My dear London goodnight von abgemeldet (USxUK) ================================================================================ Kapitel 1: I wash my hands in your grey rivers light ---------------------------------------------------- Ich besuche Alfred nicht oft, seit er sich von mir losgesagt hat. Ich weiß eigentlich gar nicht, wieso, denn ich bin mir sicher, dass er es nicht getan hat, um mich zu verletzen. Dennoch fühle ich mich in meinem Inneren betrogen und jedes Mal, wenn ich ihn ansehe, erfüllt mich neben Freude und Stolz auch Bitterkeit, die mir Leid tut. Sie tut mir Leid und doch fühle ich sie jedes Mal, wenn ich ihn ansehe und wenn ich durch mein Haus wandere und daran denke, wie Alfred und später auch Matthew es mit Leben gefüllt haben. Ich bin alt. Ich bin eine der ältesten Nationen und manchmal glaube ich, dass nur Ivan mich versteht, Ivan mit seinem frostigen Lächeln und seiner kindlichen Grausamkeit, Ivan, der genauso alt ist wie ich und genauso verlassen. Ivan mit seinem Herzen, das ständig herauszufallen und verloren zu gehen droht, Ivan, der eine so glorreiche und doch so grausame Geschichte hat, dass er fast bis zur Unkenntlichkeit zerstört ist. Ich weiß nicht, ob ich ihn lieben oder hassen soll, lieben dafür, dass er mir auf seine Art Halt zu geben versucht, wenn ich zu ihm fliehe, oder hassen, weil er mich dennoch niemals an ihn heran lässt. Ich besuche Alfred nicht oft, aber manchmal tue ich es doch. Die Gründe dafür sind verschieden. Meist jedoch sehne ich mich einfach nach der Jugend und Alfred, auch wenn er es niemals hören wollen würde, Alfred ist um so vieles jünger als ich. Es ist seltsam; niemand regt mich derart auf wie er- und niemand bringt mich mehr zum Lachen. Es gibt jene Nächte, in denen er zu mir kommt. Es sind ganz merkwürdige Nächte, diese Nächte, denn sie sind meistens voller Nebel und das Licht der Laternen ist nur noch gedrückt unter den Regenfluten, die auf mein geliebtes London einstürmen. Mein London. Ich wüsste nicht, was ich ohne mein London tun würde. Es erfüllt mich mit so viel Stolz, so viel überschäumender Freude, dass diese Stadt mein Herz ist, dass sie Teil von mir ist und ich Teil von ihr. Sie braucht mich, denn nirgendwo würde ihre Schönheit heller strahlen. Und ich brauche sie, um von ihrem Leben ergriffen werden zu können, um nicht zu viel nachdenken zu können und nicht in Bitterkeit zu versinken wegen Was-Wäre-Wenns. Jene Nächte also, wenn der Regen auf mein geliebtes London einpeitscht, als würde er versuchen, sie in zwei Hälften zu spalten, und der Tag der Unabhängigkeit Amerikas nicht mehr fern ist, sie sind mir so lieb und so teuer wie fast nichts auf der Welt sonst. Wenn ich nämlich Glück habe, kommt Alfred dann zu mir, schweigend und nicht mehr der Held, sondern einfach nur ein Kind, das von mir aufgezogen wurde, und ein Mann, der mich liebt auf eine Weise, die Menschen einfach nicht verstehen können. Ich bin alt. Ich habe schon viele Namen getragen und viele Kriege haben viele Narben auf meinem Körper hinterlassen. Wenn ich jedoch mit Alfred in mein Bett in meinem geliebten London falle und er mich ansieht mit diesem Blick als wüsste er alles über mich- und, nun, vielleicht tut er das auch-, während der Regen beruhigend auf das Kopfsteinpflaster prasselt, dann fühle ich mich wieder jung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)