinzu, ohne an Schmeicheleien zu sparen und im gleichen Zuge so wenig wie möglich von sich preis zu geben, um einen gewissen, geheimnisvollen Touch zu hinterlassen. Den Höhepunkt dieser angenehmen Worte bildete ein elegant ausgeführter Handkuss, begleitet von einem schiefen Lächeln. „Ihr seid wahrlich ein seltsamer Mann, Monsieur Milan. Schmeichelt - , ja umgarnt mich fast. Ich bin mir nicht sicher, ob es mir gefallen soll oder ob ich beleidigt sein soll, fast wie eine feine Madame behandelt zu werden. Immerhin sind wir beide männlich, Monsieur. Aber nun...wie dem auch sei, Kommen wir lieber zur Eurer Nachfrage: Mein Name ist Donatien. Donatien Chevallier. Dieser Familienname müsste selbst einem Fremden wie Euch ein Begriff sein, da mein werter Vater sowohl Veranstalter dieses Maskenballs als auch hiesiger Viscount ist. Und ja, unfassbarerweise liegt Ihr mit Eurer Annahme richtig, dass mich etwas grämt. Es ist dieser verfluchte Maskenball...einzig und allein für mon frère und seine fiancée! Alles dreht sich um diese Zwei und Niemand interessiert sich wirklich für mich! Das stimmt mich ganz und gar nicht zufrieden, da ich gerne im Vordergrund stehe und es ehrlich gesagt auch erwarte, dafür, dass ich mir die Mühe mache, bei so einem Zusammensein zu erscheinen. Meiner Meinung nach erfüllen derartige Veranstaltungen insgeheim doch nur den Zweck, einen Anlass zu haben, um einen feucht-fröhlichen Abend auf Kosten des Hauses genießen zu können und eventuell noch ein hübsches Weib zu verführen. Weiter nichts. Ein banales Unterfangen. Ergo – nicht der Rede wert. Aus diesem Grunde ist es für mich als Zeitverschwendung einzustufen.“ Donatien wusste ganz genau, wie er sich formulieren musste, um zu betonen, dass man Jemanden wie ihn besser nicht außer Acht ließ und im gleichen Zuge eine Andeutung darauf machte, dass Milan nun die Aufgabe hatte, dafür zu sorgen, dass der Blonde wieder zu besserer Laune kam. Obwohl...genau genommen war es nicht als versteckte Anspielung gemeint, sondern eher als indirekten Befehl zu verstehen. Zwar merkte der Adelssprösslings, das irgendetwas mit dem Ausländer nicht ganz stimmen konnte, aber fataler weise ignorierte er diese Vorahnung einfach mal. Immerhin hatte er die Aussicht auf einen recht netten Zeitvertreib, welcher sich – hoffentlich – positiv auf seine Laune auswirken würde. Nur was der Blonde ungünstigerweise noch nicht wissen konnte...mit seinem unguten Gefühl bezüglich seines Gegenüber lag er goldrichtig! ...wie sich auch bald herausstellen würde. „So, so? Wie eine feine Madame? War das eine Anspielung auf den Handkuss?“. Zwar machte Milan eine kurze Pause, erwartete aber eigentlich keine Antwort auf diese eher rhetorisch gemeinte Hinterfragung. „Ich empfinde es lediglich als eine schöne Geste, einem faszinierend schönen Mensch wie Euch durch so etwas meine Anerkennung darzubringen. Ist doch nichts weiter dabei~. Und ja, ich kann das gut nachvollziehen. Muss eine herbe Enttäuschung sein, wenn man Euch so außen vor lässt. Gleichzeitig musstet Ihr unnötig Zeit vertun. Besonders, wenn man bedenkt, wie knapp und befristet das Leben eines Menschen ist, ist es doch ein wahres Ärgernis. Dadurch wird diese, die Zeit, zum Feinde erklärt. Zu einem hartnäckigen, theoretisch unbezwingbaren Antagonisten des Menschheit, während des Schauspiels der Existenz.“ Milan trat einen Schritt näher, während er sich weiterhin bemühte, den Adligen mit seiner Wortgewandtheit auf Trab zu halten. „Doch...“, der Reisende hob den Zeigefinger der linken Hand in die Höhe, „..was wenn ich Euch beide Probleme nehme? Würde das nicht den bisher eher unangenehmen Verlauf des Abends entschädigen?“ Wieder ein Schritt in Richtung Donatien folgte, um den Abstand zwischen ihnen zu mindern. Der Blonde schluckte. Allmählich wusste er nicht mehr recht, was er von der Situation halten sollte – oder wie er das Gesagte auffassen sollte, was den fragenden aber ebenso misstrauischen Ausdruck in den zarten Zügen von Donatiens Gesicht erklärte. „Was wollt Ihr mit Euren Worten bezwecken? Ihr tut gerade so, als könntet Ihr die Zeit zurückdrehen..oder anhalten – nennt es wie Ihr wollt. Dennoch, erklärt es mir! Was gedenkt Ihr zu tun, damit Eure Aussagen an Wahrheit gewinnen?“ entgegnete er fordernd und verschränkte die Arme vor der Brust. Milan konnte gar nicht anders, als belustigt aufzuglucksen, wodurch ein anschließendes Grinsen begann seine Lippen zu prägen. „Nun ja, Herr, ich vermute ersteres muss ich nicht erläutern. Unterhalten tue ich Euch ja bereits, daher beantwortet es sich von selbst. Also schreiten wir gleich zu Punkt 2 vor.“ Es kam zu einem Dritten und letzten Schritt, welcher von Nöten war, um nah genug an den blonden Schönling heranzukommen, um diesen gegen eine der kühlen Säulen des Pavillons drücken zu können. Eine großartige Befreiungsaktion war Donatien nicht möglich, dafür schien Milan einfach zu viel Kraft zu besitzen. Alles rütteln und jegliche andere Gegenwehr – vergebens. „Ihr müsst wissen, es gibt Wesen auf dieser Welt, die allem Übel, sowie der Zeit trotzen können...ich gehöre ebenfalls zu ihnen und da Ihr so ein betörender und zugleich interessanter Mensch seid, möchte ich Euch ebenfalls dieses „Geschenk der Ewigkeit“ vermachen. Man nennt uns Vampire...“ _______________________________________________________ le frère = der Bruder la fiancée = die Verlobte Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)